Restrukturierung, Insolvenz & Neuanfang
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Inhalt 4 Restrukturierung in der medialen Hysterie „Ohne Worte“ Bei Restrukturierungen dominiert die Angst vor der öffentlichen Arena – mit fatalen Folgen für den inneren Zusammenhalt des Unternehmens von Peter Mentner 7 Rollenmodell CEO von Egbert Deekeling 8 Führung vor der Zerreißprobe Führungskräfte, vor allem die aus den mittleren Ebenen, Einsparpotenziale, Synergieeffekte, Optimierungshebel, Kostenvorteile. Wenn der bilden das Epizentrum der Restrukturierung Bleistift im Unternehmen gespitzt wird, bleiben Sprache und Erklärung oft auf der von Natascha Kunath und Kristina Haaf Strecke. Man setzt darauf, dass die Situation aus Angst erduldet und keine weitere Erklärung notwendig wird. Am Ende müssen die einen gehen. Und die anderen 12 High Noon sind froh, dass sie bleiben dürfen. Wozu also reden? Im eskalierenden Streit zwischen Unternehmen und Mitbestimmung kommt es immer auch zum Kommunikationsduell Warum ist das so? Warum verschlägt‘s gerade dann die Sprache, wenn die Fra- von Lutz Zimmermann gezeichen am größten sind? Warum setzt man nicht im Gegenteil gerade in der Ausnahmesituation auf Bindung und Kommunikation, um Vertrauen und Zuver- sicht zu stiften? Warum nutzt man nicht Kommunikation, um die entscheidende 16 Wenn der Bürgermeister kommt Phase des Unternehmens erfolgreich zu meistern und den Weg für die Zukunft zu Wo ein Unternehmen der Platzhirsch ist, Arbeitgeber und bereiten? Identitätsstifter einer Gemeinde oder gesamten Region, da herrschen eigene Gesetze der Meinungsbildung von Heiner Reiners Kommunikation kann das tatsächlich. Kommunikation kann Zuversicht verbrei- ten. Kommunikation kann wichtige Führungskräfte halten. Kommunikation kann auch in heiklen Phasen Geschäftsbeziehungen sichern. Kommunikation kann in 19 Gesucht: Der Mut und die Kraft zur Veränderung! der Öffentlichkeit Rückhalt organisieren. Sie kann den Betriebsfrieden sichern, das von Wolfgang Clement Unternehmen führbar halten und aus Konzepten und Strategien eine echte Vor- stellung machen. 20 Restrukturierung – mehr als Zahlen, Recht und Ordnung All das können Restrukturierungskonzepte, Kostenpläne, Personaltableaus, Aufgabe der Kommunikation ist es, Restrukturierungsprojekte Tabellen, Charts und Excellisten nicht. Dieses Themenheft zeigt unterschiedli- in einem geordneten Prozess zu begleiten che Zwänge und Perspektiven von kritischen Unternehmensphasen auf und be- von Peter Mentner und Kristina Haaf leuchtet, wie Kommunikation wirken kann. Es lässt einen Insolvenzverwalter zu Wort kommen – oft der Letzte in der Reihe der Hoffnungsträger. Und Ex-Minister 24 Erfolgsfall Ernstfall: Wolfgang Clement, der den Mut zu echten Veränderungen statt ewigen Optimie- Der Faktor Kommunikation im Insolvenzverfahren rungen einfordert. von Lutz Zimmermann 25 „Wir müssen die Schockstarre lösen“ Peter Mentner Interview mit Insolvenzverwalter Dr. Frank Kebekus 26 Buchempfehlungen 28 Die Künstler dieser Ausgabe Titelbild: Martin Klimas Thomas Allen, Martin Klimas und das Kulturprojekt „Guck mal“ 2 3
Restrukturierung in der medialen Vor diesem Hintergrund reagieren Unternehmen in der Erklärung ihrer Krisen- Hysterie maßnahmen mit den immer gleichen kommunikativen Stereotypen. Eine Floskel- Kommunikation mit Folgen: Als öffentliche Rechtfertigung funktioniert sie noch einigermaßen. Intern allerdings wird sie zum Bumerang und sorgt dafür, dass die Unternehmen jede Unterstützung von Führungskräften und Mitarbeitern verlie- ren und damit massiv den Prozess der Krisenbewältigung oder Restrukturierung gefährden. Bei Restrukturierungen dominiert die Angst vor der öffentlichen Arena – mit fatalen Folgen Einsparung von Sachkosten, Abbau von Überstunden oder das Aufschieben von für den inneren Zusammenhalt des Unternehmens Projekten lassen sich dabei noch relativ leicht erklären – und ernten meist auch intern Verständnis. Spätestens bei der anstehenden Restrukturierung aber steht Peter Mentner von Peter Mentner den Verantwortlichen im Unternehmen der Schweiß auf der Stirn: „Wie sag ich´s Managing Director nur?“ Viele fürchten sich in dieser Situation mehr vor den Medien als vor der bei Deekeling Arndt Advisors Umsetzung der notwendigen Maßnahmen – getrieben von der Angst, öffentlich Schaden zu nehmen und damit Handlungsfähigkeit einzubüßen. Die Konsequenz: Die Gesetze der medialen Auseinandersetzung bestimmen fortan Auftritte und Sprache der Manager und nicht die Frage, wie man Führungskräfte und Beleg- schaft für den schwierigen Kurs gewinnt. So wird der „weiche Faktor“ Kommuni- kation zum harten Misserfolgsfaktor. Die Entstehungsgeschichte des Dilemmas ist immer die gleiche: Während die Journalisten jedes Indiz einer Unternehmensschwäche nach Gehalt und Skan- dalpotenzial sezieren – und das ist ihr Job –, arbeitet man auf Unternehmens- seite am Schutzwall vor medialen Übergriffen: den „Kernbotschaften“ und dem „Fragen- und Antworten-Katalog“, kurz „Q&A“ genannt. Man setzt auf Teflon. Fortan wird die Kommunikation des Unternehmens auf Schablonen reduziert. Die Rhetorik schaltet auf Sprachregelungsmodus, ausgestattet mit dem immer gleichen Begriffspotpourri: „Um erfolgreich am Markt agieren zu können ... “; „Wenn wir uns nicht der Realität des Marktes stellen ...“; „Wir können Arbeitsplätze nur sichern, wenn ...“; „Nur wenn wir profitabel wachsen ...“; „Nur wenn wir uns auf unsere Stärken konzentrieren ...“; „Nur wenn wir unsere Effizienz deutlich steigern ...“; „Nur wenn wir die Kosten in den Griff bekommen ...“; „Damit wir auch in Zukunft ..., sind harte Einschnitte unumgänglich ...“; „Wir werden alle Möglichkeiten ausschöpfen, um ...“ und so weiter und so fort. Diese angstgetriebene Konzentration auf die mediale Konfrontation zeigt schnell ihre Folgen bei Führungskräften und Mitarbeitern und gefährdet damit unmittelbar den Erfolg der Restrukturierung. Denn so aufbereitet wird die Botschaft intern we- der geglaubt noch schafft sie Orientierung oder gar Hoffnung. Sie stiftet weder Sinn Kulturprojekt „Guck mal“ noch fördert sie Gefolgschaft und Akzeptanz für eine entbehrungsreiche Wegstre- cke. Im Gegenteil: Die gestanzten Argumentationen werden als euphemistische, tausendmal gehörte Parolen entlarvt, die der Dokumentation der Zwangslage des Unternehmens dienen. Die Restrukturierung wird zum reinen Überlebenskampf, Der Begriff Tsunami hat sich in den letzten Monaten als Synonym für die Wirtschaftskrise durchgesetzt. Spätestens seit Jah- ohne ernst zu nehmende, selbstbestimmte und gestaltbare Perspektive. resanfang, als Ifo-Chef Hans-Werner Sinn vor der tiefsten Wirtschaftskrise nach dem Krieg warnte, sind wir in Blickkontakt mit der großen Welle. Seitdem ist „die Krise“ das dominierende Dauerthema. Staatliche Konjunkturpakete und Hilfen werden Die Führungskräfte geraten dabei in besondere Not. Was in der Öffentlichkeit viel- eng getaktet verkündet, und bewertet. Der neue Einfluss der Politik auf die Wirtschaft, der alte Keynes täglich zitiert, gepaart leicht noch etwas Schutz bietet, entfaltet bei ihnen seine volle destruktive Kraft: mit immer neuen Prognosen. Und wenn nicht gerade wieder über eine weitere Insolvenz zu berichten ist, tritt wenigstens ein Mit dem medienorientierten „Q&A“ in der Hand wirken sie gegenüber ihren Mit- Minister zurück oder wird über Verstaatlichung debattiert. arbeitern nicht nur hilflos, sie sind es auch. Unfähig, Unsicherheit zu managen, 4 5
Rollenmodell Veränderung zu erklären, Zuversicht zu geben, die Stimmung zu halten und gleich- zeitig das Geschäft nach Plan zu organisieren. Von der Spekulation darüber, ob und inwieweit sie selbst von der Restrukturierung betroffen sind, gar nicht zu reden. CEO Für Unternehmenslenker und ihre Kommunikatoren heißt das: Wenn sie eine Restrukturierung erfolgreich bewältigen wollen, müssen sie deutlich mehr leisten als eine wasserdichte O-Ton-taugliche Legitimation. Sie müssen eine strategische Perspektive aufzeigen, die über die Darstellung von Zahlen, Prozessdaten und Gewinnvoraussetzungen hinausgeht. von Egbert Deekeling Im Klartext: Restrukturierung ohne Strategie- und Sinnvermittlung funktioniert nicht. Denn Restrukturierung ist nie ein isolierter Vorgang, sondern wirft immer Fragen nach dem Geschäftsmodell und der grundsätzlichen Ausrichtung auf. Wie Ob Vorstand, Geschäftsführer oder der Frage: Stimuliert es mein hohes man das nach außen erklärt, ist das eine. Wie Verlautbarungen nach innen wirken, Ressortchef – die Bedeutung der Engagement, wenn ich über wichtige das andere. Deshalb sollten nicht die Gesetze der öffentlichen Meinungsbildung, „großen Chefs” als Rollenmodell für Weichenstellungen oder Überlegungen sondern die Gesetze der internen Diplomatie den Weg von Auftritten und Sprache die Führungskommunikation bedarf aus der Zeitung erfahre? weisen. heutzutage keiner Hervorhebung mehr – außer bei den Topmanagern selber. Mit Sicherheit nicht. Sehr wohl ins- Das ist naiv? Vielleicht aus der Perspektive der Öffentlichkeitsarbeiter. Aus Sicht Denn es ist noch immer keineswegs pirierend und motivierend ist dage- der Unternehmenslenker nicht. Denn wer nicht sicherstellen kann, dass alle Kräfte selbstverständlich, dass sich der CEO gen das persönliche Erleben des CEO im Unternehmen mit Überzeugung den steinigen Weg der Restrukturierung mit- frei macht von seinem mühseligen in seiner Rolle als Erklärer, Lehrer, gehen, wird spätestens nach deren Scheitern seinen medialen Gau erleben, und Tages- und Nachtgeschäft, um aus- Erzieher, denn es schärft das Bewusst- dann wären wir wieder bei der großen Welle. zuüben, was er seiner Meinung nach sein der Führungskräfte für ihre eige- Egbert Deekeling ohnehin schon ausgiebig praktiziert: nen Kommunikationsaufgaben. Die Managing Partner kommunizieren. Er spricht doch mit Botschaft des CEO ist ebenso simpel bei Deekeling Arndt Advisors allen – so seine Wahrnehmung. Mit wie einleuchtend: „Sehen Sie her, ich Vorstands- oder Geschäftsführungs- nehme mir ausreichend Zeit, Sie zu kollegen, mit seinen Stabschefs, mit informieren, mit Ihnen zu sprechen. seinen Führungskräften der zweiten Also erwarte ich, dass auch Sie Zeit Ebene (Executive Calls!), mit seinen investieren, um mit Ihren Mitarbeitern Assistentinnen. Das muss reichen! zu reden.” Ohnehin wird zu viel geredet und Zeit verschwendet. Besser, man kümmert So fungiert der CEO als Rollenmodell. sich um das Wesentliche! Die damit verbundene „Rollenüber- tragung” ist die eigentliche Aufgabe Dabei wird jedoch „Wesentliches” der CEO-Kommunikation in Verän- ignoriert: nämlich der Wirkungszusam- derungsprozessen. Es geht um die menhang zwischen gut informierten, Bestätigung und Bestärkung der Füh- umfassend eingebundenen Führungs- rungsrolle. Die Kommunikations- und kräften und dem Geschäftserfolg. Die- Personalbereiche stimulieren, flan- ser Wirkungszusammenhang scheint kieren, unterstützen diesen Prozess für technokratische Mindsets nicht so – nicht mehr und nicht weniger. Die leicht erkennbar. wirkungsvolle, die eigentliche Change- Kommunikation aber erfolgt über die Dabei genügt ein kleines emphati- Führungskräfte im Unternehmen. Und sches Aha-Erlebnis, um bei den Alpha- in dieser Inszenierung gibt der große Kollegen ein Bewusstsein für Kom- Vorsitzende, der CEO – nimmermüde –, munikationserfordernisse zu schaf- das große Rollenmodell. Kulturprojekt „Guck mal“ > fen – und zwar die Konfrontation mit 6 7
Führung vor der Zerreißprobe von Natascha Kunath und Kristina Haaf Restrukturierung – ein Begriff, der allen Beteiligten schnell klar macht: Es geht um Arbeitsplätze, es geht um Verluste, es geht um Einschnitte und Nachteile. Und vor allem geht es darum, dass ab jetzt niemand mehr sicher sagen kann, was die Zukunft bringen wird. Die Führungskräfte, vor allem die aus den mittleren Ebenen, bilden das Epizentrum der Restrukturierung. Sie sollen am Laufen halten. Das fordern zumindest die Vorstände. Für Führungskräfte ist eine Restrukturierung daher gleichbedeutend mit einer ungewissen Zeit im Schraubstock: Zuerst wird ihnen mitgeteilt, dass ihre eigene Zukunft im Unternehmen in Frage gestellt wird. Und dann geht man von allen Seiten auf sie los. Fordert, bedrängt, macht Druck, stellt Gewissensfragen. Damit Führungskräfte solchen Szenarien standhalten, muss ein Kommunikati- onsprozess in Gang gesetzt werden, der vom Tag der Ankündigung der Restruk- turierung bis zum letzten Tag der Umsetzung für größtmögliche Aufklärung und Transparenz sorgt. Ein umfassendes Coaching gibt den Führungskräften Sicherheit und Rückhalt im Umgang mit den Teams. Klare Ansagen, ehrliche Aussagen Eine gute Kommunikation zum Start der Restrukturierung informiert nicht nur über nüchterne Zahlen und Prozessdaten. Sie erklärt zugleich die Notwendigkeit und die Zielsetzung der Umstrukturierung. Sie begründet die Entscheidung aus dem Markt heraus, vergleicht die Lage des Unternehmens mit der seiner Wettbe- werber und beschreibt die Zukunft des Unternehmens. Außerdem erklärt sie, dass Restrukturierung (und die Kommunikation dazu) immer ein Projekt von Unter- nehmen und Mitbestimmung ist. Martin Klimas 8 9
Schon am ersten Tag nach der Ankündigung von Einschnitten wird klar, ob der Der Coach, dein einziger Freund und Helfer Tag null erfolgreich verlaufen ist oder nicht. Je besser die Führungskräfte infor- miert und gebrieft sind, je klarer ihnen ihre Rolle ist und je sicherer sie sich fühlen, Individuelles Coaching verfolgt das Ziel, größtmögliche Arbeitsfähigkeit für betrof- desto besser gelingt ihnen der Dialog und die Führung der Teams. Im Idealfall fene Führungskräfte und Mitarbeiter in Zeiten des Umbruchs zu erreichen. Das stellt man ihnen schon vor dem Tag null alle Fakten und Sprachregelungen zur Programm ist klar vorgegeben und eingegrenzt. Dieses Vorgehen gibt der Unter- Verfügung und informiert sie in eigens einberufenen Veranstaltungen. Das Topma- nehmensleitung die Sicherheit, dass das Coaching tatsächlich auf die Probleme nagement muss seinen Führungskräften in diesen Veranstaltungen verdeutlichen: in den betroffenen Teams eingeht und nicht etwa zu einer Exitberatung für die „Jetzt schlägt eure Stunde. Ihr seid jeden Tag bei den Mitarbeitern und könnt sie Führungskräfte wird. Natürlich spielen dabei auch die persönlichen Konflikte der motivieren. Es werden harte Wochen werden. Aber wir haben auch das Vertrauen, Führungskräfte eine Rolle – aber im Mittelpunkt steht die Bewältigung des Verän- dass ihr der Situation gewachsen seid.“ derungsprozesses. Am Anfang des Coachings steht die Frage: Was erwarten meine Mitarbeiter von mir? Ausgehend von dieser Frage werden die wesentlichen Aspekte einer Füh- rungsaufgabe besprochen und erarbeitet, wie es um die spezielle Erwartungshal- tung der eigenen Mitarbeiter steht. Im zweiten Part geht es um das Zusammenspiel von Führungskraft und Team beziehungsweise Teammitgliedern untereinander. Konkret: Wer im Team treibt eigentlich und ist Anführer, dem die anderen hinter- herlaufen? Und wer blockiert und versucht, andere für sich zu gewinnen? Wer ist unsicher und anfällig für Treiber oder Blockierer? Das im Rahmen einer Netzwerk- analyse festzustellen, ist die halbe Miete. Inhalte von weiteren Coachingterminen sind – je nach Stand der Restrukturierung – die Vorbereitung von Trennungsgesprächen, die Definition von Führungsvorha- Natascha Kunath ben oder des Rollenverhältnisses in der neuen Aufstellung sowie die Klärung von Director bei ganz individuellen Problemstellungen. Deekeling Arndt Advisors Treiben oder treiben lassen? Restrukturierung bedeutet Führung ohne Netz und doppelten Boden – wenn Unternehmenskommunikation und Human Resources die Führungskräfte da- mit allein lassen. Kein Problem für die wenigen Führungsprofis, doch der großen Mehrheit ist mit einer gelungenen Kommunikation zum Start mehr geholfen, die Verständnis und Klarheit über die Fakten schafft. Und mit einem Coaching-Pro- gramm, das den Führungskräften im Arbeitsalltag wertvolle Unterstützung bietet. Martin Klimas So versetzt man Führungskräfte in die Lage, den Prozess zu treiben, statt sich von ihm treiben zu lassen. Das Problem: Kaum eine Führungskraft ist zum Kommunikator schlechter Kristina Haaf Nachrichten geboren. Selbst mit den besten Sprachregelungen gelingt es nicht Head of Content Development jedem, ein Team so über die anstehenden Veränderungen zu informieren, dass die bei Deekeling Arndt Advisors Mitarbeiter danach konzentriert weiterarbeiten. Wieder andere schätzen die Fähigkeit ihres Teams falsch ein, in der persönlichen Extremsituation Kunden und Geschäftspartnern gegenüber souverän zu agieren. Hinzu kommt die persönliche, relativ einsame Lage. Die wenigsten Führungskräf- te können ihre eigenen Ängste einfach beiseiteschieben, sind von den Aussagen der Unternehmensleitung überzeugt oder haben eine klare Vorstellung davon, wie lange solche Prozesse dauern. Und weil auch sie selbst erst nach Verabschiedung des Sozialplans erfahren, ob sie an Bord bleiben oder nicht, verbünden sie sich eher selten mit ihren Kollegen auf gleicher Ebene. 10 11
High Noon So was kann ein Gesamtmetall-Präsident natürlich nicht unkommentiert stehen lassen. Martin Kannegiesser: „Da muss die Gewerkschaft gar nicht mit solch Im eskalierenden Streit zwischen Unternehmen und Mitbestimmung verblasenen Begriffen kommen.“ Und: „Die IG Metall hat nicht alle Tassen im kommt es immer auch zum Kommunikationsduell Schrank.“ Wenn es zwischen Unternehmensleitung und Mitbestimmung hart auf hart kommt, von Lutz Zimmermann läuten bei den Kommunikationsexperten die Alarmglocken. Es gibt viele Hundert Beispiele, in denen Unternehmen und Mitbestimmung konstruktive Zusammen- arbeit pflegen mit besten Ergebnissen für Belegschaft und Unternehmen. Die RAG Deutsche Steinkohle etwa oder die Deutsche Bahn AG sind dafür gute Vorbilder. Sanierungs- und Modernisierungsprozesse wurden und werden hier über Jahre hinweg in zielführendem Dialog gestaltet. So soll es sein! Doch immer wieder gibt es eben auch solche Fälle, in denen die Fronten komplett verhärten. Das Dilemma: Selten ist strategische und taktische Planung von Kommunikation für die Unternehmensleitung so wichtig wie in einer eskalie- renden Auseinandersetzung mit der Mitbestimmung. Denn nie steht die Loyalität der Belegschaft zum Unternehmen mehr auf dem Spiel als in Phasen, in denen es um die Mitarbeiter, ihre Zukunft, ihre Arbeitsplätze oder ihr Geld geht. Doch gibt es gleichzeitig kaum Phasen, in denen den Kommunikationsakteuren so sehr die Hände gebunden sind. Scheinbar. Was also tun, wenn die Medien scheinbar verrückt spielen und die Auseinan- dersetzung von Unternehmen und Mitbestimmung öffentlich inszenieren? Was tun, wenn alle Inhalte und Argumente zerpflückt und von Emotionen überlagert werden? Drei Faktoren müssen strategisch und taktisch geplant werden, wenn Kommunikation ihrer Rolle als Erfolgstreiber in der Auseinandersetzung mit der Mitbestimmung gerecht werden will. 1. Der Faktor Strukturen und Prozesse So wenig differenziert Argumentation und Rhetorik der Mitbestimmungsseite oft daherkommen, so intelligent ist ihre Strategie, so wirkungsvoll ihre Instrumente. Betriebsräte und Gewerkschaften verfügen häufig über brillante Kommunikati- onsstrukturen, über kaskadische Informations- und Briefingkanäle innerhalb und außerhalb des Unternehmens, die in kürzester Zeit aktiviert und befüllt werden können. Das Bild der Internen Kommunikation dagegen ist oft ernüchternd: ihre Thomas Allen klassischen Kommunikationskanäle zu langsam, die Führungskaskade nicht ein- geübt, Ad-hoc-Informationskanäle nicht existent. In der Metallindustrie beherrschen sie das Vokabular der zugespitzten Auseinandersetzung: „Die Menschen, die nichts mit Der Faktor Strukturen und Prozesse ist mithin das erste dringende Handlungsfeld. dem Casinokapitalismus zu tun haben, sollen jetzt die Zeche zahlen“, machte IG-Metall-Vize Detlef Wetzel Ende Oktober Leitfrage: Wie können wir verhindern, dass die Mitbestimmung intern die Mei- 2008 Stimmung. Wenige Tage später legte Verhandlungsführer Armin Schild nach: „Wenn die Warnung nicht gehört wird, nungsbildung komplett übernimmt? Der in den meisten Fällen wichtigste Hebel kommt die nächste Eskalationsstufe.“ Und Berthold Huber, Vorsitzender der IG Metall: „Die Töne werden noch härter wer- dabei sind die Führungskräfte. Denn die Kaskade ist oft der einzige Weg, über die den.“ Oder: „Wer die Beschäftigten traktiert, wird von uns auch traktiert.“ man seine Belegschaft schnell, unmittelbar und ungefiltert erreicht. 12 13
2. Der Faktor Zeit Das Unternehmen seinerseits kann mit solcherlei Kommunikationstaktik natürlich nicht arbeiten. Es ist inhaltlich und auch in den Bildern deutlich bescheidener aus- In den meisten Fällen spielt die Zeit gegen das Unternehmen. Jeder Tag, der ohne gestattet. Im Falle eines Stellenabbaus etwa hat es meist nur eine einzige Botschaft: Einigung oder Entscheidung vergeht, ist ein Tag, der den Eindruck von Plan- oder „Um für die Zukunft wettbewerbsfähig zu sein, kommen wir nicht umhin …“ Führungslosigkeit nährt und Raum für Gerüchte und Unterstellungen liefert. So richtig diese Argumentation sein mag, sie verfängt unmöglich über die kom- Bleiben diese unkommentiert, werden daraus in der Wahrnehmung der Mitarbei- plette Dauer einer Auseinandersetzung mit der Mitbestimmung. Zumal die interne ter Pläne und Fakten. Meinungsbildung eben auch in der Öffentlichkeit erfolgt. Was die Planungen zusätzlich erschwert: Niemand weiß, wie lange die Auseinan- Genau darauf muss sich die Unternehmenskommunikation intensiv vorbereiten. dersetzung dauert. Umso wichtiger ist es, sich auf einen möglichst langen Zeitraum Die Kunst der Unternehmenskommunikation besteht hier darin, ähnlich konkret vorzubereiten und sich einen Themenplan zurechtzulegen, mit dem man „über die und nah am Empfinden und der Wahrnehmung der Menschen zu argumentieren, Zeit kommt“. Dabei geht es nicht darum, zur Sache zu kommunizieren, sondern wie es die Mitbestimmungsseite tut. Dieser eine Satz „Um für die Zukunft wett- zum Kontext der Sache. bewerbsfähig zu sein, kommen wir nicht umhin …“ muss aus unterschiedlichen Perspektiven ( Mitarbeiter, Kunden, Standort etc. ) zu erzählen sein, in Marktvergleichen plausibel werden, in Alternativen durchgespielt werden, in plakativen Zukunftsszenarien ( positiv wie negativ ) vorstellbar werden, mit authentischen Beispielen hinterlegt werden Lutz Zimmermann ( medientaugliche Storys), Managing Partner bei Deekeling Arndt Advisors in eine einfache, klare Sprache gebracht werden. Aus dieser Vorarbeit müssen die Kommunikatoren nun einen Themen-/Storypool erarbeiten, aus dem man sich je nach Meinungslage für die interne und externe Kommunikation bedient. Nur eine Unternehmenskommunikation, die sich so vorbereitet auf den Aus- nahmezustand, ist der Mitbestimmungsseite in der Meinungsbildung fast immer einen Schritt voraus. Sie bestimmt, wann Ruhe herrscht und wann Eskalation angesagt ist. Thomas Allen Der Königsweg ist freilich ein anderer: Die erfolgreichsten Veränderungsprozesse 3. Der Faktor Inhalte finden sich dort, wo Unternehmen und Mitbestimmung gemeinsam gestalten und kommunizieren. Bei einer eskalierenden Auseinandersetzung hat die Mitbestimmung immer die besseren Inhalte. Sie redet über Sozialabbau, über Managementfehler, über Ab- zocke und Ungerechtigkeit. Und ihr Vokabular ist klar und hart: Streik, Ausstand, Urabstimmung, Solidarität – das sind Begriffe von beispielloser Unmissverständ- lichkeit. Doch die Mitbestimmung liefert nicht nur das Vokabular, sie liefert auch die Bilder: von Demonstranten, von wehenden Gewerkschaftsfahnen, Protagonis- ten mit Megafon oder dem Fuhrpark des Vorstands. 14 15
Wenn der Bürgermeister kommt von Heiner Reiners Wo ein Unternehmen der Platzhirsch ist, Arbeitgeber und Identitätsstifter einer Gemeinde oder gesamten Region, da herrschen eigene Gesetze der Meinungs- bildung. Im engen Raum des unmittelbaren Wirkungskreises steckt ungeahnte Sprengkraft. Steht die Zukunft des Unternehmens dann auf dem Spiel, tauchen immer wieder dieselben Phänomene auf. 1. Das ist keine Angelegenheit 2. Unternehmerische Argumente der Firma! zählen wenig! Beim regionalen Platzhirsch gilt: Was Geredet wird allerdings nicht über das er macht, geht uns alle an. Ein solches, eigentliche unternehmerische Prob- die Region prägendes Unternehmen lem. Es geht dann um Verantwortung, hat nie Angelegenheiten, die nur seine um Schicksale, um Integrität, um Mo- Angelegenheiten sind. Die Angele- ral. Historie wird bemüht, große Ges- genheiten eines solchen Unterneh- ten und Symbole suchen den Applaus mens sind grundsätzlich Allgemeingut, des empörten Publikums. Der unter- sprich gesellschaftlicher oder politi- nehmerische Ernstfall – wir verdienen scher Natur. Und damit ist es auch nur weniger als wir brauchen – steht kaum recht und billig, wenn sich der Bürger- zur Debatte. Viele gestehen dem meister sofort einmischt. Und das wird Unternehmen nicht einmal zu, Geld er tun, egal ob bald Wahlen anstehen zu verdienen oder gar Gewinn zu oder nicht. Man verlangt es von ihm, machen. Denn in erster Linie wird es wie man von Regierenden in Land und als ein Teil der regionalen Gesellschaft Bund erwartet, dass sie sich am Ort der gesehen, als Corporate Citizen. Katastrophe (hemdsärmelig und ohne Schlips) sehen lassen. Und wenn der In einem großen Konzern kann man Bürgermeister kommt, dann kommen leichter über große Zahlen sprechen. auch all die anderen Würdenträger aus 1.000 Stellen, die gestrichen werden Stadt und Region und reden mit. müssen, sind dort erst einmal 1.000 Thomas Allen 16 17
Stellen. Die 1.000 Menschen dahinter der Führungsriege und gefährdet im verschwimmen allzu oft in der Größe, Kern die Führbarkeit des Unterneh- Gesucht: Der Mut und die Kraft zur Veränderung! Überregionalität und Unfassbarkeit des mens. global agierenden Konzerns. Hundert Stellen des regional verwurzelten Un- Das ist der Unterschied zwischen gro- ternehmens aber sind hundert konkrete ßen Konzernen und mittelständischen Gesichter „aus unserer Stadt“. Anders Unternehmen. Große Konzerne haben als der große Konzern kann das klein- es im Ernstfall leichter: Die sie beur- von Wolfgang Clement oder mittelständische, regional unter teilenden Medien oder Analysten Beobachtung stehende Unternehmen haben täglich mit „Downsizing“ zu tun nicht auf die stringente unterneh- und sie bewerten meist mit einer ver- Deutschland in kritischer Zeit. Viele Menschen sind verunsichert. So viele Arbeitnehmer merische Argumentation setzen: Der gleichsweise emotionslosen Distanz. wie nie zuvor sind schon „in Kurzarbeit“, immer mehr fürchten um ihren Job. Die alltägli- konsequente Sanierungskurs, den die Die Konzerne selbst wiederum sind chen Meldungen und Meinungen der Wirtschaftsexperten verbreiten Angst und Schrecken Börse bei einem Großkonzern hono- für den Ernstfall gerüstet. Es gibt ge- statt Orientierung zu geben. Prognosen, die sich zwischen minus zwei und minus sechs riert, wird beim Mittelständler als Ver- nügend Truppen, die sich kümmern – Prozent „Wachstum“ bewegen, die gab es noch nie in unserer Nachkriegsgeschichte. rat an der eigenen Geschichte und der Kommunikatoren, Juristen etc. – und Region interpretiert. dafür sorgen, dass die Unternehmens- Doch wir wissen: In jeder Krise stecken auch Chancen, die ergriffen sein wollen. Dazu führung weiter ihren Job machen kann. gehört, sich auf die eigenen Kräfte und Möglichkeiten zu besinnen und die Fesseln zu 3. Die spinnen, die Medien! Die Geschäfte können im Hintergrund zerreißen, die wir uns über die Zeit selbst angelegt haben. Denn ich bin meiner Sache Wenn es kriselt, stehen sie auf einmal relativ problemlos weiter betrieben sicher: Hätten wir früher dafür gesorgt, all die ideologischen, politischen oder administrati- unangemeldet mit der Kamera vor dem werden. Der Vorstand des Mittelständ- ven Bremsklötze zur Seite zu räumen, die heute private Initiativen und privatwirtschaftliche Wolfgang Clement Werkstor, recherchieren in den Gassen lers dagegen ist im Ernstfall komplett Investitionen behindern, wir könnten uns vieles aus den gewaltigen staatlichen Konjunk- Ehemaliger Ministerpräsident der Stadt, kramen die Bilder aus der in Beschlag genommen: als Krisenma- turprogrammen sparen. des Landes NRW und guten alten Zeit hervor und stellen un- nager, als Öffentlichkeitsarbeiter, als Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit a.D. angenehme Fragen. Viele mittelständi- Diplomat. Für das Unternehmen bleibt Man wartet immer auf einen Befreiungsschlag gegen die überbordende Bürokratie, die die sche Unternehmen sind auf diese Situ- keine Zeit mehr. So wird der kommu- Heiner Reiners Unternehmen unseres Landes jährlich knapp 50 Milliarden Euro kostet. Aber wer hat end- ation nicht vorbereitet. Sie kennen sie nikative gleichzeitig zum unternehme- Managing Director lich den Mut und die Kraft dazu? Wer schafft die dringend notwendige Beschleunigung einfach nicht. Vor allem sind sie nicht rischen Ernstfall. bei Deekeling Arndt Advisors von Genehmigungsverfahren? Ist es nicht doch an der Zeit, es dem amerikanischen Prä- gewappnet für die Skandalisierung und sidenten gleich zu tun und die verantwortungsbewussten Stammzellforscher im Lande zu Dynamisierung durch Twitter, 1414, fördern und die grüne Gentechnologie, die für die Bekämpfung des Hungers auf der Welt YouTube oder andere Medienformate so wichtig ist, nicht länger zu brandmarken? Was ist mit den Milliardeninvestitionen in den und Verbreitungswege im Internet. Sie deutschen Kraftwerkspark, die zur Stunde auf Eis liegen? Sollten wir nicht doch auch die sorgen dafür, dass das eben noch re- Atomoption offenhalten, statt allein auf die regenerativen Energiequellen zu setzen? Ich gional begrenzte Thema verkürzt und bin überzeugt: So käme rasch mehr zusammen als all das, was uns derzeit im Kampf gegen zugespitzt überregional verbreitet wird. die Herausforderungen der Rezession teuer zu stehen kommt. Egal, ob als Story für sich oder als Beleg für grassierende Unmoral – spätestens Aber den Mut und die Kraft umzudenken und umzusteuern, wünscht man sich nicht nur jetzt gleitet die Meinungsbildung aus von der Politik. Auch Unternehmer und Manager sind gefordert, Geschäftsmodelle und der Hand, wenn die gesamte Kommu- Strategien zu überprüfen, wo dies fällig ist. Banken etwa, die sich in fremde Finanzwel- nikation im Vorfeld nicht bis ins Detail ten verrannt und von ihren Kunden entfernt haben, oder Industriekonzerne, die ihr durchgeplant war. Augenmerk mehr auf den Kapitalmarkt denn auf ihre ureigenen Stärken gelegt und darüber Chancen verspielt haben. Dem Krisenreflex der Kostenreduktion nachzugeben ist verständ- Das alles wäre zu verkraften – schließ- lich und nicht selten auch geboten. Aber dieser Reflex hilft allenfalls in der akuten Not, auf die lich zieht der mediale Sturm irgend- Dauer hat er noch kein Unternehmen marktüberlegen gemacht. wann vorüber. Allerdings ist der Sturm keiner, der nur die Unternehmenskom- Der starke Staat braucht nicht immer mehr Regulierungen „von oben“. Vor allem anderen munikation erfasst. Er legt vielmehr braucht er starke, aktive, selbstbewusste Bürger und mutige, veränderungswillige und ver- das gesamte Unternehmen lahm, ver- antwortungsfähige Unternehmer. Auf genau die sind wir angewiesen, gesellschaftlich wie langt die komplette Aufmerksamkeit volkswirtschaftlich. Und zwar gerade in dieser herausfordernden Zeit! 18 19
Restrukturierung – zum Erhalt und zur Zukunftsfähigkeit des Unternehmens leisten. Für diejenigen, die das Unternehmen verlassen, ist die Restrukturierung immer schmerzhaft und stellt eine existenzielle Bedrohung dar. Diejenigen jedoch, die bleiben, erhal- ten ihre Loyalität aufrecht und tragen weiterhin zur Umsetzung der unternehme- rischen Idee bei. mehr als Zahlen, Recht und Ordnung In der Praxis heißt das: Damit eine Restrukturierung erfolgreich ist, muss die Kommunikation vier Aufgaben erfüllen. von Peter Mentner und Kristina Haaf Sicherer Prozess Restrukturierung verursacht Unsicherheit und Nervosität, es kommt zu Kurz- Minus 20 Prozent Sachkosten, minus 20 Prozent Personalkosten – so die Ziel- schlussreaktionen statt zu durchdachten Entscheidungen. Mit einem sicheren setzung eines gängigen Restrukturierungsprojekts. Selbstverständlich soll der Kommunikationsprozess, der allen rechtlichen und inhaltlichen Vorgaben ent- Stellenabbau sozialverträglich ablaufen: Ruhestandsregelungen, Abfindungen für spricht und der die Anforderungen aller Anspruchsgruppen berücksichtigt, Freiwillige, eine Auffanggesellschaft; betriebsbedingte Kündigungen nur im Not- signalisiert das Unternehmen: alles unter Kontrolle, alles stabil. Das Kommuni- fall. Projektdauer: drei, sechs oder zwölf Monate, je nach Umfang und Komplexität. kationsteam sorgt für die Vernetzung aller Beteiligten und unterstützt das Top- Alles ist sauber berechnet, im Ablauf präzise geplant und juristisch wasserdicht. management im Dialog mit der betrieblichen Mitbestimmung, der Presse und Das Projekt kann starten und verkündet werden: klar, logisch und zwingend. Auf- der Politik. gabe der Kommunikation ist es, das Projekt in einem geordneten Prozess zu be- gleiten und einer möglichen negativen Berichterstattung in den Medien vorzubeu- gen oder sie anzuwenden. Letztlich ein technisch-aseptischer Prozess, an dessen Ende wieder ein kraftvolles Unternehmen stehen soll. Bei Restrukturierungen geht es um Zahlen, Organisation und Recht. Das muss so sein. Das Unternehmen soll sich wieder rechnen und muss sicherstellen, dass das „Sichrechnen“ auch organisatorisch und rechtlich umzusetzen ist. Der fatale Fehler: Bei Restrukturierungen reduzieren sich Unternehmen in ihrer Selbstwahr- Mehrwert durch Kommunikation nehmung und Daseinsberechtigung auf diese betriebswirtschaftlichen Faktoren. Sie verlieren aus dem Blick, welche unternehmerische Idee dem Unternehmen zugrunde liegt und was es im Inneren zusammenhält. Im normalen Arbeitsalltag Zahlen- sprechen Menschen mit Menschen. In der Ausnahmesituation Restrukturierung Situation Überforderung orientierung Irritation Spekulation trifft die Kennzahl auf den Produktionsfaktor. Die Wahrnehmung: Das Unterneh- men entwertet sich selbst und seine Führungskräfte und Mitarbeiter. Für diese wird die Restrukturierung zum Selbstzweck, mit gravierendem Schaden für das Unternehmen. Die zu Produktionsfaktoren Degradierten lehnen sich auf gegen Sicherer Echte Stabile Starke die Quelle des Unheils und der Missachtung: das Restrukturierungsprojekt. Sie Erfolgsfaktor Prozess Perspektive Führung Reputation stellen nicht nur die Rationalität des Projektes infrage, sondern unterwandern und verwässern es, wo sie nur können. Ihre Motive sind klar und legitim. Sie wehren sich gegen ihre Entwertung und kämpfen für den Erhalt „ihres Unternehmens“. Gerät ein Unternehmen in dieses Fahrwasser, wird es das Ziel der Restrukturie- rung logischer Weise verfehlen. Bild von der Motivation Steuerung und Leistung Vermittlung unternehmerischen und Handlungs- Meinungsbildung Idee fähigkeit Lässt sich eine solche Entwicklung verhindern? Ja, und zwar mit der richtigen Kommunikation; einer Kommunikation, die den Sinn und die Strategie des Unternehmens vermittelt und in Beziehung zur Restrukturierung setzt. Restruktu- rierungskommunikation muss sinnstiftend sein. Im Klartext: Sie erklärt die Aufga- be des Unternehmens und welchen Beitrag der Einzelne und die Restrukturierung 20 21
Echte Perspektive nisse und platziert sie in den Medien, bindet Politik und gesellschaftliche Vertre- ter ein, stabilisiert die Beziehungen zu den Geschäftspartnern und organisiert die Um die Belegschaft für die Ziele eines Restrukturierungsprojekts zu gewinnen und Vorstandskommunikation gegenüber den Gremien und der Belegschaft – auf der um den Medien ein tragfähiges Motiv zu liefern, braucht es die unternehmerische Grundlage eines Sets an klaren, verbindlichen und sinnhaften Botschaften. Idee. Diese muss so formuliert sein, dass sie für alle Beteiligten vorstellbar ist, ein inneres Bild erzeugt. Auf dieses Bild müssen sich alle Beteiligten beziehen können: Sicherer Prozess, echte Perspektive, stabile Führung, starke Reputation – vier bedeutend genug, um dafür auch Opfer zu bringen. Aufgabe der Kommunikation Faktoren, die auch darüber entscheiden, ob sich ein Unternehmen am Ende wieder ist es, dieses Bild in die langfristige unternehmerische Geschichte einzubetten und rechnet und in der Lage ist, seine Zukunft zu gestalten. die Belegschaft darauf einzuschwören. So gewinnt jede Führungskraft und jeder Mitarbeiter eine Vorstellung vom Sinn des Unternehmens, von der Restrukturie- rung und vom eigenen Beitrag. Kommunikation im Projektverlauf der Restrukturierung Stabile Führung Das typische Phänomen: An dem Tag, an dem die Restrukturierung angekün- digt wird, stellen die Führungskräfte ihren ungeschriebenen Loyalitätskontrakt in Was passiert Was zu tun ist Worauf es ankommt Frage. Findet die Kommunikation mit Inhalt und Sprache keinen Anschluss an die Führungskräfte als denkende, fühlende Menschen, kündigen sie den Kontrakt 1 . Projektbüro: Infrastruktur, Besetzung . Inhalte: Restrukturierung mit Sinn auf, entziehen sich ihrem Auftrag und solidarisieren sich mit ihren Mitarbeitern . Bestandsaufnahme Kommunikations- und Strategie des Unternehmens in Beziehung setzen gegen den Vorstand. Die Restrukturierung gerät in Gefahr. Die Maxime für den strukturen und -kanäle . Prozesssicherheit: Kommunikation, . „Gefechtslage“, Szenarien, Strategie Vorstand: Loyalität erhalten, die Handlungsfähigkeit sichern. Der Beitrag der Erarbeitung des Konzepts die rechtlichen, strategischen und . Inhalte: Kernbotschaften, Q&A taktischen Anforderungen genügt Kommunikation: zusätzliche Auftritte und Foren schaffen, in denen das Topma- der Restrukturierung . Dramaturgie, Ablaufplanung nagement seine Führungsstärke demonstrieren kann. Hier gibt der Vorstand seiner Führungsmannschaft Rückendeckung – und die Rückversicherung, dass die alten Regeln und Loyalitäten auch in der Ausnahmesituation gelten. Damit erhalten die . Interne Kommunikationskaskade: . Hohe Disziplin, enge Taktung Führungskräfte einen Orientierungspunkt, von dem aus sie die Restrukturierung 2 Gremien- und Führungskräfte- . Interpretation des Vorhabens durch vorantreiben und gleichzeitig das Tagesgeschäft stabil halten können. Zudem soll- information, Mitarbeiterversammlung, Unternehmensführung Zielgrößen und Intranet-Information, Aushänge te die Kommunikation die Führungskräfte im Arbeitsalltag mit Kommunikations- Maßnahmen . Externe Kommunikation: . Mittlere Führungsebene stärken . Boden bereiten für Verhandlungen material, gegebenenfalls auch mit Coaching dabei unterstützen, gegenüber den der Restrukturierung Hintergrundgespräche Politik, Presse- mit Mitbestimmung information (PM, PK, Einzelgespräche) Mitarbeitern als Botschafter und Vertreter der Geschäftsführung aufzutreten und liegen vor . Weichen stellen: Logik der Geschichte in den Medien verankern Vorbild zu sein, trotz der Ungewissheit über das eigene berufliche Schicksal. . Themenmanagement und Themen- . Keine Kommunikation zur 3 Starke Reputation setting intern und extern (zum Bezugsrahmen der Restrukturierung) geplanten Zielorganisation . Drohendes Kommunikations- und . Vernetzung und Hintergrundgespräche Führungsvakuum durch Prozess- Mit der Ankündigung einer Restrukturierung beginnen üblicherweise die Spe- Verhandlungen mit mit Anspruchsgruppen informationen füllen der Mitbestimmung laufen . Kommunikation nach innen kulationen und Gerüchte. Alle Beteiligten stehen unter großer Anspannung. Oft über externe Medien . Mantra von Notwendigkeit fehlt die kritische Distanz, und dann wird falsch eingeschätzt: Welche Nachricht ist und Nutzen des Vorhabens morgen schon wieder vergessen? Und welche entfaltet erst übermorgen ihre volle Sprengkraft? Hier gilt es, Ruhe zu bewahren. Lässt sich die Geschäftsführung aus . Kernbotschaften zu Interessen- . Schulterschluss mit Betriebsrat 4 dem Konzept bringen und liefert sie keine tragfähige Interpretation der Sachlage, ausgleich und Sozialplan und Ausblick öffentlich inszenieren . Dramaturgie, Ablaufplanung . Führung beweisen: Topmanagement erklären Betriebsräte und Journalisten den Kunden und Geschäftspartnern, wie Sozialplan und an vorderster Kommunikationsfront, die Dinge stehen. Hier kommt es darauf an, in der öffentlichen Wahrnehmung ein Interessenausgleich intern und extern . Führungskräfte im Konflikt zwischen starkes Profil des Unternehmens und seiner Führung zu verankern, Meinung zu stehen fest persönlicher Betroffenheit und Vorbild- machen und so Unterstützung für das Unternehmen zu sichern. Kommunikation funktion entlasten . Mitarbeiterperspektive in den schafft Meinungsbildung, indem sie relevante Anspruchsgruppen und Akteure Vordergrund rücken aus Politik, Medien, Wirtschaft und Gesellschaft identifiziert und das Restruktu- rierungsprojekt für sie interpretiert. Kommunikation gewichtet Themen und Ereig- 22 23
Erfolgsfall Ernstfall: „Wir müssen die Der Faktor Kommunikation im Insolvenzverfahren Schockstarre von Lutz Zimmermann lösen“ Interview mit Insolvenzverwalter Dr. Frank Kebekus Kommunikation im Ernstfall der Insolvenz ist ein Kinder- der Fokus intern auf ein vorstellbares Zukunftsbild des Sind Sie ein guter Kommunikator, gen. Ein Insolvenzverfahren bedeutet Rettung und Zukunft der Unterneh- spiel. Jedem ist bewusst, dass es Einschnitte geben muss, alle Unternehmens gerichtet sein. Das gelingt freilich nur, Herr Dr. Kebekus? mehrere Wochen akute Unruhe und men außer Kontrolle gerät und unsere hoffen auf die Rettung. Deshalb muss man nicht lange um wenn man das bekante, kalte Konzeptvokabular verlässt: Ich kann Informationsbedürfnisse be- Unsicherheit. In dieser Situation sind Arbeit gefährdet. Deshalb ist es immer den heißen Brei herumreden. Schließlich: In dem Moment, Wenn Mitarbeiter an einen Neuanfang glauben sollen, dienen, wie es sie in jedem Insolvenz- starke Führungskräfte gefragt und eine wichtiger, in der Kommunikation nicht in dem das Überleben verkündet werden kann, wird der dann muss es dafür auch neue Begriffe geben. verfahren gibt. Die darüber hinaus- interne und externe Kommunikation, nur situativ zu agieren, sondern stra- Ernstfall ja zum Erfolgsfall. gehenden Kommunikationsbedürfnis- die Meinungsbildung und Stimmungen tegisch. Solche Verfahren sind einfach Ähnliches gilt für die Kommunikation extern. Unterneh- se sehen wir natürlich auch, sie sind steuern kann, ohne dabei die Arbeit des zu ernst und in ihren Zeitfenstern zu Ganz so einfach ist es nicht. Es sei denn, man betrachtet den men im Insolvenzverfahren sind in der öffentlichen Wahr- immens. Die betroffenen Menschen im Insolvenzverwalters zu gefährden. kritisch, als dass sie durch populistische Ernstfall isoliert – losgelöst von dem, was gestern war und nehmung „am Ende“. Diesem Urteil muss Kommunikation Unternehmen brauchen Orientierung Meinungsbildung oder falsche Bericht- morgen sein wird. Aber der Ernstfall ist eben keine isolierte aktiv entgegenwirken und Strategie und Geschäftsmodell über den Tag hinaus, genauso wie die Kommunikationsexperten und Juristen erstattung gefährdet werden dürfen. Episode der unternehmerischen Historie. Im erfolgreichen als grundsätzlich marktfähiges, unternehmerisches Konzept übrigen Stakeholder – Kunden, Liefe- kommen sich immer wieder ins Gehege… Fall soll der Ernstfall Insolvenz die Grundlage sein von etwas vermarkten. Letztlich ist eine solche Kommunikation, die ranten, Gläubiger. Deren Kommunika- …weil jeder seine eigenen Ziele für Neuem, von etwas Großem, von Zukunft, Stolz und Wachs- sich auch jenseits der rettenden Zahlen bewegt, eine wichtige tionsbedürfnisse in Gänze zu bedienen, wichtiger hält. Dabei wird übersehen, tum. Auch wenn in diesem kurzen Zeitraum also alle für das Unterstützung bei der Investorensuche. ist eine Aufgabe für sich. dass sie – zumindest im Falle einer Überleben arbeiten: Es geht nicht ums Überleben. Es geht Insolvenz – in gleicher Mission unter- um das Lebendigsein! Immer bedeutender wird dabei die Wahrnehmung des Insol- Das heißt, Sie sind in der Kommunikati- wegs sind. Wir brauchen Sinn und Ori- venzverfahrens an sich. Verfahren und Verwalter hatten noch on eher situativ unterwegs? entierung stiftende Kommunikation, Eben darin steckt die große Chance des unternehmerischen niemals so viel Öffentlichkeit wie in diesen Tagen der Krise. Wir agieren zunächst in der akuten damit es Zuversicht für eine Zukunft Ernstfalls. Wenn es einen Zeitpunkt gibt, an dem man im Un- Zunehmend kritisch und gleichsam mit großen Erwartungen Situation, ja. Und das ist am Anfang des Unternehmens gibt, für die wir die ternehmen die Lebensgeister der Veränderung, den Mut zu und Hoffnungen wird beobachtet, was sie tun und wie sie auch das Wichtigste. Wie geht es kon- Grundlage schaffen. Umgekehrt lebt Neuem, die Bereitschaft zu Einschnitten und neuem Enga- agieren. Wirklich verstanden werden Inhalte und Rahmen- kret in den nächsten Tagen und Wochen die Kommunikation von einem strin- gement wecken kann, dann ist das der Moment, in dem es bedingungen dieses reglementierten Arbeitsprozesses aber weiter? Wie stehen unsere Chancen? genten, zielorientierten juristischen um alles oder nichts geht. Schon wenige Wochen nach der nur von den Wenigsten. Umso wichtiger ist es, die Balance Wie agiert der Insolvenzverwalter? Das Prozess. Nur dann kann sie glaubhaft Rettung ist dieses Momentum verflogen. Die Belegschaft zu finden zwischen Öffentlichkeit und Ruhe – zwischen sind die drängenden Fragen, denen wir darlegen, dass und wie es vorangehen atmet erleichtert durch und geht – endlich – wieder zum einer aufklärenden, Transparenz und Orientierung stiftenden uns grundsätzlich offen und unmit- kann. Dr. Frank Kebekus Alltag über. Kommunikation und einem stringenten Arbeitsprozess, der telbar stellen. Zu Beginn müssen wir Rechtsanwalt /Fachanwalt ohne Störfeuer von außen vorangetrieben werden kann. immer die Schockstarre lösen. Welche Rolle spielen die Medien? für Insolvenzrecht und Gründer der Sozietät Kebekus Dieses Momentum gilt es zu nutzen. Dabei sollte in der Sie wirken immer stärker in die Un- et Zimmermann, Düsseldorf. Kommunikation eine Erkenntnis leitend sein: Kern eines Und dann lassen Sie die Leute wieder ternehmen hinein. Unsere Arbeit steht Kebekus ist Sprecher des jeden Rettungsplans ist eine Idee, wie langfristiger Erfolg allein? unter ständig wachsender Beobach- Gravenbrucher Kreises, in dem die führenden, über- möglich wird. Darüber, nicht über die Rettung allein, muss Genau das darf natürlich nicht passie- tung. Das ist grundsätzlich kein Pro- regional tätigen Insolvenz- intern gesprochen werden. Während in der Presse allein ren. Denn nach der ersten Beruhigung blem. Problematisch kann es nur wer- kanzleien Deutschlands das Zahlenwerk des Rettungsplans besprochen wird, muss stellen sich schnell die nächsten Fra- den, wenn die Meinungsbildung über zusammengeschlossen sind. 24 25
Kommunikation im Corporate Change. Maßstäbe für eine neue Managementpraxis Deekeling Arndt Advisors: Kommunikation im Corporate Change ist mehr als interne Kommunikation, sie ist eine Managementpraxis – so lautete die zentrale Aussage der ersten Auflage Business & Financial Affairs unseres Buches „Kommunikation im Corporate Change. Maßstäbe für eine neue Managementpraxis“. Heute, sechs Jahre später, lassen sich unsere Erfahrungen und Beobachtungen bei der Beratung komplexer unternehmerischer Veränderungspro- Mergers, Restrukturierung & Insolvenz & zesse auf die These verdichten: Change-Kommunikation ist Führungskommu- Acquisitions & Sanierung Neuanfang nikation! Das klingt banal. Doch was heißt das konkret im Managementalltag? Divestments Welche Konsequenzen sind daraus für die Organisation der Change-Kommuni- kation zu ziehen? Die komplett überarbeitete Neuauflage gibt Antworten auf diese Fragen und bietet nicht nur einen Überblick über die wichtigsten Kommunikationsthemen aus Sicht von Topmanagern, Unternehmenskommunikatoren, Beratern und Coaches, Entwicklung Kommunikationsstrategie sondern auch einen substanziellen Einblick in die Praxis wirkungsvoller Change- Beratung What-if-Szenarien Kommunikation. Leak-Strategien 2009. 240 Seiten. Gebunden. 49,90 € Rollendesign Projektmanagement ISBN 978-3-8349-0747-4 Entwicklung Leitideen und -motive für Zukunftsstory Projektorganisation Entwicklung Kernbotschaften Redaktion Aufbereitung Kommunikationsmaterialien Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Medienmonitoring Media Relations CEO-Kommunikation. Interimspressesprecher Strategien für Spitzenmanager Deal Campaigning Corporate & Public Affairs Allianzenbildung Tagesaktuelle Medienarbeit, konzentriert auf Wirtschafts- und Finanzmedien, Krisenkommunikation bestimmt immer noch die Kommunikationspraxis von Unternehmensführern und CEO-Kommunikation/Executive Coaching Konzernlenkern. Dies wird gegenwärtigen und zukünftigen Anforderungen jedoch Identity & Change Führungskräftekommunikation nicht mehr gerecht. Die Persönlichkeit und das unternehmerische Handeln von Interne Kampagnen CEOs stehen mehr und mehr im Blickpunkt einer breiten Öffentlichkeit. Deren Ansprüche an Rechtschaffenheit, Glaubwürdigkeit und gesellschaftlichen Nutzen entscheiden zunehmend über die Wahrnehmung unternehmerischen Erfolgs. Die Organisation der richtigen Wahrnehmung von unternehmerischem Handeln erfordert ein völlig neues Rollenverständnis und eine erweiterte Kommunika- tionspraxis von Spitzenmanagern. CEO-Kommunikation umfasst Agenda-Setting, strategische Planung, die Schaf- fung der institutionellen Voraussetzungen, die Bereitstellung von Ressourcen sowie einen ungleich höheren Aufwand für Reflexion und persönliches Engagement. 2006. 216 Seiten. Gebunden. 49,90 € ISBN 978-3-593-37948-7 Peter Mentner Lutz Zimmermann Heiner Reiners Managing Director Managing Partner Managing Director T +49 211 51332 -160 T +49 211 51332-125 T +49 69 97098-554 peter.mentner@deekeling-arndt.de lutz.zimmermann@deekeling-arndt.de heiner.reiners@deekeling-arndt.de 26
tet werden und die anderen im Dun- graf vorweg, was allen irdischen Dingen keln verbleiben. Dadurch entsteht ein droht und irgendwann auch widerfährt: völlig neuer Kontext, wird eine neue Sie werden zerstört oder zerfallen. Geschichte erzählt. Wie kommt Martin Klimas zu diesen Anders als bei Künstlern wie David außergewöhnlichen, gestochen schar- Levinthal oder Abelardo Morell, die fen Aufnahmen? In einem Studioauf- ebenfalls Miniaturkonstruktionen aus bau wird eine digitale Kamera an ein Popkultur-Artefakten oder -Bildern Mikrofon und einen Schallauslöser ge- errichten, feiern Allens Arbeiten die koppelt; daraufhin werden die einzel- besonderen Qualitäten des „Schund- nen Porzellanfiguren aus drei Metern romans“: Er ist billig und ein bisschen Höhe fallengelassen; sobald eine Figur geschmacklos; er ist gemacht, um nach auf den Boden schlägt, liefert der Crash Gebrauch weggeworfen zu werden, das Signal für die Auslösung des Bildes. aber ganz bestimmt unterhaltsam. Keine Ölmalerei, keine Skulptur, keine Allens Bilder zeichnen sich jedoch Videoproduktion hätte die Möglichkeit, durch mehr aus als nur durch sim- einen derart genauen Fingerabdruck Thomas Allen ples Amüsement. Seine Bilder haben Martin Klimas der Zerstörung wie unter einer Lupe zu etwas damit zu tun, wie Bücher durch präsentieren. Mit seiner Frau, seiner kleinen Toch- ihre Leser mit Leben gefüllt werden. Der Fotograf Martin Klimas wurde ter und einer nach eigenen Worten Thomas Allen erinnert die Betrachter 1971 in Singen geboren. Heute lebt „Heerschar neurotischer Haustiere“ seiner Werke daran, was an einer guten er mit seiner Lebensgefährtin und der lebt Allen auf einer Farm in Michigan. Geschichte so unwiderstehlich ist. gemeinsamen Tochter in Düsseldorf. Seine Monografie „Uncovered – Photo- Er hat an der Fachhochschule Düssel- graphs by Thomas Allen“ ist 2007 bei dorf u. a. bei Prof. Gerhard Vormwald der Aperture Foundation erschienen. Grafikdesign studiert. Vertreten wird er Er wird durch die New Yorker Foley durch die Galerie Michael Cosar. Gallery und durch Thomas Barry Fine Arts in Minnesota vertreten. Klimas´ Arbeiten sind stark von der „High-Speed-Fotografie“ beeinflusst. Allen sagt von sich selbst, dass er als Doch geht es ihm dabei in erster Kind Pop-up-Bücher liebte und dies Linie nicht um den Akt der Zerstörung, auch heute noch so sei: „Früher habe sondern um die Transformation des ich kleine Bühneninszenierungen in zerstörten Objekts. Auf den ersten Blick Schuhschachteln gebastelt. Ich liebte mag es eine absurde Idee sein, etwas das Gefühl, Teil der Szenerie zu werden, Intaktes in seine Einzelteile zu zerlegen. indem ich einfach nur mein Gesicht Auf den zweiten Blick aber entsteht erst Ausgewählte Ausstellungen ganz nah an den Karton brachte.“ Mitt- dadurch etwas Neues: Der Künstler „Ceramic Explosions“, lerweile schafft er alternative Realitäten befreit die Dinge von ihrer Funktiona- Andy Warhol Museum, Pittsburgh (2008) auf andere Art und Weise: Er schneidet lität und dokumentiert den entschei- Galerie Michael Cosar, Düsseldorf (2008) seine Figuren aus den Buchdeckeln Ausgewählte Ausstellungen denden Moment der Transformation, Foley Gallery, New York (2007) alter „Schundromane“ der 1940er- und „Back Stories“, Foley Gallery, New York (2009) den exakten Wendepunkt. So verbin- Galleria Suzy Shammah, Mailand (2005) 1950er-Jahre, die so bezeichnende Titel „Fever“, Thomas Barry Fine Arts, Minneapolis (2009) det er Schönheit und Vergänglichkeit, haben wie „I Married A Dead Man“ „Cheap Trade“, Caroll & Sons Gallery, Boston (2008) Statik und Bewegung, Sukzessives und oder „Marihuana Girl“. Diesen Figuren „Photographs“, Light & Sie Gallery, Dallas (2008) Simultanes. In seinen Fotografien ist die fügt Allen eine weitere Dimension zu. Vorstellung der Ursprünglichkeit noch Er arrangiert eine Gruppe von Figuren ablesbar, wenn schon der Gang in die auf ungewöhnlichen Bühnenkomposi- www.foleygallery.com Vergänglichkeit in die Objekte hinein- tionen so, dass die einen hell erleuch- www.thomasallenonline.com geschrieben ist. Damit nimmt der Foto- www.martin-klimas.de 28 29
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