Prädiktoren des sexuellen Risikoverhaltens, der HIV-Schutzintention und der HIV-Selbstwirksamkeit im 5-Jahres-Follow-up - HIV Swiss Social ...
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Prädiktoren des sexuellen Risikoverhaltens, der HIV-Schutzintention und der HIV- Selbstwirksamkeit im 5-Jahres-Follow-up Dr. phil. Jeannette Brodbeck Psychologisches Institut der Universität Bern, Klinische Psychologie und Psychotherapie MRC – Cognition and Brain Sciences Unit: Cognition, Emotion and Mental Health Programme, Cambridge, UK SNF-Nr: 3346-65580 und 3346C0-104080/1 BAG-Nr: 04.001846
Theoretischer Hintergrund Sozial-kognitive Modelle Æ Erwartungs-mal-Wert-Modelle Schutzintention, Selbstwirksamkeit, wahrgenommene Vulnerabilität … Kein Einbezug der Partnerinteraktion, emotionaler Aspekte Gesundheitsrationalismus 2. September 2008 2
Theoretischer Hintergrund Interaktionelle und Kontext-Modelle Beziehungsrationalität, Kontext und Beziehungsvariablen Kritikpunte: Validität? Effekte der Partnerinteraktion oder des Kontexts sind mediiert durch intrapersonale Prozesse, die wiederum von früheren Erfahrungen, Erwartungen, Interpretationen und kognitiv-emotionalen Schemata geprägt sind. 2. September 2008 3
Modell der HIV-Schutzintention und des HIV-Schutzverhaltens nach Bengel (1996) 2. September 2008 4
Determinanten des sexuellen Risikoverhaltens Durch Metaanalysen bestätigte Variablen: HIV Schutzintention HIV Selbstwirksamkeit Einstellungen gegenüber Kondomen Kommunikation über Kondome Subjektive und soziale Normen Beziehungsstatus (Gelegenheitspartner oder fester Partner) (Sheeran, Abraham & Orbell, 1999; Sheeran & Orbell, 1998, Pant, 2003) 2. September 2008 5
Ziele der Untersuchung (1) Prävalenz und Stabilität des sexuellen Risikoverhaltens über 5 Jahre (2) Prädiktoren des sexuellen Risikoverhaltens über 5 Jahre: - Prädiktiver Wert von sozial-kognitiven Variablen: HIV- Schutzintention und HIV-Selbstwirksamkeit - Prädiktiver Wert von Hedonismus und psychosozialen Belastungen (3) Prädiktoren der HIV-Schutzintention und der HIV-Selbstwirksamkeit über 5 Jahre 2. September 2008 6
Design 5-Jahres Längsschnitt-Studie (2003-2008) Repräsentative Zufallsstichprobe basierend auf den Einwohnerregistern von Basel, Bern und Zürich. Alter bei der Baseline: 16 - 24 Jahre Teilnehmende Teilnahmequote T1: 2003 2844 T2: 2005 2020 71% T3: 2008 1641 58% 2. September 2008 7
Design: Drop-out Gründe Personen % Teilnahme zu t3: 1641 58% Ablehnungen: 512 18% während Studie nicht erreicht: 362 13% Kontaktdaten nicht eruierbar: 307 11% Anderes (gesundheitl. Probleme etc.) 22 1% 2. September 2008 8
Beschreibung der Stichprobe beim 5 Jahres Follow-up Stichprobe für die folgenden Analysen: 1432 heterosexuelle junge Erwachsene Geschlecht: 52% Frauen Alter Baseline: M = 20 Jahre (SD = 2.67) Zivilstand t3: 91% ledig, 8% verheiratet,1% geschieden Tätigkeit t3: 55% berufstätig, 39% in Ausbildung (35% an einer Hochschule) 2. September 2008 9
Variablen a) Sexuelles Risikoverhalten: - Geschlechtsverkehr ohne Kondom mit einem neuen festen Partner ohne HIV-Test für Personen mit sexuellen Erfahrungen und/oder - Geschlechtsverkehr ohne Kondom mit Gelegenheitspartnern b) Sozial-kognitive Variablen - HIV-Schutzintention (3 Items, alpha = .82) - HIV-Selbstwirksamkeit (4 Items, alpha = .52) c) Hedonismus: Hedonismus-Skala des Trierer Integrierten Persönlichkeitsinventars (TIPI; Becker, 2003; 8 items; alpha = .72) 2. September 2008 10
Variablen d) Psychosoziale Belastungen (vgl. Seiffge-Krenke, 1995; 9 Items, z.B. Belastung in der Schule/Beruf, mit den Eltern, mit den Partner; alpha = .76) Psychopathologische Belastung: Kurzversion des SCL (9 Items; alpha = .75) Zusätzlich: Substanzkonsum: Tabak, Alkohol, Cannabis, andere illegale Drogen, Betrunkenheit Deviantes Verhalten: Diebstahl, Gewalt, Erpressung, Sachbeschädigung Persönlichkeitsvariablen: Seelische Gesundheit, Geselligkeit, Risikobereitschaft, Nachgiebigkeit 2. September 2008 11
Einjahres-Prävalenzen des sexuellen Risikoverhaltens n % Distrubution of sexual risk behaviour 80 2003 90 6 70 60 2005 83 6 50 percent Casual partners 40 Steady partners 30 2008 105 7 20 10 0 t1 t2 t3 Geschlechtsunterschiede nur beim 5-Jahres-Follow-up: Männer hatten mehr ungeschützten GV mit Gelegenheitspartnerinnen (66% vs. 39%, Chi2 = 9.83, V = .08) 2. September 2008 12
Stabilität des sexuellen Risikoverhaltens über 6 Jahre 6-Jahres-Prävalenz: n % n = 228, 21% nie SRV 944 79 1 Messzeitpunkt 182 15 2 Messzeitpunkte 57 5 Stabiles SRV 15 1 Keine Geschlechtsunterschiede, keine Altersunterschiede bei nie und stabil 2. September 2008 13
Veränderungen des sexuellen Risikoverhaltens über 5 Jahre Follow-up von Personen, die bei der Baseline sexuelle Risikokontakte hatten 22% Keine 7% 44% Geschlechtsunterschiede, keine Altersunterschiede bei 27% nie und stabil missing t2 n = 22, 24% 2. September 2008 14
Prädiktoren des sexuellen Risikoverhaltens im 5- Jahres-Follow-up Vorhersage des sexuellen Risikoverhaltens zwischen t2 und t3 aufgrund der Baseline-Variablen : n = 169, 13% der sexuell aktiven Personen im Zeitraum von 3 Jahren 108 unsafer sex mit Gelegenheitspartner (64%), 79 Risikokontakte mit neuem festem Partner (47%) 56% Männer (n = 94) versus 44% Frauen (n=44) Chi2 = 10.40 **, V = .11. 2. September 2008 15
Baseline-Prädiktoren des sexuellen Risikoverhaltens bei Frauen 1) Chi2 (2, 573) = 2) Chi2 (4, 573) 3) Chi2 (6, 573) = 9.10* = 28.27 *** 44.54 *** R2 = 3.1% R2 = 9.4% R2 = 14.7% B OR B OR B OR Alter 0.06 1.06 0.05 1.07 0.07 1.07 T1 sex. Risiko 1.17 3.22** 1.02 2.76* 0.80 2.34t T1 Schutzintention -0.32 0.73** -0.35 0.72* T1 Selbstwirksam- keit -0.40 0.67* -0.33 0.72* T1 Psychosoziale 0.94 2.57*** Belastungen T1 Hedonismus 0.08 1.08 2. September 2008 16
Baseline-Prädiktoren des sexuellen Risikoverhaltens bei Männern 1) Chi2 (2, 518) = 2) Chi2 (4, 573) 3) Chi2 (6, 573) = 7.38* = 12.64 * 19.43 ***R2 = R2 = 2.5% R2 = 4.2% 6.4% B OR B OR B OR Alter -0.04 0.96 -0.05 0.95 -0.04 0.96 T1 sex. Risiko 1.12 3.08** 0.82 2.28t 0.76 2.14t T1 Schutzintention -0.33 0.72* -0.32 0.73* T1 Selbstwirksam- 0.13 1.14 0.14 1.14 keit T1 Psychosoziale 0.17 1.85 Belastungen T1 Hedonismus 0.32 1.38* 2. September 2008 17
Baseline-Prädiktoren der HIV-Schutzintention bei Männern F (529, 4) = 4.43*, R2 = 2.3% B S.E. beta Alter -.02 .022 -.04 T1 Psychosoziale -.26 .11 -.11* Belastungen T1 Hedonismus -.16 .08 -.08 2. September 2008 18
Baseline-Prädiktoren der HIV-Schutzintention bei Frauen, F (574,4) = 4.43**, R2 = 2.3 B S.E. beta Alter -.01 .01 -.01 T1 Psychosoziale -.23 .08 -.13** Belastungen T1 Hedonismus -.04 .06 -.03 2. September 2008 19
Baseline-Prädiktoren der HIV- Selbstwirksamkeitserwartung bei Frauen F (576, 4) = 5.02**, R2 = 1.7 B S.E. beta Alter -.02 .02 -.04 T1 Psychosoziale -.30 .08 -.16** Belastungen T1 Hedonismus -.03 .07 -.02 2. September 2008 20
Einschränkungen HIV-Schutzintention und Selbstwirksamkeit wurden in einer neutralen Situation erhoben. Kontext- oder interpersonelle Effekte wurden nicht erfasst. Kleine Effektstärken, geringe erklärte Varianz Erste Analysen und noch keine Integration der Variablen (Strukturgleichungsmodelle folgen...) Drop out 2. September 2008 21
Diskussion: Prävalenz und Stabilität des sexuellen Risikoverhaltens Die Einjahresprävalenzen des sexuellen Risikoverhaltensblieben über fünf Jahre stabil bei etwa 6%. Die Prävalenz über den gesamten Erhebungszeitraum von 6 Jahren liegt bei 21%. Æ sexuelles Risikoverhalten ist meist vorübergehend 79% der Befragten hatten sich in den erfassten sechs Jahren konsequent geschützt. Lediglich 1% zeigte bei allen Messzeitpunkten stabiles Risikoverhalten 2. September 2008 22
Diskussion sozial-kognitive Variablen: Bestätigung in längsschnittlicher Untersuchung Wie erwartet war eine geringere HIV-Schutzintention bei der Baseline ein Prädiktor für das sexuelle Risikoverhalten fünf Jahre später. Die Selbstwirksamkeit war nur bei Frauen ein Prädiktor für das spätere sexuelle Risikoverhalten. Bei Männer war die Selbstwirksamkeit zu t1 kein Prädiktor für das spätere Risikoverhalten. Æ weitere Analysen sind nötig 2. September 2008 23
Diskussion: Psychosoziale Belastungen Belastungen sind ein Prädiktor für die HIV-Schutzintention für Männer und Frauen Æ Wert-Aspekt: Andere Probleme sind wichtiger als langfristige gesundheitliche Folgen oder generell verminderte Motivation bei depressiven Zuständen. Selbstfürsorge, Selbstwert? Belastungen als Prädiktor der HIV-Selbstwirksamkeit nur bei Frauen Æ Reduzierte Ressourcen für Safer-Sex-Diskussionen, die für Frauen wichtiger sind als für Männer Belastungen als Prädiktor für sexuelles Risikoverhalten für bei Frauen Æ Abhängigkeitsverhältnisse und Machtunterschiede machen Frauen vulnerabler für ungeschützten Geschlechtsverkehr Æmehr Sexualparter, die zu einem höheren Risiko für ungeschützten Geschlechtsverkehr führen: Emotionsfokussierte Coping-Strategie oder Sicherung von sozialer Unterstützung 2. September 2008 24
Diskussion: Rolle von Hedonismus Hedonismus war nur für Männer ein Prädiktor des sexuellen Risikoverhaltens, keinen Effekt auf die HIV-Schutzintention oder die HIV-Selbstwirksamkeit Æ Hedonismus hat entgegen den Erwartungen keinen Einfluss auf die Schutzintention, sondern direkt auf das sexuelle Risikoverhalten. Definition von Hedonismus (Becker, 2003): Personen mit hohen Hedonismuswerten handeln oft impulsiv, haben ein starkes Bedürfnis nach Verngügen, konsumieren ohne Hemmung und geben Versuchungen schnell nach. Æ Schutzintention wurde in einer neutralen Situation erhoben. Hedonismus als intervenierende Variable zwischen der Schutzintention und dem konkreten Schutzverhalten? 2. September 2008 25
Schlussfolgerungen für weitere Untersuchungen Æ Geschlechtsunterschiede systematisch in Erklärungsmodellen berücksichtigen. Æ Wirkmechanismen Wie führen Belastungen zu sexuellem Risikoverhalten? Wie führt Hedonismus zu vermehrtem sexuellem Risikoverhalten? Wie führen Kontextbedingungen zu sexuellem Risikoverhalten? Æ Interaktion von sozial-kognitiven Variablen und Partnerschafts- und Kontextbedingungen Æ weitere Einflussvariablen 2. September 2008 26
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Herzlichen Dank an: Monica Bachmann, Monika Matter Senta Gruskovnjak, Alessia Lannini Michael Röthlisberger, Simone Artho Franz Moggi, Hansjörg Znoj Schweizerischer Nationalfonds, Fachkommission Aids Bundesamt für Gesundheit und Tabakpräventionsfonds Kontakt: brodbeck@ptp.unibe.ch 2. September 2008 27
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