Vorläufiger Abschluss des Bundeshaushalts 2020
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Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Januar 2021 Vorläufiger Abschluss des Bundeshaushalts 2020 Analysen und Berichte ● Der Bundeshaushalt 2020 schloss infolge der Auswirkungen der Corona-Pandemie zum ersten Mal seit sieben Jahren mit einem Defizit ab. Die erforderliche Nettokreditaufnahme (NKA) betrug rund 130,5 Mrd. €. Das ist ein historischer Höchststand, wenngleich die NKA um rund 87,3 Mrd. € niedriger ausgefallen ist als im Zweiten Nachtragshaushalt 2020 erwartet. ● Die Ausgaben stiegen 2020 gegenüber dem Vorjahr um 28,7 Prozent an und die Steuereinnahmen gingen um 13,9 Prozent kräftig zurück. ● Die strukturelle NKA beläuft sich auf 1,52 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Die Ober- grenze für die strukturelle NKA (0,35 Prozent des BIP = 11,7 Mrd. €) wurde nach vorläufigem Ergebnis um rund 39,1 Mrd. € überschritten. Gemäß dem vom Deutschen Bundestag beschlos- senen Tilgungsplan beträgt der zu tilgende Betrag damit vorläufig rund 2,0 Mrd. € pro Jahr. Die endgültige Berechnung des ab 2023 zu tilgenden Betrages erfolgt zum 1. September 2021. ● Im Jahr 2020 wurden außerordentliche Anstrengungen unternommen, um die Corona-Pandemie und ihre wirtschaftlichen, sozialen und gesellschaftlichen Folgen zu bekämpfen beziehungsweise einzudämmen. Dies erforderte entschlossenes Handeln auch im Bundeshaushalt. Der Haushalts- vollzug 2021 wird ebenfalls ganz wesentlich von der Bewältigung der Pandemie geprägt sein. Ausgangslage der staatliche Konsum mit einem spürbaren Plus das wirtschaftliche Geschehen. Einzelheiten zur Die deutsche Wirtschaft ist nach einer zehnjähri- wirtschaftlichen Entwicklung im Jahr 2020 können gen Expansionsphase im Corona-Krisenjahr 2020 dem Artikel „Konjunkturentwicklung aus finanz- in eine tiefe Rezession geraten. Das preisberei- politischer Sicht“ in diesem Monatsbericht ent- nigte BIP ist nach ersten Berechnungen des Sta- nommen werden. tistischen Bundesamts gegenüber dem Vorjahr um 5,0 Prozent gesunken. Die Pandemie führte Aufgrund des Einbruchs der Wirtschaftsleistung zu Rückgängen der Bruttowertschöpfung in na- sowie steuerlicher Maßnahmen zur Bekämpfung hezu allen Wirtschaftsbereichen. Besonders betrof- der Auswirkungen der Corona-Pandemie entwi- fen waren weite Teile des Dienstleistungssektors, ckelten sich die Steuereinnahmen von Bund und die zum Teil historisch starke Einbrüche erleb- Ländern (ohne Gemeindesteuern) im Haushalts- ten. Aber auch das Produzierende Gewerbe hatte jahr 2020 merklich rückläufig. Sie verringerten sich einen sehr deutlichen Rückgang der Wertschöp- um 7,3 Prozent gegenüber dem Haushaltsjahr 2019. fung zu verzeichnen (ohne Baugewerbe, dort stieg Insbesondere die Einnahmen aus den Steuern vom die Wertschöpfung verglichen mit dem Vorjahr so- Umsatz verringerten sich signifikant aufgrund der gar an). Verwendungsseitig ergaben sich beim pri- Reduzierung der Umsatzsteuersätze im 2. Halb- vaten Konsum, bei den Bruttoanlageinvestitionen jahr 2020. Einzelheiten hierzu können dem Artikel sowie bei den Exporten und den Importen starke „Die Steuereinnahmen des Bundes und der Länder Einbußen gegenüber dem Vorjahr. Dagegen stützte 37
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Vorläufiger Abschluss des Bundeshaushalts 2020 Januar 2021 im Haushaltsjahr 2020“ in diesem Monatsbericht Tabelle 1 zeigt neben dem Haushaltssoll 2020 wesent- entnommen werden.1 liche Eckwerte des vorläufigen Haushaltsabschlus- ses 2020 im Vergleich zum Haushaltsabschluss 2019. Gesamtübersicht zum vorläufi- gen Haushaltsabschluss Ausgaben und Einnahmen Der Bundeshaushalt 2020 schloss zum ersten Mal Die Ausgaben des Bundes (ohne besondere Finan- seit sieben Jahren wieder mit einem Defizit ab. In zierungsvorgänge) lagen mit rund 441,8 Mrd. € im dem am 30. Dezember 2019 verkündeten Haus- vorläufigen Ist 2020 um rund 66,7 Mrd. € bezie- haltsgesetz 2020 war noch kein Haushaltsausgleich hungsweise 13,1 Prozent unter dem Soll des Zwei- durch die Aufnahme neuer Schulden vorgesehen. ten Nachtrags. Die Einnahmen (ohne Umlaufmün- Zur Bekämpfung der Corona-Pandemie und der zen und ohne besondere Finanzierungsvorgänge) damit einhergehenden wirtschaftlichen, sozialen beliefen sich im Jahr 2020 nach vorläufigem Ist auf und gesellschaftlichen Folgen wurden zwei Nach- rund 311,1 Mrd. €. Damit nahm der Bund rund tragshaushalte beschlossen, die eine NKA zur Fi- 20,7 Mrd. € beziehungsweise 7,1 Prozent mehr ein nanzierung der die Einnahmen übersteigenden als im Soll des Jahres 2020 veranschlagt. Ausgaben vorsahen. Das Zweite Nachtragshaus- haltsgesetz 2020 wurde am 16. Juli 2020 im Bun- Davon entfallen rund 18,8 Mrd. € auf Steuermehr desgesetzblatt (BGBl.) I Nr. 35 S. 1669 verkündet einnahmen. Das Soll der Steuereinnahmen im und trat rückwirkend zum 1. Januar 2020 in Kraft. Zweiten Nachtragshaushalt 2020 in Höhe von Der Zweite Nachtragshaushalt schuf die finanzi- 264,4 Mrd. € basierte auf den Ergebnissen der Steu- ellen Voraussetzungen, um das im Juni 2020 be- erschätzung vom Mai 2020. Mit einem Ist der Steu- schlossene Konjunktur- und Krisenpaket schnell ereinnahmen in Höhe von 283,3 Mrd. € konnte das und entschlossen umzusetzen. Dabei entlastete der Soll um 18,8 Mrd. € übertroffen werden. Bund Länder und Kommunen umfangreich. Mit dem Nachtragshaushalt wurden gleichzeitig die Die nicht unerheblichen Abweichungen zwischen Voraussetzungen für Investitionen in die Zukunft dem Soll und dem vorläufigen Ist sind zum einen geschaffen. In Wahrnehmung internationaler Ver- ein Beleg dafür, dass die Maßnahmen zur Pande- antwortung stellte Deutschland zusätzliche Mittel miebewältigung und das entschlossene finanzpo- für Entwicklungshilfe und humanitäre Hilfe bereit. litische Handeln wirken. So ist die Wirtschaftsleis- tung wie zuvor beschrieben zwar deutlich gesunken, Da es keinerlei Erfahrungen mit einer derartigen aber in geringerem Ausmaß als zum Zeitpunkt der Krise gab, wurden bei der Haushaltsplanung auch Erstellung des Zweiten Nachtrags projiziert (preis- mögliche sehr ungünstige Entwicklungsverläufe bereinigtes BIP: -6,3 Prozent gegenüber dem Vor- der Pandemie und deren Folgen berücksichtigt. jahr). Zum anderen sind bei den Ausgaben veran- Daher wurden für verschiedene Zwecke Pauschal- schlagte Mittel aus verschiedenen Gründen nicht posten veranschlagt, die es ermöglichen sollten, oder nicht in vollem Umfang abgeflossen, z. B. Co- rasch und flexibel auf aktuelle Entwicklungen auch rona-Soforthilfen für kleine Unternehmen und finanziell reagieren zu können.2 Soloselbstständige in Höhe von 3,9 Mrd. € (veran- schlagt: 18,0 Mrd. €) und Überbrückungshilfen für kleine und mittelständische Unternehmen in Höhe von 20,9 Mrd. € (veranschlagt: 24,6 Mrd. €). Die Mit- 1 In dem Artikel aufgeführte Steuereinnahmen des Bundes wei- tel wurden für das Jahr 2021 deutlich aufgestockt chen methodisch bedingt von den in den folgenden Tabellen 1 und stehen als Überbrückungshilfen II und III zur und 7 dargestellten Steuereinnahmen des Bundes ab. Verfügung. Hieraus werden auch entsprechend den 2 Siehe „Nachtragshaushalt 2020 des Bundes (Sollbericht)“ im Monatsbericht des BMF August 2020. festgelegten Regelungen Ausfälle rückwirkend für 38
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Vorläufiger Abschluss des Bundeshaushalts 2020 Januar 2021 November und Dezember 2020 an Unternehmen Die Einnahmen des Bundeshaushalts 2020 (ohne erstattet. Daneben haben sich aber auch Minderbe- Umlaufmünzen und ohne besondere Finanzie- darfe insbesondere im Bereich Gewährleistungen rungsvorgänge) lagen dagegen gemäß dem vor- Analysen und Berichte (-6,5 Mrd. €), bei der Beteiligung des Bundes an den läufigen Ist um rund 45,4 Mrd. € beziehungsweise Kosten der Unterkunft und Heizung (-2,3 Mrd. €), 12,7 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Dies Arbeitslosengeld II (-5,7 Mrd. €) und bei den Zins ist auf einen Einbruch der Steuereinnahmen um ausgaben (-3,1 Mrd. €) ergeben. rund 45,7 Mrd. € beziehungsweise 13,9 Prozent in- folge des pandemiebedingten Rückgangs der Wirt- Im Vergleich zu früheren Haushaltsabschlüssen schaftsleistung und der Entlastungsmaßnahmen sind die Ausgaben 2020 die höchsten Ausgaben des zurückzuführen (siehe Abschnitt Steuerpolitik). Bundes, die es jemals in einem Haushaltsjahr ge- geben hat. Im Vergleich zum Jahr 2019 stiegen die Ausgaben des Bundes (ohne besondere Finanzie- Finanzierungssaldo und rungsvorgänge) mit einem Plus von 98,6 Mrd. € be- Nettokreditaufnahme ziehungsweise 28,7 Prozent beträchtlich an. Dies ist vor allem auf höhere laufende Zuweisungen an Aus der Gegenüberstellung der Einnahmen und Länder und Sondervermögen des Bundes sowie auf Ausgaben ergibt sich im Haushaltsjahr 2020 ein Fi- höhere Zuschüsse an Unternehmen und Sozialver- nanzierungsdefizit in finanzstatistischer Abgren- sicherungen zurückzuführen. Auch die investiven zung von rund 130,7 Mrd. €. Damit ist eine NKA Ausgaben übertrafen mit +32,3 Prozent das Vorjah- im Jahr 2020 erforderlich, die sich unter Hinzu- resniveau deutlich. rechnung der Münzeinnahmen in Höhe von rund Übersicht Tabelle 1 Soll 2020 Ist 2020 Ist 2019 Veränderung gegenüber Vorjahr in Mio. € in % Ermittlung des Finanzierungssaldos 1. Ausgaben zusammen¹ 508.530 441.798 343.186 +98.612 +28,7 2. Einnahmen zusammen² 290.426 311.085 356.492 -45.407 -12,7 Steuereinnahmen 264.446 283.254 328.989 -45.735 -13,9 Sonstige Einnahmen (ohne Münzeinnahmen) 25.980 27.831 27.502 +328 +1,2 3. Saldo der durchlaufenden Mittel 0 0 0 X X Einnahmen ./. Ausgaben + Saldo der -218.104 -130.713 13.306 -144.019 X durchlaufenden Mittel = Finanzierungssaldo Verwendung des Finanzierungssaldos Nettokreditaufnahme 217.772 130.464 0 X X Münzeinnahmen (nur Umlaufmünzen) 332 248 242 +7 +2,7 Zuführung (-)/Entnahme (+) Rücklage 0 0 -13.548 X X nachrichtlich: Investive Ausgaben 71.286 50.348 38.066 +12.282 +32,3 (Baumaßnahmen, Beschaffungen über 5.000 € je Beschaffungsfall, Darlehen, Inan- spruchnahme aus Gewährleistungen etc.) Abweichungen durch Rundung der Zahlen möglich. 1 Mit Ausnahme der Ausgaben zur Schuldentilgung am Kreditmarkt, der Zuführungen an Rücklagen und der Ausgaben zur Deckung eines kassenmäßigen Fehlbetrags. Ohne Ausgaben aus haushaltstechnischen Verrechnungen. 2 Mit Ausnahme der Einnahmen aus Krediten vom Kreditmarkt, der Entnahme aus Rücklagen und der Einnahmen aus kassenmäßigen Überschüssen sowie der Münzeinnahmen. Ohne Einnahmen aus haushaltstechnischen Verrechnungen. Quelle: Bundesministerium der Finanzen 39
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Vorläufiger Abschluss des Bundeshaushalts 2020 Januar 2021 0,2 Mrd. € auf rund 130,5 Mrd. € beläuft. Die erfor- Konjunkturkomponente (siehe Tabelle 3 Zeile 6 derliche NKA ist um rund 87,3 Mrd. € geringer als und 6b) beläuft sich die strukturelle NKA des mit dem Zweiten Nachtragshaushalt erwartet. Bundes auf Basis vorläufiger gesamtwirtschaftli- cher Daten auf rund 50,9 Mrd. € beziehungsweise 1,52 Prozent des BIP. Damit wird die Obergrenze Abrechnung der Schulden für die strukturelle NKA (0,35 Prozent des BIP des bremse des Bundes für das Vorvorjahres, in diesem Fall des Jahres 2018 = rund 11,7 Mrd. €) nach vorläufigem Ergebnis um rund Jahr 2020 39,1 Mrd. € überschritten. Der Bundeshaushalt hat mit einer NKA in Höhe von Die Diskrepanz zwischen der nominalen NKA des rund 130,5 Mrd. € abgeschlossen. Unter Berück- Bundeshaushalts von 130,5 Mrd. € und der struk- sichtigung der für die Schuldenbremse relevanten turellen Kreditaufnahme des Bundes von rund Sondervermögen, die insgesamt einen positiven Fi- 50,9 Mrd. € in Abgrenzung der Schuldenbremse ist nanzierungssaldo von rund 27,7 Mrd. € aufweisen in der Tabelle 2 dargestellt. Sie ergibt sich im We- und damit die zu berücksichtigende NKA verrin- sentlichen aus der Konjunkturkomponente und gern, beträgt die für die Schuldenbremse relevante den Überschüssen der Sondervermögen. tatsächliche NKA 2020 damit rund 102,8 Mrd. € (siehe Tabelle 3 Zeile 4). Die Überschreitung der Obergrenze für die struk- turelle NKA ist um rund 79,6 Mrd. € geringer als Zuzüglich finanzieller Transaktionen (siehe Ta- im Rahmen des Zweiten Nachtragshaushalts er- belle 3 Zeile 5) und zuzüglich der an die tatsäch- wartet. Die im Soll vorgesehene Überschreitung liche wirtschaftliche Entwicklung angepassten der Regelgrenze ist aufgrund der vom Bundestag Berechnung der Überschreitung der zulässigen NKA Tabelle 2 Voraussichtliches Ist 2020 in Mrd. € 1 Nettokreditaufnahme 102,8 Nettokreditaufnahme Bundeshaushalt 130,5 Finanzierungssaldo Energie- und Klimafonds 25,3 Finanzierungssaldo Aufbauhilfefonds -0,4 Finanzierungssaldo Kommunalinvestitionsförderungsfonds -1,0 Finanzierungssaldo Fonds Digitale Infrastruktur 1,3 Finanzierungssaldo Fonds Ganztagsschulen 2,5 2 Finanzielle Transaktionen -6,6 3 Konjunkturkomponente -45,3 4 Strukturelle Nettokreditaufnahme 50,9 (1) + (2) + (3) in % des BIP des Vorvorjahres (2018) 1,52 5 Obergrenze Strukturelle NKA (0,35 % des BIP) 11,7 6 Überschreitung der zulässigen Nettokreditaufnahme 39,1 Finanzierungssalden der Sondervermögen gehen mit umgekehrtem Vorzeichen in Punkt 1 ein. Abweichungen durch Rundung der Zahlen möglich. Abweichungen in den Summen und in den Produkten durch Rundung der Zahlen möglich. Quelle: Bundesministerium der Finanzen 40
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Vorläufiger Abschluss des Bundeshaushalts 2020 Januar 2021 beschlossenen Inanspruchnahme der Ausnahme- Aufgrund der Inanspruchnahme der Ausnahmere- regel gemäß Art. 115 Abs. 2 Satz 6 und 7 Grundge- gel gemäß Art. 115 Abs. 2 Satz 6 und 7 GG ist die setz (GG) verfassungskonform. Überschreitung der Regelgrenze mit einem Til- Analysen und Berichte gungsplan zu verbinden. Gemäß dem Beschluss des Deutschen Bundestags vom 2. Juli 2020 wer- Die Ermittlung der Konjunkturkomponente den die aufgrund der Ausnahmeregelung gemäß zum Haushaltsabschluss ist in der Verord- Art. 115 Abs. 2 Satz 6 des GG aufgenommenen Kre- nung über das Verfahren zur Bestimmung dite ab dem Bundeshaushalt 2023 sowie in den fol- der Konjunkturkomponente nach § 5 des Ar- genden 19 Haushaltsjahren zurückgeführt, und tikel 115-Gesetzes (Artikel 115-Verordnung) zwar in Höhe von jeweils einem Zwanzigstel des § 3 geregelt: „Dazu wird die zum Zeitpunkt Betrags der Kreditaufnahme, der nach Abschluss der Haushaltsaufstellung nach § 2 ermittelte des Bundeshaushalts 2020 die nach Art. 115 Abs. 2 Konjunkturkomponente an die tatsächliche Satz 2 und 3 GG zulässige Verschuldung überstie- Wirtschaftsentwicklung angepasst, indem gen hat. Ein Zwanzigstel des Überschreitungsbe- die zum Zeitpunkt der Haushaltsaufstellung trags von rund 39,1 Mrd. € sind gemäß der vorläufi- ermittelte Produktionslücke für das betref- gen ersten Abrechnung rund 2,0 Mrd. € und damit fende Haushaltsjahr korrigiert wird. Die Kor- deutlich weniger als auf Grundlage des Zweiten rektur erfolgt auf Basis der Differenz zwi- Nachtragshaushalts ermittelt (rund 5,9 Mrd. €). schen der zum Zeitpunkt der Buchung auf dem Kontrollkonto vom Statistischen Bun- Gemäß § 7 Abs. 1 des Artikel 115-Gesetzes erfolgt desamt festgestellten und der zum Zeit- die Abrechnung der Schuldenregel erstmals zum punkt der Haushaltsaufstellung erwarteten 1. März und abschließend zum 1. September eines Veränderung des Bruttoinlandsprodukts.“ jeden Jahres. Damit erfolgt die endgültige Berech- nung des ab dem Bundeshaushalt 2023 zu tilgen- In § 2 der Artikel 115-Verordnung, auf den den Betrags zum 1. September 2021; dies wird im hier verwiesen wird, ist die Ermittlung der Monatsbericht des BMF im September 2021 ver- Konjunkturkomponente bei der Haushalts- öffentlicht. Der im kommenden Finanzplan ab aufstellung geregelt. Die zum Zeitpunkt der dem Jahr 2023 berücksichtigte Betrag für den Til- Haushaltsaufstellung maßgebliche Kon- gungsplan wird also noch vorläufig sein. Der ab- junkturkomponente wurde mit der Gesamt- schließende Wert wird dann bei der Aufstellung wirtschaftlichen Projektion der Bundesre- des Haushalts 2023 und des Finanzplans bis 2026 gierung vom Herbst 2019 ermittelt. Sie lag berücksichtigt. bei -0,5 Mrd. €. Infolge des wirtschaftlichen Einbruchs im Jahr 2020 liegt die Konjunktur- komponente nun bei -45,3 Mrd. € (siehe Ta- belle 3 Zeile 6). 41
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Vorläufiger Abschluss des Bundeshaushalts 2020 Januar 2021 Vorläufige Abrechnung des Bundeshaushalts 2020 gemäß Schuldenbremse Tabelle 3 Soll¹ Ist² in Mrd. € 1 Maximal zulässige strukturelle Nettokreditaufnahme (in % des BIP) 0,35 2 Nominales BIP des der Haushaltsaufstellung vorangegangenen Jahres (Zeitpunkt 3.344,4 der Haushaltsaufstellung) 3 Maximal zulässige strukturelle Nettokreditaufnahme (1) x (2) 11,7 4 Nettokreditaufnahme (4a) - (4b)³ 5,9 102,8 4a Nettokreditaufnahme Bundeshaushalt 0,0 130,5 4b Finanzierungssalden Sondervermögen -5,9 27,7 4ba Finanzierungssaldo Energie- und Klimafonds -3,8 25,3 4bb Finanzierungssaldo Aufbauhilfefonds -0,5 -0,4 4bc Finanzierungssaldo Kommunalinvestitionsförderungsfonds -1,6 -1,0 4bd Finanzierungssaldo Fonds Digitale Infrastruktur -1,0 1,3 4be Finanzierungssaldo Fonds Ganztagsschulen 1,0 2,5 5 Saldo finanzieller Transaktionen -0,3 -6,6 5a Einnahmen aus finanziellen Transaktionen 1,1 1,0 5aa Einnahmen aus finanziellen Transaktionen Bundeshaushalt 1,1 1,0 5ab Einnahmen aus finanziellen Transaktionen Sondervermögen - - 5b Ausgaben aus finanziellen Transaktionen 1,4 7,6 5ba Ausgaben aus finanziellen Transaktionen Bundeshaushalt 1,4 7,6 5bb Ausgaben aus finanziellen Transaktionen Sondervermögen - - 6 Konjunkturkomponente -0,5 -45,3 Soll: (6a) x (6c) Ist: [(6a) + (6b)] x (6c) 6a Nominale Produktionslücke (Zeitpunkt der Haushaltsaufstellung) -2,5 6b Anpassung an tatsächliche wirtschaftliche Entwicklung -220,7 [Ist (6ba) - Soll (6ba)] % x (6bb) 6ba Nominales BIP (% gegenüber Vorjahr) 2,9 -3,5 6bb Nominales BIP des Vorjahres - 3.449,1 6c Budgetsensitivität (ohne Einheit) 0,203 7 Abbauverpflichtung aus Kontrollkonto - 8 Maximal zulässige Nettokreditaufnahme 12,5 63,6 (3) - (5) - (6) - (7) 9 Strukturelle Nettokreditaufnahme 5,1 50,9 (4) + (5) + (6) in % des BIP 0,15 1,52 10 Überschreitung der zulässigen Nettokreditaufnahme aufgrund Ausnahmerege- - 39,1 lung Art. 115 Abs. 2 Satz 6 GG4 (4) - (8) oder (9) - (3) 42
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Vorläufiger Abschluss des Bundeshaushalts 2020 Januar 2021 Vorläufige Abrechnung des Bundeshaushalts 2020 gemäß Schuldenbremse noch Tabelle 3 Soll¹ Ist² in Mrd. € Analysen und Berichte 11 Be(-)/Ent(+)lastung des Kontrollkontos 14,9 (8) - (4) + (10) oder (3) - (9) +(10) 12 Saldo Kontrollkonto Vorjahr 52,0 13 Saldo Kontrollkonto neu 52,0 (10) + (11) Abweichungen in den Summen und in den Produkten durch Rundung der Zahlen möglich. 1 Soll 2020 bezieht sich auf das Haushaltsgesetz 2020, verkündet am 30. Dezember 2019 im BGBl. I 2020 Nr. 52 S. 2890. Die erstmalige Haushaltsaufstellung bleibt trotz der beiden Nachtragshaushalte Ausgangspunkt für die Abschlussrechnung der Schuldenregel, um die Veränderung der wirtschaftlichen Entwicklung über den gesamten Verlauf des Haushaltsjahrs hinweg zu erfassen. 2 Die Berechnung des vorläufigen Ist 2020, aus der sich die vorläufige Höhe der Tilgungsverpflichtung ab dem Jahr 2023 ergibt, orientiert sich an den Vorschriften über die jährliche Abrechnung der Schuldenbremse für die Buchung auf dem Kontrollkonto. Gemäß § 7 Abs. 1 Artikel 115-Gesetz erfolgt zum 1. März und abschließend zum 1. September des dem betreffenden Haushaltsjahr folgenden Jahres die Buchung auf dem Kontrollkonto. 3 Die Nettokreditaufnahme erfasst sowohl die Nettokreditaufnahme des Bundeshaushalts als auch – mit umgekehrten Vorzeichen – die Finanzierungssalden der seit Inkrafttreten der Schuldenbremse neu errichteten Sondervermögen des Bundes. 4 Mit abschließender Buchung des Kontrollkontos zum 1. September 2021 wird die Überschreitung der zulässigen Nettokreditaufnah- me gemäß Beschluss des Bundestags vom 2. Juli 2020 endgültig berechnet. Diese Überschreitung der nach Art. 115 Abs. 2 Satz 2 und 3 GG zulässigen Neuverschuldung wird ab dem Haushaltsgesetz 2023 sowie in den folgenden 19 Haushaltsjahren in Höhe von jeweils einem Zwanzigstel des Überschreitungsbetrags zurückgeführt. Quelle: Bundesministerium der Finanzen Entwicklung wesentlicher finanz- ● Die Zinsausgabenquote (siehe Abbildung 1) und wirtschaftspolitischer stellt den Anteil der Zinsausgaben an den Ge- Kennziffern samtausgaben des Bundeshaushalts dar. Die Zinsausgabenquote lag 2020 bei 1,5 Prozent Kennziffern für das Jahr 2020 spiegeln deutlich und ging damit gegenüber 2019 (3,5 Prozent) die Situation des Bundeshaushalts in der aktuel- weiter zurück. Die Quote hat nun das nied- len Krise infolge der Corona-Pandemie wider. Die rigste Niveau seit dem Jahr 1965; die Aussage- Zinsausgabenquote sowie die Zins-Steuer-Quote kraft ist allerdings durch die Einmaleffekte auf sind – insbesondere aufgrund eines Rückgangs der der Ausgabenseite verzerrt. Im Jahr 2008, dem Zinsausgaben – weiter rückläufig. Dagegen stieg Jahr des Ausbruchs der Finanzkrise 2008/2009, der Anteil der Gesamtausgaben am BIP deutlich an hatte der Anteil noch bei 14,2 Prozent der Ge- und der Anteil der Ausgaben, die durch Steuern fi- samtausgaben gelegen. nanziert werden, sank kräftig gegenüber den Jah- ren zuvor. ● Die Zins-Steuer-Quote zeigt, wie viel Pro- zent der Steuereinnahmen für Zinsausgaben ● Die Ausgabenquote setzt die Gesamtausgaben verwendet werden müssen. Die Zins-Steuer- des Bundeshaushalts in Relation zum nomi- Quote setzte trotz eingebrochener Steuerein- nalen BIP (erstes vorläufiges Jahresergebnis für nahmen 2020 ihre Abwärtsbewegung fort. Die das BIP 2020: 3.329 Mrd. €). Die Ausgaben 2020 Quote belief sich 2020 auf 2,3 Prozent nach stiegen mit 28,7 Prozent gegenüber dem Vor- 3,6 Prozent im Jahr 2019. Die Zinsausgaben jahr kräftig an, während das nominale BIP zu- gingen 2020 mit 46,2 Prozent deutlich stärker rückging (-3,5 Prozent). In der Folge erhöhte zurück als die Steuereinnahmen (-13,9 Pro- sich die Ausgabenquote 2020 auf rund 13,3 Pro- zent) im Vergleich zum Vorjahr. Zu Beginn zent des BIP nach rund 10,0 Prozent im Vor- der Finanzkrise im Jahr 2008 hatte die Quote jahr. Dies ist die höchste Ausgabenquote 16,8 Prozent betragen. seit 1993 (13,4 Prozent des BIP). 43
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Vorläufiger Abschluss des Bundeshaushalts 2020 Januar 2021 ● Die Steuerfinanzierungsquote (siehe Abbil- ● Der Primärsaldo ist die Differenz zwischen öf- dung 2) gibt den Anteil der durch Steuerein- fentlichen Einnahmen (ohne NKA) und öf- nahmen gedeckten Gesamtausgaben des Bun- fentlichen Ausgaben abzüglich der Zinszah- deshaushalts wieder. Im Jahr 2020 wurden nur lungen auf die ausstehenden Schulden. Diese noch 64,1 Prozent der Ausgaben des Bundes- wichtige Größe eröffnet somit den Blick auf haushalts durch Steuereinnahmen gedeckt. den Haushalt ohne die Altlasten der Vergan- Im Jahr 2019 waren es noch 95,9 Prozent ge- genheit (repräsentiert durch die Zinslasten) wesen. Die Quote ist die niedrigste des Bundes und ohne aktuelle Neuverschuldung. Der Bun- in einem Haushaltsjahr. Die Ausgaben stiegen deshaushalt 2020 weist ein Primärdefizit von um 28,7 Prozent bei gleichzeitigem Rückgang 124,3 Mrd. € auf. der Steuereinnahmen um 13,9 Prozent. Abbildung 1 Zinsausgabenquote 1955 bis 2020 Zinsausgaben in Relation zu den Ausgaben des Bundeshaushalts in % 18 16 14 12 10 8 6 4 2 0 1955 1965 1975 1985 1995 2005 2015 Quellen: Bundesministerium der Finanzen Abbildung 2 Steuerfinanzierungsquote 1955 bis 2020 Steuereinnahmen in Relation zu den Ausgaben des Bundeshaushalts in % 120 100 80 60 40 20 0 1955 1965 1975 1985 1995 2005 2015 Quellen: Bundesministerium der Finanzen 44
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Vorläufiger Abschluss des Bundeshaushalts 2020 Januar 2021 Umsetzung von Maßnahmen Mitteln 6,1 Mrd. € verwendet (z. B. für den Kauf zur Bewältigung der von Schutzausrüstungen, Beatmungsgeräten, Krise im Vollzug des Impfstoffen und COVID-19-Arzneimittel). Analysen und Berichte Bundeshaushalts 2020 ● Leistungen an den Gesundheitsfonds und die Pflegeversicherung zum Ausgleich von Umsetzung einer Auswahl durch die Pandemie verursachten Belas- von Maßnahmen zur tungen wurden in vollem Umfang ausgezahlt Pandemiebekämpfung und des (5,3 Mrd. €). Konjunktur- und Zukunftspakets ● Der Gesundheitsfonds erhält für Ausfälle von Mit den beiden Nachtragshaushalten wurden die Einnahmen von Krankenhäusern aufgrund finanziellen Voraussetzungen für umfangreiche der Freihaltung von Bettenkapazitäten für Maßnahmen geschaffen. Die zusätzlichen Ausga- COVID-19-Patientinnen und -Patienten (§ 21 ben und Entlastungen (siehe Steuerpolitik) haben Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG)) Aus- entscheidend mitgeholfen, das Gesundheitswe- gleichszahlungen in Höhe von 9,4 Mrd. € (ver- sen so zu stärken, dass es besser den Herausforde- anschlagt waren 11,5 Mrd. €). Rund 2,0 Mrd. € rungen durch das Coronavirus und seiner Verbrei- der nicht ausgezahlten Mittel sind im Bundes- tung gewachsen ist, Wirtschaft und Arbeitsmarkt haushalt 2021 für diesen Zweck enthalten. zu stabilisieren und mit den einschränkenden Co- rona-Maßnahmen einhergehende Härten im sozi- ● Für die Beteiligung des Bundes an den Kosten alen und gesellschaftlichen Leben abzufedern. Alle der Unterkunft und Heizung (KdU) wurden Programme und Maßnahmen, insbesondere Coro- zusätzliche Mittel in Höhe von 5,4 Mrd. € (im na-Hilfsprogramme für Unternehmen, wurden je- Ersten Nachtragshaushalt 2,0 Mrd. € und im doch nicht voll ausgeschöpft beziehungsweise in Zweiten Nachtragshaushalt 3,4 Mrd. €) bereit- das Jahr 2021 verlagert. gestellt. Der Mehrbedarf fiel gegenüber den ur- sprünglichen Schätzungen deutlich geringer ● Für Corona-Soforthilfen für kleine Unter- aus, da insbesondere die erleichterten Zu- nehmen und Soloselbstständige wurden rund gangsvoraussetzungen zu den Leistungen der 14,1 Mrd. € an die Länder zur Weitergabe an Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht im die Unternehmen zugewiesen (veranschlagt: erwarteten Maße genutzt wurden. Darüber hi- 18 Mrd. €). naus leistete der Bund einen Ausgleich für die Gewerbesteuermindereinnahmen der Ge- ● Im Rahmen des Nachfolgeprogramms – Über- meinden in Höhe von 6,1 Mrd. €. Außerdem er- brückungshilfen für kleine und mittelständi- folgten umfangreiche investive Zuweisungen sche Unternehmen – wurden, einschließlich an Sondervermögen (SV), so z. B. zum Ausbau Abschlagszahlungen für die Novemberhilfen, von ganztägigen Bildungs- und Betreuungs- insgesamt 3,7 Mrd. € ausgezahlt (veranschlagt: angeboten für Grundschulkinder (für weitere 24,6 Mrd. €). Dieses Programm wird als Coro- Maßnahmen s. a. Abschnitt Länder und Kom- na-Unternehmenshilfen im Bundeshaushalt munen). fortgesetzt und ist dort mit 39,5 Mrd. € veran- schlagt. Die Mittel für Überbrückungshilfen ● Für Arbeitslosengeld II waren im Bundes- für Profisportvereine wurden voll in Höhe von haushalt 2020 rund 26,4 Mrd. € vorgesehen, rund 0,2 Mrd. € verausgabt. einschließlich der Aufstockung um rund 5,5 Mrd. € im Rahmen der Pandemie-Maß- ● An Zuschüssen zur Bekämpfung des Corona- nahmen. Davon mussten rund 5,7 Mrd. € nicht virus wurden von 9,1 Mrd. € bereitgestellten verwendet werden. Dies dürfte auch durch eine 45
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Vorläufiger Abschluss des Bundeshaushalts 2020 Januar 2021 etwas besser als erwartete Konjunktur bedingt Steuerpolitik sein. Um die Herausforderungen der Corona-Pande- ● Der Bundesagentur (BA) wurde ein überjäh- mie bestmöglich zu bewältigen, hat die Bundes- riges Darlehen gewährt. Vorgesehen war ein regierung alle notwendigen Mittel ergriffen, um Darlehen von 9,3 Mrd. €. Die BA hat davon Arbeitsplätze zu schützen und Unternehmen zu 6,9 Mrd. € in Anspruch genommen, also rund unterstützen. So wurden zur Vermeidung von Li- 2,4 Mrd. € weniger als im Bundeshaushalt ver- quiditätsengpässen bereits Mitte März 2020 u. a. anschlagt (s. a. Abschnitt Finanzlage der Sozial- die Möglichkeiten zur Stundung von Steuer- versicherungen). zahlungen und zur Senkung von Vorauszahlun- gen zunächst befristet bis 31. Dezember 2020 ver- ● Von den insgesamt zur Verfügung stehenden bessert. Auf Stundungszinsen wurde verzichtet. Mitteln für Gewährleistungen in Höhe von Den Finanzbehörden reichen plausible Angaben 7,0 Mrd. € wurden lediglich 0,5 Mrd. € in An- des Steuerpflichtigen aus, dass die Corona-Krise spruch genommen. Der Sollansatz war mit schwerwiegende negative Auswirkungen auf die dem Ersten Nachtrag um rund 5,9 Mrd. € aus- wirtschaftliche Situation hat. Auch auf Vollstre- geweitet worden. Diese Mittel wurden auf- ckungsmaßnahmen (z. B. Kontopfändungen) be- grund weitreichender Stützungsmaßnahmen ziehungsweise Säumniszuschläge wurde bis zum (z. B. Aussetzung der Insolvenzpflicht) nicht be- 31. Dezember 2020 verzichtet, solange die Schuld- nötigt. nerin oder der Schuldner einer fälligen Steuer- zahlung unmittelbar und nicht unerheblich von ● Zur Unterstützung der Deutschen Bahn AG den Auswirkungen der Corona-Pandemie betrof- (DB AG) im Zusammenhang mit durch die Co- fen waren. Diese Maßnahmen wurden im Dezem- rona-Pandemie verursachten Belastungen war ber 2020 hinsichtlich der Vorauszahlungen bis zum zusätzlich zu der bereits vor den Nachträgen 31. Dezember 2021 und hinsichtlich der übrigen geplanten Eigenmittelerhöhung (1 Mrd. €) eine Maßnahmen bis zum 30. Juni 2021 verlängert. weitere Erhöhung um 5 Mrd. € vorgesehen. Wegen der ausstehenden beihilferechtlichen Das BMF hat am 13. März 2020 und 22. Dezem- Entscheidungen der Europäischen Kommis- ber 2020 die Zollverwaltung angewiesen, für die sion konnten diese Mittel (insgesamt 6 Mrd. €) von ihr verwalteten Steuern (u. a. die Einfuhrum- nicht abfließen und wurden nun im Bundes- satz-, Alkohol, Energie-, Kraftfahrzeug- und Luft- haushalt 2021 neu veranschlagt. verkehrsteuer) die Maßnahmen im Steuerrecht entsprechend anzuwenden. Am selben Tag wurde ● In Wahrnehmung internationaler Verantwor- das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) angewie- tung waren im Bundeshaushalt 2020 zusätz- sen, hinsichtlich der Versicherungsteuer und der liche Mittel in Höhe von rund 1,6 Mrd. € vorge- Umsatzsteuer entsprechend zu verfahren, soweit sehen. Diese wurden sowohl zur Bekämpfung diese vom BZSt verwaltet wird. der Pandemie als auch zur Ausweitung der hu- manitären Hilfe und der gesundheitlichen Vor- Damit staatliche Hilfen auch tatsächlich die Liqui- sorge sowie zum wirtschaftlichen Austausch dität in der aktuellen Situation verbessern, wer- zwischen Deutschland und den afrikanischen den die Unterstützungszahlungen aus den Co- Staaten voll verausgabt. rona-Hilfsprogrammen, wie z. B. Soforthilfen, Überbrückungshilfen oder vergleichbare Unter- ● Einnahmeseitig gab es ebenfalls vielfältige stützungsleistungen des Bundes und der Länder, Maßnahmen (siehe hierzu Abschnitt Steuerpo- bei der Festsetzung der Vorauszahlungen auf die litik). Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer nicht berücksichtigt. 46
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Vorläufiger Abschluss des Bundeshaushalts 2020 Januar 2021 Des Weiteren können die Finanzämter auf Antrag ● Anhebung des Entlastungsbetrags für Allein- die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung für die erziehende befristet auf zwei Jahre für die Dauerfristverlängerung bei der Umsatzsteuer für Jahre 2020 und 2021 (Hinweis: Entfristung mit Analysen und Berichte das Jahr 2020 ganz oder teilweise herabsetzen und dem Jahressteuergesetz 2020) insoweit bereits gezahlte Beträge erstatten, sofern der Unternehmer unter Darlegung seiner Verhält- ● Verschiebung der Fälligkeit der Einfuhrumsatz- nisse nachweislich unmittelbar und nicht unerheb- steuer auf den 26. des Folgemonats lich von der aktuellen Corona-Krise betroffen ist. Die Dauerfristverlängerung bleibt bestehen. Wer ● Erweiterung des steuerlichen Verlustrücktrags unmittelbar und nicht unerheblich von der Coro- für die Jahre 2020 und 2021 na-Krise betroffen ist und bislang noch keine Dau- erfristverlängerung erhalten hat, kann diese neu ● Einführung einer degressiven Abschreibung beantragen. für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagever- mögens, die in den Jahren 2020 und 2021 ange- Insbesondere hat die Bundesregierung im steuerli- schafft oder hergestellt werden chen Bereich mit den beiden Corona-Steuerhilfe- gesetzen zielgerichtet auf die enormen Herausfor- ● Erhöhung der maximalen Bemessungsgrund- derungen reagiert. lage der steuerlichen Forschungszulage im Zeitraum 30. Juni 2020 bis 1. Juli 2026 Gesetze zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der ● Erhöhung des maximalen Bruttolistenpreises Corona-Krise auf 60.000 € bei der Besteuerung der privaten Nutzung von Dienstwagen, die keine Kohlendi- Mit dem Corona-Steuerhilfegesetz vom oxidemission je gefahrenem Kilometer haben 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1385) wurden und werden besonders betroffene Akteure zur nachhaltigen ● vorübergehende Verlängerung von Fristen für Stabilisierung der wirtschaftlichen Entwicklung Reinvestitionen gemäß § 6b Einkommensteu- und Sicherung von Beschäftigung unterstützt. Das ergesetz (EStG) und für im Jahr 2020 endende Zweite Corona-Steuerhilfegesetz vom 29. Juni 2020 Fristen für die Verwendung von Investitionsab- (BGBl. I S. 1512) bündelt überwiegend befristete zugsbeträgen nach § 7g EStG um ein Jahr steuerliche Maßnahmen, die sehr schnell greifen sollten. Ziel ist es, die aufgrund der Corona-Pande- ● Anhebung des Ermäßigungsfaktors bei Ein- mie geschwächte Kaufkraft zu stärken und Unter- künften aus Gewerbebetrieben gemäß § 35 EStG nehmen zur Förderung ihrer wirtschaftlichen Er- holung mit gezielten Maßnahmen zu unterstützen. ● Erhöhung des Freibetrags für die Hinzurech- Für den Bund belaufen sich die Steuerminderein- nungstatbestände des § 8 Nr. 1 Gewerbesteuer- nahmen beider Gesetze auf rund 20,2 Mrd. €. Her- gesetz auf 200.000 € bei der Gewerbesteuer vorzuheben sind folgende Maßnahmen: ● Steuer- und Sozialversicherungsfreiheit für im ● befristete Senkung der Umsatzsteuersätze vom Zeitraum vom 1. März 2020 bis 30. Juni 2021 an 1. Juli 2020 bis zum 31. Dezember 2020 von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ausge- 19 Prozent auf 16 Prozent und von 7 Prozent zahlte Corona-Beihilfen und -Unterstützungen auf 5 Prozent bis zu einem Betrag von insgesamt 1.500 € (so- weit sie zusätzlich zum ohnehin geschuldeten ● Kinderbonus von 300 € für jedes im Jahr 2020 Arbeitslohn gewährt werden; Hinweis: Verlän- kindergeldberechtigte Kind gerung des Zeitraums mit dem Jahressteuerge- setz 2020) 47
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Vorläufiger Abschluss des Bundeshaushalts 2020 Januar 2021 ● begrenzte Steuerfreiheit für Zuschüsse des Ar- CO2-Reduktion bis 2030 kraftfahrzeugsteuerlich zu beitgebers zum Kurzarbeitergeld seiner Be- flankieren und gleichzeitig ausgewogen zu gestalten. schäftigten in Lohnzahlungszeiträumen, die nach dem 29. Februar 2020 beginnen und vor dem 1. Januar 2022 enden (in dieser Zeit ent- Unterstützung der Länder und sprechend der sozialversicherungsrechtlichen Kommunen Behandlung; Hinweis: Verlängerung des Zeit- raums mit dem Jahressteuergesetz 2020) Der Bund hat die Länder und Kommunen – wie in früheren Jahren – auch im vergangenen Jahr Weitere steuerliche Änderungen: umfassend unterstützt. So wurden 2020 zahlrei- che Maßnahmen in den Bereichen Soziales, Fami- Gesetz über begleitende Maßnahmen lien und Bildung sowie Investitionen und Verkehr zur Umsetzung des Konjunktur- und vom Bund fortgesetzt und teilweise ausgewei- Krisenbewältigungspakets tet. Auch übernimmt der Bund weiterhin Teile der flüchtlingsbedingten Kosten von Ländern und Im Rahmen des Konjunkturpakets hat die Bun- Kommunen. desregierung beschlossen, die Länder bei der Fi- nanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs Zusätzlich wurden die Länder und Kommunen (ÖPNV) durch die einmalige Erhöhung der Regio- im Jahr 2020 bei der Bewältigung der wirtschaft- nalisierungsmittel im Jahr 2020 um 2,5 Mrd. € zu lichen Folgewirkungen der Corona-Pandemie mit unterstützen, da durch die Corona-Pandemie die den massiven konjunkturpolitischen und weiteren Fahrgeldeinnahmen stark verringert sind. Maßnahmen des Bundes unterstützt. Eine entsprechende Änderung des Regionali- So profitieren Länder und Kommunen einerseits sierungsgesetzes ist im Gesetz über begleitende von den umfangreichen Unterstützungsmaßnah- Maßnahmen zur Umsetzung des Konjunktur- men des Bundes für Unternehmen und Beschäf- und Krisenbewältigungspakets enthalten, das am tigte, um die Folgen der Krise abzufedern. Gleich- 17. Juli 2020 in Kraft getreten ist. Der Betrag in zeitig entlastet der Bund Länder und Kommunen Höhe von 2,5 Mrd. € wurde im August nach dem auch unmittelbar bei der Bewältigung der finanzi- regulären Verteilungsschlüssel für das Jahr 2020 an ellen Auswirkungen der Corona-Pandemie. Nach- die Länder ausgezahlt. folgend werden diesbezüglich ausgewählte Entlas- tungen dargestellt. Siebtes Gesetz zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes Mit dem Gesetz zur finanziellen Entlastung der Kommunen und der neuen Länder wurde die Be- Das Änderungsgesetz (Verkündung im BGBl. I teiligung des Bundes an den KdU dauerhaft um S. 2184 vom 22. Oktober 2020) sieht insbesondere die 25 Prozentpunkte erhöht. Die Entlastung der Kom- stärkere Gewichtung der CO2-Prüfwerte im Steu- munen im Jahr 2020 beläuft sich auf rund 3,4 Mrd. € ertarif für erstzugelassene Pkw ab 1. Januar 2021 (Zweiter Nachtragshaushalt). Zudem wurde durch und die befristete Begünstigung besonders emissi- das Gesetz der hälftig von Bund und Ländern fi- onsreduzierter Pkw vor. Außerdem wird der Erst- nanzierte pauschale Ausgleich der erwarteten ge- zulassungszeitraum zur Gewährung der zehnjähri- meindlichen Gewerbesteuermindereinnahmen im gen Steuerbefreiung für reine Elektrofahrzeuge bis Jahr 2020 umgesetzt (Mehrausgaben Bund rund Ende des Jahres 2025 verlängert. Das Gesetz soll ei- 6,1 Mrd. €). nen Beitrag dazu leisten, das Ziel zu erreichen, dass bis zum Jahr 2030 in Deutschland 7 Mio. bis 10 Mio. Die Mindereinnahmen von Ländern und Kom- Elektrofahrzeuge zugelassen sein werden und die munen aus der Gewährung des Kinderbonus 48
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Vorläufiger Abschluss des Bundeshaushalts 2020 Januar 2021 (2,5 Mrd. €) sowie aus der Senkung der Umsatzsteu- Stärkung des Gesundheitswesens ein sogenannter ersätze im 2. Halbjahr 2020 (Teilausgleich in Höhe Krankenhauszukunftsfonds für Investitionen in von 6,1 Mrd. €) wurden vom Bund im Rahmen der moderne Notfallkapazitäten, die Digitalisierung Analysen und Berichte vertikalen Umsatzsteuerverteilung im Jahr 2020 und IT-Sicherheit der Krankenhäuser eingerichtet, übernommen. über den einmalig im Jahr 2021 3 Mrd. € an Bun- desmitteln gewährt werden. Durch eine einmalige Erhöhung der Regionalisie- rungsmittel im Jahr 2020 um 2,5 Mrd. € unterstützt Um pandemiebedingte Einkommensverluste der der Bund die Länder beim Ausgleich coronabe- Bürgerinnen und Bürger abzumildern, wurden im dingter Lasten des ÖPNV. Infektionsschutzgesetz Leistungsverbesserungen vorgenommen. Sie gelten etwa im Falle eines Ver- Als Teil des Konjunktur- und Krisenbewältigungs- dienstausfalls von Eltern, wenn Einrichtungen zur pakets hat der Bund seine finanzielle Unterstüt- Betreuung von Kindern oder Schulen geschlossen zung für Länder und Kommunen im Bereich Be- werden, oder wenn eine Absonderung von zu be- treuung und Bildung ausgeweitet. So wurden für treuenden Personen behördlich angeordnet wird. den Kapazitätsausbau von Kindertagesstätten und Der Bund beteiligt sich zur Hälfte an den anfallen- Krippen dem Sondervermögen (SV) „Kinderbetreu- den Mehrausgaben der Länder in den Jahren 2020 ungsausbau“ 2020 weitere 0,5 Mrd. € und damit ins- und 2021. gesamt im Jahr 2020 0,8 Mrd. € zugeführt. Um den Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreuungsan- gebote für Grundschulkinder zu beschleunigen, Finanzlage der hat der Bund zusätzlich 1,5 Mrd. € und damit im Sozialversicherungen Jahr 2020 insgesamt 2,5 Mrd. € dem entsprechen- den SV zugeführt. Mit den im Haushalt 2021 ver- Die BA hat das Haushaltsjahr 2020 mit einem ne- anschlagten Mitteln in Höhe von 1 Mrd. € stehen gativen Finanzierungssaldo von 27,3 Mrd. € abge- dem neu errichteten SV nunmehr 3,5 Mrd. € zur schlossen. Dieser wird durch eine Entnahme aus Verfügung. Des Weiteren stockt der Bund den Di- den Rücklagen der BA von 20,4 Mrd. € und über- gitalpakt Schule um 0,5 Mrd. € auf, um zeitlich be- jährige Darlehen des Bundes von 6,9 Mrd. € finan- fristet IT-Administratorinnen und -Administrato- ziert. Ursächlich für das Defizit sind neben höheren ren auszubilden. Über das Konjunkturpaket hinaus Ausgaben für das Arbeitslosengeld und niedrige- wurde dem SV „Digitale Infrastruktur“ noch zu- ren Beitragseinnahmen insbesondere pandemie- sätzlich 1 Mrd. € zugeführt, um Lehrkräfte sowie bedingte Ausgaben für Kurzarbeitergeld (inklusive Schülerinnen und Schüler mit mobilen Endgerä- der Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen ten auszustatten. an Arbeitgeber) von 22,1 Mrd. €. Im Ergebnis hat sich die allgemeine Rücklage der BA (Ende des Jah- Im Rahmen des Zukunftspakets unterstützt der res 2019: 25,8 Mrd. €) auf 6,0 Mrd. € reduziert. Bund die Kommunen gezielt bei Investitionen, z. B. bei der energetischen Sanierung von Gebäuden Bis zum Ausbruch der Corona-Pandemie konnten oder bei Investitionen in Sportstätten. Bei der Um- auch die übrigen Sozialversicherungen auf eine po- setzung des Onlinezugangsgesetzes hat der Bund sitive Einnahmeentwicklung in den vergangenen den Rahmen für die umfassende Unterstützung Jahren zurückblicken. So belief sich die Nachhal- der Länder und Kommunen mit 3 Mrd. € bis zum tigkeitsrücklage der allgemeinen Rentenversiche- Jahr 2022 geschaffen. rung zum Jahresende 2019 auf rund 40,5 Mrd. €. Mit umgerechnet rund 1,8 Monatsausgaben be- Zur Unterstützung der medizinischen Versorgung wegte sie sich damit auf hohem Niveau. Allerdings vor Ort hat der Bund in großem Umfang Schutz- ist im Zuge der wirtschaftlichen Folgen der Coro- ausrüstung und Geräte beschafft. Zudem wurde zur na-Pandemie mit verringerten Beitragseinnahmen 49
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Vorläufiger Abschluss des Bundeshaushalts 2020 Januar 2021 zu rechnen, die zu einem verstärkten Abschmel- GKV-Schätzerkreises (Stand der Schätzung: 13. Ok- zen der Nachhaltigkeitsrücklage führen könnte. tober 2020) stiegen die Beitragseinnahmen der GKV So stellt die Bundesregierung in ihrem Renten- im Jahr 2020 um 2,1 Prozent. Dem steht eine ge- versicherungsbericht 2020 fest, dass im abgelaufe- schätzte Ausgabensteigerung um 4,3 Prozent ge- nen Jahr die Beitragseinnahmen der allgemeinen genüber. Dieser Trend wird sich auch 2021 fortset- Rentenversicherung bis zum September gegen- zen. Der durchschnittliche GKV-Zusatzbeitragssatz über dem entsprechenden Vorjahreszeitraum nur von 1,1 Prozent im Jahr 2020 wurde auf 1,3 Prozent um rund 1,9 Prozent gestiegen sind. Dies spiegelt für das Jahr 2021 angehoben. Die Liquiditätsreserve sich auch in der Entwicklung der Nachhaltigkeits- des Gesundheitsfonds beträgt nach Berechnun- rücklage wider. Diese dient dazu, Defizite und Ein- gen des GKV-Schätzerkreises zu Mitte Januar 2021 nahmeschwankungen unterjährig auszugleichen, rund 6,4 Mrd. €. Darüber hinaus beliefen sich zum um kurzfristige Änderungen des Beitragssatzes zu Stichtag 30. September 2020 die Finanzreserven der vermeiden. Der Rentenversicherungsbericht 2020 gesetzlichen Krankenkassen auf rund 17,8 Mrd. €. geht für das Jahresende 2020 von einer Rücklage in Höhe von 36,3 Mrd. € aus. Dies entspricht 1,5 Mo- Um sicherzustellen, dass die Sozialversicherungs- natsausgaben. Damit konnte der Beitragssatz von beiträge bei maximal 40 Prozent stabilisiert wer- 18,6 Prozent in der allgemeinen Rentenversiche- den, wurden im Zweiten Nachtragshaushalt 2020 rung für das Jahr 2020 fortgeschrieben werden. Ins- Leistungen des Bundes an den Gesundheitsfonds gesamt sind im Jahr 2020 rund 101,8 Mrd. € aus für durch die Pandemie verursachte Belastungen dem Bundeshaushalt aus Steuermitteln als Leis- in Höhe von 3,5 Mrd. € und Leistungen des Bun- tungen an die Rentenversicherung geflossen. des an den Ausgleichsfonds der Pflegeversiche- rung für durch die Pandemie verursachte Belas- Mit dem Gesetz zur Modernisierung der gesetzli- tungen in Höhe von 1,8 Mrd. € etatisiert. Für 2021 chen Krankenversicherung wurde im Jahr 2004 ein ist zum Ausgleich pandemiebedingter Belastun- steuerfinanzierter Bundeszuschuss zum Gesund- gen der GKV ein zusätzlicher Bundeszuschuss an heitsfonds zur pauschalen Abgeltung versiche- den Gesundheitsfonds in Höhe von 7,65 Mrd. € rungsfremder Leistungen in der gesetzlichen Kran- vorgesehen. kenversicherung (GKV) eingeführt. Im Jahr 2020 beträgt der Bundeszuschuss 14,5 Mrd. €. Er wurde ab dem Jahr 2017 auf diesen jährlichen Betrag Arbeitsmarktpolitik festgeschrieben. Mit dem Teilhabechancengesetz wurden zwei neue Die positive Entwicklung bei der Beschäftigungs- Förderinstrumente eingeführt (§§ 16 e und 16 i So- zahl sozialversicherter Arbeitnehmerinnen und zialgesetzbuch (SGB) II). Zur Verstetigung dieser Arbeitnehmer im Zusammenspiel mit dem kon- neuen Instrumente der aktiven Arbeitsmarktpo- tinuierlichen Zufluss zusätzlicher Mittel aus dem litik wurden im Eingliederungstitel im Einzelplan Bundeshaushalt trug maßgeblich zu den hohen Re- des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales serven des Gesundheitsfonds bei. Er verfügte zum für das Haushaltsjahr 2020 zusätzlich 0,9 Mrd. € Stichtag 15. Januar 2020 über eine Liquiditätsre- zur Verfügung gestellt. Damit wurde für Arbeits- serve von rund 10,2 Mrd. €. lose, die in absehbarer Zeit keine realistische Chance auf eine ungeförderte Beschäftigung ge- Infolge der Corona-Pandemie allerdings verzeich- habt hätten, eine Perspektive zur Teilhabe am Ar- nen die GKV und die soziale Pflegeversicherung beitsmarkt eröffnet. Zudem besteht nun seit zwei sowohl einen Rückgang der Beitragseinnahmen Jahren für die nach § 16 i SGB II geförderten Per- als auch steigende Ausgaben, die bei der GKV teil- sonen im Bundeshaushalt die Möglichkeit eines weise aus der Liquiditätsreserve des Gesundheits- Passiv-Aktiv-Transfers, aus dem bis Ende 2020 zu- fonds finanziert werden. Nach Berechnungen des sätzlich rund 211 Mio. € beim Arbeitslosengeld II 50
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Vorläufiger Abschluss des Bundeshaushalts 2020 Januar 2021 eingesparte Mittel für die Förderung lange Zeit ar- mit Ausnahme jener für Investitionen sind kon- beitslosen Menschen mit eingesetzt worden sind. sumtive Ausgaben.3 Analysen und Berichte Im Jahr 2020 betrugen die Ausgaben für das Arbeits- losengeld II rund 20,7 Mrd. € und für die Bundesbe- Konsumtive Ausgaben teiligung an den KdU rund 10,1 Mrd. €. Die Ausga- ben für passive Leistungen erhöhten sich durch die Die Hauptgruppen 4 bis 6 des Gruppierungsplans Auswirkungen der Corona-Pandemie. Das lag zum stellen konsumtive Ausgaben dar. Die konsumtiven einen am zeitlich befristeten neuen vereinfachten Ausgaben des Bundes summierten sich im Haus- Zugang zur Grundsicherung für Arbeitsuchende, haltsjahr 2020 auf rund 391,4 Mrd. €. Sie haben so- der insbesondere für Soloselbstständige eingeführt mit einen rechnerischen Anteil von 88,6 Prozent wurde, um deren Einkommenssituation in Zeiten an den Gesamtausgaben des Bundes. Die konsum- erschwerter wirtschaftlicher Bedingungen abzusi- tiven Ausgaben fielen im Ist um rund 11,0 Prozent chern. Zum anderen lag es an der deutlichen Erhö- niedriger aus als im Soll veranschlagt. Wesentliche hung der Bundesbeteiligung an den KdU zur Ent- Gründe hierfür sind die Minderausgaben bei den lastung der Kommunen (3,4 Mrd. €). Zuschüssen an Unternehmen. Dabei entfallen auf die Corona-Soforthilfen und die Überbrückungs- hilfen rund -24,8 Mrd. €. Darüber hinaus waren Entwicklung der konsumtiven die Zuweisungen an Länder im Ist geringer als im und investiven Ausgaben Soll 2020 vorgesehen, was vor allem mit niedrige- ren Ausgaben als veranschlagt bei der Beteiligung Die Einnahmen und Ausgaben des Bundes und des Bundes an den KdU (rund -2,3 Mrd. €) sowie ge- auch der Länder werden entsprechend ihrer öko- ringerem Mittelabfluss bei den Ausgleichszahlun- nomischen Wirkung auf die gesamtwirtschaftli- gen nach § 21 KHG (rund -2,1 Mrd. €) erklärt wer- chen Abläufe geordnet. Dies erfolgt über den Grup- den kann. Weitere Minderausgaben entfallen auf pierungsplan. Hier kann nach konsumtiven und die Zinsausgaben (rund -3,1 Mrd. €) und den lau- investiven Ausgabearten unterschieden werden. So fenden Sachaufwand (rund -2,8 Mrd. €). werden unter anderem Baumaßnahmen, der Im- mobilienkauf, Darlehen und die Inanspruchnah- Im Vergleich zum Vorjahr stiegen die konsumtiven men aus Gewährleistungen den investiven Aus- Ausgaben kräftig an, und zwar um 28,3 Prozent be- gaben zugeordnet. Personalausgaben, sächliche ziehungsweise 86,3 Mrd. €. Darin enthalten sind al- Verwaltungsausgaben inklusive der militärischen lerdings um 27,6 Mrd. € höhere Zuweisungen an Beschaffungen sowie Zuweisungen und Zuschüsse 3 Eine genaue Auflistung findet sich in § 13 Abs. 3 der Bundeshaushaltsordnung. Gesamtübersicht der konsumtiven und investiven Ausgaben Tabelle 4 Soll 2020 Ist 2020 Ist 2019 Veränderung gegenüber Vorjahr Bezeichnung in Mio. € in % Ausgaben zusammen1,2 508.530 441.798 343.186 +98.612 +28,7 Konsumtive Ausgaben 439.587 391.450 305.120 +86.330 +28,3 Investive Ausgaben 71.286 50.348 38.066 +12.282 +32,3 Abweichungen durch Rundung der Zahlen möglich. 1 Mit Ausnahme der Ausgaben zur Schuldentilgung am Kreditmarkt, der Zuführungen an Rücklagen und der Ausgaben zur Deckung eines kassenmäßigen Fehlbetrags. Ohne Ausgaben aus haushaltstechnischen Verrechungen. 2 Soll 2020 einschließlich globaler Minderausgabe von 2.344 Mio. €. Quelle: Bundesministerium der Finanzen 51
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Vorläufiger Abschluss des Bundeshaushalts 2020 Januar 2021 das SV „Energie- und Klimafonds“, die im Wesentli- es im Jahr 2019 noch nicht gegeben hatte und für chen der Finanzierung des Klimaschutzpakets 2030 die im Jahr 2020 insgesamt rund 17,8 Mrd. € aufge- dienen sollen. Die Buchung als „konsumtiv“ ist in- wendet wurden. Die Sozialversicherungen erhiel- sofern irreführend, da die damit finanzierten Aus- ten Leistungen für die allgemeine Rentenversiche- gaben des Energie- und Klimafonds zukunftsori- rung (rund 2,6 Mrd. €) sowie einen Ausgleich für entiert sind und damit investiven Charakter haben. durch die Pandemie verursachte Belastungen, die an den Gesundheitsfonds und an die Pflegeversi- Darüber hinaus spielten vor allem die bereits mehr- cherung gingen (insgesamt rund 5,3 Mrd. €). Darü- fach aufgeführten krisenbedingten Maßnahmen ber hinaus wurden für militärische Beschaffungen eine Rolle, für die höhere Zuweisungen an Länder 2,7 Mrd. € mehr Ausgaben getätigt als im Jahr 2019. und Zuschüsse an Unternehmen und Sozialver- Der Rückgang der Zinsausgaben um 46,2 Prozent sicherungen erfolgten. Ein Beispiel dafür sind die gegenüber dem Vorjahr dämpfte den Anstieg der Corona-Soforthilfen und Überbrückungshilfen, die konsumtiven Ausgaben. Konsumtive Ausgaben des Bundes Tabelle 5 Veränderung gegenüber Soll 2020 Ist 2020 Ist 2019 Vorjahr Aufgabenbereich in Mio. € in % Konsumtive Ausgaben 439.587 391.450 305.120 +86.330 +28,3 Personalausgaben 35.413 35.409 34.185 +1.224 +3,6 Aktivbezüge 26.237 26.249 25.066 +1.183 +4,7 Versorgung 9.175 9.160 9.119 +41 +0,5 Laufender Sachaufwand 39.150 36.370 33.135 +3.235 +9,8 Sächliche Verwaltungsausgaben 18.632 17.113 16.570 +543 +3,3 Militärische Beschaffungen 17.156 16.833 14.098 +2.735 +19,4 Sonstiger laufender Sachaufwand 3.362 2.424 2.467 -43 -1,7 Zinsausgaben 9.557 6.413 11.911 -5.498 -46,2 Laufende Zuweisungen und Zuschüsse 353.997 312.053 224.963 +87.089 +38,7 an Verwaltungen 79.516 75.607 27.739 +47.867 +172,6 Länder 46.146 41.262 19.404 +21.858 +112,6 Sondervermögen 33.343 34.326 8.290 +26.037 +314,1 an andere Bereiche 274.480 236.446 197.224 +39.222 +19,9 Unternehmen 77.473 49.569 29.955 +19.614 +65,5 Renten, Unterstützungen u. Ä. an natürliche 36.588 30.735 29.150 +1.586 +5,4 Personen an Sozialversicherung 134.322 134.613 125.225 +9.387 +7,5 an private Institutionen ohne Erwerbscharakter 14.357 10.736 3.517 +7.219 +205,3 an Ausland 11.721 10.782 9.361 +1.420 +15,2 an Sonstige 19 11 15 -4 -28,2 Sonstige Vermögensübertragungen 1.471 1.205 926 +279 +30,1 Abweichungen durch Rundung der Zahlen möglich. Quelle: Bundesministerium der Finanzen 52
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