QUALITÄT HEISST: VON VERBRANNTEM TOAST LERNEN
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Service & Support: Qualitätsmanagement 47
NEUE SAP-ORGANISATION: INTEGRATED QUALITY & SERVICES
QUALITÄT HEISST: VON
VERBRANNTEM TOAST LERNEN
Die SAP-Organisation Integrated Quality & Services legt das Prozess- und Qualitäts-Rahmenwerk für die
Produktentwicklung fest. Sie sieht sich dabei mit immer kürzeren Entwicklungszyklen und neuen Technolo-
gien konfrontiert. Das macht neue Ansätze in der Qualitätssicherung notwendig und soll in nicht allzu ferner
Zukunft per maschinellem Lernen und künstlicher Intelligenz in neue Dimensionen vorstoßen.
Das Gespräch führte Thomas Kircher, blaupause-Redaktion
„Qualität ist die günstigste Art, sein Geld Warum wurde die Organisation Inte In welchem Bereich ist die Organisa-
anzulegen“, hat die Essayistin Aba Assa for- grated Quality & Services gegründet? tion innerhalb der SAP SE angesiedelt?
muliert. SAP hat vergangenen Herbst durch
die Gründung der Organisation Integrated Qua- Qualität sehe ich als ganz wichtige „Innova- Wichtig für ein erfolgreiches Qualitätsmanage-
lity & Services in diese Qualität investiert. Über tionswaffe“ in der Software-Industrie. Um das ment ist, einerseits unabhängig von ande-
deren Aufgaben und Ziele hat Volker Kirch- entsprechend zu belegen und vor allem auch ren Bereichen zu sein, gleichzeitig aber auch
georg, Senior Vice President, Head of P&I In- bei SAP jeden Tag aufs Neue zu leben, haben einen direkten Zugang zum Vorstand zu ha-
tegrated Quality & Services bei der SAP SE, wir zum 1. September 2016 die Organisation ben. Wir als Organisation berichten an ein
mit der blaupause-Redaktion gesprochen. Integrated Quality & Services gegründet. Quality Management Board, das mit unseren
Vorständen Bernd Leukert, Michael Kleine-
meier und Luka Mucic besetzt ist. Wir geben
den Rahmen für die Qualitätskontrolle und
Konformitäts-Themen (Compliance) vor. Die
direkte Verantwortung, Produkte und Servi-
ces in hoher Qualität herzustellen, liegt in den
jeweiligen Geschäftsbereichen beziehungs-
weise bei den Produktmanagern. Wir unter-
stützen sie jedoch dabei, alles professionell
und reibungslos umzusetzen.
Auf welche Weise messen Sie Qualität?
Wir erheben das Qualitätsempfinden unserer
Kunden durch Befragungen, um die Zufrie-
denheit und damit die Softwarequalität zu
messen und zu testen. Dafür haben wir mit
der sogenannten Quality Perception eigene
Leistungskennzahlen entwickelt. Wenn wir
sehen, dass Produkte tatsächlich signifikan-
te Qualitätsschwächen haben, heben wir als
Organisation natürlich die Hand. Aber unser
eigentliches Ziel ist es, dass es gar nicht erst
zu diesen Schwächen kommt.
Was hat sich in dem Bereich geändert?
Die Anforderungen an eine IT-Land-
schaft haben sich deutlich gewandelt.
Dementsprechend muss sich auch
SAP transformieren, z. B. wenn es g
DSAG blaupause 02-17
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nelle Software-Entwicklung steht unter dem nische Anforderungen übersetzt. Dann suche
Motto: „You built it, you test it, you run it.“ Die ich mir einen User aus, mit dem ich das Ganze
Aufgabe dabei ist es sicherzustellen, dass per Test-Case ausarbeite. Früher wurden da
Software und Services immer und durchgän- mehrere Mitarbeiter hingesetzt, die dann den
gig mit höchster Qualität konsumiert werden Einkäufer, Buchhalter etc. simuliert und ge-
können. Das gilt natürlich auch für Cloud- testet haben, ob die Software auch das kann,
Lösungen. Hierbei ist das „you run it“ eine was sie verspricht. Das ist die Fachexpertise,
wichtige Feedback-Schleife. die wir von unseren Mitarbeitern als Tester
oder Validierer bei Integrated Quality & Ser-
Wie kann man sich das vorstellen? vices fordern. Durch das gestiegene Entwick-
lungstempo können diese Testszenarien teil-
Aktuell haben wir einen proaktiven Ansatz, weise allerdings gar nicht mehr alle abge-
den wir „Built-in-Quality“ nennen. Das heißt arbeitet werden. Daher sehe ich maschinel-
im übertragenen Sinn: Wir legen keinen Toast les Lernen und Komponenten der künstli-
mehr in den Toaster, holen einen verbrannten chen Intelligenz in Zukunft als wichtige Unter-
g Volker Kirchgeorg, Senior Vice President, heraus und kratzen ihn sauber. Vielmehr fan- stützung, um die Variantenvielfalt von mög-
Head of P&I Integrated Quality & Services gen wir mit der Fehleranalyse vorne im Pro- lichen Nutzerszenarien und das Zusammen-
bei der SAP SE zess an und fragen uns, was wir falsch ge- spiel von Komponenten und Modulen ange-
macht haben, dass der Toast überhaupt ver- messen testen zu können.
brannt ist. Wir integrieren die Validierung in
um Entwicklungszyklen geht oder die Art und die Entwicklung mittels automatisierter Tools In welche Richtung soll sich das Quali-
Weise, wie Software ausgeliefert und konsu- und dokumentierter, akribisch umgesetzter tätsmanagement bei SAP entwickeln?
miert wird. Früher haben wir einen reaktiven Prozesse für eine höhere Qualitäts- und Pro-
Ansatz gepflegt, in dem wir gemäß dem Was- zesssicherheit. Das bedeutet auch, dass un- Meine Vision ist es, dass der Entwickler z. B.
serfall-Modell (siehe Kasten Seite 49) getes- sere Entwickler sich buchstäblich neben die mit Open-Source-Werkzeugen arbeitet und im
tet und analysiert haben. Im Rahmen unserer Anwender an deren Arbeitsplatz setzen und Hintergrund eine Routine läuft, die automa-
Customer-Care- und Beta-Programme (frü- mit ihnen unter anderem über Use-Cases und tisch per Meldung auf Konsequenzen in der
her Ramp-up) geschah das auch unter Einbe- deren Umsetzbarkeit diskutieren. Nutzung hinweist. Dafür braucht es jedoch
ziehung von Kunden. Es gab etablierte Pro- Machine-Learning-Komponenten, die über
zesse, die abgearbeitet wurden, bevor eine Wie ist der Qualitätsprozess aufgebaut? lernende Algorithmen entsprechende Früh-
Release-Entscheidung fiel. warnsysteme erstellen. Da sind wir heute
Es sind immer drei Schritte: die funktionalen noch nicht, aber diesen Weg werden wir kon-
Lässt sich das konkretisieren? Anforderungen werden erhoben und in tech- sequent weiterverfolgen.
Die Entwicklungszyklen werden immer kür-
zer. Früher hatten wir neun Monate oder noch
mehr. Aktuell sind wir im Quartalstakt. Da
bleibt keine Zeit mehr, eine Störung zurück an
die Entwicklung zu geben, die dann 500 An-
fragen mit höchster Priorität abarbeiten muss.
Das ist nicht mehr zeitgemäß. Entsprechend
fördern wir zum einen das sogenannte Dev
Ops-Modell, also die Zusammenarbeit zwi-
schen der Entwicklung (Development) und dem
IT-Betrieb (IT-Operations). Zum anderen sehe
ich aber auch viele Muster im Six-Sigma-An-
satz (siehe Kasten Seite 49), den wir in der
Software-Entwicklung anwenden können.
Wie erfolgt die Qualitätssicherung?
Früher waren Entwicklung, Betrieb und Infra-
struktur wesentlich stärker getrennt. Heute
arbeiten wir in Geschäftsbereichen (Lines of
Business). Das heißt, Entwicklung, Betrieb,
Technology Office und Quality arbeiten team-
orientiert mit gemeinsamen Zielen, um sich
kontinuierlich zu verbessern. Die professio-
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GLOSSAR
Six Sigma ist ein Managementsystem zur Prozessverbesserung, statistisches Qualitäts-
ziel und zugleich eine Methode des Qualitätsmanagements. Dabei werden Geschäfts-
vorgänge mit statistischen Mitteln beschrieben, gemessen, analysiert, verbessert und
überwacht. (Quelle: Wikipedia)
DevOps beschreibt einen Ansatz zur Prozessverbesserung aus den Bereichen der
Software-Entwicklung und Systemadministration. Der Begriff setzt sich zusammen
aus Development (Dev) und IT-Operations (Ops). Damit sollen die Qualität der Software,
die Geschwindigkeit der Entwicklung und der Auslieferung sowie das Miteinander der
beteiligten Teams verbessert werden. (Quelle: Wikipedia)
Im Wasserfallmodell hat jede Phase vordefinierte Start- und Endpunkte mit eindeutig
definierten Ergebnissen. Am jeweiligen Phasenende werden die Ergebnisdokumente
verabschiedet. Zu den wichtigsten Dokumenten zählen dabei das Lastenheft und das
Pflichtenheft. (Quelle: Wikipedia)
Gilt es in Bezug auf die Qualität even- Der DSAG-Vorstandsvorsitzende Marco
tuell einen Spagat zu meistern zwischen Lenck fordert mehr Prozessqualität in Form
Kunden- und SAP-Interessen? von fehlerfrei gelieferten Lösungen. Hat SAP
eventuell ein Qualitätsproblem?
Ich glaube, dass die Kundenorientierung der
SAP in der Software-Industrie ihresgleichen Das sehe ich nicht so. Wir stellen uns als SAP
sucht. Wir haben uns, auch wenn es nicht im- der Verantwortung, noch stärker in die Kern-
mer kommerziell sinnvoll war, oftmals stark prozesse hineinzugehen und kontinuierlich an
nach den Bedarfen unserer Kunden ausge- Verbesserungen zu arbeiten – mit der Ambi-
richtet. Ich glaube aber, dass die Kunden das tion, tatsächlich entsprechend des Six-Sigma-
heute gar nicht von uns erwarten, sondern Systems die angestrebte Qualitätsstufe abzu-
dass sie eher Best-Practice-Lösungen ha- liefern – auch wenn es erstmal „nur“ vier Neu-
ben wollen, oftmals auch einen „Mittelweg“. nen sind (99,99 %). Allerdings erwarten wir,
Daher sehen wir keinen Spagat, sondern eine dass es für ein Unternehmen der Software-
konstruktive Spannung. Wir setzen uns mit Industrie länger dauert als fünf Jahre, um eine
unseren Kunden zusammen, diskutieren und Six-Sigma-Qualität vollends zu erreichen. Da-
profitieren von beiden Sichtweisen und dem für gehen wir in die Architektur, in die Pro-
jeweiligen Know-how. Dabei geht es nicht zesse und arbeiten kontinuierlich an der Qua-
darum, exakt auf eine Anforderung hin zu lität. Wir werden aber auch weiterhin den kon-
programmieren, sondern darum, gemeinsam struktiven Austausch mit der DSAG und an-
an einer Lösung zu arbeiten. Unser Erfolg deren Anwendergruppen suchen und mitei-
hängt davon ab, wie loyal und begeistert un- nander diskutieren, wie wir unsere Produkte
sere Kunden von den SAP-Lösungen sind. und Prozesse weiter verbessern können. Dann
werden wir mit Sicherheit Six Sigma auch in
Welche Rolle spielen die DSAG-Mitglie- der Software-Industrie erreichen.
der bei Ihrem Streben nach Qualität?
Herr Kirchgeorg, herzlichen Dank für
Externe Sichtweisen sind für uns extrem wert- das sehr informative Gespräch.
voll. An der Zusammenarbeit mit der DSAG
gefällt uns besonders, dass von dieser Seite
z. B. Industriespezifika angefordert und wir INTEGRATED QUALITY & SERVICES
auf Nachholbedarf hingewiesen werden. Das
empfinden wir nicht als unangenehm. Im Für weitere Informationen,
Gegenteil. Ich möchte ausdrücklich betonen,
Anregungen und zum Erfahrungs
dass wir das Feedback und die konstruktive
Auseinandersetzung sehr begrüßen. Nur so
austausch kann die folgende E-Mail
können wir Produkte mit hohem Kunden- genutzt werden: iqs@sap.com
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nutzen entwickeln und liefern.
DSAG blaupause 02-17 DSAG blaupause 02-17
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