Seroepidemiologische Untersuchungen zur Verbreitung von Chlamydia psittaci und Coxiella burnetii bei Schafen und Ziegen in der Steiermark
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Vet. Med. Austria / Wien. Tierärztl. Mschr. 92 (2005), 114 - 118 Aus der Fachabteilung 8C - Veterinärwesen beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung1, dem Institut für Ange- wandte Statistik und Systemanalyse der Joanneum Research2, Graz und aus der Österreichischen Agentur für Gesund- heit und Ernährungssicherheit3, Veterinärmedizinische Untersuchungen Mödling Seroepidemiologische Untersuchungen zur Verbreitung von Chlamydia psittaci und Coxiella burnetii bei Schafen und Ziegen in der Steiermark P. WAGNER1, A. DEUTZ1, K. FUCHS2, M. MÜLLER3, W. SCHULLER3 und J. KÖFER1 eingelangt am 1.9.2004 angenommen am 3.6.2005 Schlüsselwörter: Schafe, Ziegen, Coxiella burnetii, Keywords: sheep, goats, Coxiella burnetii, Chlamydia Chlamydia psittaci, Epidemiologie, Zoonosen. psittaci, epidemiology, zoonoses. Zusammenfassung Summary Coxiella burnetii und Chlamydia psittaci (nach neuer Seroepidemiological study on the spread of Chlamy- Nomenklatur Chlamydophila psittaci und Ch. abortus) dia psittaci and Coxiella burnetii in Styrian sheep and verursachen nicht nur große Schäden in der Schaf- und goat farms Ziegenhaltung durch die von ihnen induzierten Abortus- fälle, sondern sind auch als bedeutende Zoonoseerreger Introduction anzusehen. Im Zuge einer statistisch abgesicherten Stich- Coxiella burnetii and Chlamydia psittaci not only cause probenuntersuchung wurden 744 Blutproben aus 70 considerable damage to sheep and goat farms by causing steirischen Schaf- und 30 Ziegenbetrieben mittels KBR auf abortions but must also be regarded as major zoonotic das Vorkommen von Antikörpern gegen C. burnetii und Ch. pathogens. psittaci untersucht. Zusätzlich erfolgte in den Betrieben Methods and results eine Erhebung epidemiologisch relevanter Daten mittels A total of 744 blood samples from 70 Styrian sheep and eines Fragebogens. Bei der Blutuntersuchung wurden in 30 goat farms were tested for antibodies to C. burnetii and 5,7 % der untersuchten Proben Antikörper gegen Ch. Ch. psittaci based on a statistical sampling plan. Addition- psittaci und in 1,5 % gegen C. burnetii festgestellt. In 14 der al epidemiologically relevant data were collected at the untersuchten 70 Schafbetriebe befanden sich seropositive farms using a questionnaire. The blood analyses showed Tiere mit Antikörpern gegen Ch. psittaci, in 2 Betrieben that 5.7 % of the samples tested contained antibodies to gegen C. burnetii und in einem Betrieb gegen beide Ch. psittaci and 1.5 % contained antibodies to C. burnetii Erreger. Unter Zugrundelegung dieser Ergebnisse kann für (CFT). Seropositive animals with antibodies to Ch. psittaci das Bundesland Steiermark mit einem Konfidenzintervall were detected at 14 of the 70 sheep farms inspected, anti- von 95 % eine Herdenprävalenz von 11,4-31,3 % für Ch. bodies to C. burnetii were detected at 2 farms and anti- psittaci und von 0,4-9,9 % für C. burnetti geschätzt werden. bodies to both pathogens at 1 farm. On the basis of these Von den 30 untersuchten Ziegenbetrieben waren in 5 results, herd prevalence for Styrian sheep farms can be Betrieben Tiere mit Antikörpern gegen Ch. psittaci und in estimated at 11.4-31.3 % for Ch. psittaci and at 0.4-9.9 % weiteren 5 Betrieben solche mit Antikörpern gegen C. bur- for C. burnetii based on a confidence interval of 95 %. Ani- netii nachweisbar. Für steirische Ziegenbetriebe kann mals with antibodies to C. psittaci were detected at 5 goat daher für beide Erreger mit 95 %-iger Wahrscheinlichkeit farms and antibodies to C. burnetii at another 5 of the 30 eine Herdenprävalenz von 5,6-34,7 % angenommen wer- goat farms inspected. For Styrian goat farms, a herd preva- den. Hinsichtlich der Auswertung der Fragebogendaten lence of 5.6-34.7 % can thus be estimated for both ergaben sich keine Hinweise auf epidemiologische pathogens with 95 % probability. Zusammenhänge zwischen einzelnen Parametern und Conclusion den Seroprävalenzen gegen Chlamydien und Coxiellen. Human chlamydiosis is one of the most common Ausgehend von diesen Ergebnissen werden Daten aus zoonoses (“atypical” pneumonia or, more rarely, abortion) seroepidemiologischen Untersuchungen prädisponierter with a serious risk of infection - as is also the case for Q- Personen auf Chlamydiosen und Q-Fieber in der Steier- fever - resulting from obstetrics or placenta removal in mark sowie Vorbeugemaßnahmen diskutiert. small ruminants. Essential preventive measures include the use of protective gloves and avoiding excessive dust exposure. Pregnant women should keep away from animal Abkürzungen/Abbreviations: C = Coxiella; Ch. = Chlamydia; cELI- SA = competitive enzyme-linked immunosorbent assay; CFT = houses, at least on suspect farms to avoid infections with complement fixation test; ELISA = enzyme-linked immunosorbent Ch. psittaci. The high tenacity of C. burnetii must also be assay; KBR = Komplementbindungsreaktion; OIE = Internationa- taken into account. les Tierseuchenamt 114
Vet. Med. Austria / Wien. Tierärztl. Mschr. 92 (2005) Einleitung (DEUTZ et al., 1996), wobei 2 Tierärzte mit positiven Titern anamnestisch schwere Pneumonien angaben, die 1 bis 2 Jahre zurücklagen. Ch. abortus hat offenbar auch eine Chlamydiosen hohe Affinität zur humanen Plazenta und kann bei Entgegen der älteren Bezeichnung „Ornithose oder Schwangeren eine grippeähnliche Erkrankung verursa- Psittakose“ ist Ch. psittaci, der Erreger der Chlamydiose, chen, in deren Verlauf es zum Abortus kommt. nicht nur bei 130 Vogelarten, sondern auch bei vielen Säu- getierspezies weltweit verbreitet (NICOLET, 1985). In Q-Fieber unseren Breiten dürften neben den als Stubenvögel gehal- Auch Coxiella (C.) burnetii, der Erreger des Q-Fiebers, tenen Psittaciden und dem Wirtschaftsgeflügel (KRAUSS, zeichnet sich durch ein sehr breites Wirtsspektrum, rei- 1982) vornehmlich Rinder, Schafe und Ziegen (POSPISIL chend von Zecken- und Insektenarten über zahlreiche et al., 1980; TONTIS u. ZWAHLEN, 1991; WEBER, 1991), Säugetier- und Vogelspezies bis zum Menschen (DEDIE et zunehmend aber auch Hunde und Katzen (KNORR u. al., 1993), aus. Von den Haustieren sind hauptsächlich WEBER, 1992) die bedeutendsten Reservoire dieser Zoo- Wiederkäuer, aber auch Hunde (KRAUSS, 1982) befallen. nose darstellen. C. burnetii hat spezifische Eigenschaften, wie obligat intra- Bei der Chlamydiose des Schafes ist die wichtigste kli- zelluläre Vermehrung, hohe Resistenz gegenüber chemi- nische Manifestation der durch Chlamydophila (C.) abor- tus (früher Serotyp 1 von Chlamydia psittaci) verursachte schen und physikalischen Einflüssen sowie zeckenvermit- Abort. In Deutschland steht der Chlamydienabort in der telte Zyklen unter Wildtieren. Statistik der diagnostizierten infektiösen Schafaborte an Bei Tieren verläuft die Infektion meist inapparent. Rinder erster Stelle (WITTENBRINK, 2001). Auch in der Schweiz und Schafe können jedoch aufgrund der Infektion abortie- ist Ch. abortus der häufigste nachweisbare Abortuserreger ren, wobei große Erregermengen mit den Lochien ausge- mit 39 % bei Schafen und 23 % bei Ziegen (CHANTON- schieden werden. Dies ist auch bei anscheinend unauffäl- GREUTMANN et al., 2002). Bei Erstinfektion einer Herde ligen Geburten möglich. In der Schweiz ist C. burnetii mit kommt es meist bei 20 - 30 % der tragenden Mutterschafe 10 % bei der Ziege und 1 % beim Schaf (CHANTON- zum Abort. Infizierte Tiere abortieren zumeist nur einmal, GREUTMANN et al., 2002) nach den Chlamydien und da die ursächliche plazentare Infektion und die persistie- Toxoplasmen der dritthäufigste Abortuserreger bei kleinen rende genitale Infektion eine lebenslange belastbare, Hauswiederkäuern. jedoch nicht sterile Immunität induzieren. In chronisch infi- Infizierte Schafe und Ziegen scheiden Coxiellen über zierten Herden abortieren deshalb meist nur noch Schafe Fruchtwasser, Lochien und Eihäute, Milch, Kot, Harn und in der ersten Trächtigkeit (WITTENBRINK, 2001). Speichel aus. Da die ausgeschiedenen Erreger eine hohe Die Einschleppung des Erregers in gesunde Herden Tenazität aufweisen, bilden sie nach Austrocknen der erfolgt durch Zukauf infizierter Tiere. Bei Abortusfällen wer- Exkrete und Sekrete einen hochinfektiösen Staub. Trocken- den mit der ausgestoßenen Frucht sowie mit den Frucht- heit und Wind begünstigen die Ausbreitung von Coxiellen hüllen und dem Lochialsekret massenhaft Chlamydien mit aufgewirbeltem Staub. In Käse aus nicht pasteurisierter ausgeschieden. Dies kann aber auch im Zuge der Geburt Milch sind 1 - 2 Monate vermehrungsfähige Coxiellen nach- von lebenden Lämmern geschehen. Die Infektion erfolgt weisbar (SELBITZ, 2001). Zeckenkot kann große Erreger- zumeist oral, z. B. mit kontaminiertem Futter, aus der Ein- mengen (bis 1010 infektiöse Einheiten/Gramm) enthalten. streu oder mit Tränkewasser sowie aerogen durch Inhalati- Zecken, die lebenslang infiziert bleiben und die Erreger on von erregerhaltigen Aerosolen. Die überwiegend auch transovariell auf die Nachkommen übertragen, bilden sekundär kontaminierte Milch ist eine wichtige Infektions- mit freilebenden Wirbeltieren (Nagetiere und Wild) Natur- quelle für Sauglämmer (WITTENBRINK, 2001). herde (DEDIE et al., 1993). Chlamydien haben eine geringe Tenazität (empfindlich Der häufigste Infektionsweg für den Menschen mit dem gegen Austrocknung; Inaktivierung bei Raumtemperatur zugleich schwersten Krankheitsverlauf ist die aerogene innerhalb von 48 - 72 h). Erregerhaltiges organisches Mate- Infektion (Lochialsekret, Wollstaub, Rinderhäute usw.), rial (Nachgeburt, Scheidensekret) oder Einstreu bleiben bei wobei Coxiellen im Staub bis zu 2 Jahre infektionsfähig üblichen Umgebungstemperaturen etwa 10 bis 25 Tage in- bleiben. Daneben finden Infektionen über erregerhältige fektiös. Wirksame Desinfektionsmittel sind Formaldehydlö- Milch sowie über Zeckenkot statt (WEBER, 1991; DEDIE sung 1,15 %ig, Natronlauge 3 %ig und Chloramin 3 %ig et al., 1993). Der umstrittene kutane Infektionsweg ist beim sowie Aldehyde (WITTENBRINK, 2001). Menschen nur bei Hautverletzungen zu erwarten (Tierge- Die Symptome beim Menschen nach Infektion mit Ch. burtshilfe!). Beim Menschen treten vor allem interstitielle psittaci reichen von leichten, grippeähnlichen Erkrankun- Pneumonie und heftige Kopfschmerzen auf. Seltener wur- gen (hohe Dunkelziffer!) bis zu akut-toxischen Krankheits- den zentralnervale Störungen und Enzephalitiden beob- bildern mit hohem Fieber, pneumonischen Infiltraten, achtet, konnten aber im Untersuchungsgebiet vor einigen schwersten Kopfschmerzen, Myalgien und Arthralgien vor- Jahren nachgewiesen werden (LADURNER et al., 1975; wiegend im Hals- und Rückenbereich (DEDIE et al., 1993), TISSOT-DUPONT et al., 1992). Das akute Q-Fieber heilt häufig sind pulmonale Beteiligungen (atypische Lungen- meist nach 1-2 Wochen aus, seltenere chronische Fälle entzündungen) und Konjunktivitiden (WEBER, 1991). können zu Hepatitiden und Endokarditiden führen. Bei Gelenks- und Muskelschmerzen treten besonders im Hals- rund der Hälfte der Infizierten ist der Verlauf inapparent, und Rückenbereich auf. Der Husten ist meist unauffällig vor allem nach oraler Infektion (KRAUSS et al., 1997). und trocken. Weiters sind Arbortusfälle bei Bäuerinnen und Q-Fieber und Chlamydiosen bei Schaf und Geflügel Hilfskräften in tierärztlichen Praxen beschrieben (BUX- sind in Liste B des OIE (Internationales Tierseuchenamt) TON, 1986). Eine hohe Seroprävalenz von 21 % (KBR) aufgelistet, was bedeutet, dass es sich um eine übertrag- wiesen steirische Tierärzte gegenüber Ch. psittaci auf bare Krankheit mit sozioökonomischer und/oder human- 115
Vet. Med. Austria / Wien. Tierärztl. Mschr. 92 (2005) medizinischer Bedeutung und auch mit entsprechender Bundesland Steiermark mit einem Konfidenzintervall von Bedeutung für den internationalen Handel mit Tieren und 95 % eine Herdenprävalenz von 11,39-31,27 % für Ch. tierischen Produkten handelt. Nach der Richtlinie psittaci und von 0,35-9,94 % für C. burnetti geschätzt wer- 2003/99/EG des Europäischen Parlaments und des Rates den. Bei den 30 untersuchten Ziegenbetrieben waren in vom 17. November 2003 zur Überwachung von Zoonosen jeweils 5 Betrieben Tiere mit Antikörpern gegen Ch. psitta- und Zoonoseerregern (Zoonosenrichtlinie) haben EU-Mit- ci bzw. C. burnetii nachweisbar. Für steirische Ziegenbe- gliedsstaaten Daten über das Vorkommen von Zoonosen triebe kann daher für beide Erreger mit 95 %-iger Wahr- und Zoonoseerregern bei Tieren, in Lebensmitteln, in Fut- scheinlichkeit eine Herdenprävalenz von 5,64-34,74 % termitteln und beim Menschen einzuholen, um Aufschluss angenommen werden (HARTUNG, 1987). über die Entwicklungstendenzen und Quellen von Zoono- In der geografischen Betrachtung der Ergebnisse konn- sen zu erhalten. ten keine Cluster erkannt werden, Betriebe mit Sero- reagenten waren über sämtliche Regionen der Steiermark verteilt. Hinsichtlich der Auswertung der Fragebogendaten Material und Methode ergaben sich keine statistisch signifikanten Hinweise auf epidemiologische Zusammenhänge zwischen einzelnen Im Zuge der biometrisch abgesicherten Stichprobenun- Parametern und den Seroprävalenzen gegen Chlamydien tersuchung von April bis Dezember 2002 wurden 744 Blut- und Coxiellen (α-Fehler >5 %). proben aus 70 steirischen Schaf- und 30 Ziegenbetrieben (Gesamtzahl: 1.048 Schafbetriebe, 614 Ziegenbetriebe) auf das Vorkommen von Antikörpern gegen C. burnetii und Diskussion Ch. psittaci untersucht. Die 744 Blutproben stammten aus dem Brucella melitensis-Überwachungsprogramm. Die In Tirol wurden in einer seroepidemiologischen Quer- Probenanzahl pro Betrieb betrug nach Stichprobenplan je schnittsuntersuchung (mittels ELISA) bei 32 % der unter- nach Betriebsgröße zwischen 2 und 21 Blutproben. Die suchten 1.026 Schafe aus 435 Betrieben Antikörper gegen Anzahl der zu untersuchenden Tiere pro Bestand kann Ch. psittaci und bei 6 % der Tiere Antikörper gegen C. bur- über die Wahrscheinlichkeit ß einen positiven Bestand netii gefunden (KHASCHABI u. BRANDSTÄTTER, 1994), nicht zu erkennen, berechnet werden (FUCHS et al., was deutlich über den Prävalenzen der vorliegenden 2000), wobei die Bestandsgröße und die erwartete Anzahl Arbeit liegt. In einer weiteren Untersuchung in Westöster- infizierter Tiere in die Berechnung einfließen. reich reagierten 7,2 % der Rinder (KHASCHABI et al., Die Untersuchung der Blutproben auf Antikörper gegen 1996) seropositiv gegenüber C. burnetii. Für die Schweiz C. burnetii und Ch. psittaci erfolgte in der Österreichischen ergab sich aus einer Untersuchung mittels eines kompeti- Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit, Institut tiven ELISA (cELISA) eine gesamtschweizerische Sero- für Veterinärmedizinische Untersuchungen Mödling mittels prävalenz von 18 % (Konfidenzintervall 15.59-21.34) Komplementbindungsreaktion (Kältemethode nach „Vete- gegenüber Chlamydien. Dabei wurde angemerkt, dass der rinary Laboratory Methods“, CHAUHAN, 2003). Vor der cELISA der Komplementbindungsreaktion hinsichtlich Untersuchung erfolgte eine 30minütige Inaktivierung der Sensitivität und Spezifität überlegen sei (BOREL et al., Proben bei 56-58 °C (Chlamydien) bzw. 62-64 °C (für Q- 2002). Auch STING u. MANDL (1993) berichteten, dass Fieber bei Schaf und Ziege), danach die Serumverdün- verschiedene ELISA-Methoden im Ch. abortus/Ch. psitta- nung (1:5). Als Chlamydia-positiv wurden Titerstufen > ci-Antikörpernachweis sensitiver wären als die KBR. 1:10 und als Coxiella-positiv Titer > 1:20 gewertet. Das für SCHLIESSER (1991) sah auch in der Q-Fieber-Diagnostik die KBR verwendete Chlamydienantigen stellt eine Kombi- Vorteile für den ELISA, der aber, wie auch der Chlamydi- nation von Ch. abortus und Ch. pneumoniae aus Zellkultu- en-ELISA, zum Zeitpunkt der gegenständlichen Untersu- ren dar (Fa. Behring, Marburg, Deutschland), das Coxiel- chungen kommerziell nicht erhältlich war. Auch in der sero- len-Antigen (Hersteller: Institut Virion, Rüschlikon, logischen Untersuchung auf Antikörper gegen C. burnetii Schweiz) setzt sich aus dem Phase 1- und Phase 2-Anti- gaben STING et al. (2004) für ELISA eine höhere Sensiti- gen zusammen. vität an und legten fest, dass bei einer Seroprävalenz von An Fragebogendaten wurden erhoben: Rasse, Zuchtbe- > 5% (KBR) oder > 20% (ELISA) von einer Q-Fieber-Infek- trieb ja/nein, Milcherzeugung ja/nein, gemeinsame Hal- tion in einer Herde auszugehen ist. Bei der Darstellung von tung mit Rindern, Schweinen, Geflügel, Schaf bzw. Ziege Untersuchungsergebnissen sind deshalb die verwendeten oder Pferd sowie Anzahl der Zukäufe in den letzten 3 Jah- Methoden anzuführen (FUCHS et al., 2000). ren. Mögliche Einflüsse der im Fragebogen erhobenen Beim ersten Auftreten von Chlamydienaborten kann Daten auf die Prävalenz von Krankheiten wurden mit Hilfe durch die Behandlung der übrigen trächtigen Schafe mit eines Chi-Quadrat Tests überprüft. Oxytetrazyklin-Langzeitpräparaten das Abortusgeschehen eingedämmt werden. Durch die antibiotische Behandlung wird die weitere Vermehrung der Chlamydien in der Pla- Ergebnisse zenta unterdrückt. Der Behandlungserfolg hängt vom Grad der vorliegenden Plazentitis zum Zeitpunkt der Behand- Bei der Untersuchung der Schaf- und Ziegenproben lungseinleitung ab. In chronisch infizierten Herden kann waren 43 Proben (5,7 %) seropositiv hinsichtlich Ch. psitta- die Behandlung auf die erstmalig tragenden Schafe ci und 11 Proben (1,5 %) hinsichtlich C. burnetii. In 14 der beschränkt werden (WITTENBRINK, 2001). Die prophylak- untersuchten 70 Schafbetriebe befanden sich seropositive tische Impfung der weiblichen Schafe hat sich in Deutsch- Tiere mit Antikörpern gegen Ch. psittaci, in 2 Betrieben land bewährt, wenn sie auch keinen vollständigen Schutz gegen C. burnetii und in einem Betrieb gegen beide Erre- vermittelt. ger. Unter Zugrundelegung dieser Ergebnisse kann für das Gegen Q-Fieber werden Tetrazykline sowie Fluochino- 116
Vet. Med. Austria / Wien. Tierärztl. Mschr. 92 (2005) lone und Rifampicin eingesetzt, wobei aber keine gesi- Institut in Berlin (2003) folgende Vorschläge an: cherte Erregerfreiheit zu erzielen ist. Geburtshygiene, - Die Kontamination der Umgebung mit Geburtsprodukten Absonderung von Schafen nach Aborten sowie Reinigung von infizierten Tieren sollte minimiert werden, um infektiö- und Desinfektion tragen ebenso zur Verminderung des se Aerosole zu vermeiden. Infektionsrisikos bei wie die Zeckenbekämpfung und gege- - Das Ablammen sollte in ausreichender Entfernung von benenfalls Weidebeschränkungen. Zukauftiere sollten Wohnbereichen, in geschlossenen Ställen und möglichst durch eine serologische Untersuchung kontrolliert werden. in getrennten Boxen stattfinden. Die Muttertiere und die Eine Impfung wäre für gefährdete Herden in Endemiege- neu geborenen Lämmer dürfen frühestens 14 Tage nach bieten sinnvoll, dafür steht aber derzeit in Österreich noch der Geburt aus den Ställen gebracht werden. kein zugelassener Impfstoff zur Verfügung. - Die Nachgeburten und Totgeburten sollten in geschlos- Beim Chlamydienabort des Schafes werden massen- senen, flüssigkeitsundurchlässigen Behältnissen gesam- haft Erreger freigesetzt, so dass sich Personen, die bei infi- melt und durch Tierkörperbeseitigungsanstalten entsorgt zierten Schafen Geburtshilfe leisten, mit Ch. abortus infi- werden. zieren können. Ch. abortus hat offenbar eine hohe Affinität - Tiere im letzten Trächtigkeitsdrittel sind nicht auszustel- zur humanen Plazenta und kann bei Schwangeren eine len, vorherige zeckenwirksame Ektoparasitenbehandlung grippeähnliche Erkrankung verursachen, in deren Verlauf der auszustellenden Tiere ist angeraten. es zum Abort oder zur Totgeburt kommt. Aus diesem - In „Streichel-Zoos“ sollten die dort gehaltenen Schafe Grund sind sämtliche an der Betreuung von Schafherden jährlich serologisch auf Antikörper gegen C. burnetii unter- beteiligten Personen darauf hinzuweisen, dass Schwange- sucht werden. re jeden Kontakt zu Schafherden meiden sollten, in denen - Die Erhitzung von lediglich gelagertem, gestapeltem oder Ablammungen anstehen (MOORE et al., 1993). gepacktem Festmist ist oftmals nicht ausreichend, um Bei C. burnetii ist zusätzlich die hohe Tenazität zu Krankheitserreger zu inaktivieren. Daher werden zumin- beachten. Die Verwendung von Schutzhandschuhen und dest für infizierte Herden zur Abtötung von Keimen in Fest- das Vermeiden übermäßiger Staubbildung sind 2 wesent- mist generell das Aufsetzen von Düngerpackungen unter liche Vorbeugemaßnahmen. der Verwendung von Branntkalk sowie das Abdecken mit In einer Untersuchung von 137 steirischen Tierärztin- stabiler Silofolie empfohlen. Nach 5 Wochen kann die Dün- nen und Tierärzten waren bei 21 % der Probanden Anti- gerpackung umgesetzt, auf Äcker aufgebracht und sofort körper gegen Ch. psittaci und bei 9 % gegen C. burnetii untergepflügt werden. Wenn die Möglichkeit des Unterpflü- festzustellen, wobei anamnestisch schwere Pneumonien gens nicht gegeben ist, muss die Düngerpackung nach erhoben wurden. Dass auch Nachgeburtsabnahmen beim dem ersten Umsetzen weitere 10 Wochen gelagert wer- Rind ein entsprechendes Infektionsrisiko hinsichtlich Q- den. Fieber bergen, belegt das in dieser Untersuchung erhobe- - Zur Desinfektion von Stallungen werden 10-20 %ige ne um fast 4fach höhere Risiko (Odds Ratio 3,8) bei Nach- Chlorkalklösung, 1 %ige Lysol-Lösung oder 5 %ige geburtabnahmen ohne Schutzhandschuhe gegenüber der Waserstoffsuperoxid-Lösung empfohlen. Verwendung von Schutzhandschuhen (DEUTZ et al., - Die Exposition gegenüber infektiösem Staub aus dem 1996). Schaffell (getrockneter Zeckenkot) kann durch Scheren In Thüringen waren unter exponierten Berufsgruppen minimiert werden. Das Scheren der Schafe sollte mög- (Melker, Tierpfleger, Tierärzte, Laborpersonal u.a.) bei lichst nur außerhalb von Wohngebieten und in geschlosse- Melkern (19 %) und Tierpflegern (14 %) die häufigsten Q- nen Räumen erfolgen. Die Personen, die sich bei diesen Fieber-Reagenten zu finden (LANGE u. HUNSTOCK, Arbeiten in den Ställen aufhalten, müssen dabei eine 1993). In einer Untersuchung von Human-, Wildtier- und Schutzmaske gegen Staub tragen. Die Wolle muss bis Haustiersera in Tirol waren von 457 untersuchten Human- zum Abtransport in geschlossenen Räumen gelagert wer- proben 36 (7,9 %) positiv, davon stammten 58 % von Bau- den. ern und Landarbeitern (KAASERER et al., 1976). Die Auf- - Schafherden sollten nicht näher als 500 m an Wohnge- nahme infizierter Nahrungsmittel (nicht pasteurisierte biete herangeführt werden. Milch und Milchprodukte) führt zur Infektion und Serokon- - Eine Akarizidbehandlung (Zeckenbad) der Schafe stellt version, jedoch nur selten zu klinisch manifestem Q-Fie- eine prophylaktische Maßnahme dar und wird zumindest ber. Bezüglich Coxiellen führt die Pasteurisierung (74 °C, für Herden angeraten, von denen mutmaßlich eine Infekti- 15 s) zu einer ausreichenden Entkeimung der Milch. on ausging sowie für Herden in bekannten Dermacentor- Infektionen des Menschen mit Chlamydien ereignen Biotopen. sich vor allem durch Kontakt mit infizierten Tieren und - In Gebieten mit einer Zunahme der Q-Fieber Erkrankun- deren Ausscheidungen, mit Coxiellen durch das Einatmen gen sollten eine systematische Erfassung der Durchseu- von erregerhaltigen Stäuben bzw. Tröpfchen. Geburtshilfe chung der Tierbestände sowie die systematische Untersu- und Nachgeburtsabnahmen bergen ein hohes Infektionsri- chung von Nachgeburten bzw. Totgeburten angestrebt siko. Diesen Risikofaktoren sollte unbedingt durch die Ver- werden. wendung von Schutzhandschuhen, das Vermeiden über- mäßiger Staubbildung sowie die Einhaltung entsprechen- Literatur der Arbeitshygiene begegnet werden. Eine Grundvoraus- setzung für die Verhütung von Infektionen beim Menschen BOREL, N., DOHERR, M.G., VRETOU, E., PSARROU, E., THO- ist das rechtzeitige Erkennen von Infektionen bei Nutztie- MA, R., POSPISCHIL, A. (2002): Chlamydienabort beim Schaf: ren. Untersuchungen der Seroprävalenz in der Schweiz mittels Als weitergehende Präventionsmaßnahmen gegen die eines kompetitiven ELISA (cELISA). Schweiz. Arch. Tierheilk. Zoonosegefahr durch Coxiellen führt das Robert Koch 144, 474-482. 117
Vet. Med. Austria / Wien. Tierärztl. Mschr. 92 (2005) BUXTON, D. (1986): Potential danger to pregnant woman of Untersuchungen zum Vorkommen von Coxiella burnetii bei Chlamydia psittaci from sheep. Vet. Rec. 118, 510-511. Schafen und Zecken der Gattung Dermacentor in Baden-Würt- CHANTON-GREUTMANN, H., THOMA, R., CORBOZ, L., temberg. Dtsch. Tierärztl. Wschr. 111, 381-420. BOREL, N., POSPISCHIL, A. (2002): Aborte beim kleinen Wie- TISSOT-DUPONT, H., RAOULT, D., BROUQUI, PH. (1992): Epi- derkäuer in der Schweiz: Untersuchungen während zwei demiologic features und clinical presentation of acute Q-fever Ablammperioden (1996-1998) unter besonderer Beachtung in hospitalized patients: 323 french cases. Amer. J. Med. 93, des Chlamydienabortes. Schweiz. Arch. Tierheilk. 144, 483- 427-434. 492. TONTIS, A., ZWAHLEN, R. (1991): Chlamydieninfektionen bei CHAUHAN, R.S. (2003): Veterinary laboratory diagnosis. Luck- Schaf und Ziege mit einem Hinweis zur Bedeutung als Zoono- now, International Book Distributing Co., Leiden, Niederlande. se. Tierärztl. Prax. 19, 617-623. DEDIE, K., BOCKEMÜHL, J., KÜHN, H., VOLKMER, K.-J., WEIN- WEBER, A. (1991): Zur Bedeutung von Schafen und Ziegen hier- KE, Th. (1993): Bakterielle Zoonosen bei Tier und Mensch. zulande als Überträger von Zoonosen. Tierärztl. Praxis 19, Enke Stuttgart, S. 219-261. 469-473. DEUTZ, A., FUCHS, K., HINTERDORFER, F., SCHULLER, W. WITTENBRINK, M.M. (2001): Chlamydieninfektionen. In: BEH- (1996): Serologische Untersuchung von Tierärzten auf Zoono- RENS, H., GANTER, M., HIEPE, T. (Hrsg.): Lehrbuch der sen. 1. Mitteilung: Grunddaten und Seroprävalenz gegenüber Schafkrankheiten. 4. Aufl., Parey, Berlin. bakteriellen Zoonosen. Wien. Tierärztl. Mschr. 83, 283-288. FUCHS, K., DEUTZ, A., WAGNER, P., KÖFER, J. (2000): Einfluß Rechtsnormen diagnostischer Tests auf die Ergebnisse von Prävalenzschät- 2003 zungen im Rahmen von Surveillance-Programmen. Berl. Richtlinie 2003/99/EG des Europäischen Parlaments und des Münch. Tierärztl. Wschr. 113, 348-351. Rates vom 17. November 2003 zur Überwachung von Zoono- HARTUNG, J. (1987): Statistik. Lehr- und Handbuch der ange- sen und Zoonoseerregern und zur Änderung der Entscheidung wandten Statistik. 6. Auflage. R. Oldenbourg, München Wien, 90/424/EWG des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie S. 412-414. 92/117/EWG des Rates. KAASERER, B., KAASERER, G., SIXL, W., STÜNZNER, D. 2003 (1976): Q-Fieber Untersuchungen in Tirol. Ber. 2. Internat. Verordnung (EG) Nr. 2160/2003 des Europäischen Parlaments Arbeitskoll. „Naturherde von Infektionskrankheiten in Zentral- und des Rates vom 17. November 2003 zur Bekämpfung von europa“, Graz, S. 331-334. Salmonellen und bestimmten anderen durch Lebensmittel KHASCHABI, D., BRANDSTÄTTER, A. (1994): Seroepidemiologi- übertragbaren Zoonoseerregern. sche Untersuchungen zum Nachweis von Antikörpern gegen 2005 Coxiella burnetii und Chlamydia psittaci bei Schafen in Tirol. Old Classification of Diseases Notifiable to the OIE; Wien Tierärztl. Mschr. 81, 290-294. http://www.oie.int/eng/maladies/en_OldClassification.htm KHASCHABI, D., SCHÖPF, K., SCHMID, E. (1996): Zur Sero- prävalenz des Q-Fiebers im westlichen Österreich. Wien. Tierärztl. Mschr. 83, 2-5. Anschrift der Verfasser: KNORR, H. L. J., WEBER, A. (1992): Über okuläre Manifestatio- Dr. Peter Wagner, Univ. Doz. Dr. Armin Deutz, Univ. Prof. Dr. Josef nen ausgewählter Zoonosen beim Menschen. Tierärztl. Praxis Köfer, Zimmerplatzgasse 15, A-8010 Graz; Univ. Doz. Dipl. Ing. Dr. 20, 347-354. Klemens Fuchs, Steyrergasse 25a, A-8010 Graz; Maria Müller, KRAUSS, G. (1982): Die Bedeutung von Rickettsien und Chlamy- Univ. Prof. Dr. Walter Schuller, Robert-Koch-Gasse 17, A-2340 dien bei kleinen Haustieren als Erreger von Zoonosen. Berl. Mödling. Münch. Tierärztl. Wschr. 95, 480-483. e-Mail: pete.wagner@stmk.gv.at, armin.deutz@stmk.gv.at KRAUSS, H., WEBER, A., ENDERS, B., SCHIEFER, H.G., SLEN- CZKA, W., ZAHNER, H. (1997): Zoonosen - Von Tier zu Mensch übertragbare Infektionskrankheiten. Deutscher Ärzte- Verlag, Köln. LADURNER, G., STÜZNER, D., LECHNER, H., SIXL, W. (1975): Q-Fieber-Meningoencephalitis. Nervenarzt 46, 274-275. LANGE, S., HUNSTOCK, I. (1993): Q-Fieber-Antikörpernachweis bei exponierten Berufsgruppen im Thüringer Becken. Tierärztl. Umschau 48, 154-158. MOORE, R.M., DAVIS, Y.M., KACZMAREK, R.G. (1993): An over- view of occupational hazards among veterinarians, with parti- cular reference to pregnant women. J. Am. Industr. Hyg. Ass. 54, 113-120. NICOLET, J. (1985): Kompendium der veterinärmedizinischen Bakteriologie. Parey, Berlin, Hamburg, S. 247-254. POSPISIL, R., HORVATH, J., CISLAKOVA, L., PROKOPCAKOVA, H. (1980): Chlamydienpneumonien bei Kälbern und Schwei- nen und ihre Beziehungen zu einigen Erkrankungen des Men- schen. Wiss. Z. Humboldt-Univ., Math.-Nat. Reihe 29, 41 - 44. ROBERT KOCH INSTITUT (2003): RKI-Ratgeber Infektionskrank- heiten - Merkblätter für Ärzte: Q-Fieber (http://www.rki.de, letz- te Aktualisierung 2005-02-02, letzte Einsichtnahme 2005-06- 03). SCHLIESSER, T. (1991): Zur Epidemiologie und Bedeutung des Q-Fiebers bei Tieren. Wien. Tierärztl. Mschr. 78, 7-12. SELBITZ, H.-J. (2001): Q-Fieber. In: BEHRENS, H., GANTER, M., HIEPE, T. (Hrsg.): Lehrbuch der Schafkrankheiten. 4. Aufl., Parey, Berlin. STING, R., MANDL, J. (1993): Chlamydia psittaci-Antikörpernach- weis beim Rind im ELISA. Tierärztl. Umschau 48, 512-517. STING, R., BREITLING, N., OEHME, R., KIMMING, P. (2004): 118
Sie können auch lesen