Report 2/19 - Regionales Konjunkturbarometer
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VORWORT Liebe Leserinnen und Leser, das Regionale Konjunkturbarometer für das zweite Quartal 2019 ist von Licht und Schatten geprägt. Wiederum legt das Wuppertaler Institut für Unternehmensforschung und Organisationspsychologie (WIFOP) in Kooperation mit den Sparkassen in Remscheid, Solingen und Wuppertal den aktuellen Kon- junkturreport vor. Auf der Grundlage der Einschätzungen der Unternehmen im Bergischen Städtedreieck zur konjunkturellen Lage ergibt sich dabei ein differenziertes Bild. Ohne den Umfrageergebnissen vorgreifen zu wollen, ist zu sagen, dass das Regionale Konjunkturbaro- meter insgesamt zum zweiten Mal in Folge gesunken ist. Aber während sich die wirtschaftliche Lage im Verarbeitenden Gewerbe und im Bereich Transport und Logistik weiter eingetrübt hat, bewerten die Unternehmen des Handels und des Dienstleistungssektors ihre wirtschaftliche Lage etwas besser als im Vorquartal. Und das Baugewerbe verzeichnet anhaltend volle Auftragsbücher. Vor dem Hintergrund dieses heterogenen Eindrucks ist der Blick auf den regionalen Arbeitsmarkt erfreulich. Die Arbeitslo- senquoten haben sich gegenüber dem Vorquartal kaum verändert und die meisten Unternehmen – mit Ausnahme des Transport- und Logistiksektors – planen, weiteres Personal einzustellen. Zum größten Beschäftigungsmotor avanciert auch in der bergischen Region die Digitalwirtschaft. Lesen Sie ab Seite 5 ausführlich, wie die hiesigen Unternehmen ihre wirtschaftliche Lage bewerten und mit welchen Er- wartungen sie in die Zukunft blicken. Die Sonderauswertungen des Konjunkturbarometers für das Bergische Städtedreieck gehen näher auf die Umstände ein, die für den anhaltenden Abschwung des Verarbeitenden Gewerbes einerseits und das moderate Wachstum des Dienstleistungssektors andererseits ursächlich sind. Dass für die stark exportorientierte Industrie in unseren Breiten die politischen Rahmenbedingungen derzeit nicht gerade förderlich sind, liegt auf der Hand. Doch auch ein genereller Nachfragerückgang macht der Branche zu schaffen. Ein besonders genaues Auge wirft der Konjunkturreport diesmal auf eine Branche im Wandel. Digitalisierung und Mobilitätswandel fordern die in unserer Region stark vertretenen Automobilzulieferer und die Vielzahl an Fahrzeughändlern heraus. Im Branchenreport „Fahrzeughandel“ erfahren Sie, wie sich die Unternehmen auf die aktuellen Veränderungen einstellen. Ein interessantes Stimmungsbild, das uns alle als Gesellschaft im Mobilitätswandel betrifft. Ans Herz legen möchte ich Ihnen abschlie- ßend noch die Lektüre des Gastbeitrags von Professor Dr. Rainer Wieland und Dr. Gabriele Sewz zum Thema „Humanressourcen im Unternehmen zuverlässig und praxisnah erfassen – so kann die Zukunft der Arbeit gelingen“. Hat doch die digitale Transformation im Kern nicht nur einen technischen Aspekt, sondern ganz entscheidend auch eine psychosoziale Komponente. Sie sehen also, liebe Leserinnen und Leser – mit dem regionalen Konjunkturbarometer stellt Ihnen das WIFOP erneut eine umfassende Darstellung der aktuellen wirtschaftlichen Lage im Bergischen Städte- dreieck vor. 204 Unternehmen haben sich im zweiten Quartal 2019 an der Umfrage beteiligt. Eine gute Resonanz, bei der es aber noch Luft nach oben gibt. Es wäre schön, wenn wir gemeinsam eine noch größere Beteiligung erreichen könnten. Also: Machen Sie mit, empfehlen Sie den regionalen Konjunktur- report als wichtigen Beitrag zur Einschätzung und Bewertung künftiger unternehmerischer Entscheidun- gen weiter. Die bergischen Sparkassen sind Ihnen dabei ein verlässlicher Partner. Mit den besten Grüßen Ihr Frank Dehnke Vorstandsvorsitzender Stadtsparkasse Remscheid 3
GESAMTWIRTSCHAFTLICHE ENTWICKLUNG WIRTSCHAFTLICHE LAGE UND ERWARTUNGEN Deutsche Unternehmer und Finanz- Anders als in den vorangegangenen marktexperten schätzen die konjunk- Monaten werden die negativen Aus- turelle Situation in Deutschland zum wirkungen dieser politischen Konflik- Ende des 2. Quartals schlechter als te immer stärker sichtbar. Besonders zu Jahresbeginn ein. Sowohl die La- enttäuschend sind die jüngsten Wirt- gebeurteilung des ZEW Finanzmarkt- schaftsdaten aus China. Der interna- tests als auch der ifo Lageindex sind tionale Währungsfonds (IWF) korri- im 2. Quartal weiter gesunken. Seit gierte seine Wachstumsprognosen Herbst 2018 hat sich die Konjunktur unlängst weiter nach unten. Ein we- im Verarbeitenden Gewerbe von den sentlicher Faktor ist hierbei die An- übrigen Wirtschaftsbereichen ent- hebung der US-Strafzölle auf Importe koppelt. Dieser Trend setzt sich auch aus China. Auch der Handel mit Groß- im aktuellen Quartal fort. britannien hat im laufenden Jahr wei- ter abgenommen. Nach Angaben des Der ifo Lageindex ist im Juni erneut Deutschen Industrie- und Handels- gesunken und notiert 3,3 Punkte kammertags (DIHK) gingen zwischen unter dem Indexstand zum Ende des Januar und Mai die Importe aus ersten Quartals. Der auf einer Be- Großbritannien um 6,1 % gegenüber fragung von Finanzmarktexperten demselben Vorjahreszeitraum zurück. basierende Lagesaldo des ZEW Fi- Die Exporte sanken um 2,3 %, womit nanzmarkttests verschlechterte sich Großbritannien nur noch der siebt- ebenfalls deutlich. Der Lagesaldo fiel wichtigste Handelspartner der deut- im Juni auf 7,8 Punkte. Die jüngst schen Wirtschaft sein dürfte. veröffentlichten Werte für Juli 2019, spiegeln mit einem Saldowert von Aufgrund seiner starken Export- -1,1 Punkten eine deutlich verschlech- orientierung leidet besonders die terte Einschätzung der Finanzmarkt- deutsche Industrie unter dieser Ent- experten wider. Seit rund 9 Jahren wicklung. Die schwächelnde Welt- liegen somit erstmals wieder mehr wirtschaft ist jedoch nicht der einzige pessimistische als optimistische Ex- Grund für die aktuelle Abschwung- perteneinschätzungen vor. phase. Ein Blick auf den jüngst ver- öffentlichten Auftragsbestand im Die wesentlichen Unsicherheiten ha- Verarbeitenden Gewerbe offenbart, ben sich dabei kaum geändert. Die dass nicht nur die Anzahl der offenen mit der Wahl von Boris Johnson wie- ausländischen, sondern auch die der der gestiegene Wahrscheinlichkeit inländischen Aufträge gleichermaßen für einen ungeordneten Brexit und rückläufig ist. Diese Entwicklung gilt die anhaltenden Handelsstreitigkeiten vor allem für Vorleistungs- und In- der USA mit China und Europa domi- vestitionsgüter. Konsumgüter sind nieren wie in den letzten Befragungs- hingegen weiter gefragt. Dies lässt zyklen die Ängste der Unternehmer. sich dadurch erklären, dass Unter- 4 5
GESAMTWIRTSCHAFTLICHE ENTWICKLUNG GESAMTWIRTSCHAFTLICHE ENTWICKLUNG (ifo Geschäftsklima Deutschland, ZEW Finanzmarkttest) (ifo Geschäftsklima Deutschland, ZEW Finanzmarkttest) 110 100 110 100 ZEW konjunkturelle Lage (Salden) ifo Geschäftserwartungen (Index) ZEW konjunkturelle Erwartungen (Salden) 105 75 105 75 ifo Geschäftslage (Index) 100 50 100 50 95 25 95 25 90 0 90 0 85 -25 85 -25 ifo ifo 80 -50 80 -50 ZEW ZEW 75 -75 75 -75 70 -100 70 -100 01/2005 01/2006 01/2007 01/2008 01/2009 01/2010 01/2011 01/2012 01/2013 01/2014 01/2015 01/2016 01/2017 01/2018 01/2019 01/2005 01/2006 01/2007 01/2008 01/2009 01/2010 01/2011 01/2012 01/2013 01/2014 01/2015 01/2016 01/2017 01/2018 01/2019 nehmen ihre Investitionen aufgrund Eine Sonderstellung nimmt nach wie Im Gegensatz zu den unterschiedli- Auch im Dienstleistungssektor haben der aktuellen konjunkturellen Abküh- vor das Bauhauptgewerbe ein. Das chen Lageeinschätzungen fallen die sich die Geschäftserwartungen im lung deutlich reduzieren. Der private anhaltend niedrige Zinsniveau, eine Erwartungen für die kommenden 2. Quartal kontinuierlich eingetrübt. Konsum ist aufgrund der historisch unvermindert hohe Nachfrage nach 6 Monate, über alle Branchen hin- Mit einem Saldowert von 2,5 % lie- niedrigen Arbeitslosenquote und ge- Wohnimmobilien und der Investi- weg, eher verhalten aus. Der Saldo- gen diese im Juni aber noch knapp stiegenen Reallöhnen hingegen un- tionshochlauf im öffentlichen Sektor wert der ifo Geschäftserwartungen im positiven Bereich. vermindert hoch. sorgen für eine anhaltend gute Bau- sank im Juni um 2,1 Prozentpunk- konjunktur. Diese Situation dürfte te gegenüber dem Vormonat Mai Im Bauhauptgewerbe wird ebenfalls Dies erklärt, warum sich die Lage- sich in den nächsten Monaten kaum (-2,9 Prozentpunkte gegenüber dem mit keiner weiteren Verbesserung, einschätzung im Einzelhandel gegen- verändern. Aus den gegenwärtigen 1. Quartal 2019). Damit liegt der bran- aber auch mit keiner Verschlechte- über dem Jahresbeginn verbessert Verlautbarungen des Direktoriums chenübergreifende Saldowert, wie rung, gerechnet. Der überwiegende hat. Der Saldowert der Lageindizes der europäischen Zentralbank lässt auch der Saldowert des ZEW Finanz- Teil der Unternehmen geht davon nahm zwischen Januar und Juni 2019 sich ableiten, dass sie ihre ultralo- markttests, aktuell im negativen Be- aus, dass sich ihre wirtschaftliche um 12,0 Prozentpunkte zu. Im Groß- ckere Geldpolitik weiter fortsetzten reich. Lage in den kommenden Monaten handel ging der Saldowert im selben wird. Die Finanzierungskonditionen nicht verändern wird. Zeitraum hingegen um 9,2 Prozent- für Immobilien werden somit auch Wenig überraschend ist dabei die an- punkte zurück. in den kommenden Monaten günstig haltend pessimistische Erwartungs- Führende Wirtschaftsforschungs- bleiben. haltung im Verarbeitenden Gewerbe. institute sowie die Bundesregierung Die Lageeinschätzung im Verarbei- Der entsprechende Saldowert liegt folgen der Einschätzung der Unter- tenden Gewerbe hat sich neuerlich Etwas schlechter als im vorangegan- mit -11,9 % weiterhin deutlich im ne- nehmen und korrigieren ihre Wachs- verschlechtert. Im Juni ist der Lage- genen Quartal (-6,4 Prozentpunkte), gativen Bereich. tumsprognose für das laufende Jahr saldo um 11,7 Prozentpunkte gegen- aber immer noch überwiegend posi- nach unten. Aktuelle Prognosen ge- über dem vorangegangenen Quartal tiv, beurteilen die Unternehmen aus Überwiegend pessimistisch sind die hen im Mittel von einem 0,9 prozenti- auf 15,8 % gefallen. Eine niedrigerer dem Dienstleistungssektor ihre aktu- Aussichten auch im Handel. Dies gilt gen Wachstum des Bruttoinlandspro- Saldowert (15,1 %) wurde zuletzt im elle wirtschaftliche Lage. gleichermaßen für den Einzel- wie dukts aus. Oktober 2014 ausgewiesen. auch für den Großhandel. 6 7
GESAMTWIRTSCHAFTLICHE ENTWICKLUNG GESAMTWIRTSCHAFTLICHE ENTWICKLUNG ARBEITSMARKT Auch die Verbraucher gehen davon zen erkennbar, dass die Stimmung aus, dass sich die Konjunktur spür- der privaten Haushalte kippen könnte. bar abkühlt. Laut der GfK-Konsumkli- (saisonbereinigt, Basis: alle zivilen Erwerbstätigen, Bundesagentur für Arbeit) mastudie haben sich die Konjunktur- Die Inflationsrate stieg im Juni auf 7% erwartungen privater Haushalte im 1,6 %, liegt aber immer noch unter- 2. Quartal 2019 weiter verschlech- halb der Zielvorgabe der Europäi- 6% tert. Zuletzt konnte sich der Indikator schen Zentralbank (EZB) von „unter, aber auf einem Niveau stabilisieren aber nahe 2,0 %“. Derzeit diskutiert und liegt aktuell bei 2,4 Punkten. die EZB, die Zielvorgabe anzupassen, 5% Die Einkommenserwartungen sind um künftig für kurze Zeiträume auch zum Ende des 2. Quartal 2019 deut- Inflationsraten über 2,0 % zulassen 4% lich zurückgegangen (-12,2 Punkte). zu können. Tatsächlich hat sie in den 2016 2016 2016 2017 2017 2017 2017 2018 2018 2018 2018 2019 2019 Die Verfasser der Studie führen dies letzten Jahren vergeblich versucht, Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 auf eine gestiegene Angst vor einem die Inflationsrate in Richtung der aktu- Arbeitsplatzverlust zurück. Die An- ellen Zielvorgabe zu steuern. Insofern Zeigte sich der nationale Arbeits- (2,6 %) und Baden-Württemberg schaffungsneigung ist im Juni hin- ist die Anpassung der Formulierung markt zuletzt weitestgehend robust (3,0 %) führen den Ländervergleich gegen weiter gestiegen und liegt weniger bedeutend, als die jüngsten gegenüber der konjunkturellen Ein- an. Die Stadtstaaten Berlin (7,8 %) damit immer noch auf einem hohen Signale, die ohnehin lockere Geld- trübung, werden im zweiten Quartal und Bremen (10,0 %) weisen die Niveau. Diese Zahlen spiegeln somit politik weiter fortzuführen und neben nun erste Auswirkungen sichtbar. höchsten Arbeitslosenquoten auf. wider, dass vor allem die private Bin- möglichen Zinssenkungen und einer Die Zahl der Arbeitslosen hat sich nennachfrage derzeit die Konjunktur Ausdehnung der Anleihekäufe auch zur Jahresmitte saisonbereinigt kaum Nordrhein-Westfalen (6,5 %) rangiert stützt. Gleichzeitig sind erste Tenden- weitere Maßnahmen zu diskutieren. verändert. Zwar nimmt die Zahl der aufgrund bevölkerungsreicher und Beschäftigten aufgrund einer weiter- stark vom Strukturwandel betroffe- hin hohen Arbeitskräftenachfrage zu, ner Regionen wie dem Ruhrgebiet, jedoch schwächer als noch zur Jah- ebenfalls im letzten Drittel und deut- resmitte 2018. lich unterhalb der durchschnittlichen Arbeitslosenquote der westdeut- Nach vorläufiger Hochrechnung der schen Bundesländer. Die Zahl der Ar- Bundesagentur für Arbeit beläuft beitslosen ist gegenüber dem Vorjahr sich die Zahl der erwerbsfähigen Per- jedoch durchgehend rückläufig. sonen ohne Arbeit im Juni auf insge- samt 2.216.243. Die Zahl der Arbeits- Anstiege der Arbeitslosenzahlen lie- losen ist damit um 59.544 (-2,6 %) ßen sich im Vergleich zum Vorjahr im gegenüber dem Vorjahresmonat zu- Saarland, Baden-Württemberg, Ham- rückgegangen. Die saisonbereinigte burg und Bremen beobachten. Dabei Arbeitslosenquote entspricht dabei entwickelt sich die Zahl der Arbeitslo- allerdings weiterhin dem Vorjahres- sen in Ostdeutschland (-6,0 %) deut- wert von 5,0 %. lich positiver als in Westdeutschland (-1,5 %). Ein Trend, der dazu führt, Im Vergleich der Arbeitslosenquoten dass sich die Arbeitslosenquoten von der Bundesländer zeigt sich ein wei- Ostdeutschland (6,2 %) und West- testgehend unverändertes Bild. Die deutschland (4,6 %) einander weiter süddeutschen Bundesländer Bayern annähern. 8 9
GESAMTWIRTSCHAFTLICHE ENTWICKLUNG GESAMTWIRTSCHAFTLICHE ENTWICKLUNG lichem Besetzungstermin, deutet da- entsprechende Abweichungen nicht wicklung; 110 = sehr gute Entwick- rauf hin, dass es Unternehmen auch branchenspezifisch auftreten, ist die lung; 100 = neutrale / gleichbleibende (Juni 2019, Basis: alle zivilen Erwerbstätigen, weiterhin schwerfällt freie Stellen zu Analyse jedoch gut dazu geeignet, Be- Entwicklung). Die Beschäftigung ent- Bundesagentur für Arbeit) besetzen.1 rufsgruppen mit den stärksten Fach- wickelt sich trotz des zu erwartenden kräfteengpässen zu identifizieren. konjunkturellen Abschwungs somit Bayern 2,6 % In diesem Zusammenhang liegt die deutlich robuster. Das Institut rech- Baden-Württemberg 3,0 % Schlussfolgerung eines generellen Die Mehrzahl der bundesweiten Kon- net zwar mit einer abflachenden Ar- Hessen 4,3 % Fachkräftemangels nahe. Die Bun- junkturprognosen weisen auf eine beitsmarktdynamik, jedoch warnt es Rheinland-Pfalz 4,3 % desagentur für Arbeit weist hierzu zunehmende Abkühlung des Ge- ebenso vor einer Dramatisierung der Westdeutschland 4,6 % in ihrer halbjährlichen Engpassanaly- schäftsklimas hin. Die verschiede- aktuellen Entwicklungen. 3 se von Juni 2019, Engpässe jedoch nen Frühindikatoren des deutschen Deutschland 4,9 % nicht grundsätzlich, sondern nur für Arbeitsmarktes deuten an, dass sich Insbesondere das Beschäftigungs- Schleswig-Holstein 4,9 % bestimmte Berufsgruppen und Regi- die bereits erkennbar abflauende barometer des ifo Instituts zeigt die Niedersachsen 4,9 % onen, aus. Insbesondere in Gesund- Dynamik auch auf dem Arbeitsmarkt Branchenabhängigkeit der aktuellen Thüringen 5,1 % heits- und Pflegeberufen sowie eini- zeigen wird. Arbeitsmarktentwicklung auf. Das Ba- Sachsen 5,3 % gen technischen Berufsfeldern liegen rometer tendierte im Juni auf einem Brandenburg 5,6 % dabei bereits seit Jahren Engpasssi- Das IAB-Arbeitsmarktbarometer des Wert (+100,0 Punkte), den es zuletzt tuationen vor. In der Altenpflege, der Instituts für Arbeitsmarkt- und Be- im März 2016 unterschritt. Insbeson- Saarland 6,0 % Energietechnik, einer Reihe spezieller rufsforschung sank im Juni erneut dere im Dienstleistungssektor (+14,0) Hamburg 6,1 % Berufsgruppen des Baugewerbes und liegt nunmehr zwar weiterhin sowie im Bauhauptgewerbe (+11,5) Ostdeutschland 6,2 % wie der Klempnerei, Sanitär-, Hei- im positiven Bereich, jedoch unter- deutet das Barometer, mit zuletzt ge- Nordrhein-Westfalen 6,5 % zungs- und Klimatechnik sowie bei halb des Vorjahreswertes. Dabei stiegenen bzw. nur leicht schwäche- Mecklenburg-Vorpommern 6,7 % Berufskraftfahrern liegt ein nahezu ist der negative Trend vor allem ge- ren Werten, auf einen Personalausbau Sachsen-Anhalt 7,0 % flächendeckender Fachkräftemangel trieben durch die Arbeitslosigkeits- hin. Weniger positive Entwicklungen Berlin 7,8 % vor. Betrachtet man das Verhältnis komponente des Barometers. Diese erwartet das Institut jedoch für den von gemeldeten Arbeitsstellen zu er- befand sich zum Ende des 1. Quar- Handel (-0,7) und das Verarbeitende Bremen 10,0 % werbsfähigen Personen ohne Arbeit, tals 2019, erstmals seit Mai 2016, Gewerbe (-8,3). Hier deuteten die stehen einer offenen Stelle aktuell im negativen Bereich und wies auch Salden des Barometers zuletzt auf nur rund zwei Arbeitslose gegen- im Verlauf des zweiten Quartals einen Einstellungsstopp bzw. einen Die Nachfrage nach neuen Arbeits- über. Dieses Verhältnis lag in 2008 – sinkende Werte aus. Das Institut Stellenabbau hin. Insgesamt gibt es kräften bewegt sich auch weiterhin im Jahr der einsetzenden Finanz- und rechnet aufgrund der schwachen jedoch immer noch mehr Neueinstel- auf einem sehr hohen Niveau. Ins- Bankenkrise – bei etwa 1:8.2 Wirtschaftsentwicklung und damit lungen als Entlassungen.4 gesamt wurden der Bundesagentur einhergehenden geringeren Job- für Arbeit 797.622 freie Stellen ge- Die Analyse der Bundesagentur ba- chancen, mit zukünftig steigenden Die Anzeichen, dass die positive Ar- meldet. Gegenüber dem Vorjahr ist siert zwar auf einer umfangreichen Arbeitslosenzahlen. Zeitgleich weist beitsmarktentwicklung deutlich an die Entwicklung der zu besetzenden Datengrundlage, jedoch sind die Er- die Beschäftigungskomponente des Dynamik verlieren wird, verdichten Arbeitsstellen jedoch leicht rückläufig gebnisse teilweise kritisch zu be- Barometers einen weiterhin positi- sich auch im zweiten Quartal des (-1,0 %). trachten. So werden in der offiziellen ven Wert aus. Dieser entwickelte Jahres. Vieles deutet jedoch darauf Statistik beispielsweise nur die der sich zum Ende des zweiten Quartals hin, dass sich der Arbeitsmarkt auf- Die durchschnittliche Vakanzzeit Bundesagentur gemeldeten Stellen zwar leicht rückläufig, jedoch liegt grund struktureller Unterschiede in steigt um 14 Tage auf nun 119 Tage. berücksichtigt. Die tatsächliche An- er mit 106 Punkten fortwährend im den verschiedenen Wirtschaftszwei- Die größer werdende Zeitspanne, zahl offener Stellen kann davon ab- deutlich positiven Bereich (Skala des gen unterschiedlich oder gar gegen- zwischen gewünschtem und tatsäch- weichen. Geht man davon aus, dass Barometers: 90 = sehr schlechte Ent- läufig entwickeln wird. 1 Bundesagentur für Arbeit: Monatsbericht 06/2019 3 Presseinformation des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung vom 27.06.2019 2 Bundesagentur für Arbeit: Engpassanalyse 06/2019 4 Ifo Schnelldienst 13/2019 10 11
BERGISCHES STÄDTEDREIECK DAS REGIONALE KONJUNKTURBAROMETER Das Regionale Konjunkturbarometer junkturprognosen politischen Ent- ist ein qualitativer Indikator, der die scheidungsträgern mögliche Auswir- konjunkturelle Lage und Entwick- kungen von kommunalen wirtschafts- lung des Bergischen Städtedreiecks und finanzpolitischen Maßnahmen erfasst. Der Indikator basiert auf besser abschätzen zu können. einer quartalsweisen Befragung von Unternehmen im Bergischen Städte- Die Umfrage zum Regionalen Konjunk- dreieck zu ihrer aktuellen wirtschaft- turbarometer besteht aus vier Fragen: lichen Lage sowie ihren Erwartungen 1. Die Beurteilung der aktuellen hinsichtlich der konjunkturellen Ent- Geschäftslage wicklung. 2. Die Geschäftserwartungen für die nächsten sechs Monate Vergleichbare Indikatoren werden auf 3. Die aktuelle Nachfragesituation nationaler Ebene von verschiedenen 4. Die Personalplanung für die Wirtschaftsforschungsinstituten (z. B. nächsten sechs Monate ifo, ZEW) bereits seit längerem erho- ben und finden in Wirtschaft, Politik Die Fragen werden quartalsweise in und Medien große Beachtung. Da den Sektoren: Verarbeitendes Ge- die wirtschaftliche Entwicklung auf werbe, Bauhauptgewerbe, Handel regionaler Ebene allerdings systema- und Dienstleistungen erhoben. tisch von der nationalen Entwicklung abweichen kann, stellt das Regiona- Die Ergebnisse der ersten beiden le Konjunkturbarometer ein wichti- Fragen bilden die zwei Komponenten ges Entscheidungskriterium für die des Regionalen Kojunkturbarometers: Unternehmen im Bergischen Städte- (i) Die Beurteilung der aktuellen Ge- dreieck dar. Insbesondere Unterneh- schäftslage und (ii) die Erwartungen men, deren Produktionsstandorte der befragten Unternehmer hinsicht- und /oder Absatzmärkte eng mit dem lich ihrer Geschäftsentwicklung in Bergischen Städtedreieck verbunden den kommenden sechs Monaten. Die sind, können durch das Regionale Frage zur aktuellen Geschäftslage Konjunkturbarometer künftig bessere kann mit „gut“, „befriedigend“ oder Managemententscheidungen treffen. „schlecht“ beantwortet werden. Die Auch für lokal agierende Finanzin- Frage zu den Geschäftserwartungen stitute ist die regionale wirtschaft- für die nächsten sechs Monate kann liche Entwicklung von Bedeutung mit „etwas günstiger“, „etwa gleich“ und sollte in das Risikomanagement oder „eher schlechter“ beantwortet durch geeignete Kennzahlen einflie- werden.5 ßen. Ebenso helfen regionale Kon- 5 Die Antwortmöglichkeiten folgen den Empfehlungen der Europäischen Kommission zur Harmonisierung von Unternehmens- und Verbraucherstichproben. 12 13
BERGISCHES STÄDTEDREIECK BERGISCHES STÄDTEDREIECK Für die beiden Komponenten wird jeweils der Saldo aus positiven (gut / etwas günstiger) und negativen (schlechter / eher schlechter) Antwor- Saldo ten berechnet. Die beiden Salden Gewicht: können jeweils Werte von -100 % Für jede Teilstichprobe wird unsere einen Geschäftserwartungssaldo für 31,6 % bis +100 % annehmen. Bewerten Saldenmethodik einzeln angewen- das Bergische Städtedreieck. Das die Teilnehmer z. B. die aktuelle Ge- det. Aus den Salden wird dann ein Regionale Konjunkturbarometer ist Produzierendes Gewerbe schäftslage zu 60 % mit „gut“, 15 % gewichteter Mittelwert je Sektor das geometrische Mittel aus den bei- mit „befriedigend“ und 25 % mit berechnet. Bei der Gewichtung in- den Salden. Saldo Firma A „schlecht“, dann ergibt sich ein Saldo nerhalb eines Sektors wird berück- Gewicht: 0-10 Mitarbeiter Saldo Firma B von +35 %. sichtigt, wie viele Unternehmen es Das Regionale Konjunkturbarometer 3,3 % für die jeweilige Teilstichprobe im ist ein konjunktureller Frühindikator. Firma C Da der Beitrag der befragten Unter- Bergischen Städtedreieck tatsächlich Gegenüber amtlichen Statistiken zur nehmen zur regionalen Wirtschafts- gibt6 und welchen Anteil sie an der wirtschaftlichen Entwicklung, wel- Firma D Gewicht: 11-25 Mitarbeiter Saldo leistung nicht gleich hoch ist, sondern gesamten Bruttowertschöpfung des che auf Kreisebene nur jährlich und 4,9 % Firma E vielmehr in Abhängigkeit von der Un- Städtedreiecks haben.7 mit einer zeitlichen Verzögerung von ternehmensgröße und der Branchen- 19 Monaten veröffentlicht werden, Firma F zugehörigkeit variiert, verwenden wir Anschließend werden die so er- bietet der Indikator eine zeitnahe Gewicht: 5,4 % 26-50 Mitarbeiter Saldo Firma G ein zweistufiges Gewichtungsverfah- mittelten sektoralen Salden anhand Beurteilung der aktuellen Wirt- Firma H ren zur Berechnung der Salden: ihres Beitrags zur regionalen Brutto- schaftslage. Das Regionale Konjunk- wertschöpfung aggregiert. Am Ende turbarometer ist besonders geeig- 1. Die verschiedenen Sektoren tragen des zweistufigen Gewichtungsver- net, um zyklische Wendepunkte im Firma I Gewicht: 51-250 Mitarbeiter Saldo in unterschiedlichem Maß zur reg- fahrens erhalten wir einen sektor- Wirtschaftsgeschehen frühzeitig zu 19,8% Firma J ionalen Wirtschaftsleistung (regio- übergreifenden Geschäftslage- und erkennen. nales BIP) bei. Deshalb werden Firma K die Antworten der Unternehmen Gewicht: 18,3 % 251-500 Mitarbeiter Saldo Firma L für jeden Sektor getrennt ausge- wertet. Firma M 2. Die Unternehmensgröße hat einen Firma N wesentlichen Einfluss auf den Bei- Gewicht: 48,3 % >500 Mitarbeiter Saldo Firma O trag eines Unternehmens zur regi- onalen Wirtschaftsleistung. Inner- Firma P halb eines Sektors werden des- halb nochmals Teilstichproben auf Basis der Unternehmensgröße gebildet. In jeder Teilstichprobe finden sich somit Unternehmen mit ähnlicher Größe und Unter- nehmensgegenstand. 6 An dieser Stelle wird die Verteilung der Grundgesamtheit und nicht die Verteilung der Stichprobe berücksichtigt. 7 Die Anzahl der Unternehmen im Bergischen Städtedreieck nach Sektor und Beschäftigungsgrößenklasse sowie Angaben zum Anteil an der Bruttowertschöpfung wurden uns freundlicherweise vom Statistisches Landesamt NRW und vom Statistischen Bundesamt in Form von Sonderauswertungen zur Verfügung gestellt. 14 15
BERGISCHES STÄDTEDREIECK BERGISCHES STÄDTEDREIECK WIRTSCHAFTLICHE LAGE UND ERWARTUNGEN (Salden Geschäftslage und Geschäftserwartungen) (gewichtete Salden) 6,1 % 2,0 % 0,6 % 100 % 9,6 % 9,1 % Beurteilung der Geschäftserwartungen AUFSCHWUNG BOOM 21,6 % 22,4 % 52,0 % 52,7 % 75,1 % 100,0 % 90,9 % 77,8 % 72,4 % Dienstleistungen Gesamt schlecht 0% 41,9 % Handel 37,7 % befriedigend Baugewerbe 22,9 % gut Verarbeitendes 5,2 % Gewerbe Verarbeitendes Bau- Handel Transport & Dienst- Verarbeitendes Bau- Transport & Gewerbe gewerbe Logistik leistungen Gewerbe gewerbe Logistik REZESSION ABSCHWUNG -100 % -100 % 0% 100 % Im Dienstleistungssektor nahm der vestitionsgütern verschlechtert hat, Beurteilung der Geschäftslage Lagesaldo gegenüber dem 1. Quartal wird die positive Gesamtentwicklung 2019 um 7,5 Prozentpunkte zu und vor allem durch Anbieter von Kon- liegt damit ungefähr auf dem Niveau sumgütern getrieben. Diese Zweitei- In den vergangenen Jahren hat das Die aggregierte Geschäftslage hat des 4. Quartals 2018. Mit einem Sal- lung deckt sich mit der herrschenden anhaltend positive Wirtschaftswachs- sich im 2. Quartal 2019 gegenüber dowert von 77,2 % bewerten die Un- Meinung, dass die Konjunktur derzeit tum, über alle Branchen hinweg, zu dem Vorquartal nur leicht verschlech- ternehmen aus dem Dienstleistungs- vor allem durch den privaten Konsum einer verbesserten wirtschaftlichen tert (-2,6 Prozentpunkte). Treiber sind sektor ihre Lage unverändert als sehr gestützt wird. Situation geführt. Seit dem Herbst hierbei vor allem das Verarbeiten- positiv. des vergangenen Jahres, verläuft die de Gewerbe und der im Bergischen Über alle Branchen hinweg, sind die Konjunktur in den beiden wichtigsten Städtedreieck eng damit verbundene Wie auch auf nationaler Ebene, stellt Saldowerte für die Geschäftserwar- Sektoren des Bergischen Städtedrei- Transport- und Logistiksektor. die Lage im bergischen Baugewerbe tungen im 2. Quartal 2019 gesunken. ecks jedoch sehr unterschiedlich. Im eine Ausnahmesituation dar. Keines Der branchenübergreifende Saldo Verarbeitenden Gewerbe hat sich Trotz des neuerlichen Rückgangs des der befragten Unternehmen ist mit aus positiven und negativen Antwor- seitdem die wirtschaftliche Lage kon- Saldowerts (-15,6 Prozentpunkte), der aktuellen wirtschaftlichen Lage ten, bezogen auf die Geschäftserwar- tinuierlich verschlechtert. Der Dienst- bewertet die überwiegende Anzahl unzufrieden. Mit einem Saldowert tungen für die nächsten 6 Monate, ist leistungssektor weist hingegen, trotz der Unternehmen im Verarbeitenden von 90,9 % ist die Stimmung sogar um 4,3 Prozentpunkte auf einen neu- der anhaltenden Unsicherheiten, eine Gewerbe ihre Geschäftslage als gut noch einmal optimistischer als auf en Tiefstwert von -1,8 % gefallen. Er gute Konjunktur auf. Auch in den ak- oder befriedigend. nationaler Ebene. liegt damit erstmals im negativen Be- tuellen Lageeinschätzungen ist diese reich. Der überwiegende Teil der ber- Zweiteilung weiterhin zu beachten. Noch deutlicher ist der Rückgang des Die Lagebeurteilung im Handel hat gischen Unternehmer geht demnach Die Erwartungen hinsichtlich der Lagesaldos im Transport- und Logis- sich im 2. Quartal etwas verbessert nicht davon aus, dass sich die wirt- wirtschaftlichen Entwicklung fallen tiksektor. Hier fiel der Lagesaldo um (+10,7 %). Auffällig ist, dass die Lage- schaftliche Lage in den kommenden jedoch erstmals, über alle Branchen 21,1 Prozentpunkte auf einen Wert beurteilung mit der Art der vertrie- 6 Monaten verbessern wird. hinweg, deutlich verhaltener als im von 20,9 %. benen Güter stark variiert. Während vorangegangenen Quartal aus. sich die Lage bei Anbietern von In- 16 17
BERGISCHES STÄDTEDREIECK BERGISCHES STÄDTEDREIECK für die USA und für rund ein Viertel ist In den übrigen Wirtschaftsbereichen China ein wesentlicher Absatzmarkt. sind die Unternehmen im Bergischen (gewichtete Salden) Somit verwundert es kaum, dass der Städtedreieck nahezu ausschließlich 0,6 % 5,0 % anhaltende Handelskrieg und das von der Entwicklung des Binnen- 8,6 % Schwächeln der chinesischen Wirt- marktes abhängig. Jedoch sind diese 21,6 % 22,4 % schaft hier ihre volle Wirkung ent- dadurch nicht automatisch immun 65,4 % faltet haben. Damit einhergehend, gegen die zuvor genannten negativen 80,4 % wird von den Unternehmen aus dem Entwicklungen. Vielmehr besteht ein 100,0 % 83,3 % Verarbeitenden Gewerbe als wich- indirektes Risiko, das, abhängig vom 77,8 % 72,4 % tigster limitierender Faktor eine „un- Grad der Verflechtung mit dem Verar- schlecht ungünstiger 24,9 % genügende Nachfrage“ genannt. beitenden Gewerbe, sinkt oder steigt. befriedigend gleich bleibend gut 14,6 % günstiger Nachweisbar sind diese Effekte im 5,2 % 8,1 % 9,7 % Ein weiterer Einflussfaktor, neben der hiesigen Transport- und Logistiksek- Dienst- Verarbeitendes Bau- Handel Transport & Dienst- istungen Gewerbe gewerbe Logistik leistungen hohen Exportabhängigkeit, ist der tor, aber auch bei industrienahen Strukturwandel in der Automobilin- Dienstleistern sowie Handelsunter- dustrie. Durch die Umstellung auf elek- nehmen, die ihren Umsatz über- Einzig im Dienstleistungssektor ren, zeigt sich in ihren Veränderungs- trische Antriebsstränge werden gan- wiegend mit Vorleistungs- und In- (+9,6 %) gehen mehr Unternehmer raten ein eindeutiger Trend. Über alle ze Zulieferbranchen obsolet. Zudem vestitionsgütern erzielen. Es besteht von einer positiven als von einer ne- Sektoren haben sich die Erwartungen hat die WLTP-Umstellung zu Jahres- somit die Gefahr, dass die aktuelle gativen wirtschaftlichen Entwicklung zunehmend eingetrübt. Es mehren beginn bei einigen Automobilherstel- Schwäche im Verarbeitenden Gewer- aus. Der überwiegende Teil (80,4 %) sich somit die Zeichen, dass sich die lern zu Produktionsausfällen geführt. be auch zunehmend andere Wirt- rechnet für die kommenden 6 Mo- Entwicklung in den übrigen Sektoren Auch im Bergischen Städtedreieck schaftsbereiche negativ beeinflusst. nate jedoch mit einer unveränderten nicht dauerhaft vom anhaltenden Ab- sind diese Auswirkungen zu spüren, Geschäftslage. schwung im Verarbeitenden Gewer- da hier einige Automobilzulieferer An der Umfrage zum Regionalen be entkoppeln kann. angesiedelt sind. Hierunter befinden Konjunkturbarometer für das 2. Quar- Im Handel (-0,5 %) und im Bauhaupt- sich jedoch auch Unternehmen, die tal 2019 haben 204 Unternehmen gewerbe (0,0 %) erwarten die Unter- Die aktuelle Schwäche des Verarbei- bei der Entwicklung elektrischer und (mit rund 18.000 Beschäftigten) teil- nehmen ebenfalls keine signifikante tenden Gewerbes auf nationaler wie autonom fahrender Fahrzeuge füh- genommen. Im Verhältnis zur Grund- Veränderung der Geschäftslage. auf regionaler Ebene hat jedoch nicht rend sind und von den aktuellen Ver- gesamtheit ergibt sich eine ausgegli- nur konjunkturelle, sondern auch änderungen in der Automobilindus- chene Verteilung der Unternehmen Im Verarbeitenden Gewerbe (-15,2 %), strukturelle Ursachen. Zum einen trie langfristig profitieren könnten. über die verschiedenen Sektoren. sowie im Transport- und Logistik- weist kein anderer Wirtschaftsbe- sektor (-24,7 %) fallen die Zukunfts- reich eine höhere Exportorientierung aussichten deutlich pessimistischer auf. Nach unseren aktuellen Befra- aus. In beiden Sektoren muss mit gungsergebnissen gilt dies im Bergi- einer weiteren Verschlechterung der schen Städtedreieck in besonderem gesamtwirtschaftlichen Lage in den Maße. Über zwei Drittel der befrag- kommenden Monaten gerechnet ten Unternehmen aus dem Verarbei- werden. tenden Gewerbe gaben an, dass, neben Deutschland, mindestens ein Während die absoluten Saldowerte anderes Land einen wesentlichen der Geschäftserwartungen über die Absatzmarkt für sie darstellt. Für rund einzelnen Wirtschaftsbereiche variie- ein Drittel der Unternehmen gilt dies 18 19
BERGISCHES STÄDTEDREIECK ARBEITSMARKT Die Lage auf dem Arbeitsmarkt im Arbeitslosenquote somit wesentlich Bergischen Städtedreieck hat sich höher. zum Ende des 2. Quartals 2019 ge- genüber dem Vorquartal kaum ver- Im Vergleich der Unterbeschäfti- ändert. Die Zahl der Arbeitslosen gungsquoten der kreisfreien Städte sank, im Vergleich zum Vormonat, und Gemeinden Nordrhein-Westfa- um 265 Personen auf nun 24.917. lens liegen die drei bergischen Städte Gegenüber Juni des Vorjahres ist ein unterhalb des Landesdurchschnitts. Rückgang um 700 Personen zu ver- Wuppertal belegt dabei, wie im Vor- zeichnen. Die Arbeitslosenquote im quartal, den vorletzten Platz. Solin- Bergischen Städtedreieck, bezogen gen und Remscheid haben im Ver- auf alle zivilen Erwerbspersonen, be- gleich zum Ende des 1. Quartals ihre läuft sich dabei auf 7,6 %. Platzierungen getauscht. Teilnehmer an arbeitspolitischen Wie schon im vorangegangenen Maßnahmen, Personen die kurzfristig Quartal zeigen sich erste Auswirkun- arbeitsunfähig sind sowie ältere Ar- gen der abschwächenden Konjunktur beitssuchende nach § 53a SGB II gel- vor allem bei der Arbeitskräftenach- ten als unterbeschäftigt. Sie werden frage. Die Zahl der Beschäftigten war bei der Berechnung der Arbeitslosen- im März auf den höchsten Stand der quote nicht berücksichtigt, jedoch in letzten 18 Jahre gestiegen. Im Nach- der Unterbeschäftigungsquote er- gang verringerte sich im Mai dieses fasst. Die Unterbeschäftigungsquote Jahres die Zahl der neu registrierten bildet damit ein umfassenderes Maß für die Gesamtanzahl der Arbeitssu- chenden. (Mittelwert über Quartalsmonate, Arbeitslosenquote und Unterbe- Basis: alle zivilen Erwerbstätigen, schäftigungsquote können erheb- Bundesagentur für Arbeit) lich voneinander abweichen. Im 13 % Bergischen Städtedreieck galten zur Jahresmitte 43.453 Personen als 12 % unterbeschäftigt. Dabei lag der An- 11 % teil der darin als arbeitslos erfassten 10 % Personen bei rund 57,3 %. Insbeson- 9% dere in Wuppertal übersteigt die An- zahl unterbeschäftigter Personen die 8% Zahl der Arbeitslosen. Zum Ende des 7% 2. Quartals lag die Unterbeschäfti- 6% gungsquote mit 14,7 % deutlich über 2011 Q2 2012 Q2 2013 Q2 2014 Q2 2015 Q2 2016 Q2 2017 Q2 2018 Q2 2019 Q2 der Arbeitslosenquote (8,0 %). Ohne Wuppertal Remscheid die gesonderte Ausweisung von un- Solingen NRW terbeschäftigten Personen wäre die 20 21
BERGISCHES STÄDTEDREIECK BERGISCHES STÄDTEDREIECK offenen Stellen, die der zuständigen stehen immer mehr Stellenangebo- der Bewerberinnen und Bewerber Agentur für Arbeit Solingen-Wup- te einer geringer werdenden Anzahl in etwa gleich stark mit dem Aus- (Kreise und kreisfreie Städte, Juni 2019, pertal gemeldet wurden, um stellen- von Bewerberinnen und Bewerbern bildungsangebot an. Insgesamt ste- Bundesagentur für Arbeit) weise über 30 Prozent gegenüber gegenüber. Während die Zahl der hen im Bergischen Städtedreieck für Coesfeld 4,0 % dem Vorjahresmonat. Die Zahl der Ausbildungssuchenden mit 4.032, 100 Bewerber etwa 78 Ausbildungs- Borken 4,4 % Olpe 4,6 % neu gemeldeten Arbeitsstellen kann im Vergleich zum Vorjahr leicht rück- stellen zur Verfügung (+6). Dabei Höxter 5,3 % im Jahresverlauf durchaus stärkeren läufig war (-131), stieg die Zahl der sind zur Mitte des 2. Quartals mit Steinfurt 5,3 % Schwankungen unterliegen. In Wup- gemeldeten Ausbildungsstellen um 1.789 Ausbildungsstellen noch etwas Gütersloh 5,5 % Hochsauerlandkreis 5,5 % pertal und Solingen liegt sie jedoch 231 auf 3.242. In Remscheid stieg, mehr Stellen unbesetzt als im Vor- Euskirchen 6,1 % bereits seit Jahresbeginn, um zeit- entgegen diesem Trend, die Zahl jahresmonat (+63). Oberbergischer Kreis 6,1 % Warendorf 6,1 % weise über einem Fünftel, unterhalb Münster, Stadt 6,2 % des Vorjahresniveaus. Siegen-Wittgenstein 6,2 % Regionales Beschäftigungs- Paderborn 6,4 % Rhein-Sieg-Kreis 6,4 % Auch die Gesamtzahl der aktuell re- barometer Soest 6,4 % gistrierten offenen Stellen, verrin- Zur Jahresmitte zeigen sich die Unter- Unternehmen im Handel wider. Un- Kleve 6,5 % Heinsberg 6,6 % gerte sich im Juni im Vergleich zum nehmen in der Region erneut etwas terschiede lassen sich vor allem in Herford 6,8 % Vorjahr. Während in Remscheid und zurückhaltender in Bezug auf einen den verschiedenen Größenklassen Minden-Lübbecke 6,8 % Wuppertal dabei der Bestand an of- weiteren Stellenaufbau. Der Gesamt- der Handelsunternehmen ausma- Rheinisch-Bergischer Kreis 6,8 % Rhein-Kreis Neuss 6,8 % fenen Stellen etwas über dem Vor- saldo aus den gewichteten positiven chen. Insbesondere mittlere bis grö- Viersen 7,1 % jahresniveau lag, waren in Solingen und negativen Antworten des Regio- ßere Handelsunternehmen planen Rhein-Erft-Kreis 7,4 % Mettmann 7,6 % deutlich weniger Stellen zu beset- nalen Beschäftigungsbarometers be- einen verstärkten Personalaufbau. Lippe 7,8 % zen als noch zur Jahresmitte 2018. trägt +12,8 %. Damit sinkt dieser zum Wesel 7,8 % Insgesamt waren im Juni 5.137 of- dritten Mal in Folge im Vergleich zum Der Saldowert für das Baugewerbe Märkischer Kreis 8,1 % Ennepe-Ruhr-Kreis 8,2 % fene Stellen zu besetzen. Dies sind Vorquartal (-2,5 pp). Der überwiegen- (+9,1 %) tendiert zur Mitte des Jah- Bonn, Stadt 8,6 % 27 Stellen weniger als im Juni des de Teil der Unternehmen plant somit res weiterhin im positiven Bereich, Düren 8,7 % Nordrhein-Westfalen 8,9 % Vorjahres. zwar weiterhin zusätzliche Mitarbei- jedoch etwas schwächer als im Vor- Städteregion Aachen 9,0 % ter einzustellen. Der Trend zu einem quartal (-4,3 pp). Als Grund kann hier Unna 9,0 % Die dennoch große Anzahl offener deutlich verlangsamten Beschäfti- vor allem die vorerst gute Auftrags- Düsseldorf, Stadt 9,3 % Bielefeld, Stadt 9,6 % Stellen und die hohen Unterbeschäf- gungszuwachs setzt sich jedoch fort. lage genannt werden, der jedoch in Leverkusen, Stadt 9,6 % tigungsquoten scheinen in einem weiten Teilen Fachkräfteengpässe Solingen, Klingenstadt 9,6 % Widerspruch zu stehen. Allerdings Nach deutlichen Rückgängen des sowie ein Mangel an geeigneten Be- Remscheid, Stadt 10,0 % Köln, Stadt 10,1 % lässt sich dieser vor allem dadurch er- Saldowertes in den letzten beiden werbern gegenüberstehen. Mülheim an der Ruhr, Stadt 10,2 % klären, dass es, aufgrund des hohen Quartalen, plante ein Großteil der Bottrop, Stadt 10,3 % Recklinghausen 10,7 % Beschäftigungsniveaus, vermehrt bergischen Handelsunternehmen Angesichts fortwährend sinkender Hamm, Stadt 11,1 % zu Passungsschwierigkeiten von Be- zur Jahresmitte wieder verstärkt Geschäftserwartungen nimmt auch Bochum, Stadt 11,6 % werbern zur jeweiligen Stellenanfor- Personal einzustellen. Der Saldo- die Einstellungsbereitschaft in allen Mönchengladbach, Stadt 12,4 % Krefeld, Stadt 13,0 % derung kommt. wert im Handel stieg im 2. Quartal übrigen Wirtschaftszweigen und Hagen, Stadt 13,1 % auf +33,1 % und liegt damit deut- Branchen ab. Der Saldowert des Oberhausen, Stadt 13,2 % Dortmund, Stadt 13,7 % Die im 2. Quartal von der Agentur lich über dem Wert des Vorquartals Beschäftigungsbarometers für die Duisburg, Stadt 14,1 % für Arbeit Solingen-Wuppertal ver- (+25,3 pp). Wie bereits zum Ende regionalen Unternehmen im Pro- Essen, Stadt 14,5 % öffentlichten Informationen zum lo- des Vorjahres zu erkennen war, spie- duzierenden Gewerbe (-1,4 pp) und Herne, Stadt 14,7 % Wuppertal, Stadt 14,7 % kalen Ausbildungsmarkt lassen eine gelt sich hier die Saisonabhängig- insbesondere der des Wirtschafts- Gelsenkirchen, Stadt 17,2 % ähnliche Entwicklung erwarten. Hier keit des Arbeitskräftebedarfs vieler zweiges Dienstleistungen (-11,5 pp) 22 23
BERGISCHES STÄDTEDREIECK BERGISCHES STÄDTEDREIECK GASTBEITRAG HUMANRESSOURCEN IM UNTERNEHMEN 100% (gewichtete Salden) ZUVERLÄSSIG UND PRAXISNAH ERFASSEN – SO KANN DIE ZUKUNFT DER ARBEIT GELINGEN 50% Das Projekt HR-Diagnostik 33,1 % Rainer Wieland und Gabriele Sewz 12,9 % 9,1 % 8,3 % 0% Prof. Dr. Rainer Wieland -22,1 % war Universitätsprofessor für Arbeits- und Organisationspsychologie -50% an der Bergischen Universität Wuppertal. Heute leitet er – zusammen Verarbeitendes Gewerbe Baugewerbe Handel Dienstleistungen Transport & Logistik mit Prof. André Betzer – das Wuppertaler Institut für Unternehmensfor- schung und Organisationspsychologie (WIFOP) an der Bergischen Uni- versität Wuppertal. Themen seiner Forschung und praktischen Arbeit in zeigen deutlich negative Tendenzen. ge, aus. Angesichts der sehr schlech- Unternehmen sind Gesundheitsmanagement, Gefährdungsbeurteilung Die Unternehmen der bergischen Di- ten Geschäftserwartungen ist nicht psychischer Belastung, HR-Diagnostik, sowie Digitalisierung und Kompe- gitalwirtschaft (+70,1 %), deren Bran- damit zu rechnen, dass in nächster tenzentwicklung. Für ihn sind die Haltung der Menschen, d. h. ihre Kultur che dem Wirtschaftszweig Dienst- Zeit neues Personal eingestellt wird. und Wertesysteme, die technologischen und sozialen Verhältnisse und leistungen zugeordnet ist, haben Insbesondere eine potentielle, saison- das Verhalten der Menschen die zentralen Stellgrößen dafür, dass Stabili- hingegen einen unverändert hohen bedingte Belebung zur zweiten Jah- tät und Wandel in einem Unternehmen erfolgreich gelingen. Prof. Dr. Rainer Wieland Personalbedarf. reshälfte ist wenig wahrscheinlich. Für Unternehmen aus der Branche Insgesamt zeigen sich somit, wie auch Transport- und Logistik ist der Per- auf nationaler Ebene, Unterschiede Entscheidend für die Zukunft eines Unternehmens ist zu verstehen, sonalbedarf im Vergleich zum Vor- über die verschiedenen Wirtschafts- dass die digitale Transformation im Kern nicht eine technische, sondern quartal erneut zurückgegangen. Der zweige und Branchen hinweg. Es eine psychosoziale Transformation ist. Saldowert weist mit -22,1 % den ist zu erkennen, dass vor allem der niedrigsten Wert, der im Regionalen Personalbedarf im Handel erkenn- Beschäftigungsbarometer ausweis- baren saisonalen Schwankungen Die digitale Transformation konfron- ren, sie beschleunigen und verdich- baren Branchen und Wirtschaftszwei- unterliegt. Vorwiegend konjunkturell tiert die Unternehmen mit radikalen ten Arbeitsprozesse. bedingt, sinkt die Einstellungsbereit- technologischen, organisationalen schaft im Produzierenden Gewerbe und sozialen Umbrüchen. Der Einsatz Die Beschäftigten werden durch den sowie in der Branche Transport und künstlicher Intelligenz in Produkti- Einsatz neuer Technologien und digi- Logistik zum wiederholten Mal. Die ons-, Dienstleistungs- und Verwal- tal gesteuerter Prozesse ständig mit Mehr zur bergischen Digitalwirtschaft lesen Personalpläne der bergischen Unter- tungsprozessen und die digitalen Ver- neuen Arbeitsinhalten und -aufgaben Sie in der vierteljährlich erscheinenden nehmen scheinen sich somit an die netzungen innerhalb und zwischen konfrontiert. Dabei ist – aufgrund der „Sonderauswertung Digitalwirtschaft“ unter: sinkenden Geschäftserwartungen an- Unternehmen erzeugen neuartige hohen Geschwindigkeit technologi- www.regionales-konjunkturbarometer.de zupassen. und komplexe Organisationsstruktu- scher Entwicklungen – nicht abseh- 24 25
BERGISCHES STÄDTEDREIECK BERGISCHES STÄDTEDREIECK bar, wie die (digitalen) Anforderungen Zustandes (Physis). Mentale (Den- Die Verfügbarkeit des im Unterneh- aufmerksam) und negativen, dys- der Arbeit von morgen konkret aus- ken), motivationale, emotionale und men vorhandenen Wissens ist zum funktionalen Beanspruchungszustän- sehen werden. Dementsprechend körperliche Zustände bilden die psy- großen Teil eine Funktion der Aus- den (nervös, aufgeregt, körperlich wissen wir auch nur sehr begrenzt, chophysiologischen, energetischen prägung in den beschriebenen Be- angespannt, körperlich unwohl). Letz- welche Qualifikationen und Kompe- Grundlagen unseres Handelns. Die anspruchungsdimensionen und des tere werden auch als „psychische tenzen geeignet sind, die Anforde- aktuelle Ausprägung dieser inneren Kontrollerlebens im Arbeitsprozess Kosten“ bezeichnet. Abbildung 1 ver- rungen der Arbeitswelt von morgen Zustände zeigt an, ob eine Person (s. auch Abb. 2). Die psychische Be- deutlicht mit dem Job-Strain-Con- erfolgreich zu bewältigen. Die Kom- in einer aktuellen Situation, wie z. B. anspruchung lässt sich – analog zu trol-Resources-Modell (JSCR-Mo- petenzentwicklung und Qualifizierung während der Arbeit, viele oder wenig einer monetären Kosten / Nutzen- dell) diese Zusammenhänge. des Menschen im Arbeitsprozess Ressourcen zur Verfügung hat, um bilanzierung – als Bilanz von positi- werden deshalb Schlüsselthemen anstehende Aufgaben erfolgreich zu ven (Nutzenaspekt) und negativen Im Alltag erleben wir Menschen, der Zukunft sein. „Lernen im Ar- bewältigen. (Kostenaspekt) Beanspruchungszu- die fast immer energiegeladen, leis- beitsprozess“ (Learning on the Job) ständen darstellen. Die Beanspru- tungsbereit und guter Dinge sind; wir schafft/bietet eine zentrale Option, Neben diesen inneren Zuständen chungsbilanz errechnet sich aus der erleben jedoch auch Menschen, die dass die Zukunft der Arbeit gelingt.8 bzw. Aktivierungsdimensionen, die Differenz von positiven, funktionalen sich häufiger energielos, wenig leis- wir als psychische Beanspruchung Beanspruchungszuständen (energie- tungsbereit und zugleich körperlich Damit Menschen ihre strukturellen bezeichnen, gibt es eine weitere Di- geladen, leistungsbereit, konzentriert, angespannt fühlen. Wir gehen in vie- Ressourcen (Fachwissen) nutzen mension in unserem Erlebnisspek- len Fällen davon aus, dass diese Zu- und neue Kompetenzen im Arbeits- trum, die nicht weniger bedeutsam stände abhängig von relativ überdau- Job-Strain-Control-Resources-Modell prozess entwickeln können, müssen dafür ist, wie wir unsere Arbeitssitu- Verfügbarkeit von Humanressourcen im Arbeitsprozess ernden Eigenschaften einer Person bestimmte innere Voraussetzungen ation erleben, und in welchem Maße (z. B. Resilienz, Qualifikation) bzw. erfüllt sein. Analog zum Auto, dessen wir bereit und in der Lage sind, unser ihrer Persönlichkeit sind. Dies ist je- Funktionen ohne seine energetischen Wissen und unsere Kraft während doch nur die halbe Wahrheit. Wir wis- Quellen (z. B. Benzin) nicht abrufbar der Arbeit einzusetzen: Das Gefühl, sen aus unseren Studien zur psychi- sind, erfordert die Nutzung unseres einflussreich zu sein. Wir bezeichnen schen Belastung in der Arbeitswelt, Fachwissens und aktuell verfügba- dieses Gefühl als Kontrollerleben. dass im Arbeitsprozess die Qualität ren Handlungswissens, ein gewisses Kontrolle darüber zu haben, wie wir (positiv vs. negativ) und die Intensität Niveau bestimmter innerer Aktivie- unser Leben gestalten, wie wir mit (niedrig vs. hoch) psychischer Bean- rungszustände. Innere Zustände wie Arbeitsanforderungen und -belastun- spruchungszustände sowie das Kont- „leistungsbereit“ und „energiegela- gen umgehen, ist eine der wesentli- rollerleben durch die Arbeitsaufgaben den“ sind kennzeichnend für die Hu- chen Bedingungen, die darüber ent- und ihre Ausführungsbedingungen manressource Motivation. „Konzen- scheidet, ob Menschen gesund und (Arbeitsgestaltung) als auch dem Abbildung 1: Humanressourcen im Spannungsfeld triert“ und „aufmerksam“ indizieren leistungsfähig sind, Stress erfolgreich von Kontrollerleben und psychischer Beanspru- Führungsstil des unmittelbaren Vor- innere Handlungsvoraussetzungen, bewältigen oder krank, demotiviert chung (Beanspruchungsbilanz) gesetzten stark beeinflusst werden.10 die für das Denken entscheidend oder (längerfristig) arbeitsunfähig sind. Innere Zustände wie „nervös“ werden. Kontrollverlust stellt für den und „erregt“ kennzeichnen unseren Menschen einen der größten Stress- Die Verfügbarkeit von Human- momentanen Gefühlszustand (Emo- faktoren dar. In der alltäglichen Arbeit ressourcen lässt sich zuverlässig tion). „Körperliche Anspannung“ erlebter Kontrollverlust führt sehr messen. und „körperliches Unwohlsein“9 sind häufig zu Demotivierung, innerer Diesen Humanressourcenansatz für lässige und praxistaugliche Messung Ausdruck des aktuellen physischen Kündigung oder Burnout. die Praxis nutzbar zu machen, setzt der oben beschriebenen Dimensio- zweierlei voraus: Erstens, die zuver- nen. Zweitens, den Nachweis, dass 8 s. dazu auch die Beiträge im Forschungsmagazin der Bergischen Universität Wuppertal BUW. OUTPUT Nr. 21 10 Wieland, R. (2014). Gestaltungsfreiheit als Zweck und Mittel psychologischer Arbeits- und Organisationsgestaltung. 9 Hinweise zur Diagnostik, Nutzbarkeit und empirischen Evidenz dieser Zustandsmessungen im Unternehmenskontext In P. Sachse & E. Ulich (Hrsg.), Psychologie menschlichen Handelns: Wissen und Denken – Wollen und Tun finden sich bei Wieland & Hammes (2014); s. dazu Fußnote 5 und 6. (S. 207-242). Lengerich: Pabst. 26 27
BERGISCHES STÄDTEDREIECK BERGISCHES STÄDTEDREIECK die Verfügbarkeit der Humanres- nehmen analysiert und auf Basis des Das „Projekt HR-Diagnostik“ sourcen durch die Gestaltung der beschriebenen Humanressourcenan- Das Online-Instrument zur Mes- sowie zahlreicher Studien in Unter- Arbeitsaufgaben und -prozesse, das satzes beurteilt. Diese Form der „Hu- sung der Humanressourcen (WSIB)12 nehmen verschiedener Branchen, Führungsverhalten sowie die indivi- manressourcendiagnostik“ bildete besteht lediglich aus neun Eigen- hinreichende Erfahrungen haben, duellen Ressourcen der Beschäftig- den Ausgangspunkt für die Entwick- schaftswörtern zur Erfassung des Humanressourcenpotenziale zuver- ten positiv beeinflusst werden. Den lung von Maßnahmen zur Optimie- Kontrollerlebens und psychischer lässig zu erfassen und zu beurteilen. Ansatz, den wir in den letzten Jahren rung der Humanressourcen und zur Beanspruchungszustände während Auf dieser Datengrundlage können in der Forschung und in vielen Unter- Steigerung der Output- bzw. Zielgrö- der Arbeit. Das „Projekt HR-Diag- wir Ihnen für ihr Unternehmen ge- nehmen konsequent verfolgt haben, ßen. Eine Steigerung der individuellen nostik“ zielt darauf ab, überregional zielte Hinweise zur Optimierung ihrer basiert deshalb auf einem Modell, Kompetenzen bzw. der individuellen das Humanressourcenpotenzial ei- HR-Ressourcen liefern. dass den Zusammenhang zwischen Ressourcen durch berufsbezogene nes Unternehmens zu messen und den strukturellen, gestaltbaren Merk- Qualifizierungsmaßnahmen (z. B. Er- zu bewerten. Auf der Grundlage der Der Erfolg eines Unternehmens in malen eines Unternehmens, den Wir- weiterung digitaler Kenntnisse) allein errechneten Beurteilungskennwer- der Arbeit 4.0 ist nicht nur eine Frage kungen dieser Strukturmerkmale im Ar- reicht dabei allerdings nicht aus, um te lassen sich gezielte Aussagen zur der Technik, sondern in gleicher Wei- beitsprozess sowie die wesentlichen die Anforderungen der Digitalisierung Ausprägung der im Fünf x Fünf Wir- se eine Frage der Erhaltung, Förde- Output- bzw. Zielgrößen abbildet. bzw. Arbeit 4.0 zu meistern.11 Ebenso kungsmodell beschriebenen struktu- rung und konsequenten Entwicklung wichtig ist, lernförderliche Arbeitsauf- rellen Ressourcen (Arbeitsgestaltung, seiner Humanressourcen. Dies zei- Auf Grundlage des in Abbildung 2 dar- gaben und -strukturen zu schaffen Führung und Zusammenarbeit, indi- gen Erkenntnisse vieler Disziplinen.16 gestellten Fünf x Fünf Wirkungsmo- sowie eine Führungs- und Arbeitskul- viduelle Ressourcen) einerseits, und Für die Praxis wirksame und wissen- dells haben wir inzwischen mehr als tur, die Innovation und Kooperation den Output-/bzw. Zielgrößen anderer- schaftlich überprüfte Konzepte gibt 12.000 Arbeitsplätze in ca. 150 Unter- fördert. seits machen.13 Für die Unternehmen, es bisher jedoch nur wenige. Machen die sich am „Projekt HR-Diagnostik“ Sie mit im „Projekt HR-Diagnostik“ beteiligen, bedeutet dies, dass sie für und tragen Sie dazu bei, die Zukunft ihre Branche eine fundierte Analyse der Arbeit für die Menschen erfolg- ihres aktuell verfügbaren Humanres- reich zu gestalten. Für die Menschen sourcenpotenzials bekommen. erfolgreich heißt dabei stets beides: human und ökonomisch. Möglich wird dies u. a. dadurch, dass wir auf der Basis einschlägiger, wis- Für weitere Informationen zum „Pro- senschaftlich und empirisch fundier- jekt HR-Diagnostik“ stehe ich gerne ter arbeitspsychologischer Theorien14, zur Verfügung (wieland@uni-wupper- elaborierter statistischer Verfahren15 tal.de; mobil: 0179 32 32 261). 12 Wieland, R. & Hammes, M. (2014 a). Wuppertaler Screening Instrument Psychische Beanspruchung (WSIB) – Bean- spruchungsbilanz und Kontrollerleben als Indikatoren für gesunde Arbeit. Journal Psychologie des Alltagshandelns, 7, 30-50. 13 Hammes, M. & Wieland, R. (2017). Von Wirkungen auf Ursachen schließen – Psychische Beanspruchung und die Gefährdungsbeurteilung. Journal Psychologie des Alltagshandelns / Psychology of Everyday Activity, Vol. 10 / No. 1, Abbildung 2: Fünf x Fünf Wirkungsmodell zur Integration der Humanressourcendiagnostik in ein ganz- ISSN 1998-9970 heitliches Modell zur Analyse, Beurteilung und Gestaltung von Humanressourcen im Unternehmen. 14 Hacker, W. & Sachse, P. (2014). Allgemeine Arbeitspsychologie – Psychische Regulation von Tätigkeiten (3., vollst. überarb. Aufl.). Göttingen: Hogrefe. Ulich, E. (2010). Aufgabengestaltung. In H. Schmidt & U. Kleinbeck (Hrsg.), Enzyklopädie der Psychologie, Band „Arbeitspsychologie“ (S. 581–622). Göttingen: Hogrefe. 15 Hammes, M. (2016). Psychische Beanspruchung in der Arbeit. Theoretische Begründung, ökonomische Messung und praxisnahe Anwendung. Beiträge zur Arbeitspsychologie, Hrsg. P. Sachse & E. Ulich. Lengerich: Pabst Science Publishers. 16 Frei, F. (2018). Autonomie. So kann die Zukunft gelingen. Lengerich: Pabst Science Publisher. Hacker, W. (2018) Men- 11 VDI-Statusreport, 2016: Arbeitswelt Industrie 4.0. http://jahresbericht.vdi.de/fileadmin/ user_upload/ VDI-Statusre- schengerechtes Arbeiten in der digitalisierten Welt. Eine wissenschaftliche Handreichung. Schriftenreihe Mensch port_Arbeitswelt_Industrie_4.0.pdf Technik Organisation Hrsg. E. Ulich), Bd. 49. Zürich: vdf Hochschulverlag AG. 28 29
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