Ausgabe 1 | 2021 - Geschlossene Kirchen - Geöffnete Räume

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Ausgabe 1 | 2021

                   Geschlossene Kirchen – Geöffnete Räume
                   Wie die Pandemie die Gemeinden verändert
Kontakt
              Geschäftsstelle Evang. Kirchengemeindetag in Württemberg
             		 – Geschäftsstelle –
             		 Schloßberg 13
             		 71032 Böblingen
             		 Tel. 07031 – 22 97 61
             		 Fax 07031 – 410 1870
             		info@kirchengemeindetag.de

              Vorsitzender                                     Dr. Henning Hoffmann
             		                                                Haller Str. 19 | 74076 Heilbronn
             		                                                Tel. 07131 – 724 99 55
                                                               vorstand@kirchengemeindetag.de

               Rechner                                         Herbert Kehl
             		                                                Am Lachenrain 4 | 72172 Sulz a.N.
             		                                                Tel: 07423 – 0509510
                                                               rechner@kirchengemeindetag.de

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Herausgeber:     Evangelischer Kirchengemeindetag
                 in Württemberg
Redaktion:       Gerlinde Feine (verantwortlich)    Internet   www.kirchengemeindetag.de
                 Andrea Bachmann
             Tel. 0711 – 45 804-59
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                                                               die Geschäftsstelle.
Bildnachweis:    Seite 1 und 4: Ingo Reimer,

             Seiten 3, 12, 14, 21, 26: Andrea                  Artikel für das Infoheft erreichen unsere Pressere-
                 Bachmann,                                     ferentin Andrea Bachmann M.A. unter:
                 Seiten 13 und 14: CVJM Tübingen,
                 alle anderen: privat                          andrea.bachmann@elkw.de

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Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

nach einer langen Pause endlich wieder ein
Info-Heft vom Kirchengemeindetag. Nur an
Corona hat es natürlich nicht gelegen. Es wa-
ren bereits Hefte in Planung und auch schon
bearbeitet. Doch manchmal ballen sich be-
rufliche und private Ereignisse so stark, dass   Im Blickpunkt
ehrenamtliche Tätigkeiten länger liegen blei-    Digital, analog, hybrid – Kirchengemeinden
ben. Aber keine Sorge: Es gibt uns noch, wir     erfinden sich neu
arbeiten und haben uns um die wichtigen          Gerlinde Feine                                4
Dinge gekümmert! Sie können sich denken,
dass die Corona-Pandemie auch bei uns im         Corona in der Kirche – Der KGT fragt nach
Mittelpunkt steht. In diesem Heft können Sie     Beiträge von: Sabine Foth, Joachim
über Erfahrungen lesen, die in unseren Bezir-    Botzenhardt, Erich Hartmann, Fritz Ruff,
ken, Gemeinden, Gremien und sogar in New         Angela und Cyrill Schwarz, Hans-Martin Härter 6
York gemacht wurden. Anfänglich gab es über-
all eine gewisse Hilf- und Ratlosigkeit, aber    Ein Schub an Kreativität – wie Corona
schnell erwachte Kreativität an vielen Orten.    unsere Gemeindearbeit verändert hat
Kreativität beim Oberkirchenrat bis hin zu den   Christoph Schweizer                          16
Gemeindegremien. Niemand ließ sich durch
nicht so gute Erfahrungen aufhalten, schnell     Ein Gruß aus New York
lernten alle, was funktionierte und was nicht.   Miriam Groß                                  19
Viele Online-Angebote wollen die Gemeinden
auch nach der Pandemie beibehalten, weil         Im Kalender
Menschen angesprochen wurden, die vorher         Einladung zur KBA-Tagung                     21
in den Gemeinden nicht sichtbar waren. Unse-
re Kirche ist moderner geworden. Wir wollen      Veranstaltungsübersicht 2021                 22
hoffen, dass die Impfungen es uns bald wieder
ermöglichen, die persönlichen Begegnungen        Im Übrigen
zu intensivieren. Diese Lücke gehört schnell     Chancen für Zusammenarbeit –
wieder geschlossen. Tauschen Sie sich mit den    Interview mit Winfried Speck
Nachbargemeinden und Bezirken über Ihre Er-      Andrea Bachmann                              25
fahrungen aus und schreiben Sie auch uns. Ich
bitte für Sie alle um Gottes Segen und bleiben   Ein Netz mit vielen Knoten
Sie gesund!                                      Gerlinde Feine                               28

                                                 Ausblick auf die
                                                 Mitgliederversammlung 2021
Ihr Henning Hoffmann                             Gerlinde Feine                               31

                                                                                              3
im Blickpunkt

  Digital, analog, hybrid –
  Kirchengemeinden erfinden sich neu
  Gerlinde Feine, Geschäftsführerin des
  Evangelischen Kirchengemeindetags in Württemberg

  Alles war vorbereitet im Januar 2020: Das erste      Werbetrommel rühren für die Veranstaltungen,
  KGT- Info nach längerer Pause sollte ein Begrü-      auf die wir uns lange schon freuten.
  ßungsheft werden für die neugewählten Kirchen-
  gemeinderatsgremien und KBAs, sollte denen, die      Doch kurz vor dem Erscheinungstermin des
  neu dazugekommen waren, unsere Arbeit vorstel-       Heftes kam Corona und forderte Aufmerksamkeit.
  len und denen, die schon lange mit uns unterwegs     Der Lockdown im März war wie eine Vollbrem-
  sind, Lust machen auf die voraussichtlichen The-     sung auf freier Strecke. Auch wenn das öffentliche
  men der neuen Amtsperiode.                           Leben, wie wir es kannten, auf einmal stillstand,
                                                       sahen sich die Kirchengemeinden plötzlich einer
  Es gab Beiträge zu dem großen und wichtigen          Fülle an Aufgaben und Fragen gegenüber. Vieler-
  Projekt Struktur 2024 plus, das der KGT von An-      orts waren die Gremien noch nicht konstituiert,
  fang an begleitet. Den Themen Digitalisierung und    die jetzt eigentlich hätten Entscheidungen treffen
  Klimagerechte Kirche wollten wir viel Raum geben     müssen. Eine Rechtsgrundlage für digitale Sit-
  und schließlich mit Überlegungen zu Kirche in der    zungen musste genauso erst geschaffen werden
  Region Impulse geben für die anstehenden Pfarr-      wie für Gottesdienste und Amtshandlungen unter
  planprozesse. Gerade zu den Kirchenwahlen hat-       Pandemiebedingungen. Die Taskforce, die der
  ten viele Gemeinden ihre Rechtsform verändert:       Oberkirchenrat einrichtete, versorgte die Ver-
  Verbünde wurden gebildet, Fusionen umgesetzt,        antwortlichen oft erst sehr kurzfristig mit den
  neue Gemeinden gegründet.                            neuesten Informationen; vieles haben sich die Ge-
                                                       meinden selbst erarbeitet.
  Solche Ereignisse sind immer auch ein Anlass         In der Geschäftsstelle sammelten sich Fragen zu
  Mitgliedschaften zu überprüfen. Deshalb haben        den Problemen auf die auch von der Kirchenlei-
  wir der Frage, was der KGT leistet viel Platz ein-   tung erst nach und nach Antworten kamen. Es
  räumen wollen. Und schließlich wollten wir die       ging um Abstimmungsmodalitäten und Entschei-

  4
„Die Corona-Krise verändert Kirche nachhaltig.“

dungswege, um ins Stocken geratene Pfarrstel-         und Gesamtkirchengemeinden, Pfarrpersonen
lenbesetzungen und Gremien, die kommissarisch         und Dekane. Ingenieure und Juristen, Geistes-
im Amt bleiben mussten, weil sich die neuen noch      wissenschaftlerinnen und Betriebswirte bringen
nicht konstituiert hatten. Die Erfahrungen des ei-    ihre berufliche Expertise ein und berichten aus der
genen Lernprozesses mündeten in ein Webinar           oberschwäbischen Diaspora oder den Verbund-
zum Thema Digitale Kirchengemeinderatssitzung,        gemeinden am Fuße der Alb ebenso wie aus den
wie so oft in bewährter Zusammenarbeit mit dem        Ballungszentren an Neckar und Donau. Allen ge-
Referat Kirchengemeinderatsarbeit im Zentrum          meinsam war die Erkenntnis, dass sich durch die
Gemeindeentwicklung.                                  Coronakrise Kirche auf Dauer nachhaltig verän-
                                                      dern würde. Die Suche nach pandemiekonformen
Früh schon stellten wir die Frage nach den finanzi-   Angeboten setzte viel Kreativität frei, die auf Zu-
ellen Folgen der Corona-Krise. Bei der Aufstellung    kunft gerichtet ist.
der Haushaltspläne hatte noch niemand geahnt,
dass nun Equipment benötigt würde für Online-         Der Kirchengemeindetag sieht seine Aufgabe da-
Gottesdienste und Videokonferenzen, während           rin, diese Prozesse zu bündeln, zu sichten und
gleichzeitig Opfer und Spenden einbrachen. Mit        weiter voranzutreiben. Die für Mitte November
Nachdruck forderten wir von der Kirchenleitung        2020 geplante Mitgliederversammlung hätte sich
Unterstützung, die dann auch in Form von Son-         schwerpunktmäßig diesem Thema gewidmet; der
derzuweisungen durch die Landessynode erfolgte.       erneute Lockdown ließ die Durchführung nicht zu,
Auch drängten wir darauf, die wirtschaftlichen        so wie schon vorher die KBA-Tagung in Bad Boll
Folgen des Lockdowns auf die Kirchensteuerent-        abgesagt werden musste. Die Debatte wurde da-
wicklung genau zu analysieren und transparent         durch nicht gebremst.
weiterzugeben, mit welchen Mitteln und eventu-
ellen Reduktionen von Zuweisungen zu rechnen          Bewusst haben wir uns dafür entschieden, die
wäre.                                                 ursprünglich geplanten Beiträge zurückzustellen
                                                      und stattdessen die Folgen von Corona zum The-
Die Stärke des Kirchengemeindetags besteht unter      ma zu machen. Dabei geht es nicht nur um das,
anderem darin, dass die Vielfalt der Landeskirche     was belastend war und ist, sondern vor allem um
durch die regionale Zusammensetzung ebenso            die Frage, was wir als Kirche aus der Krise mitneh-
gewährleistet ist wie durch die Multiprofessiona-     men und wo sie uns stärken kann.
lität der Aktiven: Im Erweiterten Vorstand treffen
Verwaltungsstellenleiter auf Kirchengemeinde-         Denn die neuen Formen neben den bewährten
ratsmitglieder, nebenberufliche Kirchenpfleger auf    Formaten sind vor allem eine Chance, den ne-
ehrenamtliche Vorsitzende von Bezirkssynoden          gativen Entwicklungen der letzten 20 Jahre zu-

                                                                                                       5
im Blickpunkt

  kunftsfähige Konzepte entgegenzusetzen. Dieses         Mitgliedschaft werben. Auch deshalb weichen wir
  Heft enthält Beispiele dafür aus den unterschied-      geringfügig vom gewohnten Schema ab. Aber was
  lichsten Arbeitsbereichen. Es stellt Fragen an die     ist schon gewohnt in diesen Zeiten? Und wie viel
  Aufgabe von Kirchenleitung und Verwaltung und          Neues haben wir ausprobieren dürfen, weil die
  es zeigt Perspektiven auf, in welche Richtung wir      vertrauten Wege auf einmal verschlossen waren!
  jetzt unterwegs sind. Daneben finden sich Un-
  terstützungsangebote, Informationen zu unserer         Ob digital, analog oder hybrid: Kirche ist im Auf-
  Arbeit und – bei aller gebotenen Vorsicht – opti-      bruch, und der Kirchengemeindetag leistet dazu
  mistische Ausblicke auf die geplanten Veranstal-       seinen Beitrag, wie es seit rund 30 Jahren ge-
  tungen für Kirchengemeinden und -bezirke. Last         schieht. Höchste Zeit, dass Sie das nun nachlesen
  but not least möchten wir mit dieser Ausgabe, die      können.
  wieder an alle Gemeinden versandt wird, für eine                                              Gerlinde Feine

  Corona in der Kirche – Der KGT fragt nach
  Kein einziger Arbeitsbereich der Kirche blieb von den Auswirkungen und Einschrän-
  kungen der Pandemie verschont. Vom Kindergottesdienst bis zur Kirchenleitung, vom
  Schwarzwald bis New York – alle Verantwortlichen sahen sich plötzlich mit ganz neuen
  Herausforderungen konfrontiert. Nach dem ersten Schock stellten viele fest: In der einen
  oder anderen Notlösung steckt durchaus Potenzial. Und: wir sind nicht allein! Vernet-
  zung bekam noch einmal einen neuen Stellenwert.

      Der KGT hat sich umgehört und gefragt:

        Was hat sich in ihrem Arbeitsbereich am stärksten verändert?
        Was ist für Sie die größte Herausforderung?
        Wo haben sich auch Chancen aufgetan und was könnte „nach Corona“
        gerne beibehalten werden?
        Welche Unterstützung durch die Landeskirche gab es, bzw.
        inwieweit können Sie andere unterstützen?

      Die Antworten bieten ein vielfältiges, wenngleich nicht vollständiges Bild, das deutlich macht, wie
      trotz aller Mühseligkeiten und Herausforderungen Kreativität, Offenheit und Vertrauen in die Kraft
      des Evangeliums den Umgang mit dieser Krise beherrschten.

  6
Die Synodalpräsidentin:
Die Vorzüge der Digitalisierung                       Auch hier bin ich mit meinem ersten Gedanken
                                                      gleich bei den neuen Möglichkeiten durch die
Die Synode hatte sich gerade konstituiert, als der    Digitalisierung. Menschen konnten aus der Qua-
erste Lockdown kam. Viele Fachausschüsse konn-        rantäne hinaus trotzdem an Sitzungen teilneh-
ten sich nicht mehr treffen. Wir haben sehr schnell   men. Weite Anfahrtswege zu Sitzungen entfallen,
die gesetzlichen Rahmenbedingungen dafür ge-          die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Ehrenamt
schaffen, dass die Synode, deren Ausschüsse           wird erleichtert, digitale Sitzungen sind ein Beitrag
und weitere kirchliche Gremien audiovisuell oder      zum Klimaschutz. Die Möglichkeit sollte beibehal-
hybrid tagen können. Das war nur möglich, weil        ten werden, auch wenn präsente Sitzungen weiter
die Synode seit der 15. Landessynode papierlos        sehr wichtig sind.
arbeitet, die Synodalen also mit der notwendigen
Hardware sowie dem Zugriff auf Dokumente durch        Die Geschäftsstelle der Landessynode ist in en-
ein eigenes Portal ausgestattet waren. Die Heraus-    gem Austausch mit anderen Synoden und gibt ih-
forderung der Technik hatten wir daher nicht. Aber    ren Erfahrungsschatz zu papierloser Synode und
das Gespräch in der Pause, das Kennenlernen am        digitalen Sitzungen weiter.
Abend nach den Sitzungen hat etwas gefehlt.                                                     Sabine Foth

                                                                                                         7
im Blickpunkt

  Die Kirchengemeinderätin:                                       die Herausforderung, die Kinder und ihre Familie
  Chancen für Kooperation und Vernetzung                          mit anderen Angeboten zu erreichen und in Kon-
                                                                  takt zu bleiben.
  Wir können jetzt digitale Sitzungen des Kirchen-                Wir haben als Gesamtverband für Kindergottes-
  gemeinderats durchführen. Eine gute Einrichtung,                dienst in Württemberg zusammen mit allen Kin-
  um trotz Pandemie arbeiten zu können, auch wenn                 dergottesdienstverbänden schnell einen eigenen
  der persönliche Austausch am Ende der Sitzung                   Youtube-Kanal auf die Beine gestellt, hier werden
  nicht wie gewohnt möglich ist. Herausfordernd ist               nahezu wöchentlich Kindergottesdienste aus allen
  hier, dafür zu sorgen, dass die Technik auch bei                Landeskirchen angeboten. Wir erreichen damit
  nicht-technikaffinen Mitgliedern läuft.                         auch Familien, die wir vorher nicht erreicht haben,
  Der Kindergottesdienst in der gewohnten Form                    das sollten und werden wir beibehalten.
  war teilweise gar nicht mehr möglich. Hier besteht
                                                                           Die Möglichkeit der digitalen Sitzung sollte
                                                                           weiterhin, wenn auch nicht immer, genutzt
                                                                           werden.
                                                                           Gestreamte Gottesdienste können eben-
                                                                           falls sinnvoll sein. Ich denke z. B. an
                                                                           Konfirmationen, an denen Verwandte aus
                                                                           gesundheitlichen Gründen nicht teilneh-
                                                                           men können. Allerdings sollte sich nun
                                                                           nicht jede*r Haupt- oder Ehrenamtliche
                                                                           genötigt sehen, diese anzubieten. Koope-
                                                                           rationen (z. B. durch Links auf der eigenen
                                                                           Internetseite) mit Nachbargemeinden oder
                                                                           weiter entfernten Gemeinden sind auch
                                                                           eine gute Möglichkeit der Vernetzung.

                                                                           Die Ideenseite zu Weihnachten der Landes-
                                                                           kirche habe ich als hilfreich empfunden. In
                                                                           unserer Kinderkircharbeit waren wir viel-
                                                                           fältig vernetzt und haben uns gegenseitig
                                                                           unterstützt.
                                                                                                                  Sabine Foth

      Die Präsidentin der Landessynode Sabine Foth ist in den Vorständen von Landes- und Gesamtverband für Kindergot-
      tesdienst und als Kirchengemeinderätin ihrer Heimatgemeinde Stuttgart-Heslach ganz direkt für den Kindergottes-
      dienst verantwortlich. Sie blickt gleich aus zwei Perspektiven auf die Folgen der Pandemie in der kirchlichen Arbeit.

  8
Dekan Joachim Botzenhardt,
 Kirchenbezirk und Verbundkirchengemeinde Neuenbürg

Ein Frontalangriff auf die Vereinskirche               Ich bin mir sicher, dass die Kirche als Organisa-
                                                       tion durch die Pandemie kommt, auch wenn wir
Die Konstituierung unserer Bezirkssynode musste        finanzielle Einbrüche zu verkraften haben. Die Kin-
wegen Corona zweimal verschoben werden. Wir            dergärten haben verlässlich gearbeitet, die Diako-
wollten unsere langjährige Synodalvorsitzende          niestationen waren bei den Menschen und auch
Renate Maier nach 50 (!) Jahren im Ehrenamt in         unsere Pfarrerinnen, Pfarrer und Diakoninnen
Kirche und Kommunalpolitik unbedingt gebüh-            haben viel Neues und Kreatives erprobt. Ich kann
rend im Kreise der Synode verabschieden. Digital       den Eindruck nicht teilen, dass wir uns als Kirche
oder im Umlaufverfahren erschien uns das unpas-        wie gelähmt zurück gezogen hätten, jedenfalls
send.                                                  nicht an der Basis.

In der ersten Phase war die Corona-Hotline für die     Große Sorgen mache ich mir allerdings um die
Pfarrämter wichtig und hilfreich.                      Kirche als Bewegung. Persönliche Momente
Wir waren von Anfang an arbeitsfähig und konn-         fehlen mir sehr. Begegnungen und tatsächliche
ten mit Videokonferenzen den Betrieb Kirche am         Kontakte musste ich auf ein Mindestmaß herun-
Laufen halten. Sehr hilfreich war die einheitliche     terfahren. Kontakte, Begegnung, Austausch und
PC-Ausstattung der Pfarrämter. Auch in Zukunft         Gemeinschaft gehören jedoch zu unserer kirch-
werden wir uns bestimmt für die eine oder ande-        lichen DNA und können dauerhaft nicht ersetzt
re „einfache“ Dienstbesprechung in einer Video-        werden. Die Pandemie erlebe ich als Frontalangriff
konferenz treffen. Mit einfach ist „Z,D,F“ gemeint,    auf die „Vereinskirche“, die wir spätestens dann
wenn es also nur um Zahlen, Daten und Fakten           schätzen werden, wenn sie wegbricht. Werden
geht. Komplexe und emotionsgeladene Entschei-          treue Ehrenamtliche weitermachen? Wie geht es
dungsprozesse sind digital sehr schwierig. Man-        weiter mit den Chören und Gruppen und Kreisen,
che Entscheidungen konnten schneller getroffen         mit dem Engagement im Gemeinwesen und in der
werden, allerdings mit der klaren Tendenz zu hier-     Nachbarschaft?
archischer Kommunikation.                                                         Dekan Joachim Botzenhardt

                                                                                                         9
im Blickpunkt

                                                       Dekan Erich Hartmann,
                                                   Kirchenbezirk Calw-Nagold
  Über den Tellerrand blicken
                                                       Innovation freigesetzt. Das bewundere ich sehr.
  Der Kirchenbezirk Calw-Nagold ist seit nunmehr       Das Bemühen der Kolleginnen und Kollegen das
  zwei Jahren fusioniert. Der Lockdown hat es mit      Evangelium auf andere Art und Weise zu den
  sich gebracht, dass kollegiale Termine (Dienst-      Menschen zu tragen, war deutlich spürbar. Mir
  besprechungen, KTAs, aber auch KBA-Sitzungen         gefiel gut, wie Gemeinden sich beim Streaming
  und Synoden) nicht mehr als Präsenzveranstal-        zusammen gefunden und gemeinsame Sache ge-
  tungen stattfinden konnten. Das gegenseitige         macht haben – so musste nicht jeder eine kom-
  Kennenlernen im noch neu fusionierten Kirchen-       plette Ausstattung besorgen. Diesen Blick über
  bezirk konnte so kaum gelingen. Schnell haben        den Tellerrand hinaus sollten wir uns unbedingt
  sich digitale Angebote etabliert und haben auch      bewahren.
  weitgehend gut funktioniert. Dennoch fehlt die di-
  rekte Begegnung sehr und die digitalen Angebote      Ebenso kreativ wurden Mittel und Wege gesucht,
  durchzuführen, erlebe ich als sehr aufwändig und     wie man den Einzelnen seelsorglich und persön-
  mühevoll.                                            lich begegnen konnte. Insbesondere die Strea-
                                                       ming-Angebote für Gottesdienste und Kontakte
  Gut war, dass wir die Neukonstituierung der Gre-     über die sogenannten sozialen Medien sollten bei-
  mien nach der Kirchenwahl rasch angegangen           behalten werden – nicht als Alternative, sondern
  sind und somit schon vor dem ersten Lockdown         als Ergänzung.
  erledigen konnten.
  Eine weitere Herausforderung war das „Corona-        Zu Beginn der Corona-Krise hat Bischof July den
  Management“ mit ständig neuen Vorgaben von           rechten Ton gefunden – das fand ich hilfreich.
  kirchlicher, kommunaler und politischer Sei-         Auch die Taskforce Corona im OKR hat schnell und
  te. Manches blieb unklar, so dass ich mich mit       klar reagiert und Fragen beantwortet. Wenn es da
  einer großen Zahl individueller Anfragen und         und dort Unklarheiten zwischen den Dienststellen
  Entscheidungen beschäftigen musste. Die sehr         und landeskirchlichen Werken gab, ließ sich das
  hohen Inzidenzzahlen im Landkreis haben uns          zumeist rasch klären und auflösen. Insgesamt war
  gezwungen, über Weihnachten und den Jahres-          ich mit der Begleitung durch die Kirchenleitung
  wechsel alle Gottesdienste abzusagen. Das hat        zufrieden und bin auch weiterhin dankbar für ra-
  sehr geschmerzt. Auch dass unsere gut etablierte     sche Klärungen. Die erhöhte Zahl coronabedingter
  Veranstaltung „Weihnachten mit Herz“ und die         Rundschreiben war notwendig.
  Vesperkirche nicht wie gewohnt stattfinden konn-     Im Kirchenbezirk haben wir durch Videokonfe-
  ten, war eine große Herausforderung – die Alter-     renzen fehlende direkte Absprachen zu ersetzen
  nativen dazu gab es, waren und sind aber nur ein     versucht und Austauschrunden im digitalen For-
  Notbehelf. Wir freuen uns aufs nächste Jahr!         mat etabliert – aber wir freuen uns alle auf direkte
  Ganz ohne Zweifel hat die Situation in vielen Ge-    Begegnungen.
  meinden ein hohes Maß an Kreativität und                                             Dekan Erich Hartmann

  10
Videokonferenz statt Dienstfahrt

Kernaufgabe der kirchlichen Verwaltungsstellen
ist die Beratung und Unterstützung der Kirchen-
gemeinden. Dies geschieht üblicherweise in
engem und persönlichem Kontakt zu allen An-
sprechpartnern. Durch Corona hat sich diese Be-
ratungstätigkeit grundlegend geändert. Die vielen
persönliche Besprechungen sind nahezu gänzlich      den Sitzungsvorbereitungen (Erstellung von Fo-
aus dem Kalender verschwunden. An deren Stelle      lien u.  ä.) wieder gefüllt.
sind vielfach Videokonferenzen getreten. Dieses     Und noch eins: ich leide unter den fehlenden per-
für uns neue Medium wurde über Nacht, neben         sönlichen Begegnungen.
dem Telefon, zu einer der wichtigsten Kontakt-
möglichkeiten. Zugegeben, die Videokonferenzen      Die Besprechungen und Sitzungen über Video-
sind sehr gewöhnungsbedürftig. Aber mittlerweile    Konferenzen sind gut eingeführt und haben sich
wird darüber nahezu alles abgewickelt. Was für      bewährt. Sie ersetzen keine Präsenzsitzung, stel-
mich anfangs undenkbar war ist fast zur Selbst-     len aber eine gute Alternative dar.
verständlichkeit geworden. Hierzu zähle ich ins-    Dokumente sind auf dem eigenen Bildschirm oft
besondere die Gremienarbeit: Hätte sich jemand      besser lesbar als wenn sie an eine Leinwand pro-
vor Corona ernsthaft vorstellen können, sogar       jiziert werden und die Möglichkeit, sie gemeinsam
Bezirkssynoden über Video-Konferenzen durch-        bearbeiten zu können ist eine prima Sache.
zuführen?                                           Schreiben des OKR kommen schnell und nachhal-
                                                    tig per Mail und können elektronisch abgelegt und
Eine Herausforderung für mich persönlich sind       archiviert werden.
Vorstellungsgespräche bei Stellenbesetzungen.       Die technische Voraussetzungen für die Arbeit im
Hier ist der persönliche Eindruck doch sehr wich-   Home-Office konnten ausgebaut werden und er-
tig, manchmal sogar entscheidend und deshalb        öffnen dadurch neue Chancen.
für mich durch keine Videositzung zu ersetzen.
                                                    Die elektronische Unterstützung durch den OKR
Der Mailverkehr hat in einem Maße zugenommen,       bei der Einrichtung und angemessenen Durch-
dass es z. B. nach einem Urlaub nahezu unmöglich    führung von Videokonferenzen verdient Lob und
ist, die aufgelaufenen Mails aufzuarbeiten.         Anerkennung.
                                                    Die Corona-Hotline und das damit verbundene
Die Dienstfahrten haben sich wesentlich reduziert   Beratungssystem hat geholfen, die Informations-
und ich verbringe weniger Zeit auf der Straße.      flut zu kanalisieren und an die betroffenen Stellen
Aber die dadurch entstandenen „freien Zeitfen-      weiterzugeben.
ster“ werden z. B. durch einen Mehraufwand bei                                                 Fritz Ruff

                                                                                                     11
im Blickpunkt

       Angela und Cyrill Schwarz, Leitende Jugendreferenten im CVJM Tübingen

  Leben und Glauben teilen –                                 gemeinde Tübingen. Wir knüpfen zu jungen
  Jugendarbeit in Corona-Zeiten                              Menschen vertrauensvolle Beziehungen und be-
                                                             gleiten sie auf dem Weg zum Erwachsenwerden.
  Freitagabend, 13. März 2020: Wir hatten alles ge-          Regelmäßige Angebote und viele Freizeiten gestal-
  plant und vorbereitet und das KonfiSpecial sollte          ten Beziehungen und laden die jungen Leute ein,
  das Highlight für die Konfirmandinnen und Kon-             gemeinsam unterwegs zu sein, um Leben und
  firmanden der Gesamtkirchengemeinde Tübingen               Glauben zu teilen.
  werden. Doch in den Tagen davor stiegen die In-
  fektionszahlen massiv und die Unsicherheit war             In der ersten Phase des Lockdowns zwischen März
  groß. Wir sagten die Veranstaltung ab. Es war der          und Juni konnten wir mit schnell konzipierten On-
  Beginn einer nicht enden wollenden Absagewelle.            lineformaten immerhin diejenigen erreichen, die
                                                             zum engeren Beziehungsnetz gehören. Es gab
  Der CVJM Tübingen e. V. verantwortet selbst-               aber auch andere Reaktionen: „Auf Onlinetreffen
  ständig die Ev. Jugendarbeit der Gesamtkirchen-            habe ich keinen Bock.“ Kein Wunder: Wer den

  12
Alb-Relax-Camp 2020, CVJM Tübingen

ganzen Tag digitale Meetings und Homeschooling      und Jugendliche. Zu vielen Jugendlichen haben
erlebt, sehnt sich nach echten Begegnungen. Die     wir den Kontakt verloren. Ehrenamtliche muss-
waren erst wieder nach den Pfingstferien möglich.   ten ihr Engagement reduzieren, weil z. B. Uni-
Dank neuer Corona-Verordnung und ausgeklügel-       versitäten ihre Prüfungen verschoben haben. Die
ter Hygienekonzepte lautete unser Motto: „Hurra,    Hauptamtlichen sind müde. Immer wieder planen
wir dürfen wieder!“ Leider kam die neue Verord-     sie Angebote, die sie dann absagen müssen. Auch
nung zu spät für unsere Sommerfreizeiten. Die       finanzielle Auswirkungen muss der CVJM schul-
eigentlich geplanten hatten wir schon abgesagt.     tern. Die Stornokosten für die coronabedingte
Also improvisierten wir und stellten Alternativ-    Absage der Sommerfreizeiten wurden vom Land
angebote auf die Beine. Mit deutlich reduzierter    Baden-Württemberg nicht zu 100 % übernom-
Teilnehmerzahl, um die Hygienebedingungen um-       men. Es bleibt ein Defizit im vierstelligen Bereich.
setzen zu können.
Die Auswirkungen der Pandemie sind an vielen        Aber es gibt auch Schönes zu entdecken. Die Krise
Stellen spürbar. Wir erreichen kaum neue Kinder     hat Kreativität und Improvisationstalent geweckt.

                                                                                                     13
im Blickpunkt

                                                           Kirchengemeinderatsarbeit mit Abstand

                                                           Im Dezember 2019 fanden die letzten Wahlen zum
                                                           Kirchengemeinderat statt. Der Start in die neue
                                                           Amtsperiode und die Amtseinführung wurde in
                                                           den Gemeinden sorgfältig geplant. Auch die Kon-
                                                           stituierung der Gremien (Wahl der Vorsitzenden,
                                                           Bildung der Ausschüsse..) konnte vielerorts noch
                                                           in gewohnter Weise erfolgen.

                                                           Die Arbeitshilfe des KGR-Referats ‚Beginnen-An-
                                                           knüpfen-Gestalten‘ wurde interessiert aufgenom-
                                                           men und deren Methoden vielerorts eingesetzt mit
                                                           dem Ziel, Neugewählte und Erfahrene in einen gu-
                                                           ten Kontakt zu bringen, Nähe und Vertrauen unter
                                                           den Mitgliedern aufzubauen, sich über Zukunfts-
                                                           bilder zu verständigen und auch die geistlich-the-
    GutesToGo in Coronazeiten, CVJM Tübingen

  Allerlei neue Angebote und Formate sind entstan-
  den. Die Hauptamtlichen erleben einen neuen
  Teamspirit und auch mit den Ehrenamtlichen in
  den Teams und Ausschüssen ist ein intensiveres
  Miteinander spürbar. Wir haben von vielen Men-
  schen Unterstützung und Solidarität erfahren. Das
  stärkt uns sehr und ist für uns ein Zeichen der
  Güte Gottes.

  Wann wir das nächste KonfiSpecial mit den Ju-
  gendlichen feiern können, ist genauso unklar
  wie die Frage, ob Kinderferienprogramme in den
  Osterferien möglich sind. An uns liegt es nicht:
  Wir stehen in den Startlöchern. Und wir hoffen
  auf bessere Zeiten, um wieder ganz für Kinder,
  Jugendliche und junge Erwachsene da sein zu
                                                             Hans-Martin Härter,
  können.                                                  Referent für Kirchengemeinderatsarbeit
                               Angela und Cyrill Schwarz   im Zentrum für Ehrenamt und Gemeindeentwicklung

  14
ologische Basis des gemeindlichen Lebens in den         hätten, wenn sie dafür extra nach Birkach hätten
Blick zu nehmen.                                        fahren müssen. Wir werden in Zukunft auch of-
Ende Januar tauchte das Virus auf, das viele Vor-       fene Austauschforen anbieten und bei Bedarf ger-
haben und Planungen für einen guten Start im            ne ausbauen. Das was aus unserer Sicht sinnvoll
Gremium in Frage stellte und den Verantwort-            und möglich ist, werden wir auch weiterhin in di-
lichen ein hohes Maß an Beweglichkeit und Expe-         gitaler Form anbieten.
rimentierfreude abverlangte.
Erfreulich und erstaunlich war, wie viel an Gremi-      Gleichwohl stellen sich im Blick auf den rasanten
enarbeit sich in relativ kurzer Zeit in den digitalen   Digitalisierungsprozess im Bereich unserer Gre-
Raum verlagern ließ. Dazu trug nicht zuletzt eine       mienarbeit auch kritische Fragen:
durch den geschäftsführenden Ausschuss der              Welche Themen, Inhalte und Entscheidungspro-
Landessynode schon am 18. März 2020 beschlos-           zesse lassen sich problemlos im Rahmen von
sene Veränderung der Kirchengemeindeordnung             Videokonferenzen bewältigen und wo ist persön-
bei, nach der unter bestimmten Umständen Ent-           liche Präsenz dringend erforderlich?
scheidungen auch ohne persönliche Präsenz               Was muss im Blick auf die Vorbereitung und die
rechtssicher möglich sind.                              Durchführung von digitalen Sitzungen beachtet
                                                        werden, damit die Mitglieder zu tragfähigen Ent-
Auch die Fortbildungsangebote des KGR-Refe-             scheidungen kommen?
rats, bisher überwiegend im Haus Birkach als            In welcher Form finden Abstimmungen statt?
Werkstattabende oder Studientage angeboten,             Wie kann es gelingen, die Gemeindeöffentlichkeit
konnten als Videokonferenzen abgehalten wer-            am Sitzungsgeschehen zu beteiligen und wie kön-
den. Aufgrund der hohen Nachfrage haben wir             nen wir in lebendigen Kontakt mit Gemeindeglie-
diese Angebote deutlich ausgebaut. Für das Re-          dern kommen oder bleiben?
ferat Kirchengemeinderatsarbeit und für die Teil-
nehmenden ist das ein spannender Lernprozess,           Die Kirche wird sich über diesem Digitalisierungs-
weil wir hier immer wieder Neuland betreten.            schub verändern. Die Chancen, die in dieser Ver-
Natürlich können Videokonferenzen persönliche           änderung liegen gilt es, immer wieder zu ergreifen
Begegnungen nicht ersetzen. Gleichwohl erhalten         und zu nutzen. Was sich nicht verändert ist der
wir nach in digitalen Fortbildungen sehr positive       Auftrag, das Evangelium zu kommunizieren und
Rückmeldungen. Nicht wenige Teilnehmer*innen            den Dienst der Liebe zu tun.
signalisieren auch, dass sie nicht teilgenommen                                          Hans-Martin Härter

   Lust auf Fortbildung? Informationen zu den Studientagen und Werkstattabenden finden sich bei
   den Veranstaltungshinweisen auf Seite 22.

                                                                                                        15
im Blickpunkt

                                     Ein Schub an Kreativität
                                     Wie Corona unsere Gemeindearbeit
                                     verändert hat
                                     Wenn mir Anfang 2020 jemand erklärt hätte, dass wir im Lauf
                                     des Jahres Videogottesdienste und ein Einkaufshilfenetz auf
                                     die Beine stellen und der Kirchengemeinderat sich digital trifft
                                     – ich hätte ihn ausgelacht. Jetzt machen wir es. Und es macht
                                     viel Arbeit. Aber auch viel Spaß …

  Ein erster Glücksfall im Corona-Unglück war,        Corona-Gottesdienstkonzept
  dass unser Kirchengemeinderat sich Mitte März
  2020 zum Klausurhalbtag traf. Das neue Gre-         Neben Präsenzgottesdiensten bereiteten wir me-
  mium sprang mit kurzem Anlauf direkt in einen       diale Angebote vor. Zu Palmsonntag boten wir un-
  intensiven Austausch. Was ist jetzt, unter Coro-    seren ersten „Gottesdienst to go“ an. Wir druckten
  nabedingungen, dran? Wer braucht uns jetzt?         Kurzpredigt, Lied und Gebet und hängten sie auf
  Mit welchen Ressourcen können wir die Aufgabe       Wäscheleinen. Wir intensivierten die Pressearbeit
  angehen? Die Kurzklausur lehrte uns nicht nur,      und druckten eine Sonderausgabe des Gemeinde-
  konzeptionelle Fragen zu stellen. Sie lehrte auch   briefs.
  Bescheidenheit und Realismus. Eines der wenigen
  handfesten Ergebnisse war bereits Stunden später    In der Klausur wurden auch digitale Formate in
  Makulatur. Wir hatten einen neuen Gottesdienst-     den Blick genommen. Eine Facebookseite war
  plan entworfen. Mehr Gottesdienste, dafür kürzer    schnell am Netz, auch die Internetseite wurde nun
  und nach Möglichkeit im Freien. Noch am selben      intensiver bespielt. Bei digitalen Andachts- oder
  Nachmittag erreichte uns eine Mail des Dekans, in   Gottesdienstformaten trat ich zunächst auf die
  der er darum bat, wegen des dynamischen Infek-      Bremse. Als ehemaliger Medienpfarrer war mir
  tionsgeschehens in Esslingen alle Gottesdienste     klar, dass Podcasts oder Videogottesdienste gut
  abzusagen.                                          geplant und gut gemacht sein müssen. Es gibt

  16
bereits hervorragende Fernsehgottesdienste und            weil es beim Videogottesdienst die Gefahr des
Radioandachten. Warum selber machen? Als                  Wegzappens gibt, war auch klar: Er muss kurzwei-
sich aber Gemeindeglieder meldeten, die ihre ver-         lig sein. Klare Ansprache der medial Mitfeiernden,
trauten kirchlichen Orte und Gesichter vermissten,        wechselnde Kameraeinstellungen, gelegentlich
gingen wir an den Start. Wir taten es mit einem           Interview statt Predigt.
bewusst handgestrickten Konzept. Keine falsche
Professionalität suggerieren. Allerdings auch kei-        Wer schaut die Gottesdienste an? Die Streuung
ne falsche Unprofessionalität. Uns war klar: Die          ist breiter als geahnt. Da öfter Kinder mitwirken,
Menschen, die wir erreichen wollen, sind nicht            sitzen ganze Familien vor dem Notebook. Allein-
„das Worldwide Web“, sondern Leute vor Ort.               stehende schreiben uns aus der Quarantäne, dass
Deshalb Lokalkolorit, bekannte Gesichter, Partizi-        der Gottesdienst ein Highlight des Tages war. Was
pationsmöglichkeiten, etwa bei den Fürbitten. Und         uns überrascht hat: Zahlreiche Seniorinnen und

  Christoph Schweizer filmt seinen Kollegen Enno Knospe

                                                                                                         17
im Blickpunkt

  Senioren feiern mit. Ein 95-jähriger feiert regel-      mandenunterricht fehlte uns die zündende Idee zu
  mäßig mit seinem Enkel. Eine 80-jährige berichtet,      passenden digitalen Formaten.
  sie habe ihrer 79-jährigen Nachbarn neulich ge-
  zeigt, wo sie den Gottesdienst im Internet findet.      Seelsorge und Begleitung Trauernder unter Co-
  Im Pflegeheim werden die Gottesdienste gemein-          ronabedingungen – ein schwieriges Thema.
  sam angeschaut.                                         Manches geht am Telefon, anderes per Post, Mail
                                                          oder Chat. Aber manche Präsenzkontakte sind un-
  Gemeinde als Netzwerk                                   aufschiebbar. Und sie hinterlassen ein mulmiges
                                                          Gefühl. Trage ich das Virus ins Haus oder Pfle-
  Gemeinde ist mehr als Sonntagsgottesdienst. In-         geheim? Andererseits lerne ich neu, die gemein-
  nerhalb weniger Wochen haben wir ein Einkaufs-          same Zeit als etwas Wertvolles zu achten.
  Hilfenetz für den Stadtteil realisiert. Möglich wurde
  dies durch zwei Glücksfälle: Die Zusammenarbeit         Die Zusammenarbeit in Distrikt und Gesamtkir-
  mit dem Krankenpflegeverein und die Gewin-              chengemeinde könnte im aktuellen Innovations-
  nung einer neuen Ehrenamtlichen mit Erfahrung           schub meiner Meinung nach stärker sein. In der
  im Projektmanagement. Mit den Lockerungen               Arbeitsteilung und Schwerpunktsetzung liegen
  im Sommer fuhren wir zunehmend mehrgleisig.             Chancen, gerade jetzt. Warum nicht eine Kirche
  Neben Präsenzangeboten haben wir die digitalen          in der Stadt zur Digital- oder Streaming-Kirche
  weitergeführt. Immer wieder mussten wir auslo-          entwickeln? Oder ein Videoteam, das an wech-
  ten, was leistbar ist. Wir reduzierten die Frequenz     selnden Orten und mit wechselnden Menschen
  der digitalen Angebote, die nun weniger gefragt         digitale Angebote produziert? Aber in der ersten
  waren.                                                  Phase der Krise war jede Gemeinde sehr mit sich
                                                          selbst beschäftigt.
  Im Advent haben wir wieder fleißig Videos
  produziert. Der Video-Adventskalender mit               Die Arbeit unter Coronabedingungen ist kein Spa-
  Beiträgen vieler Gemeindeglieder war eine Team-         ziergang. Permanent stellen wir unsere Angebote
  work-Erfahrung. Den Kinderchor für den Video-           auf den Prüfstand. Darin liegt auch eine Chance.
  Weihnachtsgottesdienst nahmen wir bereits in            Die permanente Überprüfung ist eine hervorra-
  den Herbstferien auf. Und bei der Planung von           gende Schulung für die Planung der Gemeinde-
  insgesamt 22 Präsenz-Heiligabendgottesdiens-            arbeit.
  ten, davon 18 im Freien, überboten sich unsere
  Ehrenamtlichen.                                         Am Ende des Jahres bin ich erschöpft und glück-
                                                          lich. Glücklich über den Schub an Kreativität.
  Luft nach oben                                          Glücklich darüber, wie vieles wir mit motivierten
                                                          Ehren- und Hauptamtlichen bewegen konnten.
  Vieles ist gut gelaufen. Aber nicht alles. Auch                                         Christoph Schweizer
  das gehört zur Corona-Wirklichkeit. Beim Konfir-

  18
Ein Gruß aus New York
                                        Dr. Miriam Groß war bis Ende 2020 Pfarrerin der Deutschen
                                        Gemeinde in New York. Immer wieder hat sie auch in den Me-
                                        dien von der Situation dort berichtet. In der Coronakrise hat
                                        sie vielen Gemeinden bei uns geholfen, sich mit digitalen For-
                                        maten zu behelfen, die in ihrer Arbeit schon seit langem eine
                                        Rolle spielten, z. B. im Konfirmandenunterricht, aber auch bei
                                        Zoom-Gottesdiensten. Ihr Gastbeitrag weitet den Blick über
                                        unsere Württembergische Situation hinaus. Seit Februar 2021
                                        ist Miriam Groß Seelsorgerin am Bundespolizeiaus- und Fort-
                                        bildungszentrum Bamberg.

„This was 20/20!“ – es scheint als ob sich der      York. Kurze Zeit später war die Megametropole zu
Fernsehmoderator am letzten Freitag des Jahres      einem Hotspot der Pandemie geworden und hat-
mit einem Seufzer der Erleichterung von seinen      te die Stadt, die niemals schläft, zum Stillstand
Zuschauern und einem unglaublich turbulenten        gezwungen. Während alles gesellschaftliche Le-
Jahr verabschiedet.                                 ben zum Erliegen kam versuchte ich durch eine
                                                    blitzschnelle Umstellung auf digitale Angebote zu
Die beliebte TV-Dokumentation „20/20“ des Sen-      reagieren: Gottesdienst, Konfirmandenunterricht,
ders ABC zeigt stets schwierige Vorkommnisse        Religionsunterricht an der Deutschen Schule
und Menschen, die in oft lebensbedrohliche Si-      wurden online gestaltet. Dazu versuchte ich mein
tuationen geraten, weil sie nicht genau hinsehen.   Wissen mit Kolleginnen und Kollegen in Deutsch-
Der Ausdruck „20/20“ beschreibt im amerika-         land und aller Welt im Rahmen von digitalen EKD-
nischen Sprachgebrauch das optimale Sehver-         Seminaren zu teilen.
mögen. Das nun vergangene Jahr 2020 hat uns
in den USA dazu gezwungen, näher hinzusehen         Kaum hatte sich hier ein wenig Normalität ein-
und uns in all den Geschehnissen atemlos werden     gestellt, wurde Amerika von einem heiligen
lassen.                                             Zorn über die Ermordung eines schwarzen Afro-
Begonnen hatte das Jahr mit Demonstrationen         Amerikaners und der dabei zu Tage getretenen
gegen den aufflammenden Antisemitismus in New       Polizeigewalt erfasst. Als Pfarrerin einer deutsch-

                                                                                                    19
im Blickpunkt

                sprachigen Gemeinde und eh-
                renamtliche Polizeiseelsorgerin
                war ich mittendrin und versuchte
                Brücken für beide Seiten zu bau-
                en. Mit der ab Pandemiebeginn
                gestiegenen      Arbeitslosigkeit,
                Wohnungsnot und Obdachlosig-
                keit engagierte ich mich zuse-
                hends bei einer jüdischen Tafel,
                die sich vor allem um undoku-
                mentierte Immigranten und de-
                ren Familien bemühte. Als dann
                im Herbst aufgrund der Präsi-
                dentschaftswahl die Unsicherheit
                alle gesellschaftlichen Bereiche
                erreichte, war das Land an einem
                gefährlichen Punkt angelangt,
                der auch mich mit Angst erfüllte.

                Doch in allem nahm ich den Se-
                gen wahr, der mir durch liebe
                Kolleg*innen und Freund*innen
                entgegenkam. Sie sprachen
                mir die Hoffnung des Glaubens
                durch ihr Dasein zu - trotz der
                vielen Meilen, die zwischen uns
                lagen.
                Das alte Jahr hat mich gelehrt
                genau hinzusehen – und zwar auf
                das, was mich trägt: Der Glaube
                an einen liebenden Gott, der uns
                in schweren Situationen nicht im
                Stich lässt, sondern uns bei je-
                dem Lebensschritt begleitet. Es
                ist dieser Glaube, der uns auch in
                2021 weiter tragen wird.
                                       Miriam Groß

  20
im Kalender

                   Gestalten und Verantworten
                   KBA-Tagung in Bad Boll am 15. / 16. Oktober 2021

  Auch wenn die letzten Kirchenwahlen dann schon      Bad Boll, dem Referat Kirchengemeinderatsarbeit
  fast zwei Jahr zurückliegen werden – der Aus-       im Zentrum Gemeindeentwicklung und vom Ev.
  tausch über die Aufgaben und das Selbstverständ-    Kirchengemeindetag in Württemberg.
  nis des Kirchenbezirksausschusses bleibt eine
  drängende Aufgabe. Strukturelle Veränderungen        Information und Anmeldung:
  in unserer Landeskirche übertragen den Kirchen-
  bezirken viel Verantwortung. Pfarrpläne, Gemein-     Evangelische Akademie Bad Boll
  defusionen und Immobilienkonzeptionen sind nur
  einige Stichworte. Hinzu kommen gesellschaft-        Tagungsorganisation:
  liche und globale Herausforderungen wie die Ver-     Ursula Aldrian
  änderungen der Arbeitswelt, der Klimawandel und      Telefon: 07164 79-233
  zuletzt die Folgen der Corona-Krise.                 ursula.aldrian@ev-akademie-boll.de

  Die Tagung, die ursprünglich schon im Herbst         Tagungsort:
  2020 hätte stattfinden sollen, möchte die Verant-    Evangelisches Tagungszentrum
  wortlichen auf Bezirksebene zusammenbringen,         Akademie Bad Boll
  Begegnungsmöglichkeiten schaffen und ge-             Akademieweg 11 | 73087 Bad Boll
  meinsam über Zukunftshorizonte unserer Kirche        Telefon: 07164 79-100
  nachdenken. Vertreter*innen aus Synode und
  Kirchenleitung stehen zum Gespräch bereit. Ge-       Tagungsleitung:
  meinsam geht es uns darum, mutig und freudig         Gerlinde Feine
  Kirche vor Ort und in der Region zu gestalten und    Pfarrerin, Geschäftsführerin des Evangelischen
  zu verantworten!                                     Kirchengemeindetags, Böblingen

  Wir sind froh, dass die meisten Referent*innen,      Georg Ottmar
  die wir ursprünglich angefragt haben, auch an        Kirchenrat, Verständigungsprozess „Kirche neu
  dem neuen Termin mitwirken können. Trotzdem          denken”
  wird es Veränderungen im Tableau geben. Der
  aktualisierte Einladungsflyer wird über die De-      Prof. Dr. Hans-Ulrich Gehring
  kanatämter versandt werden. Die Tagung wird          Studienleiter Evangelische Akademie Bad Boll
  gemeinsam verantwortet von der Ev. Akademie

                                                                                                      21
im Kalender

       2021
                                               Die Fortbildungen werden vom Zentrum für Gemeinde-
                                               entwicklung und Ehrenamt organisiert. Der Kirchenge-
                                               meindetag unterstützt seine Mitglieder bei bestimmten
                                               Fortbildungsveranstaltungen mit einem Förderbeitrag
             Veranstaltungsübersicht           zwischen 10 und 30 Euro pro Teilnehmer*in.

  Werkstattabende                              Referentin: Bärbel Hartmann,
  jeweils 18.30 – 20.00                        Leiterin der Kirchlichen Verwaltungsstelle
  (als MS Teams-Videokonferenz)                Göppingen

  Mittwoch: 17.03.2021 –                       Mittwoch, 09.06.2021 – Protokollführung
  Veränderungen gestalten                      Anmeldeschluss: 02.06.2021
  Anmeldeschluss: 10.03.2021                   Referentin: Ute Berger,
  Referentin: Gisela Dehlinger,                Dozentin für die Aus- und Fortbildung von
  Leiterin der Gemeindeberatung                Pfarramtssekretär*innen

  Mittwoch, 14.04.2021 –                       Montag, 21.06.2021 –
  Ehrenamtsförderung / Ehrenamtskoordination   Neue Bibel für das 21. Jahrhundert
  Anmeldeschluss: 07.04.2021                   Anmeldeschluss: 02.06.2021
  Referentin: Karola Vollmer,                  Referentin: Franziska Stocker-Schwarz,
  Leiterin der Fachstelle Ehrenamt             Württ. Bibelgesellschaft, Stuttgart

  Donnerstag, 22.04.2021 –                     Moderation:
  Andachten gestalten                          Hans-Martin Härter, Karola Vollmer
  Anmeldeschluss: 15.04.2021
  Referentin: Dr. Evelina Volkmann,            Anmeldung:
  Leiterin der Fachstelle Gottesdienst         Evang. Bildungszentrum Haus Birkach
                                               Zentrum Gemeindeentwicklung und Ehrenamt
  Mittwoch, 19.05.2021 –                       Referat für Kirchengemeinderatsarbeit
  Der „Plan für die kirchliche Arbeit“         Tel. 0711 4 58 04-94 21, Fax 0711 4 58 04-94 34
  (Haushaltsplan) für Kirchengemeinde          Angelika.Reissing@elk-wue.de, www.kirchenge-
  Anmeldeschluss: 12.05.2021                   meinderatsarbeit.elk-wue.de

  22
Einkehrtage –                                     Einkehrtage –
Geistlich gegründet Gemeinde leiten               Geistlich gegründet Gemeinde leiten
für Gewählte Vorsitzende von Kirchengemeinderä-   für Leitungstandems: Gewählte KGR-Vorsitzende
ten und Kirchenbezirkssynoden                     und Pfarrerinnen und Pfarrer

19. – 21. März 2021 im Stift Urach                16./17. April 2021
Beginn Freitag, 18.00 Uhr –                       in der Evang. Tagungsstätte Löwenstein
Ende Sonntag 13.30 Uhr                            Beginn Freitag, 16.00 Uhr –
Kosten: 50 Euro pro Teilnehmer*in für Tagungs-    Ende Samstag, 18.15 Uhr
kosten, Übernachtung und Verpflegung              Kosten: 25 Euro pro Teilnehmer*in für Tagungs-
Leitung: Pfarrerin Elke Maihöfer,                 kosten, Übernachtung und Verpflegung
Leiterin Stift Urach,                             Leitung: Pfarrerin Eva-Maria Bachteler,
Annedore Beck,                                    Leiterin Evang. Tagungsstätte Löwenstein,
Gemeinderaterin, Geistliche Begleiterin, Coach    Annedore Beck,
                                                  Gemeinderaterin, Geistliche Begleiterin, Coach
29. – 31. Oktober 2021
in der Evang. Tagungsstätte Löwenstein            24./25. September 2021 im Stift Urach
Beginn Freitag, 18.00 Uhr –                       Beginn Freitag, 16.00 Uhr –
Ende Sonntag 13.30 Uhr                            Ende Samstag, 18.15 Uhr
Kosten: 50 Euro pro Teilnehmer*in für Tagungs-    Kosten: 25 Euro pro Teilnehmer*in für Tagungs-
kosten, Übernachtung und Verpflegung              kosten, Übernachtung und Verpflegung
Leitung: Pfarrerin Eva-Maria Bachteler,           Leitung: Pfarrerin Elke Maihöfer,
Leiterin Evang. Tagungsstätte Löwenstein,         Leiterin Stift Urach,
Annedore Beck,                                    Annedore Beck,
Gemeinderaterin, Geistliche Begleiterin, Coach    Gemeinderaterin, Geistliche Begleiterin, Coach

Anmeldungen Stift Urach:                          Anmeldungen Evang. Tagungsstätte Löwenstein:
Einkehrhaus der Evang. Landeskirche               Tel. 07130 48 48-0
in Württemberg                                    info@e-tl.de, www.e-tl.de
Tel. 07125 94 99-0
info@stifturach.de
www.stifturach.de

                                                                                                   23
im Kalender

  Lust auf Leiten                                    Ausbildung zur Ehrenamtskoordinatorin / zum
  Fortbildung für Gewählte Vorsitzende in Kirchen-   Ehrenamtskoordinator in Kirchengemeinden
  gemeinden und Kirchenbezirken
                                                     Digitale Infoveranstaltung
  Informationen und Anmeldung:                       Donnerstag, 11. März 2021, 18.30 –
                                                     20.30 Uhr – meet and talk
  Prälatur Reutlingen:                               Anmeldung bis 05.03.2021 bei der
  Evang. Bildung Reutlingen, info.bildung@kirche-    Fachstelle Ehrenamt,
  reutlingen.de                                      Fachstelle.Ehrenamt@elk-wue.de

  Prälatur Heilbronn:                                Bad Boll (Anmeldeschluss: 01.07.2021)
  Evang. Tagungsstätte Löwenstein,                   Modul 1: 01./02. Oktober 2021
  info@e-tl.de                                       Modul 2: 10./11. Dezember 2021

  Prälatur Stuttgart:                                Digitales Format (Anmeldeschluss 20.09.2021)
  Evang. Bildungswerk im Landkreis Esslingen,        Modul 1: 08./09 Oktober 2021
  info@ebiwes.de                                     Modul 2: 14./15. Januar 2022

  Prälatur Ulm:                                      Das gemeinsame Abschlussmodul findet am
  Evang. Bildungswerk Oberschwaben,                  22.02.2022 im Haus Birkach statt.
  info@ebo-rv.de
                                                     Anmeldung und Information:
                                                     Evang. Bildungszentrum Haus Birkach
                                                     Zentrum Gemeindeentwicklung und Ehrenamt
                                                     Fachstelle Ehrenamt
                                                     Tel. 0711 4 58 04-94 52 / -94 21,
                                                     Fachstelle.Ehrenamt@elk-wue.de,
                                                     www.ehrenamt.elk-wue.de

  24
im Übrigen

  Chancen für Zusammenarbeit
  Der stellvertretende Vorsitzende des Evangelischen Kirchengemeindetags in Württemberg (KGT) Win-
  fried Speck war von September 2007 bis Januar 2021 Dekan in Ludwigsburg. Mit Beginn des Ruhe-
  standes legt er sein Ehrenamt im KGT nieder. Unser Gespräch führten wir am 22. Dezember – mitten im
  Trubel der coronabedingten Absagen der Weihnachtsgottesdienste – am Telefon.

  Wie haben Sie die Coronakrise in Ihrem Kir-          Wir haben sinnvolle Hygienekonzepte entwickelt
  chenbezirk wahrgenommen?                             und sind als Kirchenbezirk gut durch das Jahr ge-
                                                       kommen. Es ist ja auch eine Form von Nächsten-
  Das Kraftraubenste zuerst: Dieses von Jetzt auf      liebe, wenn ich mich und den anderen schütze.
  Nachher, die Unklarheiten, die Absagen von Got-      Auch die ganzen neuen Angebote, die entstanden
  tesdiensten und diese ganz spezielle neue Logi-      sind, machen Mut, auch die im digitalen Bereich –
  stik des kirchlichen Lebens waren und sind sehr      uns ist tatsächlich eine Bezirkssynode per Zoom
  herausfordernd. Andererseits gibt es auch Vieles,    gelungen. Die Gremien funktionieren auch unter
  das wirklich sehr gut ist: Diese Riesenkreativität   schwierigen Bedingungen.
  und Problemlösungsorientiertheit war großartig.
                                                       Wie haben Sie diese Digitalisierung erlebt?

                                                       Wir haben vermutlich in zwei Monaten das ge-
                                                       schafft, wofür wir sonst fünf Jahre gebraucht
                                                       hätten und ungeheuer schnell ganz viel gelernt.
                                                       Gleichzeitig zeigen diese digitalen Formate para-
                                                       doxerweise auch, wie wichtig die Kraft der Be-
                                                       gegnung ist. Sie werden nie persönliche Kontakte
                                                       ersetzen können, auch nicht in den Gremien. Das
                                                       ist eine Stärke der Kirche, und es hat sich bestä-
                                                       tigt, dass der digitale Weg nur abmildern, aber
                                                       persönliche Begegnungen nicht ersetzen kann.
                                                       Man spart Wege, Zeit und Kraft, aber neue Bezie-
                                                       hungen lassen sich nur ausnahmsweise anbah-
                                                       nen, das ist die Begrenztheit der digitalen Medien.

                                                                                                       25
im Übrigen

  Corona wird uns noch eine Weile begleiten.                    lichkeit erzielen kann. So sitzen zum Beispiel im
  Wie können Kirchengemeinden und -bezirke                      Verband der Kirchenbezirke in Ludwigsburg alle
  damit umgehen?                                                Verantwortlichen an einem Tisch und stemmen
                                                                gemeinsam Aufgaben wie die Flüchtlingsarbeit.
  Vor allem müssen wir schauen, dass wir uns                    Auch bei Kinderbetreuungseinrichtungen kann
  kräftemäßig nicht überfordern. Die Gemeinden                  man sehr gut zusammen arbeiten. Dann haben die
  sollten mehr zusammenrücken und sich enger                    einzelnen Gemeinden mehr Energie für ihre ganz
  vernetzen. Beschleunigt durch die Corona-Krise                eigenen Aufgaben.
  dürfen wir lernen, dass es sinnvoll ist, Kräfte zu
  bündeln und dass es ein Segen ist, wenn das ge-               Welche Rolle spielt dabei der KGT?
  lingt. Häufig war in den vergangenen Jahrzehnten
  einem die katholische Gemeinde im Ort oder die                Der KGT ist in meinen Augen eine wichtige Platt-
  Partnergemeinde in Thüringen näher als die Nach-              form für die Gemeinden, weil dort ganz verschie-
  bargemeinde. Vielleicht ist Corona da eine Chance             dene Personen aus Haupt- und Ehrenamt aus den
  und wir merken, wie gut wir zusammenarbeiten                  verschiedenen Bereichen unserer Kirche zusam-
  können.                                                       men kommen. Das ist eine gute Ideenbörse, wo
                                                                viel besprochen und initiiert werden kann.
  Gilt das auch für Themen jenseits von Corona?                 Dazu braucht es persönliche Begegnungen wie die
                                                                KBA-Tagungen und Mitgliederversammlungen.
  Unbedingt! Kirche hat auch andere Aufgaben, die               Gerade diese Mitgliederversammlungen waren für
  man gut bündeln und damit dann auch gut Öffent-               mich immer Highlights: tolle Veranstaltungen mit

    v.l: Dieter Oehler, Herbert Kehl, Gerlinde Feine, Winfried Speck vom KGT-Vorstand. Es fehlt: Henning Hoffmann.

  26
guten Referaten und sehr viel Austausch. Da kann     24plus. Wichtig waren auch die Arbeit und der
man ohne Entscheidungsdruck über gemeinsame          Austausch im Erweiterten Vorstand gemeinsam
Themen diskutieren. Daraus kann der KGT dann         mit den Kirchenpfleger*innen und Verwaltungs-
Stellungnahmen entwickeln und sich für die Ge-       fachleuten. Das ergab auch für meine eigene
meinden stark machen.                                Arbeit wichtige Impulse und ich konnte Dinge ein-
                                                     bringen, die ich wichtig fand.
Sie beenden aber Ihre Vorstandstätigkeit
wieder?                                              Was wünschen Sie sich für die Zukunft des KGT?

Ich bin überzeugt, dass wir diese Kontaktfläche      Dass er sich immer wieder in Erinnerung bringt,
brauchen und dazu wollte ich gerne meinen Bei-       mit spannenden Referent*innen Akzente setzen
trag leisten. Es war aber von Anfang an geplant,     kann und seine Möglichkeiten zu Austausch, Ver-
dass ich den Vorsitz nur für vier Jahre, bis zu      netzung und Einflussnahme weiter stärkt.
meinem Ruhestand, übernehme. Jetzt sollte eine
Nachfolge gefunden werden, die deutlich jünger       Und was haben Sie selbst für Pläne?
ist als ich.
                                                     Ich bin jetzt seit fast 14 Jahren in Ludwigsburg,
Welche Themen haben Ihre Amtszeit geprägt?           da wird es Zeit für ein anderes Gesicht mit neuen
                                                     Impulsen. Ich gebe alles ab und bin gespannt, was
Das waren die Themen, die sowieso gerade an-         auf mich zukommt und auf was ich zugehe.
standen: Der Pfarrplan oder das neue Berufs-                                            Andrea Bachmann
bild der Gemeindeassistenz im Prozess Struktur

   Der KGT ist Dekan i.R. Speck für sein großes Engagement außerordentlich dankbar. Die Verabschie-
   dung von Winfried Speck aus dem Vorstand des KGT konnte nicht wie geplant im November 2020
   stattfinden und wird bei der nächsten Mitgliederversammlung nachgeholt.

   Dass auch in Zukunft die Perspektive der Leitung eines Kirchenbezirks in die Vorstandsarbeit einflie-
   ßen kann, ist aber gesichert: Dekan Ulrich Vallon, Sulz a.N., wird diese Rolle übernehmen.
   Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit!

                                                                                                     27
im Übrigen

  Ein starkes Netz mit vielen Knoten
  Manchmal sind einfache Fragen schwer zu beantworten: „Wie viele Mitglieder hat der Kirchengemein-
  detag eigentlich?“ ist so eine Frage. Denn in den vergangenen zwei Jahren gab es viele Veränderungen,
  die zum Teil unbemerkt verliefen, sich aber auf die Struktur auswirkten.

  Gemeinden fusionierten, lange geplante Prozesse,     Wo sich Strukturen verändern, wird häufig auch
  zur Verbundgemeinde zu werden, kamen zum             Inventur gemacht. Wie die Spinne, die alle Fäden
  Abschluss, und da und dort gab es sogar Auflö-       ihres Netzes auf Effizienz und Nutzen überprüft,
  sungen. Die Kirchenwahlen beschleunigten diesen      scannen Gremien und Verwaltung die Bezüge und
  Prozess, wollte man doch noch in der alten Beset-    Verpflichtungen des alten Systems und fragen da-
  zung Verhandlungen zum Abschluss bringen und         nach, was beibehalten werden soll.
  auf Zukunft ausgerichtet sein.

  28
„Wo sich Strukturen verändern, wird häufig
                  auch Inventur gemacht..“

In manchen Gemeinden tat sich in dem Zusam-        dung des KGT brachte hier einen entscheidenden
menhang auch die Frage auf: Wozu nützt der         Vorteil: Als starkes Netzwerk und Interessenver-
Kirchengemeindetag? Sind wir nicht alle ohnehin    tretung auf landeskirchlicher Ebene bringt er die
eine gute Gemeinschaft innerhalb der Landeskir-    Stimmen der Gemeinden in die Entscheidungs-
che? Wurden wir nicht während unserer Struktur-    prozesse ein.
veränderungen gut beraten, zB durch SPI? Was
bekommen wir für unser Geld?                       Der KGT hat ein Anhörungsrecht bei allen Geset-
                                                   zen und Verordnungen, die die Kirchengemeinden
Es scheint daher angezeigt, einmal aufzulisten,    betreffen. Er kann so direkt auf Vorhaben einwir-
was der Kirchengemeindetag tut und wo er ganz      ken und die Bedenken, Fragen und Impulse seiner
konkret nützlich und sinnvoll ist.                 Mitglieder weitergeben. In der Geschäftsordnung
                                                   der Landessynode ist der KGT ebenfalls verankert:
Als Interessenvertretung aller Kirchengemeinden    Er kann zu allen Beratungen herbeigezogen wer-
in der Württembergischen Landeskirche wurde        den, die die Belange der Gemeinden und Bezirke
er gegründet, um auf eine Besonderheit unserer     betreffen. Mit der Kirchenpflegervereinigung be-
Kirchenverfassung zu reagieren: Anders als in      steht eine enge Zusammenarbeit.
den meisten Gliedkirchen der EKD wird die Württ-
embergische Landessynode direkt gewählt. Ihre      Der KGT benennt Vertreter*innen für die Arbeits-
Mitglieder können einem Kirchengemeinderat an-     rechtliche Kommission, entsendet Mitglieder in
gehören, müssen es aber nicht. Die Urwahl führt    den Umweltbeirat und den Beirat für das Projekt
sogar dazu, dass Vertreter*innen eines Wahlbe-     SPI. Mitglieder des Vorstands arbeiten bei Struk-
zirks nicht einmal mehr dort wohnen, denn sie      tur2024Plus mit, sind beim Projekt Digitalisierung
sind ad personam gewählt und können, z.B. nach     beteiligt und bringen ihre Kompetenz in die Re-
einem Stellenwechsel ihren Sitz behalten, auch     form des Finanzwesens ein.
wenn die Anbindung an die ursprüngliche Wähler-
schaft dann nicht mehr gegeben ist. Die Kirchen-   Immer wieder ergreift der KGT allein oder zusam-
gemeinden delegieren zwar Vertreter*innen in die   men mit Partnern aus dem Bereich der Verwal-
Bezirkssynode, aber auf die Ebene der Landeskir-   tung die Initiative und trägt mit Impulspapieren
che können sie nur indirekt einwirken. Die Grün-   zu aktuellen Themen wie Pfarrplan, Reform der

                                                                                                  29
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