Quartiersentwicklungsatlas Baden-Württemberg - Kurzbericht der Begleitforschung zur Landesstrategie "Quartier 2020 - Gemeinsam.Gestalten." 2018 ...

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Quartiersentwicklungsatlas Baden-Württemberg - Kurzbericht der Begleitforschung zur Landesstrategie "Quartier 2020 - Gemeinsam.Gestalten." 2018 ...
Quartiersentwicklungsatlas
    Baden-Württemberg

 Kurzbericht der Begleitforschung zur Landesstrategie
„Quartier 2020 – Gemeinsam.Gestalten.“ (2018 – 2020)
Quartiersentwicklungsatlas Baden-Württemberg - Kurzbericht der Begleitforschung zur Landesstrategie "Quartier 2020 - Gemeinsam.Gestalten." 2018 ...
QUARTIERSENTWICKLUNGSATLAS BADEN-WÜRTTEMBERG – KURZBERICHT

   WWW.QUARTIER2030-BW.DE
INHALT
VORWORT                                                             5

1 EINLEITUNG                                                        6

2 WAS IST EIN QUARTIER?                                             6

3 DIE LANDESSTRATEGIE „QUARTIER 2030 – GEMEINSAM.GESTALTEN.“        7

4 VORGEHENSWEISE DER BEGLEITFORSCHUNG		                             8

5 DER BLICK INS LAND: ERKENNTNISSE ÜBER DIE QUARTIERSENTWICKLUNG    9
  5.1 WAS FUNKTIONIERT?                                             9
  5.2 WAS FUNKTIONIERT WO?                                         11
  5.3 EXKURS ZUR ROLLE DER LANDKREISE                              15

6 HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN: DIE 10 GEBOTE DER QUARTIERSENTWICKLUNG    16

7 RESÜMEE UND AUSBLICK AUF ZUKUNFTSTHEMEN                          17

IMPRESSUM                                                          18

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QUARTIERSENTWICKLUNGSATLAS BADEN-WÜRTTEMBERG – KURZBERICHT
VORWORT
Liebe Leserinnen und Leser,

im Sommer 2020 hatte ich die Freude, die Landesstrategie „Quartier 2020 –
Gemeinsam.Gestalten.“ zukunftsweisend in „Quartier 2030 – Gemeinsam.Gestalten.“
umbenennen zu dürfen. Diese Namensänderung verdeutlicht nicht nur unseren Ein-
satz für das Thema der Quartiersentwicklung, sondern bringt auch die stetige Weiterentwicklung
dieser Landesstrategie zum Ausdruck.

Mit dieser Publikation liegen uns nun auch die Ergebnisse unserer Begleitforschung zur Landesstrategie
„Quartier 2020 – Gemeinsam.Gestalten.“ vor. Der Quartiersentwicklungsatlas ist das Produkt aus
zwei Jahren Forschung zu und mit den Kommunen in Baden-Württemberg. Den Städten, Gemeinden
und Landkreisen unseres Landes sowie den dort lebenden Menschen und Akteuren gilt mein beson-
derer Dank für ihre Bereitschaft, Auskünfte zu geben und damit zur Weiterentwicklung der Quartiers-
strategie beizutragen. Der Städtetag, der Gemeindetag und der Landkreistag waren zudem wichtige
Partner bei der Entwicklung und Bekanntmachung der Studie – auch dafür mein herzliches Danke-
schön.

Wie verbreitet sind Ansätze der Quartiersentwicklung im Land? Worauf kommt es an, wenn Kommu-
nen sich auf den Weg der Quartiersentwicklung machen? Welche Rolle spielt unsere Quartiersstrategie
für die Quartiersentwicklung im Land?

Herr Professor Dr. Gründer vom Lehrstuhl für Soziale Arbeit der Dualen Hochschule Baden-
Württemberg in Heidenheim und seine Forschungsgruppe haben zu diesen Fragen die Quartiersent-
wicklung in Baden-Württemberg kartiert, Kommunen befragt und vertiefende Interviews geführt. Das
Ergebnis ist der Quartiersentwicklungsatlas, der nicht nur wissenschaftliche Befunde widerspiegelt,
sondern auch konkrete Handlungsempfehlungen für Kommunen bereithält. Zusätzlich zur vollständi-
gen Fassung erscheint dieser Kurzbericht, der die zentralen Ergebnisse darstellt und im Lichte der
Landesstrategie „Quartier 2030 – Gemeinsam.Gestalten.“ einordnet.

Die Quartiersstrategie ist ein fortlaufender Prozess, in den stetig neue Erkenntnisse aus der Wissenschaft
einfließen – ein wichtiger erster Teil ist der hier vorliegende Bericht. Nun wünsche ich Ihnen viel Spaß
beim Lesen und beim Diskutieren der Ergebnisse.

Ihr Manne Lucha
Minister für Soziales und Integration
Baden-Württemberg

                                                                                                             5
QUARTIERSENTWICKLUNGSATLAS BADEN-WÜRTTEMBERG – KURZBERICHT

    1 EINLEITUNG
    Die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung lokaler                     •	Welche typischen Erfahrungen machen Fachkräfte so-
    Nachbarschaften und Quartiere mit hoher Lebensquali-                        wie Einwohner und Einwohnerinnen in Quartiersent-
    tät sowie mit Partizipationsmöglichkeiten für Menschen                      wicklungsprojekten und welche Zukunftsthemen
    aller Generationen, Herkünfte und Lebenslagen stand im                      der Quartiersentwicklung werden in unterschied-
    Zentrum der Landesstrategie „Quartier 2020 – Gemein-                        lichen Städten und Gemeinden gesehen?
    sam.Gestalten.“. Professor Dr. René Gründer von der
    Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) in                            Das Ziel der wissenschaftlichen Begleitung der Landes-
    Heidenheim übernahm die wissenschaftliche Begleitung                     strategie ist es, einen Beitrag zur Weiterentwicklung der
    dieses Vorhabens für einen Forschungszeitraum von über                   Quartiersentwicklung im Land Baden-Württemberg zu
    zwei Jahren. Der vorliegende Kurzbericht stellt eine                     leisten. Hiervon sollen nicht nur die Landkreise, Städte
    Zusammenfassung der Kernergebnisse des Abschluss-                        und Gemeinden profitieren können, sondern auch die
    berichtes der Begleitforschung dar.                                      Menschen in den Quartieren vor Ort.

    Folgende Fragestellungen standen im Zentrum der For-                     Hierfür wird im folgenden Kurzbericht zu Beginn der
    schung:                                                                  Begriff des Quartiers beschrieben, um dann in Kapitel
    •	Wie verbreitet sind Quartiersentwicklungsansätze?                     3 die Landesstrategie „Quartier 2020 – Gemeinsam.
       Wie unterscheiden sich Kommunen im Hinblick                           Gestalten.“ vorzustellen. Daran anschließend folgt die
       auf Vorverständnisse, Schwerpunkte, Zielstellun-                      Vorstellung der Vorgehensweise der Begleitforschung.
       gen, Netzwerkstrukturen und Umsetzungsformen                          Kapitel 5 und 6 beschreiben die gewonnenen Erkenntnis-
       von Quartiersentwicklungsprojekten?                                   se über die Quartiersentwicklung im Land Baden-Würt-
    •	Welche Risikofaktoren und Gelingensbedingungen                        temberg und geben Handlungsempfehlungen für die
       quartiersbezogener Entwicklungsstrategien können                      Umsetzung von Quartiersentwicklung in den Kommu-
       identifiziert werden?                                                 nen. Abschließend wird ein kurzes Resümee gezogen
                                                                             und ein Ausblick auf die Zukunftsthemen der Quartier-
                                                                             sentwicklung gegeben.

    2 WAS IST EIN QUARTIER?
    Um sich den oben benannten Fragestellungen zu nähern                     dendem Maße von den individuell zur Verfügung stehen-
    ist es wichtig zu definieren, was unter einem Quartier ver-              den baulichen, sozialen, politischen, historischen oder
    standen wird. Eine einheitliche Definition des Begriffs                  ökonomischen Bedingungen vor Ort ab.
    existiert in der wissenschaftlichen Forschung nicht,
    sodass die Ansichten über „das Quartier“ oftmals vari-                   Da sich Quartiere durch die Zuschreibungen von Men-
    ieren.                                                                   schen vor Ort und durch sich stetig ändernde örtliche
                                                                             Gegebenheiten beständig neu formieren, kann ein Quar-
    Beispielsweise wird in einigen Definitionen das Quartier                 tier nicht anhand einer festgelegten Einwohnerzahl defi-
    als eine räumlich überschaubare Wohnumgebung oder                        niert werden. Die Großsiedlung mit 20.000 Einwohnern
    ein Wohnviertel bezeichnet. In anderen wiederum                          und Einwohnerinnen kann ebenso ein Quartier darstel-
    wird von einem Quartier als eine sozialräumlich spezifi-                 len wie die Kleinbauernsiedlung mit 150 Einwohnern
    sche Struktur, die durch das Zusammenwirken von ein-                     und Einwohnerinnen. Häufig spielen jedoch regionale
    zelnen Menschen entsteht, gesprochen. Quartiere kön-                     Orts- und Siedlungsgrenzen oder Einwohnerdichte und
    nen somit durch die darin lebenden Bewohnerinnen und                     -struktur in der Abgrenzung zwischen den einzelnen
    Bewohner sowie deren Wertesysteme, Vernetzungen und                      Quartieren eine wichtige Rolle.
    Lebenslagen entstehen. Dies hängt jedoch in entschei-

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KURZBERICHT – QUARTIERSENTWICKLUNGSATLAS BADEN-WÜRTTEMBERG

Aber auch das soziale Miteinander, die Möglichkeiten
der nachbarschaftlichen Beteiligung und Unterstützung           Die Landesstrategie „Quartier 2030 – Gemeinsam.
oder auch das Wir-Gefühl prägen den Rahmen eines                Gestalten.“ des Ministeriums für Soziales und In-
Quartiers. Zur Identifikation mit einem Quartier muss           tegration Baden-Württemberg unterstützt Städte,
dies für die im Quartier lebende Bevölkerung einen              Gemeinden, Landkreise und zivilgesellschaftliche
überschaubaren und alltäglichen Lebensraum darstellen.          Akteure bei der alters- und generationengerechten
Dementsprechend orientieren sich Quartiere oft an be-           Quartiersentwicklung. Ziel ist es, lebendige Quartie-
stimmten Stadtvierteln oder Wohnsiedlungen. Die Quar-           re zu gestalten – also Nachbarschaften, Stadtteile
tiersabgrenzung orientiert sich demnach an entsprechen-         oder Dörfer, in denen Menschen sich einbringen,
den „Grenzziehungen“ sowie an der Alltagswelt, dem              Verantwortung übernehmen und sich gegenseitig
Lebens- und Handlungsraum der im Quartier lebenden              unterstützen. Mit anderen Worten ist das bewusste
Bevölkerung und Institutionen.                                  Engagement der Einwohnerinnen und Einwohner
                                                                eine notwendige Bedingung für ein Quartier.
Für den Gegenstandsbereich der Begleitforschung wurde
der Quartiersentwicklungsbegriff im Anschluss an die
Landesstrategie entsprechend offen formuliert:

3 DIE LANDESSTRATEGIE
„QUARTIER 2030 – GEMEINSAM.GESTALTEN.“
Die Strategie „Quartier 2030 – Gemeinsam.Gestalten.“         betrifft ebenso Behinderung, (ethnische) Herkunft, Ge-
möchte den gesellschaftlichen Zusammenhalt sowie die         schlecht, Religion und sexuelle Identität. Darüber gilt es,
Generationengerechtigkeit stärken – das beginnt vor Ort      ältere Menschen nicht unabhängig von anderen Alters-
mit den Menschen, den Quartieren, den Kommunen.              gruppen zu betrachten. Das Anliegen der Landesstrategie
                                                             ist es, das Miteinander der Generationen zu stärken. Zu-
Die Einwohnerinnen und Einwohner möchten gemeinsam           dem ist ein reiches Sozialleben ein Stützpfeiler unseres
mit ihrer Kommune aktiv an diesem Prozess mitarbeiten:       gesellschaftlichen Zusammenhalts. Nicht zuletzt vertritt
Wie gestalten wir ein Quartier, in dem wir ohne Barrieren    die Quartiersstrategie eine Lebensverlaufsperspektive:
wohnen und uns bewegen können und wo wir Unterstüt-          Über das ganze Leben hinweg werden die Weichen ge-
zung finden, wenn wir Hilfe oder Pflege brauchen? Wie        stellt, die zu einem guten Alter(n) beitragen. So ist es nur
schaffen wir Begegnungsorte für alle Generationen und        folgerichtig, dass mit Blick auf ein gutes Alter(n) der
ein wertschätzendes, von bürgerschaftlichem Engagement       Hebel der Quartiersentwicklung in allen Lebensphasen
getragenes Umfeld? So unterschiedlich wie die Kommu-         angesetzt wird.
nen in Baden-Württemberg, so vielfältig sind auch die
Quartiersansätze. Jede Kommune muss gemeinsam mit            DIE LANDESSTRATEGIE ALS TRIEBFEDER ZUR QUARTIER-
ihren Einwohnerinnen und Einwohnern die passenden            SENTWICKLUNG IN BADEN-WÜRTTEMBERG
Lösungen und Antworten auf diese Fragen finden.              Die Begleitforschung interessierte sich unter anderem für
                                                             die konkreten Erfahrungen der Kommunen mit der Lan-
Die Landesstrategie „Quartier 2030 – Gemeinsam.Gestal-       desstrategie „Quartier 2020 – Gemeinsam.Gestalten.“.
ten.“ stellt die Alters- und Generationengerechtigkeit ins
Zentrum. Dem liegt ein differenzierter Blick auf das Alter   So bestätigten Bürgermeister und Bürgermeisterinnen
zugrunde: So ist die Lebensphase Alter sehr divers und       aus Kommunen, die eine finanzielle Förderung im Rah-
Maßnahmen sollten dieser Vielfalt Rechnung tragen. Das       men der Quartiersstrategie erhielten, dass ohne diese
gilt nicht nur den unterschiedlichen Kompetenz-, Res-        Förderung eine Vielzahl an Projekten nicht realisiert wor-
sourcen- und Interessenausprägungen im Alter, sondern        den wäre. Mehrfach wurde auf den großen Einfluss der

                                                                                                                            7
QUARTIERSENTWICKLUNGSATLAS BADEN-WÜRTTEMBERG – KURZBERICHT

    Förderung verwiesen, die Thematik Quartiersentwick-                      Weiterhin bestand für die Kommunen der Vorteil, sich
    lung in der eigenen Kommune überhaupt anzugehen.                         über Angebote der Landesstrategie inhaltlich beraten las-
    Die Landesstrategie konnte damit für viele Städte und                    sen zu können. Über die inhaltliche Begleitung hinaus
    Gemeinden eine Initialzündung für die Quartiersent-                      schätzen die geförderten Kommunen auch die Möglich-
    wicklung vor Ort darstellen.                                             keit, von Netzwerken und Strukturen innerhalb der
                                                                             Landesstrategie Gebrauch machen zu können. Vernet-
    Neben Groß- und Mittelstädten erreichten insbesondere                    zungstreffen und (Regional-)Konferenzen seien nach An-
    demografisch stark herausgeforderte Gemeinden eine                       sicht der Kommunen die idealen Plattformen, um sich
    hohe Förderquote in den Förderprogrammen der Quar-                       auszutauschen und gegenseitig voneinander zu lernen.
    tiersstrategie. Dies spricht für eine passgenaue Unterstüt-
    zung und Beratung im Förderprozess, die auch kleinere                    Die Förderung der Zusammenarbeit zwischen der Kom-
    Gemeinden dazu ermutigen kann, sich um eine Förde-                       mune und den Menschen vor Ort konnte nicht nur in
    rung durch die Landesstrategie zu bemühen. Denn nach                     groß- und mittelstädtische Kommunen mit langjähriger
    Rückmeldung der befragten Kommunen sind die durch-                       Quartierserfahrung angeregt werden. Durch die in der
    geführten Quartiersprojekte überwiegend zur Zufrieden-                   Quartiersstrategie verankerte Beteiligung konnte vieler-
    heit der verantwortlichen Akteure verlaufen. Auch im                     orts ein Impuls für den lebendigen Austausch zwischen
    ländlichen Raum, in kleinstädtischen und dörflichen                      Verwaltung und den Einwohnerinnen und Einwohnern
    Regionen, die vor großen demografischen Herausforde-                     gesetzt werden. In den Rückmeldungen auf die Begleit-
    rungen stehen, konnten Quartiersansätze gefördert wer-                   forschung wurde ein gesteigertes Gemeinschaftsgefühl
    den. Hier sei auf die besondere Rolle der Landkreise ver-                und Verantwortlichkeitserfahrungen im Quartier her-
    wiesen: Sie nehmen in diesem Setting zunehmend eine                      vorgehoben. Dies spricht für einen Erfolg der Landes-
    Rolle als Vernetzer und Vermittler fachlicher Kompe-                     strategie, bei der Unterstützung von Kommunen Quar-
    tenzen für den ländlichen Raum wahr.                                     tiersentwicklung erfolgreich umzusetzen.

    4 VORGEHENSWEISE DER BEGLEITFORSCHUNG
    Die Begleitforschung der DHBW Heidenheim zur Lan-                        QUANTITATIVE BEFRAGUNG
    desstrategie „Quartier 2020 – Gemeinsam.Gestalten.“ un-                  Das Ziel der breit angelegten Onlinebefragung im Herbst
    terteilte sich in drei Erhebungsphasen bei der sowohl auf                2018 war es, sich dem Feld möglichst offen zu nähern. 76
    quantitative als auch qualitative Sozialforschungsverfah-                Städte und Gemeinden beteiligten sich und wurden un-
    ren zurückgegriffen wurde.                                               ter anderem zu kommunalpolitischen Themen und Her-
                                                                             ausforderungen befragt. Außerdem wurde die Bekannt-
    Die Datenauswertung und Forschungsvorhaben waren                         heit sozialräumlicher Konzepte abgefragt sowie die
    hierbei in verschiedene Ebenen gegliedert. Zu Beginn                     Voraussetzungen für Quartiersprojekte. Weitere Frage-
    sollte ein allgemeiner Überblick über Erfahrungen, Struk-                stellungen waren beispielsweise: Welche Akteurskonstel-
    turen, Ansätze und Zielvorstellungen von Quartiersent-                   lationen wirken an den Projekten mit? Welche Finanzie-
    wicklung innerhalb der verschiedenen Gemeindetypen                       rungsmodelle bestehen? Wie werden die Bürger und
    gewonnen werden. Darauf aufbauend wurde zusätzlich                       Bürgerinnen einbezogen? Welche Ziele sollen mit Quar-
    zu diesem allgemeinen Blick auf spezifische Erfahrungen                  tiersprojekten erreicht werden?
    der Verwaltung fokussiert, um im Anschluss durch Men-
    schen und Fachkräfte vor Ort erweitert zu werden. Bei                    TELEFONISCHE EXPERTENINTERVIEWS
    diesem „Hinein-Zoomen“ wurden die Daten aus allen                        Darauf aufbauend startete die qualitative Erhebungspha-
    drei Modulen zueinander in Bezug gesetzt und ausgewer-                   se mit 39 per Zufallswahl kontaktierten Kommunen für
    tet.                                                                     telefonische Experteninterviews mit Bürgermeistern und
                                                                             Bürgermeisterinnen. Die Interviews gingen detaillierter

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KURZBERICHT – QUARTIERSENTWICKLUNGSATLAS BADEN-WÜRTTEMBERG

auf einzelne Kommunen und ihre (Umsetzungs-)Erfah-                                                                      FOKUSGRUPPEN UND SCHRIFTLICHE ONLINEBEFRAGUNG
rungen mit Quartiersentwicklung ein. Nach der beschrei-                                                                 Im dritten Teil der Begleitforschung wurde in konkre-
benden Herangehensweise und der Suche nach Zusam-                                                                       ten Quartiersentwicklungsprojekten erhoben, welche
menhängen im quantitativen Teil der Datenerhebung,                                                                      Erfahrungen Fachkräfte und engagierte Menschen vor
stand mit dieser qualitativen Erhebung das Erklären                                                                     Ort gesammelt haben. Dies wurde sowohl durch Fokus-
und Verstehen im Zentrum des Interesses. Hierbei wur-                                                                   gruppen-Interviews als auch durch eine schriftliche On-
de erhoben, was die Befragten mit „Quartiersentwick-                                                                    linebefragung ermöglicht, bei der 72 Fachkräfte und
lung“ verbinden und welche Erfahrungen sie bereits mit                                                                  engagierte Einwohner und Einwohnerinnen erreicht
Quartiersprojekten gesammelt hatten. Auf diese Weise                                                                    werden konnten.
sollten spezifische Grund- und Problemlagen vor und
während der Durchführung von Quartiersentwicklung
erfasst werden.

5 DER BLICK INS LAND:
ERKENNTNISSE ÜBER DIE QUARTIERSENTWICKLUNG
Zentral für ein Verständnis von Quartieren in den Städ-                                                                 Gefühl des Zusammenwachsens oder der Aufbau von
ten und Gemeinden sind die spezifischen Erfahrungen                                                                     Nachbarschaftsnetzwerken.
mit und bei der Umsetzung von Quartiersentwicklung.
Dabei geht es unter anderem darum, herauszustellen,                                                                     Quartiersprojekte wurden in den befragten Städten und
was im Verlauf des Quartiersentwicklungsprozesses ge-                                                                   Gemeinden mit über 80% durch die Kommunalverwal-
schieht und wie dies aus verschiedenen Perspektiven                                                                     tung initiiert. Dies lässt sich unter anderem durch den
wahrgenommen wird. Die Motivation der befragten                                                                         Begriff des Quartiers erklären, der von den Befragten
Kommunen zur Umsetzung von Quartiersentwicklung                                                                         eher städtisch wahrgenommen wird und daher weniger
folgt unterschiedlichen Zwecken.                                                                                        anschlussfähig für kleinere Gemeinden und Dörfer ist.
                                                                                                                        Kleinere Gemeinden, die mit diesem Begriff nicht so ver-
Einige Erfahrungen werden jedoch von allen befragten                                                                    traut sind, sehen daher oft keinen Anlass für einen
Kommunen geteilt: So biete Quartiersentwicklung die                                                                     Förderantrag.
Möglichkeit, einen positiven Austausch auf Augenhöhe
zwischen Politik, Verwaltung und den Menschen vor Ort                                                                   5.1 WAS FUNKTIONIERT?
zu initiieren. Damit könnten Fragen und Möglichkeiten                                                                   ERFOLGSFAKTOREN
des Zusammenlebens angegangen werden. Grundsätz-                                                                        Bei der Befragung der beteiligten Städten und Gemein-
lich lässt sich zudem aus den erhobenen Daten ableiten,                                                                 den 1 bezüglich der Erfolgs- und Hemmfaktoren von
dass die Menschen vor Ort die Angebote zur Partizipati-                                                                 Quartiersentwicklung lässt sich feststellen, dass die Er-
on und Mitgestaltung in ihrem Quartier positiv auf- und                                                                 folgsfaktoren die Anzahl der Hemmfaktoren deutlich
wahrnehmen. Die wichtigsten Veränderungen durch                                                                         übersteigen. Dies lässt sich als Argument für Quartier-
Quartiersentwicklungsprozesse wurden von den befrag-                                                                    sentwicklung in den Kommunen Baden-Württembergs
ten Fachkräften und Menschen vor Ort in der gelunge-                                                                    verstehen.
nen Aktivierung von Bürgerbeteiligungsprozessen
gesehen. Dazu zählen vor allen die Vernetzung der Men-                                                                  Der meistgenannte Erfolgsfaktor ist die Kommunikation.
schen vor Ort, sowie der Zuwachs an Bürgernähe, -gesprä-                                                                Kommunikation spielt nach Rückmeldung aller Befrag-
chen und -programmen. Hinzu kommen neue Gemein-                                                                         ten schon vor dem offiziellen Projektstart eine zentrale
schaftserfahrungen, wie beispielsweise ein gesteigertes                                                                 Rolle. Wenn es gelingt, bereits bei der Konzeption eines

1
    In der Begleitforschung fand zudem eine Befragung der Landkreise statt. Einen Exkurs zur speziellen Rolle der Landkreise im Rahmen von Quartiersentwicklung findet sich unter Punkt 5.3

                                                                                                                                                                                              9
QUARTIERSENTWICKLUNGSATLAS BADEN-WÜRTTEMBERG – KURZBERICHT

     Projektes die Menschen vor Ort zu aktivieren und ihre                    Quartierprojektes auf. Unsicherheiten beim genauen
     Ideen einfließen zu lassen, sind die größten Bedenken                    Vorgehen, das Fehlen einer Gesamtkonzeption oder
     zumeist schon aus dem Weg geräumt. Sie sind die Exper-                   auch Interessenkonflikte zwischen den beteiligten Ak-
     tinnen und Experten vor Ort, die im alltäglichen Leben                   teuren wurden als häufige Schwierigkeiten bei der Um-
     erfahren, welche Potenziale aber auch Herausforderun-                    setzung der Projekte identifiziert.
     gen oder sogar Missstände ihr unmittelbares Lebensum-
     feld aufweist. Dafür ist es nach Ansicht der Befragten                   Auch während der Durchführung von Quartiersprojek-
     notwendig, vor Ort im Quartier präsent und sichtbar                      ten sind es häufig die Abstimmungsprozesse und der
     beziehungsweise ansprechbar zu sein. Ein gemeinsames                     Interessenausgleich zwischen den beteiligten Akteuren,
     Zusammenwirken auf Augenhöhe sowie konkrete                              die als hemmende Faktoren genannt werden. Teilweise
     und realisierbare Zielvereinbarungen seien gemein-                       stelle sich aufgrund fehlender Transparenz bei der Be-
     sam mit dem transparenten Aufzeigen von erreichten                       völkerung das Gefühl ein, die Kommune würde sich in
     Etappenzielen weitere wichtige Erfolgsfaktoren für                       die Angelegenheiten des Quartieres einmischen. So kön-
     Quartiersprojekte.                                                       ne es sich beispielsweise als schwierig darstellen, den
                                                                              Einwohnern und Einwohnerinnen die langfristig verfolg-
     Auch der Vernetzungsaspekt nimmt eine zentrale Rolle                     ten Ziele der Kommunalverwaltung für die Entwicklung
     bei der erfolgreichen Umsetzung eines Quartiersprojek-                   der Stadt oder Gemeinde zu verdeutlichen und näher zu
     tes ein. Eine konkrete federführende Person, die für das                 bringen.
     Projekt verantwortlich ist, wird von den Befragten als ein
     wichtiger Erfolgsfaktor herausgestellt. Quartierskoordi-                 Zudem wird der große Aufwand, der hinter der Durch-
     natoren und -koordinatorinnen können als zentrale An-                    führung eines Quartiersprojektes steckt, als Hemmfaktor
     laufstelle für jegliche Fragen fungieren und die einzelnen               benannt. Vor allem in Kleinstädten und Gemeinden
     Akteure untereinander koordinieren und vernetzen. Eine                   spielen sowohl die Überlastung der Verwaltung als auch
     umfassende und integrative Perspektive auf ein Quartier                  der Strukturen des bürgerschaftlichen Engagements eine
     bezieht automatisch möglichst alle betroffenen Akteure                   bedeutendere Rolle, als in den Groß- und Mittelstädten.
     mit ein. Dabei gilt es zu beachten, dass keine Parallel-                 Bürgerschaftlich Engagierte tragen nicht selten die Haupt-
     oder gar Konkurrenzstrukturen geschaffen werden.                         last der Quartiersprojekte in den ländlichen Gebieten.
     Je mehr Akteure beteiligt sind, umso wichtiger wird die-
     ser Punkt. Im Rahmen der Vernetzung sollte nach An-                      In den Kommunen Baden-Württembergs werden die In-
     sicht der Befragten auch der Einbezug der Landkreise                     tegration und Einbindung der Zugezogenen für den
     nicht außer Acht gelassen werden. Sie können als Netz-                   sozialen Zusammenhalt als wichtiger Ansatzpunkt von
     werk-Gestalter eine wichtige Rolle für das Gelingen ei-                  Quartiersentwicklung benannt. Die Umsetzung von
     nes Quartiersprojekts spielen.                                           Bürgerbeteiligung stellt sowohl größere Städte, als auch
                                                                              kleinere Gemeinden teilweise vor eine große Herausfor-
     HEMMFAKTOREN UND HERAUSFORDERUNGEN                                       derung, da dies ein flachhierarchisches Umdenken erfor-
     Im Vergleich zu den Erfolgsfaktoren sind die in den Inter-               dert, das die Bürgerschaft mehr in Prozesse einbindet
     views genannten Hemmfaktoren mannigfaltiger. Das lässt                   und partizipieren lässt. Hierfür wurde die Wichtigkeit
     darauf schließen, dass keine strukturellen oder systemati-               einer hauptamtlichen Quartierskoordination herausge-
     schen Probleme innerhalb der Quartiersstrategie existie-                 stellt, die den persönlichen Kontakt mit den Menschen
     ren. Vielmehr sind es spezifische Erfahrungen, die auf                   vor Ort hält und angepasst auf die jeweiligen Bedarfe ei-
     unterschiedliche Handlungsspielräume, Herangehens-                       nes Quartiers agiert. Vor allem das bürgerschaftliche En-
     weisen und Lerneffekte in unterschiedlichen Rahmenbe-                    gagement, braucht eine zentrale Ansprechperson, welche
     dingungen – soziale, städtebauliche und administrative                   die Beteiligung und Netzwerke aufrechterhält. Eine
     Kontexte – zurückzuführen sind.                                          nachhaltige und langfristige Finanzierung der laufenden
                                                                              Projekte und einer hauptamtlichen Quartierskoordinati-
     Die meisten Hemmfaktor traten bei den befragten Kom-                     on stellen hierbei für die Städte und Gemeinden eine
     munen in der Planungs- und Konzeptionsphase eines                        Herausforderung dar.

10
KURZBERICHT – QUARTIERSENTWICKLUNGSATLAS BADEN-WÜRTTEMBERG

5.2 WAS FUNKTIONIERT WO?                                                   VORGEHENSWEISE DER CLUSTERANALYSE
Nachdem allgemeine Erfahrungen und Faktoren hin-                           Für die Clusteranalyse wurden alle 1101 Kommunen Ba-
sichtlich der Umsetzung von Quartiersprojekten darge-                      den-Württembergs auf ihre Siedlungsstruktur, Entwick-
stellt wurden, wurde dann eine differenziertere Perspek-                   lung der Einwohnerzahl, demografische Struktur und
tive eingenommen. Dazu wurden die Städte und                               Wirtschaft hin analysiert. Hierzu wurden die Gesamtein-
Gemeinden verschiedenen Clustern zugeordnet, die auf-                      wohnerzahl, Einwohnerdichte, der Wanderungs- und
grund ähnlicher struktureller Begebenheiten Gemein-                        Geburtensaldo, der Alten- und Jugendquotient sowie das
samkeiten in ihren Zugängen zur Quartiersentwicklung                       Jahreseinkommen und die Kommunalverschuldung als
aufweisen. Ziel dieses Vorgehens war es, die empiri-                       kommunalstatistische Indikatoren herangezogen. Basie-
schen Befunde aus den Befragungen und Interviews zu                        rend auf diesen Indikatoren wurden die Städte und Ge-
den Quartierszuschnitten, Erfahrungen mit Quartiersent-                    meinden Baden-Württembergs methodisch in sechs
wicklung, Verantwortlichkeiten, Quartiersentwick-                          unterschiedliche Gruppen, sogenannte Cluster, einge-
lungs-Konzepten und –Themen sowie Bürgerbeteili-                           teilt. Aufgrund unvollständiger Daten konnten nur 1000
gungsverfahren und Netzwerke der involvierten Akteure                      Kommunen von 1101 eindeutig einem Cluster zugeord-
mit den strukturellen Bedingungen der jeweiligen Kom-                      net werden. Für die Zuordnung einer einzelnen Stadt
munen zu verschneiden.                                                     oder Gemeinde bedeutet das methodische Verfahren der
                                                                           Clusteranalyse, dass diese in der Mehrzahl ihrer Merk-
Im Folgenden wird zunächst die Clusteranalyse metho-                       malsausprägungen eine strukturelle Ähnlichkeit zu den
disch beleuchtet, um anschließend die Kommunaltypen                        übrigen Kommunen im Cluster aufweist. Das kann dazu
anhand ihrer spezifischen Erfahrung in der Quartiersent-                   führen, dass im Einzelfall eine Kleinstadt in ein mittel-
wicklung einander gegenüberzustellen.                                      städtisch geprägtes Cluster eingeordnet wird, da sie den
                                                                           darin enthaltenen Merkmalsausprägungen eher entspricht.

         Cluster: Großstadt (11)

         Cluster: Solide Mittelstadt (57)

         Cluster: Herausgeforderte Mittelstadt (109)

         Cluster: Herausgeforderte Kleinstadt (113)

         Cluster: Solide Kleinstadt (546)

         Cluster: Starke Gemeinde (164)

         keine Daten verfügbar

Abbildung 1 Clusterzuordnung der Städte und Gemeinden Baden-Württembergs (Anzahl der zugeordneten Kommunen). Stichprobengröße n=1000.

                                                                                                                                        11
QUARTIERSENTWICKLUNGSATLAS BADEN-WÜRTTEMBERG – KURZBERICHT

     VORSTELLUNG DER CLUSTER UND DER JEWEILIGEN QUAR-                                                                    Quartiersentwicklung nicht Quartiersmanagement, son-
     TIERSENTWICKLUNG                                                                                                    dern vor allem bauliche Stadt-/Gemeindeentwicklung.
     Das Ergebnis der vorgestellten Datenauswertung unter-                                                               In diesem Cluster werden meist wenige interaktive Be-
     teilt sich in ein Cluster für die Großstädte (inklusive der                                                         teiligungsverfahren wie Bürgerbefragungen und Bürger-
     Landeshauptstadt Stuttgart), zwei Cluster für Mittelstädte                                                          versammlungen eingesetzt. Die Netzwerke der Quar-
     und drei Cluster für Kleinstädte und Landgemeinden be-                                                              tiersentwicklung sind eher klein und durch Vereine,
     ziehungsweise Dörfer.2                                                                                              freie Träger und Kirchengemeinden geprägt. Die inhalt-
                                                                                                                         lichen Schwerpunkte liegen dabei überwiegend in den
     Im Folgenden werden die verschiedenen Cluster anhand                                                                Themenfeldern Familie und Generationen sowie Woh-
     ihrer kommunalstatistischen Merkmale und der jeweili-                                                               nen und Wohnumfeld, was mit der Assoziation von Quar-
     gen Quartiersentwicklungsbefunde aus den Befragungen                                                                tiersentwicklung und Gemeindeentwicklung überein-
     dargestellt. Die Reihenfolge der folgenden Darstellung                                                              stimmt. Dabei stehen in diesem überwiegend ländlich
     richtet sich hierbei nach der Größe der erstellten Cluster                                                          geprägten Feld vor allem Weiterbildung/Qualifizierung,
     und beginnt mit den soliden Kleinstädten in Baden-Würt-                                                             Bürgerbeteiligung und Schaffung angemessener Netz-
     temberg.                                                                                                            werkstrukturen mit Fachkraftstellen im Vordergrund.
                                                                                                                         Für die soliden Kleinstädte gilt, dass sie sich noch
     SOLIDE KLEINSTADT                                                                                                   nicht in großem Umfang auf den Weg der Quartiersent-
     Mehr als die Hälfte aller Städte und Gemeinden in Ba-                                                               wicklung gemacht haben. Den lokalen Besonderheiten
     den-Württemberg werden dem Cluster der soliden                                                                      der Siedlungs- und Vereinsstruktur sollte hier Rech-
     Kleinstadt mit im Mittel rund 5.000 Einwohnern und                                                                  nung getragen werden.
     Einwohnerinnen zugeordnet. Die kleinstädtisch und
     ländlich geprägten Kommunen des Clusters sind über-                                                                 STARKE GEMEINDE
     wiegend demografisch und wirtschaftlich stabil. Ein Teil                                                            Am besten schneiden die starken Gemeinden bei nahe-
     der Kommunen im Cluster steht jedoch vor den Heraus-                                                                zu allen Indikatoren der gewählten Strukturmerkmale ab.
     forderungen rückläufiger Einwohnerzahlen durch Ab-                                                                  Neben hohen Zuzugszahlen haben sie außerdem den
     wanderung und Geburtenrückgang. Ein kleinerer Teil                                                                  höchsten Geburtensaldo von +0,3 %, das bedeutet eine
     ländlich geprägter Gemeinden wächst jedoch deutlich,                                                                jährliche Zunahme der Wohnbevölkerung in diesen
     dank positiver Zuzüge und einem ausgeglichenen Gebur-                                                               Kommunen um durchschnittlich rund 3.000 Menschen
     tensaldo. Alten- und Jugendquotient halten sich in den                                                              allein durch Geburten. Die Einwohnerdichte ist die ge-
     soliden Kleinstädten die Waage und sprechen für eine                                                                ringste und unterstreicht die ländliche Prägung dieser
     ausgeglichene Durchmischung der Altersstruktur. Im                                                                  Gemeinden. Auch die Altersstruktur ist in den starken
     Vergleich zu anderen Clustern weisen die Kommunen                                                                   Gemeinden äußerst günstig. Ein sehr geringer Altenquo-
     der soliden Kleinstadt eine geringere Pro-Kopf-Ver-                                                                 tient steht hierbei dem höchsten Jugendquotienten ge-
     schuldung sowie hohe Median-Jahreseinkommen auf.                                                                    genüber. Auch wenn sich die jungen Menschen nach der
                                                                                                                         Schule häufiger in den Verdichtungsräumen zur Ausbil-
     Typisch für diese Gruppe sind ihre vergleichsweise klei-                                                            dung oder zum Studium ansiedeln, vermitteln diese Wer-
     nen Quartierszuschnitte von meist 2.500 bis 5.000 Ein-                                                              te zumindest eine stabile Grundlage. Nicht zuletzt recht-
     wohnern und Einwohnerinnen. Quartiersentwicklung ist                                                                fertigt die wirtschaftliche Lage die Charakterisierung als
     eher wenig verbreitet und in den Kommunen, die Quar-                                                                starke Gemeinden. Die höchsten Median-Jahreseinkom-
     tiersansätze verfolgen, liegt die Verantwortlichkeit für                                                            men treffen hier auf die geringste Kommunalverschul-
     diese Konzepte beim Bürgermeister oder der Bürger-                                                                  dung pro Kopf. Eine Kombination, die auf Wohlstand
     meisterin. Die Federführung für die konzeptionelle Um-                                                              und hohe Lebensstandards hindeutet. Von den statisti-
     setzung wird zum Teil aber auch an Externe delegiert.                                                               schen Kennwerten ausgehend, sind die starken Ge-
     Anders als in den groß- und mittelstädtischen Kommu-                                                                meinden für demografische und wirtschaftliche Heraus-
     nen verbindet man in den soliden Kleinstädten mit                                                                   forderungen gut gerüstet.

     2
         Das größte Cluster der soliden Kleinstädte enthält hierbei nochmal drei Untertypen von Kommunen im überwiegend ländlichem Raum, die sich als stabile, schrumpfende und wachsende Gemeinden beschreiben lassen.

12
KURZBERICHT – QUARTIERSENTWICKLUNGSATLAS BADEN-WÜRTTEMBERG

Die überwiegend kleinen ländlichen Gemeinden mit            Herausgeforderte Kleinstädte verfügen anders als
günstigen demografischen und wirtschaftlichen Voraus-       Groß- und Mittelstädte meist über keine oder nur kurzzei-
setzungen zeichnen sich durch eher kleine Quartiers-        tige Vorerfahrungen im Bereich Quartiersentwicklung.
zuschnitte unter 500 bis unter 5.000 Einwohnern und         Obwohl die Quartierszuschnitte mit 2.500 bis über 5.000
Einwohnerinnen aus. Sie haben typischerweise wenig          Einwohnern und Einwohnerinnen ähnlich groß sind
Vorerfahrungen mit Quartiersentwicklung. Auch wenn          wie in den Mittel- und Großstädten, sind die Netzwerke
die mit Quartiersentwicklung verbundenen Begriffe in        in den Kommunen vergleichsweise klein. Kirchengemein-
diesem Cluster neben Gemeindeentwicklung häufig in-         den, lokale Vereine und freie Träger haben eine große
nerörtliche Flächenaktivierung als bauplanerisches Kon-     Bedeutung. Die organisatorische Verantwortung für die
zept umfassen, liegt der inhaltliche Schwerpunkt bei        Quartiersentwicklung liegt häufig auf der Ebene eines
Pflege und Unterstützung sowie Familie und Generatio-       Amtes oder Sachgebietes der Verwaltung. Die Federfüh-
nen. Gemeinsam mit der starken Rolle von privaten           rung für Quartiersentwicklung in herausgeforderten
Unternehmen in den oftmals kleinen Netzwerken kann          Kleinstädten wird mitunter auch an externe Akteure
gefolgert werden, dass häufig die Umnutzung von             (z.B. Wohlfahrtsverbände) übertragen. Das bedeutsams-
Gebäuden für Wohnen im Alter im Vordergrund der             te mit der Quartiersentwicklung verbundene Konzept ist
Quartiersprojekte steht. Hierbei finden zumeist Zu-         die „Nachbarschaftshilfe“. Die thematischen Schwer-
kunftswerkstattverfahren zur Bürgerbeteiligung Anwen-       punkte liegen neben Bürgerbeteiligung und Engagement
dung, mit denen ein verhältnismäßig hoher Grad an Parti-    im Bereich Wohnen und Wohnumfeld sowie Mobilität
zipation erreicht wird. In den ländlich geprägten starken   und Infrastruktur. Maßnahmen der Bürgerbeteiligungs-
Gemeinden steht besonders die Schaffung eines Bewusst-      verfahren schöpfen noch nicht alle Möglichkeiten der
seins für die Bedeutung von Bürgerbeteiligungs- bezie-      Partizipation aus. Diejenigen Kommunen, die bereits
hungsweise künftige Partizipationsverfahren (etwa über      in der Quartiersentwicklung aktiv sind, sollten mit ihren
digitale Plattformen) im Vordergrund. Daneben sind The-     Projekten als Best Practice-Modelle stärker als bislang
men wie Mobilität, Infrastruktur und Schaffung von Begeg-   durch gute Öffentlichkeitsarbeit und Vernetzung an
nungsräumen in diesem Feld ähnlich relevant wie bei         Sichtbarkeit und Vorbildwirkung für andere gewinnen.
den vorhergenannten soliden Kleinstädten. Hier kann         Denkbar sind hier auch interkommunale Partnerschafts-
eine clusterübergreifende Vernetzung fruchtbar sein und     oder Patenschaftsmodelle.
sollte verstärkt angegangen werden.
                                                            HERAUSGEFORDERTE MITTELSTADT
HERAUSGEFORDERTE KLEINSTADT                                 Die herausgeforderte Mittelstadt aus Cluster 3 hat im
Die herausgeforderten Kleinstädte haben im Mittel           Mittel rund 11.000 Einwohner und Einwohnerinnen und
rund 4.000 Einwohner und Einwohnerinnen. Sie werden         eine – gegenüber der soliden Mittelstadt – deutlich
als herausgefordert eingestuft, da sie im Gegensatz zu      niedrigere Einwohnerdichte. Ein negativer Geburtensaldo
den anderen Gruppen anhand der kommunalstatisti-            wird von hohen Zuzügen aufgewogen und einem relativ
schen Kennwerte vor einer größeren demografischen           hohen Altenquotienten steht ein hoher Jugendquotient
Herausforderung stehen. Auch wenn die herausgefor-          gegenüber. Herausgefordert sind die Mittelstädte aus
derten Kleinstädte im Vergleich den höchsten Wande-         Cluster 3 vor allem durch ihre wirtschaftliche Lage. So
rungssaldo besitzen, weisen sie einen stark negativen       sind die herausgeforderten Mittelstädte die am stärks-
Geburtensaldo sowie einen hohen Altenquotienten auf,        ten verschuldeten in der Stichprobe. Daraus ergeben sich
der diese Kommunen (zukünftig) voraussichtlich vor          Probleme bei kommunalen Investitionen (bspw. der
Probleme stellen wird. Auch das Median-Jahreseinkom-        Nahversorgung und Daseinsvorsorge).
men ist das zweitgeringste der Cluster. Die herausgefor-
derten Kleinstädte sehen sich also mit einer Kombinati-     Typisch für Quartiersentwicklung in herausgeforderten
on demografischer und wirtschaftlicher Herausforderungen    Mittelstädten ist, dass das Interesse an Quartiersent-
konfrontiert.                                               wicklung im Vergleich zu den soliden Mittelstädten

                                                                                                                         13
QUARTIERSENTWICKLUNGSATLAS BADEN-WÜRTTEMBERG – KURZBERICHT

     etwas geringer ausgeprägt ist. Die Vorerfahrungen der                    nen sind ähnlich groß wie in den Großstädten. Die Palet-
     Kommunen mit Quartiersentwicklung sind häufig noch                       te der bearbeiteten Themen sowie der eingesetzten Bür-
     nicht lang. Die Quartierszuschnitte von 2.500 bis über                   gerbeteiligungsverfahren ist vergleichsweise schmal. Der
     5.000 Einwohnern und Einwohnerinnen und die organi-                      inhaltliche Fokus liegt, ebenso wie in kleineren Kommu-
     satorische Verortung von Quartiersentwicklung auf Sach-                  nen, auf den Themen Familie und Generationen, Beteili-
     gebietsebene stimmt mit entsprechenden Merkmalen der                     gung sowie Mobilität und Infrastruktur. Die organisatori-
     Großstädte überein. Bei den inhaltlichen Themen domi-                    sche Verankerung der Quartiersentwicklung liegt in
     nieren Schwerpunkte in den Bereichen Beteiligung so-                     diesem Cluster auffallend häufig auf Ebene der (Ober-)
     wie Familie und Generationen. Im Bereich der Pflege                      Bürgermeister und -bürgermeisterinnen. Politischen Par-
     wird ein Schwerpunkt auf die Themen Wohnen und In-                       teien und Kirchengemeinden kommen neben den freien
     tegration gesetzt. Bei den gewählten Beteiligungsverfah-                 Trägern in soliden Mittelstädten typischerweise wichtige
     ren zeigt sich gegenüber soliden Mittelstädten eine brei-                Positionen in den meist mittelgroßen Netzwerken der
     tere Methodenpalette, die mit einer stärkeren Partizipation              Quartiersentwicklung zu. Für die soliden Mittelstädte
     der Bürger und Bürgerinnen einhergeht. Auffällig ist die                 stehen Stadtentwicklungsansätze im Fokus, unter mög-
     wichtige Rolle privater Unternehmen sowie von Vereinen                   lichst umfassender Partizipation der Einwohner und Ein-
     und Initiativen in den meist mittelgroßen Netzwerken. Für                wohnerinnen. Fachliche Beratung und Förderung wer-
     die herausgeforderten Mittelstädte steht vor allem die                   den dafür vorzugsweise in Anspruch genommen. Hierbei
     Sicherstellung von Kontinuität und Nachhaltigkeit in der                 gilt es, eingeschliffene Beteiligungsformate und Hand-
     Quartiersentwicklung im Vordergrund. Nachdem viele                       lungsroutinen der Verwaltung auch kritisch zu hinterfra-
     dieser Kommunen in den vergangenen Jahren sehr erfolg-                   gen und die ämterübergreifende Zusammenarbeit im
     reich mit Modellprojekten in das Thema eingestiegen                      Hinblick auf Quartiersentwicklung weiter voranzutrei-
     sind, stellt nun die personelle Verstetigung eine Heraus-                ben.
     forderung für den Erhalt der entstandenen Netzwerke
     und Strukturen des bürgerschaftlichen Engagements dar.                   GROSSSTADT
                                                                              Die typische Großstadt hat im Mittel rund 125.000 Ein-
     SOLIDE MITTELSTADT                                                       wohner und Einwohnerinnen. Sie weist einen hohen
     Die typische solide Mittelstadt hat im Mittel rund                       Wanderungssaldo und zudem einen leicht positiven Ge-
     15.000 Einwohner und Einwohnerinnen. Sie ist ebenfalls                   burtensaldo auf, sodass die Bevölkerung weiter anwächst.
     aus demografischer Perspektive gut für die Zukunft ge-                   Hinzu kommt, dass sie aufgrund ihrer breiten Arbeitneh-
     rüstet. Zwar liegt der durchschnittliche Geburtensaldo bei               merschicht einen geringen Altenquotienten aufweist.
     0,0 %, der Wanderungssaldo ist dafür leicht positiv. Der                 Den geringen Jugendquotienten können die Großstädte
     Alten- und Jugendquotient sind im Vergleich zu den                       hingegen durch die hohen Zuzüge stetig kompensieren.
     Großstädten erhöht, wodurch sich auch in den soliden                     Die Großstädte sind demnach, bezogen auf ihre demo-
     Mittelstädten keine „Überalterung“ abzeichnet. Wirtschaft-               grafische Struktur, gut für die Zukunft aufgestellt. Die
     lich geht es den Kommunen sehr gut. Hohe Jahreseinkom-                   Verschuldung der Großstädte ist traditionell hoch. Das
     men der Bevölkerung und eine geringe Pro-Kopf-Verschul-                  Jahreseinkommen der Menschen ist das Geringste im
     dung lassen auf gute Investitionsmöglichkeiten seitens der               Vergleich zu den anderen Clustern.
     Kommunen schließen.
                                                                              Es erweist sich im Vergleich der untersuchten Cluster,
     In vielen Aspekten ähneln sich die Quartiersentwick-                     dass Großstädte im Hinblick auf die Umsetzung von
     lungsbedingungen der soliden Mittelstädte und der                        Quartiersentwicklung auf nahezu allen Dimensionen
     Großstädte. Quartiersentwicklungsansätze sind bereits                    stärker aufgestellt sind als kleinere ländliche Kommunen.
     weit verbreitet, es bestehen überwiegend langjährige                     Dies beginnt bei den häufig langjährigen Vorerfahrungen
     Vorerfahrungen zum Thema. Die Quartierszuschnitte                        in Fragen der Stadtentwicklung und Gemeinwesenarbeit
     von 2.500 bis über 5.000 Einwohnern und Einwohnerin-                     und damit verbunden personellen Ressourcen und Kom-

14
KURZBERICHT – QUARTIERSENTWICKLUNGSATLAS BADEN-WÜRTTEMBERG

petenzen in der Verwaltung. Die Quartierszuschnitte von       bunden. Gleichwohl wäre es zu kurz gedacht und dem
mindestens 2.500 bis deutlich über 5.000 Einwohnern           Vorhaben einer landesweiten Verbreitung des Quartier-
und Einwohnerinnen sind im Vergleich zu den anderen           sansatzes abträglich, wenn die Landkreise in Quartiersent-
Gruppen die größten. Aber auch die nahezu flächende-          wicklungsprozessen nicht mitwirken würden.
ckende Verbreitung von Quartiersentwicklungsprojekten
mit einer breiten Palette von Zielstellungen und vielfälti-   An der Online-Befragung im Rahmen der Begleitfor-
gen Bürgerbeteiligungsverfahren (inklusive onlinege-          schung nahmen 21 von 35 Landkreisen teil. Lediglich 10 %
stützter Verfahren) sprechen für die Großstädte. Dabei        der Befragten berichteten, dass sie keinerlei Erfahrungen
wird vielfach eine effektive Partizipation der Einwohner      mit der Quartiersentwicklung hätten. Dies spricht dafür,
und Einwohnerinnen an Entscheidungsprozessen im               dass die Landkreise als Akteure der Quartiersentwicklung
Quartier erreicht. Typisch für Großstädte ist die Veror-      mitgedacht werden sollten, die über Gemeindegrenzen
tung der Quartiersentwicklung auf Amts- oder Sachge-          hinweg auf lokale Herausforderungen reagieren können.
bietsebene und die Bearbeitung spezifischer Zielstellun-      Und auch die Rolle, in der die Landkreise ihre Potenziale
gen, beispielsweise der Integration von Menschen mit          am erfolgreichsten einbringen können, hat die Begleitfor-
Migrationserfahrung oder die Inklusion von Menschen           schung herausgearbeitet.
mit Behinderungen. Auf gesamtstädtischer Ebene wird
Quartiersentwicklung in umfangreichen Netzwerken unter        Der Landkreis kann als Netzwerk-Gestalter eine wichtige
großer Beteiligung von freien Trägern beziehungsweise         Rolle für das Gelingen eines Quartierprojektes spielen. Er
Wohlfahrtsverbänden umgesetzt. Für die Großstädte             kann auf entsprechende Netzwerke oder Vernetzungs-
besteht eine Herausforderung darin, Quartiersentwick-         strukturen zurückgreifen und den Erfahrungsaustausch
lung aus bisher erfolgreichen Pilotprojekten stärker in       vorantreiben. Weiterhin kann sich der Landkreis als Un-
die Fläche des Stadtgebietes zu tragen. Dabei sollten         terstützung bei der Suche nach passenden Fördertöpfen,
neben der Beteiligung sozial marginalisierter Einwoh-         Förderantragsstellung und personeller Unterstützung he-
ner und Einwohnerinnen vor allem möglichst zielgrup-          rausstellen. Für den Landkreis gilt es, den Balanceakt
penübergreifende Projekte zur Stärkung sozialer Inklu-        zwischen aktiver Bewerbung und Beratung der Thematik
sion und Teilhabe entwickelt werden.                          und gleichzeitiger Beachtung kommunaler Selbstständig-
                                                              keit zu bewahren und zu achten. Es geht also darum, ho-
5.3 EXKURS ZUR ROLLE DER LANDKREISE                           rizontale Kooperationen zu stärken, ohne dabei die verti-
Zu Beginn des Kurzberichts wurde die Festlegung getrof-       kalen Entscheidungsprozesse zu untergraben. Vorteilhaft
fen, dass ein Quartier einen überschaubaren und alltägli-     ist eine konkrete Ansprechperson, an die sich die Kom-
chen Lebensraum darstellt. Diese Merkmale werden für          munen mit ihren Anliegen wenden können.
gewöhnlich nicht unmittelbar mit einem Landkreis ver-

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QUARTIERSENTWICKLUNGSATLAS BADEN-WÜRTTEMBERG – KURZBERICHT

     6 HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN:
     DIE 10 GEBOTE DER QUARTIERSENTWICKLUNG
     Die Begleitforschung zur Landesstrategie konnte aufzei-                 Die „Zehn Gebote der Quartiersentwicklung“ sollen
     gen, wie Quartiersentwicklung in Baden-Württemberg                      nicht die Vielfältigkeit der Kommunen negieren. Es geht
     bearbeitet wird und welche Faktoren die Quartier-                       vielmehr darum aufzuzeigen, welche Punkte für den
     sentwicklung beeinflussen. Es wurden sowohl allgemei-                   Quartiersansatz besonders wichtig sind und deshalb in
     ne wie auch strukturell differenzierte Erkenntnisse ge-                 allen Quartiersentwicklungsprozessen berücksichtigt
     wonnen. Um diese Erkenntnisse für die Praxis handhabbar                 werden sollten.
     zu machen, wurden zentrale Handlungsempfehlungen
     abgeleitet.

                        1 Du sollst dich mit allen beteiligten Akteuren vernetzen.

                                      2 Du sollst deine Ziele klar formulieren.

                        3 Du sollst die Bedürfnisse deiner Zielgruppe erkennen.

                               4 Du sollst dein Vorhaben transparent darlegen.

               5 Du sollst die Bewohnerschaft einbinden und für sie sichtbar sein.

                 6 Du sollst nicht ohne ein Gesamtkonzept in dein Projekt starten.

                                        7 Du sollst nicht zu viel versprechen.

                8 Du sollst nicht bestehende Strukturen schwächen oder ersetzen.

                          9 Du sollst nicht einseitig deine Interessen durchsetzen.

                 10 Du sollst deine bürgerschaftlich Engagierten nicht überfordern.

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KURZBERICHT – QUARTIERSENTWICKLUNGSATLAS BADEN-WÜRTTEMBERG

7 RESÜMEE UND AUSBLICK AUF ZUKUNFTSTHEMEN
Dieser Kurzbericht gibt einen Überblick über die Be-          Schwerpunkt der älteren Generation hinausgedacht wird.
gleitforschung zur Landesstrategie „Quartier 2020 – Ge-       Ganz zentral sind Begegnungsorte. Nur durch die be-
meinsam.Gestalten.“ unter der Leitung von Professor Dr.       wusste Schaffung von Begegnungsräumen lässt sich ein
Gründer von der DHBW Heidenheim. Im Rahmen der                solidarisches Umfeld gestalten, in dem Engagierte wirken
zweijährigen Forschung wurden zentrale Leitfragen zum         können und sich ein gesellschaftliches Miteinander ent-
Stand der Quartiersentwicklung in Baden-Württemberg           wickeln kann.
untersucht: Wie verbreitet sind Quartiersentwicklungs-
ansätze? Wie unterscheiden sich Kommunen? Welche              Als weitere zentrale Zukunftsthemen für die Quartier-
Risikofaktoren und Gelingensbedingungen können iden-          sentwicklung der befragten Städte und Gemeinden wur-
tifiziert werden? Welche Erfahrungen machen Fachkräfte        den die nachhaltige Umsetzung der Projektergebnisse
sowie Einwohner und Einwohnerinnen in Quartiersent-           und generationsübergreifende Themen genannt. Die in-
wicklungsprojekten? Welche Zukunftsthemen der Quar-           haltliche Schwerpunktsetzung erfährt hiermit eine Ver-
tiersentwicklung werden in unterschiedlichen Städten und      schiebung hinsichtlich generationsübergreifender, die
Gemeinden gesehen?                                            soziale Teilhabe fördernde Themenstellungen. Dabei
                                                              spielen der Erhalt des bürgerschaftlichen Engagements
Im Fokus dieses Berichts stehen die Erfahrungen der un-       und die Beteiligung von allen Einwohnern und Einwoh-
terschiedlichen Kommunen mit Quartiersentwicklung             nerinnen im Quartier eine wichtige Rolle. Hinzu kom-
und die Faktoren, welche diese beeinflussen. Die Zehn         men ökonomische und ökologische Zukunftsthemen,
Gebote der Quartiersentwicklung stellen konkrete Hand-        den Umweltschutz, bezahlbaren Wohnraum oder die In-
lungsempfehlungen für Verantwortliche in Kommunen             dustrie und Nahversorgung betreffend. Auch soziale As-
dar, die sich auf den Weg der Quartiersentwicklung ma-        pekte wie die Vermeidung von Vereinsamung, soziales En-
chen möchten oder diesen bereits beschritten haben.           gagement und die Integration und Teilhabe aller Menschen
                                                              vor Ort werden als wichtige Zukunftsthemen für künfti-
Nach dem Blick auf die bisherigen Berührungspunkte            ge Förderprogramme erachtet. Das Thema der Weiterbil-
der Kommunen mit dem Thema Quartiersentwicklung,              dung und der Ausbau von Austausch- und Vernetzungs-
wurden auch die Zukunftsthemen erfragt. So wünscht            strukturen wird als bedeutsam bewertet, um den Er-
sich die Mehrzahl der beteiligten Kommunen für die Zu-        fahrungsaustausch zwischen den Kommunen und auf
kunft, dass die Quartiersentwicklung stärker ausgebaut        Verwaltungsebene voranzutreiben und um die Quar-
und von den Einwohnern und Einwohnerinnen weiter              tierskoordinatoren und -koordinatorinnen miteinander zu
verinnerlicht wird, sodass das soziale Miteinander ge-        vernetzen, sodass es zu einem Voneinander-Lernen zwi-
stärkt und gefördert wird. In vielen Quartieren konnte        schen den Projekten kommen kann. Zudem erhält die
der Quartiersansatz bereits erfolgreich umgesetzt wer-        Digitalisierung einen wichtigen Stellenwert sowohl für
den. In Zukunft gilt es, diesen weiter in die Fläche zu       umfassendere Beteiligungs- und Partizipationsformen
tragen. Dazu ist es notwendig, dass sich auch die beteilig-   von Einwohnern und Einwohnerinnen als auch für Weiter-
ten Strukturen und Prozesse innerhalb der Verwaltungen        bildungsmöglichkeiten.
diesen neuen Anforderungen der Bürgerbeteiligung an-
passen.                                                       In jedem Falle ist davon auszugehen, dass sozial gut inte-
                                                              grierte Quartiere mit engen wechselseitigen Hilfebezie-
Wünschenswert wäre es, dass sich die Menschen mit ih-         hungen sowie sozialem Zusammenhalt zwischen den
rer Stadt oder ihrer Gemeinde weiterhin verbunden füh-        Menschen vor Ort kommenden Herausforderungen eine
len und darüber eine Bereitschaft zeigen, sich einzubrin-     stärkere Widerstandskraft entgegensetzen können. Der
gen und zu engagieren. Hierfür wird seitens der befragten     vorliegende Kurzbericht möchte die positiven Erfah-
Städte und Gemeinden der Einbezug und die Adressie-           rungen aus den Quartiersprojekten, die in der Begleitfor-
rung aller Generationen und Hintergründe in den Fo-           schung immer wieder genannt wurden, als Ressource für
kus gestellt, sodass Quartiersentwicklung über den            die Zukunft zur Verfügung zu stellen.

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QUARTIERSENTWICKLUNGSATLAS BADEN-WÜRTTEMBERG – KURZBERICHT

     IMPRESSUM
     HERAUSGEGEBEN VON
     Ministerium für Soziales und Integration
     Baden-Württemberg
     Else-Josenhans-Straße 6
     70173 Stuttgart
     www.sozialministerium-bw.de

     FORSCHUNG
     Dr. phil. René Gründer (Projektleitung)
     Georg Reiff, M. A. (Wiss. Mitarbeiter)
     Lisa Rath, B.A. (Wiss. Mitarbeiterin)
     Marie Werner, M.A. (Wiss. Mitarbeiterin)

     GESTALTUNG UND SATZ
     unger+ kreative strategen GmbH
     www.ungerplus.de

     DRUCK
     Druckerei Mack GmbH, Siemensstraße 15, 71101 Schönaich
     www.druckerei-mack.de

     FOTONACHWEIS
     Ministerium für Soziales und Integration Baden-Württemberg (Seite 5)

     Stand: März 2021

        WEITERE PUBLIKATIONEN DER BEGLEITFORSCHUNG ZUR LANDESSTRATEGIE
        „QUARTIER 2020 – GEMEINSAM.GESTALTEN.“

        •	Ministerium für Soziales und Integration Baden-Württemberg (Hrsg.) (2021):
           Quartiersentwicklungsatlas Baden-Württemberg. Abschlussbericht der Begleitforschung zur Landesstrategie
           „Quartier 2020 – Gemeinsam.Gestalten.“ (2018 – 2020).
           Online verfügbar unter: www.quartier2030-bw.de/quartier_2030/materialien_downloads
        •	Prof. Dr. René Gründer und Georg Reiff (2019): Zur Rolle der Landkreise bei der Quartiersentwicklung
           von Städten und Gemeinden. In: Landkreisnachrichten, 58. Jahrgang, Ausgabe 3/2019, S.254-256.
           Online verfügbar unter www.quartier2030-bw.de/quartier_2030/materialien_downloads
        •	Prof. Dr. René Gründer und Ursula Kremer-Preiss (2019): Welche Kompetenzen braucht Quartiersent-
           wicklung vor Ort? Umfragebasierte Entwicklung eines Fortbildungskonzeptes für die Kommunen in
           Baden-Württemberg. In: Die Gemeinde/BWGZ, Jahrgang 2019, Ausgabe 23/2019, S. 1172 – 1178.
           Online verfügbar unter www.quartier2030-bw.de/quartier_2030/materialien_downloads

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KURZBERICHT – QUARTIERSENTWICKLUNGSATLAS BADEN-WÜRTTEMBERG

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