REPERTOIREPLUS PLURILINGUALE SPRACHREPERTOIRES SÜDTIROLER SCHÜLERINNEN: ERHEBUNG, BESCHREIBUNG UND NUTZUNG IN MEHRSPRACHIGEN LERNSZENARIEN ...
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RepertoirePluS Plurilinguale Sprachrepertoires Südtiroler SchülerInnen: Erhebung, Beschreibung und Nutzung in mehrsprachigen Lernszenarien Abschlussbericht 2020
RepertoirePluS Plurilinguale Sprachrepertoires Inhalt Südtiroler SchülerInnen: Erhebung, Beschreibung und Nutzung in mehrsprachigen Lernszenarien Abschlussbericht 2020 Institut für Angewandte Sprachforschung Eurac Research Juni 2020 5 1 Überblick https://repertoireplus.eurac.edu/ 6 1.1 Das Projekt 6 1.2 Partner und Finanzierung 6 1.3 Kontext und theoretischer Hintergrund 8 2 Forschungsdesign IMPRESSUM AUTORINNEN 9 2.1 Ziele Dana Engel, Verena Platzgummer, Lorenzo Zanasi Wir danken der Autonomen Provinz Bozen für die 9 2.2 Stichprobe und Methodik Finanzierung des Projekts RepertoirePluS (Landesgesetz WISSENSCHAFTLICHE VERANTWORTLICHE 10 2.3 Sprachrepertoires beschreiben: Nr. 14 der Autonomen Provinz Bozen vom 13. Dezember Andrea Abel Fragebogen-Erhebung (Frühjahr 2017) 2006). Wir danken auch der Stiftung Südtiroler Spar- kasse für die Finanzierung der Doktorarbeit von Verena DIREKTOR EURAC RESEARCH 11 2.4 Sprachrepertoires aktivieren: Platzgummer im Rahmen des Projekts. Stephan Ortner Sprachendorf-Erhebung (Frühjahr 2018) 12 2.5 Über Sprachportraits reflektieren: Weiterhin danken wir Joanna Barrett für ihre wertvolle GRAFIK Mitarbeit an der Sprachendorfstudie und der Projektdis- Alessandra Stefanut Fokusgruppeninterviews (Frühjahr 2018) semination und danken zudem Olga Lopopolo für ihre gründlichen Analysen und wertvollen Beiträge für die FOTOS Abschnitte 3.2 und 3.3 des vorliegenden Berichts. 5: Adobe Stock/Christian Schwier 8: Adobe Stock/FOTO SALE 13 3 Ergebnisse Die teilweise oder vollständige Wiedergabe des Inhalts 13: Adobe Stock/mrmohock 14 3.1 Beschreibung des Umfangs von Sprachrepertoires ist nur unter Angabe der folgenden Quelle gestattet: 17: Eurac Research 16 3.2 Sprachrepertoires im Sprachendorf aktivieren Engel, D., Platzgummer, V., Zanasi, L. (2020). Reper- 28: Adobe Stock/Christian Schwier toirePluS - Plurilinguale Sprachrepertoires Südtiroler 18 3.3 Zusammenführung: Triangulation-Fallstudie SchülerInnen: Erhebung, Beschreibung und Nutzung in INFORMATIONEN 25 3.4 Sprachrepertoires und Positionierungen: ein Dissertationsprojekt mehrsprachigen Lernszenarien. Abschlussbericht 2020. Eurac Research Bozen, Eurac Research. Drususallee 1 39100 Bozen - Italien Tel: +39 0471 055 055 28 4 Abschließende Bemerkungen Fax: +39 0471 055 099 29 4.1 Diskussion E-mail: linguistics@eurac.edu 30 4.2 Highlights der Projektaktivitäten in Wissenschaft und Praxis 30 4.3 Schlussfolgerungen und Ausblick 32 Literatur AUTONOME PROVINCIA PROVINZ AUTONOMA BOZEN DI BOLZANO SÜDTIROL ALTO ADIGE PROVINZIA AUTONOMA DE BULSAN SÜDTIROL 3
Sprachrepertoire Plurilinguale Kompetenz 1 Überblick Das sprachliche Repertoire (oder Sprachrepertoire) wird als ein Ganzes verstanden, das Sprachen, Dialek- Plurilinguale Kompetenz beschreibt die Fähigkeit, in drei oder mehr Sprachen zu kommunizieren, te, Stile, Register, Codes, kurz alle Routinen umfasst, und beinhaltet Sprachenwechsel, Codeswitching, welche die Interaktion im Alltag prägen. Mit ande- Sprachenmittlung und Transfer. Diese sprachenüber- 1.1 DAS PROJEKT 1.2 PARTNER UND FINANZIERUNG ren Worten: Es umfasst alle sprachlichen Mittel und greifenden Aktivitäten bilden die Brücke zwischen Ressourcen, auf die SprecherInnen in spezifischen den genutzten Sprachen. Sie können als Fertigkeiten Das Projekt „RepertoirePluS“ (August 2016 - Dezember Das Projekt „RepertoirePluS“ wurde von den drei Süd- Interaktionen zurückgreifen können, um (soziale) gelehrt und gelernt und in mehrsprachigen Situati- 2019) wurde ins Leben gerufen, um die sprachlichen tiroler Bildungsdirektionen (Deutsche Bildungsdirek- Bedeutung herzustellen (vgl. Busch 2012). onen als kommunikative Strategien genutzt werden Repertoires von Südtiroler SekundarschülerInnen im Al- tion, Direzione Istruzione e Formazione italiana und (vgl. Henning & Schlabach 2018). ter von 12 bis 15 Jahren zu untersuchen. Das Projekt um- Intendënza y Cultura ladina) unterstützt. Brigitta Busch fasste sowohl Schulen mit Deutsch oder Italienisch als (Universität Wien), Britta Hufeisen (Technische Univer- Multi-Kompetenz Unterrichtssprache als auch Schulen in den ladinischen sität Darmstadt) und Marina Chini (, Universität Pavia) Multi-Kompetenz ist nicht einfach die Summe von Plurilinguale Kompetenz beurteilen Tälern. Die Forschungsfragen des Projekts lauteten: begleiteten das Projekt als wissenschaftliche Beraterin- zwei oder mehr Sprachen, sondern wird definiert als Plurilinguale Kompetenz kann im Rahmen von nen. die Kenntnis von mehr als einer Sprache durch eine Settings beurteilt werden, die speziell als mehrspra- • Wie vielfältig sind die sprachlichen Repertoires von Sprecherin oder einen Sprecher. Dabei geht man chige Szenarien gestaltet wurden und Aktivitäten wie SchülerInnen in Südtirol? Das Projekt wurde von der Autonomen Provinz Bozen davon aus, dass jemand, der zwei oder mehr Sprachen Mediation, Interkomprehension sowie polyglotten • Welche Art von plurilingualen Kompetenzen haben finanziert (Landesgesetz Nr. 14 der Autonomen Provinz beherrscht, über eine eigenständige mehrsprachige Dialog beinhalten (vgl. Lenz & Berthele 2010): sie? Bozen vom 13. Dezember 2006). Die Stiftung Südtiroler Kompetenz verfügt und dies nicht als mangelnde • Strategien zur Mediation können die Kommu- • Wie nutzen sie ihr „Plus“ an Mehrsprachigkeit in Sparkasse stellte zusätzliche Mittel für die Doktorarbeit, Einsprachigkeit betrachtet werden kann. Die Mul- nikation und Verständigung zwischen Personen interaktiven Lernszenarien und wie reflektieren sie die Verena Platzgummer im Rahmen des Projekts ver- ti-Kompetenz ist weder ein Modell noch eine Theorie, erleichtern, die ansonsten nicht in der Lage wären, diese Erfahrung? fasst, zur Verfügung. sondern vielmehr eine Gesamtperspektive: Sie ver- erfolgreich direkt miteinander zu kommunizieren. ändert den Blickwinkel, aus dem der (Zweit-)Spra- Als sehr spezifische Arten von Mediation werden Die Antworten auf diese Fragen sind für die Weiterent- cherwerb betrachtet wird. Sie stellt eine ganzheitliche das exakte Übersetzen oder das Dolmetschen wicklung der Mehrsprachigkeitsdidaktik von zentralem 1.3 KONTEXT UND THEORETISCHER Interpretation der Mehrsprachigkeit im Gegensatz zu meist nicht dazugezählt. Interesse. Unsere Studie im Rahmen von „Repertoi- HINTERGRUND einer einsprachigen „fraktionierten“ Interpretation dar • Der polyglotte Dialog beinhaltet die Verwendung rePluS“ zeigt auf, wie Umfang und Nutzung von Sprach- (vgl. Cook 2016). von zwei oder mehr Sprachen oder Varietäten im repertoires beschrieben werden können, und kann so In vielen mehrsprachigen Regionen wie der Autono- mündlichen zwischenmenschlichen Austausch bei der effektiveren Beurteilung von plurilingualen men Provinz Bozen, in denen SchülerInnen nicht nur (produktiv oder rezeptiv). Meistens verwenden Kompetenzen und bei der Planung von Mehrsprachen- über Kenntnisse in zwei oder drei Landessprachen, REPA (2009, 2012) die Gesprächsteilnehmenden eine ihrer stärks- curricula und dem Unterrichten nach mehrsprachigen sondern auch in anderen Sprachvarietäten und/oder Der Referenzrahmen für Plurale Ansätze (REPA) ist ein ten Sprachen und sind in der Lage, die von ihren Ansätzen unterstützen. vielen anderen Fremd- oder Herkunftssprachen be- Instrument zur Unterstützung der Entwicklung von GesprächspartnerInnen verwendeten Sprachen sitzen, werden Initiativen ergriffen, um integriertes plurilingualen und interkulturellen Kompetenzen auf zu verstehen, sodass eine Interaktion stattfinden Sprachenlernen stärker zu fördern. Weder die integrierte allen Bildungsebenen. Er enthält eine systematische kann. Sprachdidaktik noch die Entwicklung darauf basieren- Darstellung von plurilingualen und plurikulturellen • Strategien zur Interkomprehension ermöglichen der Mehrsprachencurricula bauen jedoch umfassend Kompetenzen und Ressourcen für Wissen (savoir), Ein- es Lernenden, auf (schriftliche) Texte in Sprachen auf den plurilingualen Kompetenzen der SchülerInnen stellungen (savoir-être) und Fertigkeiten (savoir-faire) zuzugreifen, die sie zwar nicht gelernt haben, die auf, da es schwierig ist, die Gesamtheit ihrer sprachli- und soll die Arbeit von Lehrpersonen bei der Entwick- aber mit Sprachen verwandt sind, die bereits in chen Repertoires und deren Potenzial zu erkennen und lung, Planung und Evaluierung von Unterrichtsma- ihrem sprachlichen Repertoire vorhanden sind. zu beschreiben. Aus diesem Grund ist es notwendig, terialien und -aktivitäten unterstützen. Das wissen- das gesamte Spektrum der sprachlichen Ressourcen zu schaftliche Fundament des REPA bietet Lehrpersonen operationalisieren, doch keines der bis dato verfügbaren eine Ausgangsbasis, um ihren Unterricht nach den Sprachendorf Instrumente zur Einschätzung von Sprachkenntnissen neuesten Erkenntnissen der Mehrsprachigkeitsfor- Die Methode des Sprachendorfs basiert auf einer (z.B. GeRS 2001 und GeRS Companion Volume 2018) schung zu gestalten. Idee aus der Zweit- und Fremdsprachendidaktik. Das erfüllt dieses Ziel. Einen alternativen Ansatz bietet der Hauptprinzip ist dabei, authentische Sprachsituatio- Referenzrahmen für Plurale Ansätze (REPA 2009, 2012), nen mit simulierten Alltagssituationen und Aufgaben welcher zwar theoretische Deskriptoren für sprachüber- GeRS-Begleitband (2018) zu schaffen, bei denen die Kommunikation in einer greifende Fähigkeiten und Ressourcen mehrsprachiger Aufbauend auf dem Modell des Gemeinsamen euro- oder mehreren Sprachen notwendig ist. Ursprünglich SchülerInnen bietet, aber noch nicht empirisch validiert päischen Referenzrahmens für Sprachen (GeRS) soll als summatives Testverfahren konzipiert, kann das wurde. das neue Referenzinstrument des GeRS-Begleitbandes Sprachendorf auch als Unterrichtsmethode eingesetzt („Companion Volume“) die Kernbotschaften des GeRS werden, um für die Lernenden einen Raum zu schaf- Im folgenden Abschnitt wollen wir einen Überblick über aktualisieren und erweitern, indem es Skalen für neue fen, in dem funktional-kommunikativer und situativer die wichtigsten theoretischen Konzepte geben, die die Bereiche und eine Anleitung mit einer Begründung Sprachgebrauch geübt und weiterentwickelt werden Grundlage des „RepertoirePluS“-Projekts bilden: für jede Skala bietet, um die Förderung der Mediation kann. Heute wird die Sprachendorf-Methode auch in innerhalb und zwischen Sprachen und der plurilingua- der integrierten Sprachdidaktik und zur Förderung von len/plurikulturellen Kompetenz zu unterstützen. plurilingualen Kompetenzen eingesetzt. 6 7
2 Forschungsdesign 2.1 ZIELE 2.2 STICHPROBE UND METHODIK Im Fokus des „RepertoirePluS“-Projekts stehen die Er- Insgesamt umfasste die Studie zu „RepertoirePluS“ drei hebung und Operationalisierung individueller sprach- Erhebungsphasen mit folgenden Inhalten und Teilneh- licher Repertoires und es wird untersucht, wie diese menden: eine Fragebogenerhebung zu den Sprachreper- in der mehrsprachigen Interaktion verwendet werden. toires von insgesamt 240 SchülerInnen (vgl. Zanasi & Zum einen erforschen und erklären wir den Umfang der Platzgummer 2018; Zanasi, Platzgummer & Engel 2020) sprachlichen Repertoires von Südtiroler SchülerInnen und eine experimentelle Beobachtung im Rahmen eines und untersuchen im Rahmen eines „Sprachendorfs“, wie „Sprachendorfs“ mit insgesamt 128 SchülerInnen (vgl. sie ihr Sprachrepertoire in interaktiven mehrsprachigen Engel, Barrett, Platzgummer & Zanasi 2020), gefolgt von Lernszenarien aktivieren und anwenden. Zum anderen Fokusgruppeninterviews (vgl. Abb. 1). erforschen wir, inwieweit sich die SchülerInnen des Umfangs und der Anwendungsmöglichkeiten ihrer An der Fragebogenerhebung nahmen SchülerInnen Repertoires in mehrsprachigen Situationen bewusst aus Südtiroler Mittel- und Oberschulen jeweils mit sind. Wir entwickeln geeignete Instrumente zur Er- Deutsch oder Italienisch als Unterrichtssprache bzw. forschung von Sprachrepertoires und evaluieren, wie von Schulen in den ladinischen Tälern teil. Die Schüle- das Bewusstsein für deren strategischen Einsatz in der rInnen besuchten die 2. Klasse Mittelschule (7. Jahrgang) Mehrsprachigkeitsdidaktik gefördert werden kann. oder die 1. Klasse Oberschule (9. Jahrgang). Die Schulen wurden gemeinsam mit den Projektpartnern an den drei Südtiroler Bildungsdirektionen ausgewählt. Als Kriterien wurden die Schulart, die Schulsprache(n), der Standort und die Bereitschaft zur Teilnahme an einer Mehrsprachigkeitsstudie herangezogen. Insgesamt wurden sieben Schulen ausgewählt (vier Mittelschulen, von denen eine privat finanziert ist, und drei Oberschu- len), wobei die Fragebogenstudie dann in zwei Klassen jeder Schule und das Sprachendorf mit einer der beiden durchgeführt wurde. Die erhobenen Daten wurden Übereinstimmung mit den Bestimmungen der Europäischen Datenschutz- verordnung Nr. 2016/679 (DSGVO) und der nationalen Gesetzgebung gesammelt. 2 Literaturanalyse Fragebogen-Erhebung Daten-Trian- gulation für Sprachendorf-Erhebung integrierte Ergebnisse Fokusgruppeninterviews Abb. 1 RepertoirePluS-Forschungsdesign 9
2.3 SPRACHREPERTOIRES BESCHREIBEN: Hause, in der Schule und in ihrer Umgebung hören und 2.4 SPRACHREPERTOIRES AKTIVIEREN: E-Mail zwei oder drei Freizeitaktivitäten vorschlagen, die Fragebogen-Erhebung (Frühjahr 2017) sehen und welche Sprachen und Dialekte sie bei der Sprachendorf-Erhebung (Frühjahr 2018) sie an bestimmten Terminen gemeinsam unternehmen Kommunikation mit verschiedenen Personen(gruppen) könnten. Zu diesem Zweck stehen an einem Schwarzen Im Rahmen der Literaturrecherchen und der konzep- sowie in verschiedenen situativen Kontexten, u.a. auch In Anlehnung an die Prinzipien der Erhebung mehrspra- Brett etwa zwanzig Freizeitaktivitäten zur Auswahl, die tionellen Arbeit entwickelten wir einen Fragebogen im digitalen Bereich, verwenden. chiger Kompetenzen (vgl. Lenz & Berthele 2010) wählten jeweils in den folgenden zwei Wochen in Südtirol statt- zur möglichst umfassenden Erhebung der sprachli- wir ein Setting mit fünf Stationen (vgl. Abb. 3), das folgen- finden werden. Die Aushänge sind teilweise in Deutsch, chen Repertoires und der plurilingualen Kompetenzen Teil D - Umgang mit mehrsprachigen Situationen: In de Orientierungen in Aufgaben und Materialien beinhal- in Italienisch, in Ladinisch und in Englisch verfasst. von Südtiroler Mittel- bzw. OberschülerInnen. 240 diesem Teil können die SchülerInnen zunächst Informa- tete: (a) Interkomprehension (rezeptiv; schriftlich): Lösen SchülerInnen füllten diesen Fragebogen nach eige- tionen über die Bedeutung und den von ihnen wahrge- einer Aufgabe mit Hilfe von Texten in verschiedenen (c) Polyglot Game ner Wahl entweder auf Deutsch oder Italienisch im nommenen allgemeinen Nutzen ihrer Mehrsprachigkeit Sprachen, (b) Mediation I (produktiv; schriftlich-schrift- Das Thema dieser Station ist das „Polyglot Game“, ein Papier-und-Bleistift-Verfahren aus. Der Fragebogen angeben, bevor sie beurteilen, wie sie ihre plurilingua- lich): eine begründete Auswahl aus verschiedenen Sprachen-Twister-Spiel, das in einem dreiminütigen bestand aus 47 Items und enthielt sowohl kreative len Kompetenzen in bestimmten vorgegebenen Alltags- Angeboten treffen und eine Empfehlung formulieren, Werbevideo von Babbel.com präsentiert wird. Die Schü- Elemente (z.B. eine Vorlage für die Gestaltung eigener situationen einsetzen würden. (c) Polyglotter Dialog I (rezeptiv; mündlich-schrift- lerInnen sehen sich das Video zweimal an und notie- Sprachenportraits) als auch geschlossene, halboffene lich-mündlich): einem mehrsprachigen Gespräch folgen, ren zunächst ihre Eindrücke in Einzelarbeit auf einem und offene Fragen und war in fünf Abschnitte unterteilt Teil E - Persönliche Metadaten: Am Ende des Fragebo- ein Inhaltsprotokoll anfertigen und darüber reflektieren vorbereiteten Protokollbogen. Nach der Erstellung eines (vgl. Abb. 2): gens werden die Metadaten der SchülerInnen erhoben, (d) Mediation II (produktiv; mündlich): sich aktiv an einer Posters und der Präsentation der Ergebnisse sowie der so auch z.B. den bisherigen Bildungsverlauf und die mehrsprachigen Gesprächssituation beteiligen und zu ei- Klärung möglicher offener Fragen folgt eine Spielrunde Teil A - Sprachenportrait und -biographie: In diesem Teil Sprachen, die sie in Zukunft lernen möchten. ner Problemlösung beitragen, und (e) Polyglotter Dialog II mit dem (nachgebauten) „Language Twister“-Spiel und können die SchülerInnen ihr Sprachenportrait gestalten (rezeptiv; mündlich): sich aktiv und verstehend an einer eine Diskussion zum Thema „Sollte es mehr Spiele im und angeben, welche Sprachen und Dialekte bis zum Die Fragebögen wurden zunächst digitalisiert, um sie mehrsprachigen Gesprächssituation beteiligen. Sprachunterricht geben?“ in verschiedenen Sprachen aktuellen Zeitpunkt eine Rolle gespielt haben und auch für die Auswertung vorzubereiten. Anschließend wurde (und Dialekten). in Zukunft spielen werden. ein Teil der Daten quantitativ mit SPSS analysiert und (a) Origami ein anderer Teil mithilfe des Programms ATLAS.ti einer An dieser Station soll eine Bastelaufgabe mit Hilfe von d) Lost and Found Teil B - Selbsteinschätzung von Sprachkompetenzen: qualitativen Inhaltsanalyse (Mayring 2003) unterzogen. Texten in verschiedenen Sprachen gelöst werden. Zu Diese Station folgt der Logik eines Fundbüros in einem Nach einer Beurteilung der Kompetenzen in allen für sie Für die quantitativen Analysen erstellten wir eine diesem Zweck werden Anleitungen zum Falten eines Vergnügungspark: Die SchülerInnen nehmen an einer relevanten Sprachen und Dialekten geben die SchülerIn- Excel-Matrix, in die wir die Antworten der SchülerInnen Origami-Fuchses ausgewählt und in fünf Sprachen zur mehrsprachigen Interaktion teil und werden aufge- nen auch Auskunft über die Häufigkeit der Verwendung einfügten und diese dann in SPSS konvertierten. Für die Verfügung gestellt: zwei aus der germanischen Sprach- fordert, aktiv zu einer Problemlösung beizutragen. Sie bestimmter Sprachen, ihre mehr oder weniger bevor- qualitative Inhaltsanalyse haben wir 10% der Fragebö- familie (Niederländisch, Schwedisch) und drei aus der erklären der verantwortlichen Person am Schalter, dass zugten Sprachen und ihre bisherigen Erfahrungen beim gen induktiv kodiert und dann ein verfeinertes Kodie- romanischen Sprachfamilie (Französisch, Rumänisch, sie ein Gruppenmitglied verloren haben. Die Dame am Sprachenlernen. rungssystem auf alle Fragebögen angewendet. Während Spanisch). Schalter ist sehr hilfsbereit, spricht Französisch und ein wir in dieser Phase hauptsächlich deduktiv kodierten, wenig Englisch und erklärt auch gerne, wie die Grup- Teil C - Sprachverwendung im Alltag: Dieser Teil befasst wurden im Verlauf der Datenverarbeitung auch einige (b) Freetime pe nun die relevanten Informationen in ein Formular sich mit Darstellungen rezeptiver und produktiver induktive Codes zugewiesen. Die Ergebnisse der quanti- An dieser Station sollen sich die SchülerInnen vorstellen, eintragen soll. Die SchülerInnen werden auch gebeten, Mehrsprachigkeit in Alltagssituationen. Die Schüle- tativen und qualitativen Analysen wurden dann in einer dass bald eine Austauschklasse aus Frankreich an ihre einer hinzukommenden Person zu helfen. Wenn alle rInnen geben an, welche Sprachen und Dialekte sie zu Zusammenschau miteinander in Beziehung gesetzt. Schule kommt und dieser Partnerklasse sollen sie in einer Informationen gesammelt und in die Formulare einge- LOST & FOUND Mediation und polyglotter Dialog: Problemlösung in einem mehr- ORIGAMI sprachigen Kontext Interkomprehension: Anleitungen in verschiede- nen Sprachen verwenden CAFÉ Polyglotter Dialog: an einem informellen mehrsprachigen Gespräch teilnehmen Teil A: Teil B: Teil C: Teil D: Teil E: Sprachenportrait Selbsteinschätzung von Sprachverwendung Umgang mit mehr Persönliche POLYGLOT GAME und -biographie Sprachkompetenzen im Alltag sprachigen Situationen Metadaten Mediation: ein mehr FREETIME sprachiges Spiel verstehen, Interkomprehension und zusammenfassen und Mediation: Informationen zu Fragebogen mit 47 items zur Ermittlung des Umfangs der Sprachrepertoires von SchülerInnen diskutieren Freizeitaktivitäten an eine Aus- tauschklasse übermitteln Abb. 2 Überblick der Fragebogen-Abschnitte Abb. 3 Überblick über die Sprachendorf-Stationen 10 11
tragen sind, nehmen die SchülerInnen und die Fund- Reflexionsrunde in Form einer Fokusgruppendiskus- büro-Mitarbeiterin eine mehrsprachige Meldung über sion zu beteiligen. Die Interviews waren so angelegt, die vermissten Personen auf, die dann als Lautsprecher- dass sich die SchülerInnen über ihre Teilnahme an der durchsage abgespielt werden kann. „RepertoirePluS“-Studie und über ihre Erfahrungen im Sprachendorf austauschen und weitere relevante Aspek- e) Café te diskutieren konnten (vgl. Abb. 4). Für diese Station werden die SchülerInnen gebeten, sich Im Rahmen dieser Fokusgruppeninterviews konnten vorzustellen, dass sie sich derzeit im russischen Wla- die SchülerInnen zunächst eine Neubewertung ihrer diwostok befinden. Sie erhalten von einem Studenten Sprachenportraits, die sie vor einem Jahr im Rahmen in der Einkaufsstraße Gutscheine für das neu eröffnete der Fragebogenerhebung gestaltet hatten, vornehmen. Café „Trefiloff“. Dann setzen sie sich zu einer anderen Dabei waren sie dazu aufgefordert, über die Aktualität Touristin an einen Tisch, die ihnen in ihrer Erstsprache des Portraits und die darin enthaltenen Informationen Arabisch bei der Orientierung in der russischen Spei- zu ihrem Sprachrepertoire nachzudenken, und konnten sekarte helfen möchte. Wenn die Bestellungen aufge- auch eventuelle Änderungen vornehmen, die sie für nommen und alle besonderen Ernährungswünsche notwendig erachteten. Es folgte eine semistrukturierte mitgeteilt worden sind, folgt der Smalltalk zwischen Diskussion über das Sprachendorf, in der es nicht nur den SchülerInnen und der anderen Touristin. Auch die um einen allgemeinen Eindruck, sondern auch um eine Kellnerin gibt während des Wartens auf das Essen gerne Nacherzählung jeder Station und eine Einschätzung der Auskunft über die Stadt. kommunikativen und kollaborativen Aufgabenstellun- gen, des erlebten Schwierigkeitsgrades und der sprach- Die Sprachendorf-Erhebung fand in der Zeit vom 22. Fe- lichen Ressourcen und Strategien ging, die sie während bruar bis 19. März 2018 bei Eurac Research statt und 128 der Stationen benötigt und angewandt hatten. Am Ende SchülerInnen (pro Schule die jeweils sprachlich vielfäl- der Interviews konnten die SchülerInnen schließlich tigere Klasse der beiden aus der ersten Erhebungsphase) auch zukünftige und weitere für sie wichtige Aspekte nahmen daran teil. Die Forschungsaktivität wurde mit der sprachlichen Vielfalt und Mehrsprachigkeit diskutie- Audio- und Videoaufnahmegeräten aufgezeichnet, für ren. So konnte ein möglichst freier Austausch von Ideen jede der fünf Stationen wurden zwei Audioaufnahme- erfolgen und es war uns Forschenden auch möglich, neue geräte (ein in der Kamera integriertes und ein separates Inspirationen für zukünftige Projekte zu erhalten. auf jedem Tisch) und eine fest installierte Videokamera Die SchülerInnen verblieben in den gleichen Gruppen verwendet. Die Ausrüstung wurde vom „Amt für Film wie bei den Sprachendorf-Aktivitäten und auch die und Medien“ zur Verfügung gestellt. Die Daten wurden Interviewenden waren die gleichen wie an der Station, auf den Server von Eurac Research übertragen, insge- an der die jeweiligen Gruppen begonnen hatten. Allen samt stehen für die Analysen 185 Videos (etwa 50 Stun- Teilnehmenden stand es frei, Sprache(n) und Dialekt(e) den Filmmaterial) zur Verfügung. je nach eigener Präferenz zu verwenden, auch das Wech- seln und Mischen von Sprachen bzw. Dialekten war erlaubt. Die Diskussionen wurden ebenfalls aufgezeich- 2.5 ÜBER SPRACHREPERTOIRES net und waren auf eine Dauer von 45 Minuten angesetzt. REFLEKTIEREN: Die Interviewenden benutzten Moderationskarten, um 3 die Interviews in jeweils gleicher Weise zu strukturie- Fokusgruppeninterviews (Frühjahr 2018) ren, und achteten als ModeratorInnen darauf, dass alle Nach Abschluss der Sprachendorf-Aktivitäten luden SchülerInnen ausreichend Möglichkeiten hatten, sich wir alle teilnehmenden SchülerInnen ein, sich an einer an der Diskussion zu beteiligen. Reflexion und Diskussion der Diskussion von Zukunft Modifizierung des Erfahrungen und Bedeutung Sprachenportraits im Sprachendorf von Sprachenvielfalt Abb. 4 Themen der Fokusgruppeninterviews 12
Einzigartige Sprach- 3 Ergebnisse kombinationen für die Stichprobe, 30, 12% Italienisch, Deutsch, 3.1 BESCHREIBUNG DES UMFANGS Abb. 6 gibt einen besseren Einblick in die Kombinatio- Englisch, 71, 30% VON SPRACHREPERTOIRES nen der Sprachen, die die SchülerInnen nach eigenen Angaben beherrschen. Die häufigste Kombination war Die Auswertung der Fragebögen zeigt - nicht überra- Italienisch, Deutsch und Englisch (30%), gefolgt von Von 2-10 SchülerInnen geteilte Sprach- schend -, dass alle befragten SchülerInnen (n=240), Kombinationen dieser drei Sprachen mit Ladinisch kombinationen, 48, 20% mehrsprachig sind und erklärten, mindestens die drei (16%), mit Latein (14%) und mit Spanisch (8%). Bemer- Sprachen Italienisch, Deutsch und Englisch zu spre- kenswert ist hier, dass der Rest der SchülerInnen (32%, chen. Mehr als zwei Drittel der SchülerInnen (69%) spre- d.h. etwa ein Drittel) Sprachkombinationen angab, chen jedoch tatsächlich mehr als diese drei Sprachen: die sie mit weniger als 10 anderen SchülerInnen der 44% erklärten, vier Sprachen zu sprechen, 14% fünf Stichprobe teilten - tatsächlich gaben 30 SchülerInnen Sprachen und 10% sprechen sechs, sieben, acht oder (12%) Sprachkombinationen an, die in dieser Stichprobe zehn Sprachen (vgl. Abb. 5). einzigartig waren. Dies lässt darauf schließen, dass das Von diesen zusätzlichen Sprachen wurde Ladinisch am Sprachrepertoire der SchülerInnen in unserer Stich- Italienisch, Deutsch, häufigsten erwähnt: 79 SchülerInnen, d.h. ein Drittel der probe sehr vielfältig ist, und während man zwar davon Englisch, Spanisch Italienisch, Englisch, 18, 8% Stichprobe, erklärten, auf verschiedenen Kompetenzni- ausgehen kann, dass SekundarschülerInnen in Südtirol Deutsch, Ladinisch, veaus Ladinisch sprechen zu können. Dies ist besonders über Sprachkenntnisse in mindestens drei Sprachen 39, 16% interessant, da Ladinisch auch von SchülerInnen er- verfügen, gibt es darüber hinaus eine beträchtliche Italienisch, Deutsch, wähnt wurde, die Schulen mit Deutsch oder Italienisch Vielfalt. Englisch, Latein, 34, 14% als Unterrichtssprache besuchten (elf bzw. zwei Schü- lerInnen). Häufig wurden auch Sprachen genannt, die Dieses Bild wird noch komplexer, wenn wir auch die Abb. 6: Häufigkeit der Kombinationen von selbsteingeschätzten Sprachkompetenzen der SchülerInnen an Südtiroler Schulen unterrichtet werden, oder auch Sprachvarietäten in Betracht ziehen. Dazu gehören häufige Familiensprachen sind: Latein (57 SchülerIn- spezifische Dialekte oder Sprachmischungen, die die nen), Spanisch (42), Französisch (34), Albanisch (9) und SchülerInnen in ihrer Selbsteinschätzung als relevant Russisch (7). Andere Sprachen traten mit einer geringe- erachteten. Insgesamt traten in den uns vorliegenden ren Häufigkeit auf, umfassten aber eine beträchtliche Selbsteinschätzungen 32 verschiedene Varietäten auf. Vielfalt an Sprachen: Arabisch, Chinesisch, Griechisch, Die meisten dieser Varietäten weisen eine Verbindung Italienisch, Deutsch, Japanisch, Kroatisch, Portugiesisch (je drei Nennungen), zu Standards des Deutschen (z.B. Bayrisch, Schweizer- Englisch und eine deutsche Polnisch, Rumänisch, Sardisch, Tschechisch (je zwei) deutsch, Wienerisch, Sarntaler Dialekt) oder zur italieni- Varietät, 26, 11% für die Stichprobe einzig- artige Kombinationen von und Friaulisch, Istrisch, Niederländisch, Norwegisch, schen Standardsprache (z.B. Kalabrisch, Romano, Tren- Sprachen und Varietäten, Italienisch, Deutsch, Punjabi, Slowenisch, Ungarisch und Urdu (je eine Nen- tino, Sizilien) auf. Andere Varietäten lassen sich nicht Englisch, Ladinisch und 64, 27% nung). Insgesamt wurden somit bei der Selbsteinschät- ohne Weiteres der einen oder anderen Standardsprache eine deutsche Varietät, zung der Sprachenkenntnisse 29 verschiedene Sprachen zuordnen, insbesondere Bronzolotto und Laivesotto (vgl. 21, 9% von den SchülerInnen genannt. Tartarotti 2010). Auch Varietäten des Ladinischen, des Italienisch, Deutsch, Englisch, 13, 5% 120 Italienisch, Deutsch, 45% Englisch, Latein und eine Anzahl der SchülerInnen 100 deutsche Varietät, 12, 5% 80 30% Italienisch, Deutsch, Englisch, Ladinisch, 12, 5% 60 15% 40 auf 2-10 SchülerInnen 8% zutreffende Kombinationen, 20 92, 38% 0,4% 1,2% 0,4% 0 3 Sprachen 4 Sprachen 5 Sprachen 6 Sprachen 7 Sprachen 8 Sprachen 10 Sprachen Abb. 5: Anzahl der SchülerInnen je nach Anzahl der mit Sprachkompetenzen angegebenen Sprachen Abb. 7: Kombinationen aus Sprachen und Varietäten aus der Selbsteinschätzung der SchülerInnen 14 15
Englischen und des Albanischen wurden genannt. chen. Die häufigste Kombination in diesem Zusammen- Abb. 7 stellt die Kombinationen von Sprachen und hang ist wiederum Deutsch, Italienisch und Englisch Varietäten dar, in denen die SchülerInnen nach eigenen (92, d.h. 38%), bei einigen auch eine deutsche Varietät. Angaben Kompetenzen besitzen, wobei allerdings nur Viele SchülerInnen geben an, die in der Schule gelernten zwischen verschiedenen Gruppen an Varietäten (z.B. Sprachen (Französisch, Spanisch und Russisch) oder italienisch-, deutsch- oder ladinischbasierte Varietäten) Familiensprachen (z.B. Albanisch, Polnisch, Rumänisch) unterschieden wird. Die häufigste Kombination, die von auch in verschiedenen Freizeitkontexten zu verwenden. 26 SchülerInnen (11%) geteilt wird, ist die aus den drei Die Ergebnisse der Fragebogen-Erhebung geben auch Sprachen Deutsch, Italienisch, Englisch und einer deut- Aufschluss darüber, wie die SchülerInnen ihre eigene schen Varietät. Weitere Kombinationen, die auf mehr als Mehrsprachigkeit empfinden und wie sie mit bestimm- zehn SchülerInnen zutreffen, sind ebenfalls in der Grafik ten Hindernissen, Herausforderungen und Besonder- aufgeführt. Die von weniger als zehn SchülerInnen ge- heiten in selbst erlebten oder hypothetischen Situatio- nannten Kombinationen belaufen sich unter Berücksich- nen umgehen (würden). Insgesamt ergibt sich ein sehr tigung der Varietäten auf fast zwei Drittel der Stichprobe differenziertes, aber positives Bild: Die überwiegende (156 SchülerInnen). Bei 64 dieser Befragten (mehr als ein Mehrheit der Befragten geht selbstbewusst und proaktiv Viertel der Stichprobe) handelt es sich um einzigartige mit ihrer Mehrsprachigkeit um. Sie verbinden positive Kombinationen. Das Ergebnis zeigt einmal mehr eine Erfahrungen mit dem Erlernen und dem Gebrauch von sehr große Vielfalt der sprachlichen Repertoires. Sprachen und sind überzeugt, dass ihre mehrsprachigen Kompetenzen auch in Zukunft und in vielen persönli- Der Fragebogen erlaubte nicht nur Einblicke in die chen, sozialen und beruflichen Situationen wichtig und Sprachen und Varietäten, für welche die SchülerInnen nützlich sein werden. Sprachkompetenzen angaben, sondern auch in ihren Sprachgebrauch in verschiedenen Alltagskontexten. betrifft, so bestand die Stichprobe aus 13 Gruppen. Bei nen verwendet wurde - Deutsch oder Italienisch -, ge- Hierbei haben wir nach ihrer Sprachverwendung in den 3.2 SPRACHREPERTOIRES IM neun von ihnen liegt ein positives Feedback für alle Sta- folgt von einer ausgewogenen Verwendung der jeweils Domänen Schule, Zuhause und Freizeit gefragt. tionen im Sprachendorf vor, nur bei drei Gruppen war anderen Sprache und von Englisch und/oder des deut- SPRACHENDORF AKTIVIEREN Die Angaben in den Fragebögen zeigen, dass die Schüle- das Feedback gemischt. In den meisten Fällen und im schen Dialekts. Ladinisch wurde ebenfalls verwendet, rInnen in der Schule dazu neigen, meistens die an ihren Für alle 32 beteiligten SchülerInnengruppen wurde Vergleich zu den Mittelschulgruppen stellten die Stati- allerdings nur von den SchülerInnen der Mittelschulen. jeweiligen Schulen unterrichteten Sprachen zu verwen- eine umfassende Erstanalyse aller vorliegenden Da- onsleiterInnen fest, dass die SchülerInnen die Aufgaben Das Sprachen-Twister-Spiel beinhaltete zudem eine frei den. Eine Ausnahme bilden erwartungsgemäß lokale ten durchgeführt. Sie sollte einen Ausgangspunkt für besonders schnell erfassen und bewältigen konnten. wählbare „Jokersprache“, was viele SchülerInnen moti- Varietäten des Deutschen: diese werden in der Schule eine Gesamtbewertung des sprachlichen Handelns der vierte, auch andere Sprachressourcen ihres Repertoires von 101 SchülerInnen der Stichprobe (42%) verwendet, beobachteten Gruppen auf der Grundlage gemeinsa- An der Station „Origami“ benutzten die SchülerInnen in zu aktivieren, wie beispielsweise Französisch, Portugie- darunter 16 SchülerInnen an Schulen in den ladinischen mer Indikatoren bieten. Neben einer Zusammenfas- der Regel die Hauptsprache der Stationsleitung, entwe- sisch, Russisch, Spanisch und Ungarisch (Mittelschulen) Tälern und drei SchülerInnen an Schulen mit Italienisch sung der Ergebnisse der Station umfasste die globale der Deutsch oder Italienisch, und untereinander auch und Französisch, Koreanisch, Moldauisch, Norwegisch, als Unterrichtssprache. Italienische Varietäten werden Beschreibung und offene Analyse aller Stationen eine die andere „zweite“ Sprache, den deutschen Dialekt und/ Polnisch und Russisch (Oberschulen). hingegen nur von vier SchülerInnen der Stichprobe in Übersicht über alle während der Aktivität verwendeten oder etwas Ladinisch (Oberschulen). Häufig kam es zu An der Station „Lost and Found“ bevorzugten die Mittel- der Schule verwendet. Ausnahmen in Bezug auf andere Sprachen und Varietäten (Art der Interaktion, Einsatz sprachlichen Reflexionen über Ähnlichkeiten zwischen schülerInnen bei der Interaktion mit der Stationsleiterin in der Schule verwendete Sprachen sind selten: Alba- der mündlichen und schriftlichen Fertigkeiten, Rich- verschiedenen romanischen und germanischen Spra- das Englische, wobei Französisch ebenfalls recht häufig nisch wurde von drei SchülerInnen und Ungarisch von tung des Kommunikationsflusses). Wir erstellten auch chen, und insbesondere in den Oberschulen wurden verwendet wurde und in zwei Gruppen auch Albanisch einem Schüler erwähnt, aber beide Sprachen werden einen Überblick über die auffälligsten Phasen während weitere Sprachressourcen in Rumänisch, Französisch hinzukam. Untereinander kommunizierten die Schü- immer nur in den Pausen und auf dem Schulhof, nicht jeder Stationsaktivität im Hinblick auf die Verwendung und Spanisch aktiv von den SchülerInnen genutzt. lerInnen hauptsächlich in Italienisch, Deutsch oder aber im Unterricht verwendet. der einzelnen sprachlichen Ressourcen und Sprachge- An der Station „Freetime“ war Englisch die am häufigs- deutschem Dialekt. Die OberschülerInnen benutzten Die überwiegende Mehrheit der SchülerInnen (194, d.h. brauchsstrategien. ten verwendete Sprache für alle SchülerInnengruppen. hauptsächlich Englisch und Italienisch für die direkte 81%) verwendet zu Hause mehr als eine Sprache, der Von den Mittelschulen nahmen 19 Gruppen am Spra- Die Teilnehmenden der Mittelschulen benutzten dane- Kommunikation, gefolgt von Französisch und deut- größte Teil davon (117 SchülerInnen, d.h. 49%) verwen- chendorf teil. Für 12 von ihnen gibt es ein durchweg ben sehr oft deutsche Dialekte, Italienisch und Deutsch, schem Dialekt. Italienisch diente oft als Brückenspra- det zu Hause zwei Sprachen. Von diesen SchülerInnen positives Feedback für alle fünf Stationen des Sprachen- die SchülerInnen der ladinischen Schulen manchmal che für Französisch, während viele SchülerInnen auch verwenden 81 (d.h. 34% der gesamten Stichprobe) zu dorfs. In diesen Fällen nahmen die SchülerInnen aktiv auch Ladinisch. Die OberschülerInnen verwendeten versuchten, französische Begriffe und Phrasen in die Hause eine Kombination aus italienischer und deut- an der Aufgabe teil, arbeiteten mit den StationsleiterIn- hauptsächlich Italienisch, Deutsch und einen deutschen Interaktion einzubeziehen. Die Kommunikation war aus- scher Standardsprache und/oder Varietäten. Andere nen zusammen und engagierten sich gemeinsam für Dialekt in relativ ausgewogener Art und Weise, aber kein gewogen zwischen mündlichen und schriftlichen Teilen, Befragte verwenden zu Hause zwischen drei und fünf eine Lösung der Aufgaben. Zu sechs Gruppen gibt es ein Ladinisch. Der vorherrschende Kommunikationsmodus und die Station wurde von allen Gruppen sehr geschätzt. Sprachen in verschiedenen Kombinationen. gemischtes Feedback, da es jeweils ein oder manchmal war konzeptionell schriftlich (Lesen und Schreiben), da An der Station „Café“ benutzten alle SchülerInnen In der Freizeit verwendet ein noch größerer Anteil der zwei Stationen gab, bei denen die SchülerInnen nicht so die Art der Aufgabe die SchülerInnen zur Zusammenar- die Schulsprachen Deutsch, Italienisch und Englisch, SchülerInnen (226, d.h. 94%) mehr als eine Sprache: für deutlich in die Aufgabe eingebunden schienen. Schließ- beit beim Lesen und bei der Auswahl von Freizeitange- aber weder deutschen Dialekt noch Ladinisch. Einige die Mehrheit der SchülerInnen (115, d.h. 48%) sind es lich gibt es zwei Gruppen, bei denen die Bewertung auf boten auffordert und sie in das Schreiben einer E-Mail SchülerInnen versuchten, einige arabische und russi- drei verschiedene Sprachen. Andere SchülerInnen ver- eine geringe Beteiligung aufgrund von Schüchternheit involviert. sche Wörter, die sie in der Interaktion mit den Stations- wenden in ihrer Freizeit zwei, vier oder fünf Sprachen, oder mangelndem Interesse seitens einzelner SchülerIn- An der Station „Polyglot Game“ war die Hauptkommuni- leiterinnen erkannt hatten, zu wiederholen oder sogar und nur wenige Befragte zwischen sechs und acht Spra- nen hindeutete. Was die SchülerInnen der Oberschulen kationssprache diejenige, die von den StationsleiterIn- selbständig zu verwenden, und die Mehrheit der Teil- 16 17
nehmenden benutzte viel nonverbale Kommunikation 3.3 ZUSAMMENFÜHRUNG: für die tiefergehende Analyse aus. Wir transkribierten zusammenführenden und vergleichenden Beschreibung (meist in Form von Gestik). Die Station wurde von den TRIANGULATION-FALLSTUDIE die audiovisuellen Daten mit ELAN, einer linguisti- der Schüler-Profile abschließen. Gruppen ebenfalls sehr positiv beurteilt und als die her- schen Analysesoftware, die für eine Identifizierung und ausforderndste des gesamten Sprachendorf angesehen. Ziel unserer Studie war es, das sprachliche Repertoire Ordnung der dichten Passagen in der mehrsprachigen Fall 1: Max von SchülerInnen auf umfassende Art und Weise zu Kommunikation nützlich ist. Anschließend führten wir Bei Max liegt sowohl eine sehr interessante biographi- Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die beiden beschreiben. Um möglichst viele Dimensionen des eine detaillierte Analyse der verarbeiteten multimoda- sche Erfahrung eines mehrsprachigen Sprechers als Hauptunterrichtssprachen (Deutsch und Italienisch) Repertoires erfassen zu können, entschieden wir uns len Daten durch, um die Dynamik der Gruppe in einem auch ein bemerkenswertes Beispiel für die Komplexität an allen Stationen sehr häufig verwendet wurden. Auch für die Durchführung einer Triangulationsanalyse spezifischen situativen Kontext zu verstehen, eine eines Sprachrepertoires vor. der deutsche Dialekt wurde recht häufig genutzt, jedoch unter Verwendung aller verfügbaren Daten aus den drei Dynamik, die oft aus einer rein linguistischen Analyse Beim Betrachten des Sprachenportraits (vgl. Abb. 9) fällt nie an der „Café“-Station, was möglicherweise auf ihren Teilen der Studie: dem Fragebogen, dem Sprachendorf der Transkriptionen (z.B. Körpersprache, Deixis, Raum- sofort eine sehr weit gefasste, fluide Darstellung seines „internationalen“ Charakter zurückzuführen ist, da die und der Fokusgruppendiskussion. Wir wählten eine nutzung) nicht ersichtlich ist, und die insbesondere die sprachlichen Repertoires auf, die mit den im Fragebogen SchülerInnen bei der Interaktion in diesem eindeutig qualitative Vorgehensweise und konzentrierten uns beiden Schüler betrifft. aufgeführten Sprachen (Italienisch, Deutsch, Englisch, nicht-lokalen Kontext auf die Verwendung eines lokalen auf eine Fallstudie anhand von zwei Schülern. Un- Darüber hinaus wurde in der Analyse der Fokus auf eine Französisch, Ladinisch, Spanisch) übereinstimmt. Nur Dialekts verzichtet haben könnten. Englisch wurde eben- ser Ziel war es dabei, das sprachliche Verhalten einer Einschätzung der plurilingualen Kompetenz gesetzt, ein der Dialekt aus dem Veneto und das Südtirolerische, falls häufig verwendet - d.h. diese Sprache kam an allen ausgewählten Gruppe von Schülern zu beobachten, um Prozess, der einen explorativen Aspekt der Forschung welche er im Fragebogen als Teil seines Repertoires Stationen vor, außer bei „Origami“, wo der Schwerpunkt herauszufinden, wann und wie ihre mehrsprachigen darstellt, auch angesichts der Tatsache, dass dies ein aufführt, wurden im Portrait nicht berücksichtigt. auf einer Interkomprehensionsaufgabe ohne englisches Repertoires aktiviert werden und welche Strategien für aktuelles und viel diskutiertes Thema im wissenschaft- Der Körper ist ganz in Rot gefärbt, was bei Max für die Material lag. Die Schulsprachen Deutsch, Italienisch und deren Gebrauch beobachtet werden können. Innerhalb lichen Diskurs ist. Max und Carlo wurden bei ihren italienische Sprache steht, während das Hellblau auf der Englisch wurden von allen Schülergruppen mit Leichtig- einer ausgewählten Schülergruppe konzentrierten wir Kommunikationsinteraktionen im Sprachendorf (Stati- Höhe der Arme und des Kopfes für Deutsch steht. Diese keit und in einer ziemlich ausgewogenen Weise verwen- uns auf eine detaillierte Analyse von zwei Schülern, die onen „Lost and Found“ und „Café“) beobachtet. Unsere sind in der Tat seine Hauptsprachen, diejenigen, die ihn det. MittelschülerInnen zeigten eine höhere Tendenz, wir Max und Carlo nennen werden. Sie besuchten eine Analysen wurden mit entsprechenden Deskriptoren des seit seiner Kindheit begleiten, wie er im Fragebogen an- auch Ladinisch in ihren Interaktionen zu verwenden, der Schulklassen der Mittelschule und waren in ihrem REPA (2012) und des GeRS-Begleitbandes (2018) abge- gibt, und deren Kompetenzen er in der Selbsteinschät- als dies bei den Gruppen der Oberschulen der Fall war (sprachlichen) Verhalten während der gesamten Studie glichen. Letzterer baut auf der theoretischen Struktur zung gleich wertet. Auch wenn jede Farbe je nach den (zwei Stationen vs. eine Station). In vielen Gruppen in vielerlei Hinsicht sehr bemerkenswert. mehrerer Rahmenwerke (u.a. auch REPA) auf, ist jedoch individuellen Erfahrungen mit unterschiedlichen Kon- wurden zusätzlich Französisch, Arabisch, Russisch und Die Überlegungen der Schüler zu ihren Einschätzun- ein eher praxisorientiertes Instrument, das nun neue notationen assoziiert werden könnte (vgl. Busch 2018), Spanisch verwendet, wenn die Stationen explizit einen gen des Sprachendorfs stellten den Ausgangspunkt für Skalen und Deskriptoren enthält, die speziell auf indi- ist es möglich, das Rot für Italienisch dahingehend zu Fokus auf weitere sprachliche Ressourcen beinhalteten. unsere Analysen dar, da diese viel Aufschluss darüber viduelle Mehrsprachigkeit und Mediation ausgerichtet interpretieren, dass Rot eine „emotionale“ Farbe ist, die SchülerInnen der Mittelschule brachten auch Albanisch, gaben, welche Stationen für die SchülerInnen am her- sind. Die Art und Weise, wie Max und Carlo von ihrem normalerweise mit Emotionen und Gefühlen verbunden Ungarisch und Portugiesisch ein, SchülerInnen der ausforderndsten und sinnvollsten waren. Ihre Berichte Sprachrepertoire Gebrauch machen, hat uns dazu ver- ist. Im Fragebogen gibt Max zudem an, dass Italienisch Oberschule auch Koreanisch, Moldauisch, Norwegisch, über die Stationen wurden auch dazu verwendet, jene anlasst, zwei Skalen der plurilingualen Kompetenz (d.h. seine bevorzugte und stärkste Sprache ist und er es mit Polnisch und Rumänisch. Diese „zusätzlichen“ Sprachen Aspekte zu bestimmen, die analysiert und mit den Aufbau auf dem plurilingualen Repertoire, plurilingu- seinen Familienmitgliedern (mit denen er manchmal entsprechen auch einigen (nicht allen) der sprachlichen bereits in der Fragebogenerhebung und den Fokus- ales Verstehen) und sieben Skalen der Mediation (d.h. auch den Dialekt aus dem Veneto verwendet) assoziiert. Kompetenzen, die die SchülerInnen in ihren Fragebögen gruppeninterviews gesammelten Sprachprofilen der Erleichterung der Zusammenarbeit mit Gleichaltrigen, An den Beinen und Füßen hat er Spanisch und Franzö- angaben; eine anschließende Triangulation wird weitere Schüler in Bezug gesetzt werden sollten (vgl. Abb. 8). So Management der Interaktionen, Vermittlung in infor- sisch farblich dargestellt. Beide sind Sprachen, die er in Einzelheiten zu diesem Aspekt zeigen. wählten wir die Stationen „Lost and Found“ und „Café“ mellen Situationen, Erleichterung der Kommunikation der Schule gelernt hat und die er in Zukunft verbessern in heiklen Situationen und bei Meinungsverschieden- möchte: Die Beine könnten als Metapher dafür dienen, heiten, Verknüpfung mit Vorkenntnissen, Anpassung dass er in Zukunft mit diesen Sprachen „weitergehen“ der Sprachen, Aufschlüsselung komplizierter Informa- wird. Darüber hinaus ist anzumerken, dass Max wäh- tionen) zu wählen und den beiden Schülern einen De- rend der „Lost and Found“-Station, bei der Französisch FRAGEBOGEN FOKUSGRUPPEN- skriptor und somit das entsprechende Niveau zuzuwei- die von der Stationsleiterin meistgesprochene Sprache MIT SPRACHENPORTRAIT INTERVIEW sen. Der folgende Abschnitt gibt einen Überblick über ist, deutliche Anstrengungen zeigt, diese Sprache auch erste Ergebnisse. zur Lösung der Aufgabe zu verwenden. Auch wenn er in SPRACHEN- der Selbsteinschätzung Französisch als seine schwächs- DORF SPRACHREPERTOIRES IN ANWENDUNG Fallstudie te Sprache bewertet, versucht er, sich trotz der Schwie- rigkeiten an seine Gesprächspartnerin anzupassen, Wie im vorigen Abschnitt beschrieben, konnte eine indem er die Sprache in der Interaktion kreativ einsetzt STATION Ressourcen REFERENZRAHMEN Daten-Triangulation aufzeigen, inwiefern die Schüler und auch neue ungewöhnliche Wörter verwendet („L‘est „LOST AND ihre Sprachrepertoires konsistent verwenden und worin sparì“), was auf eine hohe Motivation hinweist. FOUND“ sich diese Verwendung in verschiedenen Analysekon- Max‘ Aussagen im Fokusgruppeninterview liefern weite- REPA (2012) GeRS- texten unterscheidet. In diesem Kapitel werden wir re interessante Aspekte für die Analyse. Wie viele andere Begleitband zunächst die beiden Fälle getrennt betrachten. Für jede SchülerInnen gibt Max an, dass er sich nicht mehr STATION kommunikative (2018) „CAFÉ“ Strategien der beiden Fallstudien werden wir das Sprachenportrait, erinnert, warum er beim Ausfüllen des Fragebogens sein das Fokusgruppeninterview und die beiden unter- Sprachrepertoire im Portrait so dargestellt hat, aber er suchten Sprachendorfstationen diskutieren, wobei wir bittet darum, etwas ändern zu dürfen. Er fügt Blau in stets die Erkenntnisse aus den anderen Datenquellen den Augen für Ladinisch hinzu und sagt der Intervie- Abb. 8 Methodenüberblick für die Fallstudien-Analyse einbeziehen. Wir werden unsere Analyse dann mit einer werin, dass er in dieser Sprache nicht gut (zu)hören, 18 19
for confirmation (Production strategy for compensating, Des Weiteren zeigt er durch die Verwendung des Satzes B1); Can use an inadequate word from his/her repertoire and „Il est sparí“ weitere Flexibilität in seinen sprachlichen use gesture to clarify what he/she wants to say (Production Ressourcen, indem er sich an die aktuelle Situation strategy for compensating, A2); anpasst: REPA: Sensibilität sowohl für die Unterschiede als auch für die Gemeinsamkeiten verschiedener Sprachen oder Kultu- CEFR-CV: Can exploit creatively his/her limited repertoire ren (A-2.4). in different languages in his/her plurilingual repertoire for everyday contexts, in order to cope with an unexpected Darüber hinaus liest Alex einen bestimmten Begriff situation (Building on plurilingual repertoire, B1); im Französischen und vergleicht ihn mit der entspre- REPA: Einen grammatikalischen Transfer (Funktionstransfer) chenden Form im Englischen: „ok, è un bambino o un durchführen können; Grammatikalische Regularitäten in ragazzo? Allora è un enfant“ – dies zeigt eine Strategie, einer nicht vertrauten Sprache auf der Basis von Regularitäten die sich auf die folgenden Deskriptoren bezieht: in einer vertrauten Sprache aufstellen können (S-5.3.3). CEFR-CV: Can deduce the message of a text by exploiting what Abb. 10 gibt einen visuellen Überblick über unsere Tri- he/she has understood from texts on the same theme written angulationsanalyse und zeigt alle wichtigen Datenquel- in different languages (Plurilingual comprehension, B1); len, die wir für diese Fallstudie kombiniert haben, um REPA: Die in einer Sprache verfügbaren Kenntnisse und zu einer umfassenden Darstellung des Repertoires des Fertigkeiten für Handlungen des Sprachverstehens oder der Schülers zu gelangen. Sprachproduktion in einer anderen Sprache nutzen können (S-5). Abb. 9 Max’ Sprachenportrait – im Rahmen des Fokusgruppeninterviews angepasst Sprachendorf aber fast alles lesen und verstehen kann (dies könnte Repertoire ableitet. Zum Beispiel erinnert er sich im der Grund dafür sein, dass er sich dafür entscheidet, Interview an das russische Wort „Limonyi“, das während “Ehm.. come si Ladinisch in den Augen darzustellen). Darüber hinaus der Station „Café“ tatsächlich mehrmals wiederholt Deutsch, vive in Russia?” erklärt er im Rahmen des Fokusgruppeninterviews auch wird. Was diesen Punkt anbelangt, so scheint Max wie Itali- enisch, die fehlenden Dialekte im Portrait: „Ich bin lieber Hoch- auch andere SchülerInnen nicht über seine mehrspra- Französisch, sprache. Ich versteh nicht so viel Dialekt, ich vertraue chigen Praktiken während der Stationen überrascht zu Englisch; mir besser auf die Hochsprache“. sein, die als die herausforderndsten empfunden wurden neue zusätzliche Während der Sprachendorf-Aktivitäten zog Max wegen und in denen einige Sprachen überhaupt nicht zu ihrem Sprache: Russisch; Strategien: Körpersprache seiner ausgeprägten Proaktivität und seines starken Repertoire gehörten. mit stark ausgeprägter Gestik, Engagements an den Stationen sofort unsere Aufmerk- Sein großes Interesse und Engagement für die Aufgabe Augen- und Körperkontakt, samkeit auf sich. Bei ihm zeigt sich das Profil eines zeigt sich auch in der Neugier, die er an den Tag legt, Interkomprehension, Rückgriff auf “In the future, there Schülers, der sehr extrovertiert, leidenschaftlich, aktiv wenn er seine GesprächspartnerInnen um mehr Infor- Materialien und Umgebung would be the need to und kooperativ ist. Die Aktivierung seines sprach- mationen über ihr Herkunftsland bittet (z.B. zum Wetter have an awful lot of transla- Max‘ Repertoire tions e.g. for rules in the bus lichen Repertoires hängt sicherlich von einer Reihe in Russland). Dies ist ein wichtiger Aspekt bei den pluri- (on the window behind the von Faktoren ab: von den Sprachen der Stationen, der lingualen Deskriptoren im REPA wie auch im GeRS-Be- driver), in German, Italian, Wahrnehmung der Aufgabe und natürlich von seinen gleitband, die beide die Bedeutung der Neugier für den “Sono curioso di sapere English, Arabic, Chinese, come si dice una parola “Ich Charaktereigenschaften. In der Station „Lost and Found“ Aufbau des plurilingualen Repertoires unterstreichen. Deutsch, Russian” in un’altra lingua e il suo bin lieber zum Beispiel ist Max der Kern der Gruppe, der mit Beispielsweise verwendet Alex das Wort „portefuelle“, significato” Italienisch, Hochsprache. verschiedenen Arten von Kommunikation experimen- nachdem er die Stationsleiterin „portefeuille“ sagen Ladinisch, Ich vertraue mir Englisch, Franzö- tiert, auch in ihm unbekannten Sprachen wie Albanisch hörte. Es kann davon ausgegangen werden, dass er das besser auf die Hoch- sisch, Südtirolerisch, oder Russisch. Er nutzt all seine sprachlichen Ressour- neue Wort mit ähnlichen Wörtern in seinem Repertoire sprache” Venezianisch; cen, um am Gespräch teilzunehmen, und wenn er sich vergleicht. Dies kann mit den folgenden Deskriptoren zukünftige Sprachen: einmal nicht ausdrücken kann, bedient er sich der im GeRS-Begleitband (= CEFR-CV, Common European Französisch, Spanisch, Latein, Körpersprache. Im Interview erklärt er, dass er „zu sehr“ Framework of Reference - Companion Volume 2018) und Griechisch auf Gesten zurückgreift, und in der Tat sind Gesten in im REPA in Verbindung gebracht werden: seinen Interaktionen sehr häufig anzutreffen. Wenn er Fragebogen Fokusgruppe mit für ihn neuen Sprachen konfrontiert wird, wieder- CEFR-CV: Can use a simple word meaning something holt er manchmal Begriffe, die er aus dem Kontext oder similar to the concept he/she wants to convey and invites aus ihrer Ähnlichkeit mit anderen Sprachen aus seinem “correction”. Can foreignise a mother tongue word and ask Abb. 10 Triangulation des Sprachrepertoires von Max 20 21
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