Schädlingsmonitoring mit modernsten Technologien - Automatisiertes, drohnengestütztes Monitoring der Kirschessigfliege Drosophila suzukii - ZHAW ...
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9/2019 Schädlingsmonitoring mit modernsten Technologien Automatisiertes, drohnengestütztes Monitoring der Kirschessigfliege Drosophila suzukii Johannes Fahrentrapp, Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (CH) Schädlinge bedrohen unsere landwirtschaftlichen Kulturen. Einer dieser Schädlinge ist die Kirschessig- fliege, die Beerenfrüchte, Kirschen und Trauben befällt. In einem internationalen Projekt entwickelt die Forschungsgruppe Hortikultur eine Falle für die Kirschessigfliege, die mit Hilfe von Drohnen fotografiert wird. Auf den Bildern werden mittels deep learning-Methoden die Zielinsekten im Beifang detektiert und gezählt. Die Daten sollen in Entscheidungshilfesysteme (Decision Support Systems) integriert werden und den Produzenten als Grundlage dienen, mögliche Maßnahmen unter Einbezug von Wetter und Reifestatus gegen den Schädling zu ergreifen. Kirschessigfliegen auf Weintrauben. Zum Autor Dr. Johannes Fahrentrapp arbeitet derzeit als Projektleiter an der Zür- cher Hochschule für Angewandte Wissenschaften am Institut für Umwelt und Natürliche Ressour- cen in Bereichen der Phytopatho- logie, wie der Früherkennung von Blattkrankheiten mittels moleku- larer und bildgebender Verfahren sowie im Schädlingsmonitoring. Im Fokus stehen hier zum einen die Entwicklung von Pflanzen, die Symptome frühzeitig ausprägen (Zeigerpflanzen) und zum ande- ren die Automatisierung von Mo- nitoringverfahren. Hierfür nutzt er hauptsächlich die Weinrebe und Tomate als Modellpflanzen. Die laufenden Projekte sind sowohl national als auch international ge- fördert. 9
Das Projekt Fangen, Erkennen, Zählen Wir arbeiten gemeinsam mit For- Mit der richtigen Kombination aus schenden der Universitäten in Wa- Farbe und Geruch werden fotografier- geningen (NL) und Aberdeen (UK) bare Fallen eingesetzt, um die Fliegen an der Entwicklung einer neuen und anzuziehen und zu fangen. Frühere effizienteren Methode zur Überwa- Studien deuten darauf hin, dass rot chung der Fruchtfliege Drosophila oder schwarz attraktiver sind als an- suzukii. D. suzukii, auch Kirschessig- dere Farben und ein Aroma von „reif, fliege oder kurz KEF genannt, gehört aber nicht faul“ die richtige Kombina- zu den invasiven Arten. Sie und ihre tion sein könnte, um die KEF in die Larven sind seit ihrer Ausbreitung Falle zu locken. „Fotografierbar“ heißt, nach Spanien und Italien im Jahr die Falle muss eine ebene Fläche mit 2008 zu einem ernsthaften Schädling dem Zielinsekt aufweisen, die von in ganz Europa für viele weichhäuti- außen einsehbar ist. Dafür verwende- ge Kulturen geworden, wie beispiels- ten wir kommerziell verfügbare rote weise Kirschen, Beeren und Trauben. Klebefallen und entwickelten einen Die Früchte werden kurz vor oder im Prototyp. Die Klebefallen sind mit ei- reifen Zustand befallen, also genau ner Wein-Essig-Mischung ausgerüstet, dann, wenn wir sie ernten und kon- deren Duft die Fliegen anlockt. Der sumieren wollen. Der erste Schritt bei Prototyp enthält denselben Duftstoff, der Bekämpfung der KEF und zur Vor- jedoch schlüpfen die Fliegen durch beugung von Pflanzenschäden ist die Löcher in die Falle. Wenn sie der Duft- Erkennung der Fliege. Bekämpft wird quelle folgen, können sie hinter einer die KEF mittels durchsichtigen Folie fotografiert wer- • Netzen zur Abdeckung der Früchte den. Den Weg zurück finden sie nicht oder der ganzen Anlage, mehr. Der Prototyp hat einige Vorteile • der Anwendung von Ton- und Kalk- gegenüber der Klebefalle. Durch die produkten sowie Insektiziden, Größe der Einfluglöcher (2 mm) wird • Hygienemaßnahmen und zum Beispiel der Beifang reduziert • Frühernten. und es kommt kein Leim zum Ein- Die verschiedenen Strategien, mit satz, dem die KEF durch ihre spezi- denen die Produzenten die KEF ab- ellen Strukturen an den Füßen häufig wehren, erfordern eine Überwachung wieder entkommen kann. der Fliege. Die derzeitigen Überwa- Sobald die Fliegen mit den Füßen im chungssysteme, wie Becherfallen, Klebstoff der Fallen steckenbleiben die mit einem flüssigen Lockstoff oder sich in der Prototypfalle verir- bestückt werden oder die mikrosko- ren, werden sie mit hochauflösenden pische Identifikation von Eiablagen Kameras von Drohnen fotografiert, in Beerenproben sind zeitaufwändig, die einen Parcours von Falle zu Fal- arbeitsintensiv und weder automati- le abfliegen und die Bilder sammeln. sierbar noch digitalisierbar und damit Männliche Kirschessigfliegen sind auf- kostspielig. Daher werden sie mit ge- grund ihrer Flecken auf den Flügeln ringer räumlicher Auflösung eingesetzt relativ leicht mit dem bloßen Auge zu und sind anfällig für Fehler. Ziel des identifizieren – daher auch ihr eng- Projekts ist es, ein neuartiges System lischer Name Spotted Wing Droso- zu entwickeln, das Zeitaufwand und phila. Eine Software, die zur Analyse Kosten reduziert. Zu diesem Zweck der aufgenommenen Bilder geschult setzen die Projektpartner eine Kom- wurde (deep learning), identifiziert bination aus fotografierbaren Fallen, und zählt die Zielinsekten im Beifang. Drohnenkameras und automatisier- Derzeit erreicht die Software eine Ge- ten Bildverarbeitungstechniken ein. nauigkeit von 80%. Danach werden die gesammelten Daten an ein Entscheidungshilfesys- ➌ tem übertragen, um den Landwirten 10
9/2019 wertvolle Informationen in nutzbarer Form zur Verfügung zu stellen. Auf- grund dieser Informationen können Eckdaten sie entscheiden, ob eine Insektizid- Das Forschungsprojekt ist eine applikation möglich und nötig ist oder ob darauf verzichtet werden kann, Zusammenarbeit zwischen David wenn stattdessen zum Beispiel ein R. Green UCEMM, University of wenig früher geerntet wird. Das Ent- scheidungshilfesystem, wie beispiels- Aberdeen, Schottland, Lammert weise der Rebschutzwarndienst, soll dabei das phänologische Stadium der Kooistra, Wageningen University Wirtspflanze und die Wetterprognose and Research, Niederlanden und ➊ miteinbeziehen. Das Projekt umfasst die Datenbereitstellung, nicht aber der Forschungsgruppe Hortikultur die Entwicklung des Entscheidungs- am IUNR der Zürcher Hochschule hilfesystems. für Angewandte Wissenschaften, Blick in die Zukunft ZHAW, in Wädenswil, Schweiz. Die neue Monitoringmethode hat Das dreijährige Projekt mit dem mehrere Vorteile gegenüber der bis- herigen: Es können damit verschie- Titel „Automated Airborne Pest dene, auch schwerer zugängliche Monitoring (AAPM) von Dro- Lebensräume überwacht werden. Es ist weniger arbeitsintensiv, kann au- sophila suzukii in Kulturen und tomatisiert erfolgen und die georefe- natürlichen Lebensräumen“ hat renzierten Daten können einfach in Entscheidungshilfesysteme integriert ein Gesamtbudget von knapp werden. Somit kann die KEF-Populati- 300.000 €, wurde im Rahmen on über große Gebiete hinweg über- wacht und eine große Menge an ver- der zweiten Ausschreibung des lässlicheren Daten produziert werden. Die Daten sind digital verfügbar und ERA-Nets Coordinated-Integrated sind integrierbar in landwirtschaftliche Pest Management in Europe, C- Managementsysteme, wie sie ver- ➋ mutlich in der Zukunft vermehrt zum IPM, gefördert und läuft bis März Einsatz kommen werden. Diese Sys- 2020. Finanziert wird das Projekt teme erlauben es den Produzenten, zum richtigen Zeitpunkt in der richti- durch das Bundesamt für Land- gen Weise zu reagieren und Pflanzen wirtschaft, die Netherlands Or- zum Beispiel im optimalen Moment ➊ Dank Drohnen können Wege und mit Pflanzenschutzmitteln oder Hygie- ganisation for Scientific Research Zeit gespart werden. Im Bild: DJI nemaßnahmen zu behandeln, so Phantom und Klebefalle Rebell (NWO) und das Department for Rosso (Andermatt Biocontrol, dass eine maximale Wirkung erzielt www.biocontrol.ch). werden kann. Durch die Vernetzung Environment Food & Rural Affairs dieser Prozesse und der Einbindung von Lieferanten und Kunden nähern (DEFRA), UK. ➋ Ein Fallenprototyp fängt die Kirschessigfliege verlässlicher und wir uns einer nachhaltigeren Land- mit weniger Beifang. wirtschaft, einer Landwirtschaft 4.0. ➌ Klebefalle Rebell Rosso mit johannes.fahrentrapp@zhaw.ch Lockstoff, der nur riecht und nicht für Insekten zugänglich ist. 11
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