Social health @work Ursachen und Wirkungen im Zeitverlauf - Barmer
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03 social health @work Ursachen und Wirkungen im Zeitverlauf Eine Studie zur Auswirkung der Digitalisierung der Arbeitswelt auf Zweite Berichterweiterung 2022 die Gesundheit der Beschäftigten in Deutschland
04 BARMER „Richtig gemanagt werden uns der digitale Inhalt Wandel und das Mehr an flexibler Arbeit gesünder und leistungsfähiger machen.” PROF. DR. STEPHAN A. BÖHM, UNIVERSITÄT ST.GALLEN 06 08 20 28 56 Vorwort Relevante Themen – Die unerforschte Sicht Drei Dimensionen, Fit für die Zukunft? starke Daten auf Gesundheit ein Ziel: die Förderung von social health
06 BARMER 07 Das Coronavirus stellt die gesamte Arbeitswelt auf den Kopf. Besonders Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen zu treffen. So zeigt die aktu der Digitalisierung hat es einen deutlichen Schub gegeben, der sehr sicher elle Auswertung, dass sich die Arbeitszufriedenheit, Erschöpfung und die Pandemie überdauern wird. Aus diesem Grund stellen sich viefältige Unsicherheit unter den mobil Beschäftigten in den vergangenen zwei Fragen. Mit welchen Veränderungen, Chancen und Risiken sind Unter Jahren nicht negativ entwickelt haben. Andererseits sehen wir, dass es nehmen dabei konfrontiert? Was bedeutet das für die Gesundheit und nicht allen Befragten gleichermaßen gelingt, die Grenzen zwischen Leistungsfähigkeit der Beschäftigten? Privat- und Arbeitsleben erfolgreich zu managen. Wir können auch fest Die BARMER untersucht gemeinsam mit der Universität St.Gallen in der stellen, dass eine gute digitale Kompetenz notwendig ist, um dauerhaft dreieinhalbjährigen Längsschnittstudie social health@work, wie eine die persönliche Arbeitszufriedenheit zu erhalten, damit letztendlich moderne und gesundheitsfördernde Arbeitswelt angesichts der zahl auch die Gesundheit verbessert wird. reichen Herausforderungen zu gestalten ist. Dabei steht die soziale Gesundheit im Vordergrund der Analyse. Dieser Aspekt ist bislang Die Studie identifiziert somit Themen, die für eine gesunde Gestaltung von wenig erforscht. Hier geht es vor allem darum, neben der physischen Arbeit jetzt und in der Zukunft relevant sind, und liefert hierzu empirisch und mentalen Gesundheitsförderung die sozialen Beziehungen und fundierte und valide Erkenntnisse. Hierdurch können Strategien entwickelt gesundes Verhalten zu fördern. werden, wie Gesundheitsförderung im Sinne der Beschäftigten und auch der Unternehmen heute und morgen funktionieren kann. In dreieinhalb Jahren nehmen etwa 8.000 Erwerbstätige halbjährlich an einer Befragung teil, die in insgesamt acht Wellen umgesetzt wird. Die BARMER hilft mit vielfältigen, auch digitalen Angeboten, die Gesund Gesundheit in Unternehmen wird im aktuellen Bericht auf drei Ebenen heit am Arbeitsplatz zu fördern. betrachtet: die individuelle Gesundheit, die Zusammenarbeit in Teams und das Führungsverhalten sowie die Orchestrierung und Gesamtausrichtung Die Ergebnisse dieser Studie schaffen nun die Grundlage dafür, gezielt des Unternehmens. Die Ergebnisse der aktuellen dritten Befragungswelle zusätzliche moderne Gesundheitsangebote für Unternehmen und lassen aufhorchen. Schließlich haben sie eine hohe Relevanz, da inzwi Beschäftigte in Zeiten des tiefgreifenden Wandels der Arbeitswelt schen fast 60 Prozent der Beschäftigten mobil arbeiten, 80 Prozent weiterzuentwickeln. davon im Homeoffice. Die Studienergebnisse ermöglichen nun erstmals detailliert, Entwicklungen über einen längeren Zeitraum zu beschreiben Ich wünsche Ihnen eine angenehme Lektüre. PROF. DR. MED. CHRISTOPH STRAUB, und durch komplexe statistische Verfahren belastbare Aussagen zu VORSTANDSVORSITZENDER DER BARMER
08 BARMER 09 DIE RAHMENBEDINGUNGEN DER STUDIE Relevante Themen – starke Daten Neues Arbeiten, neue Gesundheitsprobleme? Da es sich bei der Studie um eine sogenannte Panel-Befragung Was macht digitale Arbeit mit uns? Unter dem Titel handelt, werden dieselben Teilnehmenden über mehrere Jahre social health@work untersucht diese Studie eine bisher wenig hinweg befragt. Dadurch ist es möglich, Entwicklungen über die erforschte Dimension von Gesundheit. Um uns der Bedeutung von Zeit zu verfolgen und Veränderungen bei den Beschäftigten sowie social health zu nähern, beleuchten wir den Begriff auf drei Ebenen: in den Unternehmen zu analysieren. der Ebene des Individuums, des Teams sowie der Organisation. Die Studie ist repräsentativ für den Teil der deutschen Das Studiendesign Erwerbsbevölkerung, für den mobiles Arbeiten inhaltlich eine Rolle Über dreieinhalb Jahre nehmen ca. 8.000 Erwerbstätige halbjährlich spielen kann. Mit den Ergebnissen der dritten Befragung können an einer Befragung teil, die in insgesamt acht Wellen umgesetzt wird. Entwicklungen über die Zeit analysiert werden. Zudem kommen In diesem Bericht teilen wir die Ergebnisse der dritten Welle (Juli 2021) erstmals spezielle statistische Verfahren zum Einsatz, die es mit Ihnen und lassen die der schon durchgeführten Befragungen erlauben, zwischen Ursache und Wirkung zu unterscheiden und aus dem Juli 2020 (Welle 1) und Januar/Februar 2021 (Welle 2) mit damit kausale Aussagen abzuleiten. Dies ist für Individuen, einfließen. Unternehmen und die Gesellschaft von hoher Bedeutung, da nur so evidenzbasierte Maßnahmen entwickelt werden können.
10 BARMER RELEVANTE THEMEN – STARKE DATEN 11 Überblick über die Befragung Die Erhebung der Panel-Daten erfolgt in Kooperation mit dem Repräsentativ für die (teilweise) bürotätige Erwerbsbevölkerung in Deutschland Befragungsunternehmen Norstat. An der dritten Befragungswelle haben 8.043 Erwerbstätige aus allen deutschen Bundesländern teilgenommen, für die mobile Arbeit im Rahmen ihrer beruf TEILNEHMENDE 8.043 lichen Tätigkeit grundsätzlich eine Rolle spielen kann. Insgesamt 4.048 der teilnehmenden Personen haben darüber hinaus an jeder Befragungswelle teilgenommen. Diese Stichprobe bildet die Grundlage für Betrachtungen im Zeitverlauf. GESCHLECHT 4.234 3.809 WEIBLICH MÄNNLICH Bei der Auswahl der Teilnehmenden wurden zwei Ziele verfolgt: Es sollten zum einen Unterschiede zwischen mobil und nicht mobil BILDUNG 297 2.835 1.870 3.041 arbeitenden Beschäftigten sichtbar werden und zum anderen Erfolgsfaktoren auf der Individual-, Team- und Organisationsebene. HAUPTSCHULE MITTLERE REIFE FACH-/HOCHSCHULREIFE FACH-/HOCHSCHULREIFE So ist das folgende Profil entstanden: OHNE STUDIUM MIT STUDIUM ALTER 1.075 1.939 2.109 2.256 655 Alle Teilnehmenden sind volljährige Erwerbstätige in Deutschland, die in einem Unternehmen / einer Organisation mit vier oder mehr 18–29 JAHRE 30–39 JAHRE 40–49 JAHRE 50–59 JAHRE 60+ JAHRE Mitarbeitenden arbeiten und während mindestens 20 Prozent BERUFLICHE ihrer Arbeitszeit in einer durchschnittlichen Arbeitswoche einer 4.556 1.883 666 382 büroähnlichen Tätigkeit nachgehen (Bezugspopulation). Unter STELLUNG 126 EINFACHE /MI T T L ERE LEI TENDE BE AM T E büroähnlichen Tätigkeiten versteht man hierbei Tätigkeiten, die FREIBERUFL ER ANGES TELLTE ANGES TELLTE grundsätzlich zum Beispiel im Büro, am Schreibtisch oder am 149 169 Computer durchführbar sind. SELBSTSTÄNDIGE/ EINFACHE/MITTLERE UNTERNEHMER ARBEITER FACHARBEI T ER 10 SONSTIGE
12 BARMER RELEVANTE THEMEN – STARKE DATEN 13 Wie hat sich die Flexibilisierung der Arbeit im letzten Jahr Eignung der Tätigkeit für mobiles Arbeiten entwickelt? Ein Überblick Seit Befragung 1 im Juli 2020 berichten immer mehr Beschäftigte, dass ihre Arbeit auch mobil erledigt werden kann. So nimmt der Anteil Zum Zeitpunkt der dritten Befragung im Juli 2021 arbeiten an Beschäftigten, die angeben, dass ihre Arbeit eher gut oder sehr gut mit 59,3 Prozent ähnlich viele Beschäftigte mobil wie im für mobiles Arbeiten geeignet ist, von 42,6 Prozent im Juli 2020 auf Januar 2021 (59,9 Prozent). Der Anteil bleibt damit höher, 47,4 Prozent im Juli 2021 zu. als er bei der ersten Befragung im Juli 2020 war (56,4 Prozent). Gleichzeitig hat sich über die Befragungszeitpunkte hinweg der Anteil an Beschäftigten, die nicht mobil arbeiten, obwohl 47,4 % dies grundsätzlich möglich wäre, stetig verringert und liegt bei 46,2 % Befragung 3 im Juli 2021 bei nur mehr 15,3 Prozent. ANTEIL AN BESCHÄFTIGTEN, 42,6 % ,2% BEFRAGUNG 1 DIE ZUSTIMMEN, DASS IHRE ,2% ,2% ARBEIT EHER GUT ODER BEFRAGUNG 2 SEHR GUT FÜR MOBILES BEFRAGUNG 3 ARBEITEN GEEIGNET IST Verteilung der mobil und nicht mobil arbeitenden Beschäftigten in Deutschland MOBIL ARBEITENDE BESCHÄFTIGTE 17,9 % 17,1 % 15,3 % 56,4 % 59,9 % 59,3 % ANTEIL AN BESCHÄFTIGTEN, DIE NICHT MOBIL ARBEITEN, OBWOHL ES MÖGLICH WÄRE BEFRAGUNG 1 BEFRAGUNG 2 BEFRAGUNG 3 NICHT MOBIL ARBEITENDE 43,6 % 40,1 % 40,7 % BESCHÄFTIGTE
14 BARMER RELEVANTE THEMEN – STARKE DATEN 15 Anteil der Arbeit, die sich für mobiles Arbeiten eignen würde Gründe gegen mobile Arbeit (Mehrfachantworten möglich) Beschäftigte in Deutschland, deren Tätigkeit grundsätzlich für mobiles Arbeiten geeignet ist, schätzen 2021 einen größeren Teil ihrer Arbeit als geeignet für mobiles Arbeiten ein. Im Vergleich zu Befragung 1 im Die Gründe, warum ein Teil der Beschäftigten keine mobile Arbeit nutzt, Juli 2020 ist dieser Anteil um 7 Prozentpunkte gestiegen und liegt bei haben sich im Zeitverlauf gewandelt. Zum einen ist der Anteil derjenigen, Befragung 3 im Juli 2021 bei gut 60 Prozent der Arbeit. die angeben, kein Interesse an mobiler Arbeit zu haben, von Befragung 1 im Juli 2020 zu Befragung 3 im Juli 2021 gestiegen (von 20,2 Prozent auf 23,5 Prozent). Zum anderen geben bei Befragung 3 im Juli 2021 weniger 53,2 % ,2% BEFRAGUNG 1 Beschäftigte an, dass mobile Arbeit von ihrem Unternehmen nicht ANTEIL DER ARBEIT, DIE SICH FÜR MOBILES gestattet ist (von 15,5 Prozent auf 10,7 Prozent) oder mit ihrem Team 61,3 % ,2% ,2% BEFRAGUNG 2 ARBEITEN EIGNEN WÜRDE nicht vereinbar ist (von 13,6 Prozent auf 10,3 Prozent). 60,2 % BEFRAGUNG 3 ICH HABE KEIN INTERESSE AN 20,2 % + 1,8 % 22,0 % + 1,5 % 23,5 % Gewünschtes Ausmaß an mobiler Arbeit (5 Tage/Woche) MOBILER ARBEIT. Auch die Anzahl an Tagen, die Beschäftigte mobil arbeiten möchten, ist im Zeitverlauf gestiegen. Bei Befragung 3 im Juli 2021 wünschen sich Angestellte, deren Tätigkeit grundsätzlich für mobiles Arbeiten geeignet ist, dass sie rund drei Tage pro Woche mobil arbeiten dürfen. MOBILE ARBEIT IST IN MEINEM UNTERNEHMEN 15,5 % – 3,1 % 12,4 % – 1,7 % 10,7 % NICHT GESTATTET. GEWÜNSCHTES AUSMASS AN MOBILER ARBEIT 2,7 2,8 2,9 (5 TAGE/WOCHE) MOBILE ARBEIT IST MIT DEM TEAM / DER ARBEITS 13,6 % – 2,2 % 11,4 % – 1,1 % 10,3 % GRUPPE NICHT VEREINBAR. BEFRAGUNG 1 BEFRAGUNG 2 BEFRAGUNG 3 JULI 2020 JANUAR 2021 JULI 2021 BEFRAGUNG 1 BEFRAGUNG 2 BEFRAGUNG 3
16 BARMER RELEVANTE THEMEN – STARKE DATEN 17 Wo wird mobil gearbeitet? Gesamte Kommunikationszeit mit Kolleginnen und Kollegen (Stunden/Woche) NICHT MOBIL BESCHÄFTIGTE (Mehrfachantworten möglich) MOBIL BESCHÄFTIGTE Bereits bei der ersten Befragung im Juli 2020 wurde der überwiegende Anteil an mobiler Arbeit von zu Hause aus verrichtet (72,9 Prozent). Über die Befragungszeit 2,6 % punkte hinweg hat dieser Anteil sogar noch an öffentlichen 9,1 zugenommen: Bei Befragung 3 im Juli 2021 Orten 8,7 8,6 wurde über 80 Prozent der mobilen Arbeit 7,6 7,6 zu Hause erledigt, während der Anteil aller 7,4 ,2% ,2% 4,1 % anderen mobilen Arbeitsorte im Vergleich ,2% zum Juli 2020 abgenommen hat. an anderen Orten 81,1 % 4,0 % im Fahrzeug/ BEFRAGUNG 1 BEFRAGUNG 2 BEFRAGUNG 3 Transportmittel JULI 2020 JANUAR 2021 JULI 2021 8,1 % zu Hause Beschäftigte, die mobil arbeiten, kommunizieren mehr als ihre nicht mobil arbeitenden Kolleginnen und Kollegen. Während die Kommunikationszeit bei nicht mobil Beschäftigten über die beim Kunden Befragungszeitpunkte hinweg gleich blieb (durchschnittlich 7,5 Stunden/Woche), hat die Kommunikationszeit bei mobil Beschäftigten zwischen Januar und Juli 2021 um eine halbe Stunde auf 9,1 Stunden/Woche zugenommen.
18 BARMER RELEVANTE THEMEN – STARKE DATEN 19 Nutzung von Kommunikationsarten mit Kolleginnen und Kollegen Seit Befragung 1 im Juli 2020 hat die Verwendung von Videokonferenzen bei mobil arbeitenden Beschäftigten stetig zuge nommen. Hier zeigt sich ein Anstieg um fast 50 Prozent auf einen Kommunikationsanteil von aktuell 19,6 Prozent. Im gleichen Zeitraum 29,8 % 2,8 % ,2% SOZIALE ging der Anteil an persönlichen Gesprächen deutlich zurück auf PERSÖNLICHES 20,6 % NETZWERKE 3,0 % nun nur noch 22,7 Prozent. GESPRÄCH (INTERN) 22,7 % 3,0 % 22,4 % 1,1 % ,2% SOZIALE Fazit zum Kapitel „Relevante Themen – starke Daten“ 26,6 % 1,0 % ,2% TELEFON NETZWERKE (EXTERN) Mobile Arbeit ist in den letzten 18 Monaten zu einem integralen 24,0 % 1,0 % Bestandteil der Arbeitswelt geworden. Durch die anhaltende Corona-Pandemie hat sich ein „new normal“ entwickelt, das kaum mehr infrage gestellt werden dürfte. Die Daten zeigen eindrücklich, dass sich der Wunsch nach Arbeitszeit- und Ortsflexibilität gefestigt 23,5 % 13,2 % ,2% ,2% ,2% hat und die Beschäftigten ihre Arbeits- und Kommunikationsmuster E-MAILS 24,5 % VIDEO- 18,5 % entsprechend angepasst haben. In Zukunft wird es daher nicht mehr KONFERENZEN/ 23,7 % -ANRUFE 19,6 % darum gehen, ob mobil gearbeitet werden darf, sondern vielmehr darum, wie mobile Arbeit optimal ausgestaltet werden kann. Zu dieser Frage liefern die folgenden Kapitel detaillierte Anhaltspunkte. 6,5 % ,2% ,2% KURZ ,2% 5,5 % BEFRAGUNG 1 NACHRICHTEN 5,6 % BEFRAGUNG 2 BEFRAGUNG 3
20 BARMER 21 SOCIAL HEALTH, DIE BESCHREIBUNG SOZIALEN WOHLBEFINDENS Die unerforschte Sicht auf Gesundheit Wenn wir Gesundheit hören, denken wir automatisch an Körper und Seele. Die physische Gesundheit (physical health) umfasst eine Bandbreite an körperlichen Verfassungen: von der reinen Abwesenheit von Krankheiten bis hin zum Fitnessniveau. Die seelische Gesundheit (mental health) beschreibt einen Zustand des psychischen Wohlbefindens, in dem eine Person ihre Fähigkeiten ausschöpfen, die normalen Lebensbelastungen bewältigen, produktiv arbeiten und einen Beitrag zu ihrer Gemeinschaft leisten kann.
22 BARMER DIE UNERFORSCHTE SICHT AUF GESUNDHEIT 23 Unser Gesundheitssystem ist auf diese beiden Dimensionen Die letzten 18 Monate waren geprägt durch einen Verlust an sozialem Was bedeutet social health im Arbeitskontext? social health@work beschreibt einen Zustand des sozialen ausgerichtet. Mit der vorliegenden Studie ergänzen wir sie durch Miteinander – sowohl im beruflichen wie auch im privaten Kontext. Die Digitalisierung und ihre gesundheitlichen Auswirkungen Wohlbefindens im Arbeitskontext, bei welchem Personen gesunde eine weitere relevante Dimension, die besonders im Kontext der Umso zentraler scheint daher die Analyse, wie social health trotz beeinflussen unsere Arbeitskultur und unser soziales Miteinander Verhaltensweisen und Arbeitsbeziehungen entwickeln und nutzen, Digitalisierung und Flexibilisierung von Arbeit an Bedeutung verringerter sozialer Interaktionen aufrechterhalten und bestmöglich vom Kleinsten bis ins Größte: den Einzelnen, die Arbeit mit um das Spannungsfeld von Erreichbarkeit und Abgrenzung, zunimmt: social health. Wie wichtig gelingende soziale Beziehungen gefördert werden kann. Kolleginnen und Kollegen im Team sowie ganze Unternehmen bzw. Autonomie und Eingebundenheit sowie Produktivität und Erholung für unser Wohlbefinden sind, merken wir oft erst, wenn sie fehlen. Organisationen. In der Gesundheitsforschung rückt das soziale erfolgreich und gesund zu gestalten. Miteinander als wichtiger Faktor in den Fokus. Es geht im wahrsten Sinne des Wortes um eine gesunde Balance. social health ergänzt somit einen zentralen, bisher jedoch deutlich untererforschten Bereich des Gesundheitsbegriffs, der in der vor liegenden Studie in Bezug auf die Gesundheit von Beschäftigten in physical ihrem Arbeitskontext beleuchtet wird. health social health Produktivität Erholung mental Eingebundenheit Erreichbarkeit Abgrenzung Autonomie health
24 BARMER DIE UNERFORSCHTE SICHT AUF GESUNDHEIT 25 Und was macht mobile Arbeit mit unserer Gesundheit? wie es den Beschäftigten im vergangenen Jahr erging. Hierzu nehmen Die Abwesenheitstage gehen zurück Frühere Studienergebnisse zeigen, dass Flexibilisierung und wir vier bedeutende Faktoren von Gesundheit in den Fokus: Arbeits Die Anzahl an Tagen, an denen Beschäftigte aus gesundheitlichen Digitalisierung ein „zweischneidiges Schwert“ für die Gesundheit zufriedenheit, Erschöpfung, Unsicherheit sowie Absentismus Gründen von der Arbeit fernblieben (Absentismus), ist seit Befragung 1 darstellen. Während beispielsweise der Zuwachs an Autonomie (Abwesenheit/Fernbleiben vom Arbeitsplatz). im Juli 2020 sogar rückläufig. Während Beschäftigte im Juli 2020 noch eine wichtige Ressource ist, kann ständige Erreichbarkeit zu einer von 3,8 Tagen Absenz berichteten, waren es bei Befragung 3 im hohen Belastung werden. Umso wichtiger ist daher die Analyse, Juli 2021 nur mehr 3,2 Tage (jeweils bezogen auf die letzten sechs Monate vor der Befragung). 5 SEHR STARK AUSGEPRÄGT 3,7 3,8 3,7 3,8 KRANKHEITS- 3,4 ,2% 2,8 2,8 2,8 3,2 2,5 2,6 BEDINGTE 2,4 ABWESENHEITS- ,2% ,2% TAGE IN DEN LETZTEN 6 MONATEN 1 SEHR SCHWACH ARBEITSZUFRIEDENHEIT ERSCHÖPFUNG UNSICHERHEIT BEFRAGUNG 1 BEFRAGUNG 2 BEFRAGUNG 3 AUSGEPRÄGT ,2% BEFRAGUNG 1 BEFRAGUNG 2 BEFRAGUNG 3 Die Beschäftigten in Deutschland zeigen Resilienz Trotz der anhaltenden Corona-Pandemie haben sich Arbeits zufriedenheit, Erschöpfung und Unsicherheit bei den Beschäftigten über den gesamten Befragungszeitraum nicht negativ entwickelt.
26 BARMER DIE UNERFORSCHTE SICHT AUF GESUNDHEIT 27 Zeigen sich auch Unterschiede zwischen Personengruppen? Kollegen. Hierbei liegt die jüngste Altersgruppe (unter 30-Jährige) Bei Unsicherheit und Erschöpfung zeigen sich auch Um zu überprüfen, ob manche Personengruppen mehr von bei der Erschöpfung 9,6 Prozent über dem Durchschnitt, bei arbeits Geschlechterunterschiede. Über den gesamten Fazit zum Kapitel „social health“ Erschöpfung und Unsicherheit betroffen sind als andere, wurden die bezogener Unsicherheit sogar 11 Prozent. Beschäftigte ab 50 Jahren Befragungszeitraum hinweg berichten Frauen von Eine gute und vielleicht auch unerwartete Nachricht: Die Daten zusätzlich nach Altersgruppen und nach Geschlecht getrennt liegen unter dem Durchschnitt, Beschäftigte ab 60 Jahren sogar mehr arbeitsbezogener Unsicherheit als Männer Beschäftigten in Deutschland konnten sich in den Jahren 2020 betrachtet. deutlich mit –13,3 Prozent bei berichteter Erschöpfung und (durchschnittlich 18,8 Prozent versus 15,1 Prozent) und 2021 ein hohes Maß an Arbeitszufriedenheit bewahren. Auch –15,8 Prozent bei arbeitsbezogener Unsicherheit. sowie von mehr Erschöpfung (durchschnittlich Unsicherheit und Erschöpfung stiegen nicht an. Bemerkenswert Erschöpfung und Unsicherheit 31,9 Prozent versus 25,5 Prozent). ist ferner der positive Zusammenhang von Alter und psychischer Die psychische Stabilität scheint mit dem Alter zuzunehmen. So Stabilität, der sich durch geringere Erschöpfung und Unsicherheit berichten ältere Beschäftigte von deutlich weniger Erschöpfung und ERSCHÖPFUNG NACH ALTERSGRUPPEN bei älteren Beschäftigten zeigt. Ältere Mitarbeitende können arbeitsbezogener Unsicherheit als ihre jüngeren Kolleginnen und IM VERGLEICH ZUM DURCHSCHNITT hierdurch zu einer wichtigen emotionalen Ressource für ihre UNSICHERHEIT NACH ALTERSGRUPPEN Teams und Unternehmen werden. IM VERGLEICH ZUM DURCHSCHNITT 11,0 % 9,6 % ZUSTIMMUNG ZUR AUSSAGE: „WENN ICH ÜBER DIE ZUSTIMMUNG ZUR AUSSAGE: „NACH DER ARBEIT FÜHLE MÄNNER ARBEIT NACHDENKE, FÜHLE ICH VIEL UNSICHERHEIT.“ ICH MICH IN DER REGEL SCHLAPP UND ERSCHÖPFT.“ 5,5 % ,2% 4,0 % FRAUEN 14,2 % 25,7 % ,2% ,2% BEFRAGUNG 1 BEFRAGUNG 1 – 0,1 % – 1,5 % 19,4 % 32,4 % ,2% ,2% – 3,3 % – 4,0 % 16,0 % 25,1 % ,2% ,2% BEFRAGUNG 2 BEFRAGUNG 2 18,7 % 31,5 % ,2% ,2% – 13,3 % – 15,8 % 15,0 % 25,8 % ,2% ,2% BEFRAGUNG 3 BEFRAGUNG 3 18,4 % 31,9 % ,2% ,2% 18 –29 JAHRE 30 –39 JAHRE 4 0 –49 JAHRE 5 0 –59 JAHRE 6 0 + JAHRE
28 BARMER 29 ERKENNTNISSE DER STUDIE ZU DEN DREI GESTALTUNGSEBENEN INDIVIDUUM, TEAM UND ORGANISATION Drei Dimensionen, ein Ziel: die Förderung von social health Bits und Bytes sind elektrische Impulse ohne Empfindungen. Auf der Unternehmensebene ergeben sich neue Fragestellungen, Menschen dagegen haben gute und schlechte Tage, Stärken und wie mit der Angst vor Kontrollverlust, aber auch mit technischen Schwächen. Was also macht die digitalisierte Arbeitswelt mit Veränderungen umgegangen werden soll. Unternehmen und unserem Wohlbefinden? Es gibt positive Aspekte wie das Gefühl Organisationen erleben Veränderungen und Auswirkungen der größerer Autonomie und die potenziell bessere Vereinbarkeit von mobilen Arbeit, die dazu führen, dass bisherige Prozesse, Arbeit und Privatleben. Bei Letzterem können aber auch Grenzen Arbeitsweisen und kulturelle Prägungen überdacht und neu verschwimmen. Wie navigiert sich der/die Einzelne durch diese orchestriert werden müssen. Herausforderungen und Spannungsfelder? Wir sehen daher die Notwendigkeit einer neuen Betrachtung Auch der Anspruch an Führung unterliegt Veränderungen. So und Führung von Beschäftigten, um mit der sich akut verändern stellen zum Beispiel Zielvereinbarungen, Feedback und Motivation den Arbeitssituation proaktiv umzugehen. navigate, include and auf Distanz ganz neue Anforderungen an Führungskräfte. Auf der coordinate sowie orchestrate bilden daher im Folgenden drei Teamebene gilt es, trotz örtlicher Trennung alle Kolleginnen und Gestaltungsebenen, um das Zusammenspiel von Individuum, Team Kollegen im Boot zu halten, sie in die Projekte zu inkludieren und und Organisation in den Blick zu nehmen. die Koordination aller Beteiligten sicherzustellen.
30 BARMER DREI DIMENSIONEN, EIN ZIEL: DIE FÖRDERUNG VON SOCIAL HEALTH 31 navigate: Wie geht der/die Einzelne mit mobiler Arbeit um? Unter navigate verstehen wir, wie jeder/jede Einzelne seine/ihre Jeder ist seines Job-Glückes Schmied? Arbeit mit allen relevanten Rahmenbedingungen navigiert und Welchen Einfluss hat Job Crafting auf unsere Gesundheit? gestaltet. Hierzu zählen die gelebte Arbeitsflexibilität, das Wie bewahren wir einen gesunden Abstand zwischen Arbeit Management der Grenzen zwischen Arbeits- und Privatleben und Privatleben? Wie stark ausgeprägt sind Konflikte zwischen sowie die aktive Gestaltung der eigenen Arbeitstätigkeit Arbeit und Familie bei mobil und nicht mobil arbeitenden (sogenanntes Job Crafting). Beschäftigten?
32 BARMER DREI DIMENSIONEN, EIN ZIEL: DIE FÖRDERUNG VON SOCIAL HEALTH 33 Konflikte zwischen Arbeits- und Privatleben Befragung 1 im Juli 2020, 9,1 Prozent bei Befragung 3 im Juli 2021). Grenzmanagement Beim zeitlichen Grenzmanagement sind die Geschlechterunterschiede Zwischen Arbeits- und Privatleben können wechselseitig Konflikte Betrachtet man die Gruppen der mobil Beschäftigten und der nicht Die bewusste räumliche Trennung von Arbeits- und Privatbereich deutlich weniger ausgeprägt, dies wird inzwischen von rund drei entstehen. Die Beschäftigten wurden deshalb einerseits gefragt, ob mobil Beschäftigten separat, so zeigt sich, dass beide Gruppen der während der mobilen Arbeit wird von immer mehr Beschäftigten Vierteln aller Beschäftigten bewusst eingesetzt. ihre Arbeit ihr Privatleben negativ beeinflusst, und andererseits, wie Aussage „Meine Arbeitsanforderungen beeinträchtigen mein Privat- umgesetzt. Männer scheinen hierzu mehr Möglichkeiten zu haben sehr ihr Privatleben ihre Arbeitstätigkeit beeinträchtigt. Bei beiden und Familienleben“ ähnlich häufig zustimmen. Wird die Aussage (bzw. mehr Gebrauch davon zu machen) als Frauen. So stimmen Konfliktarten stimmte nur eine Minderheit der Beschäftigten den umgekehrt („Die Bedürfnisse meiner Familie oder meines Partners / der Aussage „Beim mobilen Arbeiten nutze ich einen abgetrennten Aussagen zu, was für relativ geringe Konflikte spricht. Zudem zeigen meiner Partnerin beeinträchtigen meine beruflichen Aktivitäten“), so Raum, damit ich Familie und Arbeit getrennt halten kann“ durch sich nur leichte Zunahmen über den Befragungszeitraum hinweg zeigen sich deutlichere Unterschiede zwischen beiden Gruppen. Mobil schnittlich 64 Prozent der Männer zu, jedoch nur 54,1 Prozent (negativer Einfluss der Arbeit auf das Privatleben: 17,2 Prozent bei Beschäftigte berichten hier von einem etwa doppelt so hohen Ausmaß der Frauen. Befragung 1 im Juli 2020, 18,1 Prozent bei Befragung 3 im Juli 2021; an Konflikten. negativer Einfluss des Privatlebens auf die Arbeit: 8,4 Prozent bei MÄNNER – ÖRTLICHES FRAUEN – ÖRTLICHES MÄNNER – ZEITLICHES FRAUEN – ZEITLICHES GRENZMANAGEMENT GRENZMANAGEMENT GRENZMANAGEMENT GRENZMANAGEMENT BEEINTRÄCHTIGUNG DES PRIVATLEBENS DURCH DAS ARBEITSLEBEN BEEINTRÄCHTIGUNG DES ARBEITSLEBENS DURCH DAS PRIVATLEBEN ZUSTIMMUNG ZUR AUSSAGE: „MEINE ARBEITSANFORDERUNGEN ZUSTIMMUNG ZUR AUSSAGE: „DIE BEDÜRFNISSE MEINER FAMILIE BEEINTRÄCHTIGEN MEIN PRIVAT- UND FAMILIENLEBEN.“ ODER MEINES PARTNERS / MEINER PARTNERIN BEEINTRÄCHTIGEN 72,9 % 74,7 % 73,3 % 72,3 % 69,7 % 69,9 % MEINE BERUFLICHEN AKTIVITÄTEN.“ 62,3 % 64,0 % 61,6 % 52,7 % 54,1 % MOBIL 50,6 % 17,4 % 10,2 % ,2% ,2% BEFRAGUNG 1 BEFRAGUNG 1 BESCHÄFTIGTE 16,9 % 6,1 % ,2% ,2% NICHT MOBIL ,2% BESCHÄFTIGTE 18,7 % 10,6 % ,2% ,2% BEFRAGUNG 2 BEFRAGUNG 2 16,8 % 5,5 % ,2% ,2% BEFRAGUNG 1 BEFRAGUNG 2 BEFRAGUNG 3 BEFRAGUNG 1 BEFRAGUNG 2 BEFRAGUNG 3 17,8 % 11,5 % ,2% „BEIM MOBILEN ARBEITEN NUTZE ICH EINEN „BEIM MOBILEN ARBEITEN VERSUCHE ICH, MEINE ZEIT SO ZU BEFRAGUNG 3 BEFRAGUNG 3 ABGETRENNTEN RAUM, DAMIT ICH FAMILIE UND STRUKTURIEREN, DASS ICH FAMILIE UND 18,5 % 5,8 % ,2% ARBEIT GETRENNT HALTEN KANN.“ ARBEIT KLAR TRENNEN KANN.“
34 Bound BARMER DREI DIMENSIONEN, EIN ZIEL: DIE FÖRDERUNG VON SOCIAL HEALTH 35 Der Effekt eines guten Grenzmanagements Aktive Arbeitsplatzgestaltung im Alter und die Schlüsselfunktion mehr Job Crafting betreiben. Die aktuellen Studienergebnisse auf die Arbeitsfähigkeit von digitaler Kompetenz implizieren jedoch, dass dies heute nur noch möglich ist, wenn ein Doch wie wirkt sich ein solches aktives Grenz Die aktive Gestaltung der eigenen Arbeit (Job Crafting) ist ausreichendes Maß an Digitalkompetenz vorhanden ist (Pfad A2). management auf die Arbeitsfähigkeit der Beschäftigten gesundheitsförderlich und führt nachgelagert zu einer besseren Verfügen ältere Menschen nur über geringe technologische RI* aus? Mittels statistischer Verfahren (sogenannter Gesundheitswahrnehmung (Pfad B im abgebildeten Modell). Kompetenzen, so können sie ihren Job nur schwer proaktiv gestalten, Random Intercept Cross-Lagged Panel Models) lässt Dies ist insbesondere für ältere Beschäftigte von hoher Relevanz, wodurch ihnen ein positiver Gesundheitseffekt entgeht (Pfade A1/B). sich zeigen, wie sich gutes Grenzmanagement und BEFRAGUNG 1 BEFRAGUNG 2 BEFRAGUNG 3 da die Gesundheit der Beschäftigten mit zunehmendem Alter Sind hingegen ausreichend technologische Kompetenzen vorhanden, Arbeitsfähigkeit über die Zeit entwickeln (Pfade A1/A2 abnimmt (Pfad C). Frühere Forschungsarbeiten zeigen hierbei, so nimmt das Job Crafting mit dem Alter zu, wovon in der Folge auch sowie D1/D2) und wie die Konstrukte sich gegenseitig GRENZ A1 GRENZ A2 GRENZ dass ältere Beschäftigte dies zum Teil kompensieren, indem sie die Gesundheit profitiert (Pfade A2/B). MANAGE MANAGE MANAGE beeinflussen (Pfade B1/B2 sowie C1/C2). Wichtig ist MENT MENT MENT B1 B2 ferner der Faktor RI (der sogenannte Random Intercept) im Modell. Dieser symbolisiert, dass stabile, vorab JOB CRAFTING bestehende Unterschiede zwischen den Beschäftigten C1 + C2 + (z. B. Persönlichkeitseigenschaften) kontrolliert werden DIGITAL- JOB und das Modell nur noch die Entwicklung bei den VIEL CRAFTING + D1 KOMPETENZ ARBEITS ARBEITS D2 ARBEITS Beschäftigten über die Zeit hinweg analysiert. Die FÄHIG- FÄHIG- FÄHIG- KEIT KEIT KEIT A2 B + HOCH zentrale Frage, ob ein gutes Grenzmanagement auch MITTEL DIGITAL- MITTEL KOMPE zu einer besseren Arbeitsfähigkeit führt, konnte erst NIEDRIG TENZ A1 + mals kausal adressiert werden. Die durchgeführten WENIG RI* Längsschnittanalysen belegen hierbei, dass sich durch ein aktives Grenzmanagement (örtlich, zeitlich und kom ALTER C – GESUNDHEIT munikativ) die Arbeitsfähigkeit der Beschäftigten zum 20 30 40 50 60 70 nächsten Erhebungszeitpunkt verbessert (Pfade B1/B2). ALTER Umgekehrt führt eine höhere Arbeitsfähigkeit aber nicht * RI steht für Random Intercept. Dieser Faktor rechnet stabile zu einem stärkeren Grenzmanagement (Pfade C1/C2). Eigenschaften der Personen (z. B. Persönlichkeitseigenschaften) Der Zusammenhang von Alter und Job Crafting hängt von der Ein gutes Grenzmanagement ist also zentral für eine gute heraus, sodass das Modell nur noch die Entwicklung von Digitalkompetenz der Mitarbeitenden ab. Digital kompetente Arbeitsfähigkeit, da es kausal die Arbeitsfähigkeit erhöht. Grenzmanagement und Arbeitsfähigkeit misst. mm Mitarbeitende betreiben im Alter mehr Job Crafting, während bei ihren digital weniger kompetenten Kolleginnen und Kollegen das Gegenteil der Fall ist.
36 BARMER DREI DIMENSIONEN, EIN ZIEL: DIE FÖRDERUNG VON SOCIAL HEALTH 37 Geschlechterunterschiede beim Job Crafting Sowohl Frauen als auch Männer nutzen in ähnlichem Ausmaß Fazit zum Kapitel „navigate“ Job Crafting, um ihre Arbeitstätigkeit aktiv zu gestalten. Dabei Auf der Ebene des Navigierens wurden zwei Verhaltensstrategien greifen sie jedoch zu unterschiedlichen Strategien. Während aktive beleuchtet, die jede/jeder Beschäftigte individuell verfolgen kann: Erweiterungen der Arbeitsrolle sowie die Nutzung neuer Technologien einerseits ein aktives Grenzmanagement zwischen Arbeits- und eher männliche Domänen zu sein scheinen, setzen sich Frauen Privatleben in zeitlicher, örtlicher und kommunikativer Hinsicht, verstärkt mit der Organisation von Arbeit sowie ihren Emotionen in andererseits die proaktive Gestaltung der eigenen Arbeit mittels Bezug auf die Arbeit („Metakognition“) auseinander. Job Crafting. Für beide Strategien konnte erstmals im Längs schnitt gezeigt werden, dass sie zu einer besseren Gesundheit der Beschäftigten beitragen, weshalb sie zum festen Verhaltensrepertoire aller Berufstätigen zählen sollten. Zudem konnte erneut die hohe Bedeutung technologischer Kompetenz nachgewiesen werden, die in Zukunft für die aktive Arbeitsgestaltung unentbehrlich sein wird. Umso bedeutender erscheint die Förderung von lebenslangem Lernen auf allen Ebenen. MÄNNER FRAUEN 76,5 % 72,8 % 57,1 % ,2% 54,2 % 54,5 % 53,2 % 50,2 % 50,0 % 45,1 % ,2% ,2% 44,6 % ,2% ,2% ERWEITERUNG DER SOZIALE ORGANISATION NUTZUNG NEUER METAKOGNITION ARBEITSROLLE ERWEITERUNG DER ARBEIT TECHNOLOGIEN
38 BARMER DREI DIMENSIONEN, EIN ZIEL: DIE FÖRDERUNG VON SOCIAL HEALTH 39 include and coordinate: Orientierung und Zusammenhalt im Team trotz räumlicher Trennung? include and coordinate bezieht sich darauf, die Zusammenarbeit in geben und zur Seite stehen. Haben deutsche Führungskräfte im flexiblen Teams aktiv zu gestalten, persönlich und virtuell effektiv zu Laufe des letzten Jahres ihre virtuellen Führungskompetenzen führen und hierbei psychologische Sicherheit sowie ein Gefühl von verbessert? Die Ergebnisse zeigen, dass das in einigen relevanten Authentizität und Zugehörigkeit bei den Teammitgliedern zu fördern. Branchen durchaus der Fall ist. Unsere Analysen belegen außerdem die Relevanz von guter virtueller Führung und zeigen einen kausalen Mein Chef kann Internet. Und deiner? Zusammenhang mit der Gesundheit von Beschäftigten auf. „Meine Führungskraft nutzt Technologien effektiv für die virtuelle Kommunikation mit den Mitgliedern unseres Teams” – wer in führender Position sitzt, möchte seinem Team bestmöglich Feedback
40 BARMER DREI DIMENSIONEN, EIN ZIEL: DIE FÖRDERUNG VON SOCIAL HEALTH 41 Virtuelle Führungskompetenzen der Führungskraft (nach Branchen) Die hohe Bedeutung virtueller Führungsfähigkeiten „Meine direkte Führungskraft nutzt Technologien effektiv für die virtuelle belegen die Studiendaten. So führt besseres digitales Kommunikation mit den Mitgliedern unseres Teams.“ Führen in der Folge zu einer erhöhten Arbeitszufriedenheit bei den Beschäftigten. Die Abbildung veranschaulicht die Wirkungsbeziehung. Sowohl virtuelle Führung als auch RI* Arbeitszufriedenheit wurden jeweils dreimal gemessen. 71,5 % Mittels statistischer Verfahren (sogenannter Random IT, Computer, Software, Internet, Datenverarbeitung 71,3 % BEFRAGUNG 1 BEFRAGUNG 2 BEFRAGUNG 3 76,8 % Intercept Cross-Lagged Panel Models) lässt sich zeigen, wie sich die Wahrnehmungen in Bezug auf Führung und 64,1 % VIRTUELLE A1 VIRTUELLE A2 VIRTUELLE Zufriedenheit über die Zeit entwickeln (Pfade A1/A2 sowie FÜHRUNGS- FÜHRUNGS- FÜHRUNGS- Fahrzeuge, Metalle, Maschinen 58,9 % FÄHIGKEIT B1 FÄHIGKEIT B2 FÄHIGKEIT 61,2 % D1/D2) und wie die Konstrukte sich gegenseitig beeinflussen (Pfade B1/B2 sowie C1/C2). Wichtig ist ferner der Faktor RI ,2% 58,8 % BEFRAGUNG 1 (der sogenannte Random Intercept) im Modell. Dieser Banken, Versicherungen, Immobilien 69,4 % BEFRAGUNG 2 symbolisiert, dass stabile, vorab bestehende Unterschiede C1 + C2 + 71,8 % BEFRAGUNG 3 zwischen den Beschäftigten (z. B. Persönlichkeitseigen ARBEITS- D1 ARBEITS- D2 ARBEITS- 55,7 % schaften) kontrolliert werden und das Modell nur noch die ZUFRIEDEN ZUFRIEDEN ZUFRIEDEN HEIT HEIT HEIT Gesundheit, Medizin, Pflege, Kosmetik, Sport 62,4 % Entwicklung bei den Beschäftigten über die Zeit hinweg 58,9 % Zwischen Befragung 1 im Juli 2020 und analysiert. Hierbei wird offensichtlich, dass virtuelle Befragung 3 im Juli 2021 haben sich aus Führung zum Befragungszeitpunkt 1 positiv auf die 54,7 % Sicht der Beschäftigten die digitalen Verwaltung, Administration, Arbeitszufriedenheit zum Befragungszeitpunkt 2 wirkt. RI* 55,4 % öffentliche Dienstleistungen Führungsfähigkeiten in zahlreichen 59,3 % Den gleichen Effekt finden wir zwischen Befragungs Branchen positiv entwickelt, beispiels zeitpunkt 2 und Befragungszeitpunkt 3 (Pfade B1/B2). 47,3 % weise in der Versicherungs-, Banken- und Bildung, Pädagogik, Forschung, Lehre 63,0 % Umgekehrt führt eine höhere Arbeitszufriedenheit nicht Immobilienbranche (+ 22 Prozent), der 61,0 % zu einer besseren Führungswahrnehmung (Pfade C1/C2). * RI steht für Random Intercept. Dieser Faktor rechnet stabile Bildungsbranche inklusive Forschung und Dies bestätigt die propagierte Wirkrichtung und verdeutlicht Eigenschaften der Personen (z. B. Persönlichkeitseigenschaften) Lehre (+ 29 Prozent) sowie der Sicher 26,7 % die hohe Relevanz guter Führungsarbeit. heraus, sodass das Modell nur noch die Entwicklung der virtuellen Sicherheit, Bundeswehr, Polizei, Feuerwehr 39,4 % heitsbranche inklusive Bundeswehr, Führungsfähigkeit und Arbeitszufriedenheit misst. 46,3 % Polizei und Feuerwehr (+ 74 Prozent).
42 BARMER DREI DIMENSIONEN, EIN ZIEL: DIE FÖRDERUNG VON SOCIAL HEALTH 43 Örtlich getrennt sein und dennoch sozial zusammenrücken. elementar, sich nicht verstellen zu müssen. Gleichzeitig muss sich die Das Zugehörigkeitsgefühl zum Team unter MÄNNER Wie kann das gelingen? Person im Team aber auch angenommen fühlen, sie muss eine hohe deutschen Beschäftigten ist hoch: Ch t FRAUEN an itä Jeder Mensch hat unterschiedliche Stärken. Und das ist auch gut Zugehörigkeit verspüren. 74,9 Prozent der Beschäftigten stimmen ce tiz ng en so. Denn gut geführt wird aus den individuellen Stärken ein umso der Aussage „Mein Team gibt mir das Gefühl, le th ich Au stärkeres Team. Ein starkes Klima der Inklusion ist hierfür eine Chancengleichheit als dritte Dimension des Index bezieht sich auf dazuzugehören“ zu. Ähnlich hohe Werte he it elementare Voraussetzung. Gemeinsam kann der ungewohnten die Förderung von Fairness und darauf, jeder Form von Diskriminierung werden mit 73,5 Prozent Zustimmung auch räumlichen Isolation entgegengewirkt und Stress reduziert werden. aktiv entgegenzutreten. Hierfür zentral sind auch die Human bei der Frage nach Authentizität innerhalb Gesundheit und Wohlbefinden entstehen vor allem auch durch die Art Resources-Praktiken wie faire Rekrutierung, Leistungsbeurteilung des Teams berichtet. Dagegen schätzen die der Einbindung in menschliche Beziehungen und Gemeinschaften, und Entlohnung sowie gleicher Zugang zu Weiterbildung und Beschäftigten die Chancengleichheit innerhalb 73,5 % 42,3 % unabhängig vom konkreten Arbeitsort. Aufstiegschancen. ihres Teams deutlich niedriger ein. Der Aussage (74,4 %) (45,2 %) (72,7 %) (39,7 %) „In meinem Team gibt es für alle Mitarbei Vier Dimensionen bilden den St.Gallen Inclusion Index Zuletzt sorgt die Nutzung von Perspektivenvielfalt im Team dafür, tenden faire Aufstiegschancen“ stimmen nur Doch wie lässt sich diese soziale Einbindung konkret messen? Hierfür dass die Vorteile der Diversität hinsichtlich Innovation und Performanz 42,3 Prozent der Beschäftigten zu. Auch die zentral ist das Inklusionsklima im Team, welches vier Dimensionen auch ausgespielt werden können. Bringen Beschäftigte ihre unter Perspektivenvielfalt innerhalb ihres Teams Gesamt umfasst: Authentizität, Zugehörigkeit, Chancengleichheit sowie schiedlichen Perspektiven mit ein, hören sie sich die Meinung anderer wird von Beschäftigten etwas niedriger einge Perspektivenvielfalt, welche gemeinsam den St.Gallen Inclusion unvoreingenommen an und werden diese Standpunkte wertgeschätzt schätzt. So stimmen der Aussage „In meinem Index bilden. und integriert, dann erzeugt das gemeinsames Lernen, welches wie Team können alle Mitarbeitenden ihre Ideen derum zu besseren Ergebnissen führt. und Meinungen einbringen“ nur 63,8 Prozent 74,9 % 63,8 % Inklusion beginnt immer mit Authentizität. Diese beschreibt das der Beschäftigten zu. In Bezug auf potenzielle (75,6 %) (65,8 %) Ausmaß, in dem eine Person innerhalb eines Teams sie selbst Geschlechtsunterschiede wird deutlich, dass (74,3 %) (62,0 %) sein kann. Um erfolgreich und gesund arbeiten zu können, ist es Frauen insbesondere die Chancengleichheit noch negativer einschätzen als ihre männlichen Kollegen. Auch die genutzte Perspektivenviel lt fa falt beurteilen sie etwas kritischer. Zu el vi g eh en ör iv kt ig pe ke i rs t Pe
44 BARMER DREI DIMENSIONEN, EIN ZIEL: DIE FÖRDERUNG VON SOCIAL HEALTH 45 Obwohl die bewusste Förderung von Diversität und Inklusion derzeit hohe Aufmerksamkeit erfährt, sind Daten zu den Fazit zum Kapitel „include and coordinate“ konkreten Folgen einer besseren Inklusion selten. In dieser Die Teamebene ist für die erfolgreiche Gestaltung von mobiler Arbeit Studie kann erstmals der Nachweis geführt werden, zentral. Für Führungskräfte gilt es, ihr Team auch über eine Distanz dass Inklusion kausal die Gesundheitswahrnehmung hinweg zu motivieren, zu koordinieren sowie jedem/jeder Einzelnen verbessert und damit für alle Beschäftigten von zentraler RI* Feedback zu geben und Entwicklungsmöglichkeiten zu eröffnen. Bedeutung ist. Die Daten zeigen, dass sich die virtuelle Führungsqualität in vielen Branchen deutlich gesteigert hat. Dies ist umso bedeutsamer, weil die BEFRAGUNG 1 BEFRAGUNG 2 BEFRAGUNG 3 Um diesen Effekt zu zeigen, wurden wiederum Inklusion Studie erstmals kausal belegt, dass hierdurch die Arbeitszufriedenheit und Gesundheit zu den drei Studienzeitpunkten gemessen der Beschäftigten zunimmt. A1 A2 und die Entwicklungen über die Zeit mittels eines INKLUSION INKLUSION INKLUSION sogenannten Random Intercept Cross-Lagged Panel B1 B2 Ferner gilt es für Führungskräfte und Teammitglieder, gemeinsam Models analysiert. So zeigt das Modell ausschließlich den ein ausgeprägtes Inklusionsklima zu schaffen und es zur positiven Zusammenhang von Inklusion und Gesundheit und blendet Gestaltung von Diversität zu nutzen. Auch hier zeigen die Daten personenspezifische Störvariablen aus. Es zeigt sich, dass C1 + C2 + eindrücklich, dass die Kombination von Authentizität, Zugehörigkeit, nur Inklusion die Gesundheitswahrnehmung zum nächsten Chancengleichheit und Perspektivenvielfalt kausal auf die Gesundheit D1 Befragungszeitpunkt positiv beeinflusst (Pfade B1 und B2), GESUND GESUND D2 GESUND der Beschäftigten einzahlt. Für Teams und Unternehmen muss dies ein HEIT HEIT HEIT alle anderen Pfade (A, C und D) sind nicht signifikant, Anreiz sein, insbesondere die Chancengleichheit weiter auszubauen, höhere Gesundheit führt also nicht zu einer besseren die bisher nur von weniger als der Hälfte der Beschäftigten als Inklusionswahrnehmung. gegeben angesehen wird. RI* In Summe belegt dies, wie wichtig Inklusion für die Beschäftigten ist, völlig unabhängig davon, ob sie zu einer Minorität gehören oder nicht. * RI steht für Random Intercept. Dieser Faktor rechnet stabile Eigenschaften der Personen (z. B. Persönlichkeitseigenschaften) heraus, sodass das Modell nur noch die Entwicklung von Inklusion und Gesundheit über die Zeit misst.
46 BARMER DREI DIMENSIONEN, EIN ZIEL: DIE FÖRDERUNG VON SOCIAL HEALTH 47 orchestrate: auf Kurs bleiben – auch im Datenfluss Unter orchestrate fassen wir die Orchestrierung bzw. Gesamt Wie veränderte sich die Präsenzkultur von Führungskräften und ausrichtung einer Organisation in Zeiten des digitalen Wandels Organisationen im Laufe des letzten Jahres? Wie wirkt sich ein zusammen. Hierzu gehören die gelebte Präsenzkultur im höherer digitaler Reifegrad auf Stress und Arbeitsfähigkeit von Unternehmen, der digitale Reifegrad der Organisation sowie Beschäftigten aus? Und welche Unternehmenskultur geht mit einer die vorherrschende Organisationskultur. besseren Gesundheit ihrer Beschäftigten einher?
48 BARMER DREI DIMENSIONEN, EIN ZIEL: DIE FÖRDERUNG VON SOCIAL HEALTH 49 Präsenzkultur Reifegrad der Virtualität im Unternehmen Bei Befragung 3 hat der digitale Reifegrad in einigen Unternehmen im Sowohl einzelne Führungskräfte als auch ganze Organisationen Über die Befragungszeitpunkte hinweg können Veränderungen in Vergleich zu Befragung 2 wieder etwas abgenommen. So weisen setzen bei Befragung 3 im Juli 2021 wieder mehr auf Präsenz als Richtung eines höheren digitalen Reifegrads beobachtet werden. beispielsweise höhere Werte in der Widerstandsphase darauf hin, noch bei Befragung 2 im Januar 2021. So geben in beiden Dimensionen Insbesondere zwischen Befragung 1 und Befragung 2 nahmen die dass die anfängliche Euphorie etwas zurückgegangen sein könnte. rund 50 Prozent der Beschäftigten an, dass ihre Führungskraft bzw. Beschäftigten einen Fortschritt wahr. Hier hat sich der Anteil an Organisation viel Wert auf Anwesenheit im Büro legt. Unternehmen in der Widerstands- und Vorbereitungsphase In Summe zeigen die Werte dennoch, dass die Beschäftigten in der verringert, während sich mehr Unternehmen in der Umsetzungs- Bundesrepublik über alle Branchen hinweg über einen höheren oder Virtualisierungsphase befanden oder bereits volle Virtualität digitalen Reifegrad ihrer Unternehmen berichten. erreicht hatten. 22,8 % Widerstandsphase 17,6 % 20,1 % 19,2 % Vorbereitungsphase 16,3 % 16,0 % ,2% BEFRAGUNG 1 BEFRAGUNG 2 BEFRAGUNG 3 43,1 % Umsetzungsphase 44,6 % 54,0 % 57,0 % 44,0 % 49,9 % 49,3 % 52,8 % ,2% 45,9 % ,2% 8,9 % Virtualisierungsphase 13,4 % 11,5 % ,2% BEFRAGUNG 1 6,0 % Phase der vollen Virtualität 8,2 % BEFRAGUNG 2 8,4 % BEFRAGUNG 3 PRÄSENZKULTUR DER FÜHRUNGSKRAFT PRÄSENZKULTUR DER ORGANISATION
50 BARMER DREI DIMENSIONEN, EIN ZIEL: DIE FÖRDERUNG VON SOCIAL HEALTH 51 Auswirkungen des digitalen Reifegrads eines Auswirkungen des digitalen Reifegrads eines Unternehmens auf Stress Unternehmens auf die Arbeitsfähigkeit (Work Ability) RI* RI* Eine positive Wahrnehmung in Bezug auf den Eine Erhöhung des digitalen Reifegrads eines Unternehmens digitalen Reifegrad ist äußerst relevant. So führt eine führt aber nicht nur zu weniger Stress, sondern trägt auch Erhöhung des digitalen Reifegrads eines Unternehmens BEFRAGUNG 1 BEFRAGUNG 2 BEFRAGUNG 3 kausal zu einer verbesserten Arbeitsfähigkeit seiner Ange- BEFRAGUNG 1 BEFRAGUNG 2 BEFRAGUNG 3 kausal zu einer Stressreduktion bei seinen Angestellten. stellten bei. Dieser Effekt ist linear und bereits bei einem Dieser Zusammenhang ist jedoch nicht linear. Wenn A1 + A2 + niedrigen Reifegrad beobachtbar. A1 + A2 + DIGITALER DIGITALER DIGITALER DIGITALER DIGITALER DIGITALER der digitale Reifegrad gering ist, steigt zunächst das REIFEGRAD REIFEGRAD REIFEGRAD REIFEGRAD REIFEGRAD REIFEGRAD B1 B2 B1 B2 Stressempfinden bei einer Erhöhung des Reifegrads So profitieren Mitarbeitende schon in der Vorbereitungsphase (Widerstands- und Vorbereitungsphase). Erst bei einem von einer verbesserten Arbeitsfähigkeit, die in späteren höheren Reifegrad (Umsetzungsphase) setzt eine nach Reifephasen weiter zunimmt. C1 - C2 - C1 + C2 + haltige Stressreduktion ein. Dieses Ergebnis bestätigt die bestehende Literatur zu organisationalem Wandel D1 D1 D2 ARBEITS- ARBEITS- D2 ARBEITS- und zeigt, dass Organisationen gerade zu Beginn ihre STRESS STRESS STRESS FÄHIGKEIT FÄHIGKEIT FÄHIGKEIT Mitarbeitenden emotional unterstützen und ihnen ein Gefühl des Fortschritts vermitteln müssen. RI* RI* STRESS ARBEITS- FÄHIGKEIT HOCH HOCH * RI steht für Random Intercept. Dieser Faktor rechnet stabile * RI steht für Random Intercept. Dieser Faktor rechnet stabile Eigenschaften der Personen (z. B. Persönlichkeitseigenschaften) Eigenschaften der Personen (z. B. Persönlichkeitseigenschaften) heraus, sodass das Modell nur noch die Entwicklung von digitalem heraus, sodass das Modell nur noch die Entwicklung von digitalem Reifegrad und Stress misst. Reifegrad und Arbeitsfähigkeit misst. NIEDRIG NIEDRIG NIEDRIG HOCH NIEDRIG HOCH DIGITALER REIFEGRAD DIGITALER REIFEGRAD
52 BARMER DREI DIMENSIONEN, EIN ZIEL: DIE FÖRDERUNG VON SOCIAL HEALTH 53 Einfluss der Unternehmenskultur auf die Gesundheit 1) Hierarchische Kultur: „Mein Unternehmen ist geordnet und Im Durchschnitt sind die meisten Unternehmen in Deutschland Hier fällt der Anteil in der IT-Branche (21,1 Prozent) beinahe doppelt der Beschäftigten gut strukturiert. In der Regel bestimmen formale Prozeduren die hierarchisch geprägt (29,6 Prozent). Daneben nehmen auch die Clan- so hoch aus wie in der Sicherheitsbranche (12 Prozent). Abschließend gehen wir der Frage nach, wie die Kultur einer Handlungen der Mitarbeitenden.“ Kultur (26,8 Prozent) und die Markt-Kultur (25,9 Prozent) einen Organisation die Gesundheit ihrer Beschäftigten im digitalen 2) Markt-Kultur: „Mein Unternehmen ist sehr ergebnisorientiert. bedeutenden Stellenwert ein, während die Adhokratie (17,8 Prozent) Zeitalter beeinflusst. Hierzu nutzen wir das sogenannte Die Mitarbeitenden sind sehr ehrgeizig und auf Leistung aus.“ eine eher untergeordnete Rolle spielt. „Competing Values Framework“, welches vier prototypische 3) Clan-Kultur: „Mein Unternehmen besitzt einen sehr persönlichen Kulturausprägungen unterscheidet: Charakter. Es ist wie eine große Familie. Die Mitarbeitenden scheinen Betrachtet man ausgewählte Branchen, so zeigen sich Unterschiede viel miteinander zu teilen.“ in der Unternehmenskultur. Besonders deutlich sind diese Unter 4) Adhokratie-Kultur: „Mein Unternehmen ist sehr dynamisch und schiede im Ausmaß der hierarchischen Kultur und der Adhokratie- unternehmerisch. Die Mitarbeitenden sind bereit, etwas zu wagen.“ Kultur zu sehen. Beispielsweise zeigt die Sicherheitsbranche (inklusive Bundeswehr, Polizei und Feuerwehr) einen sehr hohen Anteil an hierarchischer Kultur (40,2 Prozent), in der IT-Branche ist GESUNDHEIT, MEDIZIN, CLAN-KULTUR dieser Anteil nur etwas mehr als halb so groß (23,8 Prozent). ,2% PFLEGE, KOSMETIK, SPORT 27,6 % Beim Anteil der Adhokratie-Kultur ist das Bild umgekehrt: IT, COMPUTER, SOFTWARE, 26,9 % INTERNET, DATENVERARBEITUNG INTERNER FLEXIBILITÄT 26,5 % FOKUS 23,2 % FAHRZEUGE, METALLE, MASCHINEN SICHERHEIT, BUNDESWEHR, POLIZEI, FEUERWEHR HIERARCHISCHE KULTUR ADHOKRATIE-KULTUR 29,8 % 16,1 % 23,8 % 21,1 % 24,9 % 19,4 % 40,2 % 12,0 % 26,5 % 28,2 % STABILITÄT 29,2% EXTERNER FOKUS 24,5 % MARKT-KULTUR
54 BARMER DREI DIMENSIONEN, EIN ZIEL: DIE FÖRDERUNG VON SOCIAL HEALTH 55 Die verschiedenen Unternehmenskulturen wirken sich unterschiedlich auf die Gesundheit der Beschäftigten aus. Rigide Kulturen wirken eher GESUNDHEIT DER negativ auf die Gesundheit (hierarchische Kultur und Markt-Kultur), MITARBEITENDEN während flexible Kulturen gesundheitsförderlich wirken (Clan-Kultur und Adhokratie-Kultur). Dieser Befund zeigt Handlungsbedarf auf, da gerade die Adhokratie-Kultur immer noch vergleichsweise selten ist, HOCH während hierarchische Kulturen oftmals dominieren. KULTURTYP CLAN-KULTUR ADHOKRATIE-KULTUR MARKT-KULTUR Fazit zum Kapitel „orchestrate“ HIERARCHISCHE KULTUR Auf der Organisationsebene haben Unternehmen zahlreiche Möglich keiten, die Flexibilisierung und Digitalisierung von Arbeit erfolgreich zu orchestrieren. Wichtige Stellschrauben liegen hier in der Förderung eines hohen digitalen Reifegrads sowie einer positiven Kultur Die Grafik zeigt Zusammenhänge gestaltung, die von Flexibilität geprägt sein und nicht rein auf Präsenz zwischen den Organisations setzen sollte. Für beide Themenbereiche konnte erstmals mit bevöl kulturen und der Gesundheit kerungsrepräsentativen und longitudinalen Daten gezeigt werden, NIEDRIG der Beschäftigten. So nimmt dass auf diese Weise der Stress der Beschäftigten reduziert werden zum Beispiel bei der Markt-Kultur kann sowie ihre Arbeitsfähigkeit und ihre Gesundheit gesteigert die Gesundheit der Beschäftigten werden können. ab, je stärker die Kultur ausge prägt ist. NIEDRIG HOCH AUSPRÄGUNGSGRAD DES KULTURTYPS
56 BARMER 57 SOCIAL HEALTH@WORK – DER AUSBLICK Fit für die Zukunft? Relevanz der Studie für Unternehmen – Angebote der BARMER große Chance, den medizinischen Fortschritt voranzutreiben und Wie werden wir in Zukunft arbeiten? Und wie können wir die die Versorgung der Versicherten zu verbessern. Elektronische Gesundheit von Beschäftigten auch in der neuen Arbeitswelt Gesundheitsakten, Videosprechstunden, Apps auf Rezept: In extra erhalten? Als eine der größten und führenden Krankenkassen geschaffenen Innovationsunits gestalten wir heute aktiv mit, was mit rund neun Millionen versicherten Bundesbürgerinnen und schon morgen Alltag wird, und fördern damit gesunde Bundesbürgern beschäftigt sich die BARMER mit grundsätz Lebensbedingungen für die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland. lichen Zukunftsfragen für ein gesundes Leben. Unsere bewährte Auch betriebliche Gesundheitsförderung müssen wir daher neu Zusammenarbeit mit der Universität St.Gallen verfolgt hier das denken. Mit unserem Firmenangebot Gesundheit bieten wir Ziel, Auswirkungen der zunehmend digitalisierten Arbeitswelt Unternehmen Maßnahmen an, die an den Erfordernissen der auf Unternehmen und Beschäftigte zu erforschen sowie daraus Arbeitswelt 4.0 ausgerichtet sind. Ziel ist es, für jede Branche Maßnahmen für mehr Gesundheit, Motivation und Effizienz im Job und möglichst jedes einzelne Unternehmen passgenaue Angebote abzuleiten. Die aktuelle repräsentative Studie social health@work für mehr social health zu entwickeln. Gesundheit, Motivation und liefert uns dabei wichtige und grundlegende Erkenntnisse. Dabei Leistungsfähigkeit stehen in einem engen Zusammenhang, auch verstehen wir die Digitalisierung des Gesundheitswesens als und vor allem in einer zunehmend digitalisierten Arbeitswelt.
58 BARMER FIT FÜR DIE ZUKUNFT? 59 Wir, die BARMER, unterstützen Sie dabei, Betriebliches Gesund- Achtsam werden mit 7Mind, der Meditations-App für den im Umgang mit belasteten und beanspruchten Mitarbeitenden. Die heitsmanagement (BGM) in Ihrem Betrieb erfolgreich einzu Arbeitsplatz. Stressbewältigung spielt im Arbeitsalltag eine immer Stresstypbestimmung hilft der Führungskraft, sich selbst und die führen und zu verankern. Dabei setzen wir im Betrieblichen wichtigere Rolle – ob direkt im Büro oder im Homeoffice. Mitarbeitenden in Stresssituationen besser zu verstehen und für sich Gesundheitsmanagement auf erfahrene Partner und beraten Sie Achtsamkeit können sich alle aneignen. Mit dem Achtsamkeitstraining Handlungsoptionen abzuleiten. gern dabei, die passenden Angebote auszuwählen. 7Mind@Work lernen die Beschäftigten und Azubis, im stressigen Joballtag gelassen und konzentriert zu bleiben. Für Unternehmen (orchestrate) • Innovatives BGM-Konzept mit einem bedarfsorientierten Organisationen erfahren, wie sie den Status quo von social health Mix aus digitalen und analogen Setting-Angeboten Für Führungskräfte (include and coordinate) im Unternehmen eruieren, ein erfolgreiches Changemanagement • Bundesweite Präsenz und flächendeckendes Angebot für Führungskräfte lernen in unseren Trainings, wie sie Inklusion etablieren und eine Gesamtstrategie zur Virtualisierung entwickeln kleine, mittelständische und große Unternehmen und Koordination im Team fördern können, wie sie ihre virtuellen können. • Hohe bundeseinheitliche Qualitätsstandards Führungsfähigkeiten ausbauen und welche Instrumente sie benöti • Betriebsnahe Partnerschaft bei der Entwicklung von gen, um Führung auf Distanz auszuüben. Angebote für Arbeitgeber Gesundheitslösungen • Bundesweites Beratungs- und Betreuungsnetz von Online-Seminar „Führung auf Distanz“ Der Digital Health Guide ist eine digitale Gesundheitsplattform, die Fachkräften, die regelmäßig geschult werden Das Seminar geht der Frage nach: Wie kann Führung auf Distanz passgenaue, auf Ihre Firma zugeschnittene Präventionsangebote • Bundesweites Netzwerk von Partnern und Dienstleistern, gelingen? Im interaktiven Austausch werden die Herausforderungen ermöglicht. Auf Basis der Kennzahlen des Unternehmensberichts die aktiv bei der Umsetzung von Maßnahmen unterstützen der Führung in Zeiten von „social distancing“ reflektiert. Die Führungs können Arbeitgeber ihr BGM steuern und anschließend gezielte BGM- kräfte erfahren, welches Verhalten, welche Haltung und Kompetenzen Maßnahmen aus dem zentralen Unternehmens-Cockpit ableiten. Die Wir bieten Ihnen konkrete Maßnahmen auf allen Organisations- für einen erfolgreichen Umgang mit ihren Mitarbeitenden motivierend App-Anwendung des Digital Health Guides ist außerdem dazu ebenen: navigate, include and coordinate sowie orchestrate. und förderlich sind. geeignet, Berufsstarter für das Thema Gesundheit zu sensibilisieren. Ausführliche Informationen und Buchung konkreter Maßnahmen: Für Beschäftigte (navigate) Webkonferenz „Belastungen verstehen, erkennen und handhaben“ www.barmer.de/firmenkunden/firmenangebot-gesundheit Beschäftigte erhalten von uns Unterstützung, wie sie Grenz Wie unterschiedlich wird Stress wahrgenommen und woran management-Taktiken im Alltag erfolgreich umsetzen, digitale erkennt man, dass jemand überlastet ist? Der Workshop hilft, Kompetenzen entwickeln und langfristig pflegen sowie durch ein Bewusstsein für Belastung und Beanspruchung, Warnsignale lebenslanges Lernen fördern können. und Stressfolgen bei sich selbst und bei den Mitarbeitenden zu entwickeln, und gibt Handlungsempfehlungen und Tipps für den und
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