Ausgabe 1 | 2021 - Geschlossene Kirchen - Geöffnete Räume
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Ausgabe 1 | 2021 Geschlossene Kirchen – Geöffnete Räume Wie die Pandemie die Gemeinden verändert
Kontakt Geschäftsstelle Evang. Kirchengemeindetag in Württemberg – Geschäftsstelle – Schloßberg 13 71032 Böblingen Tel. 07031 – 22 97 61 Fax 07031 – 410 1870 info@kirchengemeindetag.de Vorsitzender Dr. Henning Hoffmann Haller Str. 19 | 74076 Heilbronn Tel. 07131 – 724 99 55 vorstand@kirchengemeindetag.de Rechner Herbert Kehl Am Lachenrain 4 | 72172 Sulz a.N. Tel: 07423 – 0509510 rechner@kirchengemeindetag.de Bankverbindung KSK Ludwigsburg Impressum IBAN DE50 6045 0050 0002 0108 30 BIC SOLADES1LBG Herausgeber: Evangelischer Kirchengemeindetag in Württemberg Redaktion: Gerlinde Feine (verantwortlich) Internet www.kirchengemeindetag.de Andrea Bachmann Tel. 0711 – 45 804-59 Veröffentlichungen bestellen oder Änderungen Fax: 0711 – 45 804-77 Layout und Druck: Evangelisches Medienhaus GmbH Ihrer Mitgliedsdaten durchgeben können Sie über die Geschäftsstelle. Bildnachweis: Seite 1 und 4: Ingo Reimer, Seiten 3, 12, 14, 21, 26: Andrea Artikel für das Infoheft erreichen unsere Pressere- Bachmann, ferentin Andrea Bachmann M.A. unter: Seiten 13 und 14: CVJM Tübingen, alle anderen: privat andrea.bachmann@elkw.de 2
Editorial Liebe Leserinnen und Leser, nach einer langen Pause endlich wieder ein Info-Heft vom Kirchengemeindetag. Nur an Corona hat es natürlich nicht gelegen. Es wa- ren bereits Hefte in Planung und auch schon bearbeitet. Doch manchmal ballen sich be- rufliche und private Ereignisse so stark, dass Im Blickpunkt ehrenamtliche Tätigkeiten länger liegen blei- Digital, analog, hybrid – Kirchengemeinden ben. Aber keine Sorge: Es gibt uns noch, wir erfinden sich neu arbeiten und haben uns um die wichtigen Gerlinde Feine 4 Dinge gekümmert! Sie können sich denken, dass die Corona-Pandemie auch bei uns im Corona in der Kirche – Der KGT fragt nach Mittelpunkt steht. In diesem Heft können Sie Beiträge von: Sabine Foth, Joachim über Erfahrungen lesen, die in unseren Bezir- Botzenhardt, Erich Hartmann, Fritz Ruff, ken, Gemeinden, Gremien und sogar in New Angela und Cyrill Schwarz, Hans-Martin Härter 6 York gemacht wurden. Anfänglich gab es über- all eine gewisse Hilf- und Ratlosigkeit, aber Ein Schub an Kreativität – wie Corona schnell erwachte Kreativität an vielen Orten. unsere Gemeindearbeit verändert hat Kreativität beim Oberkirchenrat bis hin zu den Christoph Schweizer 16 Gemeindegremien. Niemand ließ sich durch nicht so gute Erfahrungen aufhalten, schnell Ein Gruß aus New York lernten alle, was funktionierte und was nicht. Miriam Groß 19 Viele Online-Angebote wollen die Gemeinden auch nach der Pandemie beibehalten, weil Im Kalender Menschen angesprochen wurden, die vorher Einladung zur KBA-Tagung 21 in den Gemeinden nicht sichtbar waren. Unse- re Kirche ist moderner geworden. Wir wollen Veranstaltungsübersicht 2021 22 hoffen, dass die Impfungen es uns bald wieder ermöglichen, die persönlichen Begegnungen Im Übrigen zu intensivieren. Diese Lücke gehört schnell Chancen für Zusammenarbeit – wieder geschlossen. Tauschen Sie sich mit den Interview mit Winfried Speck Nachbargemeinden und Bezirken über Ihre Er- Andrea Bachmann 25 fahrungen aus und schreiben Sie auch uns. Ich bitte für Sie alle um Gottes Segen und bleiben Ein Netz mit vielen Knoten Sie gesund! Gerlinde Feine 28 Ausblick auf die Mitgliederversammlung 2021 Ihr Henning Hoffmann Gerlinde Feine 31 3
im Blickpunkt Digital, analog, hybrid – Kirchengemeinden erfinden sich neu Gerlinde Feine, Geschäftsführerin des Evangelischen Kirchengemeindetags in Württemberg Alles war vorbereitet im Januar 2020: Das erste Werbetrommel rühren für die Veranstaltungen, KGT- Info nach längerer Pause sollte ein Begrü- auf die wir uns lange schon freuten. ßungsheft werden für die neugewählten Kirchen- gemeinderatsgremien und KBAs, sollte denen, die Doch kurz vor dem Erscheinungstermin des neu dazugekommen waren, unsere Arbeit vorstel- Heftes kam Corona und forderte Aufmerksamkeit. len und denen, die schon lange mit uns unterwegs Der Lockdown im März war wie eine Vollbrem- sind, Lust machen auf die voraussichtlichen The- sung auf freier Strecke. Auch wenn das öffentliche men der neuen Amtsperiode. Leben, wie wir es kannten, auf einmal stillstand, sahen sich die Kirchengemeinden plötzlich einer Es gab Beiträge zu dem großen und wichtigen Fülle an Aufgaben und Fragen gegenüber. Vieler- Projekt Struktur 2024 plus, das der KGT von An- orts waren die Gremien noch nicht konstituiert, fang an begleitet. Den Themen Digitalisierung und die jetzt eigentlich hätten Entscheidungen treffen Klimagerechte Kirche wollten wir viel Raum geben müssen. Eine Rechtsgrundlage für digitale Sit- und schließlich mit Überlegungen zu Kirche in der zungen musste genauso erst geschaffen werden Region Impulse geben für die anstehenden Pfarr- wie für Gottesdienste und Amtshandlungen unter planprozesse. Gerade zu den Kirchenwahlen hat- Pandemiebedingungen. Die Taskforce, die der ten viele Gemeinden ihre Rechtsform verändert: Oberkirchenrat einrichtete, versorgte die Ver- Verbünde wurden gebildet, Fusionen umgesetzt, antwortlichen oft erst sehr kurzfristig mit den neue Gemeinden gegründet. neuesten Informationen; vieles haben sich die Ge- meinden selbst erarbeitet. Solche Ereignisse sind immer auch ein Anlass In der Geschäftsstelle sammelten sich Fragen zu Mitgliedschaften zu überprüfen. Deshalb haben den Problemen auf die auch von der Kirchenlei- wir der Frage, was der KGT leistet viel Platz ein- tung erst nach und nach Antworten kamen. Es räumen wollen. Und schließlich wollten wir die ging um Abstimmungsmodalitäten und Entschei- 4
„Die Corona-Krise verändert Kirche nachhaltig.“ dungswege, um ins Stocken geratene Pfarrstel- und Gesamtkirchengemeinden, Pfarrpersonen lenbesetzungen und Gremien, die kommissarisch und Dekane. Ingenieure und Juristen, Geistes- im Amt bleiben mussten, weil sich die neuen noch wissenschaftlerinnen und Betriebswirte bringen nicht konstituiert hatten. Die Erfahrungen des ei- ihre berufliche Expertise ein und berichten aus der genen Lernprozesses mündeten in ein Webinar oberschwäbischen Diaspora oder den Verbund- zum Thema Digitale Kirchengemeinderatssitzung, gemeinden am Fuße der Alb ebenso wie aus den wie so oft in bewährter Zusammenarbeit mit dem Ballungszentren an Neckar und Donau. Allen ge- Referat Kirchengemeinderatsarbeit im Zentrum meinsam war die Erkenntnis, dass sich durch die Gemeindeentwicklung. Coronakrise Kirche auf Dauer nachhaltig verän- dern würde. Die Suche nach pandemiekonformen Früh schon stellten wir die Frage nach den finanzi- Angeboten setzte viel Kreativität frei, die auf Zu- ellen Folgen der Corona-Krise. Bei der Aufstellung kunft gerichtet ist. der Haushaltspläne hatte noch niemand geahnt, dass nun Equipment benötigt würde für Online- Der Kirchengemeindetag sieht seine Aufgabe da- Gottesdienste und Videokonferenzen, während rin, diese Prozesse zu bündeln, zu sichten und gleichzeitig Opfer und Spenden einbrachen. Mit weiter voranzutreiben. Die für Mitte November Nachdruck forderten wir von der Kirchenleitung 2020 geplante Mitgliederversammlung hätte sich Unterstützung, die dann auch in Form von Son- schwerpunktmäßig diesem Thema gewidmet; der derzuweisungen durch die Landessynode erfolgte. erneute Lockdown ließ die Durchführung nicht zu, Auch drängten wir darauf, die wirtschaftlichen so wie schon vorher die KBA-Tagung in Bad Boll Folgen des Lockdowns auf die Kirchensteuerent- abgesagt werden musste. Die Debatte wurde da- wicklung genau zu analysieren und transparent durch nicht gebremst. weiterzugeben, mit welchen Mitteln und eventu- ellen Reduktionen von Zuweisungen zu rechnen Bewusst haben wir uns dafür entschieden, die wäre. ursprünglich geplanten Beiträge zurückzustellen und stattdessen die Folgen von Corona zum The- Die Stärke des Kirchengemeindetags besteht unter ma zu machen. Dabei geht es nicht nur um das, anderem darin, dass die Vielfalt der Landeskirche was belastend war und ist, sondern vor allem um durch die regionale Zusammensetzung ebenso die Frage, was wir als Kirche aus der Krise mitneh- gewährleistet ist wie durch die Multiprofessiona- men und wo sie uns stärken kann. lität der Aktiven: Im Erweiterten Vorstand treffen Verwaltungsstellenleiter auf Kirchengemeinde- Denn die neuen Formen neben den bewährten ratsmitglieder, nebenberufliche Kirchenpfleger auf Formaten sind vor allem eine Chance, den ne- ehrenamtliche Vorsitzende von Bezirkssynoden gativen Entwicklungen der letzten 20 Jahre zu- 5
im Blickpunkt kunftsfähige Konzepte entgegenzusetzen. Dieses Mitgliedschaft werben. Auch deshalb weichen wir Heft enthält Beispiele dafür aus den unterschied- geringfügig vom gewohnten Schema ab. Aber was lichsten Arbeitsbereichen. Es stellt Fragen an die ist schon gewohnt in diesen Zeiten? Und wie viel Aufgabe von Kirchenleitung und Verwaltung und Neues haben wir ausprobieren dürfen, weil die es zeigt Perspektiven auf, in welche Richtung wir vertrauten Wege auf einmal verschlossen waren! jetzt unterwegs sind. Daneben finden sich Un- terstützungsangebote, Informationen zu unserer Ob digital, analog oder hybrid: Kirche ist im Auf- Arbeit und – bei aller gebotenen Vorsicht – opti- bruch, und der Kirchengemeindetag leistet dazu mistische Ausblicke auf die geplanten Veranstal- seinen Beitrag, wie es seit rund 30 Jahren ge- tungen für Kirchengemeinden und -bezirke. Last schieht. Höchste Zeit, dass Sie das nun nachlesen but not least möchten wir mit dieser Ausgabe, die können. wieder an alle Gemeinden versandt wird, für eine Gerlinde Feine Corona in der Kirche – Der KGT fragt nach Kein einziger Arbeitsbereich der Kirche blieb von den Auswirkungen und Einschrän- kungen der Pandemie verschont. Vom Kindergottesdienst bis zur Kirchenleitung, vom Schwarzwald bis New York – alle Verantwortlichen sahen sich plötzlich mit ganz neuen Herausforderungen konfrontiert. Nach dem ersten Schock stellten viele fest: In der einen oder anderen Notlösung steckt durchaus Potenzial. Und: wir sind nicht allein! Vernet- zung bekam noch einmal einen neuen Stellenwert. Der KGT hat sich umgehört und gefragt: Was hat sich in ihrem Arbeitsbereich am stärksten verändert? Was ist für Sie die größte Herausforderung? Wo haben sich auch Chancen aufgetan und was könnte „nach Corona“ gerne beibehalten werden? Welche Unterstützung durch die Landeskirche gab es, bzw. inwieweit können Sie andere unterstützen? Die Antworten bieten ein vielfältiges, wenngleich nicht vollständiges Bild, das deutlich macht, wie trotz aller Mühseligkeiten und Herausforderungen Kreativität, Offenheit und Vertrauen in die Kraft des Evangeliums den Umgang mit dieser Krise beherrschten. 6
Die Synodalpräsidentin: Die Vorzüge der Digitalisierung Auch hier bin ich mit meinem ersten Gedanken gleich bei den neuen Möglichkeiten durch die Die Synode hatte sich gerade konstituiert, als der Digitalisierung. Menschen konnten aus der Qua- erste Lockdown kam. Viele Fachausschüsse konn- rantäne hinaus trotzdem an Sitzungen teilneh- ten sich nicht mehr treffen. Wir haben sehr schnell men. Weite Anfahrtswege zu Sitzungen entfallen, die gesetzlichen Rahmenbedingungen dafür ge- die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Ehrenamt schaffen, dass die Synode, deren Ausschüsse wird erleichtert, digitale Sitzungen sind ein Beitrag und weitere kirchliche Gremien audiovisuell oder zum Klimaschutz. Die Möglichkeit sollte beibehal- hybrid tagen können. Das war nur möglich, weil ten werden, auch wenn präsente Sitzungen weiter die Synode seit der 15. Landessynode papierlos sehr wichtig sind. arbeitet, die Synodalen also mit der notwendigen Hardware sowie dem Zugriff auf Dokumente durch Die Geschäftsstelle der Landessynode ist in en- ein eigenes Portal ausgestattet waren. Die Heraus- gem Austausch mit anderen Synoden und gibt ih- forderung der Technik hatten wir daher nicht. Aber ren Erfahrungsschatz zu papierloser Synode und das Gespräch in der Pause, das Kennenlernen am digitalen Sitzungen weiter. Abend nach den Sitzungen hat etwas gefehlt. Sabine Foth 7
im Blickpunkt Die Kirchengemeinderätin: die Herausforderung, die Kinder und ihre Familie Chancen für Kooperation und Vernetzung mit anderen Angeboten zu erreichen und in Kon- takt zu bleiben. Wir können jetzt digitale Sitzungen des Kirchen- Wir haben als Gesamtverband für Kindergottes- gemeinderats durchführen. Eine gute Einrichtung, dienst in Württemberg zusammen mit allen Kin- um trotz Pandemie arbeiten zu können, auch wenn dergottesdienstverbänden schnell einen eigenen der persönliche Austausch am Ende der Sitzung Youtube-Kanal auf die Beine gestellt, hier werden nicht wie gewohnt möglich ist. Herausfordernd ist nahezu wöchentlich Kindergottesdienste aus allen hier, dafür zu sorgen, dass die Technik auch bei Landeskirchen angeboten. Wir erreichen damit nicht-technikaffinen Mitgliedern läuft. auch Familien, die wir vorher nicht erreicht haben, Der Kindergottesdienst in der gewohnten Form das sollten und werden wir beibehalten. war teilweise gar nicht mehr möglich. Hier besteht Die Möglichkeit der digitalen Sitzung sollte weiterhin, wenn auch nicht immer, genutzt werden. Gestreamte Gottesdienste können eben- falls sinnvoll sein. Ich denke z. B. an Konfirmationen, an denen Verwandte aus gesundheitlichen Gründen nicht teilneh- men können. Allerdings sollte sich nun nicht jede*r Haupt- oder Ehrenamtliche genötigt sehen, diese anzubieten. Koope- rationen (z. B. durch Links auf der eigenen Internetseite) mit Nachbargemeinden oder weiter entfernten Gemeinden sind auch eine gute Möglichkeit der Vernetzung. Die Ideenseite zu Weihnachten der Landes- kirche habe ich als hilfreich empfunden. In unserer Kinderkircharbeit waren wir viel- fältig vernetzt und haben uns gegenseitig unterstützt. Sabine Foth Die Präsidentin der Landessynode Sabine Foth ist in den Vorständen von Landes- und Gesamtverband für Kindergot- tesdienst und als Kirchengemeinderätin ihrer Heimatgemeinde Stuttgart-Heslach ganz direkt für den Kindergottes- dienst verantwortlich. Sie blickt gleich aus zwei Perspektiven auf die Folgen der Pandemie in der kirchlichen Arbeit. 8
Dekan Joachim Botzenhardt, Kirchenbezirk und Verbundkirchengemeinde Neuenbürg Ein Frontalangriff auf die Vereinskirche Ich bin mir sicher, dass die Kirche als Organisa- tion durch die Pandemie kommt, auch wenn wir Die Konstituierung unserer Bezirkssynode musste finanzielle Einbrüche zu verkraften haben. Die Kin- wegen Corona zweimal verschoben werden. Wir dergärten haben verlässlich gearbeitet, die Diako- wollten unsere langjährige Synodalvorsitzende niestationen waren bei den Menschen und auch Renate Maier nach 50 (!) Jahren im Ehrenamt in unsere Pfarrerinnen, Pfarrer und Diakoninnen Kirche und Kommunalpolitik unbedingt gebüh- haben viel Neues und Kreatives erprobt. Ich kann rend im Kreise der Synode verabschieden. Digital den Eindruck nicht teilen, dass wir uns als Kirche oder im Umlaufverfahren erschien uns das unpas- wie gelähmt zurück gezogen hätten, jedenfalls send. nicht an der Basis. In der ersten Phase war die Corona-Hotline für die Große Sorgen mache ich mir allerdings um die Pfarrämter wichtig und hilfreich. Kirche als Bewegung. Persönliche Momente Wir waren von Anfang an arbeitsfähig und konn- fehlen mir sehr. Begegnungen und tatsächliche ten mit Videokonferenzen den Betrieb Kirche am Kontakte musste ich auf ein Mindestmaß herun- Laufen halten. Sehr hilfreich war die einheitliche terfahren. Kontakte, Begegnung, Austausch und PC-Ausstattung der Pfarrämter. Auch in Zukunft Gemeinschaft gehören jedoch zu unserer kirch- werden wir uns bestimmt für die eine oder ande- lichen DNA und können dauerhaft nicht ersetzt re „einfache“ Dienstbesprechung in einer Video- werden. Die Pandemie erlebe ich als Frontalangriff konferenz treffen. Mit einfach ist „Z,D,F“ gemeint, auf die „Vereinskirche“, die wir spätestens dann wenn es also nur um Zahlen, Daten und Fakten schätzen werden, wenn sie wegbricht. Werden geht. Komplexe und emotionsgeladene Entschei- treue Ehrenamtliche weitermachen? Wie geht es dungsprozesse sind digital sehr schwierig. Man- weiter mit den Chören und Gruppen und Kreisen, che Entscheidungen konnten schneller getroffen mit dem Engagement im Gemeinwesen und in der werden, allerdings mit der klaren Tendenz zu hier- Nachbarschaft? archischer Kommunikation. Dekan Joachim Botzenhardt 9
im Blickpunkt Dekan Erich Hartmann, Kirchenbezirk Calw-Nagold Über den Tellerrand blicken Innovation freigesetzt. Das bewundere ich sehr. Der Kirchenbezirk Calw-Nagold ist seit nunmehr Das Bemühen der Kolleginnen und Kollegen das zwei Jahren fusioniert. Der Lockdown hat es mit Evangelium auf andere Art und Weise zu den sich gebracht, dass kollegiale Termine (Dienst- Menschen zu tragen, war deutlich spürbar. Mir besprechungen, KTAs, aber auch KBA-Sitzungen gefiel gut, wie Gemeinden sich beim Streaming und Synoden) nicht mehr als Präsenzveranstal- zusammen gefunden und gemeinsame Sache ge- tungen stattfinden konnten. Das gegenseitige macht haben – so musste nicht jeder eine kom- Kennenlernen im noch neu fusionierten Kirchen- plette Ausstattung besorgen. Diesen Blick über bezirk konnte so kaum gelingen. Schnell haben den Tellerrand hinaus sollten wir uns unbedingt sich digitale Angebote etabliert und haben auch bewahren. weitgehend gut funktioniert. Dennoch fehlt die di- rekte Begegnung sehr und die digitalen Angebote Ebenso kreativ wurden Mittel und Wege gesucht, durchzuführen, erlebe ich als sehr aufwändig und wie man den Einzelnen seelsorglich und persön- mühevoll. lich begegnen konnte. Insbesondere die Strea- ming-Angebote für Gottesdienste und Kontakte Gut war, dass wir die Neukonstituierung der Gre- über die sogenannten sozialen Medien sollten bei- mien nach der Kirchenwahl rasch angegangen behalten werden – nicht als Alternative, sondern sind und somit schon vor dem ersten Lockdown als Ergänzung. erledigen konnten. Eine weitere Herausforderung war das „Corona- Zu Beginn der Corona-Krise hat Bischof July den Management“ mit ständig neuen Vorgaben von rechten Ton gefunden – das fand ich hilfreich. kirchlicher, kommunaler und politischer Sei- Auch die Taskforce Corona im OKR hat schnell und te. Manches blieb unklar, so dass ich mich mit klar reagiert und Fragen beantwortet. Wenn es da einer großen Zahl individueller Anfragen und und dort Unklarheiten zwischen den Dienststellen Entscheidungen beschäftigen musste. Die sehr und landeskirchlichen Werken gab, ließ sich das hohen Inzidenzzahlen im Landkreis haben uns zumeist rasch klären und auflösen. Insgesamt war gezwungen, über Weihnachten und den Jahres- ich mit der Begleitung durch die Kirchenleitung wechsel alle Gottesdienste abzusagen. Das hat zufrieden und bin auch weiterhin dankbar für ra- sehr geschmerzt. Auch dass unsere gut etablierte sche Klärungen. Die erhöhte Zahl coronabedingter Veranstaltung „Weihnachten mit Herz“ und die Rundschreiben war notwendig. Vesperkirche nicht wie gewohnt stattfinden konn- Im Kirchenbezirk haben wir durch Videokonfe- ten, war eine große Herausforderung – die Alter- renzen fehlende direkte Absprachen zu ersetzen nativen dazu gab es, waren und sind aber nur ein versucht und Austauschrunden im digitalen For- Notbehelf. Wir freuen uns aufs nächste Jahr! mat etabliert – aber wir freuen uns alle auf direkte Ganz ohne Zweifel hat die Situation in vielen Ge- Begegnungen. meinden ein hohes Maß an Kreativität und Dekan Erich Hartmann 10
Videokonferenz statt Dienstfahrt Kernaufgabe der kirchlichen Verwaltungsstellen ist die Beratung und Unterstützung der Kirchen- gemeinden. Dies geschieht üblicherweise in engem und persönlichem Kontakt zu allen An- sprechpartnern. Durch Corona hat sich diese Be- ratungstätigkeit grundlegend geändert. Die vielen persönliche Besprechungen sind nahezu gänzlich den Sitzungsvorbereitungen (Erstellung von Fo- aus dem Kalender verschwunden. An deren Stelle lien u. ä.) wieder gefüllt. sind vielfach Videokonferenzen getreten. Dieses Und noch eins: ich leide unter den fehlenden per- für uns neue Medium wurde über Nacht, neben sönlichen Begegnungen. dem Telefon, zu einer der wichtigsten Kontakt- möglichkeiten. Zugegeben, die Videokonferenzen Die Besprechungen und Sitzungen über Video- sind sehr gewöhnungsbedürftig. Aber mittlerweile Konferenzen sind gut eingeführt und haben sich wird darüber nahezu alles abgewickelt. Was für bewährt. Sie ersetzen keine Präsenzsitzung, stel- mich anfangs undenkbar war ist fast zur Selbst- len aber eine gute Alternative dar. verständlichkeit geworden. Hierzu zähle ich ins- Dokumente sind auf dem eigenen Bildschirm oft besondere die Gremienarbeit: Hätte sich jemand besser lesbar als wenn sie an eine Leinwand pro- vor Corona ernsthaft vorstellen können, sogar jiziert werden und die Möglichkeit, sie gemeinsam Bezirkssynoden über Video-Konferenzen durch- bearbeiten zu können ist eine prima Sache. zuführen? Schreiben des OKR kommen schnell und nachhal- tig per Mail und können elektronisch abgelegt und Eine Herausforderung für mich persönlich sind archiviert werden. Vorstellungsgespräche bei Stellenbesetzungen. Die technische Voraussetzungen für die Arbeit im Hier ist der persönliche Eindruck doch sehr wich- Home-Office konnten ausgebaut werden und er- tig, manchmal sogar entscheidend und deshalb öffnen dadurch neue Chancen. für mich durch keine Videositzung zu ersetzen. Die elektronische Unterstützung durch den OKR Der Mailverkehr hat in einem Maße zugenommen, bei der Einrichtung und angemessenen Durch- dass es z. B. nach einem Urlaub nahezu unmöglich führung von Videokonferenzen verdient Lob und ist, die aufgelaufenen Mails aufzuarbeiten. Anerkennung. Die Corona-Hotline und das damit verbundene Die Dienstfahrten haben sich wesentlich reduziert Beratungssystem hat geholfen, die Informations- und ich verbringe weniger Zeit auf der Straße. flut zu kanalisieren und an die betroffenen Stellen Aber die dadurch entstandenen „freien Zeitfen- weiterzugeben. ster“ werden z. B. durch einen Mehraufwand bei Fritz Ruff 11
im Blickpunkt Angela und Cyrill Schwarz, Leitende Jugendreferenten im CVJM Tübingen Leben und Glauben teilen – gemeinde Tübingen. Wir knüpfen zu jungen Jugendarbeit in Corona-Zeiten Menschen vertrauensvolle Beziehungen und be- gleiten sie auf dem Weg zum Erwachsenwerden. Freitagabend, 13. März 2020: Wir hatten alles ge- Regelmäßige Angebote und viele Freizeiten gestal- plant und vorbereitet und das KonfiSpecial sollte ten Beziehungen und laden die jungen Leute ein, das Highlight für die Konfirmandinnen und Kon- gemeinsam unterwegs zu sein, um Leben und firmanden der Gesamtkirchengemeinde Tübingen Glauben zu teilen. werden. Doch in den Tagen davor stiegen die In- fektionszahlen massiv und die Unsicherheit war In der ersten Phase des Lockdowns zwischen März groß. Wir sagten die Veranstaltung ab. Es war der und Juni konnten wir mit schnell konzipierten On- Beginn einer nicht enden wollenden Absagewelle. lineformaten immerhin diejenigen erreichen, die zum engeren Beziehungsnetz gehören. Es gab Der CVJM Tübingen e. V. verantwortet selbst- aber auch andere Reaktionen: „Auf Onlinetreffen ständig die Ev. Jugendarbeit der Gesamtkirchen- habe ich keinen Bock.“ Kein Wunder: Wer den 12
Alb-Relax-Camp 2020, CVJM Tübingen ganzen Tag digitale Meetings und Homeschooling und Jugendliche. Zu vielen Jugendlichen haben erlebt, sehnt sich nach echten Begegnungen. Die wir den Kontakt verloren. Ehrenamtliche muss- waren erst wieder nach den Pfingstferien möglich. ten ihr Engagement reduzieren, weil z. B. Uni- Dank neuer Corona-Verordnung und ausgeklügel- versitäten ihre Prüfungen verschoben haben. Die ter Hygienekonzepte lautete unser Motto: „Hurra, Hauptamtlichen sind müde. Immer wieder planen wir dürfen wieder!“ Leider kam die neue Verord- sie Angebote, die sie dann absagen müssen. Auch nung zu spät für unsere Sommerfreizeiten. Die finanzielle Auswirkungen muss der CVJM schul- eigentlich geplanten hatten wir schon abgesagt. tern. Die Stornokosten für die coronabedingte Also improvisierten wir und stellten Alternativ- Absage der Sommerfreizeiten wurden vom Land angebote auf die Beine. Mit deutlich reduzierter Baden-Württemberg nicht zu 100 % übernom- Teilnehmerzahl, um die Hygienebedingungen um- men. Es bleibt ein Defizit im vierstelligen Bereich. setzen zu können. Die Auswirkungen der Pandemie sind an vielen Aber es gibt auch Schönes zu entdecken. Die Krise Stellen spürbar. Wir erreichen kaum neue Kinder hat Kreativität und Improvisationstalent geweckt. 13
im Blickpunkt Kirchengemeinderatsarbeit mit Abstand Im Dezember 2019 fanden die letzten Wahlen zum Kirchengemeinderat statt. Der Start in die neue Amtsperiode und die Amtseinführung wurde in den Gemeinden sorgfältig geplant. Auch die Kon- stituierung der Gremien (Wahl der Vorsitzenden, Bildung der Ausschüsse..) konnte vielerorts noch in gewohnter Weise erfolgen. Die Arbeitshilfe des KGR-Referats ‚Beginnen-An- knüpfen-Gestalten‘ wurde interessiert aufgenom- men und deren Methoden vielerorts eingesetzt mit dem Ziel, Neugewählte und Erfahrene in einen gu- ten Kontakt zu bringen, Nähe und Vertrauen unter den Mitgliedern aufzubauen, sich über Zukunfts- bilder zu verständigen und auch die geistlich-the- GutesToGo in Coronazeiten, CVJM Tübingen Allerlei neue Angebote und Formate sind entstan- den. Die Hauptamtlichen erleben einen neuen Teamspirit und auch mit den Ehrenamtlichen in den Teams und Ausschüssen ist ein intensiveres Miteinander spürbar. Wir haben von vielen Men- schen Unterstützung und Solidarität erfahren. Das stärkt uns sehr und ist für uns ein Zeichen der Güte Gottes. Wann wir das nächste KonfiSpecial mit den Ju- gendlichen feiern können, ist genauso unklar wie die Frage, ob Kinderferienprogramme in den Osterferien möglich sind. An uns liegt es nicht: Wir stehen in den Startlöchern. Und wir hoffen auf bessere Zeiten, um wieder ganz für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene da sein zu Hans-Martin Härter, können. Referent für Kirchengemeinderatsarbeit Angela und Cyrill Schwarz im Zentrum für Ehrenamt und Gemeindeentwicklung 14
ologische Basis des gemeindlichen Lebens in den hätten, wenn sie dafür extra nach Birkach hätten Blick zu nehmen. fahren müssen. Wir werden in Zukunft auch of- Ende Januar tauchte das Virus auf, das viele Vor- fene Austauschforen anbieten und bei Bedarf ger- haben und Planungen für einen guten Start im ne ausbauen. Das was aus unserer Sicht sinnvoll Gremium in Frage stellte und den Verantwort- und möglich ist, werden wir auch weiterhin in di- lichen ein hohes Maß an Beweglichkeit und Expe- gitaler Form anbieten. rimentierfreude abverlangte. Erfreulich und erstaunlich war, wie viel an Gremi- Gleichwohl stellen sich im Blick auf den rasanten enarbeit sich in relativ kurzer Zeit in den digitalen Digitalisierungsprozess im Bereich unserer Gre- Raum verlagern ließ. Dazu trug nicht zuletzt eine mienarbeit auch kritische Fragen: durch den geschäftsführenden Ausschuss der Welche Themen, Inhalte und Entscheidungspro- Landessynode schon am 18. März 2020 beschlos- zesse lassen sich problemlos im Rahmen von sene Veränderung der Kirchengemeindeordnung Videokonferenzen bewältigen und wo ist persön- bei, nach der unter bestimmten Umständen Ent- liche Präsenz dringend erforderlich? scheidungen auch ohne persönliche Präsenz Was muss im Blick auf die Vorbereitung und die rechtssicher möglich sind. Durchführung von digitalen Sitzungen beachtet werden, damit die Mitglieder zu tragfähigen Ent- Auch die Fortbildungsangebote des KGR-Refe- scheidungen kommen? rats, bisher überwiegend im Haus Birkach als In welcher Form finden Abstimmungen statt? Werkstattabende oder Studientage angeboten, Wie kann es gelingen, die Gemeindeöffentlichkeit konnten als Videokonferenzen abgehalten wer- am Sitzungsgeschehen zu beteiligen und wie kön- den. Aufgrund der hohen Nachfrage haben wir nen wir in lebendigen Kontakt mit Gemeindeglie- diese Angebote deutlich ausgebaut. Für das Re- dern kommen oder bleiben? ferat Kirchengemeinderatsarbeit und für die Teil- nehmenden ist das ein spannender Lernprozess, Die Kirche wird sich über diesem Digitalisierungs- weil wir hier immer wieder Neuland betreten. schub verändern. Die Chancen, die in dieser Ver- Natürlich können Videokonferenzen persönliche änderung liegen gilt es, immer wieder zu ergreifen Begegnungen nicht ersetzen. Gleichwohl erhalten und zu nutzen. Was sich nicht verändert ist der wir nach in digitalen Fortbildungen sehr positive Auftrag, das Evangelium zu kommunizieren und Rückmeldungen. Nicht wenige Teilnehmer*innen den Dienst der Liebe zu tun. signalisieren auch, dass sie nicht teilgenommen Hans-Martin Härter Lust auf Fortbildung? Informationen zu den Studientagen und Werkstattabenden finden sich bei den Veranstaltungshinweisen auf Seite 22. 15
im Blickpunkt Ein Schub an Kreativität Wie Corona unsere Gemeindearbeit verändert hat Wenn mir Anfang 2020 jemand erklärt hätte, dass wir im Lauf des Jahres Videogottesdienste und ein Einkaufshilfenetz auf die Beine stellen und der Kirchengemeinderat sich digital trifft – ich hätte ihn ausgelacht. Jetzt machen wir es. Und es macht viel Arbeit. Aber auch viel Spaß … Ein erster Glücksfall im Corona-Unglück war, Corona-Gottesdienstkonzept dass unser Kirchengemeinderat sich Mitte März 2020 zum Klausurhalbtag traf. Das neue Gre- Neben Präsenzgottesdiensten bereiteten wir me- mium sprang mit kurzem Anlauf direkt in einen diale Angebote vor. Zu Palmsonntag boten wir un- intensiven Austausch. Was ist jetzt, unter Coro- seren ersten „Gottesdienst to go“ an. Wir druckten nabedingungen, dran? Wer braucht uns jetzt? Kurzpredigt, Lied und Gebet und hängten sie auf Mit welchen Ressourcen können wir die Aufgabe Wäscheleinen. Wir intensivierten die Pressearbeit angehen? Die Kurzklausur lehrte uns nicht nur, und druckten eine Sonderausgabe des Gemeinde- konzeptionelle Fragen zu stellen. Sie lehrte auch briefs. Bescheidenheit und Realismus. Eines der wenigen handfesten Ergebnisse war bereits Stunden später In der Klausur wurden auch digitale Formate in Makulatur. Wir hatten einen neuen Gottesdienst- den Blick genommen. Eine Facebookseite war plan entworfen. Mehr Gottesdienste, dafür kürzer schnell am Netz, auch die Internetseite wurde nun und nach Möglichkeit im Freien. Noch am selben intensiver bespielt. Bei digitalen Andachts- oder Nachmittag erreichte uns eine Mail des Dekans, in Gottesdienstformaten trat ich zunächst auf die der er darum bat, wegen des dynamischen Infek- Bremse. Als ehemaliger Medienpfarrer war mir tionsgeschehens in Esslingen alle Gottesdienste klar, dass Podcasts oder Videogottesdienste gut abzusagen. geplant und gut gemacht sein müssen. Es gibt 16
bereits hervorragende Fernsehgottesdienste und weil es beim Videogottesdienst die Gefahr des Radioandachten. Warum selber machen? Als Wegzappens gibt, war auch klar: Er muss kurzwei- sich aber Gemeindeglieder meldeten, die ihre ver- lig sein. Klare Ansprache der medial Mitfeiernden, trauten kirchlichen Orte und Gesichter vermissten, wechselnde Kameraeinstellungen, gelegentlich gingen wir an den Start. Wir taten es mit einem Interview statt Predigt. bewusst handgestrickten Konzept. Keine falsche Professionalität suggerieren. Allerdings auch kei- Wer schaut die Gottesdienste an? Die Streuung ne falsche Unprofessionalität. Uns war klar: Die ist breiter als geahnt. Da öfter Kinder mitwirken, Menschen, die wir erreichen wollen, sind nicht sitzen ganze Familien vor dem Notebook. Allein- „das Worldwide Web“, sondern Leute vor Ort. stehende schreiben uns aus der Quarantäne, dass Deshalb Lokalkolorit, bekannte Gesichter, Partizi- der Gottesdienst ein Highlight des Tages war. Was pationsmöglichkeiten, etwa bei den Fürbitten. Und uns überrascht hat: Zahlreiche Seniorinnen und Christoph Schweizer filmt seinen Kollegen Enno Knospe 17
im Blickpunkt Senioren feiern mit. Ein 95-jähriger feiert regel- mandenunterricht fehlte uns die zündende Idee zu mäßig mit seinem Enkel. Eine 80-jährige berichtet, passenden digitalen Formaten. sie habe ihrer 79-jährigen Nachbarn neulich ge- zeigt, wo sie den Gottesdienst im Internet findet. Seelsorge und Begleitung Trauernder unter Co- Im Pflegeheim werden die Gottesdienste gemein- ronabedingungen – ein schwieriges Thema. sam angeschaut. Manches geht am Telefon, anderes per Post, Mail oder Chat. Aber manche Präsenzkontakte sind un- Gemeinde als Netzwerk aufschiebbar. Und sie hinterlassen ein mulmiges Gefühl. Trage ich das Virus ins Haus oder Pfle- Gemeinde ist mehr als Sonntagsgottesdienst. In- geheim? Andererseits lerne ich neu, die gemein- nerhalb weniger Wochen haben wir ein Einkaufs- same Zeit als etwas Wertvolles zu achten. Hilfenetz für den Stadtteil realisiert. Möglich wurde dies durch zwei Glücksfälle: Die Zusammenarbeit Die Zusammenarbeit in Distrikt und Gesamtkir- mit dem Krankenpflegeverein und die Gewin- chengemeinde könnte im aktuellen Innovations- nung einer neuen Ehrenamtlichen mit Erfahrung schub meiner Meinung nach stärker sein. In der im Projektmanagement. Mit den Lockerungen Arbeitsteilung und Schwerpunktsetzung liegen im Sommer fuhren wir zunehmend mehrgleisig. Chancen, gerade jetzt. Warum nicht eine Kirche Neben Präsenzangeboten haben wir die digitalen in der Stadt zur Digital- oder Streaming-Kirche weitergeführt. Immer wieder mussten wir auslo- entwickeln? Oder ein Videoteam, das an wech- ten, was leistbar ist. Wir reduzierten die Frequenz selnden Orten und mit wechselnden Menschen der digitalen Angebote, die nun weniger gefragt digitale Angebote produziert? Aber in der ersten waren. Phase der Krise war jede Gemeinde sehr mit sich selbst beschäftigt. Im Advent haben wir wieder fleißig Videos produziert. Der Video-Adventskalender mit Die Arbeit unter Coronabedingungen ist kein Spa- Beiträgen vieler Gemeindeglieder war eine Team- ziergang. Permanent stellen wir unsere Angebote work-Erfahrung. Den Kinderchor für den Video- auf den Prüfstand. Darin liegt auch eine Chance. Weihnachtsgottesdienst nahmen wir bereits in Die permanente Überprüfung ist eine hervorra- den Herbstferien auf. Und bei der Planung von gende Schulung für die Planung der Gemeinde- insgesamt 22 Präsenz-Heiligabendgottesdiens- arbeit. ten, davon 18 im Freien, überboten sich unsere Ehrenamtlichen. Am Ende des Jahres bin ich erschöpft und glück- lich. Glücklich über den Schub an Kreativität. Luft nach oben Glücklich darüber, wie vieles wir mit motivierten Ehren- und Hauptamtlichen bewegen konnten. Vieles ist gut gelaufen. Aber nicht alles. Auch Christoph Schweizer das gehört zur Corona-Wirklichkeit. Beim Konfir- 18
Ein Gruß aus New York Dr. Miriam Groß war bis Ende 2020 Pfarrerin der Deutschen Gemeinde in New York. Immer wieder hat sie auch in den Me- dien von der Situation dort berichtet. In der Coronakrise hat sie vielen Gemeinden bei uns geholfen, sich mit digitalen For- maten zu behelfen, die in ihrer Arbeit schon seit langem eine Rolle spielten, z. B. im Konfirmandenunterricht, aber auch bei Zoom-Gottesdiensten. Ihr Gastbeitrag weitet den Blick über unsere Württembergische Situation hinaus. Seit Februar 2021 ist Miriam Groß Seelsorgerin am Bundespolizeiaus- und Fort- bildungszentrum Bamberg. „This was 20/20!“ – es scheint als ob sich der York. Kurze Zeit später war die Megametropole zu Fernsehmoderator am letzten Freitag des Jahres einem Hotspot der Pandemie geworden und hat- mit einem Seufzer der Erleichterung von seinen te die Stadt, die niemals schläft, zum Stillstand Zuschauern und einem unglaublich turbulenten gezwungen. Während alles gesellschaftliche Le- Jahr verabschiedet. ben zum Erliegen kam versuchte ich durch eine blitzschnelle Umstellung auf digitale Angebote zu Die beliebte TV-Dokumentation „20/20“ des Sen- reagieren: Gottesdienst, Konfirmandenunterricht, ders ABC zeigt stets schwierige Vorkommnisse Religionsunterricht an der Deutschen Schule und Menschen, die in oft lebensbedrohliche Si- wurden online gestaltet. Dazu versuchte ich mein tuationen geraten, weil sie nicht genau hinsehen. Wissen mit Kolleginnen und Kollegen in Deutsch- Der Ausdruck „20/20“ beschreibt im amerika- land und aller Welt im Rahmen von digitalen EKD- nischen Sprachgebrauch das optimale Sehver- Seminaren zu teilen. mögen. Das nun vergangene Jahr 2020 hat uns in den USA dazu gezwungen, näher hinzusehen Kaum hatte sich hier ein wenig Normalität ein- und uns in all den Geschehnissen atemlos werden gestellt, wurde Amerika von einem heiligen lassen. Zorn über die Ermordung eines schwarzen Afro- Begonnen hatte das Jahr mit Demonstrationen Amerikaners und der dabei zu Tage getretenen gegen den aufflammenden Antisemitismus in New Polizeigewalt erfasst. Als Pfarrerin einer deutsch- 19
im Blickpunkt sprachigen Gemeinde und eh- renamtliche Polizeiseelsorgerin war ich mittendrin und versuchte Brücken für beide Seiten zu bau- en. Mit der ab Pandemiebeginn gestiegenen Arbeitslosigkeit, Wohnungsnot und Obdachlosig- keit engagierte ich mich zuse- hends bei einer jüdischen Tafel, die sich vor allem um undoku- mentierte Immigranten und de- ren Familien bemühte. Als dann im Herbst aufgrund der Präsi- dentschaftswahl die Unsicherheit alle gesellschaftlichen Bereiche erreichte, war das Land an einem gefährlichen Punkt angelangt, der auch mich mit Angst erfüllte. Doch in allem nahm ich den Se- gen wahr, der mir durch liebe Kolleg*innen und Freund*innen entgegenkam. Sie sprachen mir die Hoffnung des Glaubens durch ihr Dasein zu - trotz der vielen Meilen, die zwischen uns lagen. Das alte Jahr hat mich gelehrt genau hinzusehen – und zwar auf das, was mich trägt: Der Glaube an einen liebenden Gott, der uns in schweren Situationen nicht im Stich lässt, sondern uns bei je- dem Lebensschritt begleitet. Es ist dieser Glaube, der uns auch in 2021 weiter tragen wird. Miriam Groß 20
im Kalender Gestalten und Verantworten KBA-Tagung in Bad Boll am 15. / 16. Oktober 2021 Auch wenn die letzten Kirchenwahlen dann schon Bad Boll, dem Referat Kirchengemeinderatsarbeit fast zwei Jahr zurückliegen werden – der Aus- im Zentrum Gemeindeentwicklung und vom Ev. tausch über die Aufgaben und das Selbstverständ- Kirchengemeindetag in Württemberg. nis des Kirchenbezirksausschusses bleibt eine drängende Aufgabe. Strukturelle Veränderungen Information und Anmeldung: in unserer Landeskirche übertragen den Kirchen- bezirken viel Verantwortung. Pfarrpläne, Gemein- Evangelische Akademie Bad Boll defusionen und Immobilienkonzeptionen sind nur einige Stichworte. Hinzu kommen gesellschaft- Tagungsorganisation: liche und globale Herausforderungen wie die Ver- Ursula Aldrian änderungen der Arbeitswelt, der Klimawandel und Telefon: 07164 79-233 zuletzt die Folgen der Corona-Krise. ursula.aldrian@ev-akademie-boll.de Die Tagung, die ursprünglich schon im Herbst Tagungsort: 2020 hätte stattfinden sollen, möchte die Verant- Evangelisches Tagungszentrum wortlichen auf Bezirksebene zusammenbringen, Akademie Bad Boll Begegnungsmöglichkeiten schaffen und ge- Akademieweg 11 | 73087 Bad Boll meinsam über Zukunftshorizonte unserer Kirche Telefon: 07164 79-100 nachdenken. Vertreter*innen aus Synode und Kirchenleitung stehen zum Gespräch bereit. Ge- Tagungsleitung: meinsam geht es uns darum, mutig und freudig Gerlinde Feine Kirche vor Ort und in der Region zu gestalten und Pfarrerin, Geschäftsführerin des Evangelischen zu verantworten! Kirchengemeindetags, Böblingen Wir sind froh, dass die meisten Referent*innen, Georg Ottmar die wir ursprünglich angefragt haben, auch an Kirchenrat, Verständigungsprozess „Kirche neu dem neuen Termin mitwirken können. Trotzdem denken” wird es Veränderungen im Tableau geben. Der aktualisierte Einladungsflyer wird über die De- Prof. Dr. Hans-Ulrich Gehring kanatämter versandt werden. Die Tagung wird Studienleiter Evangelische Akademie Bad Boll gemeinsam verantwortet von der Ev. Akademie 21
im Kalender 2021 Die Fortbildungen werden vom Zentrum für Gemeinde- entwicklung und Ehrenamt organisiert. Der Kirchenge- meindetag unterstützt seine Mitglieder bei bestimmten Fortbildungsveranstaltungen mit einem Förderbeitrag Veranstaltungsübersicht zwischen 10 und 30 Euro pro Teilnehmer*in. Werkstattabende Referentin: Bärbel Hartmann, jeweils 18.30 – 20.00 Leiterin der Kirchlichen Verwaltungsstelle (als MS Teams-Videokonferenz) Göppingen Mittwoch: 17.03.2021 – Mittwoch, 09.06.2021 – Protokollführung Veränderungen gestalten Anmeldeschluss: 02.06.2021 Anmeldeschluss: 10.03.2021 Referentin: Ute Berger, Referentin: Gisela Dehlinger, Dozentin für die Aus- und Fortbildung von Leiterin der Gemeindeberatung Pfarramtssekretär*innen Mittwoch, 14.04.2021 – Montag, 21.06.2021 – Ehrenamtsförderung / Ehrenamtskoordination Neue Bibel für das 21. Jahrhundert Anmeldeschluss: 07.04.2021 Anmeldeschluss: 02.06.2021 Referentin: Karola Vollmer, Referentin: Franziska Stocker-Schwarz, Leiterin der Fachstelle Ehrenamt Württ. Bibelgesellschaft, Stuttgart Donnerstag, 22.04.2021 – Moderation: Andachten gestalten Hans-Martin Härter, Karola Vollmer Anmeldeschluss: 15.04.2021 Referentin: Dr. Evelina Volkmann, Anmeldung: Leiterin der Fachstelle Gottesdienst Evang. Bildungszentrum Haus Birkach Zentrum Gemeindeentwicklung und Ehrenamt Mittwoch, 19.05.2021 – Referat für Kirchengemeinderatsarbeit Der „Plan für die kirchliche Arbeit“ Tel. 0711 4 58 04-94 21, Fax 0711 4 58 04-94 34 (Haushaltsplan) für Kirchengemeinde Angelika.Reissing@elk-wue.de, www.kirchenge- Anmeldeschluss: 12.05.2021 meinderatsarbeit.elk-wue.de 22
Einkehrtage – Einkehrtage – Geistlich gegründet Gemeinde leiten Geistlich gegründet Gemeinde leiten für Gewählte Vorsitzende von Kirchengemeinderä- für Leitungstandems: Gewählte KGR-Vorsitzende ten und Kirchenbezirkssynoden und Pfarrerinnen und Pfarrer 19. – 21. März 2021 im Stift Urach 16./17. April 2021 Beginn Freitag, 18.00 Uhr – in der Evang. Tagungsstätte Löwenstein Ende Sonntag 13.30 Uhr Beginn Freitag, 16.00 Uhr – Kosten: 50 Euro pro Teilnehmer*in für Tagungs- Ende Samstag, 18.15 Uhr kosten, Übernachtung und Verpflegung Kosten: 25 Euro pro Teilnehmer*in für Tagungs- Leitung: Pfarrerin Elke Maihöfer, kosten, Übernachtung und Verpflegung Leiterin Stift Urach, Leitung: Pfarrerin Eva-Maria Bachteler, Annedore Beck, Leiterin Evang. Tagungsstätte Löwenstein, Gemeinderaterin, Geistliche Begleiterin, Coach Annedore Beck, Gemeinderaterin, Geistliche Begleiterin, Coach 29. – 31. Oktober 2021 in der Evang. Tagungsstätte Löwenstein 24./25. September 2021 im Stift Urach Beginn Freitag, 18.00 Uhr – Beginn Freitag, 16.00 Uhr – Ende Sonntag 13.30 Uhr Ende Samstag, 18.15 Uhr Kosten: 50 Euro pro Teilnehmer*in für Tagungs- Kosten: 25 Euro pro Teilnehmer*in für Tagungs- kosten, Übernachtung und Verpflegung kosten, Übernachtung und Verpflegung Leitung: Pfarrerin Eva-Maria Bachteler, Leitung: Pfarrerin Elke Maihöfer, Leiterin Evang. Tagungsstätte Löwenstein, Leiterin Stift Urach, Annedore Beck, Annedore Beck, Gemeinderaterin, Geistliche Begleiterin, Coach Gemeinderaterin, Geistliche Begleiterin, Coach Anmeldungen Stift Urach: Anmeldungen Evang. Tagungsstätte Löwenstein: Einkehrhaus der Evang. Landeskirche Tel. 07130 48 48-0 in Württemberg info@e-tl.de, www.e-tl.de Tel. 07125 94 99-0 info@stifturach.de www.stifturach.de 23
im Kalender Lust auf Leiten Ausbildung zur Ehrenamtskoordinatorin / zum Fortbildung für Gewählte Vorsitzende in Kirchen- Ehrenamtskoordinator in Kirchengemeinden gemeinden und Kirchenbezirken Digitale Infoveranstaltung Informationen und Anmeldung: Donnerstag, 11. März 2021, 18.30 – 20.30 Uhr – meet and talk Prälatur Reutlingen: Anmeldung bis 05.03.2021 bei der Evang. Bildung Reutlingen, info.bildung@kirche- Fachstelle Ehrenamt, reutlingen.de Fachstelle.Ehrenamt@elk-wue.de Prälatur Heilbronn: Bad Boll (Anmeldeschluss: 01.07.2021) Evang. Tagungsstätte Löwenstein, Modul 1: 01./02. Oktober 2021 info@e-tl.de Modul 2: 10./11. Dezember 2021 Prälatur Stuttgart: Digitales Format (Anmeldeschluss 20.09.2021) Evang. Bildungswerk im Landkreis Esslingen, Modul 1: 08./09 Oktober 2021 info@ebiwes.de Modul 2: 14./15. Januar 2022 Prälatur Ulm: Das gemeinsame Abschlussmodul findet am Evang. Bildungswerk Oberschwaben, 22.02.2022 im Haus Birkach statt. info@ebo-rv.de Anmeldung und Information: Evang. Bildungszentrum Haus Birkach Zentrum Gemeindeentwicklung und Ehrenamt Fachstelle Ehrenamt Tel. 0711 4 58 04-94 52 / -94 21, Fachstelle.Ehrenamt@elk-wue.de, www.ehrenamt.elk-wue.de 24
im Übrigen Chancen für Zusammenarbeit Der stellvertretende Vorsitzende des Evangelischen Kirchengemeindetags in Württemberg (KGT) Win- fried Speck war von September 2007 bis Januar 2021 Dekan in Ludwigsburg. Mit Beginn des Ruhe- standes legt er sein Ehrenamt im KGT nieder. Unser Gespräch führten wir am 22. Dezember – mitten im Trubel der coronabedingten Absagen der Weihnachtsgottesdienste – am Telefon. Wie haben Sie die Coronakrise in Ihrem Kir- Wir haben sinnvolle Hygienekonzepte entwickelt chenbezirk wahrgenommen? und sind als Kirchenbezirk gut durch das Jahr ge- kommen. Es ist ja auch eine Form von Nächsten- Das Kraftraubenste zuerst: Dieses von Jetzt auf liebe, wenn ich mich und den anderen schütze. Nachher, die Unklarheiten, die Absagen von Got- Auch die ganzen neuen Angebote, die entstanden tesdiensten und diese ganz spezielle neue Logi- sind, machen Mut, auch die im digitalen Bereich – stik des kirchlichen Lebens waren und sind sehr uns ist tatsächlich eine Bezirkssynode per Zoom herausfordernd. Andererseits gibt es auch Vieles, gelungen. Die Gremien funktionieren auch unter das wirklich sehr gut ist: Diese Riesenkreativität schwierigen Bedingungen. und Problemlösungsorientiertheit war großartig. Wie haben Sie diese Digitalisierung erlebt? Wir haben vermutlich in zwei Monaten das ge- schafft, wofür wir sonst fünf Jahre gebraucht hätten und ungeheuer schnell ganz viel gelernt. Gleichzeitig zeigen diese digitalen Formate para- doxerweise auch, wie wichtig die Kraft der Be- gegnung ist. Sie werden nie persönliche Kontakte ersetzen können, auch nicht in den Gremien. Das ist eine Stärke der Kirche, und es hat sich bestä- tigt, dass der digitale Weg nur abmildern, aber persönliche Begegnungen nicht ersetzen kann. Man spart Wege, Zeit und Kraft, aber neue Bezie- hungen lassen sich nur ausnahmsweise anbah- nen, das ist die Begrenztheit der digitalen Medien. 25
im Übrigen Corona wird uns noch eine Weile begleiten. lichkeit erzielen kann. So sitzen zum Beispiel im Wie können Kirchengemeinden und -bezirke Verband der Kirchenbezirke in Ludwigsburg alle damit umgehen? Verantwortlichen an einem Tisch und stemmen gemeinsam Aufgaben wie die Flüchtlingsarbeit. Vor allem müssen wir schauen, dass wir uns Auch bei Kinderbetreuungseinrichtungen kann kräftemäßig nicht überfordern. Die Gemeinden man sehr gut zusammen arbeiten. Dann haben die sollten mehr zusammenrücken und sich enger einzelnen Gemeinden mehr Energie für ihre ganz vernetzen. Beschleunigt durch die Corona-Krise eigenen Aufgaben. dürfen wir lernen, dass es sinnvoll ist, Kräfte zu bündeln und dass es ein Segen ist, wenn das ge- Welche Rolle spielt dabei der KGT? lingt. Häufig war in den vergangenen Jahrzehnten einem die katholische Gemeinde im Ort oder die Der KGT ist in meinen Augen eine wichtige Platt- Partnergemeinde in Thüringen näher als die Nach- form für die Gemeinden, weil dort ganz verschie- bargemeinde. Vielleicht ist Corona da eine Chance dene Personen aus Haupt- und Ehrenamt aus den und wir merken, wie gut wir zusammenarbeiten verschiedenen Bereichen unserer Kirche zusam- können. men kommen. Das ist eine gute Ideenbörse, wo viel besprochen und initiiert werden kann. Gilt das auch für Themen jenseits von Corona? Dazu braucht es persönliche Begegnungen wie die KBA-Tagungen und Mitgliederversammlungen. Unbedingt! Kirche hat auch andere Aufgaben, die Gerade diese Mitgliederversammlungen waren für man gut bündeln und damit dann auch gut Öffent- mich immer Highlights: tolle Veranstaltungen mit v.l: Dieter Oehler, Herbert Kehl, Gerlinde Feine, Winfried Speck vom KGT-Vorstand. Es fehlt: Henning Hoffmann. 26
guten Referaten und sehr viel Austausch. Da kann 24plus. Wichtig waren auch die Arbeit und der man ohne Entscheidungsdruck über gemeinsame Austausch im Erweiterten Vorstand gemeinsam Themen diskutieren. Daraus kann der KGT dann mit den Kirchenpfleger*innen und Verwaltungs- Stellungnahmen entwickeln und sich für die Ge- fachleuten. Das ergab auch für meine eigene meinden stark machen. Arbeit wichtige Impulse und ich konnte Dinge ein- bringen, die ich wichtig fand. Sie beenden aber Ihre Vorstandstätigkeit wieder? Was wünschen Sie sich für die Zukunft des KGT? Ich bin überzeugt, dass wir diese Kontaktfläche Dass er sich immer wieder in Erinnerung bringt, brauchen und dazu wollte ich gerne meinen Bei- mit spannenden Referent*innen Akzente setzen trag leisten. Es war aber von Anfang an geplant, kann und seine Möglichkeiten zu Austausch, Ver- dass ich den Vorsitz nur für vier Jahre, bis zu netzung und Einflussnahme weiter stärkt. meinem Ruhestand, übernehme. Jetzt sollte eine Nachfolge gefunden werden, die deutlich jünger Und was haben Sie selbst für Pläne? ist als ich. Ich bin jetzt seit fast 14 Jahren in Ludwigsburg, Welche Themen haben Ihre Amtszeit geprägt? da wird es Zeit für ein anderes Gesicht mit neuen Impulsen. Ich gebe alles ab und bin gespannt, was Das waren die Themen, die sowieso gerade an- auf mich zukommt und auf was ich zugehe. standen: Der Pfarrplan oder das neue Berufs- Andrea Bachmann bild der Gemeindeassistenz im Prozess Struktur Der KGT ist Dekan i.R. Speck für sein großes Engagement außerordentlich dankbar. Die Verabschie- dung von Winfried Speck aus dem Vorstand des KGT konnte nicht wie geplant im November 2020 stattfinden und wird bei der nächsten Mitgliederversammlung nachgeholt. Dass auch in Zukunft die Perspektive der Leitung eines Kirchenbezirks in die Vorstandsarbeit einflie- ßen kann, ist aber gesichert: Dekan Ulrich Vallon, Sulz a.N., wird diese Rolle übernehmen. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit! 27
im Übrigen Ein starkes Netz mit vielen Knoten Manchmal sind einfache Fragen schwer zu beantworten: „Wie viele Mitglieder hat der Kirchengemein- detag eigentlich?“ ist so eine Frage. Denn in den vergangenen zwei Jahren gab es viele Veränderungen, die zum Teil unbemerkt verliefen, sich aber auf die Struktur auswirkten. Gemeinden fusionierten, lange geplante Prozesse, Wo sich Strukturen verändern, wird häufig auch zur Verbundgemeinde zu werden, kamen zum Inventur gemacht. Wie die Spinne, die alle Fäden Abschluss, und da und dort gab es sogar Auflö- ihres Netzes auf Effizienz und Nutzen überprüft, sungen. Die Kirchenwahlen beschleunigten diesen scannen Gremien und Verwaltung die Bezüge und Prozess, wollte man doch noch in der alten Beset- Verpflichtungen des alten Systems und fragen da- zung Verhandlungen zum Abschluss bringen und nach, was beibehalten werden soll. auf Zukunft ausgerichtet sein. 28
„Wo sich Strukturen verändern, wird häufig auch Inventur gemacht..“ In manchen Gemeinden tat sich in dem Zusam- dung des KGT brachte hier einen entscheidenden menhang auch die Frage auf: Wozu nützt der Vorteil: Als starkes Netzwerk und Interessenver- Kirchengemeindetag? Sind wir nicht alle ohnehin tretung auf landeskirchlicher Ebene bringt er die eine gute Gemeinschaft innerhalb der Landeskir- Stimmen der Gemeinden in die Entscheidungs- che? Wurden wir nicht während unserer Struktur- prozesse ein. veränderungen gut beraten, zB durch SPI? Was bekommen wir für unser Geld? Der KGT hat ein Anhörungsrecht bei allen Geset- zen und Verordnungen, die die Kirchengemeinden Es scheint daher angezeigt, einmal aufzulisten, betreffen. Er kann so direkt auf Vorhaben einwir- was der Kirchengemeindetag tut und wo er ganz ken und die Bedenken, Fragen und Impulse seiner konkret nützlich und sinnvoll ist. Mitglieder weitergeben. In der Geschäftsordnung der Landessynode ist der KGT ebenfalls verankert: Als Interessenvertretung aller Kirchengemeinden Er kann zu allen Beratungen herbeigezogen wer- in der Württembergischen Landeskirche wurde den, die die Belange der Gemeinden und Bezirke er gegründet, um auf eine Besonderheit unserer betreffen. Mit der Kirchenpflegervereinigung be- Kirchenverfassung zu reagieren: Anders als in steht eine enge Zusammenarbeit. den meisten Gliedkirchen der EKD wird die Württ- embergische Landessynode direkt gewählt. Ihre Der KGT benennt Vertreter*innen für die Arbeits- Mitglieder können einem Kirchengemeinderat an- rechtliche Kommission, entsendet Mitglieder in gehören, müssen es aber nicht. Die Urwahl führt den Umweltbeirat und den Beirat für das Projekt sogar dazu, dass Vertreter*innen eines Wahlbe- SPI. Mitglieder des Vorstands arbeiten bei Struk- zirks nicht einmal mehr dort wohnen, denn sie tur2024Plus mit, sind beim Projekt Digitalisierung sind ad personam gewählt und können, z.B. nach beteiligt und bringen ihre Kompetenz in die Re- einem Stellenwechsel ihren Sitz behalten, auch form des Finanzwesens ein. wenn die Anbindung an die ursprüngliche Wähler- schaft dann nicht mehr gegeben ist. Die Kirchen- Immer wieder ergreift der KGT allein oder zusam- gemeinden delegieren zwar Vertreter*innen in die men mit Partnern aus dem Bereich der Verwal- Bezirkssynode, aber auf die Ebene der Landeskir- tung die Initiative und trägt mit Impulspapieren che können sie nur indirekt einwirken. Die Grün- zu aktuellen Themen wie Pfarrplan, Reform der 29
Sie können auch lesen