SEF.STUDIE " New Horizons" - wie blicken Schweizer Unternehmen in die Zukunft? - Swiss Economic Forum
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SEF. STUDIE « New Horizons » – wie blicken Schweizer Unternehmen in die Zukunft? Ergebnisbericht Stefan Ryf, Tom Rieder, Michael Dantlgraber, Daniel Fasnacht, Christian Fichter August 2021
AUTOREN Stefan Ryf, wissenschaftlicher Mitarbeiter, Kalaidos FH stefan.ryf@kalaidos-fh.ch Tom Rieder, Leiter Marketing & Kommunikation, SEF tom.rieder@swisseconomic.ch Michael Dantlgraber, wissenschaftlicher Mitarbeiter, Kalaidos FH michael.dantlgraber@kalaidos-fh.ch Daniel Fasnacht, CEO, EcosystemPartners AG fasnacht@ecosystempartners.ch Christian Fichter, Forschungsleiter, Kalaidos FH christian.fichter@kalaidos-fh.ch Diese Studie wurde in einer Forschungspartnerschaft zwischen Swiss Economic Forum AG und der Kalaidos Fachhochschule durchgeführt. 31.08.21 New Horizons 2
MANAGEMENT SUMMARY Die schwierigen Zeiten der Pandemie scheinen langsam hinter uns und es ist Zeit, in die Zukunft zu blicken. Was beschäftigt Schweizer Unternehmen in nächster Zeit? Auf welche Trends und Werte legen sie den Fokus? Wo steht man und wie gross ist die Zuversicht? Zu diesen Fragen gaben im Vorfeld des Swiss Economic Forums 2021 insgesamt 422 Personen, mehrheitlich tätig in Geschäfts- leitungen und Verwaltungsräten von Schweizer Firmen, in einer in Zusammenarbeit mit der Kalaidos Fachhochschule durchgeführten Umfrage ihre Einschätzungen ab. Aktuelle Herausforderungen für Unternehmen in der Schweiz Als Erstes wurden die Teilnehmenden gefragt, was sie in den nächsten drei Jahren besonders beschäftigt. Neben Themen aus klassischen Geschäftsbereichen wie Mitarbeitende (10%), Innovation (7%) oder Finanzen (5%) wurden besonders häufig Digitalisierung (21%) und Nachhaltigkeit (12%) angesprochen. SEF.Barometer Unternehmensaussichten Wie zuversichtlich blicken die Unternehmen in die Zukunft? Der SEF.Barometer erfasst die Unter- nehmensaussichten für die nächsten zwölf Monate. Der Gesamtwert liegt leicht im positiven Bereich. Vor allem bezüglich der eigenen wirtschaftlichen Situation und der Wettbewerbsfähigkeit sind die Befragten optimistisch. Bei anderen Faktoren wie den gesetzlichen Regulierungen und der Verfügbarkeit von qualifizierten Arbeitskräften geben sie dagegen mehrheitlich an, dass sie Verschlechterungen erwarten. Innovativ, agil, nachhaltig und divers – wie schätzen sich Schweizer Unternehmen selbst ein? Moderne Unternehmen sollen vieles sein – in der Eigeneinschätzung entsprechen Schweizer Unternehmen diesem Bild. Mehr als drei Viertel der Befragten bezeichnen ihr Unternehmen als innovationsfähig, agil und auf Nachhaltigkeit bedacht. Auch bezüglich der Voraussetzungen für innovative Entwicklungen wie Mut in der Geschäftsleitung oder das einfache Einbringen von Ideen ist die überwiegende Mehrheit der Meinung, dass diese gegeben sind. Nur die finanziellen Mittel für die Förderung von Innovationen scheinen vor allem bei kleinen Unternehmen häufig zu fehlen. 31.08.21 New Horizons 3
Potenziale von neuen Ansätzen in Technologien und Geschäftsprozessen Die Industrie sieht in der Automatisierung (56%) klar die grössten Chancen, gefolgt von individualisierter Kundenansprache (35%) und dem Internet of Things (33%). Die künstliche Intelligenz (51%) liegt bei der Dienstleistungsbranche an erster Stelle, grosse Potenziale werden auch der individualisierten Kundenansprache (48%) und Big Data Analytics (45%) zugeschrieben. Welche Nachhaltigkeitsziele haben Schweizer Unternehmen im Fokus? Gleichstellung der Geschlechter, widerstandsfähige Infrastruktur und Bildung sind die Ziele aus den siebzehn von den Vereinten Nationen definierten Sustainable Development Goals, die am häufigsten als Schwerpunkte in die Unternehmensstrategie eingehen. Ebenfalls starke Berücksich- tigung erhalten menschenwürdige Arbeit, Gesundheit und Klimaschutz. Bei insgesamt vierzehn der siebzehn Ziele geben mehr als die Hälfte der Befragten an, dass diese in der Unternehmens- strategie zumindest berücksichtigt werden. Optimismus und Vertrauen in die eigenen Stärken Auch wenn einige Aspekte wie der Fachkräftemangel oder die internationale Anbindung Sorgen bereiten, zeigt sich insgesamt ein positives Bild. Man glaubt an die eigenen Stärken, beschäftigt sich intensiv mit dem digitalen Wandel und mit technologischen Trends und strebt nach Nachhaltig- keit. Auch halten sich die Schweizer Unternehmen grösstenteils für innovativ und agil – ob diese Einschätzungen auch der Realität entsprechen und sie tatsächlich für weiteres Wachstum gut aufgestellt sind, wird die Zukunft zeigen. Schweizer Wirtschaftsführende schauen aktuell ziemlich optimistisch in die Zukunft. 31.08.21 New Horizons 4
NEW HORIZONS – WIE BLICKEN SCHWEIZER UNTERNEHMEN IN DIE ZUKUNFT ? Im Vorfeld des SEF.2021 wollte das Swiss Economic Forum wissen, welche Themen Schweizer Unternehmen beschäftigen und wie zuversichtlich Führungspersönlichkeiten in die Zukunft blicken. Auf welche Trends und Werte fokussieren sie sich? Wo sehen sie erfolgversprechende Neuerungen und wie gehen sie mit Innovationen und Nachhaltigkeit um? Insgesamt nahmen 422 Personen an dieser Befragung teil, welche vom 23. Juni bis 15. Juli durchgeführt wurde. Von den befragten Führungspersonen agieren 63% in der Geschäftsleitung, 18% im Verwaltungsrat und 11% im oberen Kader ihrer Unternehmen. 41% der Befragten arbeiten in Kleinunternehmen (weniger als fünfzig Angestellte), 25% in mittleren Unternehmen und 34% in einem Grossunternehmen (ab 250 Angestellte). 64% sind im Dienstleistungsbereich, 25% in der Industrie tätig. Digitalisierung, Nachhaltigkeit und geschäftliche Optimierungen als treibende Themen Abbildung 1: Wortwolke zu Themen, die Schweizer Unternehmen in den nächsten drei Jahren beschäftigen 31.08.21 New Horizons 5
« Innovationsfähigkeit ist der Motor einer erfolgreichen Schweiz. Durch die Pandemie gebeutelte KMU müssen schauen, dass Sie den Anschluss nicht verpassen und genügend in Forschung & Innovation investieren.» PETER A. FISCHER Chefökonom NZZ 31.08.21 New Horizons 6
Mit folgender offenen Frage sollte möglichst ohne Einschränkungen erhoben werden, was Schweizer Firmen aktuell bewegt: «Welche Themen werden Ihr Unternehmen in den nächsten drei Jahren besonders beschäftigen?» Die Abbildung 1 gibt einen ersten Überblick der Antworten auf diese Frage. Je häufiger ein Begriff genannt wurde, desto grösser ist er abgebildet. Werden die einzelnen Nennungen zu Oberkategorien zusammengefasst, fallen 21% in die Kategorie Digitalisierung und 12% in die Kategorie Nachhaltig- keit, was die grosse Bedeutung dieser beiden Themen für Schweizer Unternehmen einmal mehr unterstreicht. Eine Analyse auf detaillierterer Ebene zeigt, dass bei der Digitalisierung künstliche Intelligenz, aber auch Cybersecurity/Datenschutz sowie Cryptocurrency häufig genannt wurden. Bei der Nachhaltigkeit sind dagegen neben Energie und CO2-Reduktion kaum konkretere Themen zur Sprache gekommen. Weitere häufig erwähnte Themen gehören zu klassischen Geschäftsbereichen wie Mitarbeitende (10%), Innovation (7%), Finanzen (5%), Internationalität (5%), Unternehmens- strategie (4%) und wirtschaftliches Wachstum (4%). Auf der detaillierten Ebene finden sich hier häufig Nennungen zu Rekrutierung, Fachkräftemangel und neue Arbeitsformen. SEF.Barometer: Positiver Ausblick für das eigene Unternehmen, aber Fachkräftemangel macht Sorgen Weltweit hat die Wirtschaft unter Covid-19 gelitten. Im Rahmen dieser Studie sollte in Erfahrung gebracht werden, wie die Befragten die Entwicklung von wirtschaftlich relevanten Aspekten nach der Pandemie beurteilen: «Bitte schätzen Sie ein, wie sich folgende Aspekte in den nächsten zwölf Monaten für Ihr Unternehmen in der Schweiz entwickeln werden. Was bleibt gleich, wo gibt es Verbesserungen oder Verschlechterungen?» Vorwiegend positiv sind die Einschätzungen in Hinblick auf die eigene Wettbewerbsfähigkeit (61%), die wirtschaftliche Situation (55%) und die Marktchancen (51%) (siehe Abbildung 2). Kleinere und mittlere Unternehmen sind diesbezüglich besonders optimistisch. Für den Aspekt «Potenzial zum nachhaltigen Wirtschaften» wird mit 62% noch häufiger eine positive Entwicklung vorausgesagt. Eine vermehrt optimistische statt pessimistische Sicht findet sich bei der Chancengleichheit (48%) und den Rahmenbedingungen für Innovationen (35%). Das Gegenteil ist beim Marktzugang und der Währungssituation der Fall. Hier gibt es neben vielen neutralen Stimmen mit 28% beziehungs- weise 22% mehr negative Prognosen. Beides ist am stärksten bei international ausgerichteten Unternehmen ausgeprägt. 31.08.21 New Horizons 7
Auch die Entwicklung der steuerlichen Rahmenbedingungen (30%) und allgemein jene des Wirtschaftsstandortes Schweiz (37%) werden kritisch betrachtet. Das hängt vermutlich mit dem Abbruch der Verhandlungen zum Rahmenabkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union (EU) zusammen. Die meisten negativen Einschätzungen geben die Befragten schliesslich bei den gesetzlichen Regulierungen (45%) und der Verfügbarkeit von qualifiziertem Personal (48%) ab. Das könnte zu einem gewissen Grad auf die Coronapandemie zurückzuführen sein. 0% 20% 40% 60% 80% 100% Potenzial für nachhaltiges Wirtschaften 33,2% 47,6% 14,7% Eigene Wettbewerbsfähigkeit 6,4% 33,1% 47,4% 13,1% Eigene wirtschaftliche Situation 8,5% 34,6% 38,9% 16,1% Marktchancen im relevanten Geschäftsbereich 8,3% 39,3% 38,8% 11,9% Chancengleichheit für Mitarbeitende 48,5% 42,5% 5,0% Rahmenbedingungen für Innovationen 12,6% 49,5% 28,9% 6,2% Marktzugang 6,7% 21,2% 53,5% 15,3% Währungssituation 20,3% 73,7% Rahmenbedingungen Wirtschaftsstandort Schweiz 5,5% 31,3% 46,0% 14,9% Steuerliche Rahmenbedingungen 5,0% 25,4% 64,0% 5,5% Gesetzliche Regulierungen 12,6% 31,9% 50,2% Verfügbarkeit von qualifiziertem Personal 9,7% 38,7% 46,1% 5,2% verschlechtert sich deutlich verschlechtert sich etwas bleibt in etwa gleich verbessert sich etwas verbessert sich deutlich Abbildung 2: Einschätzung zur Entwicklung von wirtschaftlichen Faktoren In Zukunft sollen diese Einschätzungen im Rahmen des SEF.Barometers jährlich erhoben werden, was eine regelmässige Standortbestimmung der Unternehmensaussichten ermöglicht. Der Gesamt- index 1 des Barometers beträgt im Jahr 2021 +5,5 und liegt somit im positiven Bereich. Eine Ver- ringerung oder Steigerung dieses Wertes im Zuge der Erhebungen in den nächsten Jahren sollte jeweils ein valides Bild vermitteln, wie zuversichtlich die Schweizer Unternehmen im Moment in die Zukunft blicken. Die Werte für die einzelnen Aspekte geben zudem einen Hinweis darauf, was mehr oder weniger zur entsprechenden Zuversicht beiträgt. Der Gesamtindex des Barometers wird als Mittelwert aller Werte berechnet, die theoretisch zwischen -100 (100% „ver- 1 schlechtert sich deutlich“) bis +100 („100% verbessert sich deutlich“) schwanken können. 31.08.21 New Horizons 8
Basierend auf einer Faktorenanalyse der Daten lassen sich die Aussagen in vier Kategorien einteilen, die folgendermassen umschrieben werden können: 1. Eigene Stärke: eigene Wettbewerbsfähigkeit, eigene wirtschaftliche Situation, Marktchancen im relevanten Geschäftsbereich 2. Lokale Rahmenbedingungen: gesetzliche Regulierungen, steuerliche Rahmenbedingungen, Verfügbarkeit von qualifiziertem Personal, Rahmenbedingungen für Innovationen, Rahmen- bedingungen Wirtschaftsstandort Schweiz 3. Fairness & Nachhaltigkeit: Chancengleichheit für Mitarbeitende, Potenzial für nachhaltiges Wirtschaften 4. Wirtschaften mit dem Ausland: Währungssituation, Marktzugang Innovativ, agil, nachhaltig und divers – zumindest in der Eigenbewertung 0% 20% 40% 60% 80% 100% Mein Unternehmen steht bezüglich Innovations- 7,8% 8,8% 36,3% 27,8% 18,1% fähigkeit im Vergleich zur Konkurrenz gut da. Mein Unternehmen ist agil und kann schnell auf 6,7% 10,7% 33,8% 25,7% 21,7% neue Gegebenheiten reagieren. Nachhaltigkeitsaspekte werden auch für mein 5,3% 11,7% 29,9% 23,0% 26,6% Unternehmen immer wichtiger. Diversität in unserer Belegschaft (z. B. hinsichtlich 6,4% 14,6% 27,4% 22,4% 24,6% Herkunft, Geschlecht, Alter) ist vorteilhaft für unser Wirken. – 3 = stimme überhaupt nicht zu –2 –1 0 = teils-teils +1 +2 +3 = stimme voll und ganz zu Abbildung 3: Zustimmung zu Aussagen über das eigene Unternehmen 31.08.21 New Horizons 9
In der Idealvorstellung ist ein modernes Unternehmen innovativ, agil und achtet auf die Nach- haltigkeit sowie eine vielfältige Zusammensetzung der Mitarbeitenden. Aber entspricht dies – zumindest in der Eigeneinschätzung – der Realität? Wir wollten von Teilnehmenden der Befragung wissen, wie sehr Aussagen zu diesen Aspekten auf ihr Unternehmen zutreffen (Skala: -3 = stimme überhaupt nicht zu / 0 = teils-teils / +3 = stimme voll und ganz zu). Gemäss der befragten Stichprobe scheinen Schweizer Unternehmen mehrheitlich dem idealen Bild zu entsprechen (siehe Abbildung 3): Mindestens 80% stimmen den Aussagen zur Innovations- fähigkeit, Agilität und Nachhaltigkeit zu. 75% beurteilen die Diversität in der Belegschaft als vor- teilhaft, nur 11% stimmen hier nicht zu. Kleine Unternehmen mit weniger als fünfzig Mitarbeitenden halten sich für besonders innovativ und agil, bestätigen aber die Aussagen zur Nachhaltigkeit und Diversität seltener. Der Aspekt der Innovationsfähigkeit wurde weiter vertieft, indem den Studienteilnehmenden zusätzlich Aussagen zu Voraussetzungen für die Entstehung von Innovation vorgelegt wurden (Abbildung 4). Hohe Zustimmung hat die Aussage zu kurzen und schnellen Entscheidungswegen erhalten. Auch beim Mut zum Neuen in der Geschäftsleitung und dem unkomplizierten Einbringen von Ideen stimmen jeweils über 90% zu. Besonders ausgeprägt sind die entsprechenden Zustim- mungen bei den Vertretern der Geschäftsleitungen. 29% sind der Meinung, dass es an Mitteln zur Entwicklung von Innovationen fehlt. Dies ist ins- besondere in Kleinunternehmen der Fall (42%). Zudem geben 16% der Befragten an, dass es in ihren Organisationen an Kenntnissen zur Wettbewerbssituation mangelt. Allen anderen Aussagen zu den Innovationsvoraussetzungen wird häufiger zugestimmt. Dies ist insbesondere bei Kleinunternehmen der Fall, wo 42% der Befragten dies so einschätzen. Auch sind hier die Kenntnisse zur Wettbewerbssituation weniger ausgeprägt, während man bei den anderen Aussagen zu den Innovationsvoraussetzungen häufiger zustimmt. 31.08.21 New Horizons 10
0% 20% 40% 60% 80% 100% Die Geschäftsleitung hat Mut für Neues. 18,0% 37,9% 36,3% Mitarbeitende können unkompliziert 23,8% 36,1% 34,0% Ideen und Vorschläge einbringen. Unsere Mitarbeitenden zeigen ein hohes Mass 6,0% 10% 32,1% 30,6% 19,6% an Engagement und Eigeninitiative. Wir haben sehr detaillierte Kenntnisse 12,7% 13,9% 26,6% 29,7% 13,9% über die Wettbewerbssituation. Wir haben schnelle und kurze 6,9% 6,0% 16,7% 23,1% 45,5% Entscheidungswege. „Outside the box“-Denken wird 6,2% 13,9% 33,0% 23,7% 21,1% gefördert und belohnt. Wir haben genügend Mittel, um die 5,8% 6,7% 16,5% 14,4% 24,2% 19,7% 12,7% für Innovationen notwendige Forschung und Entwicklung zu finanzieren. – 3 = stimme überhaupt nicht zu –2 –1 0 = teils-teils +1 +2 +3 = stimme voll und ganz zu Abbildung 4: Einschätzung zu Voraussetzungen für Innovationsfähigkeit 31.08.21 New Horizons 11
« Die Schweizer Unternehmen sind sich ihrer Stärken bewusst und wissen diese zu nutzen. Zu- gleich verschliessen sie nicht die Augen vor den substantiellen Anpassungen, die auf sie zukommen. Das stimmt optimistisch.» PROF. DR. CHRISTIAN FICHTER Forschungsleiter der Kalaidos Fachhochschule 31.08.21 New Horizons 12
Die grössten Potenziale werden in der Dienstleistungs- branche bei der künstlichen Intelligenz, in der Industrie weiterhin bei der Automatisierung gesehen 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% Automatisierung 55,7% 40,4% 34,9% Individualisierte Kundenansprache 47,8% 31,1% Künstliche Intelligenz 55,7% 29.2% Big Data Analytics 45,2% 19,8% Cloud-Services 30,7% 33,0% IoT (Internet of Things) 21,1% Circular Economy / Kreislaufwirtschaft 24,5% 14,1% 8,5% Datenschutz 23,7% 19,8% Outsourcing / Auslagerung von Arbeitsschritten 18,9% Robotik 30,2% 13,0% 17,9% Green Tech 14,8% 8,5% Cybersecurity 23,0% 5,7% Sharing Economy 14,4% Just-in-time-Produktion 27,4% 3,0% Elektromobilität 14,2% 7,0% 1,9% Blockchain 13,0% Batterie-/ Akkutechnologien 10,4% 5,9% 3D-Druck 15,1% 4,1% Gentechnik 10,4% 4,8% Nano-Tech / Micro-Engineering 12,3% 4,1% Maschinenbau 15,1% 1,1% 2,8% 5G-Mobilfunk 5,9% Industrie / Herstellung von Waren Dienstleistungsbranche Abbildung 5: Chancenpotenziale bei Technologien und Geschäftsprozessen 31.08.21 New Horizons 13
Welche Chancen sehen die Studienteilnehmenden bei technischen Entwicklungen und Anpas- sungen von Geschäftsmodellen? Aus 22 Möglichkeiten durften sie maximal fünf auswählen, die für ihr Unternehmen besonders interessant sind. Wie in Abbildung 5 ersichtlich, ist die Automatisierung bei der Industrie mit 56% klare Spitzen- reiterin. Die individualisierte Kundenansprache (35%) und das Internet of Things (33%) folgen vor der künstlichen Intelligenz (31%) und der Robotik (30%). Mit 51% wird die künstliche Intelligenz in der Dienstleistungsbranche am häufigsten gewählt. Grosses Potenzial wird hier auch in der individualisierten Kundenansprache (48%) und in Big Data Analytics (45%) gesehen. Im Vergleich zur SEF.Studie «Chancenland Schweiz», die 2020 durchgeführt wurde, liegt neu Automatisierung insgesamt an erster Stelle (2020 auf dem vierten Platz). Sowohl in der Dienstleistungsbranche wie auch der Industrie wurde sie 2021 häufiger gewählt. Die Bedeutung von Datenschutz und Circular Economy nehmen ebenfalls zu. Gleichzeitig verlieren Blockchain und 5G-Mobilfunk auf relativ tiefem Niveau weiter an Gewicht. Während in der Dienstleistungsbranche individualisierte Kundenansprache und Datenschutz häufiger als Chance gesehen werden, ist das bei der Industrie vor allem bezüglich Robotik und Outsourcing der Fall. Bei der Interpretation der Daten muss berücksichtigt werden, dass nicht alle der abgefragten Technologien und Ansätze für alle Unternehmen infrage kommen. Gentechnik wird etwa von Studienteilnehmenden der Chemie- und Pharmabranche mit 46% häufig gewählt, über die gesamte Stichprobe gesehen jedoch relativ selten. Bei den Nachhaltigkeitszielen legt eine Mehrheit der Unternehmen einen Fokus auf Geschlechtergleichheit und hochwertige Bildung Die von den Vereinten Nationen definierten siebzehn Sustainable Development Goals (SDGs) sollen bis 2030 global und von allen UNO-Mitgliedstaaten erreicht werden. Welche Rolle spielen diese Ziele für die befragten Unternehmen? Den Teilnehmenden der Befragung wurden alle sieb- zehn Nachhaltigkeitsziele inklusive einer kurzen Beschreibung (siehe Anhang) präsentiert und die Frage «Welche SDGs berücksichtigen Sie künftig in Ihrer Unternehmensstrategie? Auf welche legen Sie einen speziellen Fokus?» gestellt. Die Antworten zeigen, dass vor allem die Geschlech- tergleichheit, der Aufbau einer widerstandsfähigen und nachhaltigen Industrie und Infrastruktur sowie die Bildung grosse Beachtung in den Organisationen finden. Jeweils mehr als 50% der Be- fragten geben an, dass die einzelnen Themen Schwerpunkte in ihrer Unternehmensstrategie sind (Abbildung 6). Es wird vermutet, dass häufig diejenigen Ziele einen Fokus erhalten, die auch mit vertretbarem Aufwand verfolgt und relativ direkt beeinflusst werden können. 31.08.21 New Horizons 14
Weitere SDGs, die stark berücksichtigt werden, sind menschenwürdige Arbeit, Gesundheit und Klimaschutz. Anschliessend folgen die Ziele zu verantwortungsvollem Konsum, sauberer Energie und zum Eingehen von Partnerschaften. Diesen wird jeweils in der Strategie von mindestens zwei Dritteln der Befragten zumindest Rechnung getragen. Andere der definierten SDGs wie «Leben unter Wasser» sind für Unternehmen naturgemäss weniger relevant, oder falls doch, nur für ganz bestimmte Branchen. Allgemein sind bei einzelnen Zielen Unterschiede in den Branchen zu beobachten. Beispielsweise sind in der Baubranche die Gesundheit sowie das Wohlergehen und in der Energie- und Wasserversorgung saubere Energie und Klimaschutz besonders hoch gewichtet. Die Unterschiede zwischen kleinen und grossen Unternehmen sind überwiegend vernachläs- sigbar, nur wenige Ziele wie der Klimaschutz, saubere Energie und die Geschlechtergleichheit werden bei Grossunternehmen deutlicher in den Fokus gerückt. 0% 20% 40% 60% 80% 100% Geschlechtergleichheit 11,6% 30,3% 58,1% Industrie, Innovation und Infrastruktur 12,1% 30,5% 57,4 % Hochwertige Bildung 11,6% 36,1% 52,3% Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum 10,7% 40,0% 48,9% Gesundheit und Wohlergehen 12,8% 40,0% 47,2% Massnahmen zum Klimaschutz 16,2% 44,1% 39,7% Verantwortungsvoller Konsum und Produktion 20,6% 47,0% 32,4% Bezahlbare und saubere Energie 28,6% 41,6% 29,8% Partnerschaften zur Erreichung der Ziele 28,3% 43,3% 28,3% Nachhaltige Städte und Gemeinden 45,3% 35,4% 19,4% Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen 47,0% 34,9% 18,2% Sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen 49,9% 32,7% 17,4% Leben an Land 46,7% 38,7% 14,5% Weniger Ungleichheiten 55,3% 31,6% 13,0% Keine Armut 60,3% 31,0% 8,7% Kein Hunger 67,3% 24,9% 7,7% Leben unter Wasser 68,8% 23,5% 7,7% betrifft uns nicht / ist für unser Unternehmen nicht relevant wird zumindest teilweise berücksichtigt hierauf legt unser Unternehmen einen klaren Schwerpunkt Abbildung 6: Berücksichtigung der SDGs bei der Unternehmensstrategie 31.08.21 New Horizons 15
FAZIT Insgesamt blicken die befragten Schweizer Unternehmen zuversichtlich in die Zukunft und gehen Herausforderungen wie den digitalen Wandel und die Bestrebungen zur Nachhaltigkeit aktiv an. Auf die Frage, was die Unternehmen in den kommenden Jahren beschäftigt, wurden diese Themen am häufigsten genannt. Nach einer von den Auswirkungen der Coronapandemie geprägten Zeit zeigt sich vorsichtiger Optimismus bezüglich der künftigen Entwicklung. Dies vor allem mit Blick auf die eigene Wettbewerbsfähigkeit und wirtschaftlichen Trends. Weniger Zuversicht herrscht hinsichtlich Faktoren, die sich nicht direkt beeinflussen lassen. Dazu zählen die Währungssituation oder die allgemeinen Rahmenbedingungen des Wirtschaftsstandortes Schweiz. Letzteres scheint auch eine Folge des Abbruchs der Verhandlungen zum Rahmenabkommen zwischen der Schweiz und der EU zu sein. Skeptisch zeigen sich die Studienteilnehmenden auch hinsichtlich der Steuern und gesetzlichen Regulierungen. Das ist auf verschiedene Umstände wie die internationalen Bestrebungen zur Mindestbesteuerung von Unternehmen oder die Unsicherheit bezüglich der Entwicklung der Coronapandemie sowie der damit zusammenhängenden Massnahmen zurück- zuführen. Besonders negativ wird die Entwicklung betreffend der Verfügbarkeit von qualifiziertem Personal beurteilt. Das ist offenbar eine Problematik, die sich noch verschärfen könnte. In der Eigeneinschätzung zu Aspekten wie Innovationsfähigkeit, Agilität und Diversität sind die Befragten sehr selbstbewusst, vor allem die Geschäftsleitungsmitglieder. Die Voraussetzungen für innovative Entwicklungen scheinen weitgehend gegeben zu sein, und das Potenzial von Technologien wie Automatisierung, künstlicher Intelligenz und individualisierter Kundenan- sprache wird klar erkannt. Inwieweit dies auch tatsächlich zu Innovation und gesundem wirt- schaftlichem Wachstum führt, oder ob die aktuelle Selbstbeurteilung zu optimistisch ausfällt, wird die Zukunft zeigen. Die Schweizer Unternehmen der Stichprobe sind langfristig orientiert und berücksichtigen viele der siebzehn von den Vereinten Nationen definierten Sustainable Development Goals in ihren Geschäftsstrategien. Einige dieser Ziele können von den Organisationen jedoch nur sehr beschränkt direkt verfolgt werden. Andere Ziele wie die Geschlechtergleichheit sowie gute Aus- und Weiterbildung sind dagegen einfacher umsetzbar und werden deshalb häufiger als Handlungsschwerpunkte definiert. Zusammenfassend scheinen zahlreiche Schweizer Unterneh- men ihre Verantwortung bezüglich Nachhaltigkeit wahrzunehmen und setzen entsprechende Schritte um. 31.08.21 New Horizons 16
Anhang: Beschreibungen Sustainable Development Goals Ziel 1: Keine Armut – Armut in allen ihren Formen und überall beenden Ziel 2: Kein Hunger – Den Hunger beenden, Ernährungssicherheit und eine bessere Ernährung erreichen und eine nachhaltige Landwirtschaft fördern Ziel 3: Gesundheit und Wohlergehen – Ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters gewährleisten und ihr Wohlergehen fördern Ziel 4: Hochwertige Bildung – Inklusive, gleichberechtigte und hochwertige Bildung gewährleisten und Möglichkeiten lebenslangen Lernens für alle fördern Ziel 5: Geschlechtergleichheit – Geschlechtergleichstellung erreichen und alle Frauen und Mädchen zur Selbstbestimmung befähigen Ziel 6: Sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen – Verfügbarkeit und nachhaltige Bewirtschaftung von Wasser und Sanitär- versorgung für alle gewährleisten Ziel 7: Bezahlbare und saubere Energie – Zugang zu bezahlbarer, verlässlicher, nachhaltiger und moderner Energie für alle sichern Ziel 8: Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum – Dauerhaftes, breitenwirksames und nachhaltiges Wirt- schaftswachstum, produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle fördern Ziel 9: Industrie, Innovation und Infrastruktur – Eine widerstandsfähige Infrastruktur aufbauen, breitenwirksame und nachhaltige Industrialisierung fördern und Innovationen unterstützen Ziel 10: Weniger Ungleichheiten – Ungleichheit in und zwischen Ländern verringern Ziel 11: Nachhaltige Städte und Gemeinden – Städte und Siedlungen inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig gestalten Ziel 12: Verantwortungsvoller Konsum und Produktion – Nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sicherstellen Ziel 13: Massnahmen zum Klimaschutz – Umgehend Massnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und seiner Auswirkungen ergreifen Ziel 14: Leben unter Wasser – Ozeane, Meere und Meeresressourcen im Sinne nachhaltiger Entwicklung erhalten und nachhaltig nutzen Ziel 15: Leben an Land – Landökosysteme schützen, wiederherstellen und ihre nachhaltige Nutzung fördern, Wälder nachhaltig bewirtschaften, Wüstenbildung bekämpfen, Bodendegradation beenden und umkehren und dem Verlust der biologischen Vielfalt ein Ende setzen Ziel 16: Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen – Friedliche und inklusive Gesellschaften für eine nachhaltige Entwicklung fördern, allen Menschen Zugang zur Justiz ermöglichen und leistungsfähige, rechenschaftspflichtige und inklusive Institutionen auf allen Ebenen aufbauen Ziel 17: Partnerschaften zur Erreichung der Ziele – Umsetzungsmittel stärken und die Globale Partnerschaft für nachhaltige Entwicklung mit neuem Leben erfüllen 31.08.21 New Horizons 17
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