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White Paper Software Eats the World Zehn Thesen zur strategischen Bedeutung von Software für Wirtschaftsunternehmen
Software Eats the World – Zehn Thesen zur strategischen Bedeutung von Software für Wirtschaftsunternehmen Autor Prof. Dr. Dr. h. c. Manfred Broy Technische Universität München, Fakultät für Informatik, 80290 München broy@in.tum.de 2
Inhalt Software im globalen Wettbewerb 4 Stellenwert der Software-Entwicklung in großen Unternehmen 5 Die Digitalisierung von Unternehmen 6 Software als Innovationstreiber 6 Software und Business 7 Die zehn Thesen 8 Beobachtungen der Studie: Software als strategisches Element 10 Die Rolle der Software in den Unternehmen – Software als Kernkompetenz 10 Die strategische Rolle von Software muss organisatorisch abgebildet werden 10 Zwischenbilanz: Software bestimmt die Zukunft 10 Neue Unternehmen auf Basis von Software 12 Die Schlüsselfähigkeiten für Unternehmen hinsichtlich Software 12 Das Elend der Legacy-Software 12 Muster 13 Software – Make or Buy – Insourcing oder Outsourcing 14 Stufen der „Awareness“ von Software in Unternehmen 14 Elemente und Charakteristika zukünftiger Software-Systeme 16 Komponenten der Beherrschung der Herausforderung Software 16 Unverzichtbare Kompetenzen 17 Zukunftsfähig durch Software 17 Software als Führungsaufgabe 17 Impressum 18 3
Software im globalen geblieben. Um nur ein Beispiel anzuführen: Moderne Oberklassefahrzeuge enthalten in Wettbewerb ihrer Software bis zu 100 Millionen Codezeilen und mehr. Der heute erforderliche Umfang an Code entspricht demjenigen, der vor nicht Die Innovationskraft der Informations- und Kom- allzu langer Zeit Hochtechnologie-Systemen, munikationstechnologie (IKT) ist ungebrochen. wie beispielsweise dem Space Shuttle, vorbe- Schneller Technologiefortschritt der elektronischen halten war. Auch und gerade im Automobilbau Hardware, hohe Nachfrage im privaten wie im ge- ist der Software-Zuwachs über die letzten 40 schäftlichen Umfeld an situations- und zeitgerech- Jahre exponentiell. Vergleichbares gilt für na- ten Diensten, Assistenz und Information, erweiterte hezu alle anderen Anwendungsgebiete. Dies Gerätefunktionalität durch eingebettete Software alles sind Steigungsraten, die in keiner anderen und die schier unbegrenzten Vernetzungsmög- Technologie bisher auch nur im Ansatz er- lichkeiten zwischen Information und Diensten zur reicht wurden. Realisierung neuer Applikationen in Wirtschaft und Gesellschaft sind Treiber tiefgreifender Innovationen Die Flexibilität des IKT-Einsatzes wird durch in Markt und Technik. Software erreicht, welche auf unspezifischer Hardware läuft. Dadurch können die Entwick- IKT entfaltet dabei eine starke Hebelwirkung. Ganze lungskosten für leistungsfähige Geräte über Industriefelder hängen in ihrer zukünftigen Ent- hohe Stückzahlen niedrig gehalten werden. wicklung und Wettbewerbsfähigkeit entscheidend Sinnvoll werden die hohen Stückzahlen erst von IKT ab. IKT ermöglicht Innovationen, die eine dadurch, dass die in Masse produzierte Hard- schnelle Durchdringung der Märkte versprechen. ware, allein durch die Software spezifiziert, für Neue Geschäftsmodelle werden durch IKT möglich. die unterschiedlichsten Aufgaben eingesetzt Innovativer Einsatz von IKT verändert und dominiert werden kann. So wird ein Optimum an indus- die Wettbewerbssituation in vielen Märkten. Dieser trieller Produktion durch Massenfertigung bei umfassende und nachhaltige Wandel durch rasant gleichzeitiger Individualisierung durch Soft- wachsende Leistungsfähigkeit der Technologie, ware erreicht. durch umfassende Infrastrukturen, durch geänderte Gewohnheiten und durch neue Business-Modelle Zu digitalen Technologien bestehen wird unter dem Überbegriff „Digitalisierung“ zusam- a) umfassende Infrastrukturen wie digitale mengefasst. Netze, b) weit verbreitete Endgeräte wie Smartphones, Tablets und Laptops, c) um- Die Innovationskraft der Digitalisierung kann im fassende Dienste in den globalen Netzen und Wesentlichen auf vier entscheidende Faktoren zu- Prozessen, die auf digitale Medien gestützt rückgeführt werden: sind. Erst diese Ausgangslage erlaubt es, neue Dienste ohne hohen Aufwand und hohe Ein- trittsschwellen schnell in den Markt zu bringen – wie etwa Suchmaschinen, soziale Netze, Der exponentielle Leistungsfortschritt der IKT, Skype und vieles mehr. wie unter anderem im Mooreschen Gesetz postuliert, zeigt eine in technischen Anwen- IKT-Systeme stoßen in Funktionalitäten vor, die dungen noch nie da gewesene Dynamik. bisher anderen Technologien verschlossen wa- Seit mehr als 50 Jahren nimmt die Leistungs- ren. Sie unterstützen Menschen nicht lediglich fähigkeit der technischen Systeme der IKT in der Steigerung ihrer physischen Fähigkeiten exponentiell zu, wobei die Steigerungsrate wie klassische mechanische Maschinen, son- nicht etwa im einstelligen Prozentbereich dern sie dringen zu den mentalen und kom- liegt, sondern im zweistelligen, nämlich in der munikativen Fähigkeiten vor. Inzwischen sind Größenordnung von 50 bis 75 Prozent. So Systeme wie Smartphones, Laptops, WWW steigt die Rechenleistung bei gleichem Preis in und Internet integraler Bestandteil des Alltags – anderthalb Jahren um etwa 100 Prozent, das privat wie geschäftlich – und bestimmen weit- heißt, sie verdoppelt sich. In zehn Jahren liegt gehend die Organisation und Gestaltung von der Faktor der Leistungssteigerung damit bei Arbeit und Freizeit. Kraft ihrer Software können rund 100, das heißt, die Leistung verhundert- Geräte umfangreiche neuartige Funktionalitä- facht sich bei gleichem Preis; in 20 Jahren ten anbieten, flexibel auf unterschiedliche Situ- bei 10.000. Zudem ist der schiere Umfang der ationen reagieren, den Menschen assistieren, Software-Systeme, die heute im Einsatz sind, Vorgänge überwachen und einfache Aufgaben in der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt selbstständig übernehmen. 4
13.000 % » 12.000 % So steigt die Rechenleistung bei gleichem Preis in Rechenleistung bei gleichbleibendem Preis 11.000 % 10.000 % anderthalb Jahren um etwa 9000 % 100 Prozent, das heißt, sie 8000 % verdoppelt sich. In zehn 7000 % Jahren liegt der Faktor der 6000 % 5000 % Leistungssteigerung damit 4000 % bei rund 100, das heißt, die 3000 % Leistung verhundertfacht 2000 % sich bei gleichem Preis; 1000 % in 20 Jahren bei 10.000. 1 2 3 4 5 6 7 Zeit in Jahren 8 9 10 11 12 « Das Zusammenspiel zwischen der Dynamik der sicherstellt, dass Software in hinreichender Qualität, Hardware-Entwicklung, der Flexibilität von Software, Flexibilität und auf dem neuesten Stand dem Unter- der Nutzung vorhandener Infrastruktur und der nehmen zur Verfügung steht. Durchdringung von Applikationsfeldern durch neue Geschäftsmodelle schafft ein einzigartiges Innova- Heute ist vielfach zu beobachten, dass gerade auch tionsszenario. in großen Unternehmen das Thema der Gestal- tung der Software und der Software-Landschaften weitgehend an den sogenannten CIO, den Chief Information Officer, delegiert ist. Dabei ist der CIO Stellenwert der Software-Entwicklung in aller Regel nicht Mitglied der obersten Führungs- in großen Unternehmen ebene, sondern berichtet an diese, in vielen Fällen an den Finanzvorstand. Allein diese organisatorische Software-Systeme sind nicht nur im Hightech-Sek- Konstellation zeigt, dass Unternehmen Software tor für heutige Wirtschaftsunternehmen von strate- eine weniger strategische, eher untergeordnete gischer Bedeutung. Sie sind es ebenso zur Unter- Rolle beimessen – womit sie einer kolossalen Fehl- stützung der Prozesse für Verwaltung, Controlling, einschätzung erliegen. Unternehmensführung und Vermarktung, für die Produktentwicklung und für die Produktion – und Eine subalterne Position des CIO wird der tatsäch- nicht zuletzt für die Software „in“ den Produkten lichen Bedeutung von Software kaum gerecht. und Dienstleistungen. Software ist in praktisch allen Unternehmen ein Querschnitts- und Innovationsthema, das alle Abtei- Für Unternehmen ist Software paradoxerweise lungen, alle Aufgaben und alle Verantwortungsbe- Infrastruktur und strategischer Innovationsfaktor reiche durchdringt und über die Zukunft des Unter- zugleich. Gerade diese widersprüchliche Funktion nehmens entscheidet. Deshalb ist es unabdingbar, von Software erfordert ein tieferes Verständnis für dass das Unternehmen eine Software-Strategie die Art und Weise, wie man Software-Evolution im besitzt und diese unternehmensweit kompetent Unternehmen aufsetzt und steuert und wie man umsetzt. Kompetent heißt: Das Unternehmen ver- 5
fügt über alle nötigen Kenntnisse für Entwicklung, Die Digitalisierung von Unternehmen Evolution und wirksamen Einsatz von Software, aber auch über die entsprechende Entscheidungs- Software wird auf ganz unterschiedlichen Ebenen verantwortung mit der Entscheidungsbefugnis, die in Unternehmen eingesetzt. In diesem Zusam- Strategie im Unternehmen auch gegen Widerstand menhang spricht man von der „Digitalisierung“ durchzusetzen. der Unternehmen. Der Ausdruck bezeichnet alle Veränderungen im Unternehmen, die sich aus Die Querschnittsrolle der Software und ihre strate- dem verstärkten Einsatz digitaler Technologien er- gische Bedeutung erfordern es, dass es in großen geben. Digitalisierung ist zum einen ein Effizienz- Unternehmen eine Software-Strategie und eine faktor: Software ist Teil der kritischen Infrastruktur Software-Governance aus einer Hand gibt, dass von Unternehmen. Wesentliche Prozesse eines der Zuständige auf der zentralen Führungsebene Unternehmens laufen heute softwareunterstützt das Thema umfassend versteht, eine Vorstellung ab. Dies ist zum einen betriebswirtschaftliche Soft- hat, wie sich dieses über die Jahre entwickeln soll, ware, aber auch Software, die zentrale Prozesse und sicherstellt, dass das Unternehmen frühzeitig des Unternehmens steuert, überwacht, organisiert das Potenzial erkennt und nutzt und nicht in einer oder wesentlicher Teil der Produkte ist. Somit ist Sackgasse landet. Typische Fallstricke dabei sind: die Effizienz eines Unternehmens weitgehend von die Weiterentwicklung von Legacy-Software zu ver- Software bestimmt. Dieser Effizienzaspekt nimmt säumen, sich von Zulieferern abhängig zu machen dabei nach wie vor beständig zu. Digitalisierung ist oder ganz einfach Möglichkeiten zu übersehen, die zum anderen eine Frage der strategischen Effek- sich durch moderne Software ergeben. tivität: Software bestimmt in weiten Bereichen die Wettbewerbsfähigkeit, und zwar im Hinblick auf die Blindheit gegenüber dem strategischen Potenzial Reaktionsfähigkeit gegenüber Veränderungen im der IKT hat für jedes Unternehmen unter Umstän- Markt, beispielsweise hinsichtlich der Frage, wie in den fatale Folgen. Allein schon Software-Technolo- Produkten zusätzliche neue Funktionalitäten ein- gien wie Cloud, Big Data, Cyber-Physical Systems gebaut werden können, die das Unternehmen wett- und Internetbasierte Dienste lassen innovative bewerbsfähig machen. Geschäftsmodelle entstehen und führen zu so- genannten disruptiven Veränderungen im Markt, Ein anschauliches Beispiel für diese Zusammenhän- die für unvorbereitete Unternehmen schnell exis- ge sind hiesige Versandunternehmen, denen es nicht tenzgefährdend werden können. Hinzu kommen gelungen ist, sich schnell auf die neuen Möglichkei- Techniken aus ten des Bestellwesens im Internet ein- und umzustel- dem Bereich der len. Sie sind bis auf einige Ausnahmen in den letzten KI oder neuartige Jahren praktisch gänzlich vom Markt verschwunden. » Architekturen wie Bei denjenigen hingegen, die rechtzeitig auf Soft- Blockchain. Über ware und Internetbasierte Bestellvorgänge umgestellt Software kann haben, ist die Fähigkeit, diese Prozesse schlagkräftig Die Grenzen sich der Markt zu organisieren und in einer Art und Weise anzubie- von Produkten zu ten, wie die Kunden dies erwarten, und innerhalb der innovativer IKT- Dienstleistungen Prozesse schnelle und effiziente Durchlaufzeiten zu verschieben. Soft- erreichen, entscheidender Wettbewerbsfaktor. Systeme liegen ware kann heute noch dominieren- bereits heute allein de Unternehmen in der Fähigkeit, morgen zu Dienst- Software als Innovationstreiber leistern und Zulie- neue Anwendungs- ferern degradieren Das Beispiel zeigt, wie stark Software zum Innova- oder gar aus dem tionstreiber wird. Nicht nur in der Versandbranche gebiete durch Markt drängen. ist letztlich die Fähigkeit, Software-Systeme schnell und mit hoher Qualität auf neue Anforderung aus- Software zu zurichten, entscheidender Wettbewerbsfaktor. In erschließen. anderen Branchen geht es beispielsweise darum, « die Software-Entwicklung so zu organisieren, dass Systemfamilien und Software-Familien bedient werden können. Unternehmen, welche Standard- Software anbieten, müssen weitgehend einheitliche Software einsetzen, die ohne großen Aufwand an individuelle Bedürfnisse der Kunden anpassbar ist. 6
Software erschließt hier immer neue Möglichkeiten – schier unbegrenzt. So ist etwa die Automobilin- Die Studie in aller Kürze dustrie nicht mehr weit vom frei programmierbaren Fahrzeug entfernt, bei dem zusätzliche Funktionen Der Einfluss und die Innovationskraft durch reine Programmerweiterungen möglich sind. der Digitalisierung können auf vier Fakto- Bei mobilen Telefonen ist diese Grenze längst über- ren zurückgeführt werden. schritten. Sogenannte Apps, spezielle Software-An- wendungen, erlauben es, ein Smartphone gezielt um neuartige Dienste funktional zu erweitern. Auch autonom fahrende Automobile scheinen in greifba- Exponentielles Wachstum rer Nähe – mit nachhaltigen Auswirkungen auf Ge- schäftsmodelle vernetzter Mobilitätsdienste. Software läuft auf unspezifischer Hardware, was die Massenproduktion Schon heute können wir feststellen, dass der Di- begünstigt gitalisierungsfortschritt ein unabsehbares Innova- tionspotenzial eröffnet. Wesentlich ist deshalb, dass Sie nutzt eine bestehende umfassende Unternehmen diese Möglichkeiten schnell genug Infrastruktur erkennen und sich die Fähigkeiten zur Digitalisie- rung aneignen. Denn die Grenzen innovativer IKT- Software-Innovation erobert Systeme liegen bereits heute weniger etwa in ein- geschränkten technischen Möglichkeiten, sondern Territorium, das anderen Technologien allein in der Fähigkeit, neue Anwendungsgebiete verschlossen bleibt, und dringt zu durch Software zu erschließen. den mentalen und kommunikativen Fähigkeiten des Menschen vor Software und Business Paradoxerweise ist Software zugleich Eine wesentliche Grundregel ist dabei, dass die Infrastruktur und Innovationsfaktor. Die Veränderungen in der Software immer durch das Business ausgelöst werden – Technologie folgt den subalterne Rolle eines CIO wird deren ent- Business-Vorgaben. Allerdings gilt dabei, dass dem scheidender Bedeutung als Querschnitts- Business sozusagen die Augen geöffnet werden thema durch alle Unternehmensbereiche müssen, welche Möglichkeiten neue Technologien kaum gerecht. Entwicklungen auf dem Ge- bieten. Die Business-Zielsetzungen sind zwar nach wie vor prioritär, aber die Fähigkeiten zu erkennen, biet der Digitalisierung – ein Schlagwort, welche Möglichkeiten sich aus neuen Technologien unter dem der umfassende Einsatz digi- ergeben, muss sich die Business-Seite zuerst an- taler Technologie zusammengefasst wird eignen. – führen zu disruptiven Veränderungen Zu beachten ist dabei, dass Software immer mehr im Markt. Viele Unternehmen, beispiels- Investitionsgut wird und als solches eingestuft weise im Versandhandel, sind vom Markt werden muss. Software ist teuer. Hohe Software- verschwunden, weil sie nicht in der Lage Qualität zu erreichen, ist eine große Herausforde- waren, sich den neuen technologischen rung. Wird Software entwickelt, die zur Legacy- Software verkommt, weil sie nicht weiterentwickel- Gegebenheiten anzupassen und somit den bar ist oder an den kommenden Bedürfnissen des Erwartungen ihrer Kunden zu entspre- Unternehmens vorbeigeht, so kommt das einer chen. Es gilt die Regel: Technologie folgt traumatischen Fehlinvestition gleich, welche die den Business-Vorgaben. Dem Business Existenz eines Unternehmens gefährdet. müssen aber die Augen für neue Möglich- keiten geöffnet werden. Software, die zu Legacy-Systemen verkommt, und ähnliche Fehlinvestitionen können für Unternehmen existenzgefährdend sein. 7
INNOVATIONSFÄHIG Die zehn Thesen Informationstechnologie wird immer stärker zum strategischen Erfolgsfaktor für Für Software ist gerade die SOFTWARE nahezu alle Wirtschaftsunternehmen. Die Fähigkeit, Innovationen schnell Wettbewerbsfähigkeit von Firmen hängt zu erkennen und umzusetzen HALTEN entscheidend von der Fähigkeit ab, Software- und nicht in die Falle der Systeme innovativ zu konzipieren, schnell Legacy-Systeme zu laufen, mit hoher Qualität zu entwickeln und über der ausschlaggebende lange Zeiträume zu betreiben und anzupassen. Erfolgsfaktor. 5 Diese strategische Rolle der Software wird in der Unternehmensführung oft nur unzu- reichend erkannt. Nachstehend werden zehn Thesen aufgestellt, welche die Bedeutung der Software schlaglichtartig beschreiben: KERNKOMPETENZ IST DIE NEUE SOFTWARE OHNE SOFTWARE Alle Firmen werden immer INNOVATIONEN mehr zu Software-Firmen. Die Beherrschung von Software- Ihre Kernkompetenzen Technik und ihr kompetenter werden in Software erfasst, Einsatz sind für die Umsetzung verknüpft und genutzt. von Innovation unverzichtbar. 1 Deshalb verlieren selbst große KEINE Unternehmen ihre Innovations- fähigkeit, wenn sie dafür Software nicht gezielt einsetzen. 4 STRATEGISCH WERDEN IMMER Software wird für Unternehmen SOFTWARE zum strategischen Erfolgspotenzial WERTVOLLER schlechthin – sowohl im Hinblick auf Produkte, Dienste und Markt- Daten und Information werden WIRD erschließung als auch für Kollabo- immer stärker zum Wert an sich. rationsprozesse in verteilten und Sie schaffen Marktmacht für DATEN virtuellen Organisationen. denjenigen, der sie, wo auch immer 2 sie anfallen, für Vertrieb, Innovatio- nen und Strategie nutzen kann. 3 8
Konventionelle Software-Systeme, KONVENTIONELLE wie sie bisher eher intern auf eige- SOFTWARE WIRD nen Rechnern und Rechenzentren zur Ausführung kommen, lösen sich immer stärker auf in verteilte Die Europäische Industrie Systeme, die in der Cloud laufen, braucht Vergleichbares zum VIRTUELL Netzinfrastruktur umfangreich Sputnik-Schock. Nur so wird sie SPUTNIK-SCHOCK nutzen und über spezifische Apps erkennen, wie weit sie hinter die auf unterschiedliche Nutzersitua- Hyper Scaler der nordamerika- tionen und Geräte zugeschnitten nischen Software-Industrie und werden. zunehmend auch hinter chinesi- 6 sche Hightech-Firmen zurückge- ZWEITER fallen ist. Sie muss eine Aufhol- jagd starten, vergleichbar mit der Aufholjagd der Amerikaner nach EIN dem Sputnik-Schock in den fünf- ziger Jahren. Software-Systeme werden immer enger mit menschlichen Aufga- 10 ben verwoben. Typisches Beispiel sind Assistenzsysteme oder multifunktionale Werkzeuge wie HUMAN CENTRIC Smartphones. Für Software-Inno- WIRD ZENTRAL vationen verlangt diese zuneh- ENGINEERING mend engere Verbindung der menschlichen Arbeitssystematik mit softwarebasierten Geräten die Beherrschung des Human WISSEN ÜBER PRODUKTE Centric Engineerings. UX (User SOFTWARE ÄNDERT DAS Experience) ist ein unverzichtba- rer Erfolgsfaktor für Software. UND KONSUMENTEN 7 Produzenten haben in Zukunft volle Transpa- renz über ihre Konsu- menten und Kunden (Big Data, Data Mining, Target Marketing etc.) und Konsumenten haben volle Transparenz FÜHRUNGSSTRUKTUREN ORGANISATIONEN UND über alle Produkte (über User-Portale etc.) 9 Innovation braucht neuartige Organisationen und Führungsstruk- turen in den Unternehmen. Dies gilt besonders für die Entwicklung von NEUARTIGE Software-Systemen. Hierarchische und Silo-Strukturen müssen auf- gelöst werden, es muss stärker zu kooperativen Führungsstrukturen übergegangen und Freiräume für In- novation müssen geschaffen werden. 8 9
Beobachtungen der Angriffen oder Gefährdungen ausgesetzt sind und durch diese nicht manipuliert oder gestört werden Studie: Software als können. Hinzu kommen Fragen der Zuverlässigkeit: Es muss sichergestellt werden, dass die Systeme mit korrekter Funktionsfähigkeit ohne Störung zur strategisches Element Verfügung stehen. Diese Fragen werden durch den Innovationsfaktor der Digitalisierung überlagert, da die Systeme flexibel und zeitgerecht an neue Anfor- Weshalb wird Software über lange Zeiträume von derungen angepasst werden müssen. mehreren Jahrzehnten eingesetzt und kaum wei- terentwickelt, während Hardware bereits innerhalb kurzer Zeit als veraltet angesehen und ersetzt wird? Die strategische Rolle von Software muss organisatorisch abgebildet werden Die Rolle der Software in den Unter Software-Wissen, insbesondere für die strategische nehmen – Software als Kernkompetenz Unternehmensführung, erfordert Führungspersön- lichkeiten, die diese Thematik ganz durchdrungen Im Gegensatz zu der immer noch schnell wachsen und verstanden haben und aus dieser inneren Über- den Bedeutung von Software, gerade für strategi- zeugung das Unternehmen entsprechend führen. sche Innovationsfragen in den Unternehmen, ist die Befähigung der Unternehmen, über alle Manage- mentebenen bis in die Top-Etagen mit Software zielgerichtet umzugehen, noch nicht hinreichend Zwischenbilanz: ausgeprägt. Die langfristige Entwicklung des Betriebs, Software bestimmt die Zukunft der Vermarktung, des strategischen Einsatzes von Software-Systemen erfordert tiefe Einsichten in die Schreibt man die dargestellten Beobachtungen in Besonderheiten von Software, die in vielerlei Hinsicht die Zukunft fort, so wird klar, dass schon heute, doch so ganz anders ist als herkömmliche Technolo- aber stärker noch in der Zukunft ein Großteil der gien. Dazu braucht man solide Grundlagen für alle Prozesse, das Wissen und die Fähigkeiten unse- involvierten Führungsebenen. Zusätzlich zum rer Gesellschaft mithilfe von Software-Systemen Domänenwissen unterstützt und verwaltet werden. Die Gesellschaft » wird Software-Know- und die Wirtschaft stehen vor der Aufgabe, riesige how benötigt. Software-Systeme, Datenbestände und Software gestützte Dienste und Produkte für die unterschied- Bei allen Kernfragen des lichsten Zwecke zu schaffen, über lange Zeiträume erforderlichen zu betreiben und weiterzuentwickeln, wobei diese Unternehmen Software-Wissens Software wesentliche Aspekte der entsprechenden liegen auf dem Ge- Anwendungsgebiete entscheidend bestimmt. zeigt sich, dass biet der funktiona- len Sicherheit, im Software legt fest, wie einfach und zuverlässig wir sich in den letzten Ausschließen von kommunizieren können, wie gut unsere Assistenz Jahrzehnten die Gefährdungen, die ist, wie zuverlässig die unterschiedlichsten Vorgänge von diesen über im täglichen Leben geregelt und unterstützt werden. Geschäfts- Software gesteu- Software wird zum dominierenden Faktor sowohl für erten Systemen wirtschaftlichen Erfolg und Innovation als auch für situation aufgrund ausgehen könnten, viele Fragen des menschlichen Zusammenlebens. und in Bereichen Themen der Mensch-Maschine-Interaktion, die letzt- von Software der Informations- lich auch durch Software entscheidend geprägt wird, dramatisch sicherheit, die stehen zukünftig noch stärker im Vordergrund. Nur darauf abzielt, dass wenn es gelingt, die Software-Systeme gezielt auf verändert hat. Software-Systeme die Erfordernisse im engen Zusammenspiel mit dem « in ihrem Betrieb nicht ungeschützt Nutzen und den Nutzern auszurichten, finden diese Akzeptanz. Betrachtet man die heutige Forschungs- und Entwicklungslandschaft in unserem Land, so be- kommt man den Eindruck, dass sich diese Erkenntnis noch längst nicht überall herumgesprochen hat. 10
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Die Schlüsselfähigkeiten für Legacy-Systeme sind in ihrer Unternehmen hinsichtlich Software Funktionalität oft unverzichtbar, Für die europäische Industrie ist die Wandlung zu können aber, da sie veraltet sind, Unternehmen, die sich ausschließlich dem Thema nur sehr mühsam angepasst werden. Software widmen, vielleicht nur in Ausnahmefällen die Überlebenssicherung. Umso wichtiger ist es, Häufig fließen daher 80 bis 90 % die existierenden Unternehmen im Wettbewerb zu des Entwicklungsbudgets der Unterneh- sichern und weiterzuentwickeln. Hier ist von ent- men nur in die Wartung dieser Systeme. scheidender Bedeutung, neue Fähigkeiten über Software schnell zu erschließen. Bei allen Unterneh- Die Bedeutung des Umgangs mit men, die in unseren Interviews zu Wort gekommen Software über alle Management- sind, zeigt sich, dass sich in den Unternehmen in den letzten Jahrzehnten die Geschäftssituation auf- ebenen ist noch nicht hinreichend grund von Software dramatisch verändert hat. Die ausgeprägt. Kernfragen liegen hier auf Unternehmen gehen unterschiedlich mit diesem dem Gebiet der funktionalen Sicherheit, Thema um. Insoweit kann man sie in zwei Katego- welche vom Innovationsfaktor der rien einteilen: Die einen müssen sich mit der Frage beschäftigen, welchen Stellenwert Software für das Digitalisierung überlagert wird. Unternehmen hat und in welcher Form Software die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen tan- Software wird zum dominanten Faktor giert. Die anderen haben zu klären, welche Fähig- für wirtschaftlichen Erfolg und für Fragen keiten sie bereits über Software entwickelt haben des menschlichen Zusammenlebens. und wie stark sie Software als Führungsaufgabe definieren. Unternehmen, die selbst Software vertreiben oder ihr gesamtes Geschäfts- modell auf Software stützen, werden für Das Elend der Legacy-Software die europäische Industrie vielleicht nur in Ausnahmefällen die einzige Überlebens Das Problem langlebiger Software-Systeme wird im- sicherung sein. Umso wichtiger ist es, mer drängender. Legacy-Systeme sind Systeme, die bestehende Unternehmen zu sichern. aufgrund ihrer Funktionalität für ihre Betreiber von unverzichtbarer Bedeutung sind, gleichzeitig aber in ihrer Struktur, in ihrer technischen Realisierung und ihrer limitierten Funktionalität veraltet sind und nur noch mühsam an sich ändernde Anforderungen, Neue Unternehmen auf Basis Prozesse und Rahmenbedingungen angepasst wer- von Software den können. Ganz andere Möglichkeiten ergeben sich für Unter- Viele Unternehmen sind inzwischen in der Legacy- nehmen, die ihre gesamte Existenz auf Software Falle gefangen und betreiben riesige Software- stützen. Das können zum einen Unternehmen Systeme, deren konsequente Weiterentwicklung sein, die Software unmittelbar vertreiben, bzw. die das Machbare sprengt. Das führt nicht zuletzt dazu, Entwicklung von Software anbieten, sogenannte dass das Entwicklungsbudget von Unternehmen in Software-Häuser. Darüber hinaus entstehen Unter- der Informations- und Kommunikationstechnik oft nehmen, die ihr gesamtes Geschäftsmodell auf zu 80 bis 90 Prozent nur noch in die Wartung von Software stützen. Große amerikanische Unter- Software-Systemen fließt. In letzter Konsequenz nehmen wie Amazon, Facebook oder Google sind heißt das, dass Unternehmen langfristig ihre Innova- Beispiele dafür. Keines der Unternehmen vertreibt tionsfähigkeit verlieren und aufgrund der unaufhalt- Software – im Gegensatz zu Unternehmen wie samen Digitalisierungsdynamik ihre Wettbewerbs- Apple oder Microsoft –, aber alle diese Unterneh- fähigkeit im Markt schrittweise einbüßen. Nach men leben entscheidend aus ihrer Software. Daraus Schätzungen existieren heute allein in der längst ergeben sich klar erforderliche Schlüsselfähigkeiten überholten Programmiersprache Cobol weltweit für Unternehmen, die Software als zentrales Instru- etwa 200 Milliarden Zeilen Software, die weiterhin ment einsetzen. betrieben und gewartet werden müssen. 12
Muster Eine Klassifizierung der Rolle der Software in Daraus ergeben sich Fähigkeitsprofile für software- Unternehmen führt zu folgenden Klassen: intensive Unternehmen: • Unternehmen, die IT herstellen und vertreiben Beherrschung der Software-Evolution (IBM, SAP ...), Beherrschung von Software-Familien • nternehmen mit Software in ihren Produkten U (BMW, Bosch, Siemens, Voith ...), Beherrschung von Software-Plattformen • nternehmen, die IT einsetzen für die U Software-Governance Entwicklung ihrer Produkte (Bayer Pharma ...), Software im Produkt und im Prozess • Unternehmen, die rein informations verarbeitende Unternehmen (Banken, Versiche- Software-Strategie rung, Touristik) sind, • nternehmen, bei denen IT eine besonders U Es ist Teil einer Software-Strategie, die erforder- starke Rolle spielt in Produktion und Logistik, lichen Fähigkeiten zu erkennen und in Maßnahmen umzusetzen. • Unternehmen, bei denen IT ein normales Arbeitsinstrument ist. Beherrschung Beherrschung Beherrschung der Software-Evolution von Software-Familien von Software-Plattformen Software- Software im Produkt Software- Governance und im Prozess Strategie Fähigkeitsprofile für softwareintensive Unternehmen 13
Software – Make or Buy – Insourcing Stärker der Bedeutung der Software für ihre oder Outsourcing Entwicklung gerecht werden Unternehmen, die zumindest eine ausgewogene Software- Die befragten Unternehmen unterscheiden sich Expertise im Vorstand haben, die so organisiert ihrem Reifegrad nach bei der Software-Nutzung sind, dass wesentliche Fragen in diesem Zu- und hinsichtlich unterschiedlicher strategischer sammenhang direkt im Vorstand berichtet, Einschätzungen des Themas. Beides steht in einem dort inhaltlich diskutiert werden und damit inneren Zusammenhang. auch reflektierte Entscheidungen getroffen werden, an welchen Stellen Software Ge- schäftsmöglichkeiten und strategische Frage- stellungen entsprechend tangiert. Allerdings ist Stufen der „Awareness“ von Software auch in diesen Unternehmen in ihren obersten in Unternehmen Führungsgremien noch kaum ein tiefes Ver- ständnis von Software und Software-Entwick- Ein für viele Unternehmen entscheidender Punkt ist lung vorhanden. Damit sind auch diese Unter- die Frage, auf welche Art und Weise sich die Unter- nehmen nur eingeschränkt in der Lage, die nehmen Software beschaffen, wie sie diese betrei- innovative Kraft von Software für das Business ben und weiterentwickeln. Dies variiert von einem vollständig zu erschließen. Brachial-Outsourcing, bei dem Unternehmen in keiner Weise selbst noch Software entwickeln, bis Die Klasse der reifen Unternehmen im Bereich hin zu dem anderen Extrem, bei dem Unternehmen der Software-Governance hat ausgeprägte grundsätzlich jede Form der Software selbst ent- Software-Expertise in der obersten Geschäfts- wickeln, höchstens Standard-Software vom Markt führung. Die oberste Geschäftsführung ver- kaufen, aber jede andere Form der Software-Ent- steht Software als ein strategisches Mittel, das wicklung, -Weiterentwicklung und -Konzeption im in jeder Hinsicht genutzt wird, um die Wettbe- eigenen Haus durchführen. Zudem ergeben sich werbsfähigkeit, die Innovation und neue Busi- Stufen der „Software Awareness“. Die Unternehmen nessmöglichkeiten für die Unternehmen zu unterscheiden sich hinsichtlich geringer oder hoher erschließen. Dafür gibt es entsprechend starke „Awareness“ in ihrem strategischen Management. Kompetenz in den Unternehmen. Diese sehen Analysiert man Unternehmen, so stellt man fest, die strategische Bedeutung von Software als dass Unternehmen, für die Software eine bedeu- so herausragend an, dass sie eine ganze Reihe tende, ja strategische Rolle spielt, unterschiedliche von Maßnahmen ergreifen, um die schnelle Reifegrade aufweisen. Grob lassen sich diese Reife- Umsetzung der Möglichkeiten von Software- grade wie folgt klassifizieren: Systemen im eigenen Unternehmen sicherzu- stellen. In Unternehmen geringen Reifegrads ist Am effektivsten ist es, wenn in einem Unter- typischerweise ein CIO installiert, der für die nehmen ein „Evangelist“ für das Thema Soft- IKT-Governance zuständig ist und an ein ware im obersten Führungsgremium sitzt, Mitglied der Geschäftsführung oder des Vor- der mit eindeutiger Expertise und Kompetenz stands berichtet. In typischen Fällen wird der dem Unternehmen auf Basis einer sorgfältig Bericht an den Finanzvorstand gegeben, der erschlossenen Strategie alle Möglichkeiten der im Allgemeinen selbst kaum starke software- Innovation durch IKT und Software erschließt. spezifische Vorkenntnisse mitbringt. Damit Diese Charakterisierung zeigt Muster auf, die wird auch schon deutlich, dass im Unterneh- im Unternehmen zu finden sind. Mithilfe dieser men IKT und Software im Wesentlichen als Muster kann man den Reifegrad eines Unter- Kostenfaktoren verstanden werden und als nehmens im Hinblick auf Software-Innovation, Teil der Infrastruktur, weniger aber als Faktor Software-Governance und die Erschließung für der Geschäftsentwicklung, der Innovation von neuen Geschäftsmodellen durch Software und der Wettbewerbsfähigkeit. beurteilen. 14
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Elemente und Charakteristika Komponenten der Beherrschung zukünftiger Software-Systeme der Herausforderung Software Es ist heute bereits abzusehen, dass zukünftige Für die Beherrschung der Herausforderung Soft- Software-Systeme andere Strukturen aufweisen ware ergibt sich, nach dem oben Gesagten, eine werden als heutige Software-Systeme. Die immer Reihe von Schwerpunkten in folgenden Bereichen: noch gebräuchlichen Host-Rechner und die in- zwischen weit verbreiteten Client-Server-Systeme • Beherrschung der Software-Technik als Ent- werden immer stärker durch webbasierte Systeme wicklungstechnologie, Beherrschung des Ein- abgelöst. Dies bedeutet, dass zentrale Funktionali- kaufs von Software: Bei diesen Fähigkeiten ist täten, aber auch Datenhaltung in der Cloud liegen, es notwendig zu verstehen, was man beach- sei es die Private Cloud oder die Public Cloud, dass ten muss, wenn man neue Softwaresysteme darüber hinaus auf diese Server über Apps zuge- schafft, sei es, dass man sie selbst entwickelt griffen wird, die auf den unterschiedlichsten, meist oder dass man sie einkauft. Gerade auch beim mobilen Geräten liegen, und dass ferner eine starke Einkaufen, insbesondere bei der Vergabe von Vernetzung der verschiedenen Funktionalitäten auf Entwicklungsaufträgen (Outsourcing), ist es verschiedenen Ausführungsplattformen stattfindet. wichtig, die notwendigen Fähigkeiten zu besit- Letztendlich wird dann neue Funktionalität dadurch zen, um die Eignung und Qualität der Software geschaffen, dass neue Dienste auf den Servern ein- und das langfristige Lieferantenmanagement gerichtet werden und diese mit entsprechenden sowie die Überführung in die Wartung sicherzu- Apps verbunden werden. Dies schafft völlig neue stellen, ohne in die Legacy-Falle zu laufen. Herausforderungen für die Software-Entwicklung. Insbesondere bedeutet das, dass Software stets in • Das Erkennen der Möglichkeiten, durch Soft- ein laufendes, existierendes System eingefügt wer- ware die Geschäftsmodelle zu ändern, bzw. der den muss. Bereiche, in denen sich Geschäftsmodelle auf- grund von Software ohnehin ändern, und das schnelle Reagieren darauf: Dies erfordert ins- besondere, dass Funktionalität durch Software sehr schnell geschaffen und verändert werden muss, um neue Möglichkeiten zu erschließen, und dass man verstehen muss, welche Qualität die Software für die unterschiedlichen Aufgaben im Unternehmen hat. Hier besteht eine enge Verbindung zwischen den Themen Business Engineering und Software Engineering. Im Schnittpunkt liegt insbesondere das Require- ments Engineering, da aus dem Business heraus erkannt werden muss, welche Anforderungen für die Software-Systeme gegeben sind, und die Methodik beherrscht werden muss, diese Anfor- derungen umzusetzen. • Mittel- und längerfristige Sicht auf Software- Systeme, Software-Strategie bis hin zur digitalen Strategie der Unternehmen: Dazu muss genau verstanden werden, wie sich langfristig durch die Digitalisierung das Geschäftsumfeld und das Anwendungsgebiet verändern und wie das Unternehmen darauf reagieren und bezüglich Digitalisierung proaktiv agieren kann, um neue Möglichkeiten auszuschöpfen. Diese genannten Fähigkeiten müssen alle gleicher- maßen in einem Unternehmen vorhanden sein, um die entsprechenden Aufgaben zu bewältigen. 16
Unverzichtbare Kompetenzen Als unverzichtbare Kompetenzen in diesem Bereich gelten deshalb auf folgende: • Beherrschung der Software-Technik metho- disch und technisch, insbesondere Wissen um die vorhandenen Technologien, sowohl im Be- » reich der Entwicklung wie auch im Bereich der Digitalisierung Teillösungen erfordert von Unternehmen • Beherrschung der Projektorganisation und des gleichermaßen eine Managements, insbesondere im Zusammen- hang mit Software-Projekten Angriffs- und eine • Beherrschung der Software-Governance und Verteidigungsstrategie. • der Steuerung von Software-Evolution Beherrschung des Innovationsmanagements im « Hinblick auf Software. All diese Fähigkeiten müssen in einem Unterneh- men ausgeprägt vorhanden sein und auch ent- sprechend ineinandergreifen, um das Unternehmen zukunftsfähig zu machen. Zukunftsfähig durch Software Software als Führungsaufgabe Entscheidend für Unternehmen wird in Zukunft sein, Eine entscheidende Frage ist: Wie den Vorstand in wie sie in der Lage sind und sein werden, mit den He- welchen Unternehmen besetzen? Durch Informa- rausforderungen der Digitalisierung umzugehen. Die tiker (oder sonstige IT-Fachleute), im Vorstand, mit Digitalisierung wird weite Bereiche der Unternehmen welcher Zuständigkeit? Ähnliches gilt für die zweite erfassen, durchdringen und verändern. Dies bedeutet Ebene. Software erfordert Kompetenzen auf allen Veränderungen in den Produkten, in den externen Ebenen eines Unternehmens. Dies erfordert die Prozessen, Veränderungen im Markt, Veränderungen Fähigkeit, Software zu entwickeln oder die Entwick- bei den Kunden, Veränderungen im Wettbewerb sowie lung von Software zu managen, Software einzu- Veränderung in den internen Prozessen der Unter- setzen, beim Einsatz von Software mitzuwirken und nehmen. In einer digitalen Strategie ist es erforderlich, auf den höheren Führungsebenen bis hin zur obers- dass Unternehmen die Auswirkungen der Digitalisie- ten Führungsebene die Fähigkeit, im Rahmen einer rung für das eigene Unternehmen und seinen Markt digitalen Strategie die Erfordernisse für Software zu und sein Geschäft erkennen, aber noch wichtiger ist, erfüllen. An diesen Fähigkeiten wird sich die Zukunft dass die Unternehmen das Potenzial dieser Techno- zahlreicher Unternehmen entscheiden. logien frühzeitig identifizieren und es selbst nutzen. Digitalisierung erfordert von Unternehmen gleicher- maßen eine Angriffs- und eine Verteidigungsstrategie. Angriff heißt: Wo kann das Unternehmen neue Mög- lichkeiten nutzen, neue Geschäftsfelder erschließen, an welchen Stellen im Wettbewerb und gegenüber dem Wettbewerber Vorteile erzielen? Verteidigung heißt: Wo wird das Unternehmen angreifbar? Wo kön- nen bewährte Geschäftsmodelle unter den Verände- rungen des Marktes in sich zusammenbrechen und wie kann die Stellung des Unternehmens im Markt verteidigt werden? Verteidigung und Angriff stützen sich entscheidend auf die Fähigkeiten der Unterneh- men, Software gezielt zu entwickeln und zu nutzen. 17
Impressum Herausgeber Bildnachweise 2. Auflage Titel: shutterstock © thinkhubstudio fortiss Seite 11: shutterstock © Andrey Suslov www.fortiss.org Seite 15: shutterstock ©asharkyu © 2020 Seite 16: shutterstock ©Jackie Niam Seite 18: fortissGmbH © Kathrin Kahle 1. Auflage Swiss Engineering Institute Press www.sei.ch © 2015 ISSN 2700-2977 Autor Prof. Dr. Dr. h. c. Manfred Broy 2. Auflage, Juni 2020 Professor emeritus seit 01.04.2015 und Gründer von fortiss Anmerkung Lektorat Die Studie stützt sich auf Erkenntnisse aus einer Lektorat Süd, München Interviewreihe mit Schweizer Groß- und großen mittelständischen Unternehmen. Die befragten Gestaltung Unternehmen wurden bewusst breit aus einem Sonja Taut repräsentativen Branchenspektrum von Dienst- leistungsunternehmen über die Finanz- bis hin zur Druck Hightech-Industrie ausgewählt. Es handelt sich Cewe Print GmbH ohne Ausnahme um Unternehmen mit Produkten, Enderstraße 92c, 01277 Dresden welche eingebettete Software enthalten. 18
fortiss ist das Forschungsinstitut des Freistaats Bayern Alle Angaben in diesem White Paper wurden mit für softwareintensive Systeme und Services mit Sitz größter Sorgfalt zusammengestellt. Trotzdem sind in München. Die WissenschaftlerInnen am Institut Fehler nicht ausgeschlossen. Es wird weder eine arbeiten in Forschungs-, Entwicklungs- und Transfer- Garantie noch eine juristische Verantwortung oder projekten mit Universitäten und Technologiefirmen jegliche Haftung für Folgen, die auf fehlerhafte in Bayern, Deutschland und Europa zusammen. Informationen zurückzuführen sind, übernommen. Schwerpunkte sind die Erforschung modernster Methoden, Techniken und Werkzeuge der Soft- ware-Entwicklung, des Systems- & Service-Engi- neering und deren Anwendung auf kognitive cyber- physische Systeme wie das Internet of Things (IoT). fortiss ist in der Rechtsform einer gemeinnützigen GmbH organisiert. Gesellschafter sind der Freistaat Bayern (Mehrheitsgesellschafter) und die Fraunhofer- Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e.V. 19
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