Saarländischer Richterbund - Saarländischer Richterbund

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SOMMER 2020
                      Saarländischer Richterbund
                      Bund der Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte

                                  Infobrief Sommer 2020
                                 Justiz hinter Maske und
                                         Plexiglas

In dieser Ausgabe:

Corona und das       4
Betreuungsge-
richt
Corona und die       6
Strafkammer des
Landgerichts
Corona und           8
Justizverfas-
sungsrecht
Corona Splitter      12
Corona und die       13
Wachtmeisterei

Selbstverwaltung     14
der Justiz

Die Besoldungs-      15
lage im Saarland

Hexenjagd im         20
Landgericht
Impressum            24
Saarländischer Richterbund - Saarländischer Richterbund
Seite 2                                                                                     INFOBRIEF

                     Editorial

                     Liebe Kolleginnen und Kollegen,        de Gerichtsbetrieb ab Anfang Mai wie-

                     eigentlich war geplant, in diesem      der anlaufen soll.

                     Heft ausführlich über die Mitglie-     Und da habe ich durchaus Verständnis,
                     derversammlung zu berichten, den       dass man gern fertige Konzepte präsen-
                     neu gewählten Vorstand vorzustel-      tieren möchte. Aber eine offizielle
                     len und die geplante Diskussions-      Zwischeninformation des Inhalts „Wir
  Christian Dornis
                     runde mit den Abgeordneten auszu-      planen ein Wieder-Hochfahren ab der
                     werten.                                ersten Maiwoche und arbeiten an ei-

                     Nun haben uns Corona und die           nem Konzept, wie der Infektionsschutz

                     hiermit   verbundenen    Veranstal-    sichergestellt werden kann. Wir wer-
                                                            den Sie weiter informieren.“ hätte uns
Viele Kollegen       tungsabsagen zu einer Änderung
                                                            doch allen gutgetan.
    haben sich       dieses Planes gezwungen. Aber auch

       von der       Berichte über die Coronakrise sind     Und - so sehr ich es schätze, dass das

        Justiz-      schwer, haben sich die Rahmenbe-       Ministerium immer wieder die richter-

   verwaltung        dingungen doch extrem schnell im-      liche Unabhängigkeit betont - man

      im Stich       mer wieder und beständig geändert      kann sich auch bequem dahinter ver-

      gelassen       und Dinge, die uns noch gestern        stecken. Jedenfalls haben sich viele

      gefühlt.       enorm bewegt haben, sind heute         Kollegen    phasenweise    uninformiert
                     schon in den Hintergrund getreten,     und deshalb im Stich gelassen gefühlt.
                     entweder, weil das Problem gelöst      Die Bedingungen für den Neustart wa-
                     war, oder weil plötzlich eine Infor-   ren zu lange unklar. Natürlich lassen
                     mation da war, oder weil ein ande-     wir uns als unabhängige Richter nicht
                     res Problem plötzlich viel wichtiger   gern vorschreiben, wie wir unsere Ver-
                     war.                                   fahren gestalten. Aber eine schnelle

                     Für mich war der Umgang der Jus-       Handlungsempfehlung nach den Öff-

                     tizverwaltung mit der Coronakrise      nungsbeschlüssen hätte so mancher

                     zeitweise vor allem ein Kommuni-       von uns schon gern bekommen.

                     kationsdesaster. Es bleibt unver-      Die Erfahrungen der letzten Wochen
                     ständlich, warum das Justizministe-    lassen mich wieder an das „alte“ Kon-
                     rium nach den ersten Lockerungsbe-     zept des Richterbundes für eine Selbst-
                     schlüssen der Ministerpräsidenten      verwaltung der Justiz denken. Viel-
                     im April ganze zehn Tage gebraucht     leicht täte es ganz gut, wenn die Justiz-
                     hat, bis eine Information an die Be-   verwaltung nicht in der Exekutive son-
                     schäftigten herausging, dass auch      dern in der Justiz angesiedelt wäre. Bei
                     der über eilige Sachen hinausgehen-    Menschen, die wüssten, dass man ei-
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SOMMER 2020                                                                          Seite 3

nen    Terminierungsvorlauf    braucht    Ein guter Teil dieses Heftes beschäf-
und der Justizbetrieb nicht von einer     tigt sich mit den Folgen von Corona
Woche auf die andere wieder einfach       für unsere Gerichte.
so hochgefahren werden kann. Aus
                                          Aber uns haben auch andere Dinge
meiner Sicht wäre das Saarland ein
                                          beschäftigt:   Die     Ultra-Vires-Ent-
guter Ort, Selbstverwaltung der Justiz
                                          scheidung des Bundesverfassungsge-
einmal auszuprobieren (siehe Seite
                                          richts vom 05.05.2020 war sicher
14).
                                          ein Paukenschlag, dessen politische
Aber die Coronakrise hat durchaus         Wirkungen und dessen Folgen für
auch positive Effekte gehabt. Früher      Europa noch nicht absehbar sind.
äußerst knappe VPN-Zugänge, Email-
                                          Die Hoffnungen auf eine schnelle
Abfragen von zu Hause, Videotechnik
                                          Entscheidung     des     Bundesverfas-
im Gerichtssaal u.a. waren plötzlich
sehr schnell verfügbar und funktio-
                                          sungsgerichts zur Besoldung hinge-
                                                                                    Aus meiner
nieren relativ gut. Wobei erste Erfah-
                                          gen haben sich zerschlagen (vgl. den
                                                                                    Sicht wäre das
rung auch zeigen, dass die zeitweise
                                          Beitrag Kockler Seite 15).
                                                                                    Saarland ein
fast als Allheilmittel beschriebene Vi-   Kommen Sie gut durch die aufge-           guter Ort,
deotechnik sich nur für eine ausge-       regte Zeit!                               Selbst-
wählte kleine Zahl von Verfahren          Ihr Christian Dornis
                                                                                    verwaltung der
wirklich eignet.                                                                    Justiz einmal
                                                                                    auszuprobieren.
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                                  Das Betreuungsgericht zu Corona-Zeiten

                          Die bestehende Corona-Pandemie          selbst zu regeln. In einer solchen Si-
                          hat die Justiz vor sehr große Her-      tuation ist die Erkrankung als solche
                          ausforderungen gestellt und die täg-    Gegenstand des gerichtlichen Ver-
                          liche Arbeit sämtlicher Mitarbeite-     fahrens und eine Gefährdung des an-
                          rinnen und Mitarbeiter einschnei-       hörenden Richters offenkundig. Aber
                          dend geändert. Dies gilt aufgrund       auch sonst ist bei Anhörungen in
                          der vielfältigen Außenkontakte in       Krankenhäusern und Seniorenhei-
                          besonderem Maße für die Betreu-         men wegen der weiten Verbreitung
          Gero Bieg       ungsgerichte. Die Arbeit der Betreu-    des Virus eine dauerhaft latente Ge-
                          ungsgerichte zeichnet sich zum ei-      fährdung vorhanden. Zudem kommt
                          nen durch einen sehr großen Publi-      der Aspekt, dass durch den Richter,
                          kumsverkehr im Gericht aus, der         der möglicherweise selbst unbemerkt
                          sowohl die Mitarbeiter des mittleren    erkrankt ist, bei Anhörungen höchst
                          Dienstes als auch des gehobenen         vulnerable Betroffene infiziert und
                          Dienstes betrifft und auch die Rich-    Mitarbeiter in Krankenhäusern und
                          ter im Rahmen sehr vieler Anhörun-      Pflegeheimen gefährdet werden kön-
                          gen, die bei Gericht erfolgen. Hier-    nen. All        diese Gesichtspunkte
        In den letzten    bei bestand die Arbeit der letzten      haben dazu geführt, dass in den letz-
   Wochen erschienen      Wochen vor allem darin, die organi-     ten Wochen etliche Entscheidungen
                etliche   satorischen Voraussetzungen zu          und Aufsätze erschienen sind, die
  Entscheidungen und      schaffen, um sowohl für die Mitar-      sich sehr kontrovers mit der Frage
    Aufsätze, die sich    beiterinnen und Mitarbeiter als auch    der Anhörungspflicht bzw. der Mög-
  sehr kontrovers mit
                          für das rechtsuchende Publikum ge-      lichkeit des Absehens von der Anhö-
         der Frage der
     Anhörungspflicht     sundheitliche Gefahren zu minimie-      rung befassen. So haben etwa das AG
 bzw. der Möglichkeit     ren. Im gesamten Gebäude wurden         Brandenburg        (Beschluss    vom
des Absehens von der      Plexiglasscheiben aufgestellt, Mar-     06.04.2020, 85 XVII 69/20) und das
  Anhörung befassen.      kierungen angebracht und Sitzmög-       AG      Dresden     (Beschluss   vom
                          lichkeiten in Wartebereichen und        23.03.2020, 404 XVII 80/20) sich für
                          Sitzungssälen reduziert und verän-      eine generelle Möglichkeit vom Ab-
                          dert. Der zu Beginn der Corona-         sehen der Anhörung ausgesprochen.
                          Pandemie nur noch sehr einge-           In die gleiche Richtung gehen die
                          schränkt stattfindende Publikums-       Aufsätze von Grotkopp, Persönliche
                          verkehr konnte hierdurch wieder         Anhörung des Betroffenen in Betreu-
                          deutlich ausgeweitet werden und zu      ungs-, Unterbringungs- und Frei-
                          einem einigermaßen normalen Ar-         heitsentziehungssachen zu Zeiten der
                          beitsalltag übergegangen werden.        sog. Corona-Krise, FamRZ 2020, 659
                                                                  und Götsche, Gerichtsverfahren: Per-
                          Wesentlich schwieriger gestaltete       sönliche Anhörung in Coronazeiten
                          und gestaltet sich die Frage, wie mit   FamRZ-Newsletter 8/2020. Konträr
                          Anhörungen von Betroffenen, die in      hierzu sprechen sich Braun, Der Stel-
                          Krankenhäusern und Seniorenhei-         lenwert der persönlichen Anhörung
                          men erfolgen müssen, umzugehen          und des persönlichen Eindrucks in
                          ist. Am Amtsgericht Saarbrücken         Betreuungs- und Unterbringungssa-
                          vergeht nahezu kein Arbeitstag, an      chen, FamRZ 2020, 737 und Beck-
                          dem nicht eine Betreuung einzu-         mann, Persönliche Anhörung des
                          richten ist, weil ein Betroffener we-   Betroffenen in Betreuungs-, Unter-
                          gen einer Covid19-Infektion beat-       bringungs- und Freiheitsentziehungs-
                          mungspflichtig und nicht mehr in        sachen zu Zeiten der sog. Corona-
                          der Lage ist, seine Angelegenheiten     Krise, FamRZ 2020, 735 für eine ge-
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                                                                                     Die Corona-
 nerelle Anhörungspflicht aus. In den      Co.?, FamRZ-Newsletter 8/2020;            Pandemie hat
 zitierten Entscheidungen und Aufsät-      Socha, Tiefenschärfe mit Hilfe der        nämlich auch eins
 zen werden die rechtlichen Gesichts-      Kamera – Welche Möglichkeiten bie-        gezeigt: wenn die
 punkte sehr ausführlich abgehandelt.      tet und welche Grenzen setzt das          Justiz aufgrund
 Es gibt sowohl für das Absehen von        FamFG für Anhörungen per Video-           einer
 der Anhörung als auch für die gene-       konferenz? FamRZ-Sondernewsletter         Krisensituation
 relle Anhörungspflicht gewichtige         3/2020). Unabhängig von der Frage,        schnell und flexibel
 Argumente. Befremdlich finde ich es       inwieweit diese Möglichkeit auf-          reagieren muss,
 in dieser Situation, wenn in der Dis-     grund der aktuellen Rechtslage zuläs-     dann kann sie dies
 kussion oft demjenigen, der ausführ-      sig ist, bleibt zu hoffen, dass der Ge-   auch.
 lich begründet seinen Standpunkt          setzgeber für die Zukunft die Mög-
 vertritt, eine nicht haltbare und scho-   lichkeit des Einsatzes von Videokon-
 ckierende Rechtsansicht (so etwa          ferenzen deutlich ausweitet. Die
 Brosey, BtPrax-Newsletter April           Corona-Pandemie hat mir selbst
 2020) “attestiert“ wird.                  nämlich auch eins gezeigt: wenn die
                                           Justiz aufgrund einer Krisensituation
 Diese Diskussionskultur ist leider sehr   schnell und flexibel reagieren muss,
 oft anzutreffen. Gerade in der aktuel-    dann kann sie dies auch. Innerhalb
 len Situation ist der kollegiale Aus-     kürzester Zeit habe ich selbst die
 tausch, der ja auch von kontroversen      technischen Möglichkeiten einge-
 Ansichten lebt, sehr wichtig. So erle-    räumt bekommen, Anhörungen per
 be ich den (durchaus auch kontrover-      Videokonferenz          durchzuführen.
 sen) per Mailverteiler erfolgenden        Ebenso wurde mir ein gut ausgestat-
 Austausch aller saarländischen Be-        teter häuslicher Arbeitsplatz mit VPN
 treuungsrichter als sehr bereichernd      -client zur Verfügung gestellt. All
 und die tägliche Arbeit erleichternd.     dies erleichtert mir meine tägliche
 Eine weitere intensiv diskutierte Fra-    Arbeit und ich möchte diese Mög-
 ge ist die, inwieweit Anhörungen per      lichkeiten nicht mehr missen.
 Videokonferenz erfolgen können
 (vgl. etwa Köbler, Corona: Die Stunde     Dr. Gero Bieg
 des Videoeinsatzes mit Skype und
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                      Corona und die Strafkammer am Landgericht
                      -Haft duldet keinen Aufschub-

                      Trotz Corona und Shutdown wurde          haben und ohne große Umstände er-
                      beim Landgericht im Strafbereich         schienen sind.
                      tapfer weiterverhandelt. Das verfas-
                      sungsrechtliche Beschleunigungsge-       Insbesondere zu Beginn der Krise
                      bot in Haftsachen hat einen Shut-        fehlte es jedoch an allen Ecken. Im
                      down weitestgehend nicht erlaubt.        Hinblick auf die mangelnde Verfüg-
                      Zwar bestand die Möglichkeit, Ter-       barkeit von Desinfektionsmitteln und
                      mine aufzuheben. Da es sich jedoch       sonstigen Schutzvorrichtungen musste
                      bei einem Großteil der hier anhän-       zunächst wie üblich weiterverhandelt
                      gigen Verfahren um Haftsachen            werden. Die Möglichkeiten zum
                      handelte, gab es vor Einführung der      Schutz der Verfahrensbeteiligten von
                      erweiterten Unterbrechungsmög-           Seiten des Gerichts waren zunächst
                      lichkeiten der Hauptverhandlung          auf die Einhaltung der erforderlichen
                      des § 10 EGStPO keine Alternative        Abstände begrenzt. Vor diesem Hin-
                      zum (Weiter-)verhandeln. Vor al-         tergrund eigneten sich viele Sitzungs-
 Viele Sitzungssäle   lem bereits begonnene und über           säle im Gebäude, insbesondere bei
      im Gebäude,     mehrere Termine geführte Haupt-          großer Besetzung des Gerichts mit
  insbesondere bei    verhandlungen konnten und sollten        drei Berufsrichtern und zwei Schöf-
  großer Besetzung    nicht ausgesetzt werden. Dies for-       fen, nicht mehr für die Durchführung
   des Gerichts mit   derte besonderen Einsatz aller Be-       einer Hauptverhandlung.
drei Berufsrichtern   teiligten. Besonders dankbar durf-
und zwei Schöffen,                                             Jeder Betroffene ergriff darüber hin-
                      ten wir sein, dass nahezu alle Schöf-    aus die ihm möglichen und von ihm
  eignen sich nicht
                      fen –die in der überwiegenden Zahl       als erforderlich erachteten Vorkeh-
       mehr für die
                      über 60 Jahre alt sind- sich nicht auf   rungsmaßnahmen.
Durchführung einer
                      eine besondere Gefährdung berufen
Hauptverhandlung.
Saarländischer Richterbund - Saarländischer Richterbund
SOMMER 2020                                                                       Seite 7

Viele Abläufe, die unzählige Male         weisschilder zu Abstandsregelungen
eingeübt und durchgespielt waren,         angebracht. Es wurden mobile
mussten neu bedacht und den Anfor-        Trennwände aus Plexiglas ange-
derungen entsprechend angepasst           schafft und hergestellt, damit dem
werden. So brachte es etwa der Um-        Infektionsschutz auch dort Rech-
stand, dass die Dokumentenkamera          nung getragen werden kann, wo die
in einem anderen Saal nicht entbehr-      notwendigen Mindestabstände nicht
lich war, mit sich, dass alle Beteilig-   eingehalten      werden       können.
ten mit Farbkopien der Augen-             Schließlich wurde eine Masken-
                                                                                      Nadine Robert
scheinsobjekte ausgestattet werden        pflicht im Gerichtsgebäude einge-
mussten, bevor die Hauptverhand-          führt, die mehr oder minder zuver-                 und
lung fortgesetzt werden konnte.           lässig auch eingehalten wird.                Susanne Biehl
Das Bewusstsein, Verantwortung            Das in der Presse angekündigte
auch für andere zu tragen, veranlass-     schrittweise „Wiederhochfahren“ an
te dazu, die potenziellen Gefahren im     deutschen Gerichten ab Anfang Mai
Einzelnen soweit als möglich zu mi-       mit strikten Abstands- und Hygiene-
nimieren. So zum Beispiel durch Des-      regeln bedeutete in Strafsachen le-
infektion des Zeugenplatzes im Sit-       diglich, dass auch wieder Nicht-Haft-
zungssaal. Wie notwendig das ist,         Sachen verhandelt werden.
wurde deutlich, als drei Tage nach
                                          Weitere geplante Maßnahmen wie
                                                                                   Wie notwendig
der Vernehmung einer Zeugin be-                                                    Infektionsschutz ist,
kannt wurde, dass diese an Corona         Desinfektionsmittelspender im Ge-        wurde deutlich, als
erkrankt und daher zum Zeitpunkt          bäude, Masken für die Bediensteten       drei Tage nach der
der Vernehmung mutmaßlich hoch-           und eine ausreichende Kontrolle der      Vernehmung einer
infektiös war.                            Einhaltung der Maskenpflicht - auch      Zeugin bekannt
                                          in den Fluren - sind wünschenswert       wurde, dass diese an
Wie schwierig es ist, einen angemes-      und werden mit Sicherheit weitere        Corona erkrankt und
senen Abstand im Sitzungssaal her-        Erleichterungen erbringen.               daher bei ihrer
zustellen und einzuhalten, musste so                                               Vernehmung
                                          Angesichts der nahezu täglichen wei-     mutmaßlich
mancher von uns hautnah erleben.                                                   hochinfektiös war.
Im Rahmen einer Haftbefehlsver-           teren Erkenntnisse der Wissenschaft
kündung in einem kleinen Sitzungs-        bleibt abzuwarten, welche weiteren
saal ließ es sich nicht verhindern,       Maßnahmen notwendig sein werden,
dass die blutverschmierte und             um einen hinreichenden Schutz für
schniefende Angeklagte, die durch         alle Beteiligten zu gewährleisten.
die Polizei mit Maske und Handschu-       Dies etwa im Hinblick auf die gerade
hen ausgestattet war, sich dieser kur-    aktuelle Erkenntnis, dass sich die In-
zerhand entledigte und auf ihrem          fektion auch durch Aerosole in rele-
Weg zum Ausgang dem beisitzenden          vantem Umfang verbreiten kann.
Richter sehr nahekam. Vor dem Hin-        Susanne Biehl und Nadine Robert
tergrund dieses Ereignisses konnte
nur der Schluss gezogen werden, dass
die Nutzung eines derart kleinen
Saals zu gefährlich ist.
Nach und nach griffen die organisa-
torischen Bemühungen zum Schutz
von Besuchern, Verfahrensbeteilig-
ten und Bediensteten. Zunächst wur-
den Desinfektionsmittel angeschafft,
Sitzplatzregelungen für die Sitzungs-
säle und –Flure getroffen und Hin-
Saarländischer Richterbund - Saarländischer Richterbund
Seite 8                                                                                            INFOBRIEF

                          Das Virus und die Dritte Gewalt
                          Zur verfassungsrechtlichen Lage und zur Situation in Hessen
                          (aus „Hessische Mitteilungen“ 1/2020 mit frdl. Genehmigung des Autors)

                          Das Virus bestimmt noch immer            trieb nach Möglichkeit einzuschrän-
                          unser aller Leben und schränkt die       ken, war allerdings am Maßstab des
                          Möglichkeiten der Dienstverrich-         Art. 97 GG nicht zu beanstanden.
                          tung als Richterin/Richter, Staatsan-
                          walt/Staatsanwältin in ungewohnter       Sie findet ihre offenkundige Rechtfer-
                          Weise ein. Infolgedessen hat auch        tigung in der Schutzpflicht gegenüber
                          die Justizverwaltung Maßnahmen           Leben und Gesundheit aller Men-
                          ergriffen, die ihrerseits für den        schen im Gerichtsgebäude unter Be-
 Johannes Schmidt         Dienstbetrieb beschränkende Wir-         rücksichtigung der hohen Anste-
                          kungen entfalten. Dazu zählt z. B.       ckungsgefahr und großen Streubreite
                          die Empfehlung, den Sitzungsbe-          des Virus (instruktiv: VGH Kassel (8.
                          trieb zu reduzieren.                     Senat), Beschluss vom 08.04.2020 – 8
                                                                   B 910/20.N). Gerade in der Anfangs-
                          Je länger solche Maßnahmen auf-          phase der Epidemie sind auch die tat-
                          rechterhalten bleiben oder sogar         sächlichen Beschränkungen bei der
                          verschärft werden könnten, desto         Identifizierung und Bereitstellung der
                          dringlicher ist zu fragen, wie sich      gebotenen Schutzmaßnahmen anzu-
   Für die Zukunft ist    die verfassungsrechtliche Gewähr         erkennen. Dass dennoch nicht ganze
klärungsbedürftig, wie
      sich die zentrale   einer unabhängigen Rechtspre-            Gerichtsstandorte geschlossen werden
 Grundbedingung eines     chung zum gesamtgesellschaftlichen       mussten, ist erfreulich, wäre aber si-
      funktionsfähigen    Krisenbewältigungsauftrag verhält.       cher ebenfalls als Vorsichtsmaßnahme
     Rechtsstaates, die                                            für eine gewisse Zeit hinzunehmen
      Unabhängigkeits-    GEWÄHR DER RICHTERLICHEN                 gewesen (vgl. in diesem Sinn DGH
       gewähr, auf die    UNABHÄNGIGKEIT
weiterhin notwendigen                                              Mecklenburg-Vorpommern a. a. O.).
    Abweichungen vom      Relativ einfach lässt sich dieses Ver-   Sofern wir hoffen dürfen, den Zustand
  gewohnten Gang des      hältnis in Bezug auf die zurücklie-
         Dienstbetriebs                                            der Erstarrung allmählich zu verlas-
                          gende Frühphase der Ausbreitung          sen, ist für die Zukunft klärungsbe-
      auszuwirken hat.
                          der Krankheit bestimmen. Für diese       dürftig, wie sich die zentrale Grund-
                          gilt zwar, dass in den pandemiebe-       bedingung eines funktionsfähigen
                          dingten     Einschränkungen        des   Rechtsstaates, nämlich die Unabhän-
                          Dienst- und insbesondere des Sit-        gigkeitsgewähr, auf die weiterhin not-
                          zungsbetriebs unmittelbare Eingrif-      wendigen Abweichungen vom ge-
                          fe in den Kernbereich der richterli-     wohnten Gang des Dienstbetriebs aus-
                          chen Unabhängigkeit zu sehen sind        zuwirken hat.
                          (vgl. DGH Mecklenburg-Vorpom-
                          mern, Beschluss vom 6. April 2020,       Der Richterbund Hessen geht nach
                          12 M 265/20 DGH). Ob es sich bei         wie vor davon aus, dass die für den
                          den durch die Gerichtsleitungen          Infektionsschutz in den Gerichtsge-
                          empfohlenen Einschränkungen um           bäuden zuständigen Stellen äußerste
                          Anregungen oder geäußerte Erwar-         Anstrengungen unternehmen, um die
                          tungen, Aufforderungen und ver-          Beschränkungen so bald wie möglich
                          bindliche Anweisungen handelt,           obsolet werden zu lassen. Wir sehen
                          ändert an deren Eingriffscharakter       einerseits das Bemühen, die abstrak-
                          bekanntlich nichts Entscheidendes.       ten und konkreten Empfehlungen
                          Die hessenweit ausgesprochene und        zum Infektionsschutz im Wesentli-
                          in ihren Folgen für die Rechtsu-         chen umzusetzen sowie die vielfälti-
                          chenden auch öffentlich kommuni-         gen Anregungen aus dem Kollegen-
                          zierte Empfehlung, den Sitzungsbe-       kreis aufzunehmen.
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SOMMER 2020                                                                       Seite 9

                                         dieses Leistungsgebots weder die
UMSETZUNG DER EMPFEHLUN-                 schnelle noch die umfassende Be-
GEN ZUM INFEKTIONSSCHUTZ IN              schaffung solcher Vorkehrungen be-
DER JUSTIZ                               einträchtigen, weshalb es überflüssig
Während des künftigen Verlaufs der       scheint, auf die ohnehin verhältnis-
Pandemie sind solche äußersten An-       mäßig geringe Kostenzusatzbelastung
strengungen andererseits auch zum        ausführlich einzugehen.
Fortbestand der Rechtfertigung der       TEILHABEDIMENSION DES ART.
Eingriffe in die richterliche Unab-      97 GG
hängigkeit verfassungsrechtlich ge-
boten. Art. 97 GG entfaltet dabei        Genauso wichtig wie der leistungs-
zwei Schutzwirkungen, nämlich leis-      rechtliche Aspekt ist die Teilhabedi-
tungs-    und    teilhaberechtlichen     mension des Art. 97 GG, die allen
Schutz.                                  Kolleginnen und Kollegen einen
                                         gleichmäßigen Zugang bei der Nut-
BESCHAFFUNGSPFLICHT              DER     zung der vorhandenen Ausstattung
JUSTIZVERWALTUNG                         garantiert. „Der Richter hat einen
Die Justizverwaltung trifft zunächst     Anspruch darauf, dass er bei der Zu-
eine Beschaffungspflicht hinsichtlich    teilung der vorhandenen, für die Ar-
der zum geordneten Dienstbetrieb         beit erforderlichen personellen und
notwendigen Ausrüstung. Art. 97 GG                                Die Justizverwaltung
                                         sachlichen Mittel in ermessensfehler-
entfaltet dabei im Zusammenwirken                                 trifft zunächst eine
                                         freier Weise berücksichtigt wird.
                                                                  Beschaffungspflicht
                                         Werden ihm die für seine richterli-
mit dem Rechtsstaatsprinzip eine
                                                                  hinsichtlich der zum
                                         che Tätigkeit notwendigen Mittel
leistungsrechtliche Dimension:                                    geordneten
                                         nicht in dem möglichen Maße zur
                                                                  Dienstbetrieb
Etwaige Ausstattungsmängel der Jus-      Verfügung gestellt, kann eine Beein-
                                                                  notwendigen
tiz können nach ständiger Rechtspre-     trächtigung der richterlichen Unab-
                                                                  Ausrüstung. Art. 97 GG
chung zum Rechtsstaatsprinzip und                                 entfaltet dabei im
                                         hängigkeit vorliegen“ (BGH NJW
zu den Justizgrundrechten Eingriffe      2003, 282, 283).         Zusammenwirken mit
in die Grundrechte der Bürger nicht                               dem Rechtsstaatsprinzip
rechtfertigen.                           VERHANDELN UNTER CORONA- eine leistungsrechtliche
                                         BEDINGUNGEN              Dimension.
Gravierende       Ausstattungsmängel
können darüber hinaus auch die           Für das Verhandeln unter Corona-
richterliche Unabhängigkeit verlet-      Bedingungen kann dies z. B. bedeu-
zen (offenlassend noch BGH NJW           ten, dass ein an die veränderten Be-
2005, 905). Dies gilt jedenfalls dann,   dingungen angepasstes, faires und
wenn unverzichtbare Arbeitsmittel        ermessensfehlerfreies Sitzungssaal-
fehlen (vgl. Maunz/Dürig, 89 EL, Art.    management erforderlich werden
97 Rn. 91). Hierzu sind praxistaugli-    könnte. Eine solche Notwendigkeit
che und wirksame Vorkehrungen            kann dann entstehen, wenn der In-
gegen Infektionsrisiken gegenwärtig      fektionsschutz die bisherige Auslas-
leider zu zählen. Ferner sind die Be-    tung der Säle nicht mehr zulässt, falls
schaffungspflichten über Art. 33 Abs.    der volle Sitzungsbetrieb wieder auf-
5 GG, § 46 DRiG i. V. m. § 45            genommen werden sollte. Die bishe-
BeamtStG auch Bestandteil der Für-       rige Verteilung von Sitzungssälen
sorgepflicht. Zu deren Kern gehört,      wird vielerorts nicht unverändert
dass die Gesundheit der Richter und      beibehalten werden können, da Min-
Staatsanwälte durch die amtliche Tä-     destabstände zu gewährleisten sind.
tigkeit nicht gefährdet wird. Kosten-    Vergleichbare Verteilungsprobleme
argumente dürfen aufgrund der ver-       können sich beim Zugang zu Video-
fassungsrechtlichen      Verankerung     konferenzanlagen,      Schutzmasken,
                                         Abtrennungen       oder    künftigen
Saarländischer Richterbund - Saarländischer Richterbund
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                       Impfmöglichkeiten ergeben.              Sitzungssälen begonnen. Auch die ab-
                                                               rupt gestiegene, wenn auch noch aus-
                       Die Einführung von Mitbestim-           baufähige Akzeptanz von im Wirt-
                       mungsrechten der Gremien wäre           schaftsleben seit langer Zeit gängigen
                       hier ein wichtiger Beitrag zur Kon-     technischen Innovationen, vor allem
                       fliktvermeidung. Art. 97 GG kann        der Videokonferenztechnik, ist er-
                       durch seine Leistungs- und Teilha-      freulicherweise festzustellen. Aus der
                       befunktionen gerade bei unvorher-       Vielzahl der weiteren Beispiele soll
                       sehbaren Krisen eine wichtige Er-       hier nur die Amtshilfe des Geldmuse-
                       möglichungsnorm darstellen. Für         ums der Bundesbank genannt werden,
                       die gegenwärtige Krise sollte in Be-    die dem Landgericht Frankfurt als
                       zug auf die Judikative als verfas-      Leihgabe eine Personenführungsanla-
                       sungsrechtlicher     Entscheidungs-     ge („Tourguide“) mit Funkmikrofon
                       maßstab gelten, dass zu mobilisie-      und empfangsfähigen Endgeräten ein-
                       ren und ggf. zu beschaffen ist, was     gebracht hat und die fortan ein siche-
                       notwendig für die Förderung der         res und effizientes Simultandolmet-
                       infektiologisch sicheren Dienstaus-     schen in Strafprozessen ermöglichen
                       übung ist.                              könnte. Prädikat: Zur dauerhaften
                       Was an Sachmitteln vorhanden ist,       Anschaffung dringend empfohlen!
                       muss nutzbar sein.                      KEINE RÜCKKEHR ZUM STATUS
       Der DRB hat
                                                               QUO
           wichtige    Bei dieser Mobilisierung haben die
    Gesetzgebungs-     handelnden Personen vieles richtig      Die von Art. 97 GG, dem Rechtsstaats-
vorhaben, wie z. B.    gemacht, was Dank und Anerken-          prinzip und den Justizgrundrechten
  die Verlängerung     nung verdient. Auch zahlreiche          eingeforderte und durch pragmati-
                der    Kolleginnen und Kollegen haben          sches und lösungsorientiertes Handeln
   Unterbrechungs-     die Justizverwaltung mit Anregun-       eingeleitete Ermöglichungsphase muss
         fristen für   gen und Improvisationstalent tat-       über die Dauer der Krise hinaus unbe-
     Strafprozesse,    kräftig unterstützt. Auf Gesetzge-      dingt aufrechterhalten bleiben. Ein
mitangestoßen und      bungsebene hat der DRB wichtige         Nachlassen oder gar eine unhinter-
            geprägt.   Gesetzgebungsvorhaben, wie z. B.        fragte Rückkehr zum Status quo kann
                       die Verlängerung der Unterbre-          es nicht geben, auch weil die Ermögli-
                       chungsfristen für Strafprozesse, mit-   chungsnorm Art. 97 GG den
                       angestoßen und geprägt und befin-       „Innovationsrückbau“ gar nicht ohne
                       det sich in Berlin in ständigem Aus-    Weiteres zulassen dürfte. Dass es den-
                       tausch mit den zuständigen Mini-        noch so kommen könnte, ist nicht zu
                       sterien. Auch Vorschläge des Rich-      hoffen, nach der Krisenrhetorik in der
                       terbundes Hessen sind zu Positio-       hessischen Justiz aber auch nicht aus-
                       nen auch der Leitungsebene gewor-       zuschließen, nach der auf ein
                       den (siehe z. B. die an die Bundes-     „Herunterfahren“ zwangsläufig das
                       ministerin der Justiz gerichtete For-   „Wiederanfahren“/„Hochfahren“ oder
                       derung der Staatsministerin nach        der „Normalbetrieb“ folgen muss. Die
                       einer Ausweitung von Videover-          Sehnsucht der Berufsjuristen nach
                       handlungen und schriftlicher Ver-       Orientierung verlangt nach klar ab-
                       fahren und nachfolgend BRat Drs.        grenzbaren, subsumtionsfähigen Kate-
                       211/20).                                gorien. Es gilt das Dichterwort: „Denn
                       TECHNISCHE AUFRÜSTUNG                   eben wo Begriffe fehlen, da stellt ein
                                                               Wort zur rechten Zeit sich ein.“ Die
                       In für Justizverhältnisse atemberau-    unmittelbare (goetheanische) An-
                       bender Geschwindigkeit hat die si-      schauung hat uns aber ein viel stärker
                       cherheitstechnische Aufrüstung von      geschichtetes Dienstgeschehen ge-
SOMMER 2020                                                                      Seite 11

zeigt, und zwar individuell in allen     matischer) „eingeschränkter Normal-
Schattierungen des Diensteifers, der     betrieb“.
Professionalität und der persönlichen
Krisenfestigkeit auf allen Hierarchie-   Die Vorkrisenthemen der konstruk-
ebenen. Ein Stillstand oder auch nur     tiv-kritischen Arbeit des Richterbun-
ein kurzfristiges Anhalten des gesam-    des Hessen, wie z. B. Gremienbeteili-
ten Systems der Rechtspflege war da-     gung, Besoldung, Belastung, Beteili-
bei trotz aller neuen Herausforderun-    gung, Ausstattung, E-Akte, (IT-)Si-
gen und Beeinträchtigungen nirgend-      cherheit und Organisation der Eil-
wo      festzustellen.   Wer      vom    und       Bereitschaftsdienste,   sind
„Wiederanfahren“/„Hochfahren“ o-         schließlich nicht verschwunden. Sie
der       der       Rückkehr      zum    werden gegenwärtig nur von einem
„Normalbetrieb“ spricht, sollte sich     alles beherrschenden Thema überla-
der Schiefe des Bildes bewusst sein.     gert. Es bleibt zu hoffen, dass die
Die „Normalität“ des anzustrebenden      Pandemie-Folgen vorhandene Defizi-
Dienstbetriebs wird bei alledem          te nicht wesentlich verschärfen wer-
durch einen Ex-ante-Vergleich mit        den und die in der Krise schüchtern
dem bis Ende Februar herrschenden        zutage getretene Innovationskraft
Ist-Zustand, nicht aber durch eine       der Justiz durch eine gemeinsame
Beschreibung des Soll-Zustands der       Anstrengung des Staates erhalten
Justiz nach dem Abebben der akuten       bleibt.                                  Ein Stillstand oder
Ausbreitung der Epidemie konstru-                                                 auch nur ein
                                         Johannes Schmidt,                        kurzfristiges
iert. Insoweit wäre die Rückkehr         Landesvorsitzender des Hessischen        Anhalten des
zum „Normalbetrieb“ auch eine            Richterbundes                            gesamten Systems
Rückkehr zu dessen Einschränkun-                                                  der Rechtspflege war
gen, also ein (sprachlogisch proble-                                              trotz aller neuen
                                                                                  Herausforderungen
                                                                                  und
                                                                                  Beeinträchtigungen
                                                                                  nirgendwo
                                                                                  festzustellen.
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                   Corona-Splitter: Erkenntnisse und Erlebnisse

            Die Sitzungssäle werden an allen Ge-
            richten knapper. An den Familienge-
            richten ist das besonders schwierig.
            Während Strafsäle meistens recht groß
            sind, sind familiengerichtliche Verhand- Der Moment, in dem ich glaubte, wie-
            lungssäle üblicherweise recht klein.     der am Ort meiner Kindheit, in der
                                                     DDR, zu sein, war der, als der Landge-
            Dabei sind hier häufig mehr als zehn richtspräsident die Mail verschickte, in
            Verfahrensbeteiligte (Dolmetscher, Ju- der er die Mitarbeiter bat, wenn mög-
            gendamt, Verfahrensbeistand, Eltern, lich, Atemmasken zu nähen und bei
            Anwälte, Kinder) in einem Saal unter- der Landgerichtsverwaltung abzuge-
            zubringen. Eine Herausforderung für die ben.
            Gerichtsverwaltungen, die taugliche
            Säle zur Verfügung stellen müssen.       Wie früher: Wir brauchen etwas, das
                                                     es nicht zu kaufen gibt und müssen es
            Mancherorts ein unlösbares Problem.      deshalb selbst herstellen….       c.d.

                                                     Die Angst vor der Nach-Corona-Zeit
                                                     und den rechtlichen Folgen von Corona
                                                     ist groß. Schon jetzt gibt es typische
                                                     Corona-Fälle an Betreuungs-, Verwal-
                                                     tungs-, Arbeits- und Sozialgerichten.
                                                     Aber auch Familiengerichte und selbst
                                                     Zivil- und Strafgerichte bekommen es
                                                     zunehmend mit Vorgängen mit Corona-
                                                     Bezug zu tun. Die Verfahrensleitung ist
                                                     an vielen Stellen komplexer geworden.
                                                     Die aufgelaufenen Rückstände aus der
                                                     Unterbrechungszeit müssen bewältigt
                                                     werden.
                                                     Und keiner weiß, wie viele Verfahren
                                                     auf die Gerichte noch zukommen wer-
                                                     den, bei denen Coronafolgen aufgear-
                                                     beitet werden müssen.

                                                     Kürzlich äußerte sich Rechtsanwalt J.
           Wir sind systemrelevant.                  am Vormittag noch skeptisch, ob der
           Endlich amtlich bescheinigt.              Scheidungstermin am Nachmittag un-
                                                     ter Verwendung von Videokonferenz-
                                                     technik klappen werde. Im Termin
           Medizinische Daten werden in der          stellte er dann fest, dass dies ungeahnte
           Pandemie plötzlich öffentlich. Der        Vorteile mich sich bringt: Endlich
           Dienstherr versendet Emails, man mö-      Rauchen während der Gerichtsver-
           ge sich melden, wenn man von dem          handlung.“
           covid-infizierten Kollegen V. angeniest
           worden ist. Dabei weiß jeder, der den
           Kollegen kennt, dass er sich auch ohne
           Corona lieber aus dem Fenster stürzen
           würde als irgend jemanden anzuniesen
           ….
SOMMER 2020                                                                      Seite 13

Auswirkungen von Corona auf die Wachtmeisterinnen und
Wachtmeister des Landgerichts
Bereits während des Shutdowns ha-        Zu den Aufgaben der Wachtmeiste-
ben die Wachtmeisterinnen und            rei gehört es darüber hinaus, die Ein-
Wachtmeister mit dafür gesorgt, dass     haltung der Maßnahmen zum Infek-
der verbleibende Sitzungsbetrieb auf-    tionsschutz sicherzustellen, insbe-
rechterhalten werden konnte, obwohl      sondere auf die Maskenpflicht im
auch in diesem Bereich coronabedingt     Gebäude hinzuweisen, deren Einhal-
personelle Ausfälle zu verkraften wa-    tung und die Einhaltung der Ab-
ren.                                     standsregelungen zu kontrollieren.         Nadine Robert
                                         Nur in begrenztem Umfang vorhan-
Für die Wachtmeisterinnen und
                                         dene Ausstattung wie Plexiglaswän-
Wachtmeister des Landgerichts war es
                                         de, Dokumentenkameras und Bea-
auch nicht überraschend, dass im
                                         mer sind auf die Sitzungssäle zu ver-
Rahmen des Shutdown ausgefallene
                                         teilen und nach Bedarf im Laufe ei-
Sitzungen nun in gehäuftem Umfang
                                         nes Sitzungstages ggf. mehrfach um-
nachgeholt werden. Im Zusammen-
                                         zuverteilen.
hang damit stellt sich für die Wacht-                                             Neue Aufgabe für
meisterei nicht nur die Frage der Ver-   Ohne das besondere Engagement der        die
fügbarkeit geeignet großer Sitzungssä-   Wachtmeisterinnen und Wacht-             Wachtmeisterei:
le und deren Zuteilung sowie die Eig-    meister wären ein reibungsloser Ab-      Sicherstellung des
nung der Säle zur Nutzung von bei-       lauf und ordnungsgemäßer Sitzungs-
                                                                                  Infektions-
                                                                                  schutzes,
spielsweise Videokonferenzen.            betrieb nicht möglich.                   besonders Kontrolle
Die Wachtmeisterinnen und Wacht-         Nadine Robert                            der Maskenpflicht
meister sind bemüht, auftretenden                                                 und der Abstands-
Änderungswünschen nachzukommen.                                                   regelungen
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                           Erinnerung an das Konzept der Selbstverwaltung der Justiz:
                           Die Dritte Gewalt muss sich selbst verwalten
                           (Eine Information des Deutschen Richterbundes aus dem Jahr 2018)

                           Die Exekutive hält die Gerichte       fordert deshalb eine selbstverwaltete Jus-
                           und Staatsanwaltschaften bislang      tiz, wie sie in fast allen Staaten Europas
                           in vielfältiger Abhängigkeit. Über    üblich ist. Die Dritte Gewalt muss sich
                           Einstellungen und Beförderungen       wie Legislative und Exekutive in ihren
                           von Richtern und Staatsanwälten       Organisationsbereichen selbst verwalten
                           entscheidet in vielen Bundeslän-      können. Das beinhaltet, dass sie das
                           dern der Justizminister allein.       Recht erhält, ihren Haushalt unmittelbar
                           Personal- und Sachmittel weist        beim Parlament einzuwerben. Im verfas-
                           der Finanzminister zu oder            sungsrechtlich zulässigen Rahmen muss
                           streicht sie wieder nach Haus-        die Justiz ihre Personalentscheidungen
                           haltslage.                            selbst treffen können. Eine Rechen-
                                                                 schaftspflicht darf nur gegenüber dem
                           Der im Grundgesetz verbriefte
                                                                 Parlament bestehen.
                           Anspruch des Bürgers auf Justiz-
           Der Deutsche    gewährung, auf Zugang zur Jus-        Das Grundgesetz steht der Einführung
     Richterbund (DRB)
            fordert eine   tiz, ein faires Verfahren, eine zü-   einer Selbstverwaltung der Justiz nicht
       selbstverwaltete    gige Entscheidung und die Mög-        entgegen. Mit dem Entwurf eines Lan-
 Justiz, wie sie in fast   lichkeit     eines    Rechtsmittels   desgesetzes zur Selbstverwaltung der Jus-
 allen Staaten Europas
  üblich ist. Die Dritte   bleibt dabei mitunter auf der         tiz hat der Richterbund dargelegt, dass
 Gewalt muss sich wie      Strecke. Politische Einflüsse, Par-   und wie in den bestehenden verfassungs-
         Legislative und   tei- und Kabinettsdisziplin hin-      rechtlichen Strukturen die Länder im
     Exekutive in ihren    dern die Justizminister, die nötige   Rahmen ihrer Justizhoheit eine Selbst-
          Organisations-
       bereichen selbst    Abhilfe zu schaffen. Eine offene      verwaltung einführen können. Die
    verwalten können.      Diskussion über die gesellschaft-     Staatsanwaltschaft ist als Organ der
                           liche Stabilisierungsfunktion ei-     Rechtspflege und Teil der Dritten Gewalt
                           ner bedarfsgerecht ausgestatteten     in die Selbstverwaltung der Justiz einzu-
                           Justiz findet nicht statt.            beziehen. Das Grundgesetz trifft keine
                                                                 Aussage zu den Staatsanwaltschaften und
                           Der Deutsche Richterbund (DRB)
                                                                 steht damit einer Einbeziehung in einer
                                                                 selbstverwalteten Justiz nicht entgegen.
                                                                 Mit dem Anklagemonopol, den übertra-
                                                                 genen Befugnissen und dem justiztypi-
                                                                 schen Rahmen für von ihr zu treffende
                                                                 Entscheidungen steht sie der Justiz um
                                                                 vieles näher als der Exekutive.
                                                                 Weitere Informationen, beispielsweise
                                                                 einen Mustergesetzentwurf finden Sie
                                                                 auf der Webseite des Deutschen Richter-
                                                                 bundes unter
                                                                 https://www.drb.de/positionen/
                                                                 verbandsthemen/selbstverwaltung-der-
                                                                 justiz/
SOMMER 2020                                                                 Seite 15

Das Saarland ist Tabellenletzter
Die Besoldung und Versorgung der saarländischen Richterinnen und
Richter und Staatsanwältinnen und Staatsanwälte

Nach den neuen Berechnungen des      soldung bundesweit. Das Saarland
Deutschen Richterbundes ist die R-   ist nun also Schlusslicht. Dies wird
Besoldung und Versorgung im Saar-    durch die nachstehenden Über-
land durchweg die schlechteste Be-   sichten eindrucksvoll belegt:

                                                                              Werner Kockler
Musterfälle R-Besoldung in Deutschland (© Grafiken: DRB)
Stand: Dezember 2019
Seite 16   INFOBRIEF
SOMMER 2020                                                                       Seite 17

Hierbei ist nicht einmal berücksich-    genteil weiter zurückfallen. Dort
tigt, dass die Besoldungsanpassungen    ist nämlich zu dem Tarifergebnis
in den Jahren 2019, 2020 und 2021       von 3,2 % ab dem 01.01.2019 bzw.         Die
gegenüber den anderen Bundeslän-        2020 zum 01.07. eines jeden Jahres
                                                                                 Besoldungserhöhung
                                                                                 in 2021 im Saarland
dern und dem Bund zu weiteren           noch ein Zuschlag von 2 % be-            wird um 0,3% über
Nachteilen geführt haben bzw. füh-      schlossen worden. Dies wird mit          dem Tarifabschluss
ren werden. Während fast alle ande-     Sicherheit im Hinblick auf die Ge-       liegen . Das Saarland
ren Länder, bis auf ganz geringfügige   winnung       eines     qualifizierten   wird damit aber
                                                                                 keineswegs
Ausnahmeregelungen, das Ergebnis        Nachwuchses zumindest langfris-          besoldungsmäßig den
der Tarifeinigung der Länder (TvL)      tig negative Auswirkungen für die        Anschluss an die
sowohl inhalts- als auch zeitgleich     saarländische Justiz haben. Gute         anderen Bundesländer
übernommen haben, traten und tre-       Assessorinnen und Assessoren             finden.
ten die beschlossenen Besoldungser-     werden sich weitaus eher für den
höhungen im Saarland erst mit deut-     Justizdienst in Rheinland-Pfalz
licher zeitlicher Verzögerung in        oder auch in anderen Bundeslän-
Kraft, und zwar nicht wie sonst je-     dern bewerben. Anreize für einen
weils zum Jahresbeginn, sondern         Einstieg in die Justiz, für den Ge-
2019 zum 01.08., 2020 zum 01.06.        winn qualifizierten Nachwuchse
und 2021 zum 01.04. Dies führt          sind in anderen Bundesländern
selbstverständlich auch zu einem        bereits in vielfältiger Weise getrof-
nicht unerheblichen Einkommens-         fen worden. So ist in einigen Bun-
nachteil. Dabei soll hier nicht ver-    desländern – auch im haushalts-
schwiegen werden, dass die Besol-       schwachen Bremen – die Ein-
dungserhöhung in 2021 im Saarland       gangsstufe in der Besoldungsgrup-
um 0,3% über dem Tarifabschluss         pe R1 gestrichen worden. Andere
liegen wird. Das Saarland wird damit    Länder, wie z.B. Brandenburg,
aber keineswegs besoldungsmäßig         zahlen                    sogenannte
den Anschluss an die anderen Bun-       „Attraktivitätszuschläge“.
desländer finden. Gerade im Ver-
                                        Vorsichtig positiv zu bewerten ist
gleich mit unserem Nachbarland
                                        im Saarland die Schaffung einer
Rheinland-Pfalz werden wir im Ge-
Seite 18                                             INFOBRIEF

                         Besoldungskommission unter Betei-       lenhebungskonzepte, Zulagen in
                         ligung der Gewerkschaften und des       der Justiz, die Nachwuchsgewin-
                         Saarländischen Richterbundes. Ge-       nung und Änderungen im Beihilfe-
                         nauso wie die jährlichen Spitzenge-     recht.
                         spräche zwischen Landesregierung
                                                                 Einigkeit bestand darin, dass durch
                         und den Gewerkschaften und dem
                                                                 das weitere Auseinanderdriften des
                         Saarländischen Richterbund, ist die
                                                                 Besoldungsgefüges zwischen den
                         Errichtung der Besoldungskommis-
                                                                 einzelnen Bundesländern es in na-
                         sion eine bundesweit einmalige Ein-
                                                                 her Zukunft zu einer erheblichen
                         richtung. Diese Besoldungskommis-
                                                                 Konkurrenz        um    qualifizierten
                         sion hat auch bereits einmal getagt,
                                                                 Nachwuchs kommen wird. Obwohl
                         und zwar am 06.03.2020, allerdings
                                                                 rechtspolitisch z.Zt. kaum durch-
                         ohne Beteiligung des Saarländi-
                                                                 setzbar, soll sich der Deutsche Rich-
                         schen Richterbundes. Ein entspre-
                                                                 terbund weiterhin für eine Rück-
                         chendes Protokoll liegt noch nicht
                                                                 kehr zu einer bundeseinheitlichen
                         vor. Die Einladung zu dieser Veran-
                                                                 R-Besoldung einsetzen.
                         staltung kam recht kurzfristig und
                         kollidierte zudem zu der bereits        Stellenhebungskonzepte und ein
                         langfristig anberaumten Sitzung der     verbessertes Zulagensystem wurden
    Durch das weitere
                         Besoldungsexperten der Länder des       zwar nur durchgängig, aber mehr-
   Auseinanderdriften
                   des   Deutschen Richterbundes ebenfalls       heitlich als Mittel zur Steigerung
   Besoldungsgefüges     am 06.03.2020 in Berlin.                der Attraktivität im Justizdienst an-
         zwischen den                                            gesehen. Einige Bundesländer, wie
            einzelnen    Die Besoldungsexperten der Länder
                                                                 z.B. Bayern, haben mit Stellenhe-
  Bundesländern wird     des Deutschen Richterbundes tref-
  es in naher Zukunft                                            bungen, vor allem im Bereich der
                         fen sich bereits seit über 10 Jahren
 zu einer erheblichen                                            Direktoren, bereits gute Erfahrun-
       Konkurrenz um     regelmäßig einmal im Jahr in Ber-
                                                                 gen gemacht.
        qualifizierten   lin. Zweck dieser Treffen ist ein
 Nachwuchs kommen.       dauerhafter Austausch über die un-      Diskutiert wurde auch die in man-
                         terschiedlichen Entwicklungen in        chen Bundesländern (Hamburg,
                         den Bundesländern zur Besoldung,        Bremen, Thüringen) eingeführte
                         Versorgung, der Beihilfe und den        Möglichkeit einer pauschalierten
                         damit verbundenen Auswirkungen          Beihilfe. Das Grundkonzept einer
                         auf sonstige Bereiche der Justiz, wie   solchen pauschalierten Beihilfe
                         z.B. die Nachwuchsgewinnung oder        sieht dabei so aus, dass die Möglich-
                         die Stellenbesetzungen. Anträge         keit einer Vollversicherung in der
                         und Anregungen der Arbeitsgruppe        gesetzlichen Krankenversicherung
                         werden in den Bundesvorstand und        eingeräumt wird, wobei dann das
                         die Bundesdelegiertenversammlung        Land jeweils den hälftigen Versi-
                         zur Beschlussfassung eingebracht.       cherungsbeitrag übernimmt; ebenso
                         Der jährliche Länderbesoldungsver-      in einer Privatversicherung, wobei
                         gleich ist z.B. auf Anregung der        hier allerdings der hälftige Beitrag
                         Arbeitsgruppe entstanden.               des Dienstherrn auf den Basistarif
                                                                 beschränkt sein soll. Vor- und
                         Themen der diesjährigen Sitzung
                                                                 Nachteile einer pauschalierten Bei-
                         waren der Besoldungsvergleich
                                                                 hilfe hier ausführlich darzulegen,
                         (s.o.), mögliche strukturelle Verän-
                                                                 würde den Rahmen dieses Beitrages
                         derungen in der R-Besoldung, Stel-
SOMMER 2020                                                                     Seite 19

 sprengen. Die pauschalierte Beihilfe    Regelungen. Teilweise wird auch
 kommt ohnehin regelmäßig nur für        vertreten, dass nur eine Klage die
 Berufsanfänger in Betracht. Mehr-       Verjährung hemmen kann. Der
 heitlich wurde die Einführung der       Saarländische Richterbund wird für
 pauschalierten Beihilfe abgelehnt.      das Saarland auf eine rechtssichere
                                         Klärung dieser Frage drängen.
                                         Beim BVerfG sind weiterhin die
 Aus Baden-Württemberg gab es zwei
                                         beiden Vorlagebeschlüsse des VG
 interessante Themen zu erfahren.
                                         und des OVG Saarlouis zur Verfas-
 Dort     wurde     ein      Online-     sungswidrigkeit der R1- und R2-
 Versorgungsrechner      eingeführt.     Besoldung anhängig. Es ist noch
 Über dieser Rechner kann jeder un-      nicht absehbar, wann hierüber ent-
 ter Angabe seiner persönlichen Da-      schieden wird.
 ten seine künftige Versorgung er-
                                         Der Verfasser dieses Berichts hatte
 rechnen.
                                         gehofft, dass an dieser Stelle auch
 Nachdem das BVerfG mit Entschei-        über die sehnlichst erwartete Ent-
 dung vom 16.10.2018 – 2 BvL 2/17 –      scheidung des BVerfG zum Vorla-
 die Grundgesetzwidrigkeit der Ab-       gebeschluss des BVerwG vom
 senkung der Eingangsbesoldung in                                               Beim BVerfG sind
                                         22.09.2017 – 2 C 56/16 – zur Berli-    weiterhin die beiden
 Baden-Württemberg erklärt hatte,        ner Besoldung berichten zu kön-        Vorlagebeschlüsse des
 wurde an alle hiervon Betroffene        nen. Das BVerwG hatte in seinem        VG und des OVG
 inzwischen für die Jahre 2013 – 2017                                           Saarlouis zur
                                         Vorlagebeschluss die Auffassung        Verfassungswidrigkeit
 eine Nachzahlung geleistet. Leider      vertreten, dass es für eine evidente   der R1- und R2-
 hat sich das Saarland lediglich damit   Verfassungswidrigkeit der Besol-       Besoldung anhängig.
 begnügt, in Kenntnis der obigen Ent-                                           Es ist noch nicht
                                         dung auch ausreichend sei, wenn        absehbar, wann
 scheidung, die Absenkung der Ein-       lediglich zwei von fünf Parametern     hierüber entschieden
 gangsbesoldung zum 01.04.2019 auf-      aus der Grundentscheidung des          wird.
 zuheben. Nachzahlungen an die Be-       BVerfG von 2015 erfüllt seien, diese
 troffenen sind nicht erfolgt, obwohl    dann aber deutlich über der aufge-
 bereits bei der Einführung der Ab-      stellten 5 %- Grenze liegen müss-
 senkung 2010 zumindest fast allen       ten. Berichterstatter ist der schei-
 klar war, dass damit ein Grundge-       dende Präsident des BVerfG Voß-
 setzverstoß verbunden war. Hierauf      kuhle. Mit seinem jetzigen Aus-
 hat der Saarländische Richterbund in    scheiden wird sich eine Entschei-
 den Spitzengesprächen immer hinge-      dung des BVerfG in dieser Sache
 wiesen.                                 wohl wieder deutlich verzögern.
 In diesem Zusammenhang wurde            Werner Kockler
 auch diskutiert, ob es notwendig sei,
 jährlich Widerspruch gegen die der-
 zeitige Alimentation einzulegen, um
 nicht eventuelle Nachzahlungsan-
 sprüche wegen Verjährung derselben
 zu verlieren. Hierzu gibt es in den
 Bundesländern ganz unterschiedli-
 che Rechtsauffassungen und auch
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                       Gelungener Verfassungstag 2019:
                       Hexenjagd im Landgericht

                       Am 12.12.2019 lud das Ministerium        geführt hatte, begann die spannen-
                       der Justiz zur Feier des Verfas-         de Aufführung mit professionellen
                       sungstages ein und hatte ein beson-      Schauspielern und Laiendarstellern,
                       deres Programm zu bieten. Unter          die das Stück in Alltagskleidung
                       dem Motto „Theater bei Gericht:          aufführten, wodurch man den Ein-
                       Der Gerichtssaal ist eine Bühne“         druck gewinnen konnte, das Stück
Stephanie Treitz
                       wurde eine Szene aus einem Thea-         spiele in der aktuellen Zeit. Nur der
                       terstück dargeboten. Dabei handelte      Darsteller, der den Richter und
                       es sich jedoch nicht um irgendeine       gleichzeitig auch den Ankläger
                       Szene, sondern um die Gerichtssze-       spielte, borgte sich noch kurzfristig
                       ne aus Arthur Millers „Hexenjagd“.       vor Beginn eine Robe bei einer
                       Für eine spannende Atmosphäre            Richterin und betrat damit kostü-
                       sorgte der Saal 38 des Landgerichts,     miert die Bühne.
 Die Schlüsselszene    der als Schauplatz diente.
                                                                Es sorgte gleich zu Beginn bei den
  des Stückes zeigt    Justizstaatssekretär Roland Theis        Zuschauern für Gänsehaut, dass ei-
       plastisch die   eröffnete den Abend und versprach        ne Person zugleich Richter und An-
  Wichtigkeit einer
demokratischen und     nicht zu viel, als er ankündigte, dass   kläger war. Die Schlüsselszene des
  rechtsstaatlichen    – auch wenn das Stück im Jahr 1692       Stückes zeigt plastisch die Wichtig-
    Verfassung, die    spielt – die darin behandelten The-      keit einer demokratischen und
       geeignet ist,   men aktueller denn je seien. Nach-       rechtsstaatlichen Verfassung, die
   Selbstjustiz und    dem Horst Busch, der Chefdrama-          geeignet ist, Selbstjustiz und Frem-
      Fremdenhass      turg und künstlerische Leiter des        denhass entgegenzutreten.
 entgegenzutreten.
                       Staatstheaters kurz in das Stück ein-
                                                                        Landgerichtssaal 38 als Bühne
SOMMER 2020                                                                   Seite 21

                                 Die jungen Schauspielerinnen beim Applaus

Das Schlusswort hatte der Präsident    maturg, den Darstellern und den
des Landgerichts Hans-Peter Frey-      Gästen ins Gespräch kommen.
mann, der den Abend mit einem
                                       Eine gelungene Weise, den Verfas-
selbst entworfenen Gedicht würdig
                                       sungstag zu feiern und hoffentlich
abschloss.
                                       nicht die letzte Veranstaltung dieser   Eine gelungene
Beim    anschließenden  Umtrunk        Art.                                    Weise, den
konnte man noch mit dem Chefdra-
                                                           Stephanie Treitz    Verfassungstag
                                                                               zu feiern und
    Abschlussfoto mit Staatssekretär, Büroleiterin und Landgerichtspräsident   hoffentlich
                                                                               nicht die letzte
                                                                               Veranstaltung
                                                                               dieser Art.
Seite 22                                         INFOBRIEF

                   Nachholtermin Mitgliederversammlung 2020
                   Unsere ordentliche Mitgliederversammlung mit Neuwahl des
                   Vorstandes werden wir am 21.09.2020, um 16 Uhr im VHS-
                   Zentrum am Schloss Saarbrücken nachholen. Anschließend
                   wird voraussichtlich ab 17 Uhr eine Podiumsdiskussion mit den
                   justizpolitischen Sprechern der Landtagsfraktionen stattfin-
                   den.

                   Information des drb-Bundesverbandes

                               „News am Mittag“

                               Ihr Nachrichtenüberblick aus Justiz, Rechtspolitik und Verband
                   Als Mitglied des Deutschen Richterbundes bleiben Sie stets auf dem Laufen-
                   den: Wir stellen für Sie täglich das Wichtigste aus Justiz und Rechtspolitik zu-
                   sammen. Die „News am Mittag“ bringen Sie von Montag bis Freitag auf den
           „News
           am      neuesten Stand der politischen Diskussion und geben die Medienauftritte der
       Mittag“     Verbandsvertreter wieder.
  Direktbezug      Ihre Vorteile:
         unter
                     Täglich über das Wichtigste informiert
newsammittag         Berufsbezogene Nachrichten kurz zusammengefasst
      @drb.de        Wissen, was der Verband in den Medien sagt
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                   Stimmen unserer Leser:

                   „Das ist ein wirklich sehr gutes Angebot – kurz und knapp das Wesentli-
                   che mit Links zur Vertiefung – herzlichen Glückwunsch zu diesem tollen
                   Angebot!“ - Andreas Brilla, Richter am Amtsgericht Sinsheim
                   „Eine tolle Idee. Der Nachrichtenüberblick bringt mich kurz und knapp auf
                   den neuesten Stand!“ - Daniel Franz, Richter am Landgericht Stade
                   "Für mich sind die News am Mittag gerade das Richtige: Ich bin in weni-
                   gen Minuten über alle aktuellen rechtspolitischen Themen informiert und
                   kann sie bei Bedarf über die Links vertiefen." - Kim Matthias Jost, Richter
                   am Landgericht Potsdam
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Zum Schluss:
Auf die Bürokratie ist Verlass!

Es ist einfach schön, Ende Mai 2020 eine Eingangsbestätigung für den im
Jahr 2018 gestellten Antrag auf amtsangemessene Alimentation zu bekom-
men.
Noch ein wenig schöner ist es, wenn diese mit dem Hinweis verbunden ist,
dass die Obliegenheit besteht, die Ansprüche für weitere Jahre zeitnah gel-
tend zu machen.

                                                                              „Hiervon
                                                                              unberührt bleibt
                                                                              die Obliegenheit,
                                                                              die Ansprüche
                                                                              auf amts-
                                                                              angemessene
                                                                              Alimentierung
                                                                              zeitnah geltend
                                                                              zu machen.“
Impressum
                                  Redaktion: Ri‘in Stephanie Treitz, Ri‘in Nadine Robert, RiLG Dr.
                                  Christian Dornis
                                  Namentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die
                                  Meinung oder Beschlusslage des Saarländischen Richterbundes
Saarländischer Richterbund
Bund der Staatsanwältinnen und    wieder.
Staatsanwälte, Richterinnen und
Richter                           Bildnachweis:
                                  Die Rechte für die Portraitfotos liegen bei den Abgebildeten.
Franz-Josef-Röder-Str. 15
(Justizgebäude)                   © übrige Fotos: Titelseite oben u. unten links, Seite 21
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                                  Cliparts S. 12 © lehrermarktplatz.de/autor/12616/frau-waschbaer
Vorsitzender und
verantwortlicher Redakteur        Grafiken S. 14-16 © Dt. Richterbund, www.richterbesoldung.de
RiLG Dr. Christian Dornis
                                  Cartoons: © Tim Oliver Feicke www.feickecartoons.de
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