RÜCKBLICK & AUSBLICK I/2021 - Aktuelle Entwicklungen an den Kapitalmärkten - Hauck & Aufhäuser
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RÜCKBLICK & AUSBLICK I/2021 Aktuelle Entwicklungen an den Kapitalmärkten • Goldilocks? • Weltwirtschaft mit nachhaltiger Impfperspektive – Aktien fliegen • Steilere Renditestrukturkurven • Dollar mit temporärem Rückenwind • Aktien: Gewinne trotzen dem Renditeanstieg • Kann Gold wieder glänzen? 1
GOLDILOCKS? schon früh angelegt war. Zu den er- neuten umfangreichen fiskalischen Konjunkturzuversicht und Inflations- Impulsen jenseits des Atlantiks ge- ängste bestimmten im ersten Quartal sellten sich dort weitere Corona- das Kapitalmarktgeschehen. Renten- Lockerungsschritte sowie deutliche und Aktienmarkt waren davon jedoch Fortschritte bei den Impfungen. unterschiedlich betroffen. Ersterer litt, Nachdem der US-Arbeitsmarktbe- die Aktienmärkte profitierten. Erst richt im Januar noch verhalten aus- wenn ein (vor allem realer) Zinsan- gefallen war, schlug der Februar- stieg als zu stark angesehen wird und Bericht mit einer Zahl von 379.000 das Potential hat, die Konjunktur- und neuen Stellen im Nicht-Agrarbereich Gewinnaussichten zu trüben, drückt regelrecht ein. Insbesondere der Be- das den Aktienmarkt. Dieser Punkt schäftigungszuwachs im Restaurant & dürfte noch nicht erreicht sein. Auch Bar-Bereich belief sich auf über in der kürzeren Historie betrachtet, 285.000. Von derlei Öffnungspers- sind die Zinsen am langen Ende des pektiven waren die europäischen Kapitalmarktes nämlich noch niedrig Volkswirtschaften zumindest Mitte – trotz der jüngsten Bewegungen. Vor des 1. Quartals noch meilenweit ent- gut zwei Jahren notierte die zehnjäh fernt. Lediglich das Instrument „Kurz- rige US-Staatsanleihe bei rund 3 %, arbeit“ hat diesseits des Atlantiks immerhin etwa doppelt so hoch wie Schlimmeres verhindert. Auch zum heute. Sollte die globale Konjunktur- Ende des ersten Quartals 2021 ist die erholung ab dem zweiten Quartal konjunkturelle Divergenz zwischen stärker synchron verlaufen, sodass den USA und Asien auf der einen auch die Eurozone und China der und Europa auf der anderen Seite US-Wachstumslokomotive folgen, weiterhin signifikant. Dennoch be- würden Aktien weltweit breit unter- deuten die Fiskalkanonen in den stützt. Es bleibt spannend! USA für die Weltwirtschaft insge- samt einen zusätzlichen Anschub. So geht die OECD inzwischen davon WELTWIRTSCHAFT aus, dass der Fiskalstimulus der Biden-Administration das Weltwirt- MIT NACHHALTIGER schaftswachstum um rund einen IMPFPERSPEKTIVE – Prozentpunkt auf 5,6 % in diesem Jahr hieven dürfte. Dies sind 1,4 Pro- AKTIEN FLIEGEN zentpunkte mehr als noch bei der OECD-Prognose im November 2020. Für die USA wird nunmehr im laufen- Der Jahresbeginn stand im Lichte den Jahr ein Wachstum von 6,5 % des zu erwartenden Konjunkturfeuer- erwartet; ein Plus von 3,3 Prozent- werks, das mit dem Erfolg der „Blauen punkten gegenüber der letzten Prog- Welle“ in den Vereinigten Staaten nose in Q4 2020! Während Kanada 2
EINKAUFSMANAGERINDIZES FÜR DAS VERARBEITENDE GEWERBE: GLOBALE KONJUNKTUR SEHR ROBUST, JEDOCH NICHT SYNCHRON 70 60 50 40 30 05/18 05/19 05/20 02/21 China USA Eurozone Quelle: H&A Global Investment Management, Bloomberg und Mexiko von ihrem südlichen bzw. Auch die EWU-Wirtschaft dürfte mit nördlichen Nachbarn besonders pro den in Gang kommenden Impfungen fitieren dürften (ein zusätzlicher sukzessive Öffnungsschritte umset- Wachstumsbeitrag in Höhe von ei- zen, so dass der private Konsum wie- nem Prozentpunkt gegenüber der der an Stärke gewinnt. 2020er-Prognose), dürfte der zusätz liche Wachstumsimpuls für Europa Der massive Konjunkturstimulus, der mit 0,5 Prozentpunkten geringer aus- in den Startlöchern steht, hat zu einer fallen. Als Grund nennt die OECD Rotation an den Kapitalmärkten ge- die deutlichen Verzögerungen bei führt. Firmen, die perspektivisch stärker den Impfungen. von der Konjunkturdynamik profitieren, wie beispielsweise Banken und Flug Etwas weniger Rückenwind kommt im linien, haben zu einer Rallye angesetzt. ersten Quartal aus China, wobei die Gleichzeitig haben Technologiewerte Einkaufsmanagerindizes noch knapp wie Netflix und Amazon einen Dämpfer im expansiven Bereich rangieren. Im bekommen. Auf den Bondmärkten hat zweiten Quartal erwarten wir von der die Erwartung an einen dynamischen zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt Preisauftrieb in den USA zu einem sig- eine erneut hohe Konjunkturdynamik. nifikanten Sell-off geführt. 3
AMERIKANISCHE AKTIENINDIZES HABEN COVID-19 HINTER SICH GELASSEN 4000 2700 3500 2200 3000 1700 2500 2000 1200 1500 700 1000 500 200 02/09 02/11 02/13 02/15 02/17 02/19 02/21 S&P 500 Russel 2000 (re. S.) Quelle: H&A Global Investment Management, Bloomberg Nach dem der breit gefasste S&P 500 Bedingung dafür ist natürlich, dass der bereits im vergangenen Jahr wieder Renditeanstieg am langen Ende der deutlich über sein Vorkrisenniveau ge- Treasury-Kurve nach der deutlichen Be- klettert war, steht seit Jahresbeginn wegung im ersten Quartal an Dynamik 2021 ein Plus von rund 4 % auf dem verliert. Tacho. Leicht dahinter mit knapp 3 % rangiert der Technologieindex Nasdaq, Mit dem Konjunkturoptimismus durch der zu Mitte des ersten Quartals zeit- die „Blaue Welle“ drehte auch der Öl- weise mit über 9 % vorne lag. Im Ver- preis Ende Januar 2021 deutlich nörd- gleich zum Jahr 2020 kommt der Euro lich. Nachdem die Richtsorte Brent An- Stoxx 50 nun deutlich in die Gänge (seit fang Februar bei rund 60 USD/Barrel Jahresbeginn: +7,2 %) und notiert aktu- aus dem mittelfristigen Abwärtstrend ell nur unweit seines Vorkrisenniveaus. ausgebrochen war, gab es kein Halten Mit einem Plus von über 15 % präsen- mehr. Neben den freundlicheren Nach- tiert sich der Russel-2000-Index im frageperspektiven im Zuge der wieder Nebenwerte-Universum seit Jahres anziehenden Mobilität sorgte auch die beginn äußerst dynamisch. OPEC+ mit ihrer überraschend anhal- tenden Einigung bei den Produktions- Wenngleich eine partielle Rotation (von mengen für entsprechenden Preisauf- Wachstums- hin zu Value-Titeln) etwas trieb. Vor diesem Hintergrund „rauschte“ Glanz vom bisherigen Krisengewinner Öl der Richtsorte Brent Anfang März bis nahm, bleiben Technologie-Werte auf 71 USD/Barrel – ein Plus von über grundsätzlich unterstützt. Notwendige 38 % seit Jahresbeginn. 4
STEILERE RENDITE- Auch das Renditebild der Eurozone konnte sich von der dynamischen STRUKTURKURVEN Entwicklung bei US-Treasuries nicht völlig entziehen. So kämpfte die zehn- Wenngleich unsere Projektion für das jährige Bundrendite Ende Februar zehnjährige Laufzeitenspektrum der kurzzeitig mit der Marke von –0,20 %. US-Treasury-Kurve an dieser Stelle Danach rutschte die Rendite wieder in vor einem Quartal 1,20 % zum Ende Richtung –0,3 %. Auch die EWU-Peri- des 1. Quartals vorsah, wurde unsere pherie bleibt nach kurzfristig höherer Prognose tatsächlich um rund 40 Ba- Volatilität an den Staatsanleihe sispunkte übertroffen. Am 5. März märkten unterstützt. Auf ihrer Sitzung kletterte die zehnjährige Benchmark am 11. März ließ die EZB ihren vielen rendite zeitweise auf bis zu 1,62 %. Worten im Vorfeld der geldpolitischen Allerdings scheint der Anstieg der Sitzung Taten folgen. Mit Blick auf die Renditen etwas zu beruhigen. Unse- Notwendigkeit hinreichend günstiger res Erachtens sind nach dem starken Finanzierungskonditionen kündigten Zinsanstieg innerhalb weniger Wo- die EWU-Währungshüter verstärkte chen das Inflationsbild für 2021, das Anleiheankäufe an, um dem „unwill- Biden-Fiskalpaket sowie die kom- kommenem“ Renditeanstieg Einhalt menden Lockerungen in den USA zu gebieten. weitestgehend eingepreist. AVERAGE-INFLATION-TARGETING IMPLIZIERT HÖHERE LAUFZEITENPRÄMIE BEI TREASURIES (IN %) 8 6 4 2 0 -2 02/08 02/10 02/12 02/14 02/16 02/18 02/20 10-j. Laufzeitenprämie 10-j. reale UST-Rendite Quelle: H&A Global Investment Management, Bloomberg 5
DOLLAR MIT TEMPO- AKTIEN: GEWINNE RÄREM RÜCKENWIND TROTZEN DEM Die positiven Impfstoff-Meldungen RENDITEANSTIEG hatten die Hoffnungen auf eine bal dige Rückkehr zur Normalität verstärkt Die globalen Aktienmärkte sollten und bei der US-Valuta zunächst für auch in den nächsten Monaten von der Gegenwind gesorgt. Der Dollar-Index, Gewinndynamik profitieren können. der die Entwicklung der US- zu sechs Die Gewinnberichterstattung (Earnings Leitwährungen misst, erreichte An- Season) für das 4. Quartal 2020 war fang 2021 ein vorläufiges Jahres erstaunlich gut. Inzwischen werden verlaufstief (89,2 Punkte). Allerdings sogar nicht nur in Amerika, sondern machte das Greenback-Barometer auch in anderen Regionen der Welt seitdem moderat an Boden gut die Gewinnprognosen angehoben, die und kletterte Anfang März bis auf Gewinnrevisionen sind entsprechend 92,5 Punkte, dem höchsten Stand positiv geworden. Für den amerikani- seit vier Monaten. Damit überlagerte schen Leitindex, den S&P 500, werden die skizzierte (US-)Renditebewegung, für das laufende Jahr knapp 30 % Ge- die eine steigende Dollarnachfrage winnzuwachs prognostiziert, im nächs- nach sich zog, die zyklischen Eigen- ten Jahr weitere knapp 10 %. Der schaften der US-Valuta. Da wir keinen Gewinnzyklus scheint eine gewisse weiteren Rendite-Schub im Ausmaß Robustheit zu haben – trotz der verän- der Q1-Bewegung erwarten, fühlen wir derten Renditelandschaft. uns mit unserem Prognose-Korridor von 1,16 bis 1,25 bei EUR/USD weiter In der Regel könnend die Aktienmärkte wohl. steigende Renditen erstaunlich gut verkraften, solange die Anstiege nicht exzessiv werden und Konjunktur- und Gewinnzyklus keine Beeinträchtigung erfahren. Am wichtigsten aber dürfte 6
sein, dass die Notenbanken keine ab- KANN GOLD WIEDER rupte zinspolitische Wende einleiten – sowie wie 1994. Es dürfte kein Zufall GLÄNZEN? gewesen sein, dass genau damals die Aktienmärkte vorübergehend Federn Mit den steigenden Opportunitäts lassen mussten. kosten für Gold sackte das wertvollste Edelmetall Anfang März bis auf In unserer regionalen Allokation bevor- 1.676 USD/Feinunze. Mit der Beruhi- zugen wir weiterhin den amerikani- gung an den Staatsanleihemärkten schen Markt und erwägen eine höhere scheint Gold jedoch einen Boden zu Gewichtung der Schwellenländer finden. Wie zuvor konstatiert, neigt der (Emerging Markets). Zunehmender Greenback bei besseren Aussichten konjunktureller Optimismus sollte die- für die Weltwirtschaft zur Schwäche. ser Region Rückenwind geben. Das Sobald die zyklischen Eigenschaften gilt nicht zuletzt auch für das Segment des US-Dollars wieder in den Vorder- der „Value“-Aktien, also nach funda- grund treten, dürfte der Gold-Rücken- mentalen Bewertungsmaßstäben wind durch den US-Dollar wieder günstig bewerteten Aktien. leicht zunehmen. Nichtsdestotrotz dürften die Safe-Haven-Eigenschaften von Gold im Falle eines synchronen weltwirtschaftlichen Aufschwungs weniger gefragt sein. Nicht beherrsch- bare Virus-Mutationen oder signifi kante Impfstofflieferprobleme sollten wiederum preisunterstützend wirken. 7
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