Potenziale von Industrie 4.0 im Großanlagenbau
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Potenziale von Industrie 4.0 im Großanlagenbau Ergebnisse einer Gemeinschaftsstudie von maexpartners und der VDMA Arbeitsgemeinschaft Großanlagenbau – September 2017
2 |3 Inhalt 1 Ausgangssituation und Fragestellung 4 2 Das Wichtigste in Kürze 7 3 Studiendesign: Rücklauf und Struktur der Befragung 8 4 Globaler Kampf um Marktanteile – Aktuelle Situation im Großanlagenbau 9 5 Industrie 4.0: Vergleich der Studienergebnisse 2015 und 2017 15 6 Industrie 4.0: Potenziale und Trends 28 7 Was kann der Anlagenbau von anderen Branchen lernen? 50 8 Ausblick 53 9 Profil und Ansprechpartner 54
Potenziale von Industrie 4.0 im Großanlagenbau Ausgangssituation und Fragestellung 1 Ausgangssituation und Fragestellung Die von der VDMA Arbeitsgemeinschaft Großanla- Aufgrund der auch international sehr dynamischen genbau und maexpartners im Jahr 2015 herausgege- Weiterentwicklung von Industrie 4.0 greift die bene Studie „Industrie 4.0 im Industrieanlagenbau vorliegende Studie in erster Linie Fragen zu den - Revolution oder Evolution?“ stand bereits unter dem Digitalisierungs- und Servicestrategien auf. Das Eindruck der zunehmenden Digitalisierung der Unter- zukunftsentscheidende Thema „Geschäftsmodelle“ nehmen des deutschen Maschinen- und Anlagenbaus. konzentriert sich auf Fragen zu bestehenden und Die hier vorgestellte Nachfolge-Studie soll Aufschluss neuen Geschäftsmodellen und den bereits realisierten über die bereits vollzogenen und noch zu erwartenden Aspekten. Ein besonderer Fokus wurde auf die aktuellen Veränderungen im Großanlagenbau geben. Neben den Herausforderungen gelegt, mit denen die Industrie in verschiedenen Digitalisierungsstrategien, die dem sich der gegenwärtigen Phase konfrontiert wird. ständig ändernden Umfeld angepasst werden, stehen vor allem die Perspektiven für neue Geschäftsmodelle Darüber hinaus werden zahleiche weitere Aspekte im Mittelpunkt der aktuellen Untersuchung. der aktuellen Diskussion zu Industrie 4.0 im Industrie- anlagenbau konkretisiert und speziell die Frage des Der im Jahre 2015 begonnene Einstieg in die ver- bereits realisierten und zukünftigen Nutzens erörtert. schiedenen Fragestellungen, etwa zu den Chancen Anlagenbauer im Sinne dieser Studie sind Unternehmen, und Risiken von Industrie 4.0 im Anlagenbau, wird im die auf der Basis umfassender Kenntnisse des ver- Rahmen der aktuellen Befragung fortgeschrieben und fahrenstechnischen Prozesses ein- oder mehrmals auf den neuesten Stand gebracht. jährlich kundenspezifische Industrieanlagen bauen.
4 |5 Die derart vom VDMA definierten Großanlagenbauer Unter Industrie 4.0 verstehen die Autoren die Anwen- sind beispielsweise die Hersteller von Kraftwerken, dung des Internets der Dinge und Dienste im industri- Chemieanlagen, Hütten- und Walzwerken, Zement ellen Prozess. Kernelement ist dabei die echtzeitfähige anlagen, Zellstoff- und Papierfabriken sowie die Erfassung und Verarbeitung von Daten. Daraus resultiert Anbieter von Anlagen für die Elektroindustrie, für die die Möglichkeit, Prozesse echtzeitnah zu optimieren. holzverarbeitende Industrie und für die Förderung von Im Anlagendesign setzt sich zunehmend die intelligente Rohstoffen. Insgesamt liefert die Branche Anlagen an Anlage und der digitale Zwilling (Digital Twin) durch. über zwanzig unterschiedliche Industriebereiche. Im Betrieb einer Anlage führt die intelligente Ausrüstung Charakteristisch ist hierbei eine arbeitsteilige und zu Produktionsoptimierungen, sowohl im Bereich der globale Leistungserbringung, die sich nicht zuletzt in Wartung und Instandhaltung als auch im unerwarteten einer Exportquote von rund 80 Prozent niederschlägt. Stillstand.
Potenziale von Industrie 4.0 im Großanlagenbau Ausgangssituation und Fragestellung Industrie 4.0 ist somit ein Baustein für den Erfolg zu- Die vorliegende Studie, die die VDMA Arbeitsgemein- künftiger Geschäftsmodelle, der sich in den Strategien schaft Großanlagenbau und die Unternehmensberatung der Unternehmen niederschlägt. Für den Anlagenbau maexpartners gemeinsam erstellt haben, liefert Ant- sind Erfolg versprechende Anwendungsgebiete zu identi- worten auf diese Fragen und zeigt mögliche Wege fizieren und Auswirkungen auf Prozesse, Organisation der strategischen Ausrichtung auf. und Design der Anlage zu beleuchten.
6 |7 2 Das Wichtigste in Kürze Die Ergebnisse der Studie sind teilweise überraschend. eine engere Zusammenarbeit mit dem Kunden erwartet. So schätzen die Anlagenbauer die Chancen für ihre Die Umsetzung dieser strategischen Neuausrichtung Unternehmen am Markt und im Wettbewerb aufgrund in den Unternehmen wird allerdings als schwierig des zunehmenden Industrie 4.0-Trends höher ein als angesehen. noch vor zwei Jahren. Gleichzeitig werden aber auch neue Herausforderungen gesehen: Diese bestehen Die Entwicklung und Nutzung neuer Geschäftsmodel- nach Auffassung der Teilnehmer vor allem in der le, deren Möglichkeit sich durch die fortschreitende Erwartung eines zunehmenden Wettbewerbs mit Digitalisierung immer klarer abzeichnen, rückt stärker branchenfremden Unternehmen. in den Fokus des Anlagenbaus. Dies wird vermutlich auch Implikationen auf die Nutzungsmodelle- und die Diese Erkenntnis bedeutet auch, dass die Unternehmen Preisgestaltung haben. So könnten neue Vertrags- heute mehr individuellen Handlungsbedarf sehen als modelle wie das Pay per Use zukünftig eine besondere im Jahr 2015. Trotz dieses klaren Blicks für die Realitäten Rolle einnehmen. konnten sich erst etwa die Hälfte der teilnehmenden Unternehmen entschließen, aktiv zu werden, um Die Mehrzahl der Studienteilnehmer sieht jedenfalls Maßnahmen zur Nutzung des erkannten Potenzials gute Chancen zur Kostensenkung sowie für Umsatz- und zur Beherrschung der Risiken zu ergreifen. und Gewinnsteigerungen durch den Einsatz von Industrie 4.0-Technologien. Immerhin 14 Prozent der Beim Thema Digitalisierungsstrategien sieht die Indust- Befragten erwarten einen Gewinnzuwachs von mehr rie den aktuellen Handlungsbedarf derzeit relativ gleich- als 10 Prozent bis 2021 im bestehenden Geschäfts- mäßig über alle organisatorischen und technologischen modell. Dieser Wert verdeutlicht das mit der Digi- Arbeitsfelder verteilt und räumt ein, dass es in Bezug talisierung verbundene große Potenzial für weiteres auf die „Digital Readiness“ noch Nachholbedarf gibt. Wachstum im Industrieanlagenbau. Dem anhaltenden Trend zu einer stärkeren Service- orientierung möchten sich die meisten der Befragten anschließen, auch wenn es größere Veränderungen sowohl in organisatorischer Hinsicht als auch bei den eingesetzten Technologien bedeutet. Generell wird
Potenziale von Industrie 4.0 im Großanlagenbau 3 Studiendesign: Rücklauf und Struktur der Befragung Die Online-Umfrage zu der vorliegenden Studie wurde außergewöhnlich groß. 26 Prozent der angeschrie- von April bis Mai 2017 durchgeführt. Befragt wurden benen Unternehmen haben sich an der Umfrage hochrangige Manager des (Groß-)Anlagenbaus, der beteiligt. Besonders stark vertreten waren sowohl Betreiberindustrien sowie ausgewählte Lieferanten. kleinere Unternehmen bis 500 Mitarbeiter als auch Die Ergebnisse können dabei zumindest für die erste Großunternehmen mit mehr als 10.000 Beschäftigten Gruppe als repräsentativ angesehen werden. Die (siehe Abbildung 1). Resonanz der Teilnehmer auf die Studienthematik war Teilnehmer Zahl der Mitarbeiter weltweit 2016 43 % Anlagenbau 27 % 17 % 10 % 3% 26 % der befragten bis 500 500 – 1.000 1.000 – 5.000 5.000 – über 10.000 Ohne Feedback Unternehmen 10.000 haben geantwortet 37 (28 %) Gesamtumsatz 2016 Rückläufer 40 % 10 % 3% 10 % 37 % 140 Teilnehmer bis 100 500 Mio. – 100 Mio. € – 500 1 Mrd. € 1–2 über 2 Mrd. € Zeitraum der Befragung: April - Mai 2017 Mio. € Mrd. € Produkt- 15 10 9 9 6 4 3 6 spektrum* Energie Chemie/ Metallurgie Elektro- Öl und Gas Bau- Papier Sonstiges Pharma technik stoffe Kompe- 22 19 18 16 14 13 11 11 tenzen* Technologiegeber Inbetrieb- Basic Services Detail Bau und Einkauf Fertigung/ nahme Engineering Engineering Montage Produktion Relevante 18 17 14 10 8 8 6 8 Märkte* Europa Mittlerer Osten/ China Indien Nord- GUS Süd- Sonstiges Nordafrika amerika amerika Abbildung 1 * Wenn unter den wichtigsten zwei von acht genannt (Mehrfachnennungen möglich) Die auf Produkte für die Abnehmerbranchen Energie- Die meisten Studienteilnehmer bieten Industrieanlagen erzeugung, Prozessindustrie (Öl und Gas, Chemie, schlüsselfertig an. Das bedeutet, dass sie auch in der Pharmazie, Metallurgie) und Elektrotechnik speziali- Lage sind, komplette Anlagen zu planen, die notwen- sierten Anlagenbauer haben die meisten Antworten digen Lieferungen und Leistungen einzukaufen bzw. gegeben. Unterteilt man nach Kompetenzen, bilden zu fertigen sowie anschließend zu montieren. Die in erster Linie die Technologiegeber, die Anbieter von Befragten sind mithin zu qualifizierten Aussagen über Basic Engineering und von Inbetriebnahmeleistungen das Potenzial von Industrie 4.0 in allen wesentlichen einen Schwerpunkt der Stichprobe. Kompetenzbereichen des Anlagenbaus fähig.
8 |9 4 Globaler Kampf um Marktanteile – Aktuelle Situation im Großanlagenbau Die Marktstruktur im Großanlagenbau ist seit rund zehn Jahren von einer kontinuierlich steigenden Anbieterzahl bei einem tendenziell konstanten, in einigen Branchen sogar rückläufigen Projektvolumen gekennzeichnet. Dabei treten neben den etablierten Anlagenbauern aus Europa, Nord- amerika und Japan vor allem technologieungebundene, häufig lokal agierende Generalunternehmer aus Asien als neue Konkurrenten auf. Folglich haben sich die Kräfte- verhältnisse zwischen den Anbietern von Großanlagen und deren Kunden nachhaltig verschoben. Der Wettbewerbs- druck im Anlagenbau hat signifikant zugenommen und da- bei in zahlreichen Segmenten einen Käufermarkt etabliert. Diese Schlussfolgerung legen jedenfalls die vom VDMA damit deutlich verschoben: 2015 waren erst 31 Prozent und dem Beratungsunternehmen maexpartners seit 2011 der Befragten der Meinung, der Wettbewerbsdruck werde regelmäßig durchgeführten Panel-Befragungen unter sich sehr stark erhöhen, 2014 vertraten sogar nur knapp Führungskräften des deutschen Großanlagenbaus nahe. ein Viertel der Befragten diese Ansicht. Damals gingen Demnach erwarten derzeit 68 Prozent der Top-Manager noch 15 Prozent der Manager von einem mittelfristig gar einen in den kommenden drei Jahren sehr stark steigenden nicht oder nur leicht steigenden Wettbewerbsdruck aus – Wettbewerbsdruck, 32 Prozent gehen von einer immer- ein Standpunkt, der im Großanlagenbau inzwischen nicht hin spürbaren Erhöhung des Druckes aus. Im Vergleich mehr vertreten wird (vgl. Abbildung 2). zu den Vorjahren hat sich die Einschätzung der Experten Wettbewerbsdruck 100 % 100 % 100 % 3% 8% 10 % 11 % 12 % 32 % 54 % 60 % 56 % 61 % 61 % 46 % 33 % 31 % 68 % 30 % 21 % 24 % Letzte Nächste Letzte Nächste Letzte Nächste 3 Jahre 3 Jahre 3 Jahre 3 Jahre 3 Jahre 3 Jahre Studie 2014 Studie 2015 Studie 2017 Gar nicht Schwach Spürbar Sehr stark Abbildung 2
Potenziale von Industrie 4.0 im Großanlagenbau Globaler Kampf um Marktanteile – Aktuelle Situation im Großanlagenbau Und auch der Rückblick auf die tatsächlich eingetre- Förderung unkonventioneller Öl- und Gasvorkommen tene Entwicklung fällt heute kritischer aus als in der angestoßenen Projekte zur Rohstoffverarbeitung, was Vergangenheit. So stellen aktuell 46 Prozent der Be- sich bereits im Bau von Düngemittelfabriken, Gaskraft- fragten fest, dass sich der Wettbewerbsdruck zwischen werken sowie LNG-Exportterminals niedergeschlagen 2014 und 2017 sehr stark erhöht habe. In den Analysen hat (vgl. Abbildung 3). aus den Jahren 2014 (30 Prozent) und 2015 (33 Prozent) lagen die Werte für die entsprechenden Dreijahres- Doch auch international sind die amerikanischen Zeiträume noch wesentlich niedriger. Großanlagenbauer wieder zunehmend präsent. Dies zeigen u.a. Entwicklungs-Partnerschaften mit global Anbieter aus den Industrieländern dominieren agierenden Chemiekonzernen sowie der Zukauf von Dennoch wird der Weltmarkt für Großanlagen nach mittelständischem Engineering Know-how in Europa. wie vor von Anbietern aus Westeuropa, Nordamerika Dieser Trend spiegelt sich auch in der Panel-Erhebung und Japan dominiert. Im Jahr 2016 addierten sich deren wider. So meldeten in den Jahren 2012 und 2014 gemeinsame Marktanteile auf gut 60 Prozent. Mit einer lediglich 17 Prozent der Befragten zunehmenden Quote von ca. 20 Prozent am globalen Markt sind die Wettbewerbsdruck aus den Vereinigten Staaten. USA weiterhin die am Umsatz gemessen wichtigste Mittlerweile hat sich dieser Wert auf 33 Prozent nahezu Anlagenbaunation weltweit. US-Anbieter profitieren verdoppelt und in den kommenden drei Jahren er- zum einen von der enormen Größe ihres Heimatmark- warten sogar 37 Prozent der Großanlagenbauer einen tes, zum anderen von den im Zuge der vermehrten stärker werdenden US-Wettbewerb (vgl. Abbildung 4). Unternehmen aus Westeuropa und insbesondere aus Weltmarktanteile im Groß- Deutschland sind seit Jahrzehnten Innovations- und anlagenbau nach Lieferländern Technologieführer auf dem Markt für Großanlagen. Dieser Befund wird von einer Anfang 2017 durchge- 325,0 Mrd. € führten Umfrage unter den Mitgliedern der VDMA . (100 %) Arbeitsgemeinschaft Großanlagenbau zur allgemeinen p. a % 39,0 Mrd. € +4 (12 %) Wettbewerbssituation gestützt. 26,0 Mrd. € (8 %) 225,0 Mrd. € (100 %) 58,5 Mrd. € Übrige Welt 11,3 Mrd. € (8 %) (18 %) Südkorea 11,3 Mrd. € (5 %) China 11,3 Mrd. € (5 %) 35,8 Mrd. € 33,8 Mrd. € (11 %) Japan (15 %) 61,8 Mrd. € 49,5 Mrd. € USA (19 %) (22 %) 101,3 Mrd. € 104,0 Mrd. € Westeuropa (32 %) (45 %) 2006 2016 Abbildung 3
10|11 Demnach haben mehr als 90 Prozent der Mitglieds- Maßnahmen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit – unternehmen zumindest einen bedeutenden Markt- etwa der verstärkte Einsatz digitaler Methoden bei der begleiter mit Sitz in Westeuropa. Die im Rahmen Projektplanung und -abwicklung – zeigen zuneh- dieser Studie durchgeführte Panelerhebung weist mend Wirkung. in eine ähnliche Richtung. Demnach verspürten in den vergangenen drei Jahren mehr als 80 Prozent Auch Japan unternimmt derzeit alles, um wieder der Befragten zunehmenden Wettbewerbsdruck aus aufzuholen. Der Erfolg lässt sich bereits an aktuellen Westeuropa, für den Zeitraum bis 2020 gehen sogar Projektzahlen nachvollziehen. So hat die japanische 87 Prozent der Anlagenbauer von wachsender Kon- Anlagenbauindustrie ihre Marktposition in jüngster kurrenz aus. Der Trend der vergangenen Jahre, der Vergangenheit insbesondere durch Kooperationen und westeuropäischen Anlagenbauer eine nachlassende Unternehmenskäufe in Europa in einigen Branchen Wettbewerbsfähigkeit attestierte, hat sich damit offenbar spürbar gestärkt. gedreht und die von den Unternehmen ergriffenen
Potenziale von Industrie 4.0 im Großanlagenbau Globaler Kampf um Marktanteile – Aktuelle Situation im Großanlagenbau China auf dem Weg zum Weltmarktführer? Dennoch sinken die Weltmarktanteile der etablierten Folgekosten, wie etwa Wartungs- und Betriebsauf Anbieter kontinuierlich. Dies geschieht hauptsächlich wendungen sowie Verfügbarkeiten unterschlagen. zu Gunsten Chinas. Die Anlagenbauer aus der Volks- Ferner werden die Anbieter aus dem Reich der Mitte republik haben ihre globale Präsenz in den vergangenen durch ihre Regierung mit günstigen Finanzierungen Jahren deutlich ausgebaut, was nicht zuletzt eine und politischer Flankierung bei ihren Projekten Reaktion auf die Sättigung des Inlandsmarktes war. effektiv unterstützt. Die erwähnte VDMA-Befragung Mittlerweile erreicht China im Großanlagenbau einen stützt diese Einschätzung: Betrachteten vor zehn Weltmarktanteil von 18 Prozent und kommt damit den Jahren erst 30 Prozent der Mitgliedsfirmen China als USA immer näher. einen bedeutenden Konkurrenten, waren es vor fünf Jahren schon mehr als 40 Prozent. 2016 ist der Anteil Gründe hierfür sind zum einen die, insbesondere von nochmals auf 65 Prozent gestiegen. Auch im Hinblick Kunden in Schwellenländern geschätzten, niedrigen auf den Wettbewerbsdruck liegt China vorn: In den Anschaffungspreise chinesischer Anlagen, die allerdings vergangenen drei Jahren verspürten 88 Prozent der an der Panel-Erhebung beteiligten Unternehmen zuneh- menden Wettbewerbsdruck aus der Volksrepublik, mit Zunehmender Wettbewerbsdruck Blick auf 2020 gehen sogar 91 Prozent der Befragten nach Ländern von einem wachsenden chinesischen Wettbewerb aus – mehr als aus jedem anderen Land. 0% 50 % 100 % 91 % Hingegen hat der Druck aus Südkorea infolge von 88 % Marktbereinigungen und Umstrukturierungen weiter China 82 % +4 % 90 % nachgelassen. Derzeit verspüren nur noch halb so viele 91 % Unternehmen wie 2012 starken Wettbewerbsdruck 86 % 81 % aus dem ostasiatischen Land (vgl. Abbildung 4). Westeuropa 74 % +6 % 78 % 66 % Dennoch wäre es verfehlt, in Südkorea keinen ernst- 41 % zunehmenden Konkurrenten auf dem Weltmarkt zu 43 % sehen. Noch immer erwarten 41 Prozent der Panelteil- Südkorea 47 % -4 % 50 % nehmer in den kommenden drei Jahren zunehmenden 83 % Wettbewerbsdruck aus Südkorea – mehr als etwa aus 37 % 33 % Japan und den USA. Gleichzeitig ist die Zahl der USA 40 % + 10 % Unternehmen, die ein südkoreanisches Unternehmen 17 % 17 % als ihren wichtigsten außereuropäischen Wettbewerber 37 % betrachtet, von sechs (2015) auf zehn (2017) gestiegen. 35 % Japan 30 % +5 % 18 % 22 % Nächste 3 Jahre Studie 2017 Letzte 3 Jahre Studie 2014 Letzte 3 Jahre Studie 2017 Letzte 3 Jahre Studie 2012 Letzte 3 Jahre Studie 2015 Abbildung 4
12|13 Trefferquote sinkt weiter – Optimierung der Angebotsprozesse Die Trefferquote im Anlagenbau – die sogenannte von 30 Prozent auswies, ist die Hitrate 2015 auf 26 Hitrate – spiegelt das Verhältnis von erhaltenen Prozent abgerutscht und liegt aktuell bei 25 Prozent. Aufträgen zu abgegebenen Angeboten wider. Diese Das bedeutet, dass Anlagenbau-Unternehmen im Kennzahl hat sich in den letzten Jahren deutlich ver- Schnitt mittlerweile vier Angebote legen müssen, um schlechtert. Während die Panelerhebung für die Jahre einen einzigen Auftrag zu erhalten (vgl. Abbildung 5). 2012 und 2014 noch Werte in einer Größenordnung Hitrate – Studie 2014 Hitrate – Studie 2015 Hitrate – Studie 2017 Durchschnittliche Durchschnittliche Durchschnittliche Hitrate* (Aufträge/Angebote) Hitrate* (Aufträge/Angebote) Hitrate* (Aufträge/Angebote) 31 % 31 % 29 % 29 % 29 % 28 % 28 % 26 % 25% Vor 3 Jahren Heute In 5 Jahren Vor 3 Jahren Heute In 5 Jahren Vor 3 Jahren Heute In 5 Jahren Abbildung 5 *Arithmetisches Mittel
Potenziale von Industrie 4.0 im Großanlagenbau Globaler Kampf um Marktanteile – Aktuelle Situation im Großanlagenbau Deutlich manifestiert sich in dieser Entwicklung die Angebotsprozesse zu optimieren und die damit einher- zuvor beschriebene Zunahme des Wettbewerbsdrucks gehenden, zum Teil enormen Kosten der Angebotser- im Großanlagenbau. Angesichts einer geringeren Zahl stellung spürbar zu senken. Die Umfrageergebnisse an Projekten und zunehmender Käufermacht gelingt zeigen, dass damit ein erhebliches Effizienzpotenzial es den befragten Unternehmen immer seltener, ihre verbunden ist. So lagen die durchschnittlichen An- Trefferquoten konstant zu halten. Immerhin rechnet gebotskosten im Jahr 2012 bei ca. 1,2 Prozent des die Branche damit, diese Kennzahl bis 2022 wieder Auftragswertes. Mittlerweile ist dieser Wert auf 1,4 auf einen Wert von 28 Prozent anheben zu können. Prozent gestiegen. Von den bereits eingeleiteten Gegenmaßnahmen – etwa der verstärkten Modu- Hinter dieser Erwartung steht zu einem die Hoffnung larisierung von Anlagenkomponenten oder ganzer auf ein verbessertes konjunkturelles Umfeld, insbe- Baugruppen – und den zukünftig geplanten Schrit- sondere in den Schwellenländern, verbunden mit ten erhoffen sich die befragten Unternehmen einen wieder deutlich mehr zur Vergabe stehenden Pro- Rückgang der durchschnittlichen Angebotskosten auf jekten. Gleichzeitig planen viele Unternehmen, ihre 1,3 Prozent bis 2022 (vgl. Abbildung 6). Angebotskosten – Angebotskosten – Angebotskosten – Studie 2014 Studie 2015 Studie 2017 Durchschnittliche Durchschnittliche Durchschnittliche Angebotskosten* Angebotskosten* Angebotskosten* (in % des Auftragswerts) (in % des Auftragswerts) (in % des Auftragswerts) 1,56 % 1,38 % 1,40 % 1,41 % 1,36 % 1,28 % 1,36 % 1,30 % 1,18 % Vor 3 Jahren Heute In 5 Jahren Vor 3 Jahren Heute In 5 Jahren Vor 3 Jahren Heute In 5 Jahren Abbildung 6 *Arithmetisches Mittel
14|15 5 Industrie 4.0: Vergleich der Studienergebnisse 2015 und 2017 Eine wichtige Erkenntnis der Studie aus dem Jahr 2015 sehen sogar 72 Prozent der Befragten hierin Potenzial war, dass die Herausforderungen, die der Anlagenbau im (vgl. Abbildung 7). Kontext von Industrie 4.0 zu bewältigen hat, komplex und anspruchsvoll sind. Die stärksten Änderungen wurden Industrie 4.0 bietet ferner Möglichkeiten zur Verkürzung damals beim Engineering und in der Zusammenarbeit der Time-to-Market, also der Dauer von der Produkt zwischen Betreibern und Ausrüstern erwartet. Für diese entwicklung bis zur Platzierung des Produkts am Herausforderungen war der Anlagenbau 2015 offenbar Markt. Dieser für den Anlagenbau wichtigen Kennzahl nur unzureichend gerüstet. Die Branche hat sich seitdem wird gegenüber der Befragung 2015 inzwischen ein um intensiv mit den Themen Industrie 4.0 und Digitalisierung 14 Prozent höheres Potenzial zugeordnet. beschäftigt und entsprechende Maßnahmen zur Steige- rung der Wettbewerbsfähigkeit eingeleitet. Im Folgenden Aber auch die Möglichkeit, den Umsatz im bestehenden werden die aktuellen Studienergebnisse somit auch in Geschäftsmodell zu erhöhen, wird jetzt deutlich stärker Relation zur Vorgängerstudie gestellt und bewertet. wahrgenommen als noch 2015. Konnten sich damals nur sieben Prozent der Teilnehmer entschließen, diesen Punkt Industrie 4.0 bietet Chancen zur Umsatzsteigerung, als sehr relevant zu bezeichnen, so sind es heute bereits vor allem mit neuen Produkten und Dienstleistungen 31 Prozent. Diese Entwicklung verdeutlicht eindrucksvoll 2017 hat sich die Wahrnehmung der Digitalisierung im die Erwartungen, die der Industrieanlagebau mittlerweile Anlagenbau deutlich verändert: Die Branche sieht durch mit der Digitalisierung verknüpft. Industrie 4.0 mittlerweile erheblich größere Chancen für ihr Geschäft als noch 2015. Dies gilt sowohl für die Neben dem erheblichen Potenzial für Umsatzstei- Möglichkeiten, den Umsatz zu steigern als auch Kosten zu gerungen werden verstärkt auch Möglichkeiten zur senken und Zeit bei der Projektabwicklung zu sparen. Kostenreduzierung gesehen. 19 Prozent der Teilnehmer Als wichtigste Chance werden in diesem Zusammenhang bewerteten diesen Punkt 2017 als sehr relevant; Umsatzsteigerungen durch neue Produkte und Dienst- 2015 waren nur etwa halb so viele Teilnehmer dieser leistungen gesehen. Dieser Möglichkeit waren sich 2015 Meinung. schon 53 Prozent der Teilnehmer bewusst. Mittlerweile Welche Chancen bietet Industrie 4.0 dem Anlagenbau? 2017 2015 Umsatzsteigerung durch 14 % 72 % 20 % 8% 53 % 30 % neue Produkte und Dienstleistungen 2% Verkürzung Time-to-Market 33 % 30 % 26 % 11 % 19 % 43 % 24 % 14 % Umsatzsteigerung in 31 % 23 % 30 % 4% 7% 44 % 44 % 5% bestehendem Geschäftsmodell Kostenreduzierung 19 % 52 % 26 % 4% 10% 38 % 31 % 21 % Sehr relevant Relevant Weniger relevant Nicht relevant Abbildung 7
Potenziale von Industrie 4.0 im Großanlagenbau Industrie 4.0: Vergleich der Studienergebnisse 2015 und 2017 Auch der Anlagenbetrieb sieht mittlerweile deutlich größere Chancen durch Industrie 4.0 als noch 2015. Wie auch beim Anlagenbau werden im Anlagenbetrieb Kostenreduzierungen und Umsatzsteigerungen durch neue Produkte und Dienstleistungen erwartet. Kostensenkungen werden in der aktuellen Studie von 67 Prozent der Antwortenden als sehr relevant angesehen. Das ist mehr als eine Verdoppelung gegenüber dem Wert von 2015. Gleiches gilt für mögliche Umsatzsteigerungen durch neue Produkte und Services: 2017 sind 65 Prozent der Teilnehmer überzeugt, dass hier große Chancen für Betreiber bestehen (2015: 38 Prozent, vgl. Abbildung 8). Welche Chancen bietet Industrie 4.0 dem Anlagenbetrieb? 2017 2015 10 % Kostenreduzierung 67 % 29 % 5% 28 % 58 % 5% Umsatzsteigerung durch 65 % 10 % 20 % 5 % 38 % 31 % 23 % 8% neue Produkte Verkürzung Time-to-Market 43 % 29 % 19 % 10% 20 % 39 % 37 % 5% Umsatzsteigerung in 37 % 42 % 21 % 13 % 44 % 44 % bestehendem Geschäftsmodell Sehr relevant Relevant Weniger relevant Nicht relevant Abbildung 8
16|17 Auch die Anlagenausrüster erkennen in der Digitalisie- erzielen, für diese Gruppe im Fokus. Neue Services, rung mittlerweile deutlich größere Chancen als noch vor allem zur Analyse großer Datenmengen („Big 2015. Dabei stehen die Möglichkeiten, Umsatzsteige- Data“) spielen hierbei eine besondere Rolle (vgl. rungen durch neue Produkte und Dienstleistungen zu Abbildung 9). Welche Chancen bietet Industrie 4.0 dem Anlagenausrüster? 2017 2015 Umsatzsteigerung durch 53 % 42 % 5% 41 % 51 % 8% neue Produkte Umsatzsteigerung in 37 % 53 % 11 % 13 % 64 % 23 % bestehendem Geschäftsmodell Verkürzung Time-to-Market 25 % 40 % 35 % 15 % 51 % 23 % 10 % Kostenreduzierung 25 % 30 % 40 % 5% 8% 46 % 36 % 10 % Sehr relevant Relevant Weniger relevant Nicht relevant Abbildung 9
Potenziale von Industrie 4.0 im Großanlagenbau Industrie 4.0: Vergleich der Studienergebnisse 2015 und 2017 „Digital Readiness“ Der Anlagenbau sieht sich heute deutlich besser auf die Herausforderungen der Digitalisierung vorbereitet als noch vor zwei Jahren. Das gilt sowohl für das eigene Unternehmen als auch für die Branche insgesamt (vgl. Abbildung 10). Die Bündelung verschiedener Aktivitäten (z.B. Auto- matisierung, Service) und das zunehmende Verständnis des Themas Industrie 4.0 können möglicherweise zu dieser neuen Wahrnehmung beigetragen haben. Offensichtlich haben aber auch die konkreten Aktivi- täten der Unternehmen zugenommen, etwa bei der Schaffung adäquater Strukturen (Etablierung von Chief Digital Officers und ganzer Abteilungen für Industrie 4.0) oder bei der Verbandsarbeit. Dies deckt sich auch mit den Erkenntnissen aus Abbildung 7, wonach Umsatzsteigerungen auf Basis von digitalen Produkten heute eher für möglich gehalten werden als in der Vergangenheit. Einen Wermutstropfen gibt es bei der Einschätzung der „Digital Readiness“ auf Seiten der Anlagenausrüster. Diese sehen sich heute weniger gut vorbereitet als noch 2015. Ein Grund hierfür könnte in der zuneh- menden technologischen Komplexität liegen, die es insbesondere den Zulieferern schwer macht, alle im Kontext von Industrie 4.0 relevanten Aspekte zu bedienen.
18|19 Wie gut ist die Anlagenbranche derzeit auf Industrie 4.0 vorbereitet? 2017 2015 Ihr Unternehmen 8% 62 % 31 % 39 % 44 % 17 % 10% Anlagenbau allgemein 32 % 64 % 4% 83 % 7% Anlagenbetrieb allgemein 28 % 61 % 11 % 23 % 78 % Anlagenausrüster allgemein 18 % 76 % 6% 28 % 67 % 5% Sehr gut Gut Weniger gut Gar nicht Abbildung 10 Welche Risiken sehen die Unternehmen im Zusam- Mitarbeiter gesehen. Der Kampf um hochqualifiziertes menhang mit Industrie 4.0? Grundsätzlich lässt sich Personal wird nicht zuletzt dadurch verstärkt, dass sagen, dass das Risikobewusstsein im Anlagenbau neben dem Anlagenbau viele andere Branchen um generell gestiegen ist, die möglichen Risiken der Digi- digitale Talente konkurrieren. Die Attraktivität des talisierung werden im Vergleich zu 2015 mittlerweile Großanlagenbaus im Allgemeinen und der einzel- deutlich stärker wahrgenommen. Dies gilt für alle nen Unternehmen im Speziellen ist daher weiterhin abgefragten Themenfelder, wobei den Sicherheitsrisiken sicherzustellen (vgl. Abbildung 11). nach wie vor die höchste Relevanz beigemessen wird. Die Erkenntnis, dass neue Geschäftsmodelle durchaus Das alles deutet darauf hin, dass die Branche sich in scheitern können, ist klarer als bisher ins Bewusstsein den letzten 18 Monaten intensiver als zuvor mit dem der Unternehmen getreten. Eine große Herausforde- Thema Digitalisierung und auch mit den damit ver- rung wird ferner in der Verfügbarkeit qualifizierter bundenen Risiken auseinandergesetzt hat.
Potenziale von Industrie 4.0 im Großanlagenbau Industrie 4.0: Vergleich der Studienergebnisse 2015 und 2017 Wo ergeben sich Risiken durch Industrie 4.0? 2017 2015 Sicherheitsrisiken (z.B. IT-Sicherheit) 64 % 28 % 8% 51 % 41 % 7% Fehlende Standards 56 % 24 % 16% 4 % 37 % 41 % 22 % 17 % Verfügbarkeit qualifizierter Mitarbeiter 52 % 28 % 4% 31 % 52 % Rechtliche Rahmenbedingungen / 40 % 36 % 24 % 25 % 43 % 28 % 5% Datenschutz Ablauf und Aufbauorganisation passen 32 % 44 % 24 % 16 % 45 % 29 % 11 % nicht zu Industrie 4.0 Misserfolg neuer Geschäftsmodelle 32 % 36 % 32 % 10% 45 % 40 % 5% Investitionsbedarf ist unklar 16 % 72 % 12 % 10% 71 % 20 % Sehr relevant Relevant Weniger relevant Nicht relevant Abbildung 11
20|21 Generell werden in allen Wertschöpfungsstufen des 2015 (vgl. Abbildung 12). Aktuelle Beispiele aus der Anlagenbaus die Möglichkeiten von Wettbewerb durch Logistik- und Mobilitätsbranche verdeutlichen, wie Branchenfremde stärker wahrgenommen als in der Ver- schnell aus einer potenziellen eine tatsächliche Be- gangenheit. Besonders wird dies im Bereich der Dienst- drohung werden kann. Ob solche Entwicklungen den leistungen (z.B. Datenanalyse und Wartung) deutlich. Anlagenbau mittelfristig in ähnlicher Weise bedrohen, bleibt abzuwarten. Einen Einblick über die aus Sicht Aber auch im klassischen Anlagenbau wird das des Anlagenbaus wichtigsten Digitalisierungstrends in Auftreten branchenfremder Wettbewerber im Markt relevanten Branchen liefert das Kapitel 7: Was kann mittlerweile für wahrscheinlicher gehalten als noch der Anlagenbau von anderen Branchen lernen? Wie schätzen Sie die Chancen ein, dass branchenfremde Unternehmen den Markt verändern werden? 2017 2015 13 % Als weiterer Dienstleister 45 % 41 % 14% 28 % 56 % 3% Im Anlagenbetrieb 33 % 29 % 38 % 26 % 33 % 28 % 13 % Als Anlagenausrüster 21 % 42 % 26 % 11 % 13 % 41 % 36 % 10 % Im Anlagenbau 21 % 21 % 54 % 4% 7% 32 % 41 % 20 % Sehr gut Gut Gering Sehr gering Abbildung 12
Potenziale von Industrie 4.0 im Großanlagenbau Industrie 4.0: Vergleich der Studienergebnisse 2015 und 2017 Das Bewusstsein für die Notwendigkeit der Schaffung Mobilfunkverbindungen ist dabei eine notwendige technischer, rechtlicher und organisatorischer Voraus- Voraussetzung, wenn sich Unternehmen entlang der setzungen für Industrie 4.0 hat im Anlagenbau deutlich Wertschöpfungskette vernetzen wollen. Gerade die zugenommen (vgl. Abbildung 13). Diese Aussage gilt Maschinen- und Anlagenbauer benötigen eine moderne für nahezu alle abgefragten Bereiche – mit Ausnahme digitale Infrastruktur, um sich weiterhin erfolgreich der Aus- und Weiterbildung, die aber von allen Be- am Weltmarkt behaupten zu können. Der Bedarf an fragten als zumindest relevant bewertet wird. hohen Übertragungsgeschwindigkeiten wird weiterhin stark zunehmen – gerade auch im ländlichen Raum. Als wichtigste Voraussetzung für die Umsetzung von Deswegen führt auf mittlere Sicht kein Weg an flächen- Industrie 4.0 im Maschinen- und Anlagenbau wird deckenden Glasfaseranschlüssen vorbei. von den Unternehmen nach wie vor die Einrichtung einer funktionierenden digitalen Infrastruktur gesehen Vor diesem Hintergrund gewinnt die aktuelle VDMA- und somit staatliches Handeln angemahnt. Die flächen- Forderung, den Breitbandausbau in Deutschland deckende Versorgung mit schnellen Breitband- und umfassend voranzutreiben, besonderes Gewicht. Welche Voraussetzungen müssen für die Umsetzung von Industrie 4.0 geschaffen werden? 2017 2015 15% Infrastruktur (z. B. Breitbandausbau) 67 % 19 % 44% 34% 22% 15% Sicherheitsaspekte (z.B. SIL) 56 % 30 % Nicht Teil der Studie 2015 Rechtliche Rahmenbedingungen 54 % 42 % 4% 37% 29% 34% 19 % 15% Industrieweite Standards 52 % 30 % 27 % 56 % 2% 10 % Aus- und Weiterbildung 48 % 52 % 51% 39% Arbeitsorganisation, Prozesse 4% 15% 26 % 70 % 17 % 66 % und Strukturen 2% Sehr relevant Relevant Weniger relevant Nicht relevant Abbildung 13
22|23 Maßnahmen zur Nutzung des Potenzials von Industrie 4.0 Stärker als um mögliche Kostenreduzierungen haben Zudem können die eigenen Produkte mit Industrie 4.0- sich die Unternehmen des Anlagenbaus bislang um Technologien ausgestattet werden, um beispielsweise die Potenziale, die Umsätze zu steigern, gekümmert. neue Dienstleistungen anzubieten. Schließlich besteht Das heißt, dass kostenwirksame Maßnahmen nur von die Möglichkeit, die weltweit verteilten Produktions- 13 Prozent der Befragten mit hoher Priorität imple- stätten nach dem Motto „Plug and Produce“ einfacher mentiert worden sind, während Umsatzsteigerungen einzurichten und bei Bedarf anzupassen. durch neue Produkte und Services von 42 Prozent der Studienteilnehmer als prioritäre Maßnahme verfolgt Beispiele für neue Produkte und Dienstleistungen werden (vgl. Abbildung 14). können sein: • Digitalisierung der Anlagen Industrie 4.0 kann somit zu einem entscheidenden •S chaffung eines digitalen Abbilds („Digital Twin“), Hebel für Umsatzsteigerungen werden. Im Anlagenbau sowohl von neuen als auch von bereits existierenden können die Unternehmen auf große Datenmengen Anlagen zugreifen, was sowohl für die Betreiber als auch für • Augmented-Reality-Lösungen die Ausrüster und Anlagenbauer selber gilt. Somit •B uilding Information Modeling (4D- und 5D-An- kann auf Basis der Analyse von Betriebs-, Zustands- wendungen) und Umfelddaten effizienter produziert werden. • GPS-Anwendungen Für welche Chancen, die Industrie 4.0 dem Anlagenbau bietet, wurden Maßnahmen in Ihrem Unternehmen ergriffen? Umsatzsteigerung durch 42 % 21 % 33 % 4% neue Produkte und Dienstleistungen Verkürzung der Time-to-Market 36 % 18 % 23 % 23 % Umsatzsteigerung im 32 % 32 % 27 % 9% bestehenden Geschäftsmodell Kostenreduzierung 13 % 22 % 39 % 26 % Maßnahme mit Maßnahme mit Maßnahme Keine Maßnahme hoher Priorität niedriger Priorität geplant geplant/ Nicht relevant Abbildung 14
Potenziale von Industrie 4.0 im Großanlagenbau Industrie 4.0: Vergleich der Studienergebnisse 2015 und 2017 Um das Potenzial von Industrie 4.0 zu nutzen, haben auf die Möglichkeit der Nachrüstbarkeit von Anlagen Anlagenbetreiber – im Gegensatz zum Anlagenbau – mit intelligenter Sensorik zurückzuführen. Dadurch bislang vor allem Maßnahmen zur Umsatzsteigerung erschließen sich Potenziale im Bereich der Datenana- im bestehenden Geschäftsmodell sowie zur Kosten- lyse, wodurch Instandhaltung und Wartung zustands reduzierung ergriffen (vgl. Abbildung 15). Dass im orientiert durchgeführt werden können (Predictive Anlagenbetrieb eine leicht höhere Chance besteht, im Maintenance). existierenden Geschäftsmodell erfolgreich zu sein, ist Für welche Chancen, die Industrie 4.0 dem Anlagenbetrieb bietet, wurden in Ihrem Unternehmen Maßnahmen ergriffen? Umsatzsteigerung im 42 % 17 % 42 % bestehenden Geschäftsmodell Kostenreduzierung 42 % 8% 25 % 25 % Umsatzsteigerung durch 33 % 25 % 8% 33 % neue Produkte und Dienstleistungen Verkürzung der Time-to-Market 27 % 18 % 18 % 36 % Maßnahme mit Maßnahme mit Maßnahme Keine Maßnahme geplant/ hoher Priorität niedriger Priorität geplant Nicht relevant Abbildung 15
24|25 Die Anlagenausrüster haben vor allem Maßnahmen ergriffen, um Umsatzsteigerungen durch neue Pro- dukte und Dienstleistungen zu erreichen und zwar in einem stärkeren Maße, als das im Anlagenbau und im Anlagenbetrieb der Fall ist (vgl. Abbildung 16). Beispiele für diese neuen Produkte und Dienstleis- tungen sind: • Neue Produkte mit Zusatznutzen (z.B. Pumpe mit intelligenter Sensorik) • Nachrüstungen im Bestand (z.B. Ersatz konventio- neller Armaturen durch intelligente Armaturen) • Predictive Maintenance auf Grundlage von Big Data-Analysen Für welche Chancen, die Industrie 4.0 den Anlagenausrüstern bietet, wurden Maßnahmen in Ihrem Unternehmen ergriffen? Umsatzsteigerung durch 45 % 9% 18 % 27 % neue Produkte und Dienstleistungen Umsatzsteigerung im 36 % 18 % 18 % 27 % bestehenden Geschäftsmodell Kostenreduzierung 10 % 20 % 30 % 40 % Verkürzung der Time-to-Market 9% 45 % 9% 36 % Maßnahme mit Maßnahme mit Maßnahme Keine Maßnahme geplant/ hoher Priorität niedriger Priorität geplant Nicht relevant Abbildung 16
Potenziale von Industrie 4.0 im Großanlagenbau Industrie 4.0: Vergleich der Studienergebnisse 2015 und 2017 Von herausragender Bedeutung bei der Risikoprävention Anlagenbau, im Betrieb als auch von Seiten der sind Maßnahmen zur Abwehr von Sicherheitsrisiken, Ausrüster bereits ergriffen. Bei den übrigen abgefragten vor allem bei der IT-Sicherheit (vgl. Abbildung 17). Maßnahmen ist keine klare Prioritätensetzung zu Entsprechende Maßnahmen wurden sowohl im erkennen. Gegen welche Risiken, die sich durch Industrie 4.0 ergeben, wurden Maßnahmen in Ihrem Unternehmen ergriffen? Sicherheitsrisiken (z. B. IT-Sicherheit) 50 % 10 % 25 % 15 % Fehlende Standards 25 % 25 % 20 % 30 % Misserfolg neuer Geschäftsmodelle 22 % 17 % 44 % 17 % Rechtliche Rahmenbedingungen / 21 % 17 % 44 % 21 % Datenschutz Verfügbarkeit qualifizierter Mitarbeiter 19 % 33 % 29 % 19 % Ablauf- und Aufbauorganisation 19 % 29 % 33 % 19 % passen nicht zu Industrie 4.0 Investitionsbedarf ist unklar 11 % 32 % 37 % 21 % Maßnahme mit Maßnahme mit Maßnahme Keine Maßnahme geplant/ hoher Priorität niedriger Priorität geplant Nicht relevant Abbildung 17
26|27 Eine zentrale Voraussetzung für die Digitalisierung ist die Schaffung einer digitalen Infrastruktur (vgl. Abb. 13). Dies ist zum einen eine Aufgabe des Staates (Breit- bandausbau). Doch auch die befragten Unternehmen gehen diesen Punkt – im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten – mit hoher Priorität an. Beispiele sind die Einrichtung sogenannter Cloud Offerings (z.B. die Schaffung einer Netzwerkinfrastruktur), von Data Center Services (alle Unterstützungsfunktionen eines Rechenzentrums, speziell das Management der Cloud- Lösungen) oder die Erledigung klassischen IT-Sicher- heitsaufgaben. Überraschend ist, dass nur 18 Prozent der Befragten die Aus- und Weiterbildung als Maßnahme mit hoher Priorität bewerten (vgl. Abbildung 18). Dieser Punkt ist auch deswegen bemerkenswert, weil die Verfügbarkeit qualifizierter Mitarbeiter als kritischer Erfolgsfaktor im R ahmen der Digitalisierung angesehen wird. Eine nachhaltige Bewertung und Einschätzung kommt für den Anlagenbau aber möglicherweise noch zu früh. Die Anforderungen an die Qualifikation und Kompe- tenz der Mitarbeiter im Rahmen der Digitalisierung unterliegen aktuell und sicherlich auch zukünftig noch starken Veränderungen. Für welche für die Umsetzung von Industrie 4.0 notwendigen Voraussetzungen wurden Maßnahmen in Ihrem Unternehmen ergriffen? Infrastruktur (z. B. Cloud Offerings) 48 % 22 % 17 % 13 % Arbeitsorganisation, Prozesse 30 % 35 % 26 % 9% und Strukturen Aus- und Weiterbildung 18 % 32 % 36 % 14 % Industrieweite Standards 15 % 30 % 25 % 30 % Maßnahme mit Maßnahme mit Maßnahme Keine Maßnahme geplant/ hoher Priorität niedriger Priorität geplant Nicht relevant Abbildung 18
Potenziale von Industrie 4.0 im Großanlagenbau Industrie 4.0: Potenziale und Trends 6 Industrie 4.0: Potenziale und Trends Die Digitalisierung als einer der Mega-Trends der Digitalisierungsstrategien: Vor dem Einsatz liegt vergangenen Jahre rückt immer stärker in den Fokus die Vorbereitung des Anlagenbaus. Allerdings besteht in der Industrie Die Mehrheit der an der Studie teilnehmenden Firmen weiterhin Bedarf, sich mit dem Thema zielgerichtet sieht sich noch nicht gut auf die Digitalisierung vorbe- auseinander zu setzen und die vorhandenen Poten reitet – nur bei einem Aspekt („Existieren Werkzeuge ziale stärker als bisher zu nutzen. Von einer durch oder Prozesse, mit deren Hilfe die Wirkungszusammen- gehenden digitalen Reife kann daher im Anlagenbau hänge im Unternehmen dargestellt werden?“) sind 10 (noch) nicht gesprochen werden. Prozent der Befragten der Ansicht, bereits sehr gut da zu stehen. Es sind also aus Sicht fast aller Teilnehmer noch Servicestrategien stehen in einem engen Zusammen- erhebliche Anstrengungen notwendig, bis das Poten- hang mit der Digitalisierung und erste Erfolge mit zial der Digitalisierung im Anlagenbau zur Entfaltung digitalen Services konnten im Anlagenbau bereits kommt. Mit Blick auf diese Details erweist sich die Ab- erzielt werden. Allerdings stehen viele neue Geschäfts bildung 10 zu entnehmende allgemeine Einschätzung, modelle, die das Thema Service stärker in den Fokus dass der Anlagenbau relativ gut und vor allem deutlich nehmen, kurzfristig noch nicht zur Implementierung an. besser als 2015 auf die Digitalisierung vorbereitet ist, wohl als etwas zu optimistisch. Diese generelle Be- wertung sollte zumindest hinterfragt werden. Wo steht der Anlagenbau beim Thema Digitalisierung (Digital Readiness) heute? Existieren Werkzeuge oder Prozesse, mit deren Hilfe die Wirkungszusammenhänge 10 % 29 % 52 % 10 % im Unternehmen dargestellt werden? Existieren Werkzeuge oder Prozesse, mit deren Hilfe umfassend und zuverlässig Auskunft über den aktuellen Zustand der 5% 38 % 52 % 5% wertschöpfenden Prozesse des Unterneh- mens in Echtzeit geliefert werden kann? Existieren Werkzeuge oder Prozesse, die die wirtschaftliche Bedeutung dieser 5% 15 % 65 % 15 % Änderungen aufzeigen? Existieren IT-Systeme, die diese Wirkungs zusammenhänge im Sinne der Single 37 % 47 % 16 % Source of Truth eindeutig darstellen? Wurde eine sinnvolle Mischung aus zentral und dezentral gesteuerter Aktivitäten im 28 % 61 % 11 % Engineeringumfeld gefunden? Existieren Werkzeuge oder Prozesse, die die Auswirkungen von Änderungen entlang 19 % 62 % 19 % der Wertschöpfungskette aufzeigen? Sehr gut Gut Gering Sehr gering Abbildung 19
28|29 Alle genannten organisatorischen Handlungsfelder werden als überwiegend sehr relevant oder relevant bewertet, wobei die Bereiche „Customer Experience“ sowie „Produkt- und Serviceinnovationen“ als wich- tigste Felder identifiziert werden (siehe Abbildung 20). Unter Customer Experience wird die Schaffung einer positiven Kundenerfahrung zwischen Anwender und Produkt oder Anbieter verstanden. Erste Erfolge bei der Umsetzung der Digitalisierung im Unternehmen und die damit verbundene Steigerung der Akzeptanz hat bereits zu weiteren Aktivitäten geführt. So haben manche Unternehmen Digitalisierungsprojekte in Kooperationen mit externen Partnern, z.B. Start-ups, durchgeführt, auch um von deren technologischem Wissen und innovativen Arbeitsweisen zu profitieren. Was sind die größten organisatorischen Handlungsfelder für Ihr Unternehmen? Customer Experience 56 % 39 % 6% Produkt- und Serviceinnovation 52 % 48 % Know-how und Kultur 43 % 52 % 5% Datensicherheit 42 % 47 % 11 % Zusammenarbeit 35 % 60 % 5% Digitale Infrastruktur 35 % 55 % 10 % Rechtliche Risiken (z.B. Datenbesitz) 30 % 45 % 25 % Aufbau der Organisation 29 % 62 % 10 % Geschäftsprozesse 25 % 60 % 15 % Sehr relevant Relevant Weniger relevant Nicht relevant Abbildung 20
Potenziale von Industrie 4.0 im Großanlagenbau Industrie 4.0: Potenziale und Trends Auch bei den technologischen Handlungsfeldern Themen sind im Kontext von Big Data-Analysen und werden alle Parameter überwiegend als sehr relevant Predictive Maintenance als zwingende Voraussetzung oder relevant bewertet. Allerdings liegt eine deutlich der Digitalisierung zu sehen. Daten müssen kontinu- stärkere Staffelung als bei den organisatorischen ierlich erfasst und online ausgewertet werden, um Handlungsfeldern vor (vgl. Abbildung 21). eine zustandsbasierte Instandhaltung zu ermöglichen. Echtzeitsimulationen und Sensorik scheinen die derzeit wichtigsten Handlungsfelder zu sein. Diese Was sind die größten technologischen Handlungsfelder für die Weiterentwicklung Ihrer Produkte? Echtzeit-Simulation / 60 % 25 % 15 % Decision Support Systeme Sensorik 50 % 27 % 18 % 5% Sicherheitsaspekte (z.B. SIL ) 43 % 48 % 10 % Tools zur Datenverarbeitung und -analyse 43 % 48 % 10 % Übertragungstechnologien 38 % 43 % 10 % 10 % Softwarelösungen 36 % 55 % 9% Aktorik 35 % 15 % 45 % 5% Cloud-Plattformen / Industrial Apps 23 % 64 % 14 % Mobile Devices 18 % 41 % 32 % 9% Cyber-physische Systeme 10 % 52 % 29 % 10 % und Internet of Things Augmented Reality 5% 55 % 40 % Sehr relevant Relevant Weniger relevant Nicht relevant Abbildung 21
30|31 Für die erfolgreiche Umsetzung einer Digitalisierungs- strategie müssen alle Aspekte der Wertschöpfungskette im Anlagenbau betrachtet werden. Das Zusammenspiel zwischen Anlagenbauer, Ausrüster und dem späteren Betreiber ist somit ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Wie steht es um diese Zusammenarbeit? Die Antworten in Abbildung 22 zeigen, dass es insbesondere dann zu Problemen in der Zusammen- arbeit kommen kann, wenn der Kunde digital reifer ist als der Lieferant. Die Antworten legen somit nahe, dass der Lieferant grundsätzlich digital fortgeschrittener sein sollte als der Kunde, damit die Zusammenarbeit zwischen den Partnern gut funktioniert. Der Komponentenlieferant sollte also an der Spitze der Entwicklung stehen. Vergleicht man diese Aussagen zu der vorab unter- suchten „Digital Readiness“ (siehe Abbildung 10), haben vor allem die Anlagenausrüster digitalen Nach- holbedarf, da diese offenbar am wenigsten gut auf die Digitalisierung vorbereitet sind. Was bedeuten unterschiedliche Reifegrade in der Digitalisierung für die Zusammenarbeit mit Kunden und Lieferanten? Kunde digital reifer als der Anlagenbauer 30 % 60 % 10 % Anlagenbauer digital reifer 24 % 38 % 33 % 5% als der Komponentenlieferant Anlagenbauer digital reifer als der Kunde 5% 38 % 52 % 5% Komponentenlieferant digital reifer 5% 33 % 52 % 10 % als der Anlagenbauer Sehr Weniger Nicht Problematisch problematisch problematisch problematisch Abbildung 22
Potenziale von Industrie 4.0 im Großanlagenbau Industrie 4.0: Potenziale und Trends Aktuell werden vielfältige Themen im Umfeld der und Anlagenbetreibern müssen komplexe Schnitt- Digitalisierung bei den Unternehmen bearbeitet. stellen gemanagt und auch datentechnisch abgesichert Nach den grundlegenden Digitalisierungsstrategien im werden. Einer neuen Gestaltung der Arbeitsorgani- Einzelnen befragt, stellt sich heraus, dass die teilneh- sation und der Prozesse wird ebenso wenig sehr hohe menden Unternehmen sich mit einigen Aspekten der Relevanz eingeräumt wie der dringend erforderlichen Digitalisierung noch wenig beschäftigt haben und bis- Aus- und Weiterbildung des Personals. lang vor allem auf die Optimierung der klassischen IT-Bereiche setzen. Im Rahmen des diesjährigen Engineering Summits berichteten viele Unternehmen von der Notwendig- Deshalb haben die Beherrschung komplexer Systeme keit, eine umfassende Digitalisierungsstrategie zu und die (Daten-)Sicherheit derzeit auch die höchste entwickeln. Unternehmen, die dieses Ziel bereits Relevanz für die Studienteilnehmer (vgl. Abbildung 23). verfolgen, sind in der Erstellung und Umsetzung einer Die Fokussierung auf diese Themenfelder ist sicher- entsprechenden Strategie überwiegend sehr pragma- lich auch der Wertschöpfungskette im Anlagenbau tisch vorgegangen, haben Leuchtturmprojekte definiert geschuldet. Zwischen den Anlagenbauern, Ausrüstern und in kleinen, agilen Teams schrittweise umgesetzt. Welche grundsätzlichen Strategien zur Digitalisierung verfolgt Ihr Unternehmen? Beherrschung komplexer Systeme 50 % 36 % 9% 5% Sicherheit als erfolgskritischer Faktor für 41 % 27 % 27 % 5% Industrie 4.0 Datenkonsolidierung und 27 % 55 % 14 % 5% Datendurchgängigkeit Standardisierung und offene 19 % 52 % 24 % 5% Standards für eine Referenzarchitektur Ressourceneffizienz 14 % 52 % 29 % 5% Aus- und Weiterbildung für Industrie 4.0 10 % 48 % 38 % 5% Arbeitsorganisation und Arbeitsgestaltung 5% 57 % 33 % 5% im digitalen Industriezeitalter Sehr relevant Relevant Weniger relevant Nicht relevant Abbildung 23
32|33 Im Zuge der Umsetzung einer Digitalisierungsstrategie Der 3D-Druck wird von den Befragten als Service- werden generell Veränderungen in zahlreichen be angebot überwiegend als weniger relevant bewertet. stehenden Serviceangeboten erwartet. Das Haupt Das vorrangige Geschäftsmodell der meisten Anlagen- augenmerk liegt dabei auf Maintenance Offerings und bauer liegt nicht in der Maschinen- bzw. Komponen- Big Data-Analysen (vgl. Abbildung 24). tenfertigung und deshalb ist die Produktion von Ersatz- teilen mit einem 3D-Drucker zumeist nicht lohnend. Die erfassten und ausgewerteten Daten können zum Die hohen Investitionen und die globalen Standorte der Beispiel bei der Bewertung des Anlagenzustands genutzt Anlagen sprechen ebenfalls gegen eine entsprechende werden. Die Wahrscheinlichkeit und die Konsequenzen Investition. Die Einschätzung einiger Anlagenausrüster des Ausfalls einzelner Anlagenkomponenten können somit fällt allerdings anders aus. Für sie stellen 3D-Drucker in relativ leicht und vor allem frühzeitig ermittelt werden. einem globalen Netzwerk eine gute Möglichkeit dar, um Mit Hilfe dieser Risikobewertung kann die entsprechende Ersatzteilbedarfe kurzfristig bedienen zu können. Instandhaltungsstrategie (z.B. Run to failure, Optimierung, Ersatz u.a.) abgeleitet werden. Eine Optimierung der lang- fristigen Instandhaltungsbudgets ist somit zu erwarten. Welche Veränderungen wird es in den bestehenden Serviceangeboten geben? Maintenance Offerings 59 % 27 % 5% 9% Big Data Analysis 55 % 27 % 18 % Customer Service 45 % 50 % 5% White Collar Service 38 % 33 % 29 % 3D-Druck 14 % 29 % 48 % 10 % Sehr relevant Relevant Weniger relevant Nicht relevant Abbildung 24
Potenziale von Industrie 4.0 im Großanlagenbau Industrie 4.0: Potenziale und Trends Die Analyse großer Datenmengen ist eine wesentliche Methode, um die Digitalisierung im Anlagenbau voranzutreiben (vgl. Abbildung 25). Big Data ist somit vielleicht als die wichtigste Kompetenz und das ent- scheidende Handlungsfeld im Rahmen von Industrie 4.0 anzusehen. Da die dafür notwendigen Kompetenzen bei den Unternehmen noch nicht überall in ausreichen- dem Maß vorhanden sind, erscheinen Kooperationen mit spezialisierten Dienstleistern sinnvoll zu sein. Der Anlagenbau erhält dadurch dringend benötigtes, externes Know-how. Daher spielen auch Kooperationen zwischen eta blierten Großanlagenbauern und aufstrebenden Start- ups eine zunehmend wichtige Rolle. Die Gleichung ist hierbei denkbar einfach: Aus Alt und Neu wird Modern. Der Anlagenbau konzentriert sich auf sein Kerngeschäft, während die junge Firma die digitale Zukunft mitgestaltet und kreative Ideen einbringt. Welche Methoden und Vorgehensweisen gibt es, um die Digitalisierung im Anlagenbau erfolgreich voranzutreiben? Big Data 50 % 32 % 18 % Kooperationen 41 % 41 % 18 % Agiles Projektmanagement 38 % 52 % 10 % Offene Datenarchitekturen 38 % 43 % 19 % Design Thinking 29 % 52 % 19 % Schlüsselfertige End-to-End Lösungen 20 % 65 % 15 % Track and Trace 20 % 55 % 25 % Augmented Reality 14 % 38 % 48 % Sehr relevant Relevant Weniger relevant Nicht relevant Abbildung 25
34|35 Servicestrategien: Neue Kompetenzen im Einsatz für den Kunden sind gefragt und erfordern Zusammenarbeit Die Erwartungen, mit Industrie 4.0 das Servicean- Im Investitionsgütergeschäft gibt es bereits Beispiele, gebot zu vergrößern und die Durchführung von die die erfolgreiche Nutzung einer durchgängig Services im Anlagenbau zu verbessern, sind umfas- digitalen Servicestrategie zeigen. So statten immer send. Die höchste Relevanz (47 Prozent) wird dabei mehr Investitionsgüterhersteller Teile ihres Service- der Verringerung der Vorlaufzeiten, die z. B. durch personals mit Augmented Reality-Brillen aus. Damit medienbruchfreie Datenerhebung und -verarbeitung verfügen die Mitarbeiter bei Kundeneinsätzen über möglich wird, zugesprochen (vgl. Abbildung 26). eine Vielzahl technischer Optionen. Sie können Aber auch von der generellen Verbesserung der mit der Servicezentrale Kontakt aufnehmen und alle Kundenzufriedenheit (45 Prozent) und der Flexi- erforderlichen Information durch eine Kamera bereit- bilisierung der Geschäfts- und Fertigungsprozesse stellen. Parallel dazu kann die Servicezentrale dem (37 Prozent) wird sehr hohes Potenzial erwartet. Eine Mitarbeiter alle notwendigen Informationen über die direkte Verbesserung der Kostenposition wird von Brille liefern. Durch solch eine schnelle und effiziente der Mehrheit der Studienteilnehmer zwar nicht als Abwicklung sollte sich die Kundenzufriedenheit sehr relevant, immerhin aber als relevant eingestuft. nach Einschätzung der Studienteilnehmer langfristig Da durch Industrie 4.0-Aktivitäten im Service nicht deutlich erhöhen lassen. alle Kosten eines Unternehmens optimiert werden können, verwundert diese Einschätzung nicht. Welche direkten Verbesserungen können durch I4.0 im Bereich der Services erzielt werden? Verringerte Vorlaufzeiten (z. B. durch 47 % 37 % 16 % medienbruchfreie Datenerhebung) Verbesserung der Kundenzufriedenheit 38 % 57 % 10% Flexibilisierung von Geschäftsprozessen 37 % 47 % 16 % und Fertigung/Montage Kostensenkung (z. B. Kapital-, Energie-, 29 % 62 % 5% 5% Personalkosten) Verbesserung der Qualität 24 % 43 % 33 % Leichtere Anpassung an den Kundenbedarf 19 % 57 % 24 % Sehr relevant Relevant Weniger relevant Nicht relevant Abbildung 26
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