Sounding Science 20. Juni 2021, 20:00 Uhr - ComputerStudio - Hochschule für ...

 
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Sounding Science 20. Juni 2021, 20:00 Uhr - ComputerStudio - Hochschule für ...
Landeszentrum
Musikjournalismus und
Musikinformatik

Sounding Science
20. Juni 2021, 20:00 Uhr

ComputerStudio
Hochschule für Musik Karlsruhe
PROGRAMM

Interferenz

Jia Liu                          Study of Sine Wave (2019)

Zellulärer Automat / Conway’s Game of Life

Tim Offenhäuser                  Game of Notes (2020)
                                 MIDI-Version 1.0 für Computerflügel

Zufall / Determinismus / Proteismus

Marc Bangert                     Habitat (2021)
                                 Feedbackschaltung für Live-Elektronik und Mensch

Laser (Light Amplification by Stimulated Emission of Radiation)

Tobias Bachmann                  Exodus für Lichtharfe (2015)

Elektromagnetisches Feld

Patrick Borgeat                  Silence (2020)
                                 Fixed Media, Binaural

Elektroenzephalografie

Meiyan Chen                      Intrigued Brain (2021)

Harmonic Template Neurons

Marc Bangert / Patrick Borgeat   X: Transmorphation for Harmonic Template Neurons
                                 (2018/2021)
                                 Beschleunigter Stereo-Auszug der 4-Kanal-Installation
                                 “Sanctum - for Harmonic Template Neurons“ (2019)

Motion Capture

Alexander Lunt                   Modi (2018)
                                 Solo Perfomance mit Motion Capture
Werkbeschreibungen und Biografien

Jia Liu, Study of Sine Wave
Study of Sine Wave ist eine Studie zur Sinuswelle im akustischen und visuellen Medium
unter Verwendung von Oszillatoren und Oszilloskopen.
Schwebungen/Interferenzen der Töne im Raum erzeugen frequenzbasierte
Spatialisierungsphänomene. Die visuelle Illusion der horizontalen Wellenbewegungen ist
gekoppelt an die Puffergröße des Oszilloskops und die Audio Abtastrate. Basierend auf
dieser strengen Kopplung von Ton, Bild und der Verarbeitungsrate der Maschine, versuche
ich durch die Kontrolle spezifischer Parameter Perspektiven zu finden, in denen beide
Medien möglichst intuitiv vereint sind, sich komplementieren oder auch kontrastieren können.
Die multimodale Wahrnehmung spielt eine wichtige Rolle im Stück. Die "Partitur" ist als
Skript in der Programmiersprache SuperCollider geschrieben.
Jia Liu ist eine Komponistin und Computermusik-Performerin. Zurzeit lebt sie in Karlsruhe,
Deutschland. Sie hat Komposition sowie Musikinformatik am Shanghai Conservatory of
Music und an der Hochschule für Musik Karlsruhe studiert. Ihre Werke für Orchester und
Ensemble sowie elektroakustische Musik, Computermusik und Multimedia-Kompositionen
wurden auf verschiedenen internationalen Musikfestivals und Konferenzen aufgeführt.
Zurzeit beschäftigt sie sich mit algorithmischer Musik und den Möglichkeiten
netzwerkbasierter Kollaboration.

Tim Offenhäuser, Game of Notes
Game of Notes ist ein Algorithmus, der in Anlehnung an "Conway's Game of Life" MIDI-
Daten erzeugt. Basierend auf der Eingabe der ersten Generation an Noten werden
Folgegenerationen berechnet. Die Population kann nach wenigen Generationen aussterben
oder sehr lange bestehen und dabei viele interessante Gestalten hervorbringen. Zu hören
sind verschiedene Populationsberechnungen basierend auf verschiedenen, von mir
ausgewählten Erstgenerationen.
Tim Offenhäußer ist 1995 in Stuttgart geboren. Während der Schulzeit lernte er die
Instrumente Blockflöte und Saxophon, mit denen er in verschiedenen Musikensembles
spielte. Nach dem Schulabschluss und einem Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) begann er
2015 sein Bachelorstudium Musikinformatik und Musikwissenschaft an der Hochschule für
Musik Karlsruhe. Während des Studiums war er Teil der Bigband und ist Mitglied der Band
genre0x95. 2019 schloss er das Bachelorstudium ab und studiert nun Musikinformatik im
Master an derselben Hochschule.

Marc Bangert, Habitat
Habitat lotet die wechselseitigen Einflüsse dreier Generatorstrategien in einem
geschlossenen System (Habitat) aus: Determinismus (Clock), Indeterminismus
(Zufallsgenerator), Proteismus (impulsives Spontanverhalten eines biologischen
Organismus).
Eine komplexe, teilweise absurde, Kausalität innerhalb der Verschaltung lässt allerdings
deren Abgrenzbarkeit verschwimmen; Feedbackschleifen der Outputs der Teilsysteme nicht
nur zurück auf die eigenen Inputs, sondern auch auf Inputs der anderen Teilsysteme
erzeugen ein Gesamtverhalten des Habitats irgendwo zwischen freiem Willen,
deterministischem Chaos und kuratiertem Zufall. Die zeitversetzte Aufnahme der einzelnen
hier simultan hörbaren Spuren (mit Feedback der vorherigen Spur) lässt sogar den Musiker
im Unklaren, ob Live-Klänge des Instruments gerade ohne sein Zutun entstehen oder wenige
Minuten zuvor von ihm selbst erzeugt worden sind.
Die Zuhörer*innen sind eingeladen zu erraten, welche der immer wieder auftauchenden
Ahnungen von Repetition oder wiederkehrenden Motiven und Strukturen unausweichlich,
welche absichtsvoll herbeigeführt, welche glückliche Koinzidenz sind (oder welche davon
auch vom eigenen, hörenden, instinktiv auf der Suche nach Regelhaftigkeit umtriebigen
Gehirn schlicht eingebildet).

Marc Bangert, Professor für Cognitive Neuroscience of Music am IMWI, mit Schwerpunkten
physiologische Interfaces für Sonic Arts, Hör-Illusionen, multisensorische Integration,
Evolutionsbiologie der Musik. Forschung und Lehre an Hochschulen in Deutschland und
USA. Konzeption und Realisierung interaktiver Live-Installationen und Mitwirkung an
Hörfunk- und Festivalproduktionen (u.a. Berliner Festspiele/Maerzmusik) und Live-
Filmvertonungen. Zahlreiche Fachpublikationen und Buchbeiträge; wissenschaftliche und
künstlerische Auszeichnungen.

Tobias Bachmann, Exodus für Lichtharfe
Exodus für Lichtharfe entstand im Rahmen des Bachelorarbeitprojekts, dessen Ziel es war
ein ungewöhnliches, aber simples und kostengünstiges Interface für künstlerische Interaktion
zwischen Mensch und Maschine zu entwickeln. Resultat war die Lichtharfe. Herzstücke des
Instruments sind der Mikrocontroller Arduino und die Programmiersprache SuperCollider.
Mehrere Laser sind mit dem Arduino verbunden, wird ein Laserstrahl durchtrennt, so steuert
der Arduino die Klänge, welche mit SuperCollider erzeugt werden. Die einzigen Grenzen
sind jene, welche die Fantasie dem Aufführenden auferlegt.

Tobias Bachmann, geboren 1989 in Heilbronn, studierte von 2010 bis 2017 Musikinformatik
und Musikwissenschaft auf Bachelor und Master an der Hochschule für Musik Karlsruhe.
Seit frühester Kindheit lernte er verschiedene Instrumente zu spielen und ist in zahlreichen
Ensembles, Bands und Projekten aktiv. Er interessiert sich besonders für die künstlerische
Interaktion zwischen Mensch und Maschine und digitale Musikedition. Inzwischen arbeitet er
als Wissenschaftlicher Mitarbeiter in dem Projekt "OPERA - Spektrum des europäischen
Musiktheaters in Einzeleditionen" an der Goethe-Universität Frankfurt am Main und als
Dozent an der Hochschule für Musik Karlsruhe.
Patrick Borgeat, Silence
In Zeiten physischer Distanzierung halten mich meine Gerätschaften daheim sozial und
gesellschaftlich am Leben – oftmals in aller Stille, manchmal vielleicht leise lüftend oder
klickernd. Doch ihre Welt ist primär keine mechanische, sondern eine elektronische. Um
andere Elektrowesen zu erreichen schreien sie, mit Hoffnung auf Antwort, in den Äther. Weil
sie ihr Inneres nicht verbergen können brabbeln viele auch einfach nur so vor sich hin.
Hiermit soll ihnen Gehör geschaffen werden.
Patrick Borgeat, geboren 1985 in Öhringen, ist Doktorand und Dozent am Institut für
Musikinformatik und Musikwissenschaft an der Hochschule für Musik Karlsruhe mit
Schwerpunkten Creative Coding, immersive interaktive 3D-Umgebungen, Live-Visuals und
Live-Coding. Seit 2010 europaweit Auftritte, Talks und Workshops – unter anderem in Berlin,
London, Madrid, Venedig, Linz, Prag, Wien, Liepāja, Tallinn und St. Petersburg. Mit Benoît
and the Mandelbrots erhielt Borgeat eine Honorary Mention beim Prix Ars Electronica (2012)
in der Kategorie Digital Musics & Sound Art; mit der audiovisuellen Band Ganzfeld eine
Honorary Mention beim Visual Music Live Contest (2015).

Meiyan Chen, Intrigued Brain
Die Inspiration für dieses Stück stammt von EEG-Datenaufzeichnungen. Die Rohdaten
wurden aufgenommen, während die Komponistin einen Horrorfilm sah. Das Format dieser
Daten ist dem von Tonfrequenzen sehr ähnlich, weshalb die Daten verwendet wurden, um
Musik durch drei verschiedene Arten von Operationen in OpenMusic zu komponieren. Ziel ist
es, eine Balance zwischen Musikalität und Authentizität der Daten zu erreichen. Das Werk
soll die EEG-Aufzeichnungen authentisch wiedergeben und durch musikalische
Eigenschaften angereichert werden. Die Musikvisualisierung wurde in Processing 3 realisiert.
Meiyan Chen (*1993, Hubei, China) ist Komponistin und Masterstudentin der Musikinformatik
an der Hochschule für Musik Karlsruhe. Ihr Schwerpunkt ist Musik für Film und Spiele,
geleitet von Professor Damon Lee. Inzwischen arbeitet sie auch an Musikvisualisierung und
Audioprogrammierung sowie an Projekten zur Neurowissenschaft der Musik mit Professor
Marc Bangert. Ihre Kompositionen sind von verschiedenen Musikrichtungen aus der ganzen
Welt beeinflusst. Sie versucht, Unterschiede in Werten, Ansichten zu Menschenrechten,
Psychologie und ideologischen Trends in verschiedenen Kulturen zu erfassen und
auszudrücken.
Vor ihrem Studium der Musik Informatik absolvierte Meiyan ihren Bachelor in
Musikwissenschaft und Komposition an der Central China Normal University (2015).
Während ihres Studiums nahm sie an einem Austauschprogramm in Taiwan an der
University of Taipei (2014) teil. Sie begann außerdem ein Masterstudium in
Musikwissenschaft an der Universität Straßburg in Frankreich (2017), bevor sie zum
Masterstudium der Musikinformatik in Karlsruhe wechselte. Sie nimmt weiterhin Unterricht in
klassischer zeitgenössischer Komposition bei der Komponistin Annette Schlünz.

Marc Bangert / Patrick Borgeat, X: Transmorphation for Harmonic Template Neurons
Harmonic Template Neurons sind Gehirnzellen, die sich darauf spezialisiert haben, unsere
Klangumgebung nach einzelnen Schallwellen abzusuchen, die gemeinsam in eine
bestimmte geordnete Schablone passen (harmonische Obertöne), und sie für die
Wahrnehmung zu zusammenhängenden Gebilden zu verschmelzen. Erst diese
Verschmelzung sorgt dafür, dass wir das Tongemisch z.B. einer Orgelpfeife als einen
einzelnen musikalischen Ton einer einzelnen Quelle wahrnehmen und diese auch erst dann
im Raum einem Ort zuordnen. Die Klangfarben praktisch jedes Musikinstruments gehorchen
diesem Schablonensystem.
Das hier zu hörende Kopfhörerbeispiel basiert auf einem längeren Werk, einer immersiven
Raum-Installation, die je nach Ausgangsmaterial und gewünschter zeitlicher Auflösung
zwischen 8 und 168 Stunden andauern kann. Hier werden durch algorithmische Manipulation
einzelne Obertöne aus ihrem Verbund herausgelöst, wandern frei im Raum umher und
können sich beliebig dem Verbund einer anderen Klangquelle anschließen. Bei einem
echten Instrument eine physikalische Unmöglichkeit; für HTNs buchstäblich unerhört. Löst
sich ein Teilton aus der Verschmelzung, wird er deshalb dem Bewusstsein als eigenständige
Quelle gemeldet. Die Installation nutzt gezielt weitere Wahrnehmungsphänomene, so
genannte Perzeptuelle Magnet- und Ankereffekte.
Wir finden in dem Werk nur Haltetöne über die komplette Dauer der Installation, keine
Pausen, keinen Rhythmus, keine Melodie, keinen Wechsel zu einem anderen Akkord. Auch
die ständige Veränderung der Klangfarbe führt zu nichts: der Zielpunkt einer jeder
Transformation ist akustisch identisch zum Ausgangspunkt. Der Akkord morpht in sich selbst
– ein Anschein von Bewegung im endlos Statischen. Dabei wird bewusst tatsächliche
harmonische Reinheit nie erreicht; der Klangraum zeigt wiederholte Annäherung an den
idealen Zusammenklang, ein Versprechen, das jedoch nie ganz eingelöst wird.
Dennoch: Obwohl keine der Eigenschaften vorhanden ist, die in vielen Musikkulturen
traditionell „Spannung“ und „Auflösung“ vermitteln, nehmen wir diese in den Texturen wahr,
und dar-über hinaus Momente, die wir musikalisch sonst kaum je erleben – wenn sich ein
Klang, der uns bereits perfekt „aufgelöst“ scheint, sich paradox immer noch mehr auflöst,
immer noch reiner wird – nur um dann doch nie vollständige Perfektion zu erreichen.
Aus einer Reihe von am IMWI kollaborativ entstehenden Werken, die für jeweils eine kleine
Zielgruppe von Hirnzellen maßkomponiert sind. Ziel der Anthologie ist die
Veranschaulichung der fragmentierten Arbeitsweise des Gehirns – und wie fremdartig diese
nicht wahrnehmbare eigene Innenwelt erscheint.

Alexander Lunt, Modi
Das im Rahmen der Master-Arbeit von Alexander Lunt entstandene Werk „MODI“ für
gestisches Interface und Performer spielt mit verschiedenen Modi der Interaktion zwischen
Mensch und Maschine. Die Hauptidee war dabei die Bewegungen der Hände zu
verklanglichen und andersherum den Klang durch die Bewegung der Hände zu kontrollieren,
den menschlichen Körper also als Musikinstrument zu betrachten. Motion Capture wurde
umgesetzt mit einem Kamera System der Firma Qualisys. Klangerzeugung und
Klangsteuerung wurden mit Hilfe von Max 8 realisiert.
Alexander Lunt schließt seinen Master of Arts im Fach Musikinformatik 2018 an der
Hochschule für Musik ab. Seine Hauptinteressen liegen in den Fächern Sonic Arts,
elektronische Komposition und Audio-Design. Von 2014 bis 2016 assistiert er den
Tonmeistern Holger Stenschke und Sebastian Schottke am Zentrum für Kunst und
Medientechnologie und arbeitet zeitgleich als Tutor am Computerstudio an der Hochschule
für Musik Karlsruhe. In den Jahren 2015 und 2016 arbeitet er mit Professor Karel van
Steenhoven und Studierenden aus seiner Blockflötenklasse. Hierbei entstehen hauptsächlich
Neuinterpretationen zeitgenössischer Werke. Zurzeit arbeitet er als Dozent an der
Hochschule für Musik Karlsruhe im Fach „Kreatives Programmieren“ und als Laboringenieur
für den Bereich Audio an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Ansbach.
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