REISEBERICHT ARCHITEKTURREISE LYON - bis 5. Mai 2019 Licht schafft Atmosphäre und das Gefühl des Raums sowie den Ausdruck einer Struktur.

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REISEBERICHT ARCHITEKTURREISE LYON - bis 5. Mai 2019 Licht schafft Atmosphäre und das Gefühl des Raums sowie den Ausdruck einer Struktur.
St. Etienne, Firminy © ticket-b

                        Licht schafft Atmosphäre und das Gefühl des
                        Raums sowie den Ausdruck einer Struktur.
                        Le Corbusier

REISEBERICHT ARCHITEKTURREISE LYON
1. bis 5. Mai 2019
REISEBERICHT ARCHITEKTURREISE LYON - bis 5. Mai 2019 Licht schafft Atmosphäre und das Gefühl des Raums sowie den Ausdruck einer Struktur.
Reisebericht Architekturreise Lyon                                                                                vom 1. bis 5. Mai 2019

Croix-Rousse © a-tour

                                                                                                                              LYON

Unsere Architekturreise führte uns in diesem Frühling nach           ausgestattet wie eine „ehemalige Schule“ sind die Hoteltüren
Lyon. „Eine Großstadt mit menschlichen Dimensionen“. Damit           mit ehemaligen Klassenfotos gekennzeichnet, alte Schulbänke
wirbt die Stadt und wurde 2016 von den World Travel Awards           und Turngeräte stehen in den Aufenthaltsräumen, schwarz
als bestes europäisches Wochenendziel ausgezeichnet. Ihr            weiss Jugendfilme aus den 50 Jahren laufen am Empfang. Wir
Großraum umfasst ca. 2 Millionen Einwohner.                          treffen uns am Nachmittag in der Hotellobby.

Mittwoch, 1. Mai 2019 Lyon                                           Nach einer Vorstellungsrunde lernen wir auch die beiden
Der Umbau von Lyon ist im vollen Gange:                              Architekten Nicolas und Julie kennen, die uns in den nächsten
Flaniermeile statt Kaianlage, Park statt Industriebrache, Muse-      Tagen ihre Stadt zeigen werden. Nicolas gibt uns eine erste
um statt Silos: Die Metropole will zum europäischen Zentrum         Einführung in die Stadtentwicklung. Die gut 400 Hektar große
für Forschung und Innovation aufsteigen.                            Altstadt von Lyon erstreckt sich zwischen den beiden Hügeln
                                                                     Croix Rousse und Fourvière bis an die Ufer der Saône.
Die ehemalige Hauptstadt der Gallier legt ein lückenloses           Außerdem erhalten wir einen Ausblick auf die kommenden
Zeugnis über 2000 Jahre Geschichte ab. Für diese                   Tage. Wir werden den Umbau des alten Lyon, aber auch Lyon
kontinuierliche Stadtentwicklung verlieh die Unesco 1998             Confluence, das neue Stadtviertel zwischen den Flüssen
der Altstadt den Titel des Weltkulturerbes.                          Rhône und Saône, kennenlernen. Ein Tagesausflug zu den
                                                                     Le-Corbusier-Bauten in Firminy und La Tourette runden diese
Dazu gesellen sich die Namen zeitgenössischer Architekten           spannende Reise ab.
wie Renzo Piano, Jean Nouvel, Santiago Calatrava und Her-
zog & de Meuron.                                                     Wir beginnen unseren Stadtspaziergang nahe des Hotels am
                                                                     Hôtel Bulliod, das erste bekannte Bauwerk des Architekten
Alle Teilnehmer kommen nach und nach am 1. Mai im Hotel              Philibert Delorme von 1536. Im weiteren Verlauf durch die
Le College an. Das Hotel macht seinem Namen alle Ehre,               Altstadt von Lyon treffen wir auf unzählige Häuser im Stil der

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Hochrenaissance. Doch auch die übrigen vorherrschenden              generelles Konzept Lyons erläutert, nämlich die Verlegung der
Stilrichtungen Flamboyant, Frühklassizismus und französische       Parkplätze in Lyon in unterirdische Parkhäuser, um Raum für
Renaissance sind vertreten. Lyons Altstadt ist von der Un-           Grünanlagen und Plätze zu schaffen.
esco als Weltkulturerbe ausgezeichnet und gilt als eine der          Das Parkhaus selbst wurde von dem Architekten Michel Targe
schönsten und größten erhaltenen Renaissance-Viertel Euro-         und Jean-Michel Wilmotte entworfen. Hier im Inneren finden
pas.                                                                 wir das wieder, was wir oben gesehen haben: einen riesigen
Weiter geht es zum Place des Terreaux von Christian Drevet           Spiegel, der die Rotunde des Parkhauses mit den bogenar-
(Architekt) und Daniel Buren (Künstler) von 1994, der sich           tigen Ausschnitten reflektiert.
gerade im Umbau befindet. Nicolas erklärt die Instandhal-
tungsmaßnahmen und natürlich auch den berühmten Brunnen             Am Place de la Comédie befindet sich die von Jean Nouvel
des Bildhauers Bartholdi. Wir erfahren, dass der Brunnen             umgebaute Opera National de Lyon. Die Oper wurde in den
ursprünglich für die Stadt Bordeaux entworfen wurde, denn          90er Jahren von Nouvel komplett renoviert beziehungswei-
die Darstellung symbolisiert den Fluss Garonne und die               se entkernt und neu gestaltet – von außen deutlich sichtbar
Nebenflüsse, hat also mit Rhône und Saône gar nichts zu tun.      durch das halbrunde Dach, das im Dunkeln rot beleuchtet ist.
Von dort aus gehen wir zum Place des Célestines, den Platz          Gewöhnungsbedürftig für Besucher und Bewohner, hat Jean
vor dem Theater. Nicolas kann uns den Umbau des Theaters             Nouvel sehr viel mit der Farbe Schwarz gearbeitet. Sogar die
von 2003-2005 durch das Büro Archidev in allen Einzelheiten          Rolltreppen sind schwarz. Passend zum wichtigen Lichtkon-
erklären, da er selber dort als Architekt tätig war. Besonders       zept der Stadt, sind auch hier im Eingangsbereich rote Lichter
rührend die Geschichte, das alle am Umbau beteiligten Arbei-         aufgehängt. Auch die Poller werden nachts rot beleuchtet und
ter zur ersten Vorstellung im neuen Theater eingeladen waren.        weisen so den Weg.
Eine Installation des Künstlers Daniel Buren auf dem Platz gibt
uns Rätsel auf. Nicolas klärt auf, indem er uns in das Parkhaus    Über den Place des Jacobines, den Place de la Republique
unter dem Platz führt – und damit auf anschauliche Weise ein        und den Place de la Bourse geht es weiter bis zum Hôtel Dieu.

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Parkhaus Ville Urbanne © a-tour

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Oper Lyon © Frederic Prochasson

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Das Grand Hôtel-Dieu wurde 2011 zum “historischen Denk-                 Donnerstag, 2. Mai 2019 Croix-Rousse
mal” erklärt, wodurch die durchgeführten Restaurierungsar-              La Croix-Rousse nennt sich einer der Hügel und das gleich-
beiten eine besondere Bedeutung erhielten.                              namige Stadtquartier. Unser zweiter ortsansässiger Guide, die
Im Kern des ambitionierten Projekts stehen Innovation und               deutsch/französische Architektin Julie holt uns am Hotel ab
die Erhaltung des kulturellen Erbes. Zum neuen Hôtel-Dieu               und wir überqueren den Fluss. Danach wollen wir weiter mit
gehören ein Hotelkomplex, Geschäfte, Wohnungen und mit                  dem Bus hinauffahren, müssen aber auf halber Strecke wegen
Bäumen bepflanzte Gärten.                                               Überlastung aussteigen. Wir können uns ein schmunzeln nicht
                                                                        verkneifen. Macht nichts, der nächste Bus ist schon da.
Das Hôtel-Dieu wurde ursprünglich für Pilger, Arme und Kran-            In diesem Viertel wohnt Julie, sie kennt sich also bestens
ke gegründet. Später wurde es von Mönchen bewirtschaftet                aus. Oben angekommen auf dem Plateau ist es fast wie in
und bot in 74 Betten dank dreifacher Belegung Platz für gut             einem Dorf, etwas abseits der Großstadt und doch mittendrin.
200 Patienten. Unter den Bischöfen, die in der Renaissance              Zentrum des Lebens ist der Marktplatz auf dem Place de la
die Verwaltung übernahmen, wurden die mittelalterlichen Mau-            Croix-Rousse.
ern ersetzt: Es entstanden ein Kloster, eine Kapelle und ein            La Croix-Rousse ist ein altes Arbeiterviertel, in dem vor allem
damals fortschrittlicher Grundriss in Kreuzform.                        die Seidenweber ihre Werkstätten hatten. Daher auch die vier
                                                                        Meter hohen Geschoßhöhen im Erdgeschoss. Hier konnten
Im 18. Jahrhundert schuf Jacques-Germain Soufflot die                   die Webstühle an den Deckenbalken aufgehängt werden. In
klassizistische Gestaltung entlang der Uferanlagen mit einer            den Traboules wurden dann die langen Stoffbahnen der We-
majestätischen 327 Meter langen Fassade. Gekrönt wurde das              ber ausgerollt. Traboules? Das Wort wird uns in Lyon beglei-
Ganze von der „großen Kuppel“, einem Prunkbau mit luftigen              ten, denn die Traboules sind eines der Wahrzeichen der Stadt.
Räumen, Gärten und Regenwassersammlung. Die Front zur                   Das Wort stammt aus dem lateinischen transambulare, „durch-
Rhône nimmt heute ein Fünf-Sterne-Hotel ein. Dabei wird das             gehen“. Die Traboules sind Durchgänge durch Innenhöfe, um
Volumen der ursprünglichen Krankensäle genutzt, in denen                von einer in eine andere Straße zu gelangen. Sie führen durch
die Patienten weit unterhalb der Fenster ruhten, um nicht von           Hausflure, Innenhöfe und Treppenhäuser. Sie wurden von den
kaltem Luftzug erreicht zu werden: Hier sind Maisonette-Suiten          Webern nicht nur zum Ausrollen, sondern auch zum Transport
entstanden, unten ein Wohnteil mit Blick auf den Fluss, oben            der Stoffe genutzt. Auf diese Weise wurden damals die Stoffe
der Schlaftrakt.                                                        vor dem Regen geschützt.

Der Eingang zum Flussufer wurde wieder geöffnet und die                 Das Highlight dieses Morgens ist sicherlich die Besichtigung
lärmende vierspurige Verkehrsschneise und wichtigste Nord-              zweier ehemaliger Seidenweber-Wohnungen, auch Cornu
Süd-Verbindung Lyons verkleinert. Die Parkplätze weichen                Wohnungen genannt. Julie führt uns durch ein offenes Trep-
einer breiten Promenade und einem Bootsanleger für den                  penhaus (mit Blick bis zum Mont Blanc!) erst in eine Nachbar-
innerstädtischen Pendelverkehr. Vielleicht die wichtigste               wohnung, dann in ihre eigene. Die Wohnungen sind in etwa
Veränderung: Das Haus wurde dank fünf neuer Zugänge zur                 75 qm groß. Davon waren damals 50 qm zum Arbeiten und für
Flaniermeile, wo Höfe, Gärten und Gewölbegänge sich zu                  den Webstuhl vorgesehen, durch die hohen Fenster schien die
einem harmonischen Ganzen verbinden.                                    Sonne bis zu 14 Stunden am Tag. Spannend, wie zwei Fami-
                                                                        lien diese ungewöhnlichen Wohnungen völlig unterschiedlich
Unterwegs erzählt uns Nicolas neben vielen Details zur                 nutzen.
städtebaulichen Situation und Platzgestaltung auch etwas zum           Nachdem wir nun durch das Viertel nach unten trabuliert sind,
ungewöhnlichen Lichtkonzept der Stadt. Lyon gilt als Vorbild           teilt sich die Gruppe. Ein Teil fährt mit Fahrrädern, ein anderer
dafür mit Lichtarten und -farben zu spielen und öffentliche           dem Bus bis zur Cité International von Renzo Piano.
Räume zu inszenieren.                                                  Von dem ursprünglich 1918 von Charles Meysson erbauten
Von hier aus gehen wir weiter zum Schwimmbad von Lyon,                  Palais de la Foire ist nur ein einziges Gebäude übriggeblie-
das ursprünglich für die erhofften Olympischen Spiele gebaut          ben. Hier befindet sich heute das Museum für zeitgenössische
wurde. Im Restaurant La Piscine lassen wir den Tag mit einem            Kunst. Renzo Piano hat von 1984-2006, also über 22 Jahre,
tollen Blick auf die Stadt ausklingen.                                  das Ensemble mit Terrakotta Außenhaut erbaut. Es beher-
                                                                        bergt unter anderem ein Kongresszentrum, Wohnungen und
                                                                        ein Hotel. Am Ende des Komplexes befindet sich ein großer
                                                                        Veranstaltungssaal und nebenan ein 17ha großer Park.

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Lyon © a-tour

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Danach fahren wir weiter nach Villeurbanne. Wir treffen noch        Aufzüge. Alle Wohnungen werden über Gänge erschlossen
eine weitere Spezialistin, Charlotte, in der Maison de la Projet,   und auf ornamentaler Ebene durch dzweifarbigen Fliesen mit
die uns dort zuerst anschaulich das Projekt Villeurbanne            Motiven an den Eingängen und die Art Deco-Fenster in den
erläutert.                                                          Treppenhäusern bereichert.

Die Stadt verändern, um das Leben zu verändern: Das war             Danach geht es noch weiter zum Palais du Travail, das sich
das Ziel des sozialistischen Bürgermeisters von Villeurbanne,       gegenüber der Rückfassade des Rathauses befindet. Die
Dr. Lazare Goujon. Im Mittelpunkt des breit angelegten              monumentale Perspektive des gesamten Komplexes wird
Projekts stand die Schaffung eines neuen modernen, voll-            durch die beiden Gebäude abgeschlossen. Das Rathaus,
ständigen Stadtzentrums. Die in einem Stück auf viereinhalb         vom Architekten Robert Giroud entworfen, zeichnet sich durch
Hektar eröffnete Baustelle wurde von 1931 bis 1935 von der          seinen sechzig Meter hohen Glockenturm und seinen strengen
damals völlig unbekannten jungen Architektin Môrice Leroux          Grundriss aus.
geleitet. Der neue Stadtteil umfasste 1.400 preiswerte Wohn-
einheiten, ein Verwaltungszentrum, soziale Einrichtungen und        Vom Theater aus besuchen wir ein weiteres Parkhaus unter
Geschäfte.                                                          dem Platz und treten dann nach vielen unterschiedlichen Ein-
Im Mittelpunkt des Ganzen: Gratte Ciels, der „Wolkenkratz-          drücken die Heimreise mit dem Bus in unser Hotel an.
erbezirk“, der zwischen den beiden Weltkriegen als eines der
wenigen großen städtebaulichen Projekte in Frankreich galt          Lichtspaziergang
und für seine Qualität gelobt wurde.                                Am Abend steht für die Nimmermüden (etwa die Hälfte der
                                                                    Gruppe) noch ein Lichtspaziergang mit Nicolas und dem Licht-
Wir besichtigen eine Musterwohnung und Charlotte erklärt uns        planer Pierre Morat auf dem Programm.
den hohen Komfort der damaligen Zeit: Wasser, Gas, Strom,           Die traditionelle Fête des lumières hat jahrhundertealte
Fernwärme aus einem Heizkraftwerk, Müllschlucker und                Wurzeln. Seit der Schwarze Tod im Jahr 1643 die Region

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La Tourette © Couvent de La Tourette

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heimgesucht hatte, pilgerten die Einwohner Lyons jeweils am            Lichterfestes sowohl gestalterisch wie technisch anspruchs-
8. September zu Ehren der Jungfrau Marie zur Kapelle Notre-            volle Lichtinstallationen zu präsentieren.
Dame-de-Fourvière. Knapp 200 Jahre später sollte eine Mari-
enstatue errichtet werden, die Einweihung musste jedoch we-            Freitag, 3. Mai 2019
gen schlechtem Wetter zweimal um vier Wochen verschoben                Nach einem ausgiebigen Frühstück starten wir unseren Tag
werden. Die Eröffnung schien unter einem schlechten Stern zu           ganz im Zeichen von Le Corbusier. Das Picknick von der be-
stehen, als sich am 8. Dezember der Himmel plötzlich erhellte.         nachbarten Bäckerei wird eingepackt und nach gut eineinhalb
Als Dank für das Wunder zündeten die Bewohner Kerzen in                Stunden erreichen wir Firminy.
ihren Fenstern an und erhellten mit unzähligen Laternen und
Öllampen die Stadt.                                                    Nirgends in Europa gibt es mehr Bauten von Le Corbusier.
                                                                       Der Ort war einst blühende Kohle- und Industriestadt. Zur
Seitdem kann man jedes Jahr um den 8. Dezember herum                   Erweiterung und Modernisierung sollte hier Wohnraum in
in Lyon ein wahres Lichtermeer bewundern, das Spektakel                großem Stil geschaffen werden. Es war Corbusiers einziges
zieht mittlerweile bis zu vier Millionen Besucher an. Selbst           Stadtplanungsprojekt in Europa. Gemeinsam mit einem Archi-
das Wahrzeichen über den Dächern der Stadt, die Basilika               tektenteam sollte hier die perfekte Stadt des 20. Jahrhunderts
Notre-Dame de Fourvière, wird zur Leinwand überraschender              entstehen.
Lichteffekte.
Pierre erklärt uns auf diesem nächtlichen Spaziergang, warum           Wir erfahrem von Anne, unserem Guide, die uns schon im letz-
Lyon Pionier der ökologischen Lichtplanung ist. Er berichtet           ten Jahr begleitet hat, das ein Kulturzentrum, die Kirche St.
voller Enthusiasmus von einem langjährigen Projekt Deutscher           Etienne, Schwimmbad und Stadion sowie drei Wohnmaschi-
und französischer Studierender aus den Fachrichtungen Licht-           nen in einiger Entfernung, aber in Sichtweite geplant waren.
technik und Architektur, die jährlich in interdisziplinären und        Le Corbusier erlebte nur die Fertigstellung des Kulturzentrums,
interkulturellen Teams zusammenarbeiten, um im Rahmen des              alle anderen Projekte wurden erst nach seinem Tod 1965 zu

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Reisebericht Architekturreise Lyon                                                                                vom 1. bis 5. Mai 2019

Ende gebaut. Von den geplanten drei Unités d’Habitation wur-
de nur eine realisiert. Die Stadt verlor zwei ihrer wichtigsten      Daran anschließend besuchen wir auf der gegenüberliegenden
Einnahmequellen, Eisenerz und Kohleabbau versiegten, und             Seite die Kirche St. Etienne. Aufgrund eines Budgetproblems
in der Stadt stieg die Arbeitslosigkeit.                             blieb der Sockel lange Zeit der einzig realisierte Teil der Kir-
                                                                     che. Erst Anfang der 2000er erhielt der ehemalige Mitarbeiter
Der Stadtrat beauftragte Le Corbusier 1955 mit dem Bau eines         von Le Corbusier, José Oubrerie, den Auftrag zur Fertigstel-
Sport- und Kunstzentrums. Das Resultat sind das Maison de            lung der Kirche. Über eine seitliche Rampe gelangen wir ins
la Culture und ein Stadion, das nicht nur die verschiedenen          Innere der Kirche. Die Betonwände werden unterbrochen von
Bereiche und Disziplinen vereinte, sondern auch Firminy-Vert         verschiedenfarbigen Lichtschlitzen, Lichtstreifen zeichnen
(das „grüne“ Firminy, so der Name der Neuplanung) mit der           feine Muster an die nackten Betonwände. Der Raum besticht
Stadt verbinden sollte. Das Kulturzentrum beherbergt einen           durch seine Klarheit und das Spiel von Licht und Schatten. Nur
Konzert- und Theatersaal, Bibliothek, Arbeitsräume und Büros.      die Akustik, so Anne, ist nicht ideal. Das können wir nachvoll-
Vom Stadion aus gesehen scheint das Kulturzentrum aus dem            ziehen, denn schon aus wenigen Metern Entfernung ist unser
Stein zu wachsen. Ein ganz unterschiedlicher Anblick bietet          Guide kaum mehr zu verstehen. Man habe daher die Got-
sich von der anderen Seite. Hier wirkt die Betonhaut mit den         tesdienste angepasst und sich mehr auf Musik, weniger auf
schmalen, vertikalen Fensterschlitzen wie eine musikalische          Worte konzentriert. Verständlich.
Komposition und so hat es Le Corbusier auch geplant.
                                                                     Zum Abschluss besichtigen wir die Wohnmaschine und ma-
Das Stadion wurde nach dem Tod von Le Corbusier von sei-             chen uns geteilt in zwei Gruppen auf den Weg. Da wir viele
nen Kollegen André Wogenscky und Fernand Gardien Ende               Schweizer in unserer Gruppe haben findet eine Führung auf
der 60er Jahre fertiggestellt. Die Haupttribüne korrespondiert      Französisch statt.
mit dem Kulturzentrum, das mit dem Stadion über eine Prome-         Die Idee einer gesamten Stadt im Haus, stellte Corbusier
nade verbunden ist.                                                  bereits 1925 vor. Gebaut wurde in Firminy nur eine von drei

La Tourette © a-tour

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REISEBERICHT ARCHITEKTURREISE LYON - bis 5. Mai 2019 Licht schafft Atmosphäre und das Gefühl des Raums sowie den Ausdruck einer Struktur.
Reisebericht Architekturreise Lyon                     vom 1. bis 5. Mai 2019

La Tourette © Couvent de La Tourette

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geplanten Unités d’Habitation mit ursprünglich 414 Wohnein-        an den Erschließungsrundgang.
heiten. Drei weitere gibt es in Frankreich und eine in Berlin.
Unser Guide Anne erklärt uns zuerst die Absicht Le Corbu-           Eine Vorschule und ein Kinderspielplatz auf dem Dach
siers, den Sockel anzuheben und so im unteren Bereich Licht          kommen hinzu. Beide sind leider inzwischen geschlossen
und Durchlässigkeit zu schaffen. Das massive Gebäude be-           und können nur im Rahmen unserer Besichtigung erkundet
ginnt erst im dritten OG, so wirkt es leichter und man hat auch      werden.
noch direkt davorstehend Ausblick auf die umgebende schöne          Bei unserem Rundgang gehen wir zusammen mit Anne nun
Landschaft.                                                          auf das Dach. Die Vorschule überrascht mit Licht und Leichtig-
                                                                     keit. Es sieht aus, als wäre gerade nur Pause, und die Kleinen
Die „vertikale Stadt“ wie Corbusier sie nannte, ist ein Stahlbe-     würden gleich wiederkommen und ihren Tag hier fortsetzen.
ton-Skelettbau mit 18 Geschossen. Über sogenannte Straßen           Der Blick von hier oben reicht über die grünen Hügel der Au-
werden die einzelnen Stockwerke erschlossen. Corbusiers              ßenbereiche der Stadt.
Idee war es, den Raum von den Bewohnern lebhaft nutzen zu
lassen. Anders als in Marseille, wo die Wohnungen privatisiert       Auf der Fahrt nach La Tourette essen wir bei angeregten Ge-
worden sind und Quadratmeterpreise von 10.000 € (mit Meer-           sprächen unser Picknick im Bus und genießen auf den letzten
blick) erzielen, ist in Firminy nicht vom Konzept des ehemals        Kilometern den Blick auf das ländliche Frankreich.
sozialen Wohnungsbaus abgewichen worden. Wir besich-                 Das Dominikanerkloster Ste-Marie-de-la-Tourette wurde von
tigen eine der Wohnungen, die in der ersten Etage Küche             1956 bis 1959 von Le Corbusier erbaut.
und Wohnzimmer enthält. Über eine innenliegende Treppe             Geführt werden wir von einem der Bewohner auf Zeit, einem
gelangen wir ins Eltern- und in die zwei Kinderschlafzimmer          jungen asiatischen Dominikanermönch, der seit acht Monaten
und zum Bad und WC. Die Appartements sind als Maisonette-            in La Tourette lebt.
wohnungen konzipiert: in einem Geschoss die ganze Stock-             An einem Hang gelegen fügt sich La Tourette in die natürliche
werksbreite einnehmend, im anderen die Hälfte mit Anschluss         Topographie von den umgebenden Wald und Wiesen ein.

                                                                                                                             LYON

La Tourette © a-tour

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Place Nautique © a-tour

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Mächtige Pilotis tragen die Baukörper. Das aus Sichtbeton          Samstag, 4. Mai 2019 Confluence
errichtete Kloster bildet ein Viereck, das im Norden durch eine    Wo noch bis 2003 Fabriken, Lagerhallen und Gleisanlagen
schlichte Kirche abgeschlossen wird. Unter den beiden Zim-         brachlagen entsteht ein neues Wohn- und Büroviertel mit ho-
mergeschossen befindet sich die kreuzförmige Klosteranlage         hem Anspruch an nachhaltiger und sozialer Stadtplanung.
mit direkter Verbindung zur Kirche und dem Refektorium. Der        Die Stadtplanung verantwortete das Atelier Ruelle, die zweite
in den Innenhof der Vierflügelanlage in Form eines Kreuzes         Phase wurde von Herzog & de Meuron und dem Landschafts-
angeordnete Kreuzgang führt zur Kirche aus einfachem Guss-         architekt Michel Devigne geplant. Schon heute leben auf 41
beton ohne jeden Schmuck. Das Licht fällt durch vertikale und      Hektar 10.000 Menschen, 14.000 Arbeitsplätze gibt es im
horizontale Lichtschlitze und „Lichtkanonen“.                      Viertel Confluence.

Da nur noch wenige Mönche im Kloster leben, kann man die           Auf dem Teilfeld A3, zwischen der Rue Casimir-Pèrier und
schmalen Zellen mit Blick auf die angrenzenden Wiesen und          dem neuen Regierungssitz ist, nach dem Masterplan von
Wälder auch mieten. Nachdem wir den Model-Grundriss eines         Herzog & de Meuron, ein Komplex aus acht Gebäuden unter-
Zimmers als Holzmodel im Boden eingelassen vor dem Kloster         schiedlicher Nutzung entstanden. Dem Mix aus Wohnen und
sehen sind wir froh nachher wieder in unseren etwas                Arbeiten haben sich gleich sechs verschiedene Designer und
geräumigeren Hotelzimmer zurückzukehren.                           Architekten angenommen.
                                                                   Heller Beton hat sich während des Entwicklungsprozesses als
Nach einer interessanten Führung steigen wir wieder in den         maßgebliches Fassadenmaterial fast aller beteiligter Büros he-
Bus und fahren zurück nach Lyon, um den Abend bei indivi-          rausgebildet. In Abwandlungen, etwa mit Holz wie bei Tatiana
duellen Abendessen ausklingen zu lassen. Eine der Teilneh-         Bilbao oder mit viel Glas wie bei AFAA (Lyon), kommt er zur
merinnen geht sogar Tango tanzen.                                  Verwendung.
                                                                   Wir sehen ein Bürogebäude des Züricher Architekten Chri-
                                                                   stian Kerez’ mit einem klaren Stützen-Raster-System und

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Cube von Jakob + MacFarlane © a-tour

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wülstigen Pfeilern, die mit jeder Etagenhöhe immer schlanker        Nach einer Kaffeepause gehen wir vorbei am Place Nautique.
werden oder Tatiana Bilbaos (Mexiko Stadt) drei verschie-           Hier wechseln sich die im Licht changierenden Aluminiumfas-
dene Apartmenthäuser, die mit dezent skulpturalen Fassaden          saden mit Holz, Glas und halbtransparenten Solarfassaden ab.
auffallen.                                                          Goldfarbener Beton mit dreidimensional wirkenden Mustern
                                                                    steht neben dunklem Beton, der fast wie Schiefer aussieht.
Gemeinsam mit dem Pariser Landschaftsarchitekten Michel             Zwischen den Häusern führt uns Nicolas in einen Park und
Desvigne legten Herzog & de Meuron den neuen Stadtteil              wir finden die zurückgenommene Komposition von Clément
um einen öffentlichen Hof an. Eine alte Blumenauktionshal-          Vergély Architects. Sieben Gebäude aus Holz und Beton.
le im Zentrum des nun mit Laubbäumen und Hochbeeten                 Rohbeton als einzigartiges Material reagiert auf die fragmen-
bepflanzten Innenhofes erhielten sie und ließen den Bestand         tierte Geometrie und verleiht dem gesamten Gebäude einen
von Didier Dalmas (Lyon) in eine Sportanlage umbauen. Ein           massiven und monolithischen Charakter. Die Optik des matten
nur über drei Etagen reichender Wohnbau von Manuel Herz             Materials mit Fensterläden aus Lärche geben dem Gebäude
(Basel) stellt den anderen, niedrigen Teil des Platzes dar. Zu      eine besondere Tonalität.
diesem ruhigen Inneren des Geländes orientierten die betei-         Wir kommen zum Ensemble Le Monolithe. MVRDV gestaltete
ligten Büros auch die sechs Wohnbauten. Wie in Lyon üblich          hier den Bebauungsplan. Die einzelnen Gebäudeteile wur-
sind sie mit großen Balkonen ausgestattet. Während Herzog &         den von fünf verschiedenen Büros realisiert: MVRDV, Pierre
de Meuron im Inneren des Areals viele Vor- und Rücksprünge          Gautier, Manuelle Gautrand, ECDM und Erik van Egeraat. An
zuließen schließen sie das neue Viertel zu den umliegenden          diesem Ensemble will Confluence exemplarisch zeigen, dass
Straßen in geraden Linien ab.                                       verschiedenste Denk- und Gestaltungsprinzipien zueinander-
Blickfang des neuen Viertels ist die mit halbrunden Balkonen        finden können.
und gewölbten Fassaden ausschwingende Architektur des               Von dort aus führt uns Nicolas zum Gebäude B2. Hier
höchsten und über die Anlage hinausragenden Gebäudes B5,            arbeiten die Schweizer Architekten Diener und Diener mit
entworfen von Herzog & de Meuron selbst.                            Clément Vergély zusammen.

B5, Herzog & de Meuron © a-tour

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Musée des Confluences © a-tour

Bei der Gestaltung der fünf Gebäude, so Nicolas, wird beson-        Dazwischen ein alter, renovierter Zweckbau, La Sucriére,
ders auf Nachhaltigkeit der Baustoffe geachtet (Holz-Beton-         ein Zuckerspeicher mit zwei riesigen Silos. Der Zuckerspei-
Konstruktion, Lehmziegel). Die Gebäude befinden sich gerade         cher wurde in den 1930er-Jahren erbaut und 2003 zum
im Bau.                                                             Biennale d’Art Contemporain umgestaltet. Die Biennale für
Laut Roger Diener bietet der B2-Block eine einheitliche Hand-       zeitgenössische Kunst in Lyon hat sich seitdem zu einer der
schrift und trotzdem individuelle Identitäten. Das Gebäude auf      wichtigsten in Europa entwickelt.
der Promenade präsentiert eine skulpturale Architektur mit          Der Pavillon des Douanes: Das ehemalige Zollgebäude wurde
gedrehten Betonstützen in doppelter Geschoßhöhe.                    von Jean-Michel Wilmotte umgestaltet. Die Verlade- öffnungen
                                                                    für die Güter verwandelte er in Balkone, an der alten Fassade
Gleich daneben hat das Büro von Christian de Portzamparc           hängen jetzt dunkle Aluminiumvorhänge.
den neuen Sitz der Region Auvergne Rhône-Alpes konzipiert.
Ein 40.000 Quadratmeter großer Bürokomplex mit viel Grün im       Leider fängt es an zu regnen und unsere Schritte beschleu-
Inneren. Zuvor war das Hôtel de Région Rhône-Alpes in einem      nigen sich. Vor dem Museum passieren wir Le Dark Point,
Park. Die parkähnliche Anmutung hat der Architekt in das           der ebenso viel Aufsehen erregt wie seine punkig auftre-
große Atrium übertragen.                                           tende Schöpferin Odile Decq: Der Stahlskelettbau, mit einer
Wir schlendern entlang der beiden Büro-Würfel von Jakob +         Schwarz-Weiß Fotos bedruckten Glasfassade, nimmt Bezug
MacFarlane. Der Quietschorange Kubus ist eine Neuinterpre-          auf die industrielle Vergangenheit des Stadtteils.
tation der Formen des Nachbargebäudes: Les Salins du Midi,          Dann kommen wir zum Endpunkt des neuen Viertels, “Conflu-
einem alten Salzdepot.                                              ence“. Hier ein schöner Platz am Schriftzug „Lyon“ für ein
In dem in Knallgrün gehaltenen Pendant ist die Zentrale von        abschließendes Gruppenfoto, denn hier, am Zusammenfluss
Euronews untergebracht. Beide Würfel habe Fassaden aus              von Rhône und Saône, endet unsere Architekturreise.
fein gelaserten Stahlblechen.                                       Aber vorher erläutert Nicolas noch die Grundzüge des Ge-
                                                                    bäudes der Wiener Architekten Coop Himmelb(l)au, die das

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Gruppenbild © a-tour

                                                                                                                          LYON

neue Musée des Confluences entwarfen. Nicht weniger als
die Entstehung des Universums und des Lebens auf unserem               Haben Sie Lust bekommen und
Planeten, die Geschichte der Menschheit und ihrer Gesell-              möchten nach Lyon zu reisen?
schaften sowie die Frage eines Lebens nach dem Tod werden
in den Dauerausstellungen behandelt.
Die Außenhaut der sogenannten “Wolke“ besteht aus 3 mm
starken, glasperlengestrahlten Edelstahlplatten. Durch diese
spezielle Oberflächenbehandlung werden das Licht und die
Farben der Umgebung reflektiert. Das Eingangsgebäude des              a-tour travel GmbH
Kristalls ist frei zugänglich. Über eine Rolltreppe, eine Treppe     Dipl.-Ing. Antje Seele & Architekt Torsten Stern
und eine spiralförmige Rampe gelangt man in den                       Donnerstraße 5
„Espace liant“, eine Verbindungsstraße, an der links und rechts        22763 Hamburg
die einzelnen Ausstellungssäle angeordnet sind.                       Tel. +49 40 - 23939717

Wir haben Glück auf dem Rückweg zu Fuß klart der Himmel
wieder auf und Confluence erlaubt noch ein paar Fotos bei
Sonnenschein. Dann geht es mit dem Vaporetto, einem klei-
nen Boot, zurück in die Innenstadt.

Merci Nicolas und Julie für diese spannende und
abwechslungsreiche Reise!
                                                                       reisen@a-tour.de
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