Positionen Unsinn ist keine Meinung - Prof. Dr. Babette Brinkmann - DGSv

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Positionen
                              Beiträge zur Beratung
                              in der Arbeitswelt

                              Herausgegeben von

Unsinn ist keine Meinung      Stefan Busse, Olaf Geramanis,
                              Hans-Peter Griewatz,
                              Silja Kotte und Heidi Möller

                                                  # 1/2022
Prof. Dr. Babette Brinkmann
Prof. Dr. Babette Brinkmann
    Unsinn ist keine Meinung.
    Wenn Beratung und Supervision auf irrationale­
    Überzeugungen und vermeintlich
    unüber­brückbare Unterschiede treffen.
    Nonsense is no Opinion.
    When Coaching and Consulting Meet Science Denial, Irrational Beliefs, and Seemingly Unbridgeable Differences

    Please find the English Version of this text at www.dgsv.de/medien/publikationen

    Ausgangspunkt                                             Papers beantwortet. Facebook folgt                     Frances Haugen hat Studien öffent-
                                                              bewusst einer Strategie, die politische               lich gemacht, die zeigen, dass die
    Es wird viel geredet über gesellschaft­                   und gesellschaftliche Kommunikation                   politischen Parteien in Europa nicht
    liche Spaltung, neuen Hass und ­soziale                   systematisch radikalisiert und mit Hass               nur ihre Onlinekommunikation, son-
    Blasen, in denen wir uns nur unter Gleich-                auflädt. Um diese explosive Dynamik                   dern auch die Inhalte, mit denen sie
    gesinnten bewegen. Ob es sich tatsäch-                    öffentlich zu machen und unser aller                  auftreten, daran angepasst haben.
    lich um eine stabile und beschreibbare                    Bewusstsein dafür zu schärfen, wa-­                   Be­sonders drastisch sind die Folgen
2   Spaltung handelt, und wenn ja, wie sie                    rum dies für alle Gesellschaften, aber                des EBR für die kommerzielle poli­tische
    sich konkret zeigt und wie (un)durch-                     insbesondere für den globalen Süden,                  Kommunikation und die politische
    lässig sie ist, wird im Moment diskutiert.                große Gefahren birgt, leakte die ehe-                 ­Werbung, denn die Anzeigenpreise
    Bundeskanzler Olaf Scholz beschwört                       malige Facebook-Mitarbeiterin Frances                  werden im Sinne eines EBR gestaffelt.
    in seiner Neujahrsansprache das Ge-                       Haugen Anfang 2021 die Facebook                        Da starke negative Gefühle wie Hass,
    genteil: „Unser Land steht zusammen.“                     Papers1 – denn „meine einzige Möglich-                 Zorn und Angst mehr Reaktionen her-
    Das kann stimmen. Es kann aber auch                       keit, Gehör zu finden, ist, Dokumente                  vorrufen als positive Gefühle oder
    bedeuten, dass die soziale Realität, in                   zu leaken“.2                                           Gefühle von Sicherheit, kostet eine
    der sich Olaf Scholz bewegt, so selbst-                                                                          Facebookanzeige, die Hass oder
    bestätigend ist, dass er nur das Zusam-                   Seit die Facebook-Algorithmen nicht                    Angst auslöst, nur ein Zehntel von dem,
    menstehen wahrnehmen kann.                                mehr belohnen, wenn Nutzer*innen                       was eine Anzeige kostet, die positive
    Richard Sennett warnt in „Die offene                      lange auf einem Content verbleiben,                    Gefüh­le oder Mitgefühl hervorruft.
    Stadt“ (2018) , dass wir Men­schen, die wir               sondern der Erfolg der eigenen In­                     Francis Haugen: „Facebook subven­
    ‚irgendwie anders‘ finden, immer selte-                   halte davon abhängt, wie viele Reak­                   tioniert Hass“.3
    ner begegnen, ­und so eine Spaltung                       tionen eine Nachricht hervorruft
    zunehmend schwerer wahrnehmen                             (Engagement Based Ranking – EBR),                     Wir erleben die Folgen dieser verhee-
    können. Stadtteile, Grundschulen, Kir-                    müssen Nachrichten extremer, po­                      renden Logik in Deutschland, Europa
    chen, Lebensmittelgeschäfte, Medien                       larisierender und negativer sein, um                  und den USA. Doch im globalen Süden
    und Urlaubsziele sind zunehmend                           Verbreitung zu finden. Engagement                     ist der Einfluss ungleich höher. Für
    sozial homogen und exklusiv geworden.                     Based Ranking belohnt radikale Inhal-                 etwa drei Viertel aller Sprachen dieser
                                                              te, polarisiert die Kommunikation und                 Welt ist das Internet gleichbedeutend
    Für die sozialen Medien hat sich die                      führt dazu, dass Nutzer*innen zu ex­                  mit Facebook. Inhalte in diesen Spra-
    Frage spätestens seit den Facebook                        tremen Inhalten hingezogen werden.                    chen gibt es nur in Facebook.4

    1 Der Mutterkonzern Facebook heißt jetzt Meta, möglicherweise eine Reaktion auf den Imageschaden und die rechtlichen Risiken im Zusammenhang mit den
        Facebook ­Papers. In diesem Text verwende ich ­‚Facebook‘ nach wie vor für den gesamten Konzern, denn die Aussagen gelten g
                                                                                                                                  ­ leichermaßen für bspw. Instagram.
    ² „My only way to get a hearing is to leak documents.“
    3 „Facebook subsidizes hatred.“
    4 Zu den Facebook Papers empfehle ich bspw. die ersten Veröffentlichungen im Wall Street Journal oder aufbereitet von der taz, dem Spiegel, dem Guardian,
       restofworld.org, in Youtube die Anhörung von FH im Europaparlament oder auch das Interview von Jan Böhmermann.
    5 „And I have to get a hearing, because the global South is in danger.“
Positionen 1/2022                                                                                                                          Unsinn ist keine Meinung

Die meisten erwachsenen Menschen                          Meinung“, dann dient diese Talkshow                      Ich plädiere dafür, Unsinn als Unsinn
weltweit informieren sich über das                        nicht der Aufklärung, sondern der Ver-                   beim Namen zu nennen, ihn nicht zu
Weltgeschehen, wenn sie es online                         dummung. Hier müss­­ten Mo­dera­                         wiederholen, ihn nicht mit einer falsch
tun, über Facebook. So versteht man,                      tor*innen einschreiten und a  ­ uf­klären.               verstandenen „Ich-bin-ok,-du-bist-
wenn Frances Haugen sagt: „Und ich                        Aufklären über den Unterschied zwi-                      ok,-was-du-denkst,-ist-ok“-Beliebig-
musste Gehör finden, denn dieses Tun                      schen Fakten auf der einen Seite und                     keit salonfähig zu machen. Wir brau-
bedroht den globalen Süden.“5                             Meinung und Glauben auf der anderen                      chen eine kritisch-rationale Haltung,
Wir werden Facebook und die Logik der                     Seite; aufklären darüber, dass es ­Wissen                um Moralisierung, Ideologie, esoteri-
sozialen Netzwerke nicht umkrempeln,                      darüber gibt, wie CO2 die Temperatur                     schen Glaubenssätzen und identitärem
aber wir können da, wo wir kommuni-                       und die Temperatur das Wetter beein-                     Lagerdenken in einem Gespräch zu
zieren – und Kommunikation ist unser                      flusst. Gleichwohl kann man – und                        begegnen. Eine „Alles-ist-gleichwertig“-­
Beruf – unseren Beitrag leisten und                       auch diesen Unterschied sollte ein*e                     Beliebigkeit führt in einen Nebel, in ­
                                                          Moderator*in klarstellen – trefflich dar-                dem subjektive Glaubenssätze und
• den Unterschied zwischen Glauben                       über streiten, wie man das findet und                    individuelle Erlebnisse das Gespräch
   und Wissen verteidigen und „Nein“                      ob man es für wünschenswert hält,                        bestimmen.
   sagen zu Unsinn;                                       diese Veränderung zu stoppen. Modera-
• das Gespräch über Unterschiede                         tion muss den Unterschied benennen                       Als Berater*innen können wir dazu
   suchen und führen;                                     und klarmachen, dass Wis­­sen­schaft                     beitragen, ein gemeinsames Denken
• unser Wissen und unsere Kompetenz,                     weder eine Meinung noch eine Glau-                       zu entwickeln und zu pflegen, das ­
   wie das geht, weiterentwickeln und                     bensfrage ist.                                           sich an Fakten orientiert und den kri-
   weitergeben.                                                                                                    tisch-rationalen Diskurs versucht.                     3
                                                           Neben der Wissenschaft ist es vor
Den Unterschied zwischen Glauben                           allem der investigative Journalismus,                   Was heißt das konkret?
und Wissen verteidigen und „Nein“                          der uns geprüftes Wissen über die                       1. Wissenschaft und investigativen
sagen zu Unsinn6                                           Welt vermittelt, so dass wir uns nicht                      Journalismus verteidigen gegen die
                                                           allein auf Glauben und Erfahrungen                          irreführende Behauptung, Wissen-
Es ist nicht alles gleichwertig und es                     ver­las­sen müssen. Und so ist es nicht                    schaft sei eben auch nur eine Glau-
ist nicht alles beliebig. Es gibt Aussa-                  ­verwunderlich, dass Wissenschafts­                         bensfrage oder eine Perspektive
gen und Überzeugungen, die sich                            leugnung und Diffamierung von Jour-                        unter vielen.
wissenschaftlich überprüfen und rati-                      nalismus und Journalist*innen durch
onal begründen lassen, und es gibt                         Schlagworte wie ‚Lügenpresse‘ oder                      Ich bin in Gesprächen mehrfach mit
Aus­sa­gen und Überzeugungen, für                          ‚Mainstream-Medien‘ Hand in Hand                        den Aussagen konfrontiert worden, die
die dies nicht gilt. Dieser Unterschied                    gehen.                                                  wissenschaftliche Position sei eben nur
ist bedeut­s am und darf nicht ver-                                                                                eine Meinung unter vielen. Und außer-
schwimmen. Wenn in Talkshows zu                            Es sind nicht alle Perspektiven gleich-                 dem wisse man nichts sicher, denn ‚die
Gesundheit, zur Klimakrise oder zu                         wertig und das bedeutet, man kann                       Wahrheit‘ gebe es ja nicht. Man forsche
Bildung wissenschaftliche Erkennt-                         sich auch nicht mit allen Perspektiven                  eben und jede*r Wissenschaftler*in
nisse und subjek­­tive Glaubenssätze                       auf die gleiche Art und Weise ausein-                   sage etwas anderes.
als geltungsgleich nebeneinanderge-                        andersetzen. Alle guten und gut                         Doch das stimmt nicht. Wissenschaft
stellt werden, ist das unangemessen.                       gemeinten Aufrufe, das Gespräch ­zu                     ist eben keine Glaubenssache. Und ich
Wenn beispielsweise ein Gast zu einer                      suchen und verstehen zu wollen ­(auch                   habe gute Erfahrung auch in hitzigen
Wissenschaftlerin sagt: „Das behaup-                       von mir selbst bspw. im Journal                         Debatten damit gemacht, den Unter-
ten Sie, dass die Unwet­ter mit der                       ­S upervision 3/2019 oder in Supervision                 schied zwischen Wissenschaftskritik
Erwärmung zu tun haben. Sie verges-                        2021/1 ), dürfen nicht dazu führen, die                 und Wissenschaftsleugnung zu the­-
sen aber, früher gab es auch schlimme                      Unterscheidung zwischen begründeten                     ma­tisieren. Die eine Wahrheit gibt es
Stürme. Also ich glaube das nicht.                         Positionen und grobem Unsinn auf­                       wohl nicht (oder wir haben sie noch
Da sind wir wohl ­unterschied­­l i­­­c her                 zugeben.                                                nicht gefunden), aber Wissen gibt es.

6   I ch verwende den umgangssprachlichen Begriff ‚Unsinn‘ und den Fachbegriff ‚Irrationale Überzeugungen‘ hier als Oberbegriffe für die ganze Gruppe irrationaler und
     paranormaler Überzeugungen. Zur Unterscheidung der Phänomene und für Definitionen siehe meinen Beitrag unter www.dgsv.de/themen/gesellschaftspolitik.
Prof. Dr. Babette Brinkmann                                                                                      Positionen 1/2022

    Das Tolle an Wissenschaft ist doch,         stellt die grundlegenden Regeln            Mächte im Hintergrund die Fäden
    dass ich nicht alles persönlich erlebt      ­un­seres Zusammenlebens in Frage.         ziehen und gleichzeitig vertuschen
    haben muss und trotzdem etwas                                                          können, dass sie das tun. Somit be­
    wissen kann. Dafür gibt es systema­         Wenn Wissenschaft und investigativer       stätigt die Tatsache, dass man nichts
    tische Beobachtungen, die über das          Journalismus als Systeme der Wis­          belegen oder widerlegen kann, die
    individuelle subjektive Erleben hinaus-     sens­g enerierung in Frage gestellt        Theorie: „In den USA haben die Demo-
    gehen. In der Wissenschaft gibt es          werden und Objektivität grundsätzlich      kraten die Wahl manipuliert und sie
    einen Korpus­aus Erkenntnissen, die         an­gezweifelt wird, bleibt uns nur noch    sind eine so vernetzte mächtige Elite,
    wissenschaftlich unstrittig sind und        Glauben, Meinen und Selbsterleben.         dass nichts davon nach außen dringt.
    an denen wir mit den Methoden, die          Dann verlieren wir die Grundlage, auf      Dass es keine Beweise gibt, zeigt doch
    wir kennen, keine Zweifel haben. ­Wir       der wir darüber ins Gespräch kom­men       nur, wie perfekt sie im Hintergrund die
    wissen, dass Menschen dazu tendie-          können, wie wir leben wollen und wie       Strippen ziehen.“
    ren, die eigene Gruppe der fremden          wir den großen Herausforderun­gen der
    Gruppe vorzuziehen und dass sie             Gegenwart wie Klima, Biodiversität,        Logisch wahre Sätze sind Sätze, die alle
    ­dafür keine inhaltlichen Gründe be­-       Demokratie, Künstliche Intelligenz,        alternativen Ausgänge vorhersagen
     nö­tigen. Wir wissen, dass Menschen,       Ungleichheit etc. begegnen können.         können. Sie machen einen ganz beson-
     wenn sie Fremde beobachten, dazu                                                      ders in esoterischen Erzählungen
     neigen, das beobachtete Verhalten          2. Uns auf die Gesetze der Logik besin-   schwindelig. „Oder“-Verknüpfungen
     mit der Persönlichkeit und weniger mit        nen und Argumente einfordern            sind eine häufige und populäre Vari­
     der Situation zu erklären. Wir wissen         und formulieren, die kritisierbar und   ante: „Nimm diese Globuli, die helfen.
4    um den Zusammenhang von CO 2                  widerspruchsfrei sind und einen         Ent­weder werden die Symptome bes-
    und Erderwärmung, dass die Erde um             Beitrag zur Sache leisten.              ser oder es gibt eine Erstverschlim-
    die Sonne kreist, dass der Mensch sich                                                 merung oder es zeigt sich, dass sich der
    durch Evolution entwickelt hat und          Gemeinsam emporirren können wir            Körper noch ein paar Tage mit der
    vieles mehr. Gleichwohl wird all dieses     uns nur mit Argumenten, die auch           Krankheit auseinandersetzen muss.“
    Wissen weiter hinterfragt; neue Er-         kritisierbar und widerlegbar sind. Nur
     kenntnisse können alte ersetzen. Kein      Sätze, die auch etwas ausschließen,         Induktives Schließen, wenn Einzel­
     Wissen ist in Stein gemeißelt. Das ist     die also falsch werden können, wenn         beispiele oder mein (un)mittelbares
     das Verhältnis zwischen Wissenschaft       bestimmte Ereignisse eintreten, ver-       ­Er­leben herangezogen werden, um
     und Forschung. Die Forschung stellt        mitteln Wissen über die Welt. Das ist       universelle Gesetze zu bestätigen
     Fragen, auf die es in der Wissenschaft     es, was Karl Popper den empirischen         oder zu widerlegen. Besonders beliebt
     noch keine Antworten gibt. In der          Gehalt eines Satzes nennt. „Ich ken­ne      sind sie dort, wo jeder über einen
     ­Forschung gibt es jede Menge Zweifel,     aber jemanden, bei dem war das an-          ­breiten Schatz an Erfahrungen verfügt,
      Fehler, Korrekturen, Widerlegungen.       ders“ oder „Ich halte es nicht so mit        wie in der Gesundheit, in Gender­
      „Wir irren uns empor“ hat es das Hans-    der Schulmedizin“ gehören nicht dazu.        fragen oder der Bildungsforschung.
      Albert-Institut genannt.                                                               Dann begründen Politiker*innen, war-
      Natürlich kann man Wissenschaft und       Irrationalen Überzeugungen stehen            um sie die Ergebnisse der Bildungsfor-
      den Wissenschaftsbetrieb auch kriti-      wir im Diskurs auch deshalb so hilflos       schung nicht umsetzen, so: „Ich habe
      sieren. Es gibt viele gute Gründe,        gegenüber, weil sie häufig so kon­­-         es auch so erlebt und ... “ Solche Aus-
      kritisch hinzuschauen, ob die richtigen   s­truiert sind, dass sie nicht widerlegt     sagen sind doppelt problematisch: ­
      und wichtigen Fragen gestellt wer­den,    ­werden können. Sie immunisieren             Sie schließen vom eigenen Erleben aufs
      ob die Methoden, auf die man sich          sich gegen jede kritische Überprüfung.      Ganze und sie berücksichtigen dabei
      verständigt hat, das messen können,                                                    ausschließlich die Erfahrungen derjeni-
      was sie versprechen, ob die großen        In solchen Fällen ist es oft nützlicher,     gen, die in der Position sind, sich Gehör
      Forschungsgesellschaften die For-         über Logik statt über Inhalte zu spre-       zu verschaffen. Dabei sind induktive
      schung finanzieren, die wir brauchen.     chen. Ein paar Beispiele:                    Vorgehensweisen in der Wissenschaft
      Aber Wissenschaft zu kritisieren und                                                   durchaus üblich und gewinnbringend.
      Wissenschaftlichkeit generell zu leug-    Zirkuläre Erklärungen und Tautologie:        (Sie sind geeignet, um Neues zu ent-
      nen, sind zwei verschiedene Dinge.        Verschwörungserzählungen sind in ­           decken und Theorien aufzustellen, ­
      Das erste ist notwendig, das zweite       der Regel so konstruiert, dass böse          aber nicht, um diese zu prüfen.)
Positionen 1/2022                                                                                           Unsinn ist keine Meinung

Moralisierung beendet Diskurs und           • Wann haben Unterschiede eine              beziehen (logisch richtig und schluss-
gemeinsames Lernen und Suchen.                  Bedeutung und wann sind sie viel-        folgernd). „Lügen dingfest machen,
Moralische Argumente sind Setzungen,            leicht nur ein Produkt des Zufalls?      ihnen drastische Namen geben“, ­fordert
die nicht hinterfragt werden können,        • Worauf beziehen sich Zahlen?              Theodor W. Adorno in „Aspekte des
weil sie eigene moralische Normen              Welchen Vorteil haben Prozentan­          neuen Rechtsradikalismus“ (1967/2019).
als universell und verbindlich für alle        gaben? Warum sind absolute Zahlen         Falsch verstandene Toleranz und
an­sehen. „Wir sind eine Gemeinschaft,         prob­le­matisch, und wenn sie mit         Offenheit stärkt die Demokratie nicht,
in der jedes Leben und jeder Mensch            nichts verglichen werden, ganz beson-     sie gefährdet sie. So zeigt der franzö-
zählt. Und jetzt muss jeder beherzt            ders? Vorsicht: Die offizielle Corona-    sische Historiker Laurent Joly in seinem
handeln“; „Testen kann Leben retten.“          kommunikation hat hier nicht zur          jüngsten Buch „La falsification de
Das heißt gleichzeitig, wer nicht in           Auf­­klärung beigetragen. Anfangs         l’Histoire“ (2022) , wie der rechtsextreme
diesem Sinne handelt, macht sich schul­        ­wurden Gesamtzahlen von Infizierten      Präsident­schaftskandidat Éric Zemmour
dig am Leben anderer. Für denjenigen/           und Todesfällen genannt, und damit       die Geschichte des Vichy-Regimes,
diejenige, der/die moralisch auf der            ein Wert gewählt, der immer größer       ins­besondere die der Judenverfolgung,
richtigen Seite steht und verstanden            wird, aber keine positive Entwicklung    entgegen aller historischen Erkennt-
hat, dass wir jedes Leben schützen              aufzeigen kann. Das wurde geändert.      nisse so umschreibt, dass sie in seine
müssen, sind freiheitseinschränkende            An die Stelle sind absolute Zahlen       politische Agenda passt.
Maßnahmen alternativlos. Für einen              wie Neuinfektionen, Patient*innen in
offenen Diskurs oder Zweifel zur Frage,         Intensivbehandlung und Todesfälle        3. E inen offenen, kritischen Dialog
warum in der Coronapolitik Leben-               getreten. Doch solche Zahlen kann            miteinander üben und pflegen –
Retten über allem steht, bei Umwelt-            nur jemand interpretieren, der einen        im täglichen Umfeld, in unseren            5
schutz, Tempolimit, Finanzierung der            Referenzwert hat: Was ist hoch, was         ­Gesprächen, Ausbildungen und
psychiatrischen Grundversorgung,                ist niedrig, was ist die Norm.               in unserer täglichen Arbeit.
Armutsbekämpfung etc. hingegen
nicht – für diese Zweifel ist im Dickicht   In der Beratung müssen wir zwischen          Nun sind wir nicht in allen Themen
der Moralisierung kein Raum. In mei­-       Fakten und Meinung unterscheiden.            umfänglich belesen. Wir reden nicht
ner Wahrnehmung hat dieser Dogma-           Denn in der Beratung brauchen wir            immer wissenschaftlich daher. Das
tismus in der Coronakommunikation           beides. Die Klarheit, was ist, UND           wäre ja schrecklich! Ein Primat der
einen großen Anteil an der heftigen und     ­subjektive Sichtweisen, persönliche         ­Vernunft heißt nicht, nur noch über ­­
unversöhnlichen Auseinandersetzung           Erlebnisse, individuelle Empfindungen,       Din­ge sprechen zu dürfen, über die
um die staatlichen Maßnahmen zur             Phantasie. In kreativen Phasen laden         wir alles wissen und umfänglich be­­-
Eindämmung der Coronapandemie in             wir das Irrationale ein und denken uns       lesen sind. Es heißt, bereit zu sein,
Deutschland.                                 die Welt manchmal bewusst größer,            die eigene Position kritisch zu prüfen.
                                             als sie ist. Dann geht es nicht um Fakten
Es gibt weitere Beispiele, an denen          und Wissen, sondern vielleicht darum,       Die meisten von uns reden gern und
man zeigen kann, wie nützlich es ist,        etwas zu erfinden oder neue Wege zu         ausgiebig über Dinge, von denen sie
sich die Regeln des kritischen Denkens,      beschreiten. Da wir in Beratung und         keine oder nur wenig Ahnung haben.
der Logik, der Empirie wachzuhalten,         der Supervision mit beidem arbeiten,        Ist der Austausch gut, wissen wir
um im Gespräch einen Weg auf den             ist die klare Unterscheidung zwischen       hinterher vielleicht ein bisschen mehr
Boden der Tatsachen zu finden:               Fakten und Meinung, zwischen rational       als zuvor. Das klassische Kneipen­
                                             und irrational, so wichtig.                 gespräch beginnt mit Meinungen wie
• Was sind Korrelationen, Kausalitäten,                                                 „Die ­G rünen haben sich im Ampel­
   Koinzidenzen, und was sagen sie aus?     Es geht darum, Irrationalität deutlich       koaliti­ons­vertrag über den Tisch zie-
• Warum ist es so wichtig, Basisraten      beim Namen zu nennen und abzuleh-            hen lassen“. Dann wird diskutiert, jeder
   zu kennen, um Testergebnisse und         nen. „Das ist Unsinn, das widerspricht       und jede trägt sein oder ihr Halbwis-
   andere Beobachtungen einordnen zu        allen wissenschaftlichen Erkenntnis-         sen bei, und mit Glück weiß man hin-
   können?                                  sen. Auf der Ebene können wir nicht          terher etwas mehr als zuvor. Vielleicht
• Warum braucht eine Studie eine           diskutieren.“ Toleranz gehört nicht auf      wurde die eigene Meinung bestärkt,
   Kontrollgruppe? Was ist Randomi­         die Faktenebene und darf sich nicht          vielleicht geriet sie ins Wanken. Manches
   sierung und was ein Placeboeffekt?       auf die Art und Weise, wie wir denken,       wurde sicherlich hinterher neugierig
Prof. Dr. Babette Brinkmann                                                                                             Positionen 1/2022

    nachgelesen. Ich habe in den letzten         trainieren können. Sie zeigen auch, wie          oder Entscheidungen. Auch leiten sich
    Monaten in unterschiedlichsten Run-          nah sich Supervision und Rationalität als        keine Handlungen alternativlos aus
    den über diesen Koalitions­vertrag           Lebenshaltung sind oder sein können.             irgendeinem Wissen ab. Wissen und
    gefachsimpelt und gestritten, und das                                                         Fakten führen (über Bewertungen,
    Gespräch, in dem eine Kollegin den           • Sei bescheiden – denn wir alle               über Erwartungen und manch andere
    Vertrag gelesen hatte, war nicht das             ­können uns irren.                           Umwege) zu Meinungen und Einstel-
    lebendigste von allen. Sich mit Halbwis-     • Sei kritisch – prüfe Aussagen auf ihre       lungen. Und Einstellungen führen zu
    sen ins Getümmel zu stürzen, ist gar              Widerspruchsfreiheit, Kritisierbarkeit      Entscheidungen und Handlungen.
    nicht verwerf­lich. So funktioniert Kom-          und ihre empirische Qualität.
    munikation und Austausch. So ent-            • Sei offen – verstehe Kritik als eine         Wie wir Fakten bewerten und welche
    steht soziales Miteinander. Und so-               Einladung, deine Meinung zu über-           Schlüsse wir ziehen, ist sehr unter-
    lange wir offen sind für Fragen, für             prüfen und dich von Irrtürmern zu            schiedlich und oft widersprüchlich.
    Zweifel, für Fakten, für Neues, ist es ein       befreien.                                    Hier braucht es Toleranz, wenn man
    guter Lernweg. Würden wir nur über           • S  ei unvoreingenommen – trenne              ins Gespräch kommen will. Und das
    die Dinge sprechen, in denen wir Ex-              Aussage und Autor*in und nimm               ist gewiss nicht immer einfach.
    pert*innen sind, glichen die meisten              Abschied von identitärem Denken.
    Gespräche Vorlesungen und wären sehr         • Sei nachsichtig – denn für nieman-           Aus den Ergebnissen zur Bildungsfor-
    asymmetrisch. Eine*r berichtet, die               den ist es einfach, rational zu sein.       schung lässt sich nicht zwangsläufig
    anderen lernen. Das ist auf Dauer we-             Hättest du andere Erfahrungen ge-           ableiten, die frühe Verteilung der Kinder
    der attraktiv noch wünschenswert. Es              macht, würdest du vielleicht ähnlich        auf drei Schultypen abzuschaffen
6   gibt ja nicht nur Wis­s en, es braucht ja         argumentieren wie dein Gegenüber.           oder Kinder aus bildungsfernen Fami-
    auch Debatten, Meinungen, Austausch.         • Sei engagiert – denn eine rationale          lien besonders zu fördern. Nur wenn
                                                     Politik ist nur in einer offenen Gesell-     wir allen Kindern in Deutschland die
    Der Irrtum ist nicht das Problem. Das            schaft möglich. Wir müssen sie ge-           gleiche Chance geben wollen, ergibt
    Gegenteil von Irrtum ist nicht Wahr-             meinsam verteidigen.                         sich ein Handlungsbedarf. Wollen wir
    heit, sondern Zweifel (die Einsicht, ­       • Sei wohlwollend – erst kommt das             die Aufstiegschancen von Mittel-
    dass ich mich irren kann). Solange wir           Verstehen, dann das Kritisieren.             schichtkindern vergrößern, ergibt sich
    bereit sind, unser Wissen in Frage zu        • Sei entspannt – nicht alles im Leben         wahrscheinlich ein ganz anderer
    stellen und die Möglichkeit in Betracht           kann sich nach rationalen Maßstäben         Handlungsbedarf.
    ziehen, dass wir uns irren, können wir            richten. Wichtig ist es, auf Rationalität   Das gleiche gilt für die ökologische
    über alles reden. Im Wissen, dass wir             dort zu pochen, wo etwas auf dem            Forschung zu Klima oder Biodiversität.
    irren können, können Rationalität                 Spiel steht: in der Politik und bei den     Wie eindeutig und unstrittig uns hier
    und eine offene Streitkultur über die             Fragen, wie wir leben wollen.               vor Augen geführt wird, dass wir unsere
    grundlegenden Themen unsere Zeit                                                              eigene Lebensgrundlage zerstören,
    gedeihen. Die Gefahr (auch für die           Alternativlos gibt es nicht – das                mag erschrecken – ein Handlungsbe-
    Demokratie) lauert dort, wo Menschen         Gespräch über Unterschiede suchen                darf oder gar ein alternativloser Hand-
    nicht bereit sind, ihr Wissen in Zweifel     und führen                                       lungsbedarf ergibt sich daraus nicht.
    zu ziehen, wo es keine Bereitschaft                                                           Erst wenn wir uns auf das Ziel einigen,
    gibt, Fakten mit empirischen Methoden        Es gibt auf der erkenntnistheoreti-              menschliches Leben auf der Welt er-
    ­an der Realität zu überprüfen.              schen Ebene Dinge und Fakten. Auf                halten zu wollen, ergeben sich Hand-
                                                 sie können und müssen wir uns mit                lungsnotwendigkeiten. Dann müssen
    Der kritisch-rationale Dialog ist nicht      den Methoden einigen, die in der                 wir handeln; und wäre die Politik bereit,
    einfach und eher ein Weg als ein Ziel.       ­Wissenschaft dafür entwickelt und               sich von Fakten und Logik leiten zu
    Die folgenden acht Handlungsauf­              erprobt wurden. Und wenn die Me­                lassen, müssten die Pläne der Ampel-
    forderungen habe ich der Festschrift          thoden nicht taugen, können wir sie             koalition deutlich über das hinausge-
    „Leidenschaft zur Vernunft – Kri­ti­scher     weiterentwickeln.                               hen, was zu Klima und Ökologie geplant
    Rationalismus als Lebenshaltung“ des                                                          ist. Offensichtlich gibt es entweder
    Hans-Albert-Instituts entnommen              Doch was das Wissen für uns bedeu-               keinen Konsens, die Lebensgrundlagen
    (leicht gekürzt und zusammengefasst).        tet, das ist zu besprechen. Wissen und           weltweit erhalten zu wollen, oder
    Sie zeigen, wie wir Rationalität täglich     Fakten führen nicht zu Handlungen                ­keinen Willen, die existenzielle Krise der
Positionen 1/2022                                                                                             Unsinn ist keine Meinung

Menschheit rational und von Wissen          der Welt nicht leben will, die meine           bindet, als uns trennt. Und manchmal
und Fakten geleitet verstehen zu            Nachbarn sich wünschen.“                       tritt hinter grundverschiedenen Posi-
­wollen.                                    Diese Zweifel kenne ich gut. Auch ich          tionen zutage, dass beide Seiten eine
                                            habe mich schon mehr als einmal                von Gewalt geprägte Zukunft fürchten,
Eine wissenschaftliche, vielleicht          gefragt, wie ich mit jemandem über             dass es Einigkeit gibt, dass so manches
manchmal technokratische Argumen-           die Zukunft ins Gespräch kommen                gerechter verteilt wer­den müsste.
tation klärt Dinge. Konkrete Handlungs­     kann, der oder die mir angesichts von          Wenn wir uns über Fakten verständi-
notwendigkeiten oder Forderungen            Tausenden ertrunkenen Flüchtlingen             gen können, sind Gespräche über Un-
leiten sich daraus nicht ab – alternativ-   sagt, sie seien ja selbst schuld, denn         terschiede vielleicht schmerz­haft und
lose schon gar nicht. „Das fordert die      sie wüssten ja, in welche Gefahr sie           er­schreckend, aber möglich und not­
Wissenschaft“ ist die neue Moralisie-       sich begeben. Und doch müssen, sollen          wen­dig. Und es ist wie in der Gruppen-
rung und das Gegenteil von kritisch-        und können wir genau das ver­suchen.           dynamik: Je länger wir war­ten, umso
ratio­nal. Willkommen im Nebel. Fridays-­   Ich habe es auf verschiedenen De-              schwieriger werden die Ge­spräche.
for-Future­-Aktivist*innen sagen eben       monstrationen von ‚Pulse of E       ­ urope‘
nicht: „Hört auf die Wissenschaft!“,        oder dem Münchner Flüchtlingsrat               Fazit
sondern: „Deutschland hat sich in Paris     erproben können. Als Mit­organisatorin
zum 1,5-Grad-Ziel bekannt. Daraus           war ich leicht zu erkennen und bin             In unserer Gesellschaft erleben wir ein
folgt ein Handlungsbedarf, und den          mehrmals von empörten Passant­                 Stocken und Auseinanderbrechen auf
benennen Klimawissenschaftler*innen.        *innen mit Ärger und Vorwürfen                 beiden Seiten: Die einen schieben die
Hört auf sie und setzt das um.“             konfrontiert worden. Wann lohnt der            Wissenschaft vor sich her, als wäre es
                                            ­Versuch des Miteinander-Redens?               an der Wissenschaft, Entscheidungen           7
Auf die Fakten müssen wir uns eini-          Wann gibt er den Falschen eine Bühne?         zu treffen und die Welt zu regieren –
gen, aber wie wir sie interpretieren         Diese Frage habe ich für mich so              wie undemokratisch ist das denn?
und welche Handlungen wir ableiten,          ­geklärt: Es braucht einen Realitäts-         Die andere Seite fühlt sich zu Recht
da sind die Unterschiede groß. Mo­            konsens, dann sieht man weiter.              von dieser Ermächtigung bedroht und
ralisierung, das habe ich oben gezeigt,       ­Diesen Konsens herzustellen, habe ich       lehnt die Wissenschaft gleich ganz ab
beendet den Dialog. Über Moral und             immer wieder versucht. Es ist oft ge­       – aber um welchen Preis?
über Werte können und müssen wir               lungen, oft misslungen, aber ich bin
un­s verständigen. Jonathan Haidt              besser geworden. Den Unterschied            Nicht nur das Klima, auch die Demo-
hat in groß angelegten Studien über            zwischen Beschreiben und Bewerten           kratie ist in Gefahr und wir müssen
viele Jahre und auf allen Erdteilen            nicht aus den Augen zu verlieren, ist       sortieren, was wo hingehört. Das for-
(„The Righteous Mind“ 2012) gezeigt,           wohl der Schlüssel. Dann kommt der          dert von uns:
dass es einen engen Zusammenhang               nächste Schritt. Der Versuch, zur
zwischen Moralvorstellung und poli­            ­Verständigung zu kommen, ohne ein­         1. Die Dinge zu klären. Wir brauchen
tischer Position gibt. Viele politische         verstanden zu sein. In meinem Er­-             eine rationale, wissenschaftliche, der
Positionen können wir erst verstehen,           leben hilft unsere beraterische Exper-         Vernunft verpflichtete Argumenta­
wenn wir zuhören, nachfragen und                tise dabei. Paraphrasieren, Reframing,         tion, um gemeinsam ­darum zu ringen,
den trennenden Werten auf den Grund             Perspektivwechsel, das Gute im                 was ist (Realitätskonsens).
gehen. Erst wenn wir hinter dem Tren-           Schlechten/das Schlechte im Guten,
nenden das Gemeinsame sehen, las­-              Geschichten, die Wunderfrage sind          2. Irrationalität und subjektive Er­
sen sich Argumente finden, die für den          einige Beispiele meiner Versuche, Un­          fahrung als Wahrheitskriterium
anderen relevant sind.                          ter­schiede sichtbar zu machen und             abzulehnen. Man kann und muss
                                                ­zu erfahren: Verstehen heißt nicht ein­       nicht über alles reden. Toleranz
Toleranz ist schwer, manchmal un­er­             verstanden. Ich habe unterschied­liche,      ist, bezogen auf die Art des Denkens
träglich schwer. Eine Kollegin sagte             oft gute, manchmal ernüchternde              und Schlussfolgerns, fehl am Platz.
einmal nach einem Vortrag: „Ja, reden,           Erfahrungen gemacht. Aus der Kon-            Die Feinde der Demokratie lehnen
zuhören, offener Diskurs, das ist ja             fliktklärung kennen wir die Suche nach       den Realitätskonsens ab. Falsche
alles schön und gut. Aber ich rede mit           dem gemeinsamen Ausgangspunkt:               Toleranz stärkt sie. Wir dürfen ihnen
den Menschen in meinem Dorf und                  So weit im Konflikt zurückzugehen, bis       keine Bühne und keine Zuhörer*in­
was ich jetzt weiß, ist, dass ich in             wir wieder sehen, dass uns mehr ver-         nen verschaffen.
Prof. Dr. Babette Brinkmann                                                                                Positionen 1/2022

                                                                                        Positionen sind ein Informationsdienst,
                                                                                        der Forscher*innen, Berater*innen
                                                                                        und andere Interessierte aus dem Bereich
                                                                                        der Beratung in der Arbeitswelt mit
                                                                                        aktuellen, praxisorien­tierten wissenschaft-
                                                                                        lichen Diskussions­beiträgen bedient.
                                                                                        Beabsichtigt ist eine engagierte subjektive
                                                                                        Stellung­nahme, begründet, aber nicht
                                                                                        notwendig bereits in allen Einzelheiten
                                                                                        abgesichert, durchaus provokant und auf
                                                                                        kritische Erwiderung angelegt.

                                                                                        Herausgeber*innen
                                                                                        Stefan Busse (Hochschule Mittweida),
                                                                                        Olaf Geramanis (Fachhochschule
    3.Darüber zu reden, wie wir leben                                                  Nordwestschweiz, Basel),
      wollen und zunehmend, ob wir leben                                                Hans-Peter Griewatz (RWTH Aachen),
                                                                                        Silja Kotte (TH Aschaffenburg),
      wollen. Wir müssen nach dem                                                       Heidi Möller (Universität Kassel)
      ­Gemeinsamen fragen und die Un-
      terschiede benennen. Es prallen                                                   ISSN 1867-4984

      Welten aufeinander und doch gibt                                                  Erscheinungsweise und Bezug
      es mehr, was uns verbindet, als ­                                                 Positionen erscheinen mindestens
      was uns trennt. Es ist der Dialog, der                                            zweimal jährlich in einer Auflage
                                                                                        von ca. 4.600 Exemplaren bei
      das Miteinander unterschiedlicher                                                 Vandenhoeck & Ruprecht, BRILL
      sozialer Gruppen und Milieus in einer                                             Deutschland GmbH, Theaterstraße 13,
      Gesellschaft ermöglich. Toleranz ist                                              37073 Göttingen; info@v-r.de,
                                                                                        www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com
      hier sicher nicht einfach, aber hier ist
      ihr Platz.                                                                        Positionen können kostenfrei von
                                                                                        www.vr-elibrary.de herunter­geladen
                                                                                        werden.
    Gegen den Hass, die Polarisierung
    und die Lügen in sozialen Netzwerken                                                Manuskripte
8   braucht es Steuerung auf anderen                                                    Manuskripteinsendungen sind willkom-
                                                                                        men und per Mail zu richten an Monika
    Ebenen. Kommunikation ist nicht mäch­                                               Rader, info@dgsv.de. Sie sollen einen
    tig genug, hier einen Unterschied zu         Autorin                                Umfang von 30.000 Zeichen inklusive
    machen. Doch den Mustern, die wir            Prof. Dr. Babette Julia Brinkmann,     Leerzeichen nicht übersteigen. Manu-
                                                                                        skripte werden durch die Herausgeber*
    in den sozialen Netzwerken erleben           Diplompsychologin.                     innen begut­achtet und mit einfacher
    ­und fürchten, begegnen wir auch im                                                 Mehrheit an­genommen oder abgelehnt.
     täg­lichen Miteinander und wir haben        Professorin für Organisations- und     Eine*r der Herausgeber*innen über-
                                                                                        nimmt die Betreuung des Textes bis zur
     genug im Gepäck, um ihnen mit einer         Gruppenpsychologie an der TH Köln.     Veröffent­lichung.
     klaren Haltung entgegenzutreten.
                                                 Supervisorin (DGSv), Systemische       Gestaltung und Satz
                                                                                        Cskw, Berlin – www.cskw.de
    Ich freue mich, wenn Sie diese Gedan­        Beraterin (Simon, Weber & Friends),
    ken anregen können, sich einzumischen        Trainerin für Gruppendynamik (dggo).   Druck
    und Sie motivieren, es zu tun. Schrei-                                              Goltze Druck GmbH & Co. KG, Göttingen

    ben Sie mir gerne, was Sie ausprobieren      Kontakt
    und welche Erfahrungen Sie machen.           babette.brinkmann@th-koeln.de
    Welche Herausforderungen sehen
    Sie für Berater*innen, Coaches, Super­­
    visor­*innen in einer Gesellschaft, die
    sich zunehmend zu spalten scheint und
    Gruppen produziert, die sich kaum
    begegnen und noch seltener verständi-                                               Positionen werden gefördert durch die
    gen können?                                                                         Deutsche Gesellschaft für Supervision
                                                                                        und Coaching e.V. (DGSv), Köln

    Literatur bei der Autorin
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