Rat der EU und Europäischer Rat - dwt-sgw
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- info Brüssel 2 2017 DEUTSCHE GESELLSCHAFT FÜR WEHRTECHNIK e.V. Repräsentant Brüssel neutral unabhängig übergreifend 10. Oktober 2017 1. Rat der EU und Europäischer Rat Digitalisierungsgipfel in Tallin Der Europäische Ratsgipfel am 29. September 2017 in Tallinn widmete sich dem Thema Digitalisierung, einem Kernanliegen von Estland, welches nunmehr die EU-Ratspräsidentschaft führt. Zugleich fiel der Gipfel in eine Zeit, in der die jüngsten Reden des französischen Präsidenten Macron, der britischen Premierministerin May und dem EU-Kommissionspräsidenten Juncker für Redebedarf zwischen den Staats- und Regierungschefs gesorgt haben. Das Thema Digitalisierung rückte in Tallinn damit an den Rand. Bereits im Vorfeld wurde davon abgesehen, eine Schlusserklärung zu veröffentlichen. Aufmerksamkeit erregte einzig das Vorpreschen der größten Mitgliedsstaaten mit ihrem Vorschlag, Steuervermeidungspraktiken digitaler Großkonzerne zielgerichteter und effektiver zu bekämpfen. Am 1. Juli 2017 übernahm Estland den Vorsitz im Rat der Europäischen Union (EU- Ratspräsidentschaft). Unter dem Motto „Anführen statt Folgen“ erklärte das Land die Digitalisierung zu einem Schwerpunkt seiner Ratspräsidentschaft. Estlands digitale Agenda für die Europäische Union (EU) umfasst fünf Kernthemen: Den freien Verkehr von Daten, die smart economy, den elektronischen Handel, die digitale Regierung und den Themenkomplex Vertrauen und Sicherheit in Bezug auf digitale Medien. Das Ziel ist es, die Vorteile einer digitalen Gesellschaft für jeden individuellen Europäer umzusetzen. Hintergrund: Digitale Technologien verändern radikal unsere Art zu leben und zu arbeiten. Um die Folgen der Digitalisierung für Bürger und Unternehmen zu nutzen, verfolgt die Europäische Kommission seit Mai 2015 das Ziel eines Digitalen Binnenmarktes. Bei seiner vollständigen Umsetzung könnte der Digitale Binnenmarkt 415 Billionen Euro zur Wirtschaftsleistung der EU beitragen. In Anbetracht dieser enormen Chancen lässt der Stand der Digitalisierung in Europa noch zu wünschen übrig: Nur ein Fünftel der europäischen Firmen gelten als hochgradig digitalisiert. Weniger als die Hälfte der Unternehmen nutzen wenigstens zwei der sieben digitalen Schlüsseltechnologien. Und fast 40 Prozent der europäischen Erwerbsbevölkerung haben nicht ausreichende Fähigkeiten im Umgang mit digitalen Medien. Die estnische Ratspräsidentschaft konzentrierte die Diskussion im Vorfeld des Gipfels auf vier Themengebiete: (1) Die Digitalisierung der europäischen Wirtschaft. Als hierfür notwendige Faktoren wurden herausgehoben eine hochentwickelte digitale Infrastruktur, insbesondere eine flächendeckende Breitbandversorgung, die Entwicklung eines neuen Standards für mobile Netze (5G) sowie die Verbesserung in der Verfügbarkeit von Supercomputern. (2) Die Verbesserung von digitalen Fähigkeiten aufseiten der Arbeitnehmer. Hier müsse man verstärkt auf den Ansatz des lebenslangen Lernens setzen. (3) Den Themenkomplex Cybersichert. Eine Herausforderung ist, dass durch die verstärkte Vernetzung von Gebrauchsgegenständen Hackern vermehrt Angriffsfläche geboten wird. Viel diskutiert wurde im vergangenen Jahr auch die
2 Gefahr, dass digitale Medien dazu missbraucht werden, in den demokratischen Prozess einzugreifen. (4) Die Digitalisierung in der Verwaltung und den Behörden (e-Government). Ziele sind hier die vermehrte Nutzung elektronischer Identifikationsmöglichkeiten sowie die Sicherstellung, dass Informationen nur einmal an Behörden übermittelt werden (once-only principle) müssen. Als übergreifendes Ziel schlägt Estland vor, dass der freie Fluss von Daten zu einer fünften Grundfreiheit in der EU werden soll, wie der estnische Präsident Jüri Ratas vor dem Gipfel noch einmal betonte. Im Rahmen ihrer Strategie des Digitalen Binnenmarkts hat die Europäische Kommission bereits einige Initiativen vorgestellt. Diese zielen beispielsweise auf harmonisierte Radiofrequenzen in der EU, insbesondere die Freigabe des für 5G wichtigen 700 MHz Spektrums, auf die Stärkung der EU-Cybersicherheit-Agentur ENISA (European Union Agency for Network and Information Security) und auf einen gemeinsamen gesetzlichen Rahmen für elektronische Identifikation. Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien drängten im Vorfeld des Gipfels erneut darauf, sich möglichst schnell auf eine adäquate Besteuerung von Profiten zu einigen, die durch digitale Produkte in ganz Europa erzielt werden, aktuell aber in Ländern mit niedrigen Zinssätzen gemeldet werden. Damit rekurrierten die vier Länder auf ihren Vorschlag vor dem Treffen der Wirtschafts- und Finanzminister am 16.09.2017, eine Ausgleichssteuer für diese Profite einzuführen. Der Vorschlag wurde bei diesem Treffen von insgesamt zehn Mitgliedsstaaten unterstützt. Weitere neun Mitgliedsstaaten schlossen sich später dem Vorschlag an. Es zeichneten sich somit im Vorfeld des Gipfels gewisse Differenzen zwischen den Mitgliedsstaaten ab: Während Estland dafür wirbt, sich den Chancen der Digitalisierung zu widmen, möchten die westlichen Mitgliedsstaaten zunächst das Problem der Besteuerung digitaler Unternehmen gelöst wissen. Ergebnisse des Gipfels: Insgesamt schien den Gipfelteilnehmern die Bedeutung des Themas Digitalisierung durchaus bewusst. Gerade das Thema der Besteuerung von digitalen Großkonzernen scheint vielen Staaten ein Anliegen zu sein. Ohne konkrete Beschlüsse bleibt jedoch abzuwarten, welche Resultate aus den Diskussionen hervorgehen. 2. Europäische Verteidigungsagentur (EDA) Ammunition Classification under REACH Brussels - 2 October, 2017 To build a common understanding of the REACH regulatory provisions and facilitate the exchange of best practices in the field of Ammunition Classification, EDA Member States adopted on 22 September a Common Position on Ammunition Classification under REACH. The Common Position is based on the outcome of the Agency’s work conducted in this field since 2014, with the support of Member States’ REACH and ammunition experts at technical level, and on the basis of a continuous exchange with the European Commission, the European Chemicals Agency and EU defence industry. The adoption of the Common Position constitutes an important milestone as it will significantly contribute to: • reducing the risk of misinterpretation of, and enhancing compliance to, the REACH Regulation´s provisions on substances/mixtures or articles; • supporting the European Defence Technological and Industrial Base (EDTIB) in its efforts to raise awareness on issues pertaining to ammunition classification under REACH; and • minimising the possibility of potential incorrect classification of ammunition along the REACH Regulation´s provisions on substances/mixtures or articles, and related
3 potential negative impact on the operational effectiveness of Member States’ Armed Forces. The Common Position reflects EDA participating Member States’ (pMS) position/views on the classification of ammunition categories and types under REACH. It also states that ”Views reflected are for reference only and are not in any way legally binding for those obligated by REACH, the Member States, or other REACH stakeholders. Usage of the information contained in the document remains under the sole responsibility of the users, including ensuring that any conclusions drawn on the basis of the information are compliant with REACH or any other applicable national and EU legislation. The EDA and its pMS adopting this document, will not be held liable or bear any responsibility in this regard.” The EDA has disseminated the Common Position as widely as possible to relevant stakeholders, including the Commission, ECHA and EU defence industry, and intends to assess potential feedback/comments, as basis for future improvement of the document. Für mehr Information siehe bitte: https://www.eda.europa.eu/info-hub/press-centre/latest-news/2017/10/02/eda- member-states-adopt-common-position-on-ammunition-classification-under-reach Germany and Norway to join the MMF In a signing ceremony on 25 September, 2017, the current Multinational Multi-Role Tanker Transport Fleet (MMF) contract was amended to include both Germany and Norway as participants to the MMF project along with the Netherlands and Luxembourg. Mr. Arturo Alfonso-Meiriño, OCCAR Director, Mr. Bernhard Brenner, Airbus Defence & Space Executive Vice President Marketing and Sales, and Mr. Didier Plantecoste, Airbus Defence & Space Head of Tanker Programmes and Derivatives officially signed the amendment at OCCAR-EA offices in Bonn, Germany. This amendment exercises a contract option to significantly increase the scope of the project from the two A330 MRTT aircraft initially ordered to seven aircraft in total, including also options for up to four additional aircraft (potential increase to 11 aircraft in total). The contract amendment signifies an important evolution of the MMF Programme as a key capability for NATO and European Air Forces, demonstrates the increasing confidence of European nations in the cooperative solution achieved by the European Union and NATO and recognizes the A330 MRTT product. Further nations are expected to join the MMF in the future and to exercise the available contract options. Also in attendance at this important signing ceremony were Mr. Peter Dohmen, General Manager, NSPA, Mr. Jan der Kinderen, the Netherlands, Mr. Tom Schons, Luxembourg, Mr. Stefan Neumann, Germany, and Mr. Dion Polman, EDA. The MMF project was initiated by the European Defence Agency (EDA) in 2012 and the Organisation Conjointe de Coopération en matière d'Armement (OCCAR) manages the acquisition as the NATO Support and Procurement Agency’s Contract Executing Agent. The acquisition phase was launched in July 2016 with the signing of the original contract and includes the first two years of support. Following the acquisition phase, NSPA will be responsible for the complete life-cycle management of the fleet. The Programme is funded by the four participants to the MMF project who will have the exclusive right to use these NATO-owned aircraft which will operate in a pooling arrangement. The aircraft will be configured for inflight refuelling, the transport of passengers (including VIPs) and cargo as well as for medical evacuation flights. The aircraft will be operated by a multinational unit from the
4 Main Operating Base (MOB) in Eindhoven (NLD) and Forward Operating Base (FOB) in Cologne (GER). The delivery of the seven A330 MRTT aircraft currently on contract from Airbus Defence and Space’s tanker conversion line at Getafe near Madrid is expected between 2020 and 2022. 3. NATO 3.1. NATO Industry Forum „Distributed Networked Systems“, 6. - 8. Juni 2017 in Den Haag (NL) Das NATO Industry Forum (NIF) fand im letzten Jahr als „NIF 2016 - strategic event“ statt. Ziel dieser Veranstaltung war der strategische Dialog zwischen NATO und Industrie. Die Teilnehmer und Sprecher dieser Veranstaltung waren dementsprechend hochrangige Vertreter der Rüstungsindustrie (z.B. CEO`s von Airbus Group, DCNS, Indra, Leidos, Leonardo, Lockheed Martin Cooperation, MBDA, Sabena Aerospace, Terma sowie Vertreter der Firmen Boing Company und Thales auf der Senior Vice President-Ebene), Politik (z.B. Hohe Vertreterin der EU für Außen-und Sicherheitspolitik, EU- Kommissarin für den Binnenmarkt, Industrie und Unternehmertum sowie kleine und mittlere Unternehmen) und NATO (z.B. Secretary General, Deputy Secretary General, Assistance Secretary General Defence Investment, Commander ACT1, Botschafter). Für das Jahr 2017 hat man sich diesmal jedoch für ein anderes Format entschieden. In kleineren „NIF - branded events“ werden der themenbezogene Dialog zwischen Industrie und NATO auf der Expertenebene gefördert. Vom 6.- 8. Juni 2017 fand dementsprechend auf Einladung des Headquarters Supreme Allied Commander Transformation (HQ SACT) ein themenbezogenes NIF mit dem Titel „Distributed Networked Systems“ statt. Hinter diesem Titel stehen Überlegungen zu den relevanten „netzwerkbasierten“ NATO-Rüstungsprojekten Joint Intelligence, Surveillance and Reconnaissance (JISR) und Alliance Future Surveillance and Control (AFSC). Hierzu meldeten sich neben NATO Repräsentanten von ACT, NCIA2, NSPA3, IS-DI4 und Vertreter nationaler Delegationen Industrievertreter von insgesamt 50 Unternehmen aus unterschiedlichsten Nationen an. Die DEU Rüstungsindustrie war durch Airbus Defence and Space, IBM-Deutschland GmbH, Rohde&Schwarz u.a. ebenfalls gut vertreten. Das themenbezogene NIF hatte aufgrund der Durchführungsmethode einen Workshop-Charakter. Die Teilnehmer wurden in Gruppen aufgeteilt, die dann durch eine Art Brainstorming potentielle Herausforderungen und technologische Möglichkeiten (einschl. Stärken und Schwächen) zukünftiger Netzwerke in unterschiedlichen Szenarien (vorhandene/ keine Infrastruktur, friedliche/ feindliche Umgebung etc.) herausarbeiteten. Die jeweiligen Themen/ Inhalte sollen an dieser Stelle nur schlaglichtartig und auszugsweise dargestellt werden. Auf Expertenebene wurden diese in angemessener Breite und fachlicher Tiefe diskutiert und unterschiedliche Ansichten/ Thesen ausgetauscht. Inhalte (Auszug) • Artificial Intelligence – Nutzung/ Integration (einschl. machine learning), Prüfung/ Beachtung rechtlicher Rahmenbedingungen • Applikation-basierte Anwendung (analog App-Store) • Differenzierte Netzwerk-Betrachtung und Kommunikationsbeziehungen (sensors- network, fusion-network, dissemination-network) 1 NATO Allied Command Transformation 2 NATO Communication Information Agency 3 NATO Support and Procurement Agency 4 NATO International Staff – Defence Investment
5 • Multifunktionssensor – Sensor für Domänen Air/Land/Maritime „softwarebasiert“ (ohne Austausch von hardware) nutzbar, Überlegungen zu einem Sensor mit unterschiedlichen Funktionen (z.B. Foto/ Video, Radar, ggf. Effektor im Bereich Electronic Warfare) • Energiebedarf/ Batterietechnologie – Überlegungen zur Autarkie in Einsatzgebieten ohne Infrastruktur • Kommerzielle Netzwerke – Nutzung kommerzieller Netzwerke ermöglichen, Aufbau eigenes Netzwerk bei fehlender Infrastruktur (zugleich Weiterentwicklung „hard tactical data link new generation“ als stabiles back-up) • Resilienz, Stabilität und Sicherheit zukünftiger militärischer Netzwerke • Informationsüberlegenheit – durch technologischen Vorsprung im Bereich Informationsanalyse • Information Overload – Anforderungen an das Informationsmanagement • … Insgesamt entwickelten sich im Laufe des Forums lebhafte Diskussionen mit anregenden und fruchtvollen Expertengesprächen. Ohne die für dieses Stadium angemessene relativ abstrakte Ebene zu verlassen, konnten am Ende durch den arbeitsgruppenübergreifenden Austausch und anschl. Zusammenfassung nutzbare Denkanstöße/ Hinweise und „Takeaways“ für das ACT gewonnen werden. Insbesondere für den Bereich AFSC war dieses NIF-branded event ein gelungener „Startschuss“ für die Industrie, um eine Vorstellung von dem Rüstungsprojekt und dessen Komplexität zu erhalten. Für das nächste Jahr ist wieder ein NATO Industrie Forum als „strategic event“ geplant. Hierzu hat Deutschland sich bereit erklärt, als Gastgeber das NIF 2018 am 12./13. November in Berlin auszurichten. Dies ist sicherlich ein geeigneter Ort, um hochkarätige Keynote-Speaker und prominente Vertreter aus Industrie und Politik für dieses Forum zu gewinnen. Das NIF 2018 wird daher nicht nur für Deutschland als Gastgeber eine ganz besondere Veranstaltung, sondern auch für die NATO insgesamt und die Multinationale Rüstungsindustrie im November 2018 „the place to be“. 3.2. Treffen der Staats- und Regierungschefs in Brüssel am 25.05.17 Gute und übersichtliche Zusammenfassungen und weitere Informationen finden sich auf nato.diplo.de: http://www.nato.diplo.de/Vertretung/nato/de/00/00__2017-05-25__Sondertreffen.html http://www.nato.diplo.de/Vertretung/nato/de/00/00__2017-05-25__Webstory__THW.html 3.3. Personalien Bei der Deutschen NATO Vertretung (DNV) hat Anfang Juli Herr Heiko Thoms den bisherigen Gesandten Herrn Dr. Ulrich Sante, der jetzt Botschafter in Singapur geworden ist, abgelöst. Herr Heiko Thoms war in seiner letzten Verwendung Stellvertretender Ständiger Vertreter bei den Vereinten Nationen in New York.
6 4. Der Europäische Verteidigungsfonds Mit freundlicher Genehmigung von Dr. Georg Queisner, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Vergaberecht, PwC Legal, Berlin Einführung und Überblick Die Europäische Kommission hat am 7. Juni 2017 ein Konzept für einen Europäischen Verteidigungsfonds vorgestellt. Mit dem Fonds beabsichtigt die Kommission, kooperative grenzüberschreitende Forschungs- und Entwicklungsprojekte zu innovativen Verteidigungstechnologien zu fördern. Der Fonds setzt sich aus verschiedenen, schrittweise einzuführenden Programmen zusammen. Auf diese Weise sollen bis 2020 bis zu 590 Mio. EUR aus Europäischen Haushaltsmitteln zur Verfügung gestellt werden. Die Mittel sollen allerdings überwiegend lediglich dann in vollem Umfang abgerufen werden können, wenn die Mitgliedstaaten die geförderten Projekte kofinanzieren. Die Kommission hofft dadurch, die Mitgliedstaaten zu Investitionen in Höhe von bis zu 2 Mrd. EUR zu mobilisieren. Ab 2020 sollen die EU- Mittel auf 1,5 Mrd. EUR pro Jahr erhöht werden, während sich die Kofinanzierungsbeiträge der Mitgliedstaaten auf 4 Mrd. EUR erhöhen sollen. Ziele und Umsetzung Die Kommission hat festgestellt, dass in der EU 178 Waffensysteme genutzt werden. Dem stehen Verteidigungsausgaben der EU-Mitgliedstaaten in Höhe von 227 Milliarden Euro gegenüber. Hingegen verfüge die USA über lediglich 30 Waffensysteme bei Ausgaben in Höhe von 545 Milliarden Euro. Die Kommission zieht hieraus den Schluss, dass in der EU erhebliche Doppelausgaben getätigt werden. Mit der Einrichtung eines Verteidigungsfonds will die Kommission dazu beitragen, diese Situation zu ändern. Konkret verfolgt sie folgende Ziele: • eine verstärkte Zusammenarbeit, • kostengünstiges Wirtschaften durch gemeinsame Planung und Forschung, • keine Mehrfachausgaben und • die Entwicklung von Verteidigungstechnologien und -ausrüstung, die im Alleingang nicht realisierbar wären. Der Europäische Verteidigungsfonds bildet sich aus zwei rechtlich getrennten, sich aber gegenseitig ergänzenden Fenstern, nämlich dem Forschungsfenster und dem Fähigkeitenfenster. Forschungsfenster Im Forschungsfenster will die EU Fördermittel für kooperative Forschungsprojekte zu innovativen Verteidigungstechnologien und -gütern vergeben. Die Mittel sollen vollständig aus dem EU-Haushalt finanziert werden. Mit Beschluss vom 11.04.2017 hat die Kommission bereits 25 Mio. EUR für das Jahr 2017 zur Verfügung gestellt. Diese Mittel sollen für „Vorbereitende Maßnahmen im Bereich Verteidigungsforschung“ genutzt werden (C(2017) 2262 final). Für den Abruf der Mittel gelten im Wesentlichen dieselben Regeln wie im Rahmen des EU- Programms Horizont 2020, das Rahmenprogramm der EU für Forschung und Innovation (2014-2020). Die Kommission hat bereits für das Jahr 2017 zur Einreichung von Projektvorschlägen aufgerufen. Sie plant die Unterstützung von Projekten in den Bereichen unbemannte Systeme im Marineumfeld und „Soldatensysteme“. Die Vorschläge werden nach Qualität und Wirkung sowie Qualität und Effizienz der Durchführung bewertet und anschließend von Sachverständigen auf ethische, rechtliche und gesellschaftliche Aspekte überprüft. Erste Finanzhilfevereinbarungen sollen Ende des Jahres 2017 unterzeichnet werden. Für das Jahr 2018 plant die Kommission 40 Mio. EUR und für das Jahr 2019 25 Mio. EUR bereitzustellen. Die Sicherung der Haushaltsmittel für die Jahre 2018/2019 ist erklärtes Etappenziel der Kommission.
7 Im Ergebnis will die EU mit den vorbereitenden Maßnahmen den Zusatznutzen EU- finanzierter Forschung im Verteidigungsbereich demonstrieren und den Weg zu einem speziellen europäischen Verteidigungsforschungsprogramm im nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen der EU (MFR, der immer für sechs Jahre beschlossen wird) ebnen. Ab dem Jahr 2021 sollen nach den Vorstellungen der Kommission 500 Mio. EUR jährlich zur Verfügung gestellt werden. Die Regeln für dieses Programm will die Kommission im Jahre 2018 vorstellen. Nach ihren Plänen sollen Programmausschüsse für die Entscheidung über die Projektförderung zuständig sein. Fähigkeitenfenster Im Fähigkeitenfenster soll die gemeinsame Entwicklung von Prototypen gefördert und die Beschaffung von Produkten unterstützt werden. Gefördert werden soll unter anderem der Bereich Cyberabwehr, Satellitenkommunikation und ferngesteuerte Flugsysteme (Drohnen). Das Fähigkeitenfenster beruht auf einem Verordnungsvorschlag der Kommission zur Einrichtung des Europäischen Programms zur industriellen Entwicklung im Verteidigungsbereich zwecks Förderung der Wettbewerbsfähigkeit und der Innovation in der Verteidigungsindustrie der EU (COM(2017) 294 final). Das Programm soll ab dem 01.01.2019 bis zum 31.12.2020 laufen. Nach dem Vorschlag der Kommission, soll die EU 500 Mio. EUR für das Programm zur Verfügung stellen. Allerdings sollen die Vorhaben - anders als im Forschungsfenster - durch Mittel der Mitgliedstaaten kofinanziert werden. Im Grundsatz soll der Beitrag der Union nicht mehr als 20 % der Gesamtkosten eines Projekts ausmachen. Etwas anderes gilt lediglich dann, wenn das Projekt im Rahmen der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit der EU durchgeführt wird. In diesem Fall kann die Unterstützung um weitere 10 Prozentpunkte erhöht werden. Mit der Voraussetzung der Kofinanzierung macht die Kommission deutlich, dass sie lediglich Anreize für die Mitgliedstaaten schaffen möchte. Eine finanzielle Gesamtverantwortung strebt sie nicht an. Werden sämtliche Mittel abgerufen, hat die Kommission mit dem Programm Mittel der Mitgliedstaaten in Höhe von 2 Mrd. EUR mobilisiert. Die Durchführung des Programms soll einem Ausschuss obliegen, an deren Sitzungen die Europäische Verteidigungsagentur als Beobachter teilnimmt. Voraussetzung für eine Unterstützung durch die EU soll sein, dass sich die Mitgliedstaaten verpflichten, nach der Entwicklung des Prototyps auch das Endprodukt zu beschaffen. Gleichzeitig bietet die Kommission den Mitgliedstaaten Unterstützung bei einer gemeinsamen Beschaffung an. Diese umfasst die Beratung bei der Wahl von Finanzierungsmodalitäten und Eigentümerstruktur sowie die Zurverfügungstellung von Muster- bzw. Rahmenverträgen. In den Genuss einer Förderung sollen lediglich Konsortien kommen, die sich aus insgesamt drei voneinander unabhängigen Unternehmen zusammensetzen, die ihren Sitz in mindestens zwei verschiedenen EU-Mitgliedstaaten haben. Die Unternehmen müssen in der Union niedergelassene Unternehmen sein, an denen die Mitgliedstaaten und/oder Staatsangehörige der Mitgliedstaaten mehr als 50 % der Anteile halten und das Unternehmen effektiv kontrollieren können. Sämtliche Infrastrukturen, Einrichtungen, Mittel und Ressourcen der Unternehmen müssen sich während der gesamten Laufzeit der Maßnahme auf dem Gebiet von EU- Mitgliedstaaten befinden. Ein fester Teil der Mittel soll zweckgebunden nur für Projekte mit kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) aus dem Verteidigungssektor zur Verfügung stehen, damit diese konkret von den Fördergeldern profitieren (ein Ziel, das auch das BMVg mit seinem Konzept zur Stärkung des wehrtechnischen Mittelstandes verfolgt). Zu diesem Zweck wird die Kommission prüfen, wie neue Finanzinstrumente von der Europäischen Investitionsbank und anderen Akteuren für die Unterstützung von KMU und Unternehmen mit mittlerer Kapitalisierung mobilisiert werden können. Nach Abschluss des Programms beabsichtigt die Kommission für den neuen MFR ein erweitertes Entwicklungsprogramm zu schaffen, in dem ab dem Jahr 2021 bis zu 1 Mrd. EUR jährlich zur Verfügung gestellt werden sollen. Auch hier sollen allerdings
8 mindestens 80 % der Mittel (also insgesamt mindestens 4 Mrd. EUR) von den Mitgliedstaaten kofinanziert werden. Bewertung Eine verstärkte Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten in den Bereichen Sicherheit und Verteidigung ist angesichts der zahlreichen aktuellen Herausforderungen sinnvoll. Stimmen die Schätzungen der Kommission, können durch eine Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten Kosten zwischen 25 Mrd. EUR und 100 Mrd. EUR jährlich eingespart und für andere Zwecke verwendet werden. Offen bleibt aber, ob der EU-Verteidigungsfonds die gewünschte Wirkung erzielen kann und tatsächlich eine erhebliche Reduzierung von Mehrfachausgaben bewirkt. Die finanzielle Ausstattung des Fonds bis 2020 ist jedenfalls vergleichsweise gering. Allein Deutschland hat im Verteidigungshaushalt 2017 1,15 Mrd. EUR für Forschung, Entwicklung und Erprobung eingestellt (in 2016 750 Mio. EUR). Der Erfolg des Fonds hängt zudem maßgeblich von der Bereitschaft der Mitgliedstaaten (aber auch der internationalen wehrtechnischen Industrie) ab, gemeinsame Produkte bis zur Serienreife zu entwickeln bzw. zu beschaffen. Zudem stellt sich die Frage, ob die Mittel nicht lediglich dazu eingesetzt werden, solche Projekte durchzuführen, die ohnehin unter Beteiligung von Unternehmen aus mehreren Mitgliedstaaten bereits heute geplant werden. Ob ab 2020 also tatsächlich zusätzlich fünf Milliarden Euro jährlich in gemeinsame Projekte investiert werden, bleibt abzuwarten. An einer Förderung interessierte Unternehmen sollten sich kurzfristig mit den Voraussetzungen für die Förderung im Forschungsfenster auseinandersetzen. Im Übrigen sollten sie die Rechtsentwicklung für das Entwicklungsfenster monitoren. Auch wenn das Interesse der Mitgliedstaaten noch nicht absehbar ist, kann eine Finanzierung von bis zu 20 % der Kosten durch die EU ein zusätzliches Argument gegenüber einem potentiellen Auftraggeber sein, das Projekt durchzuführen. Zudem können sich europäische Unternehmen gegenüber internationalen Unternehmen, die nicht förderfähig sein sollen, einen Finanzierungsvorteil sichern (auch wenn das in wettbewerblicher Hinsicht zumindest fragwürdig erscheint). 5. Federation of European Defence Technology Associations PRESS RELEASE London/The Hague/Paris, 27 September 2017 EDTA and EURODEFENSE on cooperative education, training and simulation. European defence cooperation on education, training and simulation has many important advantages to enhance skills, share European military culture for our military men and women, and reduce costs. The importance of cooperative training and the intention to make training an element of the permanent structured cooperation has been agreed in the Lisbon Treaty. This intention was reinforced in more recent papers on European cooperation like the EU global strategy for defence and security, but omitted in the European Defence Fund. Simulation technology for training goals was never mentioned. Hence, we believe cooperation on education, training and simulation needs more attention. EURODEFENSE and EDTA have compiled a brief report on the most important potential areas of cooperation as well as technological and funding opportunities. Main conclusions of a cooperative report is that cooperative education and training steeply improves procedural and cultural interoperability in the European armed forces. It promotes similar responses to the same situation and facilitates mutual understanding, integration and team building. For individual military men and women it builds lifelong personal networks that will help them to better understand their fellow Europeans. Technical developments have made simulation for training more realistic than actual training and exercises in many cases. Recommendations are:
9 1. To stimulate European education exchange programmes throughout all Member States. Especially in regions with overlapping cultures and bridgeable language barriers. 2. Better organise training throughout Europe. Actual training and exercises should be integrated in just a few major European Commands. 3. Realistic training using advanced simulation systems should be stimulated Europe wide and a European technological advantage in this area should be pursued. 4. Some simulated training can only be performed in large and complex facilities. These could be established by private funding and their use shared between military and other users on a pay-per-use basis. Download the full report in the news column of: http://www.fedta.eu/news/edtaandeurodefenseoncooperativeeducationtrainingandsi mulation 6. Sonstiges: Belgische Streitkräfte Zusammenfassung: Im Bieterverfahren um die Nachfolge des BEL Kampfflugzeuges F-16 haben lediglich USA (F-35) und GBR (Eurofighter) fristgerecht am 07.09.17 Angebote eingereicht. Frankreich hat überraschend für sein Flugzeug Rafale darauf verzichtet und versucht durch ein vom offiziellen Bieterverfahren abgesetztes politisches Angebot zur Verstärkung der bilateralen Verteidigungszusammenarbeit offenbar dennoch zum Zuge zu kommen. Im Einzelnen: Am 07.09. wurden durch USA (F-35) und UK (Eurofighter) fristgemäß die offiziellen Angebote zum Ersatz der belgischen F-16-Kampfflugzeuge abgegeben. Dies entspricht dem von der BEL Regierung vorgegebenen Zeitplan. Bereits zuvor ist Schweden (Gripen) und Boing (F-18) aus dem Bieterverfahren ausgestiegen. Überraschend hat FRA (Dassault mit Rafale) hingegen kein Angebot eingereicht. Gleichzeitig hat jedoch der FRA VM dem BEL VM Vandeput in einem Schreiben eine Verstärkung der militärischen Zusammenarbeit mit Frankreich unterbreitet und die Beschaffung von Rafale in der +Version vorgeschlagen und industrielle Kompensationen in Aussicht gestellt. Der Ausstieg von Dassault in letzter Sekunde wurde damit begründet, dass die Ausschreibung angeblich zu sehr auf die F-35 zugeschnitten war. Allerdings waren die Ausschreibungsunterlagen seit langer Zeit bekannt. Die belgische Regierung und die Fachleute sind durch diese Entscheidung überrascht worden. Offen ist aktuell, wie BEL mit der neuen Situation umgeht.
10 7. Termine und Veranstaltungen Termine Datum Ort Beiträge DWT – Info Brüssel 30. Nov 2017 DWT Geschäftsstelle / Wilcke Brüssel Beirat 3/17 6. Dez 2017 KAS Brüssel Beirat 1/18 5. März 2018 Veranstaltungen Datum Ort Brüsseler Gespräch 2/17 6. Dez 2017 KAS Thema: AFSC - Alliance Future Surveillance and Control Brüsseler Gespräch 1/18 5. März 2018 KAS Herausgeber: DEUTSCHE GESELLSCHAFT FÜR WEHRTECHNIK e. V.(DWT) Hochstadenring 50 53119 Bonn Verantwortlich für den Inhalt: KAdm a.D. Karl-Wilhelm Ohlms Geschäftsführer der DWT e. V. E-Mail: info@dwt-sgw.de Internet: www.dwt-sgw.de Redaktion „DWT – info Brüssel“ Oberst a.D. Dipl.-Ing. Axel Wilcke Mitglieder DWT Beirat Brüssel Die DWT – info Brüssel erscheint i.d.R. quartalsweise. Copyright © DWT e.V. Die DWT – info Brüssel wird an alle Fördernden (FM) und Persönlichen Mitglieder (PM) der DWT versandt.
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