Shuttle-Modellregion Oberfranken: Forschung im Realbetrieb
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TECHNIK & UMWELT Shuttle-Modellregion Oberfranken: Forschung im Realbetrieb Deutschlands umfangreichstes Modellprojekt mit automatisierten Kleinbussen Dipl.-Geogr. M.Sc. Frank Hunsicker, Berlin; Dr. rer. nat. Georg Pelzer, Kronach; M.Sc. Matthias Zankl, Berlin A nfang 2020 startete in Oberfran- geren Vergangenheit bereits an der Umset- zungen auch auf Planung und Umsetzung. ken im Nordosten Bayerns eines zung innovativer ÖPNV-Lösungen beteiligt Dennoch ist durch die enge Vernetzung al- der umfangreichsten Projekte waren, zum Beispiel im Projekt „Mobilität ler Projektpartner der Erfahrungsaustausch zum automatisierten Fahren in digital Hochfranken – MobiDig“ oder am jederzeit gewährleistet. Die Einbeziehung Deutschland: die „Shuttle-Modellregion „Hofer LandBus“, einem bedarfsgesteuer- von in der Region ansässigen Hochschulen Oberfranken“ (SMO). Insgesamt sechs so- ten Mobilitätsangebot im Landkreis Hof. und die technologische Weiterentwicklung genannte People Mover werden im Rah- Das Projektkonsortium umfasst darüber durch lokale Unternehmen bilden die Basis men dieses vom Bundesministerium für hinaus Industriepartner, Hochschulen und für ein Forschungsprojekt der kurzen Wege Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) die DB Regio Bus. mit geballtem Sachverstand. Durch die mit rund 12 Mio Euro geförderten Projek- enge Verknüpfung von Realbetrieb mit For- tes auf öffentlichen Straßen in den Städten Mehr als nur ein „normales“ schungs- und Entwicklungs- (F&E-) Aufga- Hof, Kronach und Rehau im Einsatz sein. Shuttleprojekt ben hat das Vorhaben eine Sonderstellung In dem Vorhaben soll der innovative Ansatz im Vergleich zu den meisten Shuttle-Pro- selbstfahrender Shuttles für einen tägli- An den drei Einsatzorten werden klar de- jekten in Deutschland. So bringt beispiels- chen robusten Betrieb als Teil des öffent- finierte, aber unterschiedliche Betriebs- weise der Konsortialführer Valeo – im lichen Verkehrs getestet und diese Mobili- szenarien auf ihre Alltagstauglichkeit ge- Bereich Sensortechnologien zum automa- tätsform technologisch wie organisatorisch testet. Ein Werksverkehr für Beschäftigte tisierten Fahren tätig – seine Kompetenzen weiterentwickelt werden. Mit den Städten der Rehau AG + Co, die Integration in den gezielt ein und befasst sich in Abstimmung Hof und Rehau sowie den Landkreisen Hof bestehenden ÖPNV in der Stadt Hof sowie mit dem Hersteller Navya unter anderem und Kronach haben sich dabei mehrere der touristische Angebotsschwerpunkt in mit der Weiterentwicklung und Aufrüstung benachbarte Gebietskörperschaften mit Kronach erfordern einen differenzierten der Fahrzeugsensorik. Als wissenschaftli- unterschiedlichen infrastrukturellen Vor- Blick auf potenzielle Nutzer automatisier- che Projektpartner sind darüber hinaus die aussetzungen und differenzierten Bedarfen ter Shuttles und aufgrund der jeweils sehr Hochschulen Hof und Coburg sowie die zusammengefunden, die auch in der jün- speziellen infrastrukturellen Vorausset- Technische Universität Chemnitz beteiligt. Das Konsortium verfolgt unter enger Ein- bindung der lokalen Bevölkerung die in Ab- bildung 1 dargestellten Projektziele: Die Fahrzeuge Bei den eingesetzten Fahrzeugen handelt es sich um die automatisierten Shuttles Arma DL4 des französischen Herstellers Navya mit bis zu elf Sitzplätzen. Wie üb- Foto: In-Visionen/Nuts One lich wurden den Fahrzeugen die jeweiligen Einsatzrouten einprogrammiert; sie liegen Abb. 1: Ziele im Pro- jekt SMO: Umsetzung als 3D-Referenzkarte vor. Die Shuttles fah- des Realbetriebs und ren die Strecke nun wie auf einer „digitalen umfangreiche F&E- Schiene“ ab und lokalisieren sich dabei re- Tätigkeiten dundant über mehrere Wege: Die Sensorik 30 DER NAHVERKEHR 6/2021 Nutzung unter www.nuts.one zeitlich unbefristet genehmigt durch DVV Media GmbH, 2021
TECHNIK & UMWELT gleicht die aktuelle Umgebung zu jedem Zeitpunkt mit der Referenzkarte ab. Zudem Zum Autor wird durch die Lokalisierung via GPS die Dipl.-Geogr. M.Sc. Frank Hunsicker ist Senior-Projektleiter bei der Nuts One korrekte Position der Shuttles sicherge- GmbH in Berlin. Er leitete mehrere Pilotprojekte mit automatisierten Shutt- stellt, ergänzt durch die Odometrie, das les bei Nuts One, welche im Rahmen des Vorhabens Shuttle-Modellregion Oberfranken als Projektbüro die Gesamtkoordination innehat. Von 2010 bis heißt die Zählung der Radumdrehungen 2019 war Hunsicker am Innovationszentrum für Mobilität und gesellschaftli- und Messung der Lenkeinschläge. Über chen Wandel (InnoZ) für verschiedene Themengebiete verantwortlich, unter V2X (Vehicle-to-Everything) kommuniziert anderem für Mobilität im ländlichen Raum und ab 2016 für automatisiertes Fahren. Davor war er bei der Deutschen Bahn AG als Verkehrsplaner und das Fahrzeug mit Ampelanlagen. Sobald Marktanalyst tätig. es Hindernisse wie zum Beispiel halten- de Fahrzeuge oder querende Fußgänger erkennt, verringert das Shuttle sofort die Zum Autor Geschwindigkeit oder hält an. Die zurzeit Dr. rer. nat. Georg Pelzer ist Projektleiter der Shuttle-Modellregion Oberfran- für eine Geschwindigkeit von 18 km/h zuge- ken beim Konsortialführer Valeo Schalter und Sensoren GmbH. In der Abtei- lung Fahrassistenzforschung am Standort Kronach war er an verschiedenen lassenen Fahrzeuge werden noch jederzeit EU- und nationalen Förderprojekten beteiligt und ist hier seit 2020 für das von einer Person als Operator begleitet. SMO-Projekt verantwortlich. Seinem Studium der Physik von 2007 bis 2012 Betreiber sind die DB Regio Bus Bayern in an der FAU Erlangen-Nürnberg folgte 2016 die Promotion am Erlangen Cent- re for Astroparticle Physics im Bereich Röntgen- und Detektorphysik. Hof und Kronach sowie die Rehau AG + Co in Rehau. Die Einsatzstrecken… Zum Autor Auf den beiden Fahrrouten in Hof und M.Sc. Matthias Zankl ist seit 2020 Projektmanager für Automatisiertes Fah- Kronach, die als Linie nach § 42 Personen- ren bei der Nuts One GmbH in Berlin. Das Unternehmen verfügt über eine umfangreiche Expertise zum Thema Automatisiertes Fahren und begleitet beförderungsgesetz (PBefG) in Betrieb ge- beziehungsweise koordiniert das Projekt SMO als Projektbüro. Der Umwelt- hen, ist ein Betrieb mit klassischen Bussen und Wirtschaftsingenieur war als Student unter anderem für die Berliner nur bedingt möglich, da in Kronach enge Agentur für Elektromobilität eMO/Berlin Partner für Wirtschaft und Techno- logie GmbH tätig und schrieb dort in Zusammenarbeit mit dem NABU seine Altstadtgassen und in der Hofer City die Abschlussarbeit zum Thema Elektromobilität im Carsharing. Fußgängerzone durchquert werden. Hier wird ein völlig neues beziehungsweise ein ergänzendes ÖPNV-Angebot auf Linien mit einer Länge von jeweils circa 3 km geschaf- fen, das neue Bereiche erschließt und den Einzugsbereich der örtlichen Bahnhöfe er- Von diesem Service können insbesondere zugelassenen Maximalgeschwindigkeit von heblich erweitert. In Rehau hingegen soll mobilitätseingeschränkte Personen profi- 18 km/h von Vorteil ist. Ansonsten wäre unter anderem der bislang von Kleinbus- tieren. Die beiden Hofer Shuttles genießen die Geschwindigkeitsdifferenz zum übrigen sen abgewickelte Werksverkehr zwischen auf ihrer Route durch die Stadt manches motorisierten Verkehr auf Hauptstraßen zu den Hauptstandorten der Firma Rehau ver- Privileg. Wie es in der Abbildung 2 links zu groß. Die Fahrzeuge würden dann vieler- suchsweise durch automatisierte Shuttles sehen ist, ist es nur ihnen erlaubt, auch ge- orts als Verkehrshindernis wahrgenommen übernommen werden. Langfristiges Ziel gen eine Einbahnstraße zu fahren oder an werden und die Akzeptanz bei der autofah- ist es, diese Mobilitätsform bei Eignung in einer Kreuzung exklusiv links abbiegen zu renden Bevölkerung wäre eingeschränkt, den beteiligten Kommunen zu etablieren dürfen. Auf diese Art können ruhigere Stra- demzufolge würde ihr Nutzen in den Hin- und einen Einsatz ohne großen Aufwand ßen befahren werden, was aufgrund der tergrund treten. zu ermöglichen. Dazu finden im Rahmen von SMO umfangreiche Akzeptanzuntersu- chungen statt. …in Hof Im Oberzentrum Hof mit circa 45.000 Ein- wohnern befindet sich der Hauptbahnhof wie in vielen vergleichbaren Städten nicht direkt in der Innenstadt, sondern etwa 15 Gehminuten entfernt. Mit den Shuttles können Besucher der Stadt, aber auch Einheimische diesen Weg bequem zurück- legen. Dabei wird die komplette Fußgän- Foto: Stadt Hof gerzone in der City durchfahren. Die Fahr- zeuge fahren mit Schrittgeschwindigkeit durch die Altstadt und bringen Fahrgäste nicht nur zum Bahnhof, sondern decken Abb. 2: Links: Priorisierung des Shuttles im Hofer Straßenverkehr; rechts: Shuttle in der Hofer bei Bedarf auch Unterwegspotenziale ab. Innenstadt. DER NAHVERKEHR 6/2021 31 Nutzung unter www.nuts.one zeitlich unbefristet genehmigt durch DVV Media GmbH, 2021
TECHNIK & UMWELT Abb. 3: Links: Steigung mit Kopf- Foto: TMT GmbH, Landkreis Kronach steinpflaster in der Kronacher Altstadt; Rechts: Display mit Live-Standortanzeige. …in Kronach mittelalterliche Bamberger Tor mit seinen digkeitslimit – wie bei vergleichbaren Mo- engen Durchfahrtsmaßen passiert werden, dellprojekten bisher üblich – ausdrücklich Die 16.000 Einwohner fassende Kreisstadt was in Abwesenheit des GPS-Signals über nicht angepasst werden sollte. Kronach ist besonders durch ihre histo- die redundanten Lokalisierungstechniken rische, fast komplett erhaltene Altstadt bewerkstelligt wird. Die Linie verkehrt ohne Umfangreiche Genehmigungs- und die Festung Rosenberg bekannt, die festen Fahrplan. An allen Haltestellen sind und Zulassungsprozesse als Wahrzeichen über der Stadt thront. Displays installiert, die den Fahrgästen die Da Kronach ein beliebtes Ausflugsziel ist, Live-Position der Fahrzeuge sowie die War- Um den Betrieb aller Shuttles im öffentli- dienen die Shuttles primär – aber nicht tezeit anzeigen. chen Straßenraum zu ermöglichen, muss- nur – der touristischen Erschließung von te ein umfangreicher und mehrmonatiger Altstadtkern und oberer Stadt. Dabei sind …in Rehau Genehmigungs- und Zulassungsprozess viele Steigungen zu überwinden; insbeson- durchlaufen werden, in den vor allem die dere das letzte Teilstück hinauf zur Festung Die im Landkreis Hof gelegene Stadt Re- beiden Betreiber und die lokalen Ver- verlangt den Shuttles mit einer Steigung hau ist mit 10.000 Einwohnern die kleinste kehrsbehörden involviert waren. Gemein- von fast zwölf Prozent alles ab. Daher er- der drei Modellkommunen. Hier sollen die sam mit einem technischen Prüfdienst weisen sich die Shuttles besonders für in selbstfahrenden Kleinbusse zunächst nur (TÜV Nord) und dem Fahrzeughersteller ihrer Mobilität eingeschränkte Personen den Mitarbeitenden der Firma Rehau zur wurden dabei Gutachten zu Fahrzeugen als große Hilfe. Auch durch das histori- Verfügung stehen. Der Polymerspezialist und Einsatzstrecken erstellt, um deren sche Kopfsteinpflaster handelt es sich um ist ein großer Arbeitgeber der Stadt und Eignung für einen fahrerlosen Betrieb zu eine sehr herausfordernde Route. In Kron- wird im internen Werksverkehr verschiede- bestätigen. Die Ausnahmegenehmigun- ach profitieren die Shuttles ebenfalls von ne Standorte des Unternehmens im Stadt- gen gemäß § 70 Straßenverkehrs-Zulas- Priorisierungen, zum Beispiel durch eine gebiet miteinander verbinden. In einer sungs-Ordnung (StVZO) wurden schließ- Ampelvorrangschaltung. Zudem muss das zweiten Phase soll zudem die Rehauer In- lich durch die Regierung der Oberpfalz als nenstadt erschlossen und der Shuttle-Ver- zuständige Instanz erteilt. Der aufwändige kehr für die Öffentlichkeit zugänglich ge- Genehmigungsprozess ist derzeit noch macht werden. Der größte Teil der Rehauer zwingend notwendig – durch die Geset- Route verläuft auf einer Umgehungsstraße, zesnovelle zum autonomen Fahren kann die auch als Autobahnzubringer fungiert dieser in Zukunft deutlich vereinfacht und und mit 50 km/h befahren wird. Dort ist das beschleunigt werden. Shuttle somit erheblich langsamer als der Umgebungsverkehr, weshalb Lösungen ge- Der Fahrgastbetrieb sollte Anfang Januar funden werden mussten, damit sich hinter 2021 beginnen, kann jedoch aufgrund der dem Fahrzeug keine Schlangen bilden und pandemiebedingten Einschränkungen und Autofahrende beim Überholen das Shuttle der stark erhöhten Inzidenzwerte in Ober- nicht zu eng schneiden. Letztes kann unter franken erst Anfang Juni gestartet werden. Umständen dazu führen, dass die Sensorik das überholende Auto als Hindernis wahr- Weiterentwicklung nimmt und abrupt abbremst. Um derartige des (ÖPNV-)Angebots Szenarien zu vermeiden, wurden entspre- Foto: Rehau AG + Co chende Hinweise am Fahrzeug angebracht Mit der alleinigen Umsetzung eines Shutt- und entlang dieser Teilstrecke zwei Halte- le-Betriebes in Oberfranken ist es aus Sicht buchten installiert, die das Shuttle ansteu- der Betreiber DB Regio Bus und Rehau ert, um den restlichen Verkehr passieren zu nicht getan. Im Rahmen des Förderpro- lassen. Dieser Kompromiss führt aus Sicht jektes werden durch die verschiedenen Abb. 4: Ein Rehauer Shuttle bei der Einfahrt in der Kommune zu den geringsten Eingriffen Einsatzszenarien weitere wichtige Erkennt- eine Haltebucht. in den Straßenverkehr, dessen Geschwin- nisse über die Integration automatisierter 32 DER NAHVERKEHR 6/2021 Nutzung unter www.nuts.one zeitlich unbefristet genehmigt durch DVV Media GmbH, 2021
TECHNIK & UMWELT Shuttlebusse in den bestehenden ÖPNV nung, Mensch-Maschine-Interaktion und Sitzplatz eingenommen haben. Außerdem gewonnen. Außerdem sollen die Shuttles funktionale Sicherheit“ erarbeitet unter an- sollten Fahrgäste gezielt Informationen wie digital sichtbar gemacht werden. Daher derem die Grundlagen für ein Sicherheits- beispielsweise Fahrplandaten oder Um- wird auf Basis der Mobilitätsplattform „Wo- und Störfallmanagementkonzept, trägt steigemöglichkeiten abrufen können. Ein hin-Du-Willst“ ein verkehrsübergreifendes Nutzungsanforderungen für mobile An- wesentliches Interaktionselement dafür digitales Informations- und Buchungssys- wendungen zur Buchung und Information sind Kameras, die neben zweidimensiona- tem aufgebaut. Aktuell ermöglicht die App zusammen, ermittelt die Akzeptanz in der len Bildern auch Tiefeninformationen, also bereits eine intermodale Suche mit Echt- Bevölkerung und führt Fahrgastbefragun- Abstände von Objekten relativ zur Kamera zeitauskunft, die Buchung von Bedarfsver- gen durch. Im Rahmen einer vor Betriebs- liefern. kehren oder eine Suche nach Mitfahrge- aufnahme durchgeführten Haushaltsbefra- legenheiten. In Zukunft soll die App auch gung zeigte sich beispielsweise, dass die Die Abbildung 5 zeigt links das zweidimen- spezielle Funktionen der automatisierten Bevölkerung der Modellregion weitgehend sionale Bild und rechts die Tiefeninforma- Shuttles beinhalten. Dabei werden Echt- aufgeschlossen gegenüber dem Projekt tion für dieses Bild. Die hier verwendete zeitinformationen, wie der aktuelle Stand- eingestellt ist. Farbcodierung lässt Haltung und Gesten ort oder Informationen zum Fahrzeug, wie einer Person erkennen. Die Person kann beispielsweise der Batteriestand, ausge- Im Umfeld des Sicherheits- und Störfall- mit Hilfe dieser Gesten vom Sitzplatz aus geben. Um die Shuttles im bestehenden managements haben eingehende Analysen mit einem Bildschirm kommunizieren und ÖPNV wahrnehmbar zu machen, können eine Reihe möglicher Störfälle im Shutt- zum Beispiel in einer Menüstruktur navi- ergänzend dazu die aktuellen Abfahrtszei- le-Betrieb identifiziert. Für sie alle wurden gieren. Das Verhalten der Fahrgäste wäh- ten und Informationen zum Fahrtverlauf geeignete präventive Maßnahmen (zum rend der Interaktion mit dem Fahrzeug abgerufen werden. Beispiel eine Checkliste zur morgendlichen wird durch die Hochschule Hof zurzeit an Inbetriebnahme des Shuttles, um Ausfäl- einem speziell für das Projekt errichteten Die Methoden und die bisherigen Ergeb- le im Betrieb zu minimieren) und reaktive Demonstrator untersucht. nisse der umfangreichen Forschungstä- Maßnahmen (beispielsweise ein Leitfa- tigkeiten des Vorhabens werden in einem den mit Notrufnummern für den Fall eines TU Chemnitz weiteren Beitrag in einer der nächsten Aus- Unfalls) abgeleitet. Diese sind nicht nur gaben vertieft. Hier folgt ein einführender auf potenzielle Störfälle des Teilsystems Die Technische Universität Chemnitz ist im Überblick zu den Tätigkeiten der einzelnen Shuttle limitiert, sondern umfassen auch Projekt durch die Professur für Nachrich- Forschungspartner. die Bereiche Fahrgast, Umwelt und Opera- tentechnik beteiligt. Zentrale Forschungs- tor. So werden das Eintreten von Störfällen aufgabe im Projekt ist eine verbesserte Hochschule Coburg minimiert und bereits vor Auftreten von Fahrzeug-Umfeld-Wahrnehmung durch die Problemen Gegenmaßnahmen zur Behe- Vernetzung mit anderen Shuttles und der Die Fahrzeuge sind durch ihr Aussehen, bung eingeleitet, um einen sicheren und Infrastruktur. Eine der Herausforderungen den Antrieb und die fahrerlose Technik zuverlässigen Betrieb zu ermöglichen. beim automatisierten Fahren ist das vor- für viele Menschen zunächst ein unge- ausschauende Fahren mit dem Bewältigen wohnter Anblick. Ob das zu einer Skepsis Hochschule Hof komplexer Verkehrssituationen und der in der Bevölkerung führt, ist der Teil der Teilnahme am Mischverkehr. Um voraus- Akzeptanzforschung an der Hochschule Eine weitere Herausforderung für automa- schauend fahren zu können, braucht es ei- Coburg. Die von der Hochschule bearbei- tisiert fahrende Shuttles ist die Kommu- nen sicheren Überblick über das gesamte teten Fragestellungen befassen sich darü- nikation des Fahrzeugs mit dem Umfeld, Verkehrsgeschehen. Für intelligente Fahr- ber hinaus mit den Auswirkungen auf das die das Shuttle selbst übernehmen muss, zeuge muss das dafür notwendige Wissen Verkehrssystem und die Implikationen für sobald keine Begleitperson mehr an Bord mit Hilfe verschiedener Informationsquel- die kommunale Verkehrsplanung, mit der ist. Wichtig ist die Kommunikation, zum len und Sensoren in hoher räumlicher und Mensch-Maschine-Interaktion sowie mit Beispiel mit den Insassen des Fahrzeugs. zeitlicher Auflösung modelliert werden. Identifikation und Management möglicher So muss etwa sichergestellt sein, dass Der Schwerpunkt der Forschungsarbeiten Störfälle. Das Teilvorhaben „Verkehrspla- vor der Abfahrt alle Fahrgäste auch einen liegt daher auf dezentralem Maschinellen Foto: Hochschule Hof Abb. 5: Innenaufnahme mit Tiefeninformation. DER NAHVERKEHR 6/2021 33 Nutzung unter www.nuts.one zeitlich unbefristet genehmigt durch DVV Media GmbH, 2021
TECHNIK & UMWELT in Zukunft durch gewonnene Erfahrungen dient ein eigenes Versuchsträgershuttle robuster werden und erworbenes Wissen für die Erprobung der zukünftigen Sensor- auch mit anderen Shuttles teilen. Wei- konfigurationen. Langfristig soll durch die terhin ist die Professur an der Integration technische Weiterentwicklung ermöglicht von V2X-Technologien in den Shuttles be- werden, auf den begleitenden Operator teiligt, die eine standardisierte Kommu- bei gleicher Sicherheit zu verzichten so- nikation mit anderen Fahrzeugen und der wie mehrere Shuttles aus einer Leitstelle Infrastruktur ermöglichen. Auf diesem Weg heraus zu überwachen und notfalls fernzu- können die Shuttles Umfeldinformationen steuern. empfangen, die über die eigene Sensorik nicht erfassbar sind. Im Rahmen des Projekts wurde von Va- leo das Konzept für eine solche Leitstel- Valeo Schalter und le entworfen, ein Prototyp in Hof in den Sensoren GmbH Räumlichkeiten des Projekt- und Infor- mationsbüros aufgebaut (Abb. 6) und die Der Konsortialführer Valeo am Standort zugrundeliegende Software entwickelt. Die Kronach, im Bereich der Fahrassistenzsys- Leitstelle soll dabei dem Tele-Operator alle teme tätig, trägt mit seiner Erfahrung und notwendigen Informationen zum gegen- Foto: Valeo Expertise im Bereich autonomes Fahren wärtigen Betrieb in der Testregion über- zum Projekt bei. Die Forschungsschwer- sichtlich bereitstellen und im Bedarfsfall Abb. 6: Der Prototyp der Shuttle-Leitstelle. punkte von Valeo liegen in diesem Projekt die Steuerung eines ausgewählten Fahr- vor allem auf den Themen Fahrzeugsenso- zeugs mittels Lenkrad ermöglichen. Die rik, Algorithmen zur Umfelderkennung und Fernsteuerung der Fahrzeuge befindet sich Lernen, das zu einem besseren Verständ- Teleoperation. Valeo rüstet im Rahmen derzeit in der Entwicklung und wird auch nis der Shuttles für das Verkehrsgeschehen von SMO je eines der beiden Shuttles in aus rechtlichen Gründen nicht im Regelbe- beiträgt. Dabei sollen Systeme der Künst- Hof, Rehau und Kronach mit diversen neu- trieb auf öffentlichen Straßen umgesetzt. lichen Intelligenz (KI) in den Fahrzeugen en Sensoren und Kameras aus. Daneben Für die Erprobung der Funktionalitäten steht im Projekt jedoch eine abgesperrte Teststrecke auf dem Valeo-Firmengelände SMO und das neue Gesetz zum autonomen Fahren zur Verfügung. Neben den anderen Forschungsinhalten ist gerade das Thema der Teleoperation auch im Fazit und Ausblick Hinblick auf das neue Gesetz zum autonomen Fahren von zentraler Bedeutung für das Pro- jekt. Unter „Teleoperation“ versteht man die bedarfsgesteuerte Fernsteuerung der Shuttles In diesem Artikel wurden das Vorhaben durch eine zentrale Leitstelle. Während aktuell jedes Fahrzeug durch einen Operator begleitet Shuttle-Modellregion Oberfranken, die wird, könnten im nächsten Schritt also mehrere Fahrzeuge von einer einzelnen Person zentral überwacht werden. Dies stellt somit den nächsten logischen Schritt im Betrieb automatisierter Einsatzorte und betriebliche Aspekte kurz Peoplemover hin zum autonomen Betrieb dar. Neben der Systemüberwachung muss es in vorgestellt, die Vielzahl der Forschungsan- Zukunft mit Hilfe der Leitstelle ebenfalls möglich sein, Situationen zu lösen, die das Shuttle sätze aber nur angerissen. Die Forschungs- nicht selbstständig bewältigen kann. So könnte, wenn das Shuttle beispielsweise durch ein und Entwicklungsaktivitäten sowie erste falsch parkendes Fahrzeug blockiert wird, die Leitstelle die Kontrolle übernehmen und das Fahrzeug manuell um das Hindernis herum steuern. Ebenfalls wäre denkbar, dass das Shuttle Ergebnisse werden in einer der nächsten selbstständig verschiedene Lösungen (Trajektorien um das Hindernis) erarbeitet. Diese wür- Ausgaben vertieft. Das Konsortium hofft, den durch die Leitstelle lediglich bestätigt, dann aber vom Fahrzeug ausgeführt. Da Letzteres dann auch vom Fahrgastbetrieb berichten einen deutlich komplexeren Vorgang darstellt – das Shuttle muss unterschiedlichste Situa- tionen selbst vollumfänglich erschließen und lösen – stehen in diesem Projekt zunächst die zu können, der Anfang Juni starten soll. Möglichkeiten der direkten Fernsteuerung eines Shuttles im Vordergrund. Im neuen Gesetz zum autonomen Fahren wird die Möglichkeit der Teleoperation durch die technische Aufsicht nicht berücksichtigt. Aus Sicht des Projektkonsortiums wäre dies jedoch notwendig, da die Fahrzeuge auf Jahre hinaus technisch nicht in der Lage sein werden, jede mögliche Situation selbstständig lösen zu können. Zusammenfassung / Summary Shuttle-Modellregion Oberfranken: Shuttle model region Upper Franconia: Forschung im Realbetrieb research in real operation modus Das vom BMVI geförderte Projekt „Shuttle-Modellregion Oberfranken“ The BMVI-funded project “shuttle model region Upper Franconia”, com- verknüpft in einzigartiger Weise den Einsatz automatisierter Kleinbus- bines in a unique way the use of automated minbuses in regular ser- se im Regelbetrieb mit einer Reihe relevanter Forschungs- und Ent- vice with a series of relevant research and development issues. Two wicklungsthemen. Jeweils zwei Shuttles an drei Orten decken dabei minibuses at each of three locations, cover different use cases. Uni- unterschiedliche Use Cases ab. Hochschulen, Betreiber und Unter- versities, operators and companies complete the circle of ten project nehmen komplettieren den Kreis der zehn Projektpartner. Das Vorha- partners. The project runs until the end of 2021; the implementation of ben läuft bis Ende 2021; die Aufnahme des Fahrgastbetriebs wird noch the passenger service is still delayed by the pandemic until beginning bis Anfang Juni durch die Pandemie verzögert. of June. 34 DER NAHVERKEHR 6/2021 Nutzung unter www.nuts.one zeitlich unbefristet genehmigt durch DVV Media GmbH, 2021
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