Rat der EU und Europäischer Rat - dwt-sgw

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- info Brüssel                             2
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               DEUTSCHE GESELLSCHAFT FÜR WEHRTECHNIK e.V.
                                      Repräsentant Brüssel

                         neutral      unabhängig    übergreifend

                                                                       10. Oktober 2017

1. Rat der EU und Europäischer Rat
   Digitalisierungsgipfel in Tallin
   Der Europäische Ratsgipfel am 29. September 2017 in Tallinn widmete sich dem
   Thema Digitalisierung, einem Kernanliegen von Estland, welches nunmehr die
   EU-Ratspräsidentschaft führt. Zugleich fiel der Gipfel in eine Zeit, in der die
   jüngsten Reden des französischen Präsidenten Macron, der britischen
   Premierministerin May und dem EU-Kommissionspräsidenten Juncker für
   Redebedarf zwischen den Staats- und Regierungschefs gesorgt haben. Das
   Thema Digitalisierung rückte in Tallinn damit an den Rand. Bereits im Vorfeld
   wurde davon abgesehen, eine Schlusserklärung zu veröffentlichen.
   Aufmerksamkeit erregte einzig das Vorpreschen der größten Mitgliedsstaaten
   mit ihrem Vorschlag, Steuervermeidungspraktiken digitaler Großkonzerne
   zielgerichteter und effektiver zu bekämpfen.
   Am 1. Juli 2017 übernahm Estland den Vorsitz im Rat der Europäischen Union (EU-
   Ratspräsidentschaft). Unter dem Motto „Anführen statt Folgen“ erklärte das Land die
   Digitalisierung zu einem Schwerpunkt seiner Ratspräsidentschaft. Estlands digitale
   Agenda für die Europäische Union (EU) umfasst fünf Kernthemen: Den freien Verkehr
   von Daten, die smart economy, den elektronischen Handel, die digitale Regierung und
   den Themenkomplex Vertrauen und Sicherheit in Bezug auf digitale Medien. Das Ziel
   ist es, die Vorteile einer digitalen Gesellschaft für jeden individuellen Europäer
   umzusetzen.
   Hintergrund: Digitale Technologien verändern radikal unsere Art zu leben und zu
   arbeiten. Um die Folgen der Digitalisierung für Bürger und Unternehmen zu nutzen,
   verfolgt die Europäische Kommission seit Mai 2015 das Ziel eines Digitalen
   Binnenmarktes. Bei seiner vollständigen Umsetzung könnte der Digitale Binnenmarkt
   415 Billionen Euro zur Wirtschaftsleistung der EU beitragen. In Anbetracht dieser
   enormen Chancen lässt der Stand der Digitalisierung in Europa noch zu wünschen
   übrig: Nur ein Fünftel der europäischen Firmen gelten als hochgradig digitalisiert.
   Weniger als die Hälfte der Unternehmen nutzen wenigstens zwei der sieben digitalen
   Schlüsseltechnologien. Und fast 40 Prozent der europäischen Erwerbsbevölkerung
   haben nicht ausreichende Fähigkeiten im Umgang mit digitalen Medien.
   Die estnische Ratspräsidentschaft konzentrierte die Diskussion im Vorfeld des Gipfels
   auf vier Themengebiete:
   (1) Die Digitalisierung der europäischen Wirtschaft. Als hierfür notwendige Faktoren
       wurden herausgehoben eine hochentwickelte digitale Infrastruktur, insbesondere
       eine flächendeckende Breitbandversorgung, die Entwicklung eines neuen
       Standards für mobile Netze (5G) sowie die Verbesserung in der Verfügbarkeit von
       Supercomputern.
   (2) Die Verbesserung von digitalen Fähigkeiten aufseiten der Arbeitnehmer. Hier
       müsse man verstärkt auf den Ansatz des lebenslangen Lernens setzen.
   (3) Den Themenkomplex Cybersichert. Eine Herausforderung ist, dass durch die
       verstärkte Vernetzung von Gebrauchsgegenständen Hackern vermehrt
       Angriffsfläche geboten wird. Viel diskutiert wurde im vergangenen Jahr auch die
2
       Gefahr, dass digitale Medien dazu missbraucht werden, in den demokratischen
       Prozess einzugreifen.
   (4) Die Digitalisierung in der Verwaltung und den Behörden (e-Government). Ziele sind
       hier die vermehrte Nutzung elektronischer Identifikationsmöglichkeiten sowie die
       Sicherstellung, dass Informationen nur einmal an Behörden übermittelt werden
       (once-only principle) müssen.
   Als übergreifendes Ziel schlägt Estland vor, dass der freie Fluss von Daten zu einer
   fünften Grundfreiheit in der EU werden soll, wie der estnische Präsident Jüri Ratas vor
   dem Gipfel noch einmal betonte.
   Im Rahmen ihrer Strategie des Digitalen Binnenmarkts hat die Europäische
   Kommission bereits einige Initiativen vorgestellt. Diese zielen beispielsweise auf
   harmonisierte Radiofrequenzen in der EU, insbesondere die Freigabe des für 5G
   wichtigen 700 MHz Spektrums, auf die Stärkung der EU-Cybersicherheit-Agentur
   ENISA (European Union Agency for Network and Information Security) und auf einen
   gemeinsamen gesetzlichen Rahmen für elektronische Identifikation.
   Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien drängten im Vorfeld des Gipfels erneut
   darauf, sich möglichst schnell auf eine adäquate Besteuerung von Profiten zu einigen,
   die durch digitale Produkte in ganz Europa erzielt werden, aktuell aber in Ländern mit
   niedrigen Zinssätzen gemeldet werden. Damit rekurrierten die vier Länder auf ihren
   Vorschlag vor dem Treffen der Wirtschafts- und Finanzminister am 16.09.2017, eine
   Ausgleichssteuer für diese Profite einzuführen. Der Vorschlag wurde bei diesem
   Treffen von insgesamt zehn Mitgliedsstaaten unterstützt. Weitere neun
   Mitgliedsstaaten schlossen sich später dem Vorschlag an.
   Es zeichneten sich somit im Vorfeld des Gipfels gewisse Differenzen zwischen den
   Mitgliedsstaaten ab: Während Estland dafür wirbt, sich den Chancen der
   Digitalisierung zu widmen, möchten die westlichen Mitgliedsstaaten zunächst das
   Problem der Besteuerung digitaler Unternehmen gelöst wissen.
   Ergebnisse des Gipfels:
   Insgesamt schien den Gipfelteilnehmern die Bedeutung des Themas Digitalisierung
   durchaus bewusst. Gerade das Thema der Besteuerung von digitalen Großkonzernen
   scheint vielen Staaten ein Anliegen zu sein. Ohne konkrete Beschlüsse bleibt jedoch
   abzuwarten, welche Resultate aus den Diskussionen hervorgehen.

2. Europäische Verteidigungsagentur (EDA)
   Ammunition Classification under REACH
                                                                 Brussels - 2 October, 2017
   To build a common understanding of the REACH regulatory provisions and facilitate
   the exchange of best practices in the field of Ammunition Classification, EDA
   Member States adopted on 22 September a Common Position on Ammunition
   Classification under REACH.
   The Common Position is based on the outcome of the Agency’s work conducted in this
   field since 2014, with the support of Member States’ REACH and ammunition experts
   at technical level, and on the basis of a continuous exchange with the European
   Commission, the European Chemicals Agency and EU defence industry.
   The adoption of the Common Position constitutes an important milestone as it will
   significantly contribute to:
   • reducing the risk of misinterpretation of, and enhancing compliance to, the REACH
     Regulation´s provisions on substances/mixtures or articles;

   • supporting the European Defence Technological and Industrial Base (EDTIB) in its
     efforts to raise awareness on issues pertaining to ammunition classification under
     REACH; and

   • minimising the possibility of potential incorrect classification of ammunition along the
     REACH Regulation´s provisions on substances/mixtures or articles, and related
3
  potential negative impact on the operational effectiveness of Member States’ Armed
  Forces.
The Common Position reflects EDA participating Member States’ (pMS) position/views
on the classification of ammunition categories and types under REACH. It also states
that ”Views reflected are for reference only and are not in any way legally binding for
those obligated by REACH, the Member States, or other REACH stakeholders. Usage
of the information contained in the document remains under the sole responsibility of
the users, including ensuring that any conclusions drawn on the basis of the
information are compliant with REACH or any other applicable national and EU
legislation. The EDA and its pMS adopting this document, will not be held liable or bear
any responsibility in this regard.”
The EDA has disseminated the Common Position as widely as possible to relevant
stakeholders, including the Commission, ECHA and EU defence industry, and intends
to assess potential feedback/comments, as basis for future improvement of the
document.

Für mehr Information siehe bitte:

https://www.eda.europa.eu/info-hub/press-centre/latest-news/2017/10/02/eda-
member-states-adopt-common-position-on-ammunition-classification-under-reach

Germany and Norway to join the MMF
In a signing ceremony on 25 September, 2017, the current Multinational Multi-Role
Tanker Transport Fleet (MMF) contract was amended to include both Germany and
Norway as participants to the MMF project along with the Netherlands and
Luxembourg. Mr. Arturo Alfonso-Meiriño, OCCAR Director, Mr. Bernhard Brenner,
Airbus Defence & Space Executive Vice President Marketing and Sales, and Mr. Didier
Plantecoste, Airbus Defence & Space Head of Tanker Programmes and Derivatives
officially signed the amendment at OCCAR-EA offices in Bonn, Germany.
This amendment exercises a contract option to significantly increase the scope
of the project from the two A330 MRTT aircraft initially ordered to seven aircraft
in total, including also options for up to four additional aircraft (potential
increase to 11 aircraft in total). The contract amendment signifies an important
evolution of the MMF Programme as a key capability for NATO and European
Air Forces, demonstrates the increasing confidence of European nations in the
cooperative solution achieved by the European Union and NATO and
recognizes the A330 MRTT product. Further nations are expected to join the
MMF in the future and to exercise the available contract options.
Also in attendance at this important signing ceremony were Mr. Peter Dohmen,
General Manager, NSPA, Mr. Jan der Kinderen, the Netherlands, Mr. Tom
Schons, Luxembourg, Mr. Stefan Neumann, Germany, and Mr. Dion Polman,
EDA.
The MMF project was initiated by the European Defence Agency (EDA) in 2012
and the Organisation Conjointe de Coopération en matière d'Armement
(OCCAR) manages the acquisition as the NATO Support and Procurement
Agency’s Contract Executing Agent. The acquisition phase was launched in July
2016 with the signing of the original contract and includes the first two years of
support. Following the acquisition phase, NSPA will be responsible for the
complete life-cycle management of the fleet.
The Programme is funded by the four participants to the MMF project who will
have the exclusive right to use these NATO-owned aircraft which will operate in
a pooling arrangement. The aircraft will be configured for inflight refuelling, the
transport of passengers (including VIPs) and cargo as well as for medical
evacuation flights. The aircraft will be operated by a multinational unit from the
4

     Main Operating Base (MOB) in Eindhoven (NLD) and Forward Operating Base
     (FOB) in Cologne (GER).
     The delivery of the seven A330 MRTT aircraft currently on contract from Airbus
     Defence and Space’s tanker conversion line at Getafe near Madrid is expected
     between 2020 and 2022.

3. NATO
     3.1. NATO Industry Forum „Distributed Networked Systems“, 6. - 8. Juni
             2017 in Den Haag (NL)
     Das NATO Industry Forum (NIF) fand im letzten Jahr als „NIF 2016 - strategic event“
     statt. Ziel dieser Veranstaltung war der strategische Dialog zwischen NATO und
     Industrie. Die Teilnehmer und Sprecher dieser Veranstaltung waren dementsprechend
     hochrangige Vertreter der Rüstungsindustrie (z.B. CEO`s von Airbus Group, DCNS,
     Indra, Leidos, Leonardo, Lockheed Martin Cooperation, MBDA, Sabena Aerospace,
     Terma sowie Vertreter der Firmen Boing Company und Thales auf der Senior Vice
     President-Ebene), Politik (z.B. Hohe Vertreterin der EU für Außen-und
     Sicherheitspolitik, EU- Kommissarin für den Binnenmarkt, Industrie und
     Unternehmertum sowie kleine und mittlere Unternehmen) und NATO (z.B. Secretary
     General, Deputy Secretary General, Assistance Secretary General Defence
     Investment, Commander ACT1, Botschafter).
     Für das Jahr 2017 hat man sich diesmal jedoch für ein anderes Format entschieden. In
     kleineren „NIF - branded events“ werden der themenbezogene Dialog zwischen
     Industrie und NATO auf der Expertenebene gefördert. Vom 6.- 8. Juni 2017 fand
     dementsprechend auf Einladung des Headquarters Supreme Allied Commander
     Transformation (HQ SACT) ein themenbezogenes NIF mit dem Titel „Distributed
     Networked Systems“ statt. Hinter diesem Titel stehen Überlegungen zu den relevanten
     „netzwerkbasierten“ NATO-Rüstungsprojekten Joint Intelligence, Surveillance and
     Reconnaissance (JISR) und Alliance Future Surveillance and Control (AFSC).
     Hierzu meldeten sich neben NATO Repräsentanten von ACT, NCIA2, NSPA3, IS-DI4
     und Vertreter nationaler Delegationen Industrievertreter von insgesamt 50
     Unternehmen aus unterschiedlichsten Nationen an.
     Die DEU Rüstungsindustrie war durch Airbus Defence and Space, IBM-Deutschland
     GmbH, Rohde&Schwarz u.a. ebenfalls gut vertreten.
     Das themenbezogene NIF hatte aufgrund der Durchführungsmethode einen
     Workshop-Charakter. Die Teilnehmer wurden in Gruppen aufgeteilt, die dann durch
     eine Art Brainstorming potentielle Herausforderungen und technologische
     Möglichkeiten (einschl. Stärken und Schwächen) zukünftiger Netzwerke in
     unterschiedlichen Szenarien (vorhandene/ keine Infrastruktur, friedliche/ feindliche
     Umgebung etc.) herausarbeiteten.
     Die jeweiligen Themen/ Inhalte sollen an dieser Stelle nur schlaglichtartig und
     auszugsweise dargestellt werden. Auf Expertenebene wurden diese in angemessener
     Breite und fachlicher Tiefe diskutiert und unterschiedliche Ansichten/ Thesen
     ausgetauscht.

     Inhalte (Auszug)
     • Artificial Intelligence – Nutzung/ Integration (einschl. machine learning), Prüfung/
        Beachtung rechtlicher Rahmenbedingungen
     • Applikation-basierte Anwendung (analog App-Store)
     • Differenzierte Netzwerk-Betrachtung und Kommunikationsbeziehungen (sensors-
        network, fusion-network, dissemination-network)

1
  NATO Allied Command Transformation
2
  NATO Communication Information Agency
3
  NATO Support and Procurement Agency
4
  NATO International Staff – Defence Investment
5

• Multifunktionssensor – Sensor für Domänen Air/Land/Maritime „softwarebasiert“
   (ohne Austausch von hardware) nutzbar, Überlegungen zu einem Sensor mit
   unterschiedlichen Funktionen (z.B. Foto/ Video, Radar, ggf. Effektor im Bereich
   Electronic Warfare)
• Energiebedarf/ Batterietechnologie – Überlegungen zur Autarkie in
   Einsatzgebieten ohne Infrastruktur
• Kommerzielle Netzwerke – Nutzung kommerzieller Netzwerke ermöglichen,
   Aufbau eigenes Netzwerk bei fehlender Infrastruktur (zugleich Weiterentwicklung
   „hard tactical data link new generation“ als stabiles back-up)
• Resilienz, Stabilität und Sicherheit zukünftiger militärischer Netzwerke
• Informationsüberlegenheit – durch technologischen Vorsprung im Bereich
   Informationsanalyse
• Information Overload – Anforderungen an das Informationsmanagement
• …
Insgesamt entwickelten sich im Laufe des Forums lebhafte Diskussionen mit
anregenden und fruchtvollen Expertengesprächen. Ohne die für dieses Stadium
angemessene relativ abstrakte Ebene zu verlassen, konnten am Ende durch den
arbeitsgruppenübergreifenden Austausch und anschl. Zusammenfassung nutzbare
Denkanstöße/ Hinweise und „Takeaways“ für das ACT gewonnen werden.
Insbesondere für den Bereich AFSC war dieses NIF-branded event ein gelungener
„Startschuss“ für die Industrie, um eine Vorstellung von dem Rüstungsprojekt und
dessen Komplexität zu erhalten.
Für das nächste Jahr ist wieder ein NATO Industrie Forum als „strategic event“
geplant. Hierzu hat Deutschland sich bereit erklärt, als Gastgeber das NIF 2018 am
12./13. November in Berlin auszurichten. Dies ist sicherlich ein geeigneter Ort, um
hochkarätige Keynote-Speaker und prominente Vertreter aus Industrie und Politik für
dieses Forum zu gewinnen. Das NIF 2018 wird daher nicht nur für Deutschland als
Gastgeber eine ganz besondere Veranstaltung, sondern auch für die NATO insgesamt
und die Multinationale Rüstungsindustrie im November 2018 „the place to be“.

3.2. Treffen der Staats- und Regierungschefs in Brüssel am 25.05.17

Gute und übersichtliche Zusammenfassungen und weitere Informationen finden sich
auf nato.diplo.de:

http://www.nato.diplo.de/Vertretung/nato/de/00/00__2017-05-25__Sondertreffen.html

http://www.nato.diplo.de/Vertretung/nato/de/00/00__2017-05-25__Webstory__THW.html

3.3. Personalien

Bei der Deutschen NATO Vertretung (DNV) hat Anfang Juli Herr Heiko Thoms den
bisherigen Gesandten Herrn Dr. Ulrich Sante, der jetzt Botschafter in Singapur
geworden ist, abgelöst. Herr Heiko Thoms war in seiner letzten Verwendung
Stellvertretender Ständiger Vertreter bei den Vereinten Nationen in New York.
6

4. Der Europäische Verteidigungsfonds
   Mit freundlicher Genehmigung von Dr. Georg Queisner, Rechtsanwalt und Fachanwalt
   für Vergaberecht, PwC Legal, Berlin
   Einführung und Überblick
   Die Europäische Kommission hat am 7. Juni 2017 ein Konzept für einen Europäischen
   Verteidigungsfonds vorgestellt. Mit dem Fonds beabsichtigt die Kommission,
   kooperative grenzüberschreitende Forschungs- und Entwicklungsprojekte zu
   innovativen Verteidigungstechnologien zu fördern. Der Fonds setzt sich aus
   verschiedenen, schrittweise einzuführenden Programmen zusammen. Auf diese Weise
   sollen bis 2020 bis zu 590 Mio. EUR aus Europäischen Haushaltsmitteln zur
   Verfügung gestellt werden. Die Mittel sollen allerdings überwiegend lediglich dann in
   vollem Umfang abgerufen werden können, wenn die Mitgliedstaaten die geförderten
   Projekte kofinanzieren. Die Kommission hofft dadurch, die Mitgliedstaaten zu
   Investitionen in Höhe von bis zu 2 Mrd. EUR zu mobilisieren. Ab 2020 sollen die EU-
   Mittel auf 1,5 Mrd. EUR pro Jahr erhöht werden, während sich die
   Kofinanzierungsbeiträge der Mitgliedstaaten auf 4 Mrd. EUR erhöhen sollen.
   Ziele und Umsetzung
   Die Kommission hat festgestellt, dass in der EU 178 Waffensysteme genutzt werden.
   Dem stehen Verteidigungsausgaben der EU-Mitgliedstaaten in Höhe von 227
   Milliarden Euro gegenüber. Hingegen verfüge die USA über lediglich 30
   Waffensysteme bei Ausgaben in Höhe von 545 Milliarden Euro. Die Kommission zieht
   hieraus den Schluss, dass in der EU erhebliche Doppelausgaben getätigt werden. Mit
   der Einrichtung eines Verteidigungsfonds will die Kommission dazu beitragen, diese
   Situation zu ändern. Konkret verfolgt sie folgende Ziele:
   • eine verstärkte Zusammenarbeit,
   • kostengünstiges Wirtschaften durch gemeinsame Planung und Forschung,
   • keine Mehrfachausgaben und
   • die Entwicklung von Verteidigungstechnologien und -ausrüstung, die im Alleingang
      nicht realisierbar wären.
   Der Europäische Verteidigungsfonds bildet sich aus zwei rechtlich getrennten, sich
   aber gegenseitig ergänzenden Fenstern, nämlich dem Forschungsfenster und dem
   Fähigkeitenfenster.
   Forschungsfenster
   Im Forschungsfenster will die EU Fördermittel für kooperative Forschungsprojekte zu
   innovativen Verteidigungstechnologien und -gütern vergeben. Die Mittel sollen
   vollständig aus dem EU-Haushalt finanziert werden.
   Mit Beschluss vom 11.04.2017 hat die Kommission bereits 25 Mio. EUR für das Jahr
   2017 zur Verfügung gestellt. Diese Mittel sollen für „Vorbereitende Maßnahmen im
   Bereich Verteidigungsforschung“ genutzt werden (C(2017) 2262 final). Für den Abruf
   der Mittel gelten im Wesentlichen dieselben Regeln wie im Rahmen des EU-
   Programms Horizont 2020, das Rahmenprogramm der EU für Forschung und
   Innovation (2014-2020).
   Die Kommission hat bereits für das Jahr 2017 zur Einreichung von Projektvorschlägen
   aufgerufen. Sie plant die Unterstützung von Projekten in den Bereichen unbemannte
   Systeme im Marineumfeld und „Soldatensysteme“. Die Vorschläge werden nach
   Qualität und Wirkung sowie Qualität und Effizienz der Durchführung bewertet und
   anschließend von Sachverständigen auf ethische, rechtliche und gesellschaftliche
   Aspekte überprüft. Erste Finanzhilfevereinbarungen sollen Ende des Jahres 2017
   unterzeichnet werden.
   Für das Jahr 2018 plant die Kommission 40 Mio. EUR und für das Jahr 2019 25 Mio.
   EUR bereitzustellen. Die Sicherung der Haushaltsmittel für die Jahre 2018/2019 ist
   erklärtes Etappenziel der Kommission.
7
Im Ergebnis will die EU mit den vorbereitenden Maßnahmen den Zusatznutzen EU-
finanzierter Forschung im Verteidigungsbereich demonstrieren und den Weg zu einem
speziellen europäischen Verteidigungsforschungsprogramm im nächsten Mehrjährigen
Finanzrahmen der EU (MFR, der immer für sechs Jahre beschlossen wird) ebnen. Ab
dem Jahr 2021 sollen nach den Vorstellungen der Kommission 500 Mio. EUR jährlich
zur Verfügung gestellt werden. Die Regeln für dieses Programm will die Kommission
im Jahre 2018 vorstellen. Nach ihren Plänen sollen Programmausschüsse für die
Entscheidung über die Projektförderung zuständig sein.
Fähigkeitenfenster
Im Fähigkeitenfenster soll die gemeinsame Entwicklung von Prototypen gefördert und
die Beschaffung von Produkten unterstützt werden. Gefördert werden soll unter
anderem der Bereich Cyberabwehr, Satellitenkommunikation und ferngesteuerte
Flugsysteme       (Drohnen).     Das     Fähigkeitenfenster     beruht   auf    einem
Verordnungsvorschlag der Kommission zur Einrichtung des Europäischen Programms
zur industriellen Entwicklung im Verteidigungsbereich zwecks Förderung der
Wettbewerbsfähigkeit und der Innovation in der Verteidigungsindustrie der EU
(COM(2017) 294 final). Das Programm soll ab dem 01.01.2019 bis zum 31.12.2020
laufen.
Nach dem Vorschlag der Kommission, soll die EU 500 Mio. EUR für das Programm
zur Verfügung stellen. Allerdings sollen die Vorhaben - anders als im
Forschungsfenster - durch Mittel der Mitgliedstaaten kofinanziert werden. Im
Grundsatz soll der Beitrag der Union nicht mehr als 20 % der Gesamtkosten eines
Projekts ausmachen. Etwas anderes gilt lediglich dann, wenn das Projekt im Rahmen
der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit der EU durchgeführt wird. In diesem Fall
kann die Unterstützung um weitere 10 Prozentpunkte erhöht werden. Mit der
Voraussetzung der Kofinanzierung macht die Kommission deutlich, dass sie lediglich
Anreize für die Mitgliedstaaten schaffen möchte. Eine finanzielle Gesamtverantwortung
strebt sie nicht an. Werden sämtliche Mittel abgerufen, hat die Kommission mit dem
Programm Mittel der Mitgliedstaaten in Höhe von 2 Mrd. EUR mobilisiert.
Die Durchführung des Programms soll einem Ausschuss obliegen, an deren Sitzungen
die Europäische Verteidigungsagentur als Beobachter teilnimmt. Voraussetzung für
eine Unterstützung durch die EU soll sein, dass sich die Mitgliedstaaten verpflichten,
nach der Entwicklung des Prototyps auch das Endprodukt zu beschaffen. Gleichzeitig
bietet die Kommission den Mitgliedstaaten Unterstützung bei einer gemeinsamen
Beschaffung an. Diese umfasst die Beratung bei der Wahl von
Finanzierungsmodalitäten und Eigentümerstruktur sowie die Zurverfügungstellung von
Muster- bzw. Rahmenverträgen.
In den Genuss einer Förderung sollen lediglich Konsortien kommen, die sich aus
insgesamt drei voneinander unabhängigen Unternehmen zusammensetzen, die ihren
Sitz in mindestens zwei verschiedenen EU-Mitgliedstaaten haben. Die Unternehmen
müssen in der Union niedergelassene Unternehmen sein, an denen die
Mitgliedstaaten und/oder Staatsangehörige der Mitgliedstaaten mehr als 50 % der
Anteile halten und das Unternehmen effektiv kontrollieren können. Sämtliche
Infrastrukturen, Einrichtungen, Mittel und Ressourcen der Unternehmen müssen sich
während der gesamten Laufzeit der Maßnahme auf dem Gebiet von EU-
Mitgliedstaaten befinden.
Ein fester Teil der Mittel soll zweckgebunden nur für Projekte mit kleinen und
mittelständischen Unternehmen (KMU) aus dem Verteidigungssektor zur Verfügung
stehen, damit diese konkret von den Fördergeldern profitieren (ein Ziel, das auch das
BMVg mit seinem Konzept zur Stärkung des wehrtechnischen Mittelstandes verfolgt).
Zu diesem Zweck wird die Kommission prüfen, wie neue Finanzinstrumente von der
Europäischen Investitionsbank und anderen Akteuren für die Unterstützung von KMU
und Unternehmen mit mittlerer Kapitalisierung mobilisiert werden können.
Nach Abschluss des Programms beabsichtigt die Kommission für den neuen MFR ein
erweitertes Entwicklungsprogramm zu schaffen, in dem ab dem Jahr 2021 bis zu 1
Mrd. EUR jährlich zur Verfügung gestellt werden sollen. Auch hier sollen allerdings
8
   mindestens 80 % der Mittel (also insgesamt mindestens 4 Mrd. EUR) von den
   Mitgliedstaaten kofinanziert werden.
   Bewertung
   Eine verstärkte Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten in den Bereichen Sicherheit und
   Verteidigung ist angesichts der zahlreichen aktuellen Herausforderungen sinnvoll.
   Stimmen die Schätzungen der Kommission, können durch eine Zusammenarbeit der
   Mitgliedstaaten Kosten zwischen 25 Mrd. EUR und 100 Mrd. EUR jährlich eingespart
   und für andere Zwecke verwendet werden.
   Offen bleibt aber, ob der EU-Verteidigungsfonds die gewünschte Wirkung erzielen
   kann und tatsächlich eine erhebliche Reduzierung von Mehrfachausgaben bewirkt. Die
   finanzielle Ausstattung des Fonds bis 2020 ist jedenfalls vergleichsweise gering. Allein
   Deutschland hat im Verteidigungshaushalt 2017 1,15 Mrd. EUR für Forschung,
   Entwicklung und Erprobung eingestellt (in 2016 750 Mio. EUR). Der Erfolg des Fonds
   hängt zudem maßgeblich von der Bereitschaft der Mitgliedstaaten (aber auch der
   internationalen wehrtechnischen Industrie) ab, gemeinsame Produkte bis zur
   Serienreife zu entwickeln bzw. zu beschaffen. Zudem stellt sich die Frage, ob die Mittel
   nicht lediglich dazu eingesetzt werden, solche Projekte durchzuführen, die ohnehin
   unter Beteiligung von Unternehmen aus mehreren Mitgliedstaaten bereits heute
   geplant werden. Ob ab 2020 also tatsächlich zusätzlich fünf Milliarden Euro jährlich in
   gemeinsame Projekte investiert werden, bleibt abzuwarten.
   An einer Förderung interessierte Unternehmen sollten sich kurzfristig mit den
   Voraussetzungen für die Förderung im Forschungsfenster auseinandersetzen. Im
   Übrigen sollten sie die Rechtsentwicklung für das Entwicklungsfenster monitoren.
   Auch wenn das Interesse der Mitgliedstaaten noch nicht absehbar ist, kann eine
   Finanzierung von bis zu 20 % der Kosten durch die EU ein zusätzliches Argument
   gegenüber einem potentiellen Auftraggeber sein, das Projekt durchzuführen. Zudem
   können sich europäische Unternehmen gegenüber internationalen Unternehmen, die
   nicht förderfähig sein sollen, einen Finanzierungsvorteil sichern (auch wenn das in
   wettbewerblicher Hinsicht zumindest fragwürdig erscheint).

5. Federation of European Defence Technology Associations
   PRESS RELEASE London/The Hague/Paris, 27 September 2017

   EDTA and EURODEFENSE on cooperative education, training and simulation.
   European defence cooperation on education, training and simulation has many
   important advantages to enhance skills, share European military culture for our military
   men and women, and reduce costs. The importance of cooperative training and the
   intention to make training an element of the permanent structured cooperation has
   been agreed in the Lisbon Treaty. This intention was reinforced in more recent papers
   on European cooperation like the EU global strategy for defence and security, but
   omitted in the European Defence Fund. Simulation technology for training goals was
   never mentioned. Hence, we believe cooperation on education, training and simulation
   needs more attention.
   EURODEFENSE and EDTA have compiled a brief report on the most important
   potential areas of cooperation as well as technological and funding opportunities.
   Main conclusions of a cooperative report is that cooperative education and training
   steeply improves procedural and cultural interoperability in the European armed forces.
   It promotes similar responses to the same situation and facilitates mutual
   understanding, integration and team building. For individual military men and women it
   builds lifelong personal networks that will help them to better understand their fellow
   Europeans. Technical developments have made simulation for training more realistic
   than actual training and exercises in many cases.
   Recommendations are:
9
   1. To stimulate European education exchange programmes throughout all Member
      States. Especially in regions with overlapping cultures and bridgeable language
      barriers.
   2. Better organise training throughout Europe. Actual training and exercises should be
      integrated in just a few major European Commands.
   3. Realistic training using advanced simulation systems should be stimulated Europe
      wide and a European technological advantage in this area should be pursued.
   4. Some simulated training can only be performed in large and complex facilities.
      These could be established by private funding and their use shared between
      military and other users on a pay-per-use basis.

   Download the full report in the news column of:

   http://www.fedta.eu/news/edtaandeurodefenseoncooperativeeducationtrainingandsi
   mulation

6. Sonstiges:
   Belgische Streitkräfte
   Zusammenfassung:
   Im Bieterverfahren um die Nachfolge des BEL Kampfflugzeuges F-16 haben lediglich
   USA (F-35) und GBR (Eurofighter) fristgerecht am 07.09.17 Angebote eingereicht.
   Frankreich hat überraschend für sein Flugzeug Rafale darauf verzichtet und versucht
   durch ein vom offiziellen Bieterverfahren abgesetztes politisches Angebot zur
   Verstärkung der bilateralen Verteidigungszusammenarbeit offenbar dennoch zum
   Zuge zu kommen.
   Im Einzelnen:
   Am 07.09. wurden durch USA (F-35) und UK (Eurofighter) fristgemäß die offiziellen
   Angebote zum Ersatz der belgischen F-16-Kampfflugzeuge abgegeben. Dies
   entspricht dem von der BEL Regierung vorgegebenen Zeitplan. Bereits zuvor ist
   Schweden (Gripen) und Boing (F-18) aus dem Bieterverfahren ausgestiegen.
   Überraschend hat FRA (Dassault mit Rafale) hingegen kein Angebot eingereicht.
   Gleichzeitig hat jedoch der FRA VM dem BEL VM Vandeput in einem Schreiben eine
   Verstärkung der militärischen Zusammenarbeit mit Frankreich unterbreitet und die
   Beschaffung von Rafale in der +Version vorgeschlagen und industrielle
   Kompensationen in Aussicht gestellt.
   Der Ausstieg von Dassault in letzter Sekunde wurde damit begründet, dass die
   Ausschreibung angeblich zu sehr auf die F-35 zugeschnitten war. Allerdings waren die
   Ausschreibungsunterlagen seit langer Zeit bekannt.

   Die belgische Regierung und die Fachleute sind durch diese Entscheidung überrascht
   worden. Offen ist aktuell, wie BEL mit der neuen Situation umgeht.
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7. Termine und Veranstaltungen
   Termine                       Datum           Ort
   Beiträge DWT – Info Brüssel   30. Nov 2017    DWT Geschäftsstelle / Wilcke
   Brüssel Beirat 3/17           6. Dez 2017     KAS
   Brüssel Beirat 1/18           5. März 2018

   Veranstaltungen               Datum           Ort
   Brüsseler Gespräch 2/17     6. Dez 2017       KAS
   Thema: AFSC - Alliance
   Future    Surveillance  and
   Control
   Brüsseler Gespräch 1/18     5. März 2018       KAS

Herausgeber:
DEUTSCHE GESELLSCHAFT FÜR WEHRTECHNIK e. V.(DWT)
Hochstadenring 50
53119 Bonn
Verantwortlich für den Inhalt:
KAdm a.D. Karl-Wilhelm Ohlms
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Redaktion „DWT – info Brüssel“
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Mitglieder DWT Beirat Brüssel

  Die DWT – info Brüssel erscheint i.d.R. quartalsweise. Copyright © DWT e.V.
  Die DWT – info Brüssel wird an alle Fördernden (FM) und Persönlichen Mitglieder
  (PM) der DWT versandt.
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