PHILOSOPHISCHE ANMERKUNGEN ZUM PERSONAL COMPUTER - Peter Heintel
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PHILOSOPHISCHE ANMERKUNGEN ZUM PERSONAL COMPUTER Peter Heintel ISSN 1028-2734
Klagenfurter Beiträge zur Technikdiskussion Heft 19 Herausgegeben von Arno Bamme, Peter Baumgartner, Wilhelm Berger, Ernst Kotzmann ISSN 1028-2734 In dieser Schriftenreihe veröffentlicht das IFF, Arbeitsbereich Technik- und Wissen- schaftsforschung, Arbeitsmaterialien, Diskussionsgrundlagen und Dokumentationen, die nicht den Charakter abgeschlossener Forschungsberichte tragen, aber dem jeweils interessierten Fachpublikum zugänglich gemacht werden sollen. Beabsichtigt ist, neuere Forschungsresultate schnell, auch in vorläufiger Form, ohne aufwendige Aufarbeitung in die wissenschaftliche Diskussion einzubringen. Der Nachdruck, auch auszugsweise, ist nur mit der Zustimmung des Instituts gestattet.
PHILOSOPHISCHE ANMERKUNGEN ZUM PERSONALCOMPUTER (PC) 1. Merkmale 2. Konsequenzen 3. Widersprüche 4. Überlegungen und Vorschläge 5. Aphorismen 1-
1. MERKMALE Die "dritte" industrielle Revolution besteht im Erreichen einer neuen "Meta- ebene" von Produkten, Produktion und Organisation. Der Computer "hebt" Leben, Arbeit, Information und Kommunikation auf eine neue Ebene, die uns genauso unheimlich wie ungewohnt ist, trotz aller rationalen Erklärbarkeit, trotz einsichtig zu machenden Vorteilen etc. Der Widerstand, der sich hier zeigt, wird oft verglichen mit den Maschinenstürmerzeiten oder der Angst vor der Eisenbahn und Dampfmaschine. Sicherlich gibt es hier Parallelen im Sinne einer "atavistischen" Angst vor der technisch-praktischen "Hybris" (Prometheus) des Menschen, dennoch ist die neue Qualität, die mit dem Computer erreicht wird, nicht vergleichbar. Ich sehe sie zunächst in folgenden Merkmalen: - Radikale Kollektivierung des (logischen) Denkens, sein "Nach-Außen- Setzen" zum Unterschied von der Kollektivierung von Muskelkraft und handwerklicher Energie in den bisherigen Maschinen; - die Fähigkeit "unendlicher Kombinatorik" als Ausschöpfung menschlicher Denkmöglichkeiten (spiel-theoretischer Eingriff in alle "Elemente" der Welt, Natur und des Lebens); - Vervielfachung der Möglichkeiten von "Probehandeln", in "spielerischen" vorgeschalteten Simulationsprozessen und kombinatorischen Betrachtungen; - Radikalisierung analytischer Vorgehensformen im Sinne einer künstlichen Synthesis aller Elemente mit allen; - Verschärfung der Neu- und Umordnungsmacht der Menschen (das Spiel mit "Zwischen- und Gegenwelten"); - Radikalisierung der "Unabhängigkeit" von ungesteuerten Prozessen (vor allem der Natur) im Sinne des "Verstandes", ebenso der Abhängigkeit von rationalen Systemen im digitalen Sinn); - 2-
weitere "Vermenschlichung" der Maschinen im Sinne einer Synthesis von Muskelkraft, Denken und Organisieren (Roboter und Programme); ein Stück näher dem Traum der "biomorphen" Maschine; radikale Erhöhung der Reaktionsbeeinflussung von Maschinen (sie können wie Leben so gut wie auf alles reaktionsfähig gemacht werden); Steigerung der Entsinnlichung von Arbeit und Tätigkeit überhaupt; Entlastung von handwerklich, technisch, maschineller Arbeit und Produk- tion (Ende der traditionellen "Arbeiterklasse"); unbestimmte Freisetzung von Antriebsenergie, Aufhebung von Disziplinie- rungsformen bisheriger industrieller Arbeitsorganisation; tendenzielle Aufhebung des neuzeitlichen Gegensatzes von öffentlichem und privatem Bereich (die Arbeit kann von zu Hause aus getätigt werden); neue "Vermittlungsinstanzen": Programme, Software ersetzen bisher trans- parente Tätigkeiten und liefern uns in erhöhtem Maße Expertenstäben aus. In der Software kommt allerdings am besten der Charakter der neuen Qualität des Produktes heraus: Soft-ware als auf Prozesse orientierte, materialisierte Denkleistung ist kein abgegrenztes Produkt im traditionel- len Sinn; neue Synthesis von "Klein und Groß". Über "Witzlinge" (Chips) wird "die ganze Welt gesteuert". Maschinen und Anlagen wurden im mechanischen Zeitalter immer größer, jetzt findet eine "Tendenzumkehr" statt; es findet eine "innere Expansion" statt, die äußere räumliche ist zu Ende. Was alles läßt sich auf kleinstem Raum vereinigen? Es findet eine Vereinheitlichung der Produktionsprinzipien statt; es wird bald keine industrielle Produktion mehr geben, in der nicht Wesentliches an Steuerung über den Computer läuft. - 3-
Informations-, Kommunikations- und Organisationssysteme werden verein- heitlicht, radikal vereinfacht und rational durchschaubar gemacht. Was hier einerseits an Verarmung befürchtet wird, wird durch Ermöglichung von Telekommunikation z.B. wieder erweitert und bereichert. Menschen können über weiter Räume "sichtbar" und "life" miteinander in Kontakt treten. Ging die bisherige Produktion und Organisation der Menschen auf Verall- gemeinerung hinaus, ermöglicht die Computerkommunikation wiederum "Verbesonderung". Recht betrachtet und verwendet, erhöht sie damit die Möglichkeit von inneren Systemwidersprüchen (z.B. zentral, dezentral). Was man allerdings fürchtet, ist das Gegenteil: Systemvereinheitlichungen. Computergesteuerte Systeme geben wenigen Personen Macht über ungeheure Räume und Organisationen. Wie werden sie kontrolliert? Die Dominanz am Elektronik- und Computermarkt von einigen wenigen Industrienationen erhöht deren weltgeschichtliche Macht in bisher nie dagewesenem Ausmaß. Die Welthierarchie der Abhängigkeiten wird damit "zubetoniert". Die "Entlastung" von weiten Teilen des unmittelbaren Produktions- und Organisationsprozesses setzt Möglichkeiten neuen Lebens und Denkens frei, die bisher nicht einmal noch in Utopien erfaßt wurden - auch das macht Angst. Andererseits kann hier auch die Möglichkeit geschaffen werden, einen maßvollen "Umgang" mit der Computerwelt zu entwickeln. Die Entlastung betrifft aber nicht bloß Schutz vor unkontrollierten Natur- prozessen - ein bestimmtes Verhältnis zur äußeren Natur wird gleichsam festgestellt und stabilisiert - erstmalig läßt sich auch vom Menschen Geschaffenes sofort und permanent überprüfen. Darin liegt nicht nur eine große Sicherheits- und Kontrollmöglichkeit, es ist überhaupt erst die Voraussetzung gegeben, daß sich Menschen selbst weltweit kontrollieren, positiv gesprochen, ein neues "Maß" für Geschaffenes finden könnten. - 4
Es gehört zum Charakter neuzeitlicher Produktion, "ins Unendliche" gehen zu wollen. Dies liegt nicht bloß am Wirtschaftssystem (Wirtschaftswachs- tum), sondern auch am inneren Charakter der Produktion; sie hat auch deshalb kein "inneres Maß", weil Folgen, Wirkungen, Kollisionen nicht beachtet und rückgekoppelt werden. Computersysteme ermöglichen sofor- tige Rückkoppelungen und vorgängige Simulationen, die beispielsweise in der Frage der Produktion und Umweltbelastung rasch Antworten geben könnten. Immer und überall mit allem verbunden sein - der tragbare PC macht's möglich. Diese Verbindung schafft nicht bloß Macht über Informationen und damit rasche Beweglichkeiten, sondern organisatorische Geborgenheit. Wenn die Institution, die Organisation, der man angehört, Schutz- und Mutterfunktion hat, ist man duch den PC wie mit einer Nabelschnur ständig mit ihr verbunden. Man ist nie wirklich "abgetrennt" und in der "Ferne". Seit Bestehen der Organisationen wird über ihre Anonymität, Unpersön- lichkeit geklagt. Es geschehen ständig Dinge, die wir nicht beeinflussen können und Entscheidungen fallen uns wie Schicksal auf den Kopf. Ob nicht der PC der Versuch ist, durch "Dabeisein" bei Informationen partiell diese Anonymität aufzuheben? Man trägt den "Anschluß" ans Geschehen ständig mit sich herum. Erhöhte und gefahrenlosere "Beweglichkeit" ist auch nicht zu verachten und zwar insbesondere für zwei Menschengruppen: für solche, die in Organisationen viel reisen müssen und den "Anschluß" nicht verlieren wollen, aber auch für solche, die in keiner Organisation eingebunden sind. Das Phänomen der "Speicherung" und raschen "Abrufbarkeit" stellt etwas menschheitsgeschichtlich völlig Neues dar. Würde man eine Geschichte der Speicherung schreiben, könnte man deutlich den erreichten Höhepunkt diagnostizieren: zuerst wurde von Generation zu Generation tätig und mündlich Erfahrung weitergegeben. Die Speicherkapazität war auf die Merkfähigkeit einzelner und Gruppen beschränkt und mußte daher vor allem auf das Überlebensnotwendige bezogen bleiben. Mit der Erfindung - 5
der Schrift konnte man schon besser Merktra-ditionen aufbauen, die von der unmittelbaren Generationsstafette unabhängig waren. Freilich wurden im gleichen Schritt auch Verallgemeinerungen notwendig. Wissen, Erfah- rungen wurden in Schriften aufbewahrt, Schriftkundige (so Privilegierte) konnten sie lesen. Der Buchdruck beschreibt den nächsten Schritt; die Vervielfältigung von Erfahrung und Wissen konnte beginnen. Alles Vergan- gene rückt näher heran, alles Gegenwärtige konnte rasch verbreitet werden. 2. KONSEQUENZEN Die Informationen wachsen allmächlich (bis heute) ins Unermeßliche; schon von hier aus mußte Spezialisierung gefordert werden; keiner konnte mehr die Übersicht haben. Die Problematik erweiterte sich mit den elektronischen Medien. Allgemeinbildung hieß, sich so recht und schlecht eine Übersicht darüber erworben zu haben, was notwendig war für Orientierung und alltäg- liches Überleben. Die Schullernzeiten wurden erweitert, die Lehrpläne vollge- stopft. "Entrümpelungsaktionen" scheiterten am Mangel an Kriterien, was brauchbar ist und was nicht; außerdem wehrte sich die Spezialistenidentität. Die Computerspeicherung setzt völlig neue Maßstäbe; grundsätzlich ist alles vergangene Wissen, alle Erfahrung speicherbar; weiters werden noch Denk- und Kombinationsoperationen geleistet, für die man sonst Tage, Wochen und viele Menschen brauchte. Und dies alles ist in kürzester Zeit abrufbar. Diese Speicherungs- und Operationsfähigkeit muß viele Konsequenzen haben. Erstens muß das gesamte Bildungssystem erschüttert werden (warum soll gelehrt und gelernt werden, was man von der Maschine sofort bekommt. Dies gilt insbesondere für das "Stoffproblem" aber auch für das Lernen von Denk- operationen (Mathematik, Logik etc.)). Zweitens stellt sich das Problem des Spezialisten neu: einerseits wird er als "Übergangsgeneration" zur Selektion von "speicherwerten" Daten benötigt, zum anderen wird er aber "aufgehoben". Der Computer ist zunächst der "automa- -6
tische" Integralist, der den "menschlichen" nach sich ziehen muß. Damit bekommt das Thema Allgemeinbildung und Universalist eine neue Wendung: man muß sich weder bemühen, so genau zu definieren, was denn der Inhalt von Allgemeinbildung sei, weil sie sozusagen "insgesamt" - jedenfalls ihre stoffliche Seite - zur Verfugung steht; man kann auch auf die universalisti- schen Einzelkämpfer und Heroen des Wissens verzichten, die im Kopf enzyklo- pädisch sammeln mußten, was jetzt in Maschinen steckt. Damit geschieht drittens eine Zurücknahme bzw. Entlastung von Arbeitsteilung und Spezialisierung: Beide werden einerseits tendenziell zurückgenommen (man muß sich nicht mehr so "arg" spezialisieren, damit man am Stand des Wissens ist), man kann sich noch mehr auf Spezielles konzentrieren, weil die "Um- gebung" immer wieder schnell zur Verfügung steht. Interessant wäre es noch viertens, die Zeitdimensionen zu untersuchen: tendenziell ist alle Vergangenheit in Gegenwart "aufgelöst". Sie steht als permanent "abrufbar" zur Verfügung; gibt es noch einen "Schrecken des Verlustes"? Kann das erworbene Wissen von Generationen, Kulturen, Völkern, Einzeldiszipline überhaupt noch verloren gehen? Ist nicht die "Last der Vergangenheit" endgültig in die Verfügbarkeit gegenwärtiger Kombinatorik aufgehoben? Nichts ist mehr "heilig". Fünftens: wie steht es mit dem "Vergessen"? Ist Vergessen gut? Ist es der physiologisch-natürliche Reinigungsprozeß des Gemüts vor Überflüssigem? Wenn alles speicherbar ist, was soll noch vergessen werden? Wenn alles zur Verfügung steht, was gibt uns ein Maß für Ordnung, Selektion und Bedeutung? Im Computer und seiner Speicherfähigkeit ist endgültig der absolute Empiris- mus und Positivismus erreicht. "Die Welt ist alles, was der (Daten) Fall ist", kein Fall ist mehr ausgezeichnet. Ich meine, daß noch viel zu wenig unter- sucht ist, was diese Organisation kollektiver Merkfähigkeit, der Kampf gegen Vergessenheit und Geschichte eigentlich bedeutet. Sicher eine Entlastung des Gehirns auf der einen Seite, vielleicht aber auch ein Maßverlust in der unendlichen Empirie. Auch die Zukunft bekommt sechstens eine andere Gestalt. Sie wird spiel- theoretisch simulierbar, verliert jedenfalls scheinbar ihren unbestimmten 7 -
Charakter zwischen Eschaton, Weltgericht und Fortschrittsidylle. Sie rückt damit viel realistischer in die Gegenwart herein und wird zweifellos manipu- lierbar. Wir können mit Systemen und Systemverhältnissen ganz anders "spielen". Die Computergeneration wird sein: "ungebildet", emotionell "stumpf, aggressiv, etc. So lauten die Vorurteile der Übergangsgeneration. Kein Mensch weiß aber so recht, was es für Menschen heißt, vom Bildungs- und Informationsballast "befreit" zu werden, sein Gehirn nicht mehr als notwendigen und einzig möglichen Speicher verwenden zu müssen. Warum soll man in sein Hirn sto- pfen, was ohnehin draußen brach liegt und beständig zur Verfügung steht? Man kann also gefahrenloser als früher ungebildet sein. Was es allerdings heißt, unseren eigenen Speicher zu entlasten, das wissen wir noch lange nicht. Es könnte ja sein, daß der Aggressionsverdacht darauf zurückzuführen ist, daß man fürchtet, die Entlastungen bringen die ganze "Bestie" Mensch wieder zum Vorschein; bisher hatte Wissen, Bildung und Disziplinierung darin dafür gesorgt, daß so manches zugeschüttet wurde. Jedenfalls haben wir diese Seite des Problems noch keineswegs im Griff und das mag auch aggressiv machen. Es könnte doch aber sein, daß wir uns dadurch auf dem Weg befinden, ganz andere z.B. emotioneile "Erinnerungen" wieder zu Ansehen und Wirklichkeit kommen zu lassen. Emotionen, Widersprüche, Konflikte sind in ihrer Am- bivalenz und Dialektik nicht ins digitale System einfangbar. Um aber als solche auftreten, "kultiviert", und in ihrem ganzen Reichtum ausgelegt werden zu können, bedarf es der Entlastung von anderen Wissens- und Erfahrungsbe- reichen. So kann weltgeschichtlich gelten: wer schon bisher Dialektik und Widerspruch zugelassen hat (vor allem die östlichen Kulturen), der ist zivilisa- torisch nicht weiter gekommen. Die "Weitergekommenen" tendieren aber dazu, überhaupt zu vergessen, daß es obige Phänomene gibt. Die Computerspeiche- rung könnte durch ihre Informationssicherung bei Beibehaltung von Zivilisation und Fortschritt wieder mehr Erinnern bzw. auch "internationale Kooperation" auf diesem "Widerspruchsgebiet" ermöglichen. Speicherung schafft achtens ein verschärftes Zugangsproblem (Daten- nicht Menschenschutz). Die alten Privilegien der Spezialisten und Schriftgelehrten gelten nicht mehr; viele haben Zugriff, vor allem solche, die ohnehin schon über viel an öffentlicher Gewalt verfügen. Die neue Gesellschaftsordnung wird 8
nicht mehr so sehr nach Eigentum und Bildungsprivilegien strukturiert sein, sondern nach Zugriffsmöglichkeiten zu den Informationsspeichern. Dies wird eine seltsame "Entmaterialisierung" von Privilegien bedeuten. Das bisher in der Geschichte angereicherte Wissen und die mit ihm im einzel- nen verbundenen Traditionen verlieren neuntens an Bedeutsamkeit und Iden- tifikationsmöglichkeit. Wenn "alles" zur Verfügung steht, man es sich nicht mühsam erwerben muß, verliert es an "Wert". Es gibt kaum mehr eine in- dividuelle oder kollektive Wertbeziehung zum "Speicher". Mit weniger Bedeut- samen läßt sich aber leichter "spielen". Schiller meinte, daß der Mensch nur dort Mensch ist, wo er spielt. (Der Einbruch in unserem traditionellen Nor- menhaushalt ist allerdings nicht abzusehen). 3. WIDERSPRUCHE Alte Informationsmedien, vor allem Brüche, werden überflüssig; wir werden gezwungen, uns das Know-how zu verschaffen, wie man die vorhandenen Speicher abzapfen kann. In ihnen wird allmählich aller "Vorrat" sein, wie überhaupt man die Computerzeit als die "geistige Vorratswirtschaft" be- zeichnen kann. Die "alten" Medien werden einen anderen Zweck bekommen, nämlich Vermittlungsinstanzen für jenen Bereich darzustellen, der sich ohne Gefahr nicht speichern läßt. Die Maschine ist geduldig. Wer sie abrufen kann, dem steht sie zur Verfügung. Insofern gibt es "totale" Transparenz. Maschinen können mit ihren Infor- mationen nicht hinterm Berg halten, sie monopolisieren oder verweigern. In positivem Sinn können daher im System der Abrufbarkeit keine zusätzlichen Bereiche "hineinverpackt" werden. Informationen werden meist aus emotionel- len Gründen entzogen oder tendenziell gehandhabt; von solchen "Menschlich- keiten" ist die Maschine frei: Dies führt wohl auch dazu, daß Emotionen woandershin übertragen werden, vielleicht auch eher "zu sich selbst kommen". Überhaupt wäre einmal zu untersuchen, ob nicht hier ein wesentlicher Teil der Computerangst liegen könnte: Abrufbarkeit, maschinelle "Objektivität" und Bereitwilligkeit verhindern emotionelle Zusatzbesetzungen. Wir brauchen aber -9
offensichtlich für Emotionen "Transportmittel"; wenn uns die genommen werden, können wir uns nicht mehr hinter ihnen verstecken. Die Trennung von Sache, Information und Emotion schreitet fort und wird sich auch immer bewußter. Diese Tatsache hat zwei Seiten: einmal radikalisiert die Trennung die bisherige Tendenz der Neuzeit; Emotionen schon bisher de facto aus den rationalen Strukturen von Wissenschaft, Organisation, Arbeit und Öffentlichkeit aus- geschlossen, werden nun "auf sich selbst gestellt". Früher konnte man sie noch besser in die Sache "hineinschwindeln", in Organisationen im Ablauf "unterbringen". Jetzt wird ihnen ein neuer Ort zugewiesen, der jenseits der primären Organisation und Information angesiedelt ist. Vielleicht bringt dies mehr Klarheit über den Zusammenhang zwischen Interpretation und Emotion. Zweitens wird deutlich, daß sich Emotionen nicht selbst ins digitale System einfügen lassen; ihre grundsätzlich widersprüchliche und dialektische Struktur verwehrt logisch-maschinelle Einvernahme. Es besteht sicher die Angst, daß die Dominanz des computergesteuerten Informationssystems überhaupt geeignet erscheint, Emotionen aus der Öffentlichkeit auszuschließen. Auf der anderen Seite macht es klar, daß eben Emotionen nicht in dieser Art Sachlichkeit verpackt werden kann. Vielleicht kommt jetzt erst die Zeit eines "freieren" Zugangs zu ihnen, jedenfalls eines direkteren. Ich behaupte nicht, daß logisch-digitale Systeme nichts mit Emotionen zu tun haben. Übehaupt ist die Trennung von Rationalität und Emotionalität proble- matisch. In den logischen Systemen werden durchaus Emotionen "begriffen", festgelegt und handhabbar gemacht. Die Angst vor Chaos, ungesteuerten Prozessen, Bewegungen, Unterschieden, Fremdheiten, geschichtlichen Kultur- differenzen etc., die Freude an Ordnung, Kontrolle, Verfügbarkeit, Expansion etc. belegen das. Im übrigen hat man in ihnen den "kleinsten gemeinsamen Nenner" weltweiter und menschenumfassender Verbindlichkeit gewonnen. Das logische System wurde für alle Menschen zur Geltung gebracht, so daß sie Logik mit Vernunft identifizierten. Das erkenntnistheoretisch-anthropologische Problem lautet: wie weit kann und muß man in der Abstraktion gehen, um eine "Mensch- und Weltallumfassendes" zu erreichen, das aber zugleich nicht so "weit weg" ist, daß es noch zur konkreten Ordnung der Welt und der 10 -
Menschen taugt. Individuelles, Geschichtliches etc. müssen ausgeschlossen werden. Von Anfang an war diese an Abstraktion und Expansion gebundene Systematik eine "Sache" der Männer. Frauen wurden als "unlogisch" bezeichnet und ihr Sinn für individuelle Konkretion bekämpft und unterdrückt. Computergestützte Systeme sind nun in radikaler Form "nach außen gesetzte" logische Intelligenz, traditionell also "männliche" Systeme, die nun alle Gewalt über unsere Infor- mationsbasis haben sollen. Macht diese Dominanz nicht vielleicht auch Angst und ruft den Widerstand hervor? Es heißt, die Maschine (offensichtlich eingedenk ihrer "dienenden" Funktion), aber der Computer, der Roboter etc. Im logischen System liegt "maßlose" Unendlichkeit. Wie werden sinnvoll Systemgrenzen gesetzt? Immer noch ist das Gleichnis in der Ballade vom Zauberlehrling nicht überholt: die neuen intelligenten Produkte haben in ihrer Selbststeuerung und Kombinatorik ein ungeheures Potential an "Reduplikatio- nen". Was demgegenüber m.E. noch völlig ungelöst ist, sind die Gestaltung von Entscheidungsprozessen für Interpretation, Einsatz etc. Diese ebenso dem Computer zu überlassen, würde genau jener Entmündigung gleichkommen, die im Zauberlehrling mit der Vervielfachung des Besens angedeutet ist. In der Gestaltung dieser EntScheidungsprozesse stehen wir erst am Anfang von Entwicklungen, die beschleunigt werden müßten. Insofern ist der PC nur eine "Scheinindividualisierung". Es wird so getan, als könnte nun jedes Individuum zu Hause "für sich" entscheiden. Tatsächlich wächst auch im Sinne übereigneter Macht, über Informationen und Prozesse das individuelle Selbstbewußtsein. Viel entscheiden kann es allerdings nicht und man muß beobachten, ob nicht die Verführung durch den PC, das Problem der Gestaltung von allgemeineren und verbindlicheren Entscheidungsprozessen aus dem Blick geraten läßt. In der nach außen gesetzten logisch-männlichen Intelligenz hat der Mensch zugleich aber etwas erreicht, wovor er sich seit Beginn seiner Existenz fürchtet: unkontrollierte und viele unkontrollierbare Bewegungen und Prozesse. Es wird sich hundertmal sagen können, daß er diese Prozesse und Maschinen erzeugt hat, daß er sie kontrolliert etc. Dennoch findet ein Umschlagen der - 11 -
Qualität statt. Spielmöglichkeiten und Kombinatorik haben die mechanische Übersichtlichkeit abgelöst. Die biomorphe Analogie ist konkreter geworden (siehe die Vergleiche von Computern mit intelligenten Leben; selbst der "Blechtrottel" ist eine Bezeichnung, die dem Computer jedenfalls einen Ort in psychiatrischen Kliniken ermöglichte). Feed-back-Systeme, die Aufhebung linearer Konsalität, Kollektivierung und Konzentration menschlicher Intelligenz lassen die Macht der Menschen über ihr Produkt in den Hintergrund treten. Eklatant wird die Ohnmacht von Individuen, Einzelnen. Man sieht nicht mehr, was sich hier abspielt, man weiß nicht mehr, wo man eingreifen soll. Der Dämon sitzt in der Maschine und konkurriert mit dem Menschen (siehe der "schachspielende" Computer, der Computer als Psycho- therapeut etc.). Durch Jahrtausende Arbeit und Entwicklung hatte der Mensch im mechanischen Zeitalter geglaubt, es endlich geschafft zu haben: Kontrolle über Prozesse und Bewegungen durch Wissenschaft und einzelne Menschen, die an den Maschinen standen. Letztere verbreiteten anschaulich die permanente Kontrolle; ohne sie ging nichts. In den Automatenhallen der Gegenwart wird "mit Geisterhand" gearbeitet. Geister waren nun nie eine bloß angenehme Vorstellung für Menschen. Es bewegt sich etwas scheinbar ohne ihren direkten Einfluß. Das macht Angst, (in automatisch ferngesteuerten U-Bahnen mußte man wieder Lok-Führer hineinsetzen, weil Menschen Angst hatten, mit diesen "Geisterbahnen" zu fahren). Aus all dem ist ersichtlich, daß der Mensch Angst hat, die erreichte Kontrolle über Bewegung und Prozesse zu verlieren, und diese Angst ist schon deshalb nicht unbegründet, weil der Steuerungscharakter eine völlig neue Qualität erreicht hat. Die hier gebündelte und konzentrierte kollektive Intelligenz bedürfte einer ebenso kollektiv organisierten Steuerungs- macht, die es m.E. noch nicht gibt. Hierin liegt die real begründete Angst, daß "das Ding einmal von selbst losgeht". Bisher versucht man die Kontrolle über Computerprozesse selbst wieder durch Computer zu erlangen. Dieses Einbeziehen von kontrollierenden Metaebenen nützt nur für einen Teil der Prozeßkontrolle und müßte übrigens bis ins Unendliche forgesetzt werden (unendlicher Regreß der Kontrolle). Es gibt aber Bereiche, die nicht vom "gleichen System" kontrolliert werden können und dürfen. Für sie haben wir keine adäquaten Formen entwickelt. Es müßte sich um soziale Organisations- und Entscheidungsformen handeln, in denen sich nichtdigitale Alternativen kollektiv zur Geltung bringen. - 12
In der Automationsproblematik steht derzeit das Problem des Verlustes von Arbeitsplätzen im Vordergrund; realpolitisch zu Recht. Man vergißt aber dabei die andere Seite, die für die Wirtschaft und die Umwelt mindest ebenso ruinös sein kann, die Produktionssteigerung. Betrachtet man die Entwicklung von Spitzenbetrieben der Industrie in den letzten Jahren, so fällt nicht bloß die (Weg)Rationalisierung von Arbeitsplätzen durch Automation auf, sondern eine gewaltige Produktivitätssteigerung. Das Ersetzen der teuren Arbeitskraft Mensch durch Automaten ermöglichte eine Verbilligung der Produkte, dadurch einen Vorsprung gegenüber der Konkurrenz. Daher sind diese Güter noch absetzbar. Wohin aber soll diese Entwicklung führen? Die Zeit der Produk- tivitätsgrenzen kommt sicher aus den verschiedensten Gründen. Die Automa- tion selbst hat kein innneres Maß, im Gegenteil, Produktivitätssteigerung ist in ihr in noch ungeahnter Weise möglich. Diese alles sprengende Möglichkeit hat in unserer Ökonomie keinen Platz. Es ist daher zu vermuten, daß das notwendige und sinnvolle Vorantreten computergesteuerter Information und Automation unser gesamtes Wirtschaftssystem umwälzen wird. 4. ÜBERLEGUNGEN UND VORSCHLAGE Der PC, sozusagen im Privathaushalt eingesetzt, muß die "halb"-öffentliche, alltägliche Kommunikation völlig verändern. Ich vermute, daß auch davor Angst besteht. Wenn man nicht mehr zur Post gehen muß, nicht zur Bank, nicht zum Amt, zum "Greißler" ums Eck, so mag viel an "lästigen" Wegen erspart werden. Ich glaube allerdings, daß diese "halböffentliche" Kommunika- tion für viele heute als "Kompensationsort" familiärer Einsamkeit und beruf- licher Einförmigkeit noch wichtig, ja notwendig ist. Einige "persönliche" Worte wechseln zu können, ist für viele Bedürfnis, auch wenn es sich um nichts "Tiefschürfendes" handelt; man "erweitert" hier in einer gewissen Weise seinen "Umraum" in konzentrischen Ringen. Geht sozusagen in sein erweitertes "Eigentum". Damit wird emotioneil eigene Beschränkung überwunden und entfremdende Öffentlichkeit individualisiert, ihr ihre Anonymität teilweise genommen, auch wenn dies nur zum Schein geschieht. Ich halte diesen halböf- fentlichen "Zwischenraum" als Vermittlung zwischen Privatem und offiziell 13
öffentlich-politischen Raum für unverzichtbar. Ob der PC diesen ebenso konstituieren kann, ist sehr fraglich. Auch wenn er Öffentlichkeit unmittelbar mit privatem Lebensraum zusammenschließt, fehlen die "persönlichen" Vermitt- lungsinstanzen. Damit findet eine weitere individuelle Abkoppelung statt. Mag sein, daß diese erst frei macht für die Konstitution und Entdeckung neuer Zwischeninstanzen, die "echter" sind als die bisherigen "Greißlerkontakte", eine weitere Isolierung ist aber wohl ebenso möglich. Anonymisierte Isolierung und Individualisierung könnten daher sicher auch das Vordringen des PC verhindern und Widerstände aus Kommunikationsbedürf- nissen hervorbringen. Als Herstellerfirma würde ich daran gehen, mir Er- satzformen zu überlegen bzw. neue Kommunikationsformen mit dem PC zu experimentieren. Etwa wie in den Anfangszeiten der drahtlosen Telegraphie die Funker-Clubs "erfunden" wurden, die bis heute zum Hobby vieler Menschen gehören. Regionale Clubs könnten eingerichtet werden, die nicht nur ihre PC- Erfahrungen austauschen konnten, sondern eigene sinnvolle Regionalprogramme verwalten sollten. Warum sollten nicht regionale und kommunale Programme geschaffen werden, die, wie die längst vergessenen und verfallenen regionalen Land- und Dorfzeitungen, der Verdichtung örtlicher Kommunikation dienten. Firmen, die allzu rasch automatisieren und Dienstleistungscharakter haben, werden sicher mit den oben angesprochenen Abwehren konfrontiert werden und müssen sich von sich aus darauf einstellen. Das bedeutet in erster Linie mehr beratende Mobilität. Bis jetzt hat man auch als Zeichen profaner Macht Betonpaläste aufgerichtet und konnte sich dies leisten, weil der Kunde noch in den Schalterraum kam. Muß er das aber nicht mehr, wird wohl die Firma immer mehr zum Kunden gehen müssen. Vielleicht entlastet der PC das Alltagsgeschäft, die sture Arbeit, für die Menschen ohnehin "zu gut" sind. Deshalb aber auf Menschen überhaupt zu verzichten, halte ich für den fal- schen Weg. Im Gegenteil: notwendige und sinnvolle Beratungskompetenz könnte erreicht werden, ohnehin heute ein Desiderat der arbeitsteiligen Gesellschaft. Sollte daher der PC das Alltagsgeschäft automatisch übernehmen, könnte er zugleich eine Bewegung mitimitieren, die heute dringender denn je notwendig ist, nämlich die Integration aufgesplitterter Sachkompetenz. Seine Spezialisie- rung ermöglichte wiederum menschliche "Generalisierungen". - 14
In Politik und öffentlicher Verwaltung wird viel von "Bürgernähe" gesprochen. Dieses Postulat ist bei den derzeitigen Verwaltungsstrukturen unerfüllbar und bleibt daher weitgehend politische Phrase. Die sogenannte Verwaltungsverein- fachung bleibt allenthalben in eigener Organisationskomplexität stecken, so daß auch von hier aus keine Entlastungen zu erwarten sind. Im Gegenteil: Rechtspositivismus und rechtliche Unmündigkeit des Bürgers treiben zu einer Selbstverkomplizierung, die bestenfalls für die Tätigkeit von Rechtsanwälten etc. pekuniären Vorteil bringen. Gerade aber in der öffentlichen Verwaltung ließen sich m.E. ungeheuer viel "computerisieren". Der wirklich nicht erfreu- liche "Parteienverkehr" könnte minimalisiert werden. Mehr Bürgernähe hieße nicht bloß Akzeptieren von Bürgerinitiativen, sie hieße vielmehr ebenso Umwandlung der bloß äußeren Verwaltung in effektive Beratung. Hier besteht ein großes Defizit, das von den "Bürgern" zu Recht beklagt wird. Um die Anonymisierung der "Halböffentlichkeit" hintan zu halten, wäre m.E. die Bildschirmkommunikation energisch zu entwickeln. Ich sehe in ihr eine wichtige Möglichkeit, die fortgeschriebene Unsinnlichkeit der Computersysteme zurückzunehmen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß Menschen sich je daran gewöhnen werden, ganz "unsinnlich" zu kommunizieren. Und obwohl Infor- mationssysteme und -leistungen längst von Person und Individuum abstrahiert sind, bedürfen wir, wie es scheint, dennoch ihrer Repräsentation durch ein- zelne Personen. Auch wenn diese tatsächlich nur mehr Exekutoren, Marionet- ten, reines Sprachrohr sind; irgendwie vermitteln sie uns doch das Gefühl menschlich personeller Präsenz in der allgewaltigen Anonymität und Organisa- tion. Vielleicht gibt es auch tatsächlich Zurücknahmen von globaleren Infor- mationssystemen in übersichtliche Sozialgebilde. Der Bereich der Telekom- munikation, der Telekonferenzen gehört m.E. unbedingt ausgebaut; so schön und wichtig Reisen ist, es langt nicht mehr und macht einzelne Individuen kaputt. Personen sichtbar, hörbar und ansprechbar zu machen, halte ich für die beste Möglichkeit, Anonymitätsangst zu überwinden. Er muß nicht un- bedingt "greifbar" sein. Daran hat uns wahrscheinlich schon das Fernsehen gewöhnt. Personen sichtbar zu machen, ließe uns auch an den alten Eindruck anschließen, wir beherrschen noch unser System, wie früher die Arbeiter die Maschinen. Überhaupt müßte man sich noch mehr mit den Ängsten auseinan- dersetzen, die durch "alles verschlingende" Systeme, die personell nicht identifizierbar sind, hervorgerufen werden. Sicherlich werden hier sowohl alte - 15
"Naturängste" aktiviert (die alles verschlingende Mutter-Natur), als auch Ängste vor der Chronos-Vater-Hybris der Männer. Verschlungen zu werden von einem selbst geschaffenen System väterlichen Ursprungs läßt nicht einmal mehr die positiven Phantasien zu, die man früher noch mit Mutter und Geborgenheit, Aufgehobensein verbinden konnte. Zum Verschlingen kommt daher "Kälte" dazu, die immer wieder mit der Computerwelt assoziiert wird. Mit der Kälte ist aber Tod durch Erfrieren verbunden, in den man "schlafend" hineingewiegt wird. Neben der Person, den Clubs und Vereinen wäre wohl der Spiel- und Kunst- charakter der Computerwelt energischer herauszustellen. Die zurückgedrängte unmittelbare Sinnlichkeit muß durch eine neue Vermittelte ersetzt werden. Im Grunde ist das schon das Problem der ganzen neuzeitlichen technischen Produktion: was ist an ihr "sinnlich", künstlerisch, schön? Die neuzeitliche technisch-praktische Tätigkeit hat nach eindeutigen und verallgemeinerten rationalen Begriffen zu produzieren versucht. Selbst die Konsumdifferenzierung genügt diesem Begriff. Eigentlich blieb das Schöne, sinnlich Mannigfaltige zugunsten des Nützlichen, Ökonomischen, Vervielfältigbaren ausgeschlossen (Kunsthandwerk, Design etc. sind Ausnahmen). Zwischen Technik und Kunst, den zweierlei Arten von "Können", wurde eine unüberbrückbare Kluft auf- gerichtet. Im Mechanischen ist die Sinnlichkeit verallgemeinert und mathe- matisch diszipliniert. Unser Abscheu vor unserer maschinell und technisch verkauften Welt richtet sich gegen das Zumauern von Nischen vergangener Sinnlichkeit. Wie es aber den Anschein hat, ist die ursprüngliche Sinnlichkeit, die agrarisch-handwerkliche nicht mehr real und vorbei. M.E. liegen im Computer, der Elektronik überhaupt für dieses Thema und Defizit neue Antworten, zumindest auf der technisch-praktischen Ebene. Der Spiel- und Kunstcharakter der Computerwelt soll nun "traditionelle Kunst" nicht ersetzen oder "alte Sinnlichkeit" komplett ausrotten. Er soll vielmehr die abstrahierte, technisch-mathematische Welt wieder mehr in die "Anschauungs- welt" der Sinne eingliedern helfen. Und hier ist eine interessante Pointe möglich: wir haben nämlich noch keine "kollektive Sinnlichkeit" als Gestalt entwickelt (makabre Ausnahmen finden sich in der faschistischen Ästhetik), wir sind hier im Individuellen bzw. Kleinstgruppenbezogenen steckengeblieben. Die Computerwelt repräsentiert nun in konzentriertestem Ausmaß kollektive 16
Intelligenz; soll diese nicht auch ihre besondere Sinnlichkeit haben? Was für mich verblüffend ist und alle bisherige "erdgebundene" Sinnlichkeit auf den Kopf stellt, ist der neue "Überraschungscharakter" der Kunst-Computer- Produktion. Was hier "produziert" wird, ist nicht absehbar. Wir lassen sozusa- gen unsere künstliche kollektivisierte Intelligenz spielen und sehen dann zu, was rauskommt. Vorgeordnet ist also ein in sich spielendes Kollektiv, von dessen Auswirkungen nun Individuen "angemutet", herausgefordert werden. So mag wohl der Computer selbst keine "neue Kunst" schaffen, jedenfalls aber Angebote für neue kollektive Sinnlichkeit, jedenfalls für einen Teil derselben. Wenn man sieht, wie unbefangen heute Kinder mit Computern spielen, so zeigt dies wohl jene Seite positiver Sinnlichkeit, die nicht als "Verarmung" der Phantasie abgetan werden kann. Diese entlastende Kunstseite ist auch deshalb herauszustellen, weil mit dem Computer - vor allem in den Roboterphantasien - recht belastende Phantasien verbunden sind, wie ich glaube, Todesphantasien sowie solche von einem bedrückenden dominant werdenden Pseudoleben. In den Roboter projizieren wir das Bild unserer eigenen Lebens- und Funktionsreduktion. Dieses sinnlich- unsinnliche Gewaltwesen ist nichts anderes als das Bild unseres technisch- kollektivisierten Wesens. Vieles an ihm ist Tod, eigentlich ist es schon tot, aber es bewegt sich doch noch und entwickelt in dieser Bewegung eine irra- tional zerstörerische Kraft. Noch bewegt sich der Roboter wie ein Mensch, ungelenkig zwar und kindlich fast, aus den blicklosen Augen sieht uns aber unser eigener Tod an. In den Roboterphantasien agieren wir das Wesen unseres kollektiven Todes. Prinzipieller lautet das Thema: wieviel müssen wir an konkretem (ungesteuertem) Leben von uns abgeben, vernichten, disziplinie- ren, um kollektiv überleben zu können. Im Roboter reproduzieren wir unsere eigene Reduktions- und Verletzungsgeschichte und machen uns ein Bild für unsere kollektive Existenz. In Einzelwesen versuchen wir sie darzustellen, die möglichst menschenähnlich aussehen sollen, um das Kollektive, die neue Schicksalsmacht wieder zu individualisieren. Was aber in unserer Vorstellung herauskommt, ist ein totes Wesen, das zwar Ungeheures kann, konkrete Individuen aber nur simuliert. Und eine weitere Ambivalenz ist schwer zu fassen und emotional zu verkraften. Dieser Blechtrottel, dieses Artefact des Menschen ist schneller, ausdauernder, exakter als jedes Individuum, jedenfalls auf diesem Gebiet. Er bezeugt die völlige Überlegenheit einer kollektiven - 17 -
Organisation des Gehirns. Was heißt das für das im bürgerlichen Zeitalter "erwachte" Subjekt? Eben geboren, schon mit seiner völligen Nichtigkeit und Ohnmächtigkeit konfrontiert? Die Dialektik ist nicht leicht zu verkraften: gerade die Organisation differenzierter Kollektivität war Voraussetzung für das Selbstbewußtsein von Individuum und Subjekt. Konfrontiert aber mit dieser Kollektivität in ihrer eigentlichen Gestalt, sieht sich das Individuum zunächst nur als klein und nichtig an. Kann es noch stolz sein, der Urheber dieser erdrückenden und reduzierenden Kollektivität zu sein? Ohne Umschweife bringt der Computer an den Tag, was früher noch in menschlicher Schlamperei verborgen blieb: die Notwendigkeit und Wirksamkeit kollektiver Reduktionen und Organisationsformen. Damit wird allerdings im Produkt Computer und PC insbesondere eine neue "Qualitäts''ebene von Produkten radikal erreicht. Ich möchte sie die vermittel- ten oder abstrakten Produkte nennen. Sie dienen nicht mehr der Befriedigung von Grundbedürfnissen und geben Antwort auf Grundwidersprüche, sie sind vielmehr Antworten auf geschichtlich gewachsene "hochvermittelte" Bedürf- nisse und Widersprüche. Zwar lassen sich sicher im übertragenen Sinn Zusam- menhänge mit Grundbedürfnissen und auch -ängsten aufzeigen (z.B. das Bedürfnis nach aktiver Allgegenwärtigkeit, nach Allwissenheit, Macht etc.), die größte Bedeutung des Produkts Computer ist aber seine Antwortleistung auf bisher unbewältigbare Informations-, Organisations- und Kooperationsprobleme. Insofern ist es das Metaprodukt, das auf das Chaos unserer früher willkür- lichen Produktion und Organisation eine konkrete Antwort gibt. Damit wird Kollektivität und Organisation - bisher reine Phantasie, Angstprodukte bzw. hölzerne Konstruktionen - erst material sichtbar. Die neuen Metaprodukte leiten also eine neue Welt von Produktantworten auf von Menschen geschaf- fene Widersprüche und Probleme ein. Ihr "unsinnlicher" Charakter hängt auch damit zusammen. Die Organisations-, Informations- und Kooperationsprobleme weltweit haben wir uns selbst zu verdanken. So wie wir jetzt paradoxerweise die früher intakte Umwelt wieder "produzieren" müssen (reines Wasser, Luft etc.), so müssen wir auch Produkte finden und erfinden, die uns unsere eigenen "Zusammenlebensproduktionen" und deren Widersprüche faß- und handhabbar machen. Damit wurde im Ausbau der Verkehrs- und Kommunika- tionsmittel schon vor längerer Zeit begonnen. Im Computer erreicht diese Bewegung ihren vorläufigen Höhepunkt. Es wird nicht ausreichen, im Sinne - 18 -
alter Mechanismen für den Verkauf des Computers zu werben. Ansprechbare Grundbedürfnisse machen nur eine Teilvoraussetzung des Produktes aus. Es geht vielmehr darum, die Antwortleistung auf hochvermittelte Systemprobleme herauszustellen. Und dies läßt sich schwer mit Spots oder farbigen Plakaten ausdrücken. Daher halte ich es für den richtigen Weg, Werbung mit Einfüh- rung, Schulung, ja werkstattmäßigen Einübungsmöglichkeiten zu verbinden. Dies halte ich übrigens auch für ein wichtiges Aufgabenfeld, für zeitgemäße Organisationskunde und politische Bildung. Der Computer ist also kein so ohne weiteres "sich selbst vermittelndes" Produkt; er setzt vielmehr zu seinem Ver- ständnis nicht bloß mathematisch-technisches Wissen voraus (das glauben nur die "Eingeweihten"), sondern vor allem Wissen über die Organisationsentwick- lung der Menschen. Diese Seite ist auch viel zu unterrepräsentiert. Die fortschreitende Automatisierung von Arbeitsprozessen durch computerge- steuerte Systeme, die dadurch erfolgende Entlastung von bisher durch einzelne Menschen geleistete Arbeit, die "Befreiung" von einförmiger "menschenunwür- diger" Arbeit, all diese Momente bedingen eine völlige ideologische und emotionale Umstellung der Menschen zum Arbeitsbegriff selbst. Bisher war Arbeit an Mühsal, "Schweiß des Angesichts", Disziplin, definierte Leistung etc. gebunden. Auch wenn die Neuzeit im Sinne ihres leistungsverdichtenden Anspruchs Arbeit gegenüber früheren Zeiten, "Selbstverwirklichung", den Beruf als Berufung, umdefiniert, bleibt sie doch für den Menschen zentrale Tätigkeit, Zentrum für Selbstbewertung und gesellschaftlichen Platz. Theolo- gisch war Arbeit an Erbsünde gebunden und hatte daher etwas mit Schuld und Schuldabgeltung zu tun. Faßt man in der gegenwärtigen Situation alle diese Stellungen zur und Einschätzungen von Arbeit zusammen, so wird die Umstel- lungsnotwendigkeit deutlich: Arbeit als Mühsal bisheriger Gestalt wird von Maschinen besorgt. Die Mühsal ist uns abgenommen, wir "büßen" nicht mehr für unsere Erbsünde; wie können wir jetzt Schuld abgelten? Die Menschen haben, wie mir scheint, zu allen Zeiten bei ihrer Arbeit als eingreifender, Natur z.B. verletzender Tätigkeit, ein "schlechtes Gewissen" gehabt. Insbesondere bei der handwerk- lich-technischen Seite der Arbeit wurde immer Hybris mitreflektiert, die wiederum durch größere Anstrengung im Arbeitsprozeß selbst kompensiert zu werden versucht wurde. Dieses Motiv hält sich bis in die Neuzeit, wo sich im 19
puritanischen Leistungsbegriff durchaus radikaler noch "Selbstbestrafung" für Schuldvergehen äußert. Dabei sind die "berechtigten" Schuldgefühle inzwischen nur noch gewachsen. Wir haben durch unsere eingreifende Tätigkeit wirklich Natur und uns zerstört und müssen uns nun radikal zurückwandeln. Die Schuldgefühle sind also gewachsen, wir können sie aber nicht mehr durch Computer und Arbeitsmühsal kompensieren. Gott sei Dank, denn diese Kompen- sation würde die Zerstörung nur noch vorantreiben. Wir stehen daher an einer sinnvollen Wende: Da wir die Arbeit dem Computer überlassen können, müssen wir - und dies ist ohnehin notwendig - andere Formen der Schuldabgeltung gegenüber uns und der Natur finden. Kompensationen müssen sich in positive Aktionen überführen lassen. Ein Weiteres: eingreifende Tätigkeit mit ihrer Kulmination und Konzentration in den technisch-praktischen Produktionspro- zessen des industriellen Zeitalters ist das "Nach-Außen-Setzen" der verobjek- tivierenden Differenztätigkeit und Fähigkeit des Menschen; seine Art "Raub- tiergebiß". In der* Geschichte war zwecks Überleben die Außenorganisation dieser Tätigkeit das Vordringlichste. Dieser Prozeß scheint mir nun abge- schlossen zu sein. Er endete mit der Identifikation von Arbeit mit dieser einen Tätigkeitsform. Und daran hängen wir noch jetzt. Allerdings bietet die Automatisierung andere Sichtweisen, einen neuen "Arbeitsbegriff', der der "Selbstverwirklichung" des Menschen näherkommt, als seine "Entäußerung" und "Selbstvergegenständlichung", welche von Fichte bis Marx so groß gefeiert wurde. Wie schon im Namen "Selbstentäußerung" steckt, handelt es sich bei der eingreifenden, technisch-praktischen Tätigkeit um ein "Nach-Außen- Gehen", sich verobjektivieren. Es mutet fast wie ein Schicksalsstreich einer List der Vernunft an, daß Menschen sich immer wieder indirekt zumindest bemüht haben, die Entäußerung von sich selbst wieder unabhängig zu machen (Idealbild: das perpetuum mobile). Maschinen waren der erste Schritt, Men- schen zu entlasten, unabhängig von dauerndem Einsatz zu machen. In der Autonomie ist nun der Höhepunkt erreicht und damit das Problem auf eine neue Qualitätsebene gestellt. Wenn man nämlich den "äußeren" Bereich Ma- schinen überlassen kann, kommt zweierlei in Sicht: erstens ein neuer und differenzierterer Arbeitsbegriff, nicht mehr bloß gebunden an "eingreifende", technisch-praktische Tätigkeit; zweitens die Notwendigkeit, "innerer Expan- sion", als vielleicht adäquatere Aufgabe menschlicher Selbstverwirklichung. (Mit sich individuell und kollektiv "ins Reine" zu kommen, wurde bisher allzu - 20 -
häufig und intensiv von der entäußerten Arbeit "abgebucht"). Diese doppelte neue Sicht ist in der gegenwärtigen Situation auch bitter notwendig zur Bewältigung der angetretenen, vorhin genannten Probleme: Mühsal und Schuld- begriff bisheriger Provenienz müssen von der bisher dominierenden Tätigkeit abgekoppelt werden. Die entäußerte Arbeit läuft "von selbst". Es gibt aber andere Tätigkeiten, die nicht minder mühselig sind, für die wir kaum noch ein praktisches Organ entwickelt haben; ich fasse sie unter "interner Expansion" zusammen und meine die Beschäftigung mit uns selbst, unserem kleineren und größeren Zusammenleben, unseren Lebensprägungen, Konflikten, unseren politischen Fähigkeiten etc. Die "Arbeit" auf diesen Gebieten hat allgemein überhaupt noch nicht begonnen, wird bestenfalls an irgendwelche Fachleute oder Funktionäre delegiert, die sich dann wieder "eingreifend" verhalten müssen. Auch mit den individuellen und kollektiven Schuldgefühlen kann Positives angefangen werden. Sie könnten einerseits dazu verwendet werden, das neue notwendige Verhältnis zu Umwelt, Natur und eigenen Körper herzu- stellen, andererseits die nötige "Energie" liefern für Beschäftigungen mit den eigentlichen Ursachen dieser Gefühle, deren Erkenntnis dann keine Flucht in Produktionskompensation mehr gestatten wird. Auch individuelle und gesell- schaftliche Selbstwerteinschätzung darf nicht mehr an die ursprüngliche Arbeitsleistung gebunden werden. Selbstbewußtsein, Anerkennung wird man sich aus anderen Quellen zumindest ebenso holen müssen. Die Arbeitslosigkeit und ihre sozialen und individuellen Probleme bereiten im Negativen den Boden für diese Umstellung. Auch wenn immer wieder verniedlichend argumentiert wird, daß Automation wiederum viel neue, differenzierte Arbeitsplätze her- vorbringt, so stimmt dies einmal nicht, weil sicher die Rationalisierung voranschreitet, zum anderen geht es gar nicht mehr um diese Arbeit allein. Selbst wenn neue Tätigkeiten auftreten, so werden sie auch im Sinne der oben genannten "inneren Expansion" einen ganz anderen Bedeutungscharakter haben. 5. APHORISMEN Mikroprozessoren bringen eine weitere "Abstraktionsebene" in die Arbeitspro- zesse hinein. Gegenüber Abstraktem gibt es auf Grund von Unanschaulichkeit, Ungreifbarkeit etc. viel Angst und Abwehr. Wie schaffen wir die "Gewöhnung" 21 -
an diese Abstraktion? Es besteht die Gefahr, sie Experten allein zu überlas- sen, also solchen, die in der Abstraktion "aufgewachsen" sind, dafür aber den "Sinn" für anderes verloren haben. Unsinnliche Arbeitsprozesse widersprechen einem Jahrtausende gebildeten Bild von Arbeit. Menschen haben Maschinen immer schon "biomorphisiert". Ein besonderes Beispiel ist das Auto, das, betrachtet man die Sprachwendungen um es herum, wie ein Lebewesen verstanden wird. Früher wurden alle Prozesse auf Dinge der Natur, die unbegriffen und unhandhabbar waren, "vergöttlicht" und damit anthropomorphisiert. Es handelt sich wohl auch heute um "Beschwörungsfor- meln", die uns unseren Maschinen "gnädig" stimmen sollen. In der Biomor- phisierung von Maschinen versuchen wir Einfluß zu bekommen auf Zusammen- hänge, die uns längst entzogen sind. Der Computer mit seinem differenzierten und unsichtbaren Eigenleben verführt aus doppeltem Grund zu dieser Analogie- bildung: erstens hat er ein "Eigen-Leben", eine "innere Vernünftigkeit", und zweitens ist er noch schwerer als alle anderen Maschinen für den Laien zu verstehen. Die Ausgeliefertheit an Experten bzw. an Leute an Informationsschlüsselstellen muß zutiefst beunruhigen. Es wird sogar eine neue Kastenbildung gefürchtet; man kann hier dann drei Stände unterscheiden: die technisch-mathematischen Experten, die Informationsbesitzer und die "Laien". Überhaupt wird gesell- schaftliche Macht mehr durch Informationsteilhabe (bzw. Besitz) als durch persönliches Eingreifen oder Amtsprestige ausgewiesen werden. Die völlige Veränderung von Arbeit und Arbeitsorganisation wird die bisherige teils vorhandene, teils immer noch erwünschte "Arbeiterklasse" auflösen. Die gegenwärtigen Streiks um die 35 Stundenwoche geraten zum Zeichen letzter "Aufbäumung". - 22 -
Die Freizeit wird von ihrem Reproduktionsanteil entlastet und dient immer weniger der Rekreation für Arbeitsleistungen. Sie wird außerdem länger und wird lernen müssen, "auf eigenen Füßen" zu stehen. Eine derart "autonome" Freizeit gab es in der Geschichte noch nicht. Antriebs- und Energieüber- schüsse bedürfen individueller und kollektiver Kontrolle und Steuerung. Damit fällt auch die Zeit der bloßen Individualisierung von Freizeit; ihre Konstitution und Organisation muß zu einem öffentlichen Anliegen werden, das sich nicht mehr bloß auf Konsumtion verlassen darf. Neue soziale Zusammenlebensformen müssen gefunden werden (im Positiven: ein Bereich für viele erträumte Möglichkeiten des Menschen). Liegt nicht in der "Speicherung" eine noch nie dagewesene "Fest-Legung" und "Fest-Stellung" des Menschen? Sind die gespeicherten Informationen nicht tatsächlich die endgültige Interpretation von Geschichte? Wo organisiert sich Widerstand und Interpretationsfreiheit? Die Komplexität unserer Organisation ist nur zu bewältigen, wenn das Infor- mationsproblem besser gelöst wird. Dieses muß entindividualisiert werden, herausgenommen aus den Zu- und Anfälligkeiten subjektiver Existenz. In Informationsvorbehalten, -Unterschlagungen, -monopolisierungen werden heute viele unzutreffende "Einzelentscheidungen" getroffen. Diese halten zwar Macht und Hierarchie aufrecht, sind aber nicht mehr für problemadäquate Lösungen tauglich. Ich erwarte mir daher, daß der Computer einerseits irrationale Machtverhältnisse hintanhält, andererseits durch angebotene Informationsfülle Team- und Gruppenentscheidungen unterstützen und forcieren wird. Skeptisch sind wir, was die computergesteuerte Sicherheit anlang. Wir spra- chen vorhin schon vom Regreß ins Unendliche: wo ist der "Endcomputer", der - 23
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