Schweizer Bildungstag - September 2013 im Kursaal Bern - Bildung & Wirtschaft im Dialog

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Schweizer Bildungstag - September 2013 im Kursaal Bern - Bildung & Wirtschaft im Dialog
2. Schweizer Bildungstag
6. September 2013 im Kursaal Bern

    Fragestellung
                     Analyse

                                     Diskussionsthesen

Bildung & Wirtschaft im Dialog
Thesen der Schweizer Lehrpersonenverbände LCH und SER
Schweizer Bildungstag - September 2013 im Kursaal Bern - Bildung & Wirtschaft im Dialog
Inhaltsverzeichnis

Situationsanalyse und Herausforderungen 						3
Thesen zur Diskussion 								4

Fragestellung 1: Employés oder Citoyens? 						                           5
Situation 										6
Thesen zur Diskussion 									7

Fragestellung 2: Die Schule als Reparatur- oder Produktionswerkstatt?		   8
Situation 										9
Thesen zur Diskussion 									10
Anhang			 							11

Fragestellung 3: Karrieren im Beruf oder im Sozialamt?  				              13
Situation 										14
Thesen zur Diskussion 									15

Fragestellung 4: Frühe Bildung oder spätere Einzelförderung? 			          16
Situation 										17
Thesen zur Diskussion 									18

Fragestellung 5: Staat oder Privat? 							19
Situation 										20
Thesen zur Diskussion 									22

Impressum 										23
Schweizer Bildungstag - September 2013 im Kursaal Bern - Bildung & Wirtschaft im Dialog
Situationsanalyse und
Herausforderungen

Im Bildungswesen sind unterschiedliche          Interessenskonflikte zwischen Bildung
Akteure aktiv                                   und Wirtschaft sind anzuerkennen
Bildung und Wirtschaft sind zwei interagie-     Die Akteure aus Schule und Wirtschaft
rende Bereiche desselben gesellschaftlichen     stehen in einer gegenseitigen Abhängigkeit
Systems.                                        aber auch in Interessenskonflikten. Wenn
                                                Unternehmen Steuern optimieren fehlt
Lehrpersonen, Schulleitungen, Bildungs-         das Geld für die öffentliche Bildung und
fachleute und Bildungspolitik haben als         die schulergänzende oder frühe Bildung
Akteure einen umfassenden gesellschaftli-       und Betreuung. Im Bereich Prävention (u.a.
chen Bildungsauftrag zu erfüllen, der auch      Ernährung, Schulden) kollidieren Interessen
auf das Berufsleben vorbereitet.                der Wirtschaftsfreiheit mit dem Auftrag der
                                                Schulen, für das Wohl der Kinder und Ju-
Die Akteure in der Wirtschaft engagieren        gendlichen zu sorgen. Umfassende Bildung
sich speziell im Bereich der berufsrelevanten   ist kostenintensiver als eine für wirtschaftli-
Bildung und erwarten arbeitsmarktfähige         che Bedürfnisse optimierte Ausbildung zur
Schulabgänger, damit sie ihren ökonomi-         kurzfristig gedachten Employability.
schen Auftrag erfüllen können.
                                                Einige Modelle des Wirtschaftens
Zentrale Interessen von Gesellschaft und        erschweren den Erziehungsauftrag
Wirtschaft decken sich                          des Bildungswesens
Wirtschaft und Gesellschaft erwarten ein        Die Verfassung verpflichtet die Volksschule
qualitativ hochstehendes Bildungsniveau         auf die Demokratie als Staatsform und auf
und praxisbezogene Abschlüsse, die auch         die Werte der sozialen Gerechtigkeit.
am Arbeitsmarkt gefragt sind. Ein gutes         Das Prinzip der Chancengleichheit als Errun-
Bildungsniveau stärkt die gesamte Gesell-       genschaft des 19. Jahrhunderts ist eng an
schaft und sichert Stärke im wirtschaftlichen   das Leistungsprinzip gekoppelt: Nicht Privi-
Wettbewerb.                                     legien der Herkunft, sondern die persönlich
                                                erbrachte Leistung als Frucht von Anstren-
Die Zusammenarbeit von Schule und               gung, Wissen und Können soll sich auszah-
Wirtschaft funktioniert pragmatisch             len. Von diesem Prinzip lebt auch schulische
Zusammenarbeitsfelder von Bildung und           Bildung und Erziehung.
Wirtschaft sind etabliert an den Übergängen
von den Schulen in die Berufswelt, bei der      Wenn nun aber in der öffentlichen Wahr-
Festlegung von Lehrplänen, der Produktion       nehmung Teile der Wirtschaft bzw. einzelne
von Lehrmitteln, der Implementation von         ihrer Leitfiguren das Leistungsprinzip durch
ICT an Schulen, der Kooperation zwischen        Börsenspiele ersetzen, den Wettbewerb
Berufsschulen und Lehrbetrieben oder bei        durch geschlossene Selbstbedienungszirkel
Forschungsprojekten. Sie bilden eine stabile    ausschalten, die leistungsgerechte Ent-
Grundlage für eine Auseinandersetzung mit       löhnung durch Boni-Exzesse ad absurdum
weiteren Herausforderungen.                     führen und rechtsstaatliche Regeln durch

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Schweizer Bildungstag - September 2013 im Kursaal Bern - Bildung & Wirtschaft im Dialog
Umgehungstricks unterlaufen, wird es für        Auftrag der staatlichen Volksschule. Es stel-
die Lehrerschaft zum Problem, eine glaub-       len sich dazu ganz grundlegende Fragen:
würdige Leistungsethik durchzusetzen.           Welche Schule wird von der Wirtschaft in
                                                Zukunft noch mitgetragen und über Steu-
                                                ern mitfinanziert? Wie können die Anliegen
Die kommenden Herausforderungen                 der unterschiedlichen Akteure zum Nutzen
sollten von Bildung und Wirtschaft              unserer Gesamtgesellschaft möglichst gut
im Dialog gelöst werden                         aufeinander abgestimmt werden?
Schulen haben in den letzten Jahren zu-
nehmend Reparaturaufträge übernommen.           Der Schweizer Bildungstag bietet eine Platt-
Dies schmälert die Zeit für andere Bildungs-    form für den notwendigen Dialog.
inhalte. Weitere Herausforderungen im
Bildungssystem sind die sehr unterschiedli-
chen Vorstellungen zur Maturitätsquote, die
finanzielle und internationale Gleichstellung
für die Tertiär B-Ausbildungen, die unklare
Finanzierung der frühen Bildung und der
schulergänzenden Betreuung, die zu hohe
Zahl an Jugendlichen ohne Berufsausbil-
dung oder der schwindende Konsens zum

                                                Thesen zur Diskussion

                                                Als Grundlage für eine angeregte Diskussion
                                                werden zu fünf Themen detailliertere Frage-
                                                stellungen formuliert, die jeweils mit einer
                                                Situationsanalyse, Begründungen sowie
                                                mehreren Forderungen präsentiert werden.

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Schweizer Bildungstag - September 2013 im Kursaal Bern - Bildung & Wirtschaft im Dialog
Fragestellung 1:
                 Employés oder Citoyens?

Was soll die Schule erreichen:                 Dabei werden kognitive Inhalte stärker ge-
Ausbildung in Grundfertigkeiten                wichtet. Es findet ein Verdrängungswettbe-
                                               werb zu Lasten von gestalterisch-musischen
für die Arbeitswelt oder
                                               aber auch sozialen Lerninhalten statt. Wie
umfassende Bildung für                         kann die öffentliche Schule den offensicht-
gesellschaftsfähige Menschen?                  lichen Spagat zwischen dem Anspruch der
                                               Wirtschaft („employability“) und den An-
Was ist das Ziel von Volksschule und Berufs-   sprüchen von Individuum, Eltern und Gesell-
ausbildung? Immer häufiger fordern un-         schaft (umfassende Bildung, Förderung aller
terschiedlichste Interessengruppen eine        Fähigkeiten, Soziales Lernen etc.) schaffen?
stärkere Berücksichtigung „ihrer“ Themen,
Inhalte oder Fachbereiche in der Schule.

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Situation

Die Balance von Kopf, Herz und Hand geht        Arbeitswelt beinhaltet der gesellschaftliche
an den Schulen zunehmend verloren.              Auftrag auch eine umfassende Unterstüt-
Parteien und Wirtschaftsvertreter bemän-        zung für ein sinnvolles und erfüllendes per-
geln immer wieder, dass die öffentliche         sönliches Leben und für die verantwortliche
Schule grundlegende Fähigkeiten wie             Mitwirkung in der Gesellschaft. Oder wie
Rechtschreibung und Kopfrechnen zu              schon Montaigne sagte: „Mieux vaut tête
wenig vermittle. Laut ist der Ruf nach einem    bien faite que tête bien pleine“. Es gibt übri-
Ausbau der naturwissenschaftlichen und          gens auch Äusserungen der Wirtschaft, die
technischen Fächer oder nach ICT-Kompe-         mehr Innovationsfähigkeit, Bereitschaft zum
tenzen. Das HarmoS-Konkordat fordert neu        raschen Wandel, Kreativität, Erfindungsgeist
zwei Fremdsprachen ab der Primarschule.         und Teamfähigkeit verlangen. Der Zielkon-
                                                flikt besteht nicht einfach zwischen Schule
Dieser Ausbau muss mit einem zeitlichen         und Wirtschaft, sondern auch innerhalb
Abbau anderer Themen kompensiert                der Wirtschaft. So möchte die Schweiz zum
werden. Gekürzt werden primär musische          Beispiel auch weiterhin einen Spitzenplatz
und gestalterische Fächer oder auch der         in Gestaltung und Design belegen.
Hauswirtschaftsunterricht, in welchem viel
Alltagswissen vermittelt, aber auch zentrale
Präventionsarbeit geleistet wird. Es entsteht
ein Zielkonflikt.
Die Bildungsforschung hat Pestalozzis alte
Weisheit bisher regelmässig bestätigt:
Kognitive und sprachliche Entwicklung
braucht reichhaltige sensomotorische und
soziale Erfahrungen. Zu einer „ausreichen-
den Grundschulbildung“ (BV Art. 62, Abs.2)
gehört also auch eine breite Mischung von
motorischen, emotionalen und sozialen
Angeboten. Neben einer Befähigung für die

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Thesen zur Diskussion

1. Die Schule hat bis zum 18. Lebensjahr       3. Die Volksschule ist mehr als ein
einen umfassenden Bildungsauftrag              Trainingszentrum oder ein Warenhaus
Die Wirtschaft anerkennt, dass die Schule      Es gibt Tendenzen, die Schulen auf ein On-
einen umfassenden Bildungsauftrag für alle     lineportal für testbare Grundkompetenzen
Kinder und Jugendlichen zu erfüllen hat. Die   in Sprachen, Mathematik und Naturwis-
Lehrpläne, die Überprüfung der erworbenen      senschaften zu reduzieren. Ergänzungsleis-
Kompetenzen und die Bereitstellung der         tungen sollen privat finanziert werden. Die
Ressourcen sind deshalb darauf angelegt,       Schule ist jedoch auch täglicher Lebens-
dass die umfassende Bildung des einzelnen      raum für Kinder und Jugendliche. Sie leistet
Kindes in allen seinen Fähigkeiten gewähr-     einen nicht zu ersetzenden Beitrag für eine
leistet ist.                                   gelingende Integration aller Schülerinnen
                                               und Schüler in eine auch zukünftig funktio-
                                               nierende Gesellschaft.
2. Die Schule bereitet auf das
Arbeitsleben vor
Die Schule anerkennt, dass die Vorbereitung
auf eine erfolgreiche berufliche Laufbahn
eine zentrale Aufgabe der Schule darstellt.
Die grundlegenden Mindesterwartungen im
Lehrplan sind alle auch berufsrelevant, im
Verlauf der obligatorischen Schulzeit nimmt
die Berufsfindung an Bedeutung zu.
Die Schule schafft Gelegenheiten zur Erfor-
schung der eigenen Neigungen und Talente,
zur realistischen Selbsteinschätzung und zur
Lernsteuerung auf Berufsziele hin.

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Fragestellung 2: Die Schule als Re-
                paratur- oder Produktionswerkstatt?

Was zählt mehr:                                präventive Aufgaben vermieden werden?
Wirtschaftsfreiheit oder Schutz                Will man die Schule mit Prävention beschäf-
                                               tigen oder unsere Kinder und Jugendlichen
der Kinder und Jugendlichen?
                                               besser schützen? Wie lässt sich Wirtschafts-
                                               freiheit und Marktverhalten von Unter-
Kinder und Jugendliche sind ökonomisch         nehmen regeln, damit Kinder sich genug
attraktive Zielgruppen. Wie können beste-      bewegen und draussen spielen können, sich
hende Widersprüche zwischen Marktinteres-      gesund ernähren und vor Suchtsubstanzen,
sen der Wirtschaft und dem Bildungsauftrag     Gewaltdarstellungen oder Schulden genü-
der Schule im Hinblick auf erzieherische und   gend schützen können?

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Situation

Die Eltern, die Schule und die weiteren         chen infolge widersprüchlicher Botschaften.
„Miterzieher“ in der Gesellschaft und der       Die Volksschule hat im Laufe der Zeit von
Wirtschaft ziehen nicht immer am selben         der Gesellschaft immer mehr präventive
Strick, wenn es um den Schutz von Kindern       und kulturelle Aufgaben zugewiesen be-
und Jugendlichen geht. Tabak- und Alko-         kommen, ohne dass diese immer in einem
holwerbung sowie gewaltverherrlichende          Leistungsauftrag verankert worden wären.
Spiele und Videos sind mittlerweile im Sinne    Lehrpersonen bemängeln die dadurch
des Jugendschutzes eingedämmt. Ein neues        entstehende Überforderung des Schulsys-
unfreiwilliges Aktivitätsfeld für die Schulen   tems und beklagen, dass sie von Wirtschaft
ist die Aufklärung im Hinblick auf auflaufen-   und Eltern mit diesen Zusatzaufgaben oft
de Schulden durch unbezahlte Handyrech-         allein gelassen werden. Schulen und Lehr-
nungen ihrer Schüler. Besonders stossend        personen werden damit zu moralisierenden
ist die Situation bei Süssigkeiten, animie-     Zeigefinger-Instanzen und laufen Gefahr,
renden Getränken und salzigen Snacks. Sie       in einem alltagsbezogenen Unterricht die
haben einen direkt negativen Einfluss auf       Privatsphäre von Kindern, Jugendlichen
das Lernvermögen, die Konzentrations- und       und Eltern zu verletzen. Andererseits be-
Bewegungsfähigkeit sowie die gesamte Ge-        fürchten politische Parteien und Verbände
sundheit. Zum Schulanfang lancierte 2012        eine Reduktion der Wirtschaftsfreiheit, eine
eine sonst durchaus gesundheitsbewusste         Entmündigung der Eltern oder gar eine
Schweizer Supermarktkette eine fettige          Verstaatlichung der Kindheit durch Überre-
und überzuckerte „Schüler-Combo“ zum            gulierungen. Fachleute betonen dagegen
Aktionspreis. Mit über 40% Zucker versetzte     den Nutzen einer möglichst frühen Unter-
Frühstücksflocken oder stark zuckerhaltige      stützung der Kinder und Eltern durch die
Milchprodukte sind das krank machende           Bildungsinstitutionen. Sozialpolitiker und
Angebot schon beim Frühstück. 40% der           Bildungsökonomen sehen in der Prävention
Werbespots im Umfeld von Kindersen-             auch eine Chance zur Kostenreduktion. Es
dungen werben für Lebensmittel, die als         gibt Tendenzen, dass sich die Schule auf die
ungesund gelten. Dies obwohl heute 20%          Vermittlung von testbarem Wissen fokus-
der Schweizer Kinder übergewichtig sind,        sieren solle. Ein derart reduzierter Auftrag
5% davon krankhaft adipös. Gesundheitli-        wäre bedeutend einfacher und mit mehr
che Schäden bei Kindern und Jugendlichen        Erfolgserlebnissen zu leisten, weil die Schule
tragen die Betroffenen, deren Eltern und die    bei Problemen die Verantwortung an Eltern
Gesellschaft. Damit kollidiert der Präven-      und Gesellschaft zurückgeben könnte. Die
tionsauftrag der Schule mit Interessen von      Frage stellt sich, was geschieht, wenn diese
gewinnorientierten Unternehmen und führt        zurückgegebene Verantwortung nicht wahr-
zur Verwirrung bei Kindern und Jugendli-        genommen wird.

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Thesen zur Diskussion

1. Prävention ist eine sinnvolle Investition   2. Prävention braucht Spielregeln

Die Wirtschaft anerkennt, dass die Schule      Variante A:
einen gesellschaftlichen Präventionsauftrag    Zum Schutz der Kinder und Jugendlichen
übernommen hat. Dieser Aufwand bildet          muss der Staat in einzelnen Bereichen
sich nicht direkt in guten Testleistungen      geeignete Massnahmen und Spielregeln
ab, fördert hingegen die persönliche und       beschliessen können und in die Wirt-
soziale Entwicklung der späteren Staatsbür-    schaftsfreiheit eingreifen (z.B Regulierung
ger, Arbeitnehmer/innen und Unterneh-          von Werbung) damit die Erziehungs- und
mer/innen. Die späteren Kosten im Sozial-,     Präventionsarbeit der Schule nicht ständig
Gesundheits- und Strafverfolgungsbereich       unterlaufen wird.
werden dadurch gesenkt, was allen Beteilig-
ten zu Gute kommt.                             Variante B:
                                               Die Schule soll sich auf das Erzielen von gu-
                                               ten und messbaren Schulleistungen zurück-
                                               ziehen und die kulturellen, erzieherischen
                                               und präventiven Aufgaben den Eltern und
                                               der Gesellschaft zurückdelegieren. Kinder,
                                               die aus gesundheitlichen Gründen den
                                               Anforderungen für einen geordneten oder
                                               altersgemässen Unterricht nicht entspre-
                                               chen, müssen in der Volksschule nicht mehr
                                               unterrichtet werden.

                                                                                          10
Anhang zu Fragestellung 2:

Die Beispiele für präventive, erzieheri-      Verkauf von Pro Juventute-Marken und
sche und kulturelle Aufgaben, welche die      anderen Artikeln, etc.
Schule übernommen hat:
                                              Respektlose Kommunikation, Radikalismus,
a) Gesellschaftliche Prävention und           Sinnlosigkeit
Mitgestaltung                                 Demokratietraining, (Vor-)Leben von
                                              Gender- und Menschrechten, Gestalten
Frühe Entwicklungsrückstände                  von integrativen Settings, Werteerziehung,
Beratung, sichere/eigenständige Spiel-        Religion & Ethik - Unterricht
möglichkeiten, Kitas
                                              Gewalt, Mobbying, Bullying
Analphabetismus                               Regeln, Strafen, Peacemaker Projekte,
Rechnen, Lesen, Schreiben, Medien-/           Gespräche, Training von sozialen Kompe-
ICT-Kompetenzen                               tenzen, Integration

Gefährdungen körperlicher/seelischer Integ-   Beschädigungen, Vandalismus, Littering
rität (z.B. Internet-/Telefonsex)             Community building, Training von sozialer
Aufklärung                                    Verantwortung in der (Schul-)Gemein-
                                              schaft
Verarmung, Schuldenfalle
financial literacy, Casemanagement            Übernutzung, Schädigung und Zerstörung
                                              von Lebensgrundlagen
spätere Arbeitslosigkeit                      BNE-Themen wie Abfallentsorgung, Altpa-
Berufliche Integration, Übergang zum          piersammlungen, Bachputzete, Energie-
Berufsleben, Berufsberatung, Casema-          nutzung, Gifte, etc.
nagement
                                              Belastung des Gesundheitssystems
Dropout, Absentismus, Verwahrlosung           Körperliche Ertüchtigung, Zahn- und Ge-
von der „Strasse“ fernhalten, Schulpflicht,   sundheitsprophylaxe
Betreuungseinrichtungen
                                              Häusliche Gewalt, sexuelle Übergriffe, Miss-
Absteigen der Schweizer Wirtschaft in unte-   brauch
re Ligen, Standortwettbewerb                  Beobachtung, Anzeigen, Gespräche, Ver-
hochstehende Ausbildung                       trauensaufbau

Kulturelle und emotionale Verarmung           Gefährdung der Rekrutierung für die Milizar-
Musik, Gestalten, Literatur, Anlässe, Ritu-   mee
ale, Räbeliechtliumzug, Weihnachtssin-        Körperliche Ertüchtigung
gen, Musical- und Theateraufführungen,

11
b) Persönliche Prävention                  Strassenunfälle
                                           Verkehrserziehung/Unfallverhütung,
Bewegungsmangel, körperliche Fehlent-      Schulwegsicherheit, Velofahren, Nothilfe-
wicklungen (20% der Kinder sind zu dick,   kurse
5% sind sehr dick)
Programme für tägliche Bewegung, Tur-      Risiken in der Natur
nen/Sport                                  Schulreisen, Projekte, Lager, Schwimmun-
                                           terricht, etc.
Zuviel Zucker und Fett
Aufklärung, Gesunde Ernährung in Pausen    Depression, Suizidgefährdung, psychische
und an Mittagstischen                      Krankheiten
                                           Schulpsychologie
Karies, falsche Zahnstellungen
Zahnprophylaxe, Schulzahnarzt              Frühe Schwangerschaften
                                           Verhütung, Sexualaufklärung
Körperliche Krankheiten
Gesundheitsinformationen, impfen, Schul-   Sucht, Drogen, Rauchen, Alkohol
arzt                                       Kampagnen, Aufklärung, Regeln

                                                                                      12
Fragestellung 3: Karrieren im
                Beruf oder im Sozialamt?

Talentsuche: Durchlässigkeit für           chen? Wie wird die höhere Berufsbildung
alle oder Wettbewerb um die                aufgewertet? Wie steigt die (Berufs-, Fach-)
                                           Maturaquote? Wie erreichen wir eine aus-
besten Plätze?
                                           reichende Zahl von Ausbildungsbetrieben
                                           in zukunftsfähigen Berufen (Gesundheit,
Wohin soll sich die Sekundarstufe II und   Technik)? Wie werden von der Volksschule
die Tertiärstufe entwickeln? Wie können    integrierte Kinder während der Berufslehre
bis 2020 mehr als 95% der Jugendlichen     weiter unterstützt?
mindestens einen Sek-II-Abschluss errei-

13
Situation

Berufliche Vorentscheide fallen gemäss         Anzahl der Ausbildungsbetriebe ist von 33%
neuen Untersuchungen bereits in der            im Jahr 1985 auf 16% im Jahr 2011 gesun-
Primarschule (u.a. für MINT oder Lehrer/in,    ken. Zukunftsweisende Berufe bilden zu
etc.). Weibliche Jugendliche bevorzugen die    wenig Fachpersonen aus. Regelmässig un-
Gymnasien und die FMS, männliche Jugend-       terlaufen Betriebe die vereinbarten Termine
liche gehen eher den Weg der Berufsbildung     für die Anwerbung von Lehrlingen. Jugend-
und Berufsmaturität. Eltern reagieren zuneh-   liche mit ausländischen Namen sind bei der
mend sensibel auf die grossen Unterschiede     Lehrstellensuche benachteiligt. Die Löhne in
der Maturitätsquoten (inkl. Berufs- und        Berufen mit Berufslehre sind teilweise nicht
Fachmatura) in den Kantonen und im Ver-        existenzsichernd. Jugendliche ohne Ab-
gleich zum nahen Ausland. Seit zehn Jahren     schluss sind massiv mehr von Arbeitslosig-
werden diverse Berufe neu auf Tertiärniveau    keit und gesundheitlichen Beeinträchtigun-
ausgebildet, auch die Lehrpersonen, ohne       gen betroffen. Der Fremdsprachunterricht
dass deswegen die Maturaquoten entspre-        an den Berufsschulen (insbesondere der
chend gestiegen wären. Die Integration von     Landessprachen) genügt nicht für heutige
Kindern und Jugendlichen mit besonderen        „citoyens“.
Bedürfnissen wird auf dem Niveau Sek II
nicht konsequent weitergeführt, wie das in     Die höhere Berufsbildung ist international
anderen Ländern der Fall ist.                  zu wenig kompatibel und wird finanziell
                                               benachteiligt. Globale Unternehmen impor-
Qualitativ gute Berufsausbildung ist in        tieren Fachkräfte mit ausländischen FH-Ti-
gewissen Branchen ein Kostenfaktor. Das        teln, die den inhaltlich oft gleichwertigen
Gewerbe kritisiert steigende gymnasiale        schweizerischen Abschlüssen der höheren
Maturitätsquoten, verunmöglicht de facto       Berufsbildung vorgezogen werden.
aber oft eine berufsbegleitende Berufsma-
tura-Ausbildung während der Lehre. Die

                                                                                        14
Thesen zur Diskussion

1. Berufliche Grundausbildung stärken          arbeitende anbieten, bezahlen eine Abgabe,
                                               mit der andere Lehrbetriebe für ihre Mehr-
a. Ab 2020 erreichen pro Jahrgang mehr als     kosten entschädigt werden können (z.B. ICT,
95% der Jugendlichen einen anerkannten         Gestaltung, Gesundheit).
Sek II-Abschluss.
                                               d. Lehrstellenbewerbungen werden in der
b. Die obligatorische Grundausbildung wird     ersten Runde anonymisiert geprüft, um Be-
bis zum 18. Lebensjahr ausgeweitet, wie        nachteiligungen für Jugendliche mit nicht-
dies im EU-Raum vielerorts der Fall ist.       schweizerischen Namen zu vermeiden.

c. Die gesamte Sekundarstufe II (Berufsbil-    e. Die Arbeitgeberverbände unterstützen
dung, Lehrbetriebe, Mittelschulen) führt die   Massnahmen gegen die verfrühte Rekrutie-
an der Volksschule begonnene Integration       rung von Lehranfängern.
von Jugendlichen mit besonderen Bedürf-
nissen weiter.                                 f. Die tiefen Löhne in gewissen gewerbli-
                                               chen Berufen mit Abschluss Sekundarstufe II
d. Wirtschaftsverbände unterstützen die        werden erhöht.
Organisation von Austauschprojekten für
Lehrlinge in andere Sprachräume sowie von
Berufserkundungen für die Primarschüler/       3. Mehr Markt und gleiche Spiesse für
innen.                                         Maturität und Höhere Berufsbildung

                                               a. Die Zugänge an Gymnasien, Berufsmatu-
2. Betriebliche Ausbildung                     ritäts- und Fachmittelschulen werden mit
attraktiv gestalten                            einem überkantonalen Anforderungsprofil
                                               aufgrund von transparenten Kompetenzen
a. Das Angebot an Lehrstellen in der Berufs-   geregelt. Die Maturaabschlüsse sind für 40-
bildung bildet die aktuelle Nachfrage an       50% eines Jahrgangs erreichbar.
Fachpersonen ab (u.a. mehr Lehrstellen für
ICT und Gesundheit).                           b. Die Abschlusszertifikate der Höheren
                                               Berufsbildung werden den internationalen
b. Lehrbetriebe, welche die berufsbegleiten-   Normen angeglichen. Die Tertiär-Ausbildun-
de Berufsmatura verunmöglichen, werden         gen werden finanziell gleichgestellt.
als anerkannte Lehrbetriebe gestrichen.

c. Betriebe, die weniger als fünf Ausbil-
dungs- oder Praktikumsplätze pro 100 Mit-

15
Fragestellung 4: Frühe Bildung
                oder spätere Einzelförderung?

Kosten für Kinderbetreuung                    Bildung und Förderung nutzen? Wie können
oder für spezielle Förderung,                 wir die familienergänzende Betreuung der
                                              Kinder definieren, finanzieren und fördern?
Sozialwesen und Justiz?
                                              Wie können fehlende Anregungen und
                                              mangelnder Spracherwerb schon früh kom-
Wie können wir die wissenschaftlich belegte   pensiert werden? Wie werden die Spiesse
positive Kostenbilanz für frühe Betreuung,    für die Kinder gleich lang?

                                                                                       16
Situation

Studien zeigen, dass nur qualitativ gute       Global tätige Unternehmen importieren ihre
frühe Förderung im Elternhaus oder in ent-     Arbeitskräfte zunehmend aus dem Ausland.
sprechenden Einrichtungen spätere Kosten       Kinder von „Expats“ besuchen oft private
reduzieren und zu einer erfolgreichen Inte-    Schulen, welche nach angelsächsischen
gration in Beruf und Gesellschaft beitragen.   Curricula unterrichten und internationale
Diverse grosse Unternehmen setzen sich für     Abschlüsse anbieten. Der lokale Bezug
eine gute frühe Betreuung und Tagesschul-      grosser Unternehmen und ihrer Mitarbei-
strukturen ein, weil ihre Mitarbeitenden       tenden ist damit wenig gegeben. Mindes-
davon profitieren. Das bisherige Hin- und      tens ein Viertel der Eltern von schulpflichti-
Herschieben der Verantwortung der Zu-          gen Kindern ist nicht stimmberechtigt, da
ständigkeiten für die frühe Bildung und die    sie anderen Nationalitäten angehören, in
familienergänzende Betreuung zwischen          gewissen Schulkreisen sind es über 75%.
Bund, Kantonen und Gemeinden, zwischen         Die Verschiebung des Durchschnittsalters in
Staat, Wirtschaft und Eltern sowie zwischen    der Bevölkerung nach oben und die erhöh-
unterschiedlichen Departementen führt zu       te Kinderlosigkeit führen zu veränderten
Fehlanreizen und Unsicherheiten.               gesellschaftlichen Prioritäten (gute Renten
                                               statt Schulbildung für Kinder). Die Schule
                                               verliert damit ihre selbstverständliche Stel-
                                               lung in der Gesellschaft zusehends.

17
Thesen zur Diskussion

1. Familienergänzende Förderangebote          3. Regelung der komplexen
anbieten                                      Zuständigkeiten
Bund, Kantone und Gemeinden fördern           Die Zuständigkeiten für die frühe Betreuung
familienexterne Betreuungsangebote,           und die schulergänzende Betreuung wer-
Wirtschaftsverbände und Berufsverbände        den unter Einhaltung der Kostenneutralität
der Lehrerschaft unterstützen ein quanti-     klarer geregelt. Bund, Kantone und Gemein-
tativ ausreichendes, bezahlbares und nach     den einigen sich auf eindeutigere Zustän-
hohen Qualitätsstandards konzipiertes         digkeiten. Der Bund regelt die minimalen
Förder- und Betreuungsangebot ab Geburt       Standards.
bis zum Ende der Volksschule. Dazu zählen
auch Spielgruppen oder Tagesfamilien mit      4. Lokales Engagement
Qualitätslabel.                               Die Wirtschaftsverbände fördern das lokale
                                              Engagement für Bildung und Betreuung
2. Investitionen in die Kleinsten auch in     insbesondere von international tätigen
der Schule                                    Unternehmen. Sie bieten Gefässe für ge-
In der Eingangsstufe und in den ersten vier   meinschaftliche Aktivitäten von mehreren
Schuljahrgängen werden die Kinder aus         Unternehmen oder Branchen und unterstüt-
Klassen mit über 20 Lernenden in der Hälfte   zen Stiftungen im Aufbau von Bildungsland-
der Zeit in Halbklassen oder mit zwei Lehr-   schaften und frühen Möglichkeiten auf der
personen im Teamteaching unterrichtet und     Primarstufe zur Erkundung der Berufswel-
gefördert.                                    ten.

                                                                                       18
Fragestellung 5:
                Staat oder Privat?

Private Eliteschulen und Förde-             Zukunft? Wie kann die Schule mit reduzier-
rung für Wohlhabende neben                  ten Bildungsausgaben ein qualitativ gutes,
                                            staatlich finanziertes Angebot für alle Kinder
vernachlässigten öffentlichen
                                            und Jugendliche bleiben? Wie vermeiden
Schuleinrichtungen für mittlere             wir amerikanische Zustände mit Ranglisten,
und untere Einkommensklassen                Tests, ungenügender Ausstattung, Schul-
– oder Volks-Schule?                        schliessungen und anschliessender Priva-
                                            tisierung? Reicht für einen Teil der Jugend
                                            sogar nur ein Grundangebot in Rechnen,
Welcher politische Konsens trägt das über   Lesen und Schreiben, wie das gewisse Kreise
100-jährige Erfolgsmodell der staatlich     propagieren?
finanzierten Schweizer Schulen in die

19
Situation

Die Ausgaben für die öffentliche Bildung        len finanziert. Darunter befinden sich auch
lagen seit 1990 konstant auf ca. 5-6% des       millionenschwere Public Private Partnership
Bruttoninlandprodukts BIP (heute ca. 30         (PPP) - Investitionen in die ICT-Infrastruktur
Mia CHF) obwohl in dieser Zeit der Ausbau       der Schulen.
des Tertiärsystems vorangeschritten ist. Je
nach Kanton geben viele Gemeinden die           Der Druck auf eine freie Schulwahl steigt:
Hälfte ihres Budgets für die Volksschule aus.   Vorgeschlagen werden Bildungsgutscheine
Die Volksschule beansprucht rund 50% der        und neu auch Bildungskonten (z.B. Gewer-
gesamten Schweizer Bildungsausgaben von         beverband Aargau 2010, Avenir Suisse 2013)
CHF 30 Mia pro Jahr, die Sekundarstufe II       oder direkt die freie Schulwahl (z.B. Maja
20%. Pro Schüler/in der Volksschule werden      Wanner, Grossrätin FDP/AG, Elternlobby).
ca. CHF 20‘000 ausgegeben, pro Schüler/         Internationale Schulen und private Schulun-
in der Sekundarstufe II ca. CHF 22’500. Der     ternehmen sind in der Schweiz zunehmend
grösste Teil der Bildungsausgaben fliesst in    erfolgreich, auch wenn das GATS-Abkom-
die Löhne, welche wiederum in die Wirt-         men im Prinzip keine Öffnung im obligato-
schaft zurück fliessen. Wenn gespart wird,      rischen Bildungsbereich vorsieht. In Zürich
ist die Qualität betroffen. Und wenn die        und Zug nehmen die Schülerzahlen an
Schulqualität kein Vertrauen mehr geniesst,     International Schools zu. Häggenschwil SG
bleiben die Kinder aus den oberen und mitt-     hat als erste Gemeinde der Schweiz eine Pri-
leren Verdienstklassen weg.                     vatschule mit der Führung ihrer Volksschule
                                                beauftragt.
Lohnentwicklungsstatistiken zeigen eine
seit zwanzig Jahren laufende relative Lohn-     Leistungstests der Lehrbetriebe und Verbän-
reduktion bei den Schweizer Lehrberufen.        de zur Selektion von zukünftigen Lehrlingen
Niemand kann sich erinnern, je so viele         haben vielerorts die Bedeutung der Zeug-
Lehrpersonen demonstrierend auf der Stra-       nisse reduziert. Auch Schweizer Hochschu-
sse gesehen zu haben wie im vergangenen         len nutzen zunehmend Aufnahmetests.
Jahr. Gespart wird bei der Schulsozialarbeit,   Schulen werden damit zu Trainingsanstalten
bei den Lehrerlöhnen, bei den Lektionen,        für das Bestehen von standardisierten Tests
bei Zusatzangeboten und bei der Infrastruk-     und Aufnahmeprüfungen („teaching to the
tur. Studierende an Hochschulen müssen          test“). Trotz PISA und dem geplanten natio-
ihre Ausbildung vermehrt selber finanzieren.    nalen Bildungsmonitoring steht mit flächen-
Die Unternehmen optimieren ihre Steuern,        deckenden kantonalen Tests eine weitere
dafür gewinnen Corporate Social Responsi-       Testwelle bevor, die dann trotz sehr ernüch-
bility, wirtschaftsnahe Stiftungen, Vereine     ternden Erfahrungen mit dem Testing in
sowie Sponsoring an Bedeutung. Mit Geld         den USA und GB zum einem Schulranking
von Unternehmen werden Schulprojekte,           führen könnte. Die Schule mutiert damit
Lernmedien und Lehrstühle an Hochschu-          mehr und mehr zu einer Trainingsanstalt

                                                                                            20
für das Bestehen von Tests. Die übrigen         Vertrauen in die Professionalität der Schulen
Leistungen im Bereich Sozialkompetenzen,        und Unternehmen kann nicht mit Tests oder
gesellschaftliche Integration und Demokra-      einer fassadenhaften Corporate Gover-
tiefähigkeit geraten damit ausser Sichtweite.   nance hergestellt werden. Sätze wie: „Wir
Aus Sicht der Schulen stellt sich die Frage,    sind bestrebt, jederzeit integer, verantwor-
wie weit sie in ihren Bemühungen von den        tungsbewusst, fair, transparent und diskret
global tätigen Unternehmen und deren            zu handeln, um das Vertrauen sämtlicher
Vertretern für ihre Leistungen für die lokale   Anspruchsgruppen zu sichern“ sind schnel-
Gesellschaft noch unterstützt werden.           ler gesagt als umgesetzt. Wie wird integres,
                                                verantwortungsbewusstes, faires, transpa-
Der strukturelle Mangel an Lehrpersonen         rentes und diskretes Handeln gefördert? Vor
bedroht die Qualität der Schule. Gute Bil-      allem Investitionen in die Professionalität
dung von Kindern benötigt neben fundier-        der Mitarbeitenden wirken sich längerfris-
ten Fachkenntnissen viel Beziehungsarbeit,      tig positiv aus. Schulen und Unternehmen
gekonnte Organisation und Moderation            stehen am gleichen Ort: Sie müssen die
von Lern- und Gruppenprozessen sowie            richtigen Anreize schaffen für nachhaltige
individuell angepasste Lernunterstützung.       und verlässliche Arbeit, also eine sorgfälti-
Bis 2025 werden in der Schweiz ca. 30% der      ge Prozessgestaltung nach professionellen
heutigen Lehrpersonen pensioniert. Ähn-         Standards.
liche und höhere Zahlen erreichen uns aus
dem Ausland. Jedoch steigen die Geburten-       Fazit:
zahlen wieder. Die Anstellung von Querein-      Wenn die öffentliche Volksschule weiter
steigern und ausländischen Lehrpersonen         unter finanziellen Spardruck gesetzt
haben bisher einige Probleme überdecken         wird, verlagert sich die Bildung noch zu-
können. Dennoch sind viele Stellen nicht        nehmend in den Privatbereich. Die Wirt-
mit dafür ausgebildeten Lehrpersonen            schaft hat einen wesentlichen Einfluss
besetzt. Die mit einem Bachelor abschlie-       auf die weitere Zukunft der Schulen. Vor
ssende Ausbildung für Lehrpersonen an der       bald 200 Jahren wurde die Gründung von
Volksschule ohne weitere Entwicklungs-          Volksschulen von einflussreichen einhei-
möglichkeiten ist zu kurz und vor allem für     mischen Unternehmern politisch unter-
Männer zu wenig attraktiv. Finnland zeigt       stützt. Fällt diese Unterstützung durch
mit guten PISA-Resultaten, was gute Lehrer/     das vermehrt global ausgerichtete und
innenbildung für die Schulqualität bewirken     internationalen Aktionären verpflichtete
kann. Wir stehen auf Grund des Lehrper-         Management und den internationalen
sonenmangels vor einer deutlichen Quali-        Steuerwettbewerb nun weg?
tätseinbusse. Viele Eltern investieren massiv
in Förderangebote und Nachhilfe sowie in
Musikunterricht und andere Betätigungen.

21
Thesen zur Diskussion

1. Qualität statt sparen                      3. Master für alle Lehrpersonen statt
Schulen können sich ihren Standort und        Lehrer-Lehre
ihre Klientel nicht auswählen. Sparmassnah-   Auch Primarlehrpersonen erhalten eine
men treffen Qualität und Leistungen von       praxisbezogene Grundausbildung mit Mas-
Schulen. Förderbeiträge aus der Wirtschaft    ter-Abschluss. Damit sind sie in der Lage, ab
können und dürfen den öffentlichen Auf-       Berufsbeginn anspruchsvolle Aufgaben zu
wand und die demokratische Kontrolle nicht    übernehmen.
ersetzen.
                                              4. Gemeinsam Vertrauen aufbauen
2. Interne Qualitätssicherung statt Rang-     Branchenverbände arbeiten mit den Berufs-
listen mit künstlichem Wettbewerb             verbänden der Lehrpersonen, dem Bund
Jedes Unternehmen kümmert sich selber         und der EDK zusammen an überprüfbaren
um die Qualität. Sinnvoller als Ranglisten    Kompetenzprofilen für Berufe. Auf eigene
unter ungleichen Bedingungen sind von         Tests der Unternehmen und auf Checks wird
den Schulen selber durchgeführte, selbst-     verzichtet.
verantwortete, transparente und von der
Schulaufsicht überwachte Qualitätssiche-
rungsmassnahmen.

                                                                                         22
Impressum

Der Schweizerische Bildungstag ist eine Veranstaltung der
Schweizerischen Lehrerverbände LCH und SER

Veranstaltung 2013 im Kursaal Bern
mit freundlicher Unterstützung von:

Premiumpartner:                IT-Partner:

Begleitung und Organisation:
LerNetz AG
ProjektForum AG
www.bildungstag.ch
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