Programmheft Stand 13. September 2019 - Änderungen vorbehalten - Notfallseelsorge Schweiz (CNS)
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18. Internationale Kriseninterventionstage Ethik in der Krisenintervention 27. und 28. September 2019 Universität Innsbruck | Campus Innrain 52 d-f http://tagung.sve-psd.at Programmheft Stand 13. September 2019 -- Änderungen vorbehalten Hauptgebäude Universität Innsbruck. Foto © D. Kratzer
Inhalt 2 Lageplan Unicampus Innrain 52 ....................................................................................... 5 3 Programm Freitag, 27. September 2019 .......................................................................... 6 4 Programm Samstag, 28. September 2019 ....................................................................... 7 5 Inhalte der Vorträge in alphabetischer Reihenfolge der ReferentInnen ......................... 7 Impressum 18. Internationale Kriseninterventionstagung 2019 Veranstalter Institut für Psychologie Österreichisches Rotes Kreuz Universität Innsbruck Generalsekretariat (ZVR: 432857691) Innrain 52f A-6020 Innsbruck Landesverband Tirol (ZVR: 608483625) http://psychologie.uibk.ac.at http://tagung.sve-psd.at http://www.roteskreuz.at Für die Veranstalter: Barbara Juen und Dietmar Kratzer S e i t e 2 von 20 Kriseninterventionstagung 2018
Kriseninterventionstagung 2019 Alle Vorträge finden in den Hörsälen im Erdgeschoß im Hörsaaltrakt I 52e und I 52d statt. Hörsaal 2, 3 Hörsäle 4, 5, 5 ¾, 6, 7 Eingang Toiletten Eingang Registrierung Eingang Haltestellen Klink / Universität S e i t e 5 von 20
Registrierung ab 07.45 Eröffnung und Grußworte 09.00-09.30 (HS 4) HS 4 (274) HS 5 (145) HS 5 ¾ (113) HS 6 (145) HS 7 (173) Dominik Hinzmann & Andreas Müller-Cyran Claudia Hockl Rainer Boos Detlef Schwarz 09.45-10.40 Tita Kern »Ich glaube, es wäre gut, Belastungen für Ethik in der Kriseninter- Das Emmaus-Prinzip als Krisenintervention vor wenn Sie sich jetzt verab- MitabeiterInnen in der vention - Selbstverständ- christlich-ethische Hand- und im Krankenhaus. Her- schieden«. Krisenarbeit lich? Wo sind meine lungsempfehlung für Not- ausforderungen, typische Die psychosoziale Akutbe- Grenzen? Was vermitteln fallseelsorge und Krisenin- Fallen und Möglichkeiten treuung zwischen Mani- wir unseren Mitarbei- tervention in der Begleitung von Kin- pulation und nondirekti- tern? dern und Bezugspersonen ver Beratung Hörsaalwechsel (20') Harald Karutz Isa Julgalad Monika Czamler Thomas Beck Edwin Benko 11.00-12.00 Ethische Aspekte der Psy- Wunsch der Verhinder- Besonders belastende Die größte Macht der Hilfe kann auch kränkend chosozialen Notfallversor- barkeit. »Wie wäre das Indikationen im Einsatz Gewalt ist die erzeugte sein. Grundhaltungen der gung von Kindern und Ereignis zu verhindern ge- der Krisenintervention Hilflosigkeit psychosozialen Akutbe- ihren Familien wesen?« »Was hätte ich treuungsarbeit anders machen müssen …?« Pause (30') Wolfgang Böhmer Marlene Kranebitter Heiner Brunner Petra Preimesberger Ulrike Buckwitz 12.30-13.30 Krisen und Katastrophen »Das könnt´ ich nie.« PSNV- Einsätze im Sekundäre Traumatisie- Wer darf, wer sollte was, in der Presse: Was hält jemanden bei Spannungsfeld der öffent- rung der Helfer: wie wann, durch wen erfah- Berichterstattung im einer Tätigkeit, von der lichen Wahrnehmung und Brainspotting in der Su- ren? Spannungsfeld sozialer andere sagen, dass sie das der eigenen Risikoein- pervision erfolgreich ein- Umgang mit Informatio- Medien versus Qualitäts- nie schaffen würden? schätzung gesetzt werden kann nen nach Suiziden von journalismus und der Schulangehörigen praktische Umgang mit Journalisten Mittagspause 13.30-15.00 Peter Zehentner Monika Stickler Michel Dückers Günter Engel Mechthild Schroeter- 15.00-16.00 Qualität ist eine Frage des Abgebrochene Reanima- Post-disaster psychosocial "POLIZIST" und PEER, Rupieper Anstandes, oder was ma- tion und das Dilemma der support in the Nether- akzeptieren und sanktio- »Was sag ich nur?« chen wir da in der Krisen- Sanitäter & Notärzte lands: lessons from the nieren, geht das? Umgang mit Suiziden, intervention? MH17 airplane crash and wenn Kinder und Jugend- Von unseren Entscheidun- other major events liche als Angehörige be- gen, Haltungen, Grenzen troffen sind und Beratungswerkzeu- gen aus ethischer Sicht Pause (30') Judith Brauneis Thomas Spaett Andreas Hänsel Elisabeth Schneider Marianne Herzog 16.30-17.30 Unzertrennlich! Der Tod Vertraulichkeit - das Wertschätzung und Dank- Ethische Herausforderun- Interkulturelle Unter- und ich. Ethik in der Pa- höchste Gut in der Ein- barkeit im Einsatzalltag gen im Rahmen organisa- schiede: Könnte Toleranz thologie satznachsorge? erlebbar machen tionsinterner Unterstüt- manchmal sogar eine Aus- zungssysteme rede zum Wegschauen sein? Kabarett mit Ingo Vogl im Hörsaal 4 Ab 18.00 hernach Buffet im Foyer S e i t e 6 von 20 Kriseninterventionstagung 2019
Tagungsbüro ab 08.30 HS 4 HS 5 HS 5 ¾ HS 6 HS 7 Tita Kern & Simon Manfred Krampl Martha Wirtenberger Georg Mathes Marion Menzel 09.00-10.00 Finkeldei Die eigene Ethik und Die Bedeutung von psy- Ethik und Achtsamkeit in Krisenintervention im »Der Psychokiller stach Moral als Widerpart zur chosozialer Versorgung der Krisenintervention Kontext Familie und vierzehn Mal zu«. Warum Professionalität in der und Ethik im Umgang mit Geburt hat Papa das gemacht? – Krisenintervention den Rohinga in Bangla- oder die berühmten kind- desch gerechten Worte Pause (30') Claudia Glössl Christiane Heider Tomáš Adámek Gerhard Deißenböck Renate Renner 10.30-11.30 Krisenintervention im Wenn die Hilfe als Peer Einsatzerfahrungen der Nächstenliebe vs. Helfer- Lawinenrisikoprävention islamischen Kontext. nicht ausreicht: wie weit tschechischen Feuerwehr- syndrom. Wie weit darf noch bevor Krise entsteht. Werthaltungen und Prin- darf psychosoziale Unter- psychologie aus einer unser Tun im Hinblick auf Risikovorsorgepraxis, Kon- zipien stützung in der Krisenin- ethischen Perspektive unsere Grenzen gehen? fliktfelder und strukturelle tervention gehen? Maßnahmen um Qualität und ethische Werte abzu- sichern Hörsaalwechsel (15') Barbara Juen, Tina Deutenhauser Anne-Kathrin Müller Dietmar Kratzer 11.45-12.45 Alexander Kreh & Wer bestimmt in der Ethische Fragestellungen Suizidforen. Risiken und Michael Lindenthal Krisenintervention? und Grundsätze in der po- Chancen. Einsatzkräftenachsorge AkuthelferInnen und ihre lizeilichen PSNV-Arbeit nach Terror-, Amok- und Entscheidungs-Macht Geisellage Abschluss der Tagung 13.00 (HS 4) Barbara Juen, Dietmar Kratzer Tomáš Adámek Einsatzerfahrungen der tschechischen Feuerwehrpsychologie aus einer ethischen Perspektive Im Vortrag werden besonders stressreiche Einsatzsituationen aus der eigenen Kriseninterventionspraxis (ca. 40 Einsätze) der südböhmischen Feuerwehrpsychologie zusammengefasst. Es handelt sich meistens um potentielle oder reale Konfliktsituatio- nen zwischen Bedürfnissen von Betroffenen bzw. Kriseninterventionsmitarbeitern und Handlungsweisen von Sicherheitskräf- ten. Es wird anhand von Beispielen erläutert, wie der Konsens zwischen Betroffenen, Kriseninterventionsmitarbeitern und Si- cherheitskräften gesucht wurde. Thematisiert wird auch, welche Auswirkungen solche Situationen hervorgerufen haben. Tomáš Adámek: Mgr., mjr., Feuerwehrpsychologe, zertifizierter Krisenintervent, systemischer und konstruktivistischer Psychothe- rapeut, externer Hochschullehrer an der Theologischen Fakultät der Südböhmischen Universität; spezialisiert in Notfallpsychologie und CISM; angestellt als Psychologe bei der südböhmischen Feuerwehr (Tschechien); fachliche Leitung des Peer-Teams der südböh- mischen Feuerwehr, seit 11/2017 PhD-Student bei Barbara Juen, Institut für Psychologie, Universität Innsbruck. Thomas Beck Die größte Macht der Gewalt ist die erzeugte Hilflosigkeit Das Erleben von Gewalt macht nicht nur die direkt Betroffenen hilflos, sondern auch die Helfer. Oft ist es schwer, hinzusehen, wahrzunehmen und dann das Wahrgenommen auch als die Realität anerkennen zu können und entsprechend zu handeln. Die Konfrontation mit Gewalt erzeugt in vielen Fällen in uns einen Konflikt mit eigenen Wert- und Moralvorstellungen, wodurch unser entsprechendes Handeln beeinflusst werden kann. Vor allem für die Krisenintervention können sich schwierige Situatio- nen ergeben. Wann und wie spreche ich meine Wahrnehmungen an? Spreche ich sie überhaupt an? Welche Konsequenzen kann ein Ansprechen haben? Wie gehe ich mit meiner Verschwiegenheit um? Thomas Beck: Priv.-Doz. Mag. Dr., Klinischer- und Gesundheitspsychologe, Notfallpsychologe. Univ.-Klinik für Medizinische Psycholo- gie, Bereich Psychotraumatologie und Traumatherapie. Leiter der Opferschutzgruppe des Landeskrankenhauses Innsbruck. Kriseninterventionstagung 2019 S e i t e 7 von 20
Edwin Benko Hilfe kann auch kränkend sein. Grundhaltungen der psychosozialen Akutbetreuungsarbeit Helfen wollen oder es mit Menschen gut meinen alleine genügt nicht. Qualitätsvolle psychosoziale Akutbetreuung zeigt sich im Zusammenwirken der drei Dimensionen: Wissen, Können und Haltung, die gemeinsam die Kompetenz der helfenden/des Hel- fenden ausmachen. Großes Wissen und hervorragende Fertigkeiten ohne angemessene und überlegte Haltungen könnten dazu führen, notleidende Menschen zu Objekten von Interventionen zu degradieren. Dem gilt es entgegenzuwirken! Der Vortrag zeigt vielfältige ethische Fragestellungen im Einsatzgeschehen, wie zum Beispiel das Spannungsfeld von Autono- mie und Fürsorge, den notwendigen Respekt des Anderssein des anderen, die Grenzen des Verstehens oder die kritische Be- trachtung der Professionalisierung usw. auf. Im Hinblick darauf, dass sich unsere Werte und Haltungen in unserer Persönlich- keit, in unseren zwischenmenschlichen Erfahrungen gründen, sich durch Sensibilisierung und Selbstbewusstsein entwickeln und sich im VERHALTEN äußern, regt der Vortrag auch zu individuellen Reflexionsprozessen an. Weiters wird dargestellt, wie KIT-Land Steiermark dem geforderten Dreierschritt in der Vermittlung von Wissen, Können und Haltung in der Ausbildung zur/zum psychosozialen AkutbetreuerIn gerecht wird. Edwin Benko: Psychotherapeut, Supervisor und Coach in freier Praxis, fachlicher Leiter und Ausbildungsleiter für psychosoziale Akutbetreuung und Stressverarbeitung im Kriseninterventionsteam (KIT) Land Steiermark, Certificate Critical Incident Stress Ma- nagement, Lehrender an Hochschulen und anderen Bildungseinrichtungen, für die Ministerien Ungarn und Slowenien als Experte im Aufbau der psychosozialen Versorgung tätig, Gründungsmitglied der Österreichischen Plattform Krisenintervention und Akutbe- treuung 2003, Mitglied der deutschsprachigen Gesellschaft für Psychotraumatologie (DeGPT). Wolfgang Böhmer Krisen und Katastrophen in der Presse: Berichterstattung im Spannungsfeld sozialer Medien versus Qualitätsjournalismus und der praktische Umgang mit Journalisten Zur enorm fordernden Arbeit von Einsatzorganisationen kommt in Krisen- und Katastrophenfälle ein gestiegenes öffentliches Interesse. Neben der Berichterstattung klassischer Medien heizen Bilder und Postings zufälliger Augenzeugen aber auch Gaf- fern das Interesse beinahe in Echtzeit weiter an. Wolfgang Böhmer schildert aus erster Hand die Arbeit, Probleme und Heraus- forderung für die Berichterstatter, aber auch Einsatzkräfte im Spannungsfeld sozialer Medien und klassischer Radio- und Fern- sehinformation. Praktische Tipps zum Umgang mit Journalisten sollen den Teilnehmern aber auch helfen, gewisse Ängste im Umgang mit Medien zu nehmen. Wolfgang Böhmer: ist seit mehr als 20 Jahren als Journalist für den Österreichischen Rundfunk (ORF, Ö3) tätig. Neben seiner Arbeit in Österreich berichtet er von den großen Kriegs-, Krisen und Katastrophengebieten in aller Welt. Rainer Boos Ethik in der Krisenintervention – Selbstverständlich? Wo sind meine Grenzen? Was vermitteln wir unseren Mitarbeitern? Die Tätigkeit in Krisenintervention und Notfallseelsorge wird mit hohen ethischen Ansprüchen verbunden. Doch welche Werte gilt es hier festzusetzen und wie kann ich diese in der Praxis bei Mitarbeitern einfordern und Auszubildenden vermitteln? Ehr- lichkeit, Eigenständigkeit, Neutralität und Vertraulichkeit sowie die Akzeptanz des Gegenübers hören sich selbstverständlich an, sind in der Praxis aber oft schwer umzusetzen. Der Vortrag will einen Überblick über die ethischen Werten in der Krisenintervention beschreiben und die Grenzen an Hand von Fallbeispielen aufzeigen. Rainer Boos: Dozent PSNV, Akademischer Experte für Psychotraumatologie und Stressmanagement, CISM (ICISF), Trauma Fachbe- rater (DeGPT/BAG-TP), Trauerbegleiter, Lehrrettungsassistent, stv. Diözesanreferent PSNV Malteser Hilfsdienst Regensburg. Judith Brauneis Unzertrennlich! Der Tod und ich. Ethik in der Pathologie Als Leichenpräparatorin, Notfallseelsorgerin und Spirituelle habe ich schon immer ein besonders enges Verhältnis zum Tod. In meinem Bereich gelangt die Ethik manchmal an ihre und auch meine Grenze. Heute möchte ich Ihnen zum Thema einige spannende Fälle aus meiner Praxis erzählen und Sie gleichzeitig natürlich auch un- terhalten. Um es auf meiner kleinen „Insel des Todes“ auszuhalten, benötige ich eine Prise Humor. Ich versuche in meinen Vor- trägen die richtige Balance aus Ernsthaftigkeit (es ist immerhin ein schweres Thema) und Leichtigkeit zu finden und lade Sie herzlich ein, diese Stunde mit mir zu verbringen. Judith Brauneis: 20 Jahre leitende Präparatorin und Notfallseelsorgerin der Pathologie der TU München, Schwerpunkte: Autopsien, Trauerbegleitung, Fötenbestattung, alles rund ums Thema "Tod". Heiner Brunner PSNV- Einsätze im Spannungsfeld der öffentlichen Wahrnehmung und der eigenen Risikoeinschätzung Wie Neutral können wir in Einsätze gehen, wenn das Meldebild beispielsweise lautet: "3 Lawinentote bei Warnstufe 4"? Ein- fluss des Meldebildes und der eigenen Einschätzung. Welche Möglichkeiten bestehen im Rahmen der PSNV-Ausbildung eine wertneutrale Haltung einnehmen zu lernen und aufrechtzuerhalten. Heiner Brunner: Regionalleiter der Bergwacht (Bergrettung) Hochland; 2001 - 2018 Verantwortlich für die PSNV der Bergwacht Bay- ern; seit 2005 Krisenmanagement nach Alpinunfällen für Veranstalter von Berg & Outdoor-Reisen; Mediator & Traumafachberater. S e i t e 8 von 20 Kriseninterventionstagung 2019
Ulrike Buckwitz Wer darf, wer sollte was, wann, durch wen erfahren? Umgang mit Informationen nach Suiziden von Schulangehörigen Suizide von Schüler*innen und Lehrpersonen stellen eine besondere Herausforderung für die Schulgemeinschaft dar. Fragen nach Umständen des Todes und möglichen Gründen der Selbsttötung werden den Kriseninterventionshelfern deutlich gestellt. Gerüchte sind rasch im Umlauf. Presseanfragen und -berichte erhöhen den Druck auf alle Beteiligte. Eine klare Haltung und Abstimmung der Einsatzkräfte zum Umgang mit vertraulichem Wissen von Angehörigen und die für Schüler*innen und Päda- gogen*innen notwendigen Informationen wirken entlastend in der Betreuung der Betroffenen. An Praxisbeispielen wird be- schrieben und diskutiert, wie der Spagat zwischen dem Schutz der Privatsphäre, der Vertraulichkeit von Informationen und der Informationshoheit der Angehörigen einerseits und dem Recht und der Notwendigkeit für die Schulgemeinschaft, informiert zu werden, gelingen kann und die Verarbeitung des tragischen Ereignisses in der Schule beeinflusst. Ulrike Buckwitz: Diplom-Psychologin, Notfallpsychologin, Supervisorin (BDP), Coach, Mediatorin, Schulpsychologin für Gewaltprä- vention und Krisenintervention Berlin; Arbeitsschwerpunkte: Beratung von Schülerinnen und Schülern, Eltern und Schulpersonal nach Gewaltvorfällen und Krisen an Schulen, Krisenintervention, Fortbildung und Beratung zur Gewaltprävention, u.a. Krisenteams an Schulen. Monika Czamler Besonders belastende Indikationen im Einsatz der Krisenintervention Unsere MitarbeiterInnen und KollegInnen sind in ihrer Arbeit oft mit sehr dramatischen Situationen konfrontiert. Sie müssen da sein, Gespräche anbieten, Interventionen setzen, die für die Betroffenen die Handlungsfähigkeit fördern und Sicherheit geben. Nach Abschluss des Einsatzes ist es möglich sich mit der eigenen Betroffenheit auseinander zu setzen. Wir untersuchen in der "Erhebung zum Thema Resilienz, Kohärenz und Betroffenheit in der Krisenarbeit" die genannten Faktoren bei den KI KollegIn- nen des Roten Kreuzes in OÖ und den psychosozialen Fachkräften der Krisenhilfe OÖ. Zusätzlich wurde auch nach besonders belastenden Indikationen gefragt. Anhand von Fallbeispielen werden die Belastungen der genannten Indikationen dargestellt. Ich arbeite als Psychosoziale Fachkraft seit 20 Jahren in dem Bereich, war in vielen Einsätzen und werde diese Fragestellung auch aufgrund meiner persönlichen Erfahrungen besprechen. Monika Czamler: Psychotherapeutin – systemische Familientherapie, Absolvierung des Weiterbildungscurriculums »Kriseninterven- tion«, Ausbildungen in Traumatherapie Mitarbeit im Kriseninterventionszentrum Linz, Aufbau und Leitung des psychosozialen Not- dienstes OÖ, Mitarbeit in der Entwicklung der Krisenhilfe OÖ, Geschäftsfeldleitung der Krisenhilfe OÖ. Gerhard Deißenböck Nächstenliebe vs. Helfersyndrom. Wie weit darf unser Tun im Hinblick auf unsere Grenzen gehen? In der Krisenintervention, in der Notfallseelsorge, aber auch in der Nachsorge für Einsatzkräfte gehen die jeweiligen Akteure oftmals an ihre persönlichen Grenzen oder auch darüber hinaus, um anderen wiederum zu helfen. Wir müssen uns – nicht nur von Seiten der Seelsorge – die Frage stellen, wie wir die Gradwanderung zwischen dem Gebot der Nächstenliebe Jesu und dem von Wolfgang Schmidbauer in den 70er Jahre erstmals beschriebenen Helfersyndrom gut leben können und unsere Arbeit pro- fessionell leisten können. Hierzu gilt es beide intensiv zu betrachten und in eine Beziehung zueinander bringen. Genauso wie uns das Helfersyndrom und seine Eigenheiten herausfordert, so tut dies auch die Nächstenliebe, wenn sie ernstgenommen und vom Ursprung her verstanden wird. Selbstverständlich ist sie keineswegs. Wie sieht in diesem Kontext konkretes und vor allem korrektes ethisches Handeln aus? Der Schwerpunkt hierbei liegt sicherlich in der theologischen Profession, diese Dimension ist eine Beziehung, die es vielleicht auch für Nicht-Theologen sich lohnt sie anzusehen. Machen wir uns auf »ad fontes« und versu- chen wir dabei verschiedene Facetten dieser Gradwanderung aufzudecken sowie für uns nutzbar zu machen, egal ob protektiv oder wenigstens im Erkennen des Risikos. Diesen Weg muss jede Akteurin und jeder Akteur in der Psychosozialen Notfallver- sorgung, egal ob -B oder -E, selbst gehen, jedoch können Impulse oder einfache Skizzen hilfreich sein. Gerhard Deißenböck: Dr. theol., Dipl. Religionspädagoge (FH), Berufsfachlehrer (4. QE) für NotSan, Rettungssanitäter, PsF, Fachbe- rater PSNV/Seelsorge, Stv. Leiter PSNV Feuerwehr Lkr. Erding, Mitglied im Nachsorgeteam BFV Oberbayern e. V., Geschäftsführer Klerusverband e. V., Verbands- & Zugführer, Vorsitzender der Freiwilligen Feuerwehr Kreisstadt Mühldorf a. Inn e.V. Tina Deutenhauser Wer bestimmt in der Krisenintervention? AkuthelferInnen und ihre Entscheidungs-Macht Es ist durchaus ein fachlicher Standard, bei Akuteinsätzen direktiver als in anderen psychosozialen Kontexten vorzugehen, wo aber liegt die Grenze? Menschen in Ausnahmesituationen sind oft nicht in der Verfassung, Entscheidungen in einer Form zu treffen, wie sie es sonst von sich gewohnt sind. Insbesondere wenn mehrere Personen daran beteiligt sind. Die Mischung aus dem starken Wunsch „das Richtige zu tun“ und dabei alle Interessen zu berücksichtigen und/oder die eige- nen durchzusetzen (z.B. bei der Form der Verabschiedung) und der emotionalen Aushebelung, führen nicht selten zum konkre- ten Einbeziehen der HelferInnen vor Ort: „Sagen Sie uns was hier zu tun ist!“ In meinem Vortrag möchte ich - ausgehend von unspektakulären Geschichten mit feinen Nuancen - meine Erfahrungen zur Ver- fügung stellen und meine ethischen Überlegungen dazu reflektorisch anbieten. Tina Deutenhauser: Mag.; Sozialpädagogin, Supervisorin, Klinische/Gesundheits-/Arbeits-/Notfall- Psychologin; selbständig seit 2008 (Arbeitsschwerpunkte: Supervision, Moderation, Akut-Intervention, Arbeitspsychologie, Angehörigenberatung, Seminarleitung) seit 1995 in der Krisenintervention in diversen Settings (stationäre Betreuung jugendlicher Mädchen, Suchtberatung mit Schwer- punkt Angehörigenarbeit, Health Consult, Akutteam NÖ) tätig. 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Michel Dückers Post-disaster psychosocial support in the Netherlands: lessons from the MH17 airplane crash and other major events Over the course of two decades, the organizational context of post-disaster psychosocial support in the Netherlands has been influenced by changes in legislation, policy frameworks, evidence-based guidelines, and the instalment of formal expertise structures to support national and local governments and public services. This development – driven by lessons from disasters and major events since 1992 – influenced the provision of psychosocial support by multiple agencies for bereaved families in the Netherlands after the 2014 MH17 aeroplane crash in Ukraine. In this contribution Michel Dückers will go deeper into the disaster, its societal impact, psychosocial support measures taken at the national level and lessons that can be learned from evaluations. Michel Dückers, PD, PhD, is a senior researcher at the Netherlands Institute for Health Services Research (Nivel) and Programme Coordinator at Arq-Impact, the Dutch national knowledge and advice centre for psychosocial care and safety concerning critical incidents. In his research a focus is placed on health effects and the quality of aftercare in a disaster context. Michel is an advisor for national and local governments in the event of calamities. Günter Engel "POLIZIST" und PEER, akzeptieren und sanktionieren, geht das? Beim Österreichischen Bundesheer gibt es sowohl im Inland als auch in den verschiedenen Auslandseinsätzen unterschiedliche Arten von Journaldiensten, zum Beispiel den "Diensthabenden Offizier" (DHO) oder auch ein "Diensthabendes Referat" (DHR). Solche Dienste sind mit besonderen (Wach) Befugnissen ausgestattet, die es ihnen ermöglichen, in Krisensituationen - ähnlich wie ein Polizei-Organ - Maßnahmen zu setzen, um Gefährdungen abzuwehren. Sowohl Notfallpsychologinnen und Notfallpsy- chologen als auch PEERs können grundsätzlich im Inland und in Auslandseinsätzen für solche Journaldienste eingeteilt werden. In einer Krisensituation kann daraus ein Dilemma entstehen. Die Rolle eines DHO erfordert gegebenenfalls Zwangsmaßnahmen und führt in der Folge zu Sanktionen; die Rolle der Notfallpsychologin, des Notfallpsychologen oder eines Peers erfordert not- fallpsychologische Stabilisierungsmaßnahmen mit Einfühlungsvermögen und wertschätzender Anteilnahme (Akzeptanz). Kann ich das Verhalten einer Person gleichzeitig sanktionieren und akzeptieren? Ich möchte mit meinem Vortrag an Hand von Beispielen das Dilemma beschreiben und auch zur Diskussion einladen, da es aus meiner Erfahrung für alle Lösungsansätze ein Für und Wider gibt. Guenter J. Engel: Mag. Dr., Militärpsychologe, Klinischer- und Gesundheitspsychologe, Notfallpsychologe, Arbeits-, Wirtschafts- und Organisationspsychologe, Psychotherapeut, Unternehmensberater; Bundesministerium für Landesverteidigung. Claudia Glössl Krisenintervention im islamischen Kontext. Werthaltungen und Prinzipien Die Bevölkerungszusammensetzung in Österreich hat sich (durch stetige Migration) gewandelt. Dabei ist feststellbar, dass die Zahl der Menschen, die mehrfach kulturell geprägt und mehrsprachig sind sowie verschiedene Religionen haben, ansteigt. Diese Veränderung kann nicht rückgängig gemacht werden. Muslime sind ein Teil dieser Bevölkerung. Es wird wahrscheinlicher Muslimen im Alltag und in Krisen zu begegnen. Sie haben wie alle Menschen in einer Krise Bedarf an Unterstützung, denn sie sind seelisch verletzt. Dies kann für Einsatzorganisationen und Kriseninterventionsteams neue Herausforderungen mit sich bringen. Medien, Diskussionen am Stammtisch, geringes Wissen, soziale Medien etc. zeichnen häufig ein bestimmtes Bild des Islams. In vielen Debatten werden Begriffe vermischt und eine sachliche Auseinandersetzung findet wenig statt. Aber wie ist es nun mit Muslimen? Ist Krisenintervention im islamischen Kontext mit den grundlegenden Werten vereinbar? Anhand von Bei- spielen werden die theologischen Handlungen in die Praxis umgesetzt und mit zentralen Werten in Verbindung gebracht. Claudia Glössl: MAS MSc, Psychotraumatologin, Lebens- und Sozialberaterin, Sterbe- und Trauerbegleiterin, Supervisorin im SvE- Kontext, NLP-Lehrtrainerin nach DVNLP, Islam- und Religionswissenschaftlerin mit Schwerpunkt (feministischer) Islam und Dialog der Religionen. Andreas Hänsel Wertschätzung und Dankbarkeit im Einsatzalltag erlebbar machen. Impulse für eine lebendige Teamkultur am Beispiel des Modells Einsatzfürsorge bei Apotheker ohne Grenzen Deutschland e.V. »Vor allem aber danke ich unseren ehrenamtlichen Kräften, die auch im vergangenen Jahr wieder unermüdlich viele viele Stun- den ... der Dank richtet sich auch ausdrücklich an die Familien, die an so manchem Abend auf ihre Mama oder ihren Papa ver- zichten mussten ... « Wir alle kennen diese Wortrituale zur Weihnachtsfeier, zum Neujahrsempfang oder oft auch dann, wenn Politiker unsere PSNV–Arbeit würdigen. Ist ja auch in Ordnung. Danke sagen gehört sich nun mal. Was aber, wenn es knirscht im Teamgefüge, wenn es um die Konfliktkultur nicht zum Besten steht? Wenn ethische Grundsätze überhaupt nicht formuliert sind, oder wenn sie auf dem Papier stehen, aber nicht gelebt werden? Dann werden die Rituale der Würdigung unserer Arbeit als das empfun- den, was wir in unserer Betreuungsarbeit auf jeden Fall vermeiden wollen – als Floskeln. Worte alleine (und auch das Anstecken von Ehrennadeln) genügen nicht. Entscheidend für die Balance zwischen Geben und Nehmen sind Haltungen, innerhalb des Teams gelebte ethische Grundsätze, und die Fähigkeit, Konflikte als Entwicklungs- chance zu begreifen und deren Lösung couragiert anzustreben. Derartige Begabungen kommen nicht über uns, wie eine Wun- dererleuchtung, die muss man sich erarbeiten, und das ist mühsam. Und mal Hand auf’s Herz: was tun wir wirklich selbst dazu, dass es uns am Ende im Team auch wirklich wohl ergeht? S e i t e 10 von 20 Kriseninterventionstagung 2019
Am Beispiel des von mir seit zwei Jahren begleiteten Modells der Einsatzfürsorge für Apotheker ohne Grenzen Deutschland e.V., möchte ich erzählen, dass ein Peersystem der strukturierten Einsatzvor- und Nachsorge nicht nur präventiv vor einsatzbe- dingten Belastungsfolgen schützen kann, sondern auch ein geeignetes Instrumentarium für die Entwicklung von lebendiger Teamkultur sein kann. Andreas Hänsel: Teammitglied KIT München seit 2000. Leiter – PSNV. Fachberater Psychotraumatologie. Dozent an der KIT Akade- mie München. Freie Mitarbeit bei der Studie Prävention im Einsatzwesen, Ludwig - Maximilians - Universität München, Department Psychologie, Prof. Dr. Willi Butollo: Leitung von Debriefings für Einsatzkräfte. Die Erfahrungen aus zahlreichen wissenschaftlich eva- luierten Debriefings bei Feuerwehren in Bayern, und die Erkenntnisse der Studie hat er für die Gruppenbetreuungen in der Zivilge- sellschaft „rückübersetzt“, und daraus ein Fortbildungsmodul für KIT München entwickelt. Zahlreiche Einsatzleitungen. U.a. im Auftrag des Auswärtigen Amtes beim Tsunami 2004/2005 in Thailand. Zuletzt PSNV - Einsatzleitung Abschnitt Olympia Einkaufs- zentrum beim Amoklauf in München. Als selbständiger Dozent und Trainer auf zahlreichen Fachkongressen zu den Themen PSNV- und Stressmanagement im klinischen Bereich unterwegs. Aktuell seit 2018 Projektleitung zum Aufbau eines Peersystems zur Ein- satzvor- und Nachsorge bei Apotheker ohne Grenzen Deutschland e.V. Christiane Heider Wenn die Hilfe als Peer nicht ausreicht: wie weit darf psychosoziale Unterstützung in der Krisenintervention gehen? Betroffene offenbaren uns oft in der Akutbetreuung tiefe Einblicke in ihr berufliches und privates Leben. Als Peers sehen wir hier oftmals viele Ansatzpunkte zur Aktivierung wichtiger Ressourcen. Aber inwiefern dürfen wir wirklich aktiv werden? Dürfen wir zum Beispiel im beruflichen Kontext zu Fürsprechern des/der KlientIn werden? Wo fängt Kümmern an und wo endet die Verschwiegenheitspflicht? Anhand von praktischen Beispielen des internen Kriseninterventionsteams SOZIUS bei den Wiener Linien gehen wir diesem Dilemma, wie weit Hilfe tatsächlich gehen kann auf den Grund. Christiane Heider: Mag., bakk; Referatsleiterin Arbeitspsychologie bei den Wiener Linien sowie fachliche Leiterin des internen Kri- seninterventionsteams SOZIUS. Klinische und Gesundheitspsychologin, Arbeitspsychogin, Notfallpsychologin, Systemische Coach. Lehrbeauftragte an der Universität Wien (VU Gesundheitspsychologie). Marianne Herzog Interkulturelle Unterschiede: Könnte Toleranz manchmal sogar eine Ausrede zum Wegschauen sein? In ihrer Arbeit als Traumapädagogin mit einem speziellen Fokus auf Kleinkinder und Migration ist Marianne Herzog immer wie- der damit konfrontiert, dass gerade bei häuslicher Gewalt je nach kulturellem Hintergrund mit verschiedenen Ellen gemessen wird. Auch Auffälligkeiten im Verhalten von Kleinkindern werden oft mit kulturellen Unterschieden erklärt und es wird nicht oder zu spät reagiert. Sehr praxisnah und mit vielen Bildern werden verschiedene Beispiele vorgestellt. Mit einfachen Tools, wie etwa dem Dramadreieck und weiteren Objekten aus Herzogs bekannten Koffer, können wir unser Verhalten überprüfen und sicherstellen, dass wir auch Menschen aus anderen Kulturen auf Augenhöhe begegnen. Marianne Herzog: Fachberaterin / Fachpädagogin Psychotraumatologie ist Autorin des Bilderbuches "Lily, Ben und Omid" und hat Koffer mit Objekten entwickelt, wie Hirnorganisches einfach erklärt werden kann und Übertragungsphänomene schnell verstanden werden können. Sie ist als Dozentin, Supervisorin und Traumapädagogin europaweit tätig. Mehr unter www.marianneherzog.com Dominik Hinzmann & Tita Kern Krisenintervention vor und im Krankenhaus. Herausforderungen, typische Fallen und Möglichkeiten in der Begleitung von Kindern und Bezugspersonen Das System Krisenintervention im Krankenhaus durchläuft in den letzten Jahren große Veränderungen und stellt sich aktuell sehr unterschiedlich dar. Einige Häuser verfügen über seit langem etablierte seelsorgerische/psychosoziale Versorgungsange- bote, andere Häuser bauen neue Strukturen in Nähe zur PSNV-B und PSNV-E auf und in wieder anderen Systemen gibt es tradi- tionelle Abgrenzungen wie bspw. „KIT betreut nicht im Krankenhaus“. Für betroffene Kinder und Erwachsen kann dieser Übergang von KIT ins Krankenhaus erhebliche Hürden darstellen, nachfol- gende Strukturen sind unbekannt oder von herausfordernden Regeln geprägt: „die Kinder dürfen sich nicht von der sterben- den Mutter verabschieden, weil von Kindern immer Infektionsgefahr ausgeht“. In diesem Beitrag sollen aus ärztlicher und psychologischer Sicht konkrete Strategien vorgestellt werden, wie Kriseninterven- tion mit Hindernissen vor und im Krankenhaus umgehen kann, um eine wirkungsvolle Begleitung von Kindern und ihren Be- zugspersonen sicherzustellen. Dominik Hinzmann: Dr., Facharzt für Anästhesiologie und Notarzt an der Technischen Universität München, seit 1999 aktives Mit- glied des KIT-München und Referent der KIT-Akademie, Ärztlicher Leiter Rettungsdienst und Leitender Notarzt des Rettungsdienst- bereiches München, zahlreiche Erfahrung bei PSNV und notfallmedizinischen Großschadenslagen im In- und Ausland, stellvertreten- der Vorstandsvorsitzender des Vereines PSU akut - kollegiale Unterstützung in der Akutmedizin, Ärztlicher Berater der KinderKrisenIntervention der AETAS Kinderstiftung. Tita Kern: Psychotraumatologin (MSc), Systemische Familientherapeutin (DGSF), Traumatherapeutin. Tätigkeit: Ausbildung zur Rettungssanitäterin, langjährig stellv. Leitung KIT-München (Krisenintervention im Rettungsdienst), Leitung KIT–Akademie und KIT- Nachsorge. Entwicklung des Konzeptes „Aufsuchende Psychosozial-Systemische Notfallversorgung (APSN)“. 2007-2011 fachliche Leitung des nach diesem Konzept arbeitenden Pilotprojektes „KIDS – Kinder nach belastenden Ereignissen stützen“ beim KIT des ASB München. Fachliche Leitung der KinderKrisenIntervention der AETAS Kinderstiftung. Lehraufträge mit dem Schwerpunkt Kri- senintervention und Psychotraumatologie des Kindesalters. Kriseninterventionstagung 2019 S e i t e 11 von 20
Claudia Hockl Belastungen für MitabeiterInnen in der Krisenarbeit Unsere MitarbeiterInnen und KollegInnen sind in ihrer Arbeit oft mit sehr dramatischen Situationen konfrontiert. Sie müssen da sein, Gespräche anbieten, Interventionen setzen, die für die Betroffenen die Handlungsfähigkeit fördern und Sicherheit geben. Nach Abschluss des Einsatzes ist es möglich sich mit der eigenen Betroffenheit auseinander zu setzen. Wir untersuchen in der »Erhebung zum Thema Resilienz, Kohärenz und Betroffenheit in der Krisenarbeit« die genannten Faktoren bei den KI KollegIn- nen des Roten Kreuzes in OÖ und den psychosozialen Fachkräften der Krisenhilfe OÖ und werden in dem Vortrag die Ergeb- nisse und unsere Schlüsse daraus präsentieren. Claudia Hockl: Dr.; 1983 - 1989 Diplomstudium Psychologie Karl-Franzens Universität Graz, 1989 - 1993 Dissertationsstudium eben- falls Graz, Zusatzausbildungen in Klinischer und Gesundheitspsychologie, Notfallpsychologie, Mediation, Hypnotherapie und Biofeedback. 1999 - 2013 Spitalspsychologin im KH Enns, seit 1999 auch in eigener Praxis tätig, seit 2013 fachliche Leitung KI und SvE in OÖ, stellvertretende Vorsitzende des NDÖ in OÖ, Vorsitzende des BÖP Leitungsteams in OÖ, Seminartätigkeit für das Land OÖ, Direktion Bildung und Gesellschaft sowie Mitarbeit in der Alkoholberatung des Landes OÖ. Barbara Juen, Alexander Kreh & Michael Lindenthal Einsatzkräftenachsorge nach Terror-, Amok- und Geisellage Wir stellen im Vortrag aktuelle Ergebnisse aus einem laufenden EU Projekt vor, in dem es um ethische Probleme in der medizini- schen Erstversorgung nach Terroranschlägen geht. Wir befassen uns dabei insbesondere mit der Frage nach dem Dilemma der Einsatzkräften zwischen der Pflicht bzw. dem Wunsch zu helfen und der Eigensicherung der Einsatzkräfte. Erste Ergebnisse stammen aus Interviews mit medizinischen und psychosozialen HelferInnen nach dem Amoklauf in München. Barbara Juen: Prof. Dr., Klinische- und Gesundheitspsychologin; Universität Innsbruck, Institut für Psychologie; Forschungsschwer- punkt: Akuttraumatisierung - speziell Kinder und Jugendliche; Verantwortlich für den Aufbau von Kriseninterventionsteams im ÖRK.; Fachliche Leiterin der Psychosozialen Dienste des ÖRK; wissenschaftliche Beraterin des European Network for Psychosocial Support sowie des IFRC Reference Centre for Psychosocial Support; Arbeitsschwerpunkte: Klinische Psychologie, Entwicklungspsy- chologie, Psychotraumatologie, Trainerin im Bildungszentrum des Österreichischen Roten Kreuzes. Alexander Kreh: Mag.; Senior Lecturer am Institut für Psychologie, Universität Innsbruck, langjähriger Projektmitarbeiter der Ar- beitsgruppe Notfallpsychologie, Mitarbeiter der Ö3 Kummernummer. Michael Lindenthal: Mag.; Senior Lecturer am Institut für Psychologie, Universität Innsbruck, langjähriger Projektmitarbeiter der Arbeitsgruppe Notfallpsychologie, Mitarbeiter der Ö3Kummernummer, organisatorische Leitung Ö3 Kummernummer Tirol. Isa Julgalad Wunsch der Verhinderbarkeit. »Wie wäre das Ereignis zu verhindern gewesen?« »Was hätte ich anders machen müssen …?« Zivile Betroffene, Beobachter, Angehörige und Einsatzkräfte sehen sich angesichts eines traumatischen Ereignisses innerlich mit Angst, Bestürzung, Unfassbarkeitsempfinden und Gerechtigkeitsfragen konfrontiert. Innere Gedanken beginnen aufzutau- chen und zu kreisen. Wäre die Situation zu verhindern gewesen? Wer ist betroffen? Würde es der betroffenen Person besser gehen, wenn sie sich „besser“ oder „anders“ verhalten hätte? Würde ich in dieser Situation eine Reaktion zeigen können, mit der ich aus der Situation besser herauskomme? Ist diese furchtbare Situation frühzeitig erkennbar, verhütbar oder sind die gröbsten Folgen verhinderbar gewesen? Welche Ursachen erklären in meinen Augen das Ereignis? Die Opfer erleben Schuldgefühle, Verantwortungsempfinden oder Verhinderungsfantasien. Sie sind als Nachsorger das bedeu- tungsvolle Gegenüber, Ihr Schweigen, Ihre Antworten oder Ihre Fragen besitzen große Bedeutung. Warum geben sich Perso- nen für Ereignisse eine Mit-Schuld, obgleich sie unschuldig sind? Ein Wunsch nach Kontrollierbarkeit und eine konstruierbare Sicherheit für zukünftige Tage sind einige der Beweggründe. Die Bedürfnisse des Opfers und Bedürfnisse des Außenstehenden bezüglich einer Wahrheit zum Ereignis treffen aufeinander. Ihre Interessen das eigene Weltbild zu erhalten oder neu zu ordnen sind ambivalent und diffus. Opfer sind häufig mit Erklärungsversuchen zum Tatgeschehen und Ursachenthesen im Kontakt mit ihren Angehörigen, Beobachtern, Dritten oder auch Polizeibeamten konfrontiert. Innere Distanzierung und Abwertung von Opfern und unrealistische Lösungen treten in diesem Kontext auf. Die Nachsorge von Opfern und Einsatzhelfern bringt Sie in die Situation Schuld und Verantwortung gerade zu rücken oder Fra- gen nach Schuld und Verantwortung zu auszuweichen. Punkt 1- Wissen: Sehen Sie, was im Betroffenen innerlich abläuft. Punkt 2- Reflexion: Inwiefern erleichtert das Beantworten dieser Fragen eine echte Verarbeitung? Oder wird jene dadurch er- schwert? Isa Julgalad ist in der Primärbetreuung von Opfern von Straftaten aktiv. Opfer von Raub, Vergewaltigung und Körperverlet- zung werden von ihr betreut. Sie ist zusätzlich in die Akutinterventionsausbildung im Strafvollzug und in die Ausbildung von Polizeibeamten zusätzlich stark eingebunden. Im Strafvollzug des Landes Brandenburg bildet sie Ersthelfer für Akutinterven- tion und Nachbereitung aus. Erfahrene Ersthelfer werden fortgebildet und persönliche Erfahrungen über Verarbeitungsstrate- gien in der akuten Traumasituation, den Stunden darauf und den nachfolgenden Tagen reflektiert. Das Handeln und Wahrneh- men der Betroffenen in ihrer Vielschichtigkeit wird komplex betrachtet. Isa Julgalad: Diplompsychologin. Weißer Ring, Hochschule für Wirtschaft und Recht & Polizei: Lehrbeauftragte im gehobenen Poli- zeivollzugsdienst. Strafvollzug Land Brandenburg: Fortbildung für Ersthelfer, Führungskräfte, Mitarbeiter im Themenbereich Trauma und Resilienz. Terapon Consulting. S e i t e 12 von 20 Kriseninterventionstagung 2019
Harald Karutz Ethische Aspekte der Psychosozialen Notfallversorgung von Kindern und ihren Familien Aus zahlreichen Gründen stellt die Begleitung von Kindern und ihren Familien in Notfällen eine ganz besondere Herausforde- rung dar. Nicht zuletzt können Psychosoziale Akuthelfer mit ethischen Dilemmata konfrontiert werden, auf die in diesem Vor- trag ausführlich eingegangen werden soll: Soll Kindern z. B. immer die Wahrheit gesagt werden? Was „muss“ man sagen, was „darf“ man verschweigen; was kann Kindern zugemutet werden, und wovor werden sie besser geschützt? Wie gehen Psycho- soziale Akuthelfer damit um, wenn erwachsene Bezugspersonen sich ihren Kindern gegenüber nicht so verhalten, wie es aus fachlicher Sicht zu empfehlen wäre? Und: Sind „Show-Reanimationen“ eines Kindes, mit denen Eltern lediglich gezeigt werden soll, dass auch wirklich alles getan wurde, ethisch vertretbar, auch wenn von vornherein – z. B. durch das Feststellen sicherer Todeszeichen – feststeht, dass keine Aussicht auf Erfolg mehr gegeben ist? Solche und einige weitere, durchweg schwierige Fragestellungen werden anhand von Beispielen diskutiert. Harald Karutz: Prof. Dr., Diplom-Pädagoge und Notfallsanitäter. Er ist Professor für Notfall- und Rettungsmanagement an der MSH Medical School in Hamburg und leitet dort das Forschungsprojekt »Kind und Katastrophe« (KIKAT). Ein Forschungs- und Tätigkeits- schwerpunkt ist seit vielen Jahren die Psychosoziale Notfallversorgung von Kindern und Jugendlichen. Darüber hinaus engagiert Harald Karutz sich in zahlreichen Projekten zur beruflichen Bildung sowie zur Förderung der Gesundheit von Einsatzkräften. Tita Kern & Simon Finkeldei »Der Psychokiller stach vierzehn Mal zu«. Warum hat Papa das gemacht? – oder die berühmten kindgerechten Worte Forschungsbefunde weisen deutlich darauf hin, dass Traumatisierung durch Menschen im Vergleich zu Unfällen oder Naturka- tastrophen eine besondere Herausforderung für die Psyche darstellt. Noch schwieriger gestaltet sich die Verarbeitung für Kin- der, insbesondere dann, wenn eine nahestehende Bindungsperson für die Traumatisierung verantwortlich ist. In Ratgebern und auf Faltblättern findet sich oft der Hinweis: „für die Verarbeitung Ihres Kindes ist es nun besonders wichtig, dass Sie Fragen ehrlich und mit kindgerechten Worten beantworten“. Eine Aussage, die sachlich richtig, in der Praxis für viele Bezugspersonen jedoch wenig konkret oder handlungsleitend ist. Dieser Beitrag führt Schritt für Schritt in ein grundlegendes Erklärungsmodell ein, das unsere Erfahrungen der letzten 12 Jahre KinderKrisenIntervention nach Gewalt, Tötung und Suizid zusammenführt. Kindgerechte Worte, die über Krisenintervention hinaus Ausgangspunkt für gelingende Verarbeitung werden können. Tita Kern: Psychotraumatologin (MSc), Systemische Familientherapeutin (DGSF), Traumatherapeutin. Tätigkeit: Ausbildung zur Rettungssanitäterin, langjährig stellv. Leitung KIT-München (Krisenintervention im Rettungsdienst), Leitung KIT–Akademie und KIT- Nachsorge. Entwicklung des Konzeptes „Aufsuchende Psychosozial-Systemische Notfallversorgung (APSN)“. 2007-2011 fachliche Leitung des nach diesem Konzept arbeitenden Pilotprojektes „KIDS – Kinder nach belastenden Ereignissen stützen“ beim KIT des ASB München. Fachliche Leitung der KinderKrisenIntervention der AETAS Kinderstiftung. Lehraufträge mit dem Schwerpunkt Kri- senintervention und Psychotraumatologie des Kindesalters. Simon Finkeldei: Diplom Psychologe, Psycholog. Psychotherapeut (VT), Lehrtherapeut, Supervisor. Nach langjähriger Tätigkeit im Rettungsdienst, Psychologiestudium an der Julius Maximilians Universität Würzburg. Stationäre Arbeit in verschiedenen psychoso- matischen Kliniken, seit 2006 ambulant niedergelassen. Seit 1999 aktiv im Bereich PSNV-B & -E, 2007 Konzeptentwicklung und Mit- gründung des Pilotprojektes „KIDS – Kinder nach belastenden Ereignissen stützen“ (APSN), stlv. Vorstandsvorsitzender des Trauma Hilfe Zentrums München e.V. und stlv. fachlicher Leiter der KinderKrisenIntervention der AETAS Kinderstiftung. Lehraufträge mit dem Schwerpunkt Krisenintervention / Notfallpsychologie, Suizidprävention, Traumatherapie. Manfred Krampl Die eigene Ethik und Moral als Widerpart zur Professionalität in der Krisenintervention Die eigenen, persönlichen Wertevorstellungen konkurrieren in der Kriseninterventionsarbeit oft mit dem erlebten Verhalten bei Betroffenen. Bewertungen dieses Verhaltens sind in der Kriseninterventionsarbeit aber meist kontraproduktiv. Verlangt wird Neutralität und Offenheit. Wie ist diese Stufe der Professionalität erreichbar ohne die eigenen, persönlichen Wertevorstel- lungen aufzugeben oder in Frage zu stellen. Die Antwort auf diese Frage zu finden ist ein wesentlicher Aspekt für eine „ge- sunde“ Verarbeitung der Kriseninterventionseinsätze. Manfred Krampl: Mag. Dr., Polizeipsychologe in Pension, Klinischer und Gesundheitspsychologe; Stellvertretender Leiter des fachli- chen Hintergrunddienstes der Krisenintervention im Roten Kreuz Tirol und Trainer für KI und SvE im ÖRK. Marlene Kranebitter »Das könnt´ ich nie« - Was hält jemanden bei einer Tätigkeit, von der andere sagen, dass sie das nie schaffen würden? Was hält jemanden in einer Tätigkeit, von der viele andere sagen, "Das könnt` ich nie"? Wie schafft man es, auf die eigenen Grenzen und auf die Grenzen der anderen zu achten? Ein Erfahrungsbericht mit unvollständigen Hinweisen auf Licht- und Schattenseiten… Marlene Kranebitter Zingerle: Mag., Psychologin und Psychotherapeutin (Kognitive Verhaltenstherapie), Landesleiterin der Not- fallseelsorge Südtirol, Notfallpsychologin, Mitglied des Netzwerkes Suizidprävention in Südtirol, Direktorin der Landeshotelfach- schule Bruneck. Kriseninterventionstagung 2019 S e i t e 13 von 20
Dietmar Kratzer Suizidforen. Risiken und Chancen Suizidforen stellen für Jugendliche eine wesentliche Anlaufstelle dar. Untersuchungen belegen, dass diese Foren nicht nur ne- gative Effekte haben, sondern auch unterstützend sein können. Man differenziert zwischen hilfreichen Websites und Foren, die über das Thema Suizid informieren und weniger hilfreichen, die über Suizidmethoden berichten bzw. diese diskutieren. Eine Gefährlichkeit der Suizidforen kann nicht abschließend eingeschätzt werden, jedoch kann für einige Jugendliche besonders für jene mit einer psychischen Störung eine besondere Gefährdung gegeben sein. Suizidalität entsteht jedoch nicht durch die Fo- ren selbst, sondern muss schon vorab bestehen, um destruktive Wirkung zu entfalten. Das ethische Dilemma besteht darin, Suizidforen als einen niedrigschwelligen Weg der Erreichbarkeit der ansonsten schwer erreichbaren Jugendlichen zu nutzen, ohne deren potentielle Gefährlichkeit zu unterschätzen. Dietmar Kratzer: Mag., Klinischer- und Gesundheitspsychologe, Notfallpsychologe; Institut für Psychologie, Universität Innsbruck, Mitarbeiter der Arbeitsgruppe Notfallpsychologie; Trainer für Krisenintervention, Stressverarbeitung nach belastenden Einsätzen (SvE); fachlicher Leiter Ö3-Kummernummer beim ÖRK; fachliche Leitung KI/SvE ÖRK Landesverband Tirol, leitender Psychologe (FGG 7) im Landesrettungskommando Tirol. Georg Mathes Ethik und Achtsamkeit in der Krisenintervention Bei vielen Einsätzen im Krisenintervention Setting stellt sich die Frage: "Wie verhalte ich mich richtig?" und "Was soll ich tun?" "Was braucht der/die Klientin, was ich selbst?" Diese grundlegenden Fragen der Ethik ist Ausgangspunkt einer gelungenen In- tervention. Achtsames Wahrnehmen hilft die eigenen Bedürfnisse, von den Bedürfnissen der Betroffenen zu unterscheiden. Erst diese Einschätzung ermöglicht eine bedürfnisorientierte Betreuung der Betroffenen. Dadurch können wir die eigenen Be- lastungen erkennen und entsprechend darauf reagieren. Vor allem bei Situationen, die von fremden Kulturen, Religionen, Strukturen, … geprägt sind, ist ein wertungsfreies Wahrnehmen der Bedürfnisse oft der Schlüssel zum erfolgreichen Einsatz. Georg Mathes: Notfallsanitäter, Trainer für KI und SvE im ÖRK, BRD OÖ, Akademischer Experte in Stressmanagement und Krisenin- tervention (Donau Universität). Marion Menzel Krisenintervention im Kontext Familie und Geburt Seit nunmehr vielen Jahren beschäftigt sich der Kriseninterventionsdienst RUF24 der Stiftung Ambulantes Kinderhospiz Mün- chen mit Familien in psychischen Ausnahmesituationen. Hierzu zählen auch die Begleitung und Stabilisierung von werdenden Eltern bei schwerwiegenden Erkrankungen ihres ungeborenen Kindes oder eines Elternteils. Gleichzeitig stellt dies eine beson- dere Herausforderung dar, da dies per se bereits eine besondere und vulnerable Zeit für die werdende Familie darstellt. Im Ein- führungsvortrag soll deshalb anhand von verschiedenen Fallbeispielen die Besonderheiten der Krisenintervention dieser spezi- ellen Zielgruppe herausgearbeitet werden. Marion Menzel: Diplom-Psychologin, Fachgebiete: Notfallpsychologie, klinische Psychologie, Sozialpsychologie, medizinische Psy- chologie, pädiatrische Psychoonkologie, sowie Studium in pädiatrischer Palliativ Care. Leitende Psychologin und Bereichsleitung der Stiftung Ambulantes Kinderhospiz München. Diverse Lehraufträge im Kontext Krisenintervention, Kinderklinik und Kinderhospiz. Ehrenamt: Bundeskoordinatorin PSNV des DRK, aktives Mitglied und fachliche Leitung des PSNV-Teams München, BRK. Anne Katrin Müller Ethische Fragestellungen und Grundsätze in der polizeilichen PSNV-Arbeit „Potentiell kritische Einsatzereignisse“, insbesondere „Einsätze mit gravierender Folge“ sind wiederkehrend Ereignisse mit einer hohen Wirkkraft für Einsatz- aber auch Führungskräfte. Der Fürsorgeverantwortung des Dienstherrn Polizei kommt hier eine (ge-)wichtige Rolle und Aufgabe zu. Hier drängen sich für PSNV-Kräfte mitunter diverse ethische Dilemmata auf – der Vor- trag legt den Fokus auf einzelne Fallkonstellationen. Insbesondere im Einsatz schwer und tödlich verletzte Polizeibeamte und -beamtinnen beeindrucken in der Wirkung nahezu alle Kolleginnen und Kollegen und hallen in der Organisation nach. Jede/r einzelne fragt sich: Wie wäre das für mich ausgegangen? Wäre ich bereit, dafür (weiterhin) meinen Kopf zu riskieren? Welche Ableitungen ziehe ich für meine tägliche Arbeit, mein Engagement, meine Einsatzbereitschaft? Die Standards für PSNV polizeilicher Einsatzkräfte beinhalten hier konkrete Handlungsanweisungen, die deutlich über die „operativen PSNV- Maßnahmen“ hinausgehen. Weiterer Baustein zur Stärkung des Kohärenzgefühls für polizeiliche Einsatzkräfte sind die 2019 fertiggestellten „Praxisempfehlungen für Führungskräfte nach gravierenden Ereignissen“, die Einsatz- wie Führungskräften eine Richtschnur für Folgemaßnahmen bieten soll, um die Einsatzfolgen möglichst transparent und vergleichbar für Beteiligten und Betroffenen zu bearbeiten. Anne Katrin Müller: PsychOR’in, Dipl.-Psych.; Polizei-Psychologin im Zentralen Polizeipsychologischen Dienst der hessischen Polizei im Sachgebiet »Psychosoziale Unterstützung«. Arbeitsschwerpunkte: Beratung, Konzeptionen sowie Aus- und Fortbildung, Koordi- nation und Fachaufsicht im psychosozialen Netzwerk der hessischen Polizei. Einsatzpsychologin: operative Einsatz- und Fallunter- stützung, Einsatzberatung (Polizeiführung und Spezialeinheiten/-kräfte), psychosoziale Akutintervention nach potentiell kritischen Ereignissen. S e i t e 14 von 20 Kriseninterventionstagung 2019
Andreas Müller-Cyran »Ich glaube, es wäre gut, wenn Sie sich jetzt verabschieden« – die psychosoziale Akutbetreuung zwischen Manipulation und nondirektiver Beratung Vorläufiger Inhalt: Der akut psychisch traumatisierte Mensch ist nur eingeschränkt handlungs- und entscheidungsfähig. So irre- versibel, wie der Tod, so sind bestimmte Entscheidungen in der Akutbetreuung nicht beliebig aufschiebbar. Wir haben Ideen, was für den Betroffenen in der Akutbetreuung gut ist. Dazu gehört zum Beispiel das Abschiednehmen vom Verstorbenen. Wie- viel impliziten und expliziten Druck dürfen wir auf Betroffene zu ihrem vorgeblichen Wohl ausüben? Der Versuch einer Annähe- rung an ein auch in diesem Vortrag nicht letztgültig zu lösendes Problem, das zum ethischen Dilemma führen kann … Andreas Müller-Cyran: bildet seit über 20 Jahren Peers in der Polizei, (Berufs-)Feuerwehren, Rettungsdiensten und Bergrettung aus. Er hat selbst hauptamtlich als Rettungsassistent gearbeitet und Theologie und Psychologie studiert. Er arbeitet in der Katholischen Kirche, seine Arbeitsschwerpunkte liegen einerseits in dem Bereich der Psychosozialen Notfallversorgung für Betroffene (PSNV-B, z. B. KIT, Notfallseelsorge), andererseits im Arbeitsfeld der Psychosozialen Notfallversorgung für Einsatzkräfte (PSNV-E). Er ist im Vor- stand der SbE-Bundesvereinigung e.V. tätig. Petra Preimesberger Sekundäre Traumatisierung der Helfer: wie Brainspotting in der Supervision erfolgreich eingesetzt werden kann Kriseninterventionsmitarbeiter sitzen oft stundenlang bei Betroffenen und hören sich (immer wieder) belastende Erzählungen an, welche sich auch bei den Helfern im Traumagedächtnis in Form einer „sekundären Traumatisierung“ manifestieren können. Die Symptome gleichen jenen einer Posttraumatischen Belastungsstörung und können den Alltag erheblich beeinträchtigen. In der Supervision von Helfern hat sich bei psychischen (traumatischen) Belastungen die Methode des »Brainspottings« nach Da- vid Grand bewährt. Brainspotting ist eine Behandlungstechnik mit deren Hilfe emotionale und somatische Symptome nach emotionalen Verletzungen und traumatischen Erlebnissen verarbeitet werden können (Mag. M. Baumann). In meinem Vortrag möchte ich Ihnen diese (noch relativ »junge«) psychotherapeutische Methode vorstellen, welche sich ebenso effizient für die Behandlung akuter Belastungsreaktionen eignet. Petra Preimesberger: Mag., Klinische und Gesundheitspsychologin, Notfallpsychologin, Supervisorin, Leiterin Psychosoziale Betreu- ung ÖRK Landesverband Steiermark und FGG7b Landesrettungskommando ÖRK LV Steiermark. In eigener psychologischer Praxis tätig, spezialisiert auf die Behandlung (akut) traumatisierter Einsatzkräfte mittels EMDR und Brainspotting. Lehrbeauftragte im Roten Kreuz und Dozentin in der Gesundheits - und Krankenpflegeschule Leoben. Renate Renner Lawinenrisikoprävention noch bevor Krise entsteht. Risikovorsorgepraxis, Konfliktfelder und strukturelle Maßnahmen um Qualität und ethische Werte abzusichern Noch bevor Krise entsteht, leisten freiwillige Lawinenkommissionen wichtige Präventionsarbeit für unsere Gesellschaft. Die Risikovorsorgepraxis der Lawinenkommissionen ist von lokalen Bedingungen (Gefahrenzone, ökonomische Abhängigkeiten, finanzielle und personelle Ressourcen) und netzwerkinternen Faktoren (Kommunikations- und Konfliktkompetenz, Fachkom- petenz, Teamfähigkeit, etc.) beeinflusst. Anhand von Fallbeispielen werden Konflikte bzw. Dilemmata veranschaulicht, die aus diesen äußeren und inneren Bedingungen entstehen und korrektes ethisches Handeln oft schwermachen. Aus Sicht des regio- nalen Risiko-Governance-Konzepts ist es eine staatliche Aufgabe die Qualität und Kontinuität der freiwilligen Risikovorsorge zu sichern. Während der Einfluss lokaler Bedingungen nicht oder kaum veränderbar ist, können Kommunikations- und Entschei- dungsprozesse durch netzwerkinterne Kompetenzen verbessert werden. In aktuellen Projekten [1] entwickeln wir gemeinsam mit der ZAMG ein Ausbildungscurriculum für Lawinenkommissionen. Zudem diskutieren wir Maßnahmen, die in die Organisati- onsstruktur implementiert werden können, um die Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit der Kommissionen zu stärken und ethi- sche Werte abzusichern. [1] CROSSRISK: http://www.si-at.eu/de2/crossrisk/ und ALARM 2 (Transdisziplinäre Optimierung des Lawinenrisikomanagements) https://www.zamg.ac.at/cms/de/wetter/news/lawinenwarnungen-neues-forschungsprojekt-und-ausbildungskurs-fuer-kommissionen. Renate Renner: Soziologin und Mediatorin nach dem ZivMedG. Befasst sich als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Disaster Compe- tence Network Austria (DCNA) an der TU Graz u.a. mit der Entwicklung von Ausbildungscurricula für Einsatzkräfte im Katastrophen- management und der Katastrophenprävention. Wissenschaftliche Koordinatorin und Dozentin: Universitätslehrgang „Prozess- und Anlagensicherheit, Notfall- und Katastrophenmanagement“ an der Montanuniversität Leoben. Im Auftrag des Landes Steiermark als Ausbildnerin für Einsatzkräfte im Katastrophenschutz tätig. Befindet sich in laufender Ausbildung zur Analytischen Psychologin und Psychotherapeutin nach C.G. Jung. Elisabeth Schneider Ethische Herausforderungen im Rahmen organisationsinterner Unterstützungssysteme Organisationsinterne Betreuungssysteme, wie sie beispielsweise Peer-Modelle oder psychologische Fachabteilungen darstel- len, haben neben dem Vorteil der Feldkompetenz und der gleichen »organisationskulturellen Sprache« auch einige Herausfor- derungen zu bewältigen. Die spezifischen Vorteile und Besonderheiten solcher Systeme werden ebenso wie die Problemstel- lungen, die damit verbunden sein können, aus Sicht einer »internen Psychologin« reflektiert. Elisabeth Schneider: Mag., Klinische und Gesundheitspsychologin; Notfallpsychologin; Referatsleiterin im BMI mit Zuständigkeit Psychologische Fachausbildung, Notfall- und Traumapsychologie; Leitung des Peer Support in der österreichischen Bundespolizei. Kriseninterventionstagung 2019 S e i t e 15 von 20
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