Positionen der Zementindustrie zur Bundestagswahl 2021

Die Seite wird erstellt Tom-Lennard Schilling
 
WEITER LESEN
Positionen der
Zementindustrie zur
Bundestagswahl 2021
Positionen der Zementindustrie
    zur Bundestagswahl 2021

1   Mutige und pragmatische Rahmenbedingungen schaffen
    für die industrielle Transformation zur Klimaneutralität

    • Wettbewerbsfähigkeit und Technologieführerschaft erhalten
    • Carbon Leakage effektiv verhindern
    • Breakthrough-Innovationen zur Dekarbonisierung fördern
    • Infrastruktur für Transport von CO2, H2 und Strom aufbauen
    • Mehr erneuerbare Energien und Alternativbrennstoffe ermöglichen

2   Nachhaltiges Bauen fördern für eine klimagerechte und
    ressourcenschonende Zukunft

    • Grüne Leitmärkte für CO2-effiziente Zemente und Betone schaffen
    • Technologieoffenheit als Leitprinzip für nachhaltiges Bauen verankern
    • Nachhaltigkeit von Bauwerken über den Lebenszyklus bewerten
    • Einsatz von Recyclingbaustoffen zur Kreislaufwirtschaft fördern
    • Innovation und Digitalisierung in der Wertschöpfungskette Bau stärken

3   Heimische Rohstoffgewinnung sichern für eine
    zukunftsfähige Industrie und mehr Artenvielfalt

    • Zugang zu heimischen Rohstoffen langfristig gewährleisten
    • Industriebeitrag zur Artenvielfalt stärken durch „Natur auf Zeit“
3

Die deutsche Zementindustrie

Kennzahlen für 2020:
• 21 Unternehmen mit 54 Werken                                                                    Kiel

                                                                                    Lägerdorf                            Rostock
• Beschäftigte: ca. 8.000                                                                    Lübeck

                                                                                                                 Schwerin
• Umsatz: ca. 3 Mrd. Euro                                                         Hamburg

                                                                                   Bremen
• Zementproduktion: ca. 35 Mio. t
• Hauptabnehmer                                                                                                           Potsdam
                                                                                                                                    Berlin
                                                                                                                                         Rüdersdorf
                                                                                     Hannover
                                                                    Lengerich
                                                                                                         Magdeburg Königs Wusterhausen
   ist die Betonindustrie:                                 Ennigerloh Paderborn    Höver                                   Eisenhüttenstadt
                                                          Beckum                                                                         Tertiär
                                                 Duisburg                                                           Bernburg
   mit > 60.000 Beschäftigten                          Dortmund
                                                                            Geseke
                                                                                                                                         Kreide
                                                Düssel-          Erwitte
                                                dorf                                                Deuna     Karsdorf                   Jura
   und > 15 Mrd. Euro Umsatz                    Neuss                                                                                    Muschelkalk
                                                           Köln                                     Dornburg                   Dresden
                                                                                                           Erfurt                        Devon
                                                Sötenich
                                                                                Großenlüder-Müs
                                                                                                                                         Massenkalk
                                                                Neuwied
                                                              Andernach
                                                         Kruft
                                                Üxheim                  Wiesbaden
                                                                                  Karlstadt
                                                                        Amöneburg
                                                              Mainz
                                                                                    Lengfurt                                          Zementwerk mit
                                                                                                                                      Klinkererzeugung
                                                  Saar- Göllheim                                      Hartmannshof
                                                  brücken                 Mannheim                                                    Zementwerk ohne
                                                                           Leimen                                                     Klinkererzeugung
                                                                                                Burglengenfeld
                                                                                  Lauffen
                                                                     Wössingen                           Solnhofen
                                                                                   Stuttgart
                                                                         Mergelstetten              Harburg
                                                                       Schelklingen

                                                                                     Allmendingen             München
                                                                  Dotternhausen
                                                                                                                 Rohrdorf

                                                                                                                                                Quelle: VDZ

Die deutsche Zementindustrie stellt mit Zement und Be-             und der Ressourceneinsatz verringert werden kann
ton unverzichtbare Werkstoffe für modernes, nachhalti-             (www.vdz-online.de/dekarbonisierung).
ges Bauen bereit und nimmt so eine Schlüsselposition in
der gesamten Wertschöpfungskette Bau ein. Die Bran-                Diese tiefgreifende industrielle Transformation erfordert
che will gemeinsam mit ihren Partnern in der Bauwirt-              Mut und Pragmatismus von allen Beteiligten und setzt ein
schaft auch in Zukunft an der Lösung gesellschaftlicher            beherztes Handeln voraus. Dadurch können sich durch-
Herausforderungen wie z.B. der Schaffung bezahlbaren,              aus Zielkonflikte ergeben, die nicht ohne Kompromisse
klimagerechten Wohnraums oder einer zukunftsfähigen                aufzulösen sind, und die ein offenes Miteinander von
Verkehrs-, Energie- und Digitalinfrastruktur mitwirken.            Politik, Zivilgesellschaft und Industrie erfordern.

Angesichts ihrer herausragenden Bedeutung für das                  Die deutschen Zementhersteller sind bereit, sich in die-
Bauen trägt die Zementindustrie für Klimaschutz und                sen Transformationsprozess einzubringen. Sie verstehen
Ressourcenschonung eine besondere Verantwortung.                   sich als Teil der Lösung und wollen ihren Beitrag zur
Dieser stellen sich die Zementhersteller in Deutschland            Klimaneutralität leisten. Sie setzen auf eine Politik, die
und arbeiten mit Hochdruck an der Dekarbonisierung                 geeignete Rahmenbedingungen schafft, damit diese in
ihrer Produkte und Prozesse. In der 2020 veröffent-                der Geschichte der Menschheit ohne Frage einmalige
lichten CO2-Roadmap der deutschen Zementindustrie                  Transformation gelingen kann.
zeigen sie, wie eine klimaneutrale Betonbauweise erzielt
4

1        Rahmenbedingungen schaffen für die
         industrielle Transformation zur Klimaneutralität

Wettbewerbsfähigkeit und                                   Infrastruktur für Transport von CO2, H2
Technologieführerschaft erhalten                           und Strom aufbauen

Die Dekarbonisierung von Zement und Beton ist eine         Der Aufbau regionaler CO2-Infrastrukturnetze ist ent-
Transformation von ungeahntem Ausmaß. In tech-             scheidend für die Dekarbonisierung der Zementherstel-
nischen Fragen, gerade beim Klimaschutz, sind die          lung und die Entstehung von CCUS-Wertschöpfungs-
Zementhersteller in Deutschland heute auch im welt-        ketten (gilt auch für H2- und Stromnetze). Ein Transport
weiten Vergleich Technologieführer. Diese Technologie-     des abgeschiedenen CO2 aus dem Zementwerk ist
führerschaft gilt es künftig zu erhalten und auszubauen,   Voraussetzung für die anschließende Nutzung oder Ein-
indem Zement und Zementklinker weiterhin unter hohen       bindung. CO2-Infrastrukturprojekte müssen für rasche
Umwelt-/Klimaschutzstandards in Deutschland produ-         Dekarbonisierungsfortschritte bis 2030 schon in der
ziert werden – was die Transformation zur Klimaneutrali-   nächsten Legislaturperiode angegangen und Dialog-/
tät nachhaltig stärkt.                                     Beteiligungsprozesse von der Politik flankiert werden.
                                                           Schnellere, digitalisierte Genehmigungsverfahren sind
Carbon Leakage effektiv verhindern                         dafür zu etablieren.

Eine Abwanderung der Klinkerproduktion in Länder mit       Mehr erneuerbare Energien und Zugang zu
geringeren Klimaschutzambitionen muss unbedingt            Alternativbrennstoffen gewährleisten
verhindert werden. Daher ist ein internationales Level-
Playing-Field gerade für Investitionen in CO2-effiziente   Die Dekarbonisierung von Zement und Beton basiert auf
Technologien erforderlich. Kernelement sollte dabei die    einem umfassenden Maßnahmenmix, der in erheblichem
Benchmark-Zuteilung im EU-Emissionshandel bleiben.         Umfang auf grünen Strom angewiesen ist. Dieser muss
Ergänzende Instrumente (z.B. CO2-Grenzausgleich) sind      zuverlässig und preisgünstig zur Verfügung stehen. Der
ergebnisoffen zu prüfen. Ein wirksamer Carbon-Leakage-     weitere Ausbau erneuerbarer Energien sowie eine Bei-
Schutz ist dabei jederzeit sicherzustellen.                behaltung bestehender Stromkostenentlastungen für
                                                           die Zementindustrie stellen eine wichtige Voraus-
Breakthrough-Innovationen zur                              setzung für Klimaneutralität dar. Insofern müssen Mehr-
Dekarbonisierung fördern                                   belastungen bei der Transformationsenergie Strom durch
                                                           Abgaben, Steuern und Umlagen vermieden werden.
                                                           Hierfür sind die entsprechenden EU-beihilferechtlichen
Neue Produktionsverfahren in der Zementindustrie,          Voraussetzungen zu schaffen. Von besonderer Bedeu-
etwa die Abscheidung von CO2 im Zementwerk und des-        tung für die Zementindustrie ist zudem der langfristige
sen anschließende Nutzung bzw. Speicherung (CCUS),         ausreichende Zugang zu alternativen, biomassehaltigen
sollten wegen hoher Kosten verlässlich finanziell          Brennstoffen. Diese ermöglichen in Verbindung mit Tech-
gefördert werden – bei den Kapital- und vor allem den      nologien zur CO2-Abscheidung, -Nutzung und -Speiche-
Betriebskosten. Bestehende nationale und europäische       rung für die Zementindustrie sogar negative Emissionen.
Förderprogramme sind auszuweiten, unbürokratisch
auszugestalten sowie um das Instrument der Carbon
Contracts for Difference (CCfD) zu ergänzen. Auch gilt
es, das europäische Beihilferecht auf die Anforderungen
der Klimaneutralität auszurichten und Genehmigungs-
prozesse für den Einsatz neuartiger Dekabonisierungs-
technologien zu beschleunigen.
5

2          Nachhaltiges Bauen fördern für eine
           klimagerechte und ressourcenschonende Zukunft

Grüne Leitmärkte für CO2-effiziente                       Einsatz von Recyclingbaustoffen zur Kreis-
Zemente und Betone schaffen                               laufwirtschaft fördern

Die Fortschritte bei der Dekarbonisierung industrieller   Beton ist ein vollständig rezyklierbarer Baustoff. In ge-
Prozesse sind eng mit dem Einsatz zunehmend CO2-          brochener Form wird er als Gesteinskörnung schon
effizienterer Zemente/Betone beim Bauen zu verzah-        heute bei der Betonherstellung oder auch in anderen
nen. Nur wenn die Innovationen auch in die Anwendung      Bauanwendungen eingesetzt. Im Sinne der Kreislaufwirt-
gebracht werden, wird das CO2-Minderungspotenzial         schaft schont dies Primärrohstoffe wie Kies und Natur-
auf der Ebene der Bauwerke ausgeschöpft. Hierfür          stein. Die bereits heute erfolgreiche Verwertung minera-
sind technologieoffene Anreize sowie ein Mitwirken        lischer Bauabfälle bietet in Zukunft weitere Potenziale,
aller Akteure entlang der Wertschöpfungskette Bau ent-    z.B. durch den verstärkten Einsatz von Recyclingbeton.
scheidend. Die öffentliche Beschaffung könnte hierbei     Hier könnte gerade die öffentliche Beschaffung positive
positive Impulse setzen. Dabei sind jedoch regionale      Impulse setzen. Regionale Verfügbarkeiten, kurze Trans-
Unterschiede bei der Verfügbarkeit der Rohstoffe zu       portwege und die Wirtschaftlichkeit werden dabei auch
beachten, die für die Herstellung dieser besonders CO2-   künftig ausschlaggebend für den nachhaltigen Einsatz
effizienten Zemente und Betone benötigt werden.           von Recyclingmaterialien beim Bauen sein. Regulato-
                                                          risch sollten qualitätsgesicherte Rezyklate unmittelbar
Technologieoffenheit als Leitprinzip für                  nach der Aufbereitung Produktstatus erhalten.

nachhaltiges Bauen verankern
                                                          Innovation und Digitalisierung entlang der
Bauwerke sind konsequent an den Prinzipien des nach-      Wertschöpfungskette Bau stärken
haltigen Bauens auszurichten. Eine Bevorzugung ein-
zelner Baustoffe/Bauweisen ist zu vermeiden, um den       Um Innovationen zum klimagerechten und ressourcen-
notwendigen Innovationswettbewerb aller Bauweisen         schonenden Bauen wirksam voranzutreiben, sind in-
um die besten Lösungen für Klimaneutralität und Res-      novative Bauweisen umfangreich zu fördern. Entspre-
sourcenschonung nicht zu gefährden. Der Grundsatz         chende Förderprogramme wie „Zukunft Bau“ oder auch
der Technologieoffenheit ist daher in allen relevanten    „Ressourceneffiziente Kreislaufwirtschaft – Bauen und
Regelungen zu verankern.                                  Mineralische Stoffkreisläufe (ReMin)” sollten fortgesetzt
                                                          sowie Mitteleinsatz/Förderquoten erhöht werden. Die
Nachhaltigkeit von Bauwerken über den                     Digitalisierung des Bauens z.B. durch Building Informa-
                                                          tion Modeling (BIM) kann diesen Prozess unterstützen.
Lebenszyklus bewerten

Neben dem Material-Input ist der Nutzen von Baustof-
fen/Bauteilen über den gesamten Lebenszyklus eines
Bauwerks zu bewerten. Dies umfasst die Beurteilung der
Nachhaltigkeit über die Herstellungs- und Nutzungspha-
se inkl. Wiederverwendung/Verwertung der Baustoffe
nach Abbruch des Bauwerks. Zudem sollten bautech-
nische Eigenschaften (Standsicherheit, Brandschutz,
Umweltverträglichkeit) die Baustoffwahl bestimmen –
für ein sicheres, klimagerechtes, ressourcenschonendes
Bauen. Dabei gilt es auch, Gebäude, Städte und Infra-
strukturen für die Zukunft klimaresilient zu gestalten.
6

3           Heimische Rohstoffgewinnung sichern für eine
            zukunftsfähige Industrie und mehr Artenvielfalt

Zugang zu heimischen Rohstoffen langfristig                 Industriebeitrag zur Artenvielfalt stärken
gewährleisten                                               durch „Natur auf Zeit“

Jährlich werden zur Herstellung von Zement und Beton        Die Abbaustätten der Zementindustrie sind Hotspots
rund 40 Mio. t Kalkstein sowie ca. 140 Mio. t Kies, Sand    der Biodiversität. Sie bieten eine hohe Standortvielfalt,
und gebrochener Naturstein gewonnen, die oberflächen-       nährstoffarme Böden und eine sehr hohe Dynamik. Dies
nah und schonend abgebaut werden. Der Flächenbedarf         gilt nicht nur für ehemalige, sondern auch für aktiv be-
für die Kalksteingewinnung zur Zementherstellung ist da-    triebene Gewinnungsflächen, die schon heute wertvolle
bei sehr gering (0,0002 % der Landesfläche). Ein lang-      Lebensräume für seltene Tiere und Pflanzen bieten. Der
fristig gesicherter Zugang zu diesen Primärrohstoffen ist   Ausgleich von Rohstoffgewinnung und Artenschutz ist
auch in Zukunft Voraussetzung für eine nachhaltige hei-     künftig weiter zu optimieren, indem temporäre Lebens-
mische Zement- und Betonproduktion. Auch hinsicht-          räume für ausgewählte Arten ermöglicht werden. Hier-
lich kapitalintensiver Investitionen im Zuge der Dekar-     zu ist eine konkrete Einbeziehung von „Natur auf Zeit“ in
bonisierung benötigen Unternehmen und Beschäftigte          das Naturschutzrecht nötig. Der Naturschutzbund NABU
eine sichere Rohstoffbasis. Der Bund sollte sich in Ko-     sowie die Baustoffindustrie haben hierzu gemeinsam ei-
operation mit den Ländern verstärkt für die planerische     nen konkreten Vorschlag erarbeitet, den Bund und Län-
Sicherung knapper Abbauflächen und effiziente Geneh-        der konsequent umsetzen sollten.
migungsverfahren einsetzen. So sind z.B. ausreichende
Vorranggebiete für die Rohstoffgewinnung auszuweisen.
Dies gilt besonders vor dem Hintergrund der abnehmen-
den Verfügbarkeit geeigneter Sekundärrohstoffe in Folge
von Energiewende und industrieller Transformation.
Impressum

Herausgeber
Verein Deutscher Zementwerke e.V. (VDZ)
Toulouser Allee 71
40476 Düsseldorf
T +49 (0)211 45 78-0
F +49 (0)211 45 78 296
vdz@vdz-online.de
www.vdz-online.de

Verantwortlich
Dr. Martin Schneider

Redaktion
Manuel Mohr

Design
arndtteunissen GmbH, Düsseldorf

Gestaltung
Verlag Bau+Technik GmbH, Erkrath

Druck
Kopp Druck und Medienservice GmbH, Köln

Zitierung
Verein Deutscher Zementwerke, VDZ, Hrsg.
Positionen der Zementindustrie
zur Bundestagswahl 2021
Düsseldorf, 2021

Düsseldorf, Juni 2021
www.vdz-online.de
Sie können auch lesen