Schriftlicher Teil der künstlerischen Diplomarbeit - Angewandte
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Schriftlicher Teil der künstlerischen Diplomarbeit DISITOFY sinful objects for everyday life (nach Die sieben Todsünden der Kleinbürger von Bertolt Brecht und Kurt Weill) JULIA GREVENKAMP Universität für angewandte Kunst Wien Bühnen- und Filmgestaltung Betreut von Univ.Prof. Bernhard Kleber Sommersemester 2020 TITELSEITE
Abb. 1:Buffettisch einer Diplombegehung (Universität für angewandte Kunst Wien), Januar 2020, Fotografie, Julia Grevenkamp (JG). 2
INHALT: 1. Einleitung und persönlicher Zugang.......................................................................8 2. Ausgangspunkt: Die sieben Todsünden der Kleinbürger.......................................14 2.1. Entstehungsgeschichte....................................................................................14 2.2. Die Musik.......................................................................................................15 2.3. Rezeptionsgeschichte ab 1970........................................................................16 3. Herangehensweise.................................................................................................18 3.1. Fotoserie OBJEKT + SÜNDE........................................................................18 3.2. Zentrale Motive aus Brechts Libretto.............................................................21 3.2.1. Zweiteilung der (Haupt-) Person...........................................................21 3.2.2. Verhältnis Sünde - Tugend....................................................................23 3.2.3. Die Künstlerin als Ware........................................................................28 3.2.4. Wert und Bewertung der Sünde............................................................29 3.2.5. Übertreibung.........................................................................................31 3.3. Das Konzept DISITOFY sinful objects for everyday life...............................34 4. Umsetzung.............................................................................................................36 4.1. Der Titel..........................................................................................................36 4.2. Der Raum: Online Shop.................................................................................36 4.2.1. Navigation und formale Vorgaben........................................................36 4.2.2. Visuelle Gestaltung...............................................................................38 4.3. Präsentation der Produkte...............................................................................41 4.3.1. Produktfotos.........................................................................................41 4.3.2. Produktbeschreibung............................................................................41 4.3.3. Der Wert der Produkte..........................................................................41 4.4. Packaging.......................................................................................................43 4.5. Die Produkte...................................................................................................45 4.5.1. Die Topseller.........................................................................................46 4.5.2. Die Klassiker........................................................................................49 4.5.3. Das gewisse Etwas...............................................................................51 4.5.4. special feature NEID Spring/Summer 2020........................................53 5. Quellenverzeichnis................................................................................................55 6. Abbildungsverzeichnis...........................................................................................57 7. Anhang: Biographisches zu Autor und Komponist...............................................59 8. Dank......................................................................................................................60 4
Abb. 2: Vorhang im Sarg-Ausstellungsraum, fotografiert bei einer Begehung von möglichen Ausstellungsräumen, F23 (1230 Wien), Januar 2020, Fotografie, JG. 5
Abb. 4: Lichthof mit dem rosafarbenen Boden (Universität für angewandte Kunst Wien), Januar 2020, Fotografie, JG. 7
1. Einleitung und persönlicher Zugang Ein Zuhause zu besitzen ist das Ziel des Kleinbürgertums in Bertolt Brechts Libretto Die sieben Todsünden von 1933. Die junge Frau Anna begibt sich auf eine siebenjährige Reise durch die USA, um Geld für das Haus der Familie in Louisiana zu erwirtschaften. Seit Mitte März 2020 verbringen wir alle sehr viel mehr Zeit in unserem Zuhause – ob zur Miete oder im Eigentum – als wir es größtenteils bisher getan haben. Die von Regierungen erlassenen Ausgangsbeschränkungen in Zusammenhang mit der Corona-Krise beherrschen alle Bereiche unseres täglichen Lebens. Von den Konsequenzen stark betroffen ist der Kunst- und Kulturbetrieb. Die ersten Schließungen betreffen vor allem auch die Theater. Da sitze ich nun mit diesem theatralen Stoff, den ich mir – als Corona noch weit von Österreich entfernt war – als Diplomarbeitsthema ausgesucht habe, um mich mit der Definition und Bedeutung der Sünde von 1933 bis jetzt, der Rolle der Frau in Familie und Gesellschaft und ihrer Emanzipation zu beschäftigen. Große Themen, die ich in einer Rauminstallation verarbeiten wollte. Sehr bald war mir klar, dass ich mit Objekten arbeiten möchte, in die sich die Sünden, Annas Erlebnisse, eingeschrieben haben. Als Raum für meine ursprünglich geplante Installation habe ich noch im Januar den Lichthof mit dem rosafarbenen Boden im Auge gehabt. Auf diesem Boden sollte ein möglicher Grundriss des am Ende des Stücks fertiggestellten Hauses skizziert werden. Die Objekte wären dann wie Möbelstücke in diesem Raum platziert worden. Und dann sind auf einmal ganz andere Dinge im Fokus. Der Wegfall von Grundversorgung mit Lebensmitteln und Drogerieartikeln wird befürchtet. Die Hamsterkäufe beginnen in der Woche vor dem berüchtigten Freitag, den 13. im März 2020. Das ist der Tag der Pressekonferenz, in der die österreichische Regierung die Ausgangsbeschränkungen verkündet. Auch ich gehe los, mit vier blauen IKEA-Taschen, lache dabei anfangs noch über mich selbst. Und dann werde ich sie innerhalb von eineinhalb Stunden vollgefüllt haben. Waschmittel, Shampoo, Spülmaschinentabs, Zahnpasta für Erwachsene und für Kinder, Zahnbürsten für Erwachsene und für Kinder, Kartoffeln, Möhren, Suppengemüse, Hackfleisch, das Nudelregal ist schon leer – Egal! Ich kaufe die Bio-Pasta für 2,99 €, Konserven (die mit Stand heute wahrscheinlich nächste Weihnachten noch im Regal stehen werden und die ich dann irgendwann entsorgen werde), Milch, oder besser H-Milch (die hält länger), Saft (Vitamine sind wichtig), Schokolade, Osterhasen für meine Tochter (vielleicht sperren sie uns bis Ostern ein). Ich bekomme sogar noch Toilettenpapier, zwei Packungen sind noch da, als ich das Regal erreiche. Ich nehme beide. Dann steht eine Frau hinter mir und schaut mich komisch an. Ich rücke sofort eine Packung raus. Was passiert da? Ich kann die Sachen kaum tragen und muss dreimal in den vierten Stock hoch. Tatsächlich schließen dann „nur“ die sogenannten Luxusgeschäfte, aber auch das bringt Einiges ins Wanken. Die Ausgangsbeschränkungen sehen vor, dass ein Großteil der Bevölkerung von zuhause aus arbeitet, sofern sie überhaupt noch eine Arbeit hat. Auch die Uniräumlichkeiten bleiben bis auf Weiteres geschlossen, ich muss 8
Abb. 5: Trikini 2020, Entwurf für Bikini mit passendem Mundschutz, Urheber: Tiziana Scaramuzzo/ Bademoden Elexia, April 2020, Screenshot, JG. Abb. 6: Facebook-Post von Mindy Vincent, Urheberin: Mindy Vincent, April 2020, Screenshot, JG. Abb. 7: Smiley-Keks mit Mundschutz, gebacken von Der Mann, April 2020, Fotografie, JG. 9
also in meinem Atelier oder zuhause arbeiten. Anfangs ist auch an Einkaufen von speziell benötigten Materialien nicht zu denken. Zum Glück bin ich eine Sammlerin. Aber man hat ja selten alles zuhause, was man meint zu brauchen. Ich schreibe also Einkaufslisten, für dann, wenn die Geschäfte wieder öffnen. Scheint sich alles lösen zu lassen. Aber ein großes Problem bleibt: Eine physische Präsentation kann nicht stattfinden. Kein rosafarbener Boden. Keine physische Interaktion mit Besucherinnen, keine Reaktionen. Die Frage meines Mediums gerät in den Vordergrund. Nach einem kurzen Moment des Schocks beginnt eine Welle von Heimverschönerern, Influencern und Bastelköniginnen die sozialen Medien zu durchfluten. Einfach mal faul sein? Nein, das ist sie, die Zeit für all die Dinge, die man sonst nicht schafft. Jetzt kann man neue Sachen lernen, endlich den Keller aussortieren, und natürlich weiter shoppen. Aber eben online. 10/20/30/40% Rabatt, „Wer Wien liebt, kauft in Wien ein“, „Support your local shops“ heißt es. Ein neuer Markt tut sich auf: Desinfektionsmittel, Mund-Nasenschutz und Handschuhe in verschiedensten Ausführungen und Mustern sind die neuen Must-Haves. Gerne werden diese nachhaltig oder wiederverwendbar produziert, wir sind ja immer noch inmitten einer Klimakrise. Auffallend ist vor allem beim Mund-Nasenschutz, dass die Produzentinnen sehr individuell auf ihre Zielgruppen eingehen. Die Post stellt noch zu. Endlich kommt das Libretto Die sieben Todsünden der Kleinbürger an, das ich online im Antiquariat bestellt habe. Ich lese mit zunehmender Beklemmung, weil mir dieser Text, sich auf eine weit zurückliegende Zeit beziehend, in seiner Beschreibung der Situation einer Künstlerin sehr aktuell erscheint. Was machen wir nun, eingesperrt in unsere Wohnungen, mit unseren Laptops, ohne Theaterhäuser und Ausstellungsräume? Es bleibt nur der digitale Raum. Wie können wir den mit etwas bespielen, das so sehr vom Live-Moment und der Unmittelbarkeit abhängt? Einige Theater und auch nachtkritik.de beginnen bereits im März mit Online-Streams von Theaterstücken. In meinem Freundeskreis wird diskutiert, ob man für diese Streams nicht Eintritt verlangen sollte, denn wie wird in Zukunft unsere Arbeit bezahlt, wovon sollen wir in Zukunft die Miete zahlen, wenn das Theater gratis konsumiert werden kann? Aber dann würde die Streams wahrscheinlich erst recht niemand ansehen. Was können digitale Formen dazu beitragen, Theater im digitalen Raum weiterleben zu lassen, um diese Durststrecke zu überbrücken, von der in Wahrheit niemand weiß, wie lange sie andauern wird? Die direkte Übertragung von klassischem Bühnentheater in den digitalen Raum (zum Beispiel via Videostream) ohne Anpassung und Umwandlung der Ausdrucksform stellt für mich keinen adäquaten Ersatz für eine Live-Darbietung dar. Durch die Videoübertragung wird eine weitere mediale Schicht vor der Rezeption hinzugefügt, anstatt neue Ausdrucksformen für Theater zu finden, die speziell für den digitalen Raum gemacht sind und sich dessen Möglichkeiten bedienen. Ich habe mir lieber speziell für dieses Medium produzierte Serien und Filme angesehen wie zum Beispiel 10
Abb. 8: FRAKTA-Tasche, Designer: K Hagberg/M Hagberg für IKEA, März 2020, Fotografie, JG. 11
den Film Mackie Messer – Brechts Dreigroschenfilm1, in dem das von Brecht verfasste Drehbuch zur Dreigroschenoper mit der Biografie Brechts verbunden wurde. Der Film verhandelt auf gelungene Art und Weise die Möglichkeiten eines Medienstransfers vom Theaterstück zum Film. Und ähnlich geht es bei mir nun darum, wie ich aus einem Ballett mit Gesang eine digitale Installation machen kann – mit den Möglichkeiten des Internets. Welchen Platz kann das Theater im digitalen Raum einnehmen? Die Herangehensweise an den praktischen Teil meiner Diplomarbeit ist geprägt von einem Zusammenspiel aus Inhalt und Form. Als Bühnenbildnerinnen laden wir Objekte immer mit Bedeutung auf, die dann in einem sinnlichen und kollektiven Ereignis erfahren werden. Lassen sich diese Prozesse auch auf eine Welt ohne Theater, wie wir sie im Frühjahr 2020 erleben, übertragen? Es ist nicht mein Ziel, diesen analogen Raum des Theaters zu digitalisieren, eher suche ich nach einem digitalen Raum, den ich dann analog gestalte. Ich schränke meine Suche auf bereits etablierte Online-Formate ein, die ihre Besucher- innen zur Interaktion auffordern. Deswegen habe ich mich für die Benutzeroberfläche eines Online-Shops entschieden, um Brechts Libretto zu interpretieren. Der ursprüngliche Ansatz, mit Objekten zu arbeiten, bleibt erhalten. Die Objekte werden nun Produkte. 1: Mackie Messer – Brechts Dreigroschenfilm, Regie: Joachim A. Lang, Deutschland/Belgien, 2018. 12
Abb. 9: Einband des Librettos Die sieben Todsünden der Kleinbürger von 1959, 2020, Fotografie, JG. 13
2. Ausgangspunkt: Die sieben Todsünden der Kleinbürger Der Ausgangspunkt meiner Überlegungen ist Die sieben Todsünden, ein Ballett mit Gesang von Kurt Weill und Bertolt Brecht2, welches 1933 in Paris entstanden ist. In sieben Bildern – Faulheit, Stolz, Zorn, Völlerei, Unzucht, Habsucht und Neid – stellt Bertolt Brecht die siebenjährige Reise von Anna I und Anna II durch sieben Staaten der USA dar. Umrahmt wird das Ganze von einem Prolog und Epilog. Die Reise dient dem Geldverdienen für das Haus der Familie, welches in Louisiana am Mississippi gebaut werden soll. Die Hauptfiguren Anna I und Anna II treten als Schwestern auf, Anna I (Sängerin) ist die Managerin/Verkäuferin, Anna II (Tänzerin) ist die Künstlerin/Ware. Die beiden Annas werden auf ihrer Reise in jedem Staat mit einer neuen Todsünde konfrontiert. Brecht orientiert sich an volkstümlichen Definitionen der Todsünden, deutet diese allerdings zuweilen sehr stark um. So muss Anna im Vermeiden einer Sünde ein im klassischen Sinne interpretiertes „sündhaftes“ Verhalten an den Tag legen, um das von der Familie für sie definierte Ziel Louisiana und den Hausbau für die Familie zu erreichen. Die von Brecht vorgesehenen Rollen sind Anna I, Anna II (verkörpert von einer Tänzerin und einer Sängerin), die Familie, bestehend aus Mutter, Vater und zwei Brüdern (verkörpert von vier Sängern), sowie je fünf Tänzerinnen und Tänzern, welche verschiedene Statisten-Rollen übernehmen. 1959 hat Bertolt Brecht den Titel auf Die sieben Todsünden der Kleinbürger erweitert, ich arbeite mit diesem Libretto von 1959. 2.1. Entstehungsgeschichte Kurt Weill und Bertolt Brecht haben von 1927 bis 1933 drei Produktionen gemeinsam verwirklicht und vor allem mit Die Dreigroschenoper3, sowie Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny4 große Erfolge feiern können. Die sieben Todsünden als dritte gemeinsame Produktion markiert das Ende ihrer Zusammenarbeit, die von einem ineinandergreifenden Zusammenspiel der Künste (Schauspiel, Musik, Gesang und Tanz) geprägt war. Ende Februar 1933, im Anschluss an den Reichstagsbrand, flüchtete Bertolt Brecht aus Berlin, zunächst nach Prag, dann über Wien und Zürich nach Paris. Kurt Weill, der schon zuvor mit seiner Frau, der Sängerin Lotte Lenya, nach Paris geflohen war, hatte dort einen Kompositionsauftrag von Boris Kochno erhalten, der zusammen mit George Balanchine die Les Balletts 1933 leitete. Die sieben Todsünden wurde am 7. Juni 1933 nach einer sehr knappen Vorbereitungszeit für 2: Biografische Informationen zu Autor und Komponist befinden sich im Anhang dieser Arbeit (S.59). 3: Die Dreigroschenoper von Bertolt Brecht, Musik von Kurt Weill, Uraufführung am 31.8.1928, Theater am Schiffbauerdamm, Berlin. 4: Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny von Bertolt Brecht, Musik von Kurt Weill, Uraufführung am 9.3.1930, Opernhaus Leipzig. 14
Stückentwicklung und Probenzeit im Mai uraufgeführt.5 Diese kurze Serie von Ballettstücken, die im Juni 1933 in Paris und London aufgeführt wurden, wurden von Edward James, dem Ehemann der Tänzerin Tilly Losch, finanziert.6 Voraussetzung für die Handlung des Librettos waren in diesem Fall zwei durch die Auftraggeber festgelegte weibliche Hauptrollen: Tilly Losch sollte als Tänzerin und Lotte Lenya, die Frau von Kurt Weill, als Sängerin besetzt werden, weshalb von Bertolt Brecht eine zweigeteilte Hauptrolle in Anna I und Anna II konzipiert wurde. 2.2. Die Musik Das von Brecht und Weill neu entwickelte Format der epischen Oper setze laut dem Literaturwissenschaftler und Brecht-Theoretiker Jan Knopf „die Musik als Unterbrechung, als Reflexion, als Gedankenanstoß ein [...]. Damit illustriert die Musik nicht mehr im Wesentlichen unbedeutende Abläufe, sie zeigt vielmehr die Haltungen der Menschen vor, versucht sie musikalisch zu realisieren.“7 Kurt Weill arbeitet in der Komposition von Die sieben Todsünden sehr stark mit Brüchen, indem er verschiedene musikalische Stile kombiniert. Der Leiter des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks und bekannter Kurt Weill Interpret, HK Gruber, erwähnt in einem Beitrag auf BR-Klassik vor allem das Männerquartett, das die Familie interpretiert. Weill bediene sich hier zum einen am Synagogengesang, der ihm von seinem Vater (Kantor in einer Synagoge in Dessau) bekannt sein dürfte. Dieser Gesang werde allerdings von einem Männerquartett, das von den Comedian Harmonists inspiriert sein könnte und somit für Ensemblegesang und Unterhaltungsmusik stehe, interpretiert. Weill „säkularisiere“ laut HK Gruber, die Sakralmusik.8 Ein weiteres Beispiel für diese Brüche zeigt sich im Widerspruch zwischen Musik und Libretto. Beispielsweise in der Szene Neid (auf die Glücklichen) wird motivierend wirkende Marschmusik mit harten Parolen wie „Bedenk was geschieht, wenn du tätst, was dir läge!“9 kombiniert. Durch diesen Kontrast wird die Aufmerksamkeit der Zuhörerin gesteigert. Laut HK Gruber gelinge Weill mit diesem „Trick [...]“, sich an bekannten musikalischen Modellen zu bedienen, dass die Musik „bekenntnishaft [...]“, und die im Text angesprochenen „unerbittliche[n] Wahrheiten unterstützt, unterstr[ichen], coloriert“ werden.10 5: Die sieben Todsünden von Bertolt Brecht, Musik von Kurt Weill, Choreografie: George Balanchine, Uraufführung am 7. Juni 1933, Théâtre Champs-Élysées, Paris, Ballets 1933. 6: Schneider, Katja / Klaus Kiesler, „Die sieben Todsünden”, in: Reclams Balletführer, Stuttgart, 15 2009, S. 438. 7: Knopf, Jan, Brecht-Handbuch: eine Ästhetik der Widersprüche, Stuttgart 1980, S. 70. 8: vgl. Heuerding, Elgin, „Kurt Weill. Die sieben Todsünden“, BR Klassik, Audio-Beitrag vom 06.09.2008, unter: https://www.br-klassik.de/themen/klassik-entdecken/starke-stuecke-weill- sieben-todsuenden-100.html, Zugriff zuletzt am 16.5.2020. 9: Brecht, Bertolt, Die sieben Todsünden der Kleinbürger, Frankfurt am Main 1959, S. 34. 10: vgl. Heuerding, Elgin, „Kurt Weill. Die sieben Todsünden“. 15
2.3. Rezeptionsgeschichte ab 1970 Nach der Uraufführung 1933 verschwand Die sieben Todsünden sehr lange von den Spielplänen bis zu einer Wiederentdeckung in den 1970er Jahren durch Pina Bausch. Wie unterschiedlich das Stück interpretiert wurde, lässt sich unter anderem an den Inszenierungen der Tanzkompanie um Pina Bausch11 von 1976 und einer aktuellen Arbeit von Anna-Sophie Mahler und der Elektro-Clash-Sängerin Peaches, die 2019 im Schauspiel Stuttgart Premiere feierte12, feststellen. Beide Produktionen sind von der von Brecht im Stück festgeschriebenen Kapitalismuskritik, aber vor allem von feministischen Zugängen geprägt und wurden im März 2020 wiederaufgenommen, mussten dann aber aufgrund der Corona-Krise abgesagt werden. Katinka Deecke, Dramaturgin der Produktion in Stuttgart, stellt die Frage nach der Aktualität dieses Stoffes, ob dieser denn heutzutage noch eine Relevanz auf deutschsprachigen Bühnen hätte, wenn es sich doch um eine von drei weißen Männern im letzten Jahrhundert erarbeitete Geschichte über das Leben einer Frau handle. Sie spricht im Programmheft13 die „merkwürdige Selbstverständlichkeit, mit der patriarchale Strukturen sich nach wie vor halten“ an und sieht vor allem in der Zusammenarbeit mit Peaches eine Chance, im Rahmen eines Theaterabends dieses System neu zu denken. Wie auch bei Pina Bausch wurde in Stuttgart der Abend durch einem zweiten Teil verlängert (Die sieben Todsünden dauert meist nicht länger als 45 Minuten). In Stuttgart war es ein “Live-Testimonial” von Peaches, die als eine Anna- Position der Gegenwart, in die Vergangenheit zurückblickt. Mit dieser Methode versetzt das Regieteam den Brecht-Text in die Vergangenheit und spricht aus einer heutigen Sicht darüber.14 Der in Stuttgart angesprochene Gender-Aspekt bezüglich Relevanz von männlicher Autorenschaft bei weiblichen Rollen lässt sich auf einen Großteil der heute bearbeiteten Theaterliteratur übertragen. Das Team in Stuttgart hat den männlichen Blick durch einen weiblichen Blick ergänzt und verpasst dem alten Stoff so eine neue, heutige Relevanz. Die Vergangenheit wird dabei miteinbezogen und es wird eine Entwicklung aufgezeigt, die daraus entstehen kann. 11: Die sieben Todsünden. Tanzabend von Pina Bausch, UA am 15.6.1976, WA ab 7.3.2020, Opernhaus Wuppertal, siehe auch: http://www.pina-bausch.de/de/stuecke/detail/show/die-sieben- todsuenden/, Zugriff zuletzt am 13.5.2020. 12: Weill: Die sieben Todsünden / Peaches: Seven Heavenly Sins, Premiere am 2.2.2019, Regie: Anna Sophie Mahler feat. Peaches, Koproduktion von Staatsoper Stuttgart, Stuttgarter Ballett und Schauspiel Stuttgart, Schauspiel Stuttgart; siehe auch: https://www.schauspiel-stuttgart.de/spielplan/a-z/die- sieben-todsuenden/, Zugriff zuletzt am 13.5.2020. 13: vgl. Deecke, Katinka, Zum Abend, Programmheft zur Produktion Weill: Die sieben Todsünden / Peaches: Seven Heavenly Sins, o.S. 14: vgl. ebenda, sowie: „Provokateurin trifft Ballett - Peaches und ,Die Sieben Todsünden’”, ZDF aspekte, Fernseh-Beitrag vom 01.02.2019, unter: https://www.youtube.com/watch?v=MbdxWkgzGwA, Zugriff zuletzt am 13.5.2020. 16
OBJEKT SÜNDE Abb. 10: Titelblatt zu OBJEKT+SÜNDE, März 2020, Grafik, JG. 17
3. Herangehensweise Mittelpunkt meiner Auseinandersetzung ist die Frage nach Form und System, in dem Theater/Kunst aktuell (im Frühjahr 2020) und in Zukunft stattfinden können. Diese Fragen betreffen genderunabhängig alle Kunstschaffenden. Hierbei wird zwangsläufig aber immer auch meine Sicht als privilegierte, weiße, heterosexuelle, cisgender-Frau und Mutter aus Mitteleuropa einfließen. Es geht mir nicht darum, die Utopie eines neuen (besseren) Systems zu formulieren, sondern darum als Künstlerin 2020 einen Jetzt-Status sichtbar zu machen und Möglichkeiten für eine alternative theatrale Umsetzung auszuloten. Ich möchte Die sieben Todsünden der Kleinbürger in Form eines Online-Shops, den ich DISITOFY nenne, umsetzen. Diese Umsetzung trenne ich in zwei Bestandteile: 1. Online-Shop als Medium und Ausstellungsraum 2. Objekte, welche als Produkte im Online-Shop angeboten werden Beide haben sich in diesem Prozess wechselseitig beeinflusst und zu einer gegenseitigen Weiterentwicklung geführt. Inspiration für die Produkte des Shops waren dabei nicht nur die für mich zentralen Motive aus Brechts Libretto, auf die ich später noch eingehen werde, sondern auch die Situation von Künstlerinnen im Jahr 2020 und besonders im Frühjahr 2020 in der Corona-Krise. 3.1. Fotoserie OBJEKT+SÜNDE Aufgrund der Maßnahmen beginne ich zunächst die Sündenmotive Brechts auf die Gegenstände, die mich in Wohnung und Atelier umgeben, anzuwenden. OBJEKT + SÜNDE ist eine Fotoserie, die ich Mitte März 2020 fotografiert habe. Sie besteht aus knapp 50 Alltagsgegenständen, die sich in meinem Haushalt befinden. Die SW-Fotografien dieser Gegenstände des Alltags habe ich dann mit den Begriffen der sieben Todsünden in einem Layout kombiniert. Welche Objekte unseres Alltags tragen die sieben Todsünden in sich, sind vorbelastet? Welche sind sündenfrei? Zählt eine solche Unterscheidung oder kann alles neu konnotiert werden? Die Auswahl der Objekte ist subjektiv, lässt sich jedoch beliebig fortsetzen und auch auf andere Haushalte und Alltagssituationen übertragen. Für die Belegung mit dem Sündenbegriff, der als Text unter die Fotografien gesetzt wird, habe ich ein Raster angelegt (siehe dazu Abb. 11. S.19f. dieser Arbeit), dieses wurde auf jeden Gegenstand übertragen. Dieser Zwischenschritt hat mein Weiterdenken geprägt. In der Beliebigkeit der Gegenstände gibt es doch einige, die herausstechen. Am Wasserkocher prallt in meiner Wahrnehmung jede Sünde ab, er erscheint mir als neutrales Objekt, das sich nicht aufladen lässt. Aufgrund der aktuellen Situation hat sich meine Wahrnehmung über Desinfektionsmittel geändert. Mit dem neuen historischen Kontext der Corona- Krise und der temporären Ressourcenknappheit dieses Produkts bewerte ich es unter dem Aspekt der Habsucht. Vor der Corona-Krise hätte es mich eher unter dem Aspekt 18
FAULHEIT STOLZ ZORN VÖLLEREI FAULHEIT STOLZ ZORN VÖLLEREI FAULHEIT STOLZ ZORN VÖLLEREI FAULHEIT STOLZ ZORN VÖLLEREI 19
UNZUCHT UNZUCHT UNZUCHT UNZUCHT HABSUCHT HABSUCHT HABSUCHT HABSUCHT 20 NEID NEID NEID NEID Abb. 11: Stoffschere, Apfel, Wasserkocher, Desinfektionsspray, aus der Serie OBJEKT+SÜNDE, März 2020, Fotografien und Grafik, JG.
der Faulheit angesprochen, da ich nicht gerne putze und Desinfektionsmittel für mich vorher schlicht ein Putzmittel war. Können wir heute überhaupt noch einen Kontext schaffen, in dem der Apfel nicht als Frucht der Erkenntnis und als Symbol für Evas Sünde steht? Die Belegung von Alltagsobjekten mit dem Sündenbegriff funktioniert maßgeblich über Austausch und Diskussion mit einem Gegenüber, denn nur so kann diese Belegung belebt werden. Wenn man nun Postkarten der einzelnen Motive drucken würde und diese zur freien Entnahme auslegte, welche würde wohl am schnellsten vergriffen sein? 3.2. Zentrale Motive aus Brechts Libretto Im Folgenden möchte ich auf die zentralen Motive in Brechts Libretto eingehen, zu denen ich im Rahmen des Online-Shops und in der Entwicklung und Umsetzung der Produkte einen Transfer herstelle. 3.2.1. Zweiteilung der (Haupt-) Person In der einleitenden Regieanweisung im Libretto heißt es: „Sie heißen beide Anna. Die eine der beiden Annas ist die Managerin, die andere die Künstlerin; die eine (Anna I) ist die Verkäuferin, die andere (Anna II) die Ware.”15 Brecht beschreibt nicht das Kunstwerk als Ware, sondern die Künstlerin selbst. Person und hergestelltes „Produkt“ werden verschmolzen. Die beiden Annas verkörpern unterschiedliche Ansätze, die sich mehr oder weniger gut ergänzen, so heißt es im Prolog: Meine Schwester ist schön, ich bin praktisch. Meine Schwester ist ein bißchen verrückt, ich bin bei Verstand. Wir sind eigentlich nicht zwei Personen Sondern nur eine einzige. Wir heißen beide Anna Wir haben eine Vergangenheit und eine Zukunft Ein Herz und ein Sparkassenbuch Und jede macht nur, was für die andere gut ist Nicht wahr, Anna? Ja, Anna.16 Diese Figurenvorstellung ist der Rahmen, der die ganze Handlung in ein Konstrukt setzt. Jan Knopf schreibt dazu: Mit der Verdoppelung der Figuren macht Brecht sichtbar, was die bürgerliche kapitalistische Gesellschaft versteckt: daß nämlich ihre Tendenz, alles in Ware zu verwandeln, auch den Menschen, der sich in ihr erfolgreich bewähren will, in Ware verwandelt (Sonderfall des Künstlers), ihn also spaltet in ein von außen aufgezwungenes Verhalten der Anpassung und ein Verhalten, das den Wünschen der Person und ihrer Verwirklichung dient [...]17 15: Brecht, Bertolt, Die sieben Todsünden der Kleinbürger, S. 7. 16: Ebenda, S. 10f. 17: Knopf, Jan, Brecht-Handbuch: eine Ästhetik der Widersprüche , S. 139. 21
Brecht geht davon aus, dass der Mensch von Grund auf veränderbar ist, er wird erst durch das Eingehen von Beziehungen geprägt. Laut dem Theaterwissenschaftler Friedemann Kreuder seien diese „Beziehungen […] nicht primär humane, sondern ökonomische Sachbeziehungen, die auch den Menschen zu einer ,Sache werden’ lassen, die je nach Kontext positiv oder negativ eingesetzt werden kann; jeder Wechsel der Beziehung führt zu einer Veränderung der Person (als Sache).“18 Übertragen auf die Künstlerin stellt dieses zur Sache werden jeglichen Drang zum Ausbilden einer (Künstler-) Persönlichkeit und zur Selbstverwirklichung – wie es in unserer Gesellschaft propagiert wird – eine Aussichtlosigkeit entgegen. Anna kann nicht beiden Polen gerecht werden. Laut Jan Knopf zeigt die Rolle der Anna auf, dass die „Persönlichkeit gerade untergeht, wenn man sie ausbildet, daß man sich anpassen muß, wenn man erfolgreich vorwärtskommen will: freilich auch da geht die Persönlichkeit kaputt.“19 Als junge Künstlerin bin ich mit diesem scheinbar unlösbaren Widerspruch immer wieder konfrontiert. Künstlerinnen sind heute mehr denn je ihre eigenen Managerinnen und gerade in beruflichen Konstellationen in Theater und Film mit Kompromissen zugunsten eines wirtschaftlichen Erfolges konfrontiert. Hierzu zähle ich in der Praxis neben inhaltlich fragwürdigen oder uns eigentlich gar nicht so sehr interessierenden Projekten, die wir „gezwungen“ sind anzunehmen, harte Gehaltsverhandlungen, den Umgang mit der Konkurrenz, sowie aber auch generell knappe Budgets, mit denen wir zu haushalten haben. Wenn man diese Knappheit dennoch ansatzweise künstlerisch ausgleichen möchte, ist ein zeitlicher Mehraufwand und Eigeninitiative – sprich nicht abgegoltene Selbstausbeutung – von Nöten. Eine Abgrenzung von unserer Person und unserer künstlerischen Position wird immer schwieriger, da einerseits die Grenzen von Freizeit und Arbeit variabel werden. Andererseits verschwimmen im Internet und auf sozialen Plattformen, wie beispielsweise Instagram, die Grenzen zwischen Person und Arbeit oder Produkt und wir sind als Künstlerinnen 2020 mit der Frage konfrontiert, inwieweit wir dieses digitale System bedienen. Diese Frage kann ich in Bezug auf meine Diplomarbeit nun dahingehend beantworten, dass ich das System bediene. Ich verkaufe meine Ideen, meine Kunst im Internet. Abb. 12: Selbstportrait mit Handy, März 2020, IOS-Foto, JG. 18: vgl. Kreuder, Friedemann, „Brecht, Bertolt“, Theaterlexikon 2, Hg. Brauneck, Manfred/ Wolfgang Beck, Reinbek bei Hamburg 2007, S. 99. 19: Knopf, Jan, Brecht-Handbuch: eine Ästhetik der Widersprüche, S. 139. 22
3.2.2. Verhältnis Sünde - Tugend Einer der Hauptgründe, warum so wenige Menschen über sich selbst im Klaren sind, ist der, daß die meisten Schriftsteller ihnen immer nur auseinandersetzen, wie sie sein sollen, und kaum jemals sich darum kümmern, ihnen zu sagen, wie sie in Wirklichkeit sind.20 Jan Knopf stellt die These auf, dass eine Inspirationsquelle für Bertolt Brecht die Bienenfabel von Bernard de Mandeville sein könnte.21 Ansatz der Bienenfabel ist das Umbenennen von Sünden zu Tugenden, die das ökonomische System von Staat und Gesellschaft stützen. Durch dieses Umdeuten des Sündenbegriffs erscheinen die Dinge in einem ganz anderen Licht, und Brecht wendet diese Methode auch in seinem Libretto zu Die sieben Todsünden der Kleinbürger an. Bereits im Titel des ersten Bildes Faulheit (im Begehen des Unrechts) kündigt sich so eine Kombination beziehungsweise eine Umdeutung von einer Sünde zur Tugend an. Anna I und Anna II haben einen Trick entwickelt, wie sie von spazierengehenden Paaren Geld erpressen. Dieses „Unrecht“ nutzen sie für ihren wirtschaftlichen Erfolg, zum „Verdienen“ von Geld für das Haus der Familie. Eines Tages aber schläft Anna II auf einer Parkbank ein, gibt sich der Trägheit hin22, statt fleißig an ihrem wirtschaftlichen Vorankommen zu arbeiten. Die Familie singt „Müßiggang ist aller Laster Anfang“23, eine Umdeutung des gemeinhin bekannten Bibelzitats „Hochmut ist aller Laster Anfang“24. Wer in voraufgeklärten Zeiten Gründe für den eigenen Erfolg in sich selbst und nicht in der Gnade Gottes suchte, fröhnte dem Hochmut und beging somit ein sündhaftes Verhalten. Indem Brecht die Todsünde Faulheit an den Beginn setzt, zeigt er deutlich, in welchem System wir uns (1933 wie heute) befinden. Die Gnade Gottes, könnte man sagen, wird abgelöst von einem System, in dem man sich nicht der Trägheit hingeben und sich auf die Suche nach sich selbst machen soll, sondern fleißig am Fortbestehen der Wirtschaft zu arbeiten hat. Aus welchem ehren- oder unehrenhaften Antrieb auch immer. 20: Mandeville, Bernard, Die Bienenfabel oder Private Laster, öffentliche Vorteile, mit einer Einleitung von Walter Euchner, Frankfurt am Main 72018, S. 93. Die Bienenfabel ist ursprünglich 1724 er- schienen und wurde im Laufe der Zeit mehrfach überarbeitet, die verwendete Ausgabe bezieht sich auf eine Übersetzung von 1914 von Otto Bobertag. 21: vgl. Knopf, Jan, Brecht-Handbuch, S. 138. 22: Inwiefern das bloße Einschlafen auf einer Bank schon als Faulheit gewertet werden kann, möchte ich hier zunächst einmal hintanstellen. In der Erzählung verkörpert das Schlafen auf der Bank die Faulheit von Anna II. 23: Weill, Kurt, Die sieben Todsünden. Ballett mit Gesang in acht Teilen, Text von Bert Brecht, Klavierauszug von Wilhelm Brückner-Rüggeberg, Hg. von B. Schott‘s Söhne, Mainz 1955, S. 10. 24: Sprüche 16:18 (Luther-Übersetzung). 23
Abb. 13: Get Shit Done - what you buy and what you get delivered, Produktidee für DISITOFY, Wien, März 2020, Skizze, JG. 24
Abb. 14: FAUVERALL - DIY-Kit (without sleeve + embroider youself), Produktidee für DISITOFY, März 2020, Skizze, JG. Auch im ersten Monat der Corona-Krise, von Mitte März bis Mitte April 2020, werden wir mit einer solchen Ambivalenz konfrontiert. Die gesamte Wirtschaft wird heruntergefahren, uns wird quasi von Staatswegen das Faul-Sein vorgeschrieben und gleichzeitig wächst der Druck, ob nun aus sich selbst heraus oder von außen auferlegt, dass Pausieren nicht in Ordnung sei. Wie schon eingangs erwähnt, wird die Corona- Krise von vielen als Zeit für Selbstoptimierung gesehen. Wenn man schon nichts erwirtschaften kann, könne man doch daran arbeiten, dass man nach der Krise etwas Nützliches dazugelernt hat. So zumindest der allgemeine Tenor in manchen Ecken diverser sozialer Netzwerke. Aber wahrscheinlich verdeutlicht diese Krise einfach nur, dass das auch schon vorher verwendete, geflügelte Wort ,,Selbstoptimierung” so etwas meint wie vorauseilenden Gehorsam gegenüber den Markterfordernissen. 25
Abb. 15: Corona-Meme, Urheber: unbekannt, 2020, Screenshot, JG. 26
Abb. 16: Superbia, 1558, Kupferstich, 22,5 × 29,5 cm, Pieter Brueghel der Ältere, Sammlung: Bibliothèque Royale, Cabinet Estampes (Brüssel). 27
3.2.3. Die Künstlerin als Ware Im zweiten Bild des Librettos Stolz auf das Beste des Ichs (Unkäuflichkeit) möchte Anna II sich in einem Kabarett in Memphis „als Tänzerin künstlerisch ausbilden und verwirklichen“25, doch langweilt sie die Gäste mit ihrer Perfomance. Der Patron des Kabaretts greift ein und zeigt ihr mithilfe einer älteren Tänzerin, wie sie Erfolg hat. „Die Vettel tanzt ordinär und sexuell und erwirbt enormen Beifall.“26 Brecht deutet das Motiv des Stolzes dahingehend um, dass Anna II ihren Stolz “überwinden und Striptease”27 tanzen müsse, um das Geld für ihr Ziel zu verdienen. Im Vermeiden der Todsünde des Hochmuts widmet sie sich einem in ihrem Wertekanon anderen “Laster” und der Erfolg, die Beifall klatschenden Männer, geben ihr Recht. Später im Text wird auch ganz explizit Prostitution angesprochen. “Und sie zeigte ihren weißen Hintern / Mehr Wert wie eine kleine Fabrik“28 heißt es im Bild Unzucht. Laut Jan Knopf, verdeutliche Brecht hier, dass Anna “sich selbst zur Ware (und das heißt: zur Hure) degradier[en]”29 müsse, um gesellschaftlichen Erfolg zu haben. Vor allem die Passage im Kabarett kann ich nicht mit meinem Bild von Hochmut zusammenbringen. Seit meiner Schulzeit ist dieses vom Pfau und der schönen Frau, die immerwährend in den Spiegel blickt, geprägt gewesen. Der männliche Pfau als Tier, das nichts kann, aber schön ist. Die Frau, die sich auf ihrer Schönheit ausruht – fast schon ein Bildnis der Faulheit – und glaubt sich nicht anstrengen zu müssen, war die Vorstellung von Hochmut, mit der ich aufgewachsen bin. Was Brecht in seinem Bild des Stolzes herstellt, steht in Kontrast dazu. Anna II agiert mit ihrem Anspruch an sich selbst, sich in ihrem Tanzen künstlerisch auszudrücken, entsprechend einem Wertekanon, in dem sich Frauen nicht auf ihrer Schönheit ausruhen, sondern in ihren Fähigkeiten fortbilden. Im Rahmen dieses Systems, in dem Fall des Kabaretts, ist Annas Bemühen nicht zielführend. Das Einzige, was hier interessiert, ist ihr möglichst unbekleideter Körper. Anna II wird auf ihr Äußeres und ihr Geschlecht reduziert und so zu einem Verhalten gedrängt, dass eher das Gefühl erzeugt, nicht mehr in den Spiegel schauen zu können. Das (Spiegel-) Bild, das sie von sich als Frau hatte oder erzeugen wollte, verschwimmt. STOLZ Abb. 17: Grafik für einen blinden Spiegel, April 2020, Grafik, JG. 25: Knopf, Jan, Brecht-Handbuch: eine Ästhetik der Widersprüche, S. 139. 26: Brecht, Bertolt, Die sieben Todsünden der Kleinbürger, S. 14. 27: Knopf, Jan, Brecht-Handbuch: eine Ästhetik der Widersprüche, S. 139. 28: Brecht, Bertolt, Die sieben Todsünden der Kleinbürger, S. 27. 29: Knopf, Jan, Brecht-Handbuch: eine Ästhetik der Widersprüche, S. 139. 28
3.2.4. Wert und Bewertung der Sünde Ein weiterer Punkt, der im Stück in der Stolz-Szene angesprochen wird, ist die Wertschätzung der Künstlerin, sowohl diejenige, die ihr entgegengebracht wird, als auch die gegenüber sich selbst. Sie erhält am Ende Applaus. Dieser fungiert im Kabarett quasi als Währung und symbolisiert die Wertschätzung des Publikums, das hier als Außen fungiert. Die Wertschätzung gegenüber sich selbst ist bei Anna II in dieser Szene allerdings gering. Oftmals widersprechen sich die eigene und die fremde Wahrnehmung über den eigenen Wert. Im Bild der Faulheit kombiniert Brecht (siehe auch Ausführungen in Kapitel 3.2.2. dieser Arbeit) eine positive Tugend, den Fleiß, den Antriebsmotor unseres Wirtschaftssystems, mit einer unrechten Tätigkeit, der Erpressung. Das „unrechte“ Verhalten wird durch das positiv konnotierte Verhalten in einen anderen Zusammenhang gesetzt und bietet so die Möglichkeit, über eine gesellschaftliche Legitimation nachzudenken. Auch zweifelhafte Ziele können eine Motivation sein, in diesem System wirtschaftlich zu bestehen. In der Szene Zorn über die Gemeinheit wird Anna II als Statistin auf einem Filmset in Los Angeles Zeugin einer Attacke des Hauptdarstellers auf ein bereits am Boden liegendes Pferd. Anna II ist so erzürnt, dass sie ihm die Peitsche entreißt und damit auf ihn selbst einschlägt, was zu ihrer Entlassung führt. Um ihre Entlassung nochmal rückgängig zu machen, redet ihre Schwester Anna I auf sie ein, sie möge sich entschuldigen und „sich vor dem Star auf die Knie [...] werfen und ihm die Hand küssen, worauf er sie dem Regisseur wieder empfiehlt.“ 30 Die vorangehende Grenzüberschreitung des Schauspielers wird aufgrund seiner Stellung und der Hierarchie, in der sich Anna unter ihm befindet, eher geduldet als Annas unbeherschtes Eingreifen. Anna ist angewiesen auf seinen guten Willen, wenn sie weiterhin engagiert werden möchte und muss deshalb ihre Werte verneinen. Dieselbe Aktion, einerseits die Unbeherrschtheit, andererseits das Schlagen eines Menschen oder Tieres, wird unterschiedlich bewertet. Die Tugend des Fleißes wird auch bei einer Bankräuberin und einer Supermarktkassiererin ganz anders gewertet. Auch wenn man dieses Beispiel auf die Faulheit umlegt, so ist eine faule Bankräuberin vielleicht gesamtgesllschaftlich betrachtet nicht so folgenreich wie eine faule Supermarktkassiererin es besonders im März 2020 wäre, als aus Angst vor einem Lockdown der Großteil der Bevölkerung die Lebensmittelgeschäfte stürmte. Es stellt sich auch die Frage, ob wir nicht die Supermarktkassiererin im Februar 2020 noch ganz anders bewertet haben? Die Supermarktkassiererin hat in der Corona-Krise an Wertschätzung innerhalb der Bevölkerung gewinnen können, wurde mehrfach als Heldin gefeiert. Ob sich jedoch diese Wertschätzung auch wirtschaftlich, sprich auf ihrem Gehaltskonto auswirkte oder auswirken wird, bleibt offen. 30: Brecht, Bertolt, Die sieben Todsünden der Kleinbürger, S. 18. 29
Abb. 18: Applaus-Höschen, Produktidee für DISITOFY, April 2020, Skizzen, JG. 30
3.2.5. Übertreibung Im Bild Völlerei (Sättigung, Selberessen) ist Anna als Tänzerin einen Vertrag eingegangen, der ihr Gewicht reguliert. Trotz ihres bisherigen Erfolges, „Anna ist jetzt selber ein Star“31 ist sie dazu gezwungen sich auf die Bedingung, ihr Gewicht exakt zu halten, einzulassen. „52 Kilo haben sie erstanden / Und was mehr ist, wäre auch von Übel.“32 Anna II stiehlt heimlich einen Apfel, isst ihn und sie nimmt prompt an Gewicht zu. Sie wird gewogen. Bereits bei einem Gramm Gewichtszunahme „rauft sich [der Impressario] die Haare“ und von da an bewachen sie „Zwei Diener mit Revolvern“, damit sie vom gedeckten Tisch nur „ein kleines Fläschchen“ nehme. Aus Sättigung oder gar Selbstgenuss kann die Managerin Anna I keinen Mehrwert ziehen, das Haus wächst nicht, wenn Anna II „zu viel“ isst. 33 Ihre Gewichtszunahme von einem Gramm wird der Todsünde Völlerei gleichgesetzt und unter Androhung von Waffengewalt abgewendet. Brecht verwendet, die Sünde noch verstärkend, den symbolträchtigen Apfel in dieser Szene. Völlerei hat im volkstümlichen Sinne nichts mehr mit Genuss zu tun und wird häufig in Kombination mit der Habgier betrachtet. Verschwendungslust und Konsumzwang haben selten etwas mit Genuss der Objekte zu tun, geht es doch oft vielmehr um die Lust am Akt des Kaufens. Die Kleiderschränke werden immer voller, doch das Vorurteil, dass die Frauen nichts anzuziehen haben, hält sich standfest. Die Vorratsschränke oder Speisekammern waren nicht leer. Dennoch hat vermutlich der Anblick der anderen Einkäuferinnen im Supermarkt und der immer leerer werdenen Regale dazu geführt, dass so viele Leute Konserven gekauft haben, die sie dann möglicherweise im nächsten Frühjahr bereits wieder entsorgen werden. 31: Brecht, Bertolt, Die sieben Todsünden der Kleinbürger, S.21. 32: Ebenda, S.22. 33: vgl. Ebenda, S.21. 31
Abb. 19: Gabel-Schutz, Produktidee für DISITOFY, 2020, Skizze, JG. 32
Abb. 20: Avarice-Bag, Produktidee für DISITOFY, 2020, Skizze, JG. 33
3.3. Das Konzept DISITOFY sinful objects for everyday life DISITOFY sinful objects for everyday life ist das Konzept für einen Online-Shop, inspiriert von Bertolt Brechts Die sieben Todsünden der Kleinbürger. Brechts Kapitalismuskritik von 1933 wird von mir in das von der Corona-Krise geprägte Frühjahr 2020 und das Medium des Internets transferiert. Als Kunstprojekt angelegt, spielt der Shop mit dem Konstrukt einer Lifestyle-Marke. Es werden Kunstobjekte als Produkte angeboten, welche sich an der Schnittstelle von Alltag, Theater und Kunst orientieren. Ich kombiniere gefundene Gegenstände und Materialien mit Theater- und Alltagselementen. So entstehen handgefertigte Unikate oder in Editionen aufgelegte Produktserien. Die Objekte, die ich als sinful objects bezeichne, werden mit „tugend-“ oder „sündhaften“ Eigenschaften belegt. Sie sind Kunstobjekte sowie „Alltagsrequisiten“ und unterstützen die Käuferin beim tagtäglichen Begehen einer Sünde oder konterkarieren diesen Prozess. Abb. 21: The Seven Deadly Sins Socks, Produktidee für DISITOFY, 2020, Skizze, JG. 34
Abb. 22: Portal der Website www.disitofy.com, 2020, Screenshot, JG. 35
4. Umsetzung Das Konzept wird als Homepage mit integriertem Webshop umgesetzt. www.disitofy.com ist die URL, unter der der Online-Shop ab 16.6.2020 um 09:59:59 online gehen wird. Um 10:00:00 beginnt die virtuelle Diplombegehung. 4.1. Der Titel DISITOFY ist eine Wortschöpfung, die sich aus den Anfangsbuchstaben von DIe SIeben TOdsünden ableitet. FY am Ende soll Assoziationen zu modernen Markennamen wie zum Beispiel Spotify auslösen. Die Endung -ify wird im Englischen in der Regel verwendet, um aus einem Substantiv ein Verb zu machen. Zum Beispiel wird aus Beauty (= Schönheit) to beautify (= verschönern). Die Produkte stellen nicht nur bloße Kunst- und Betrachtungs- objekte dar, sondern sollen bei einer potentiellen Käuferin das Bedürfnis zur Anwendung auslösen. FY ist im digitalen Sprachgebrauch gleichzeitig eine Abkürzung für „For You“, quasi die moderne Interpretation des Brecht‘schen Kleinbürgertums. „Die sieben Todsünden für Dich“ – eine direkte Adressierung an die Kundin. Die Catchline „sinful objects for everyday life“ soll einerseits zum Ausdruck bringen was angeboten wird und andererseits neugierig machen. Je nachdem wie sich das Projekt und seine Umsätze entwickeln, bleibt offen, ob ich DISITOFY irgendwann als Marke anmelde, um so den maximalen Schutz für meine Objekte zu erhalten. Dann würde der Titel auf DISITOFY® erweitert werden. 4.2. Der Raum: Online Shop 4.2.1. Navigation und formale Vorgaben Das Medium Online-Shop ist an sich ein auf maximale Nutzerfreundlichkeit reduziertes System. Jede soll sich auskennen und intuitiv verstehen, wie die Navigation bis zum Kaufabschluss funktioniert. Das Ziel ist, dass Produkte verkauft werden. Wie in einem analogen Supermarkt bewegt sich die Nutzerin mit einem Einkaufswagen durch den Shop. Immer wenn ihr etwas zusagt, legt sie das Produkt in den Einkaufswagen, um dann am Ende bei der Kasse zu bezahlen. Das sind die Regeln, so haben wir es gelernt und jahrelang trainiert. Die Navigation des Shops DISITOFY ist übersichtlich und klar gestaltet, Besucher- innen können verweilen, aber schnelle Impulskäufe sollen auch möglich sein. Am Kopf der Seite steht immer das Menü, HOME - SHOP – ABOUT – , was eine rasche und übersichtliche Navigation gewährleistet. Von der Startseite HOME gelangt man durch ein Klicken in den SHOP, in dem dann die Waren angeboten werden. Wiederum durch Klicken können Details zu den einzelnen Produkten abgefragt werden und von dort aus direkt in den Einkaufswagen gelegt werden. Per Klicken auf den kann der aktuelle Stand der dort abgelegten Produkte abgerufen und der Kaufprozess abgeschlossen werden. 36
Abb. 23: Dramaturgie des Kauferlebnisses für www.disitofy.com, 2020, Skizze, JG. 37
Dieses etablierte System ist der Rahmen für meine Produkte. DISITOFY soll ein möglichst breit gefächertes Publikum ansprechen. Damit es wirtschaftlich erfolgreich werden kann, ist eine einfache, stabile und reibungslose Anwendung und die Abwicklung nach gesetzlichen Rahmenbedingungen (Datenschutz, Cookie- Warnung, usw.) Grundvoraussetzung. 4.2.2. Visuelle Gestaltung Der Rahmen, innerhalb dessen sich die DISITOFY-Produkte farblich bewegen, ist weiß und schwarz. Eine der beiden Farben taucht in fast jedem Produkt auf. Sobald weitere Farben verwendet werden, sind diese nicht zufällig gewählt, sondern wichtig als Akzent für das jeweilige Produkt. Die theatralen Rottöne sind beispielsweise solche Akzente. Wie die Produkte ist auch der Online-Shop in diesem Farbspektrum gestaltet. Schwarz ist die Schriftfarbe. Es werden gut lesbare, klassische Schriftarten eingebunden. Weiß dominiert als Hintergrundfarbe der Produktfotos. Der Shopbereich ist in einem Altrosa gehalten, das an den Boden des Lichthofs erinnert. Abb. 24: Entwurf für Cookie-Warnung für www.disitofy.com, 2020, Skizze, JG. 38
Abb. 25: Shop-Seite für www.disitofy.com, 2020, Skizze, JG. 39
Abb. 26: Produktdetail-Seite für www.disitofy.com, 2020, Skizze, JG. 40
4.3. Präsentation der Produkte 4.3.1. Produktfotos Als Kommunikationstools neben dem Gesamtlayout der Seite habe ich vor allem Fotos, Gifs oder Skizzen, die meine Produkte vorstellen, vorgesehen. Bezüglich des Mediums, sei es Foto, Skizze oder bewegtes Bild, wird die Art der Inszenierung je nach Produkt und seinen Bedürfnissen festgelegt. Zum einen glaube ich, dass es klassische Produktfotos braucht, weil das die visuelle Sprache ist, die sich durch viele der uns gewohnten Online-Shops zieht. Das Medium Produktfoto bietet neben der möglichst wirklichkeitsgetreuen Darstellung des Produkts und seiner Oberflächen auch die Möglichkeit, einen spezifischen Look der Marke einzubringen, ein Gefühl zu verkaufen. Es wird quasi eine Inszenierung vorgenommen. In meinem Fall möchte ich eine mögliche Produktanwendung oder auch eine imaginäre Benutzerin des Objekts in das Produktfoto, das Stillleben, einfließen lassen. 4.3.2. Produktbeschreibung Die Produktbeschreibungen sind prinzipiell in Form von Stichworten aufgebaut und beinhalten folgende Informationen: - Beschreibung und Verwendungszweck, falls nicht durch den Titel erkennbar - Materialien - Maße / Größe - Pflegehinweise - Edition/Unikat - Verfügbarkeit / Versandmöglichkeiten - Preis 4.3.3. Der Wert der Produkte DISITOFY als Projekt ist als Diplomarbeit die Essenz34 meines Studiums und damit mit großem persönlichen Wert verknüpft. DISITOFY soll aber auch als wirtschaftliches Instrument Ertrag abwerfen. Zur Errechnung des Wertes der einzelnen Produkte werden zum einen die Materialkosten, Fremdfertigungskosten35 und die Dauer meines Verarbeitungsprozesses herangezogen; sie definieren die Unkosten und diese sollen gedeckt sein. Andererseits geht es auch um den Wert der Kunstobjekte und ein Austesten, wieviel die Kundinnen bereit sind, zu bezahlen. DISITOFY verkauft eine Traumwelt. Was nichts kostet, ist nichts wert. Dieser zweite Faktor liegt ausschließlich in meinem persönlichen Ermessen. Die Herausforderung ist hierbei eine Lösung zu finden, die zum einen das Alltagsprodukt, das eher weniger kostet, zum anderen aber auch das Kunstobjekt preislich rechtfertigt. 34: ;-) 35: Wenn Fremdfirmen beauftragt wurden, wurden diese von mir entsprechend handelsüblichen Preisen für die jeweilige Leistung bezahlt. Diese Kosten fließen in die Preiskalkulation ein. 41
Home Shop About Applaus-Höschen #1 - transfer print on skin-colored polyester jersey, red theatre curtain, elastic band, polyester thread 42 - 28,9 x 33,2 cm. one sexism fits all. - - Vienna, 2020. 000, - € Abb. 27: Layout-Entwurf für www.disitofy.com, 2020, Grafik, JG. Impressum AGB/Datenschutz
Eine Ausnahme bildet die Produktidee FAUVERALL. Hier möchte ich genau auf die so oft unterbezahlte Handarbeit hinweisen. Die Käuferin glaubt für einen bestimmten Betrag einen Overall, von einer Künstlerin handbestickt, zu erstehen. Tatsächlich werden ihr die Materialkosten von Overall, Stickrahmen, Perlen, Garn und Sticknadel weiterverrechnet mit dem Hinweis, dass sie durch Eigeninitiative den Wert des Overalls steigern kann. 4.4. Packaging Jedes Produkt wird mit einem Warenanhänger, einem sogenannten Hang Tag, versehen. Dieses ist ein 85x120 mm großes Schild, das im Prägedruckverfahren angefertigt wurde. Die Vorderseite ist immer gleich, die Rückseite wird mit einem Aufkleber, der textlich auf das jeweilige Produkt angepasst wird, beklebt. Ich nutze diesen Anhänger, um das jeweilige Objekt auf den ersten Blick tatsächlich zu einem Produkt werden zu lassen. Allerdings ist darauf nicht der Preis ersichtlich, sondern es enthält die Werkangaben und fungiert so außerdem wie eine Art Zertifikat. Das Hang Tag kann auch ohne Loch und Aufkleber als Visitenkarte verwendet werden und hat so eine doppelte Verwendbarkeit. Applaus-Höschen #01 Vienna | 2020 transfer print on skin-colored polyester jersey, red theatre curtain, elastic band, polyester thread, 28,9 x 33,2 cm. one sexism fits all. Thanks for supporting DISITOFY, a project by Julia Grevenkamp. www. disitofy. com Abb. 28: Layout-Entwurf für DISITOFY-Hang Tags, 2020, Grafik, JG. Die Produkte werden in rosafarbenem Seidenpapier eingeschlagen und je nach Größe in einer speziellen Box verpackt. Wo immer sinnvoll wird der Logo-Schriftzug DISITOFY sinful objects for everyday life verwendet. Für diesen Zweck habe ich Stempel des Logo-Schriftzugs anfertigen lassen. Mir ist wichtig, dass das Eintreffen meines Produkts bei der Kundin ein haptisches Erlebnis ist. 43
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