Sparkassen-Tourismusbarometer Saarland
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Jahresbericht 2021 Sparkassen- Tourismusbarometer Saarland Kurzfassung s Finanzgruppe Sparkassenverband Saar
Sparkassen-Tourismusbarometer Saarland – Jahresbericht 2021 Sparkassen-Tourismusbarometer Saarland Jahresbericht 2021 – Kurzfassung 1
Sparkassen-Tourismusbarometer Saarland – Jahresbericht 2021 EINFÜHRUNG Das Sparkassen-Tourismusbarometer Saarland wird seit 2004 jährlich erstellt und veröffentlicht. Trä- ger sind der Sparkassenverband Saar (SVSaar)1 und das Land Saarland, vertreten durch das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr.2 Wissenschaftlich betreut und durchgeführt wird das Tou- rismusbarometer von der dwif-Consulting GmbH. Neben der vorliegenden Kurzfassung wird der Ge- samtbericht zusätzlich online unter www.svsaar.de veröffentlicht. Ziele Das Ziel des Tourismusbarometers3 ist die kontinuierliche, problemorientierte Beobachtung der Tou- rismusentwicklung im Saarland und in seinen Kreisen. Das Tourismusbarometer wird auch in Ost- deutschland, Schleswig-Holstein und in Westfalen-Lippe durchgeführt. Es macht den Nutzer auf Erfolge und Misserfolge sowie auf wichtige strukturelle Veränderungen der Tourismusentwicklung aufmerksam. Als Frühwarnsystem dient es dazu, rechtzeitig auf problematische Entwicklungen hinzuweisen und Handlungsbedarf zu identifizieren. Das kontinuierliche Monitoring er- möglicht zeitliche, regionale und sektorale Vergleiche. Letztlich soll das Tourismusbarometer Ent- scheidungsfindungen für die Infrastrukturentwicklung ebenso wie für das Marketing erleichtern. Das Tourismusbarometer … – ermöglicht durch den Einsatz eines umfassenden Datensets strukturelle, (über-)regionale Verglei- che und Einschätzungen zur Angebots- und Nachfrageentwicklung des Tourismus im Saarland. – schließt Informationslücken der amtlichen Tourismusstatistik. – bietet als einziges Marktforschungsinstrument Informationen zum Markterfolg touristischer Frei- zeiteinrichtungen. – analysiert die aktuelle wirtschaftliche Situation gastgewerblicher Kreditnehmer der Sparkassen. – gibt einen Überblick über das aktuelle Qualitätsniveau der Betriebe im Saarland. – fokussiert aktuelle Branchenthemen, die der Beirat4 des Tourismusbarometers jährlich festlegt. Das aktuelle Branchenthema des Tourismusbarometers 2021 behandelt das Themenfeld Resilienz im Tourismus. Abb. 1: Module des Tourismusbarometers Tourismus im Wirtschaftliche Aktuelles Wettbewerbsvergleich Lage der Betriebe Branchenthema 2021 Länder und Regionen Freizeit- und Kultureinrichtungen Resilienz im Tourismus: Destinationen und Betriebe aktiv steuern – nicht nur in Wirtschaftliche Situation Krisensituationen Betriebstypen des Gastgewerbes Destinationstypen Qualität der Betriebe Expertenmeinungen (Stimmungsbarometer) DIHK-Saisonumfrage regional Fokus Benchmarking Fokus Betriebswirtschaft Fokus Nutzerwünsche Quelle: dwif 2021 1 www.svsaar.de 2 www.wirtschaft.saarland.de 3 www.svsaar.de und www.sparkassen-tourismusbarometer.de 4 siehe Verzeichnis der Beiratsmitglieder 2
Sparkassen-Tourismusbarometer Saarland – Jahresbericht 2021 VORWORT SPARKASSEN-TOURISMUSBAROMETER 2021 Seit fast 20 Jahren unterstützt die Sparkassen Finanz- gruppe Saar die Erstellung und Veröffentlichung des Spar- kassen-Tourismusbarometers. Der vorliegende Bericht blickt auf das Kalenderjahr 2020 zurück, das für die Touris- musbranche in höchstem Maße unter dem Eindruck der Corona-Pandemie stand. 1,2 Millionen weniger Übernach- tungen als 2019 sprechen eine deutliche Sprache. Cornelia Hoffmann-Bethscheider Präsidentin Sparkassenverband Saar Schon im vergangenen Jahr habe ich an dieser Stelle die zügige Reaktion der Politik zur Stützung der Wirtschaft im Allgemeinen und der Tourismuswirtschaft im Besonderen hervorgehoben. Die vorlie- gende Studie kommt zum Ergebnis, dass deutschlandweit rund 1,5 Millionen Angestellte des Gastge- werbes Kurzarbeitergeld bezogen. Das sind fast zehn Prozent aller Menschen, die insgesamt Kurzar- beitergeld bezogen haben und zeigt besonders eindringlich, in welchem Ausmaß Hotellerie, Gastro- nomie und Freizeiteinrichtungen betroffen waren. Und so war es das Zusammenspiel aus politischen Maßnahmen und auch aus den Angeboten der Finanzwirtschaft, das in vielen Fällen zumindest das Schlimmste verhindern konnte. Auch wir nahmen und nehmen weiterhin unsere öffentliche Verantwor- tung umfassend wahr und helfen den Unternehmen durch Stundungen und Aussetzungen von Kredi- ten. Neben der alljährlichen und kontinuierlichen Betrachtung wichtiger Kennzahlen des Saarland- Tourismus´ beschäftigt sich das Sparkassen-Tourismusbarometer 2021 passenderweise mit der Resi- lienz im Tourismus – also mit der Widerstandsfähigkeit der Tourismuswirtschaft, vor allem in Krisen- zeiten. Neben praktischen Handlungsempfehlungen und Lösungsansätzen kommt die Untersuchung vor allem zu einem Ergebnis, das mich optimistisch stimmt: die positiven Handlungsansätze, die viele Tourismusunternehmen in der Krise verfolgt haben. Von Kreativität ist die Rede, von der Nutzung di- gitaler Möglichkeiten, von Veränderungsbereitschaft und von engagierten Menschen. Die vergangenen Monate waren für die Tourismusbranche und für uns alle eine Herausforderung. Wir hoffen auch weiterhin, dass sich die Lage verbessert und Menschen von nah und fern ihre Lust am Reisen wiedergewinnen. Das Saarland bietet so viel, das einen Besuch wert ist: Natur, urbane Kultur, historisches Erbe und hervorragende Gastronomie. Ich bin davon überzeugt, dass wir gemeinsam an die Entwicklungen der vergangenen Jahre anknüpfen und den Saar-Tourismus besser, attraktiver und noch erfolgreicher gestalten können. Ich wünsche Ihnen eine interessante und hilfreiche Lektüre. Saarbrücken, November 2021 3
Sparkassen-Tourismusbarometer Saarland – Jahresbericht 2021 VORWORT SPARKASSEN-TOURISMUSBAROMETER 2021 Noch immer sieht sich die Tourismusbranche mit den Be- schränkungen der Corona-Pandemie konfrontiert. Im Winter- halbjahr waren die Gastronomiebetriebe, aber auch die Ho- tellerie für Privatreisende, sieben Monate geschlossen. Die- ser 2. Lockdown setzte der bereits stark betroffenen Branche erneut intensiv zu. Die Übernachtungszahlen erreichten landkreisspezifisch ein Minus zwischen 26 Prozent und 46 Prozent. Deutlich erkennbar ist hier das Verhältnis zwi- Anke Rehlinger schen ländlich geprägter Urlaubsregion und dem städtisch Ministerin für Wirtschaft, Arbeit, geprägten Regionalverband mit der Landeshauptstadt Saar- Energie und Verkehr brücken. Das Übernachtungsvolumen für das gesamte Saar- land lag 2020 bei 2,03 Millionen, demgegenüber stehen 3,2 Millionen Übernachtungen in 2019 – das ist ein gewalti- ger Verlust. Das Sparkassen-Tourismusbarometer 2021 analysiert die Trends und Entwicklungen des vergangenen Jahres. Die gute Nachricht: insbesondere im tagestouristischen Bereich gibt es einige Lichtblicke. Die großen Gewinner der Branche sind Natur- und Outdooraktivitäten wie Radfahren und Wandern. Besu- cherrückgänge gab es dagegen in Erlebnisbädern und Thermen, Einrichtungen mit historischem Schwerpunkt, Museen und Ausstellungen sowie Stadt- und Themenführungen. Die Gästezufriedenheit im Saarland ist erstmals wieder gesunken, wenngleich nicht so stark wie deutschlandweit. Inwieweit Gastgeber in der Lage sind, aufgrund der wirtschaftlich schlechten Lage in ihren Betrieb und ihr Qualitätsmanagement zu investieren, lässt sich nur schwer voraussagen. Wie die Auswertung von Trust Score Daten allerdings zeigt, haben die Gäste im Saarland einige Themen positiv bewertet, wie bspw. die Internetanbindung oder das Preis-Leistungsverhältnis, bei dem das Saarland erstmals Platz 1 unter allen Bundesländern belegt. Das ausgewählte Branchenthema „Resilienz im Tourismus“ befasst sich mit der Frage, wie Destinatio- nen und Betriebe aktiv gesteuert werden können, nicht nur in Krisensituationen. Der Fokus richtet sich hierbei auf Stabilisierung, Flexibilisierung und Wandel. Damit dies gelingt, unterstützt das Wirtschafts- ministerium Betriebe im Rahmen des Sonderkonjunkturprogramms für das Gastgewerbe bei der Er- neuerung und Modernisierung in den Bereichen Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Barrierefreiheit und stellt zu den bisherigen 3 Mio. Euro Landesmitteln weitere 4,2 Millionen aus EU-Mitteln bis 2023 zur Verfügung. Ebenso wurde der Fördersatz für touristische Infrastrukturmaßnahmen von 70 auf 95 Prozent erhöht, um auch Kommunen in dieser schwierigen Lage gezielt zu unterstützen und den Tou- rismus im Land insgesamt zu fördern. Zusammenhalten und austauschen in der Pandemie ist ebenso wichtig wie aktiv dazu beizutragen, dass sich die Wirtschaft stabilisieren kann und so für zukünftige Krisen in eine widerstandsfähige Form zurückfindet. Dem Auf- und Ausbau der Widerstandsfähigkeit der saarländischen Betriebe kommt da- bei eine entscheidende Rolle zu. Ihre Anke Rehlinger Saarbrücken, November 2021 4
Sparkassen-Tourismusbarometer Saarland – Jahresbericht 2021 KONJUNKTURBERICHT ZUM SAARLAND-TOURISMUS Reiseverhalten in Pandemiezeiten Reiselust? Inlandsboom? Zurückhaltung? Dauerhafter Wandel? Wie wird sich die Corona-Pandemie auf das Nachfrageverhalten auswirken? Reiselust und Reisebudget sind größtenteils weiter vorhanden. Die Wahl der Reiseziele erscheint nach aktuellen Erkenntnissen aus der Marktforschung langfristig eher stabil und die Rahmenbedingungen (z. B. Preisentwicklung, Flugangebote) bleiben weiterhin ein wichtiger Einflussfaktor. Das stimmt mit Blick auf die Destination Saarland einerseits optimistisch, zeigt aber auch, dass eine positive mittelfristige Entwicklung kein Selbstläufer sein wird. „Corona-Schere“ zwischen Ferienregionen und städtischen Regionen geht weiter auseinander Die Bilanz des Kalenderjahrs 2020: Das Saarland verzeichnete laut amtlicher Tourismusstatistik 1,2 Millionen Übernachtungen weniger als im Vorjahr. Das bedeutet ein Minus von 37,0 Prozent. Vor allem bei den Incoming-Gästen gab es aufgrund der internationalen Reisebeschränkungen erhebliche Rückgänge (-58,1 Prozent). Unter den einzelnen Kreisen im Saarland sind keine Krisengewinner, son- dern nur unterschiedlich stark betroffene Teilräume. Die Unterschiede hängen zusammen mit den je- weiligen Anteilen privat und geschäftlich motivierter Reisen, der Bedeutung des Incoming-Tourismus, dem Destinationstyp und der Angebotsstruktur (zum Beispiel Vorsorge- und Rehakliniken). So wirken ein hoher Anteil an Gästen aus dem eigenen Land sowie autarke Unterkunftsformen wie Campingplätze und Ferienhäuser während Corona als Stabilisierungsfaktoren. Abb. 2: Kernkennzahlen zum Saarland-Tourismus Top-3- Gästezufriedenheit 2020 Gastgewerbe: ÜN 2020 ÜN-Volumen Quellmärkte 2019 (0 bis 100 Punkte, Freizeitwirtschaft Nettozimmerpreis ggü. Vorjahr 2020 mit Entwicklung Rang 2021, Pfeile Entw. 2020 ggü. 2019 2020, Umsatz je 2020 ggü. 2019 ggü. Vorjahr) Betrieb 2019 66 € 2,03 Mio. -51,3% 83,8 Rang 11 von 16 253 Tsd. € -56,1% -37,1% -37,0 % Saarland -62,5% Gastgewerbe SL ÜN- Auslastung Anteil DEHOGA- ÜN 2020 ÜN-Ausland- Top-Gemeinden 2020 Volumen Schlafgelegenheiten klassifizierter Betriebe ggü. Vorjahr Volumen 2020 (ÜN-Volumen 2020) 2020 2020 (2019) an Hotels gesamt 2021 Merzig-Wadern 460 Tsd. Weiskirchen 151 Tsd. 24,6 % 46 % Mettlach 146 Tsd. (-8,1 %) -26,0 % 40 Tsd. Saarlouis 158 Tsd. Überherrn 60 Tsd. 19,8 % 48 % Saarlouis 47 Tsd. (-7,9 %) -36,5 % 19 Tsd. RV Saarbrücken 362 Tsd. Saarbrücken 299 Tsd. 23,6 % 48 % Völklingen 31 Tsd. (-18,8 %) -46,0 % 71 Tsd. Saarpfalz-Kreis 258 Tsd. Blieskastel 119 Tsd. 26,1 % 52 % Homburg 54 Tsd. (-11,1 %) -39,8 % 14 Tsd. Neunkirchen 178 Tsd. Neunkirchen 111 Tsd. 40,1 % (-11,7 %) 17 % Illingen 61 Tsd. -26,8 % 4 Tsd. (2017) St. Wendel 612 Tsd. Nohfelden 482 Tsd. 33,9 % (-9,3 %) 50 % St. Wendel 101 Tsd. -39,1 % 63 Tsd. Quelle: dwif 2021, Daten: Statistisches Amt Saarland, TrustYou GmbH, Besuchermonitoring Freizeitwirtschaft, IHA-Hotelmarktbericht 2021, DEHOGA Deutsche Hotelklassifizierung GmbH 6
Sparkassen-Tourismusbarometer Saarland – Jahresbericht 2021 Im Regionalverband Saarbrücken wurde die positive Entwicklung aus dem Vorjahr durch die Corona- Pandemie gestoppt. Nachdem die Region 2019 noch mit dem besten Ergebnis der vergangenen Jahre beeindrucken konnte, beklagt der Regionalverband 2020 Rückgänge bei den Übernachtungszahlen von 46,0 Prozent. Grund dafür ist vor allem die städtetouristische Prägung (Saarbrücken, Völklingen), die eine hohe Abhängigkeit vom Erlebnisfaktor auf engem Raum (Gastronomie, Veranstaltungen, Frei- zeiteinrichtungen, Shopping) sowie vom MICE5-Segment und dem Incoming-Tourismus mit sich bringt. Eine Chance kann künftig das verbindende Element aus Stadterlebnis und Outdoor-Aktivitäten sein, zum Beispiel über den Radtourismus. Zudem helfen digitale Lösungen bei der Besucherlenkung. Nach Jahren des Nachfragewachstums musste auch der Saarpfalz-Kreis 2020 deutliche Übernach- tungsrückgänge verkraften (-39,8 Prozent). Als Biosphärendestination bietet der Kreis zwar eine große Vielfalt naturnaher Aktivitäten, jedoch hatte der Einbruch der MICE-Branche starke Auswirkungen auf die Übernachtungsentwicklung. Abb. 3: Touristische Nachfrage im Saarland Übernachtungsentwicklung in gewerblichen Beherbergungs- Übernachtungsentwicklung der Top-10-Märkte 2019 in betrieben 2020 ggü. 2019 (ab 10 Schlafgelegenheiten, in %) gewerblichen Beherbergungsbetrieben 2020 ggü. 2019 (in %, ab 10 Schlafgelegenheiten) LK Merzig-Wadern LK St. Wendel -26,0 -39,1 6. UK -53,7 % LK Neunkirchen 7. PL -55,4 % Saarland: -37,0 1. NL -51,3 % 10. USA -78,2 % -36,5 -26,8 Deutschland: -39,0 3. BE -62,5 % 4. LU -58,6 % 8. AT -43,1 % LK Saarlouis >2 2. FR -56,1 % 5. CH -53,5 % -46,0 -39,8 ≥ 0 bis ≤ 2 RV Saarbrücken Inland -33,1 % 9. IT -46,4 % Saarpfalz-Kreis
Sparkassen-Tourismusbarometer Saarland – Jahresbericht 2021 Der Kreis Neunkirchen kam 2020, trotz schwacher Re-Startphase in den Sommermonaten, mit einem im Regionsvergleich glimpflichen Minus von 26,8 Prozent davon. Das liegt zum einen an der geringe- ren Bedeutung des Incoming-Geschäfts in der Region. Zudem startete der Kreis Neunkirchen mit Rü- ckenwind in das Jahr 2020 und konnte vor Beginn der Krise in den Monaten Januar und Februar jeweils Wachstumsraten von über 20 Prozent verzeichnen. Der Kreis St. Wendel verzeichnete Übernachtungsrückgänge von -39,1 Prozent. Dabei litt die stark vom Leisure-Tourismus geprägte Region gravierend unter den Lockdown-Phasen: Mitunter gingen die Übernachtungszahlen um mehr als 90 Prozent zurück. Hinzu kamen erhebliche Verluste im wichtigen Incoming-Geschäft (-66,2 Prozent) aufgrund europäischer Reisebeschränkungen. Umso erfreulicher, dass die Region in den Sommermonaten nach dem Re-Start zumindest kurz durchatmen und die star- ken Verluste aus den Lockdown-Phasen etwas kompensieren konnte (Übernachtungen im Zeitraum Juli bis Oktober 2020 gegenüber dem Vorjahreszeitraum: -13,0 Prozent). Nachdem bereits die letzten Jahre von teils deutlichen Rückgängen gekennzeichnet waren, startete der Kreis Saarlouis auch 2020 mit einer durchwachsenen Bilanz. Schlussendlich berichten die Akteure vor Ort für das Jahr 2020 über einen im Vergleich der Regionen durchschnittlichen Übernachtungs- rückgang von -36,5 Prozent. Schon 2019 kamen besonders viele Gäste aus Luxemburg und Frankreich; zwar brach auch hier die Nachfrage 2020 um -46,0 Prozent beziehungsweise -39,1 Prozent ein, den- noch kommen aus diesen beiden Ländern nach wie vor die meisten Besucher. Mit einem Übernachtungsrückgang um -26,0 Prozent schneidet das Saarschleifenland Merzig-Wadern im Saarlandvergleich noch am besten ab. Hierzu tragen neben moderaten Inlandsverlusten (-22,5 Prozent) auch die vergleichsweise geringen Rückgänge beim Incoming-Geschäft bei (-49,8 Pro- zent), wobei Merzig-Wadern vor allem von der Entwicklung des mit Abstand wichtigsten Quellmarkts Niederlande (-28,1 Prozent) profitierte. Darüber hinaus kam der Region in der Phase zwischen erstem und zweitem Lockdown die von Natur-/Outdoor-Aktivitäten geprägte Ausrichtung der Destination zu- gute. In den Monaten Juli (+3,3 Prozent) und September 2020 (+0,2 Prozent) lag sie sogar auf bezie- hungsweise über dem Vorjahresniveau Angebotsentwicklung: Balanceakt – Marktbereinigung versus Angebotsverknappung Auch das touristische Angebot im Saarland war 2020 geprägt von den Auswirkungen der Corona-Pan- demie. Die Beherbergungsverbote für Privatreisende während der Lockdown-Phasen sowie Nachfra- gerückgänge und Kapazitätsbeschränkungen in der Re-Startphase führten im Beherbergungsgewerbe zu einem leichten Rückgang der verfügbaren Schlafgelegenheiten (Stand: Juli 2020) um -2,1 Prozent. Zahlreiche Betriebe sind selbst im Sommer 2020 nicht wieder an den Markt gegangen, obwohl es die gesetzlichen Rahmenbedingungen erlaubt hätten. Vor allem Gruppenunterkünfte und Campingplätze reduzierten ihr Angebot, während in der Hotellerie und auf dem Ferienwohnungsmarkt Kapazitäten hinzukamen. Dadurch sank die Betriebsgröße auf 89,4 Betten pro Betrieb (2019: 91,4 Betten pro Be- trieb). Neue Beherbergungsangebote im Saarland 2020 bis 2022 eröffnen mehrere neue Beherbergungsbetriebe. Einige Beispiele 6: – Das Sternerestaurant Esplanade in Saarbrücken wurde 2020 ausgebaut. Die oberen Stockwerke der Gründerzeitvilla wurden zum Boutique-Hotel umgewandelt. – In der Bahnhofstraße in Saarbrücken wird derzeit eine Highstreet Immobilie mit gemischter Nutzung und 4-Sterne-Hotel durch die B&L Group gebaut. Das Gebäude bietet ca. 7.700 Quadratmeter Hotel- sowie ca. 2.600 Quadratmeter moderne Shoppingfläche und soll 2022 eröffnen. – 2020 sicherte sich Premier Inn in der Hafenstraße in Saarbrücken ein Grundstück für ein Hotel mit 175 Zimmern. Das Hotel soll ebenfalls 2022 eröffnen. 6 www.esplanade-sb.de, www.bl-gruppe.de, www.hotelier.de, www.volksfreund.de 8
Sparkassen-Tourismusbarometer Saarland – Jahresbericht 2021 Abb. 4: Touristisches Angebot im Saarland Schlafgelegenheiten 2020 Entwicklung Schlafgelegenheiten Auslastung Schlafgelegenheiten 2020 (in %) 2020 ggü. 2019 (in %) Saarland LK Merzig-Wadern 12,0 27,3 LK Saar- LK Neun- RV Saarbrücken 3,7 louis kirchen 19,8 40,1 % LK Saarlouis -1,8 RV Saar- LK St. LK Neunkirchen -4,1 brücken Wendel 23,6 33,9 Saarpfalz-Kreis -4,4 LK Merzig- Saarpfalz- > 6.000 LK St. Wendel -15,1 Wadern Kreis 24,6 26,1 ≥ 4.000 bis ≤ 6000 Deutschland SG 2020 Stadt- und Landkreise Deutschland 2017 D SL 28,7 < 4.000 ≥ 0 - ≥ 4.000 - ≥ 6.000 - < 4.000 < 6.000 < 8.000 -5,5 % -2,1 % Durchschnittliche Betriebsgröße Airbnb: Anzahl der Active Rentals nach Stadt-/Landkreisen in Betten pro Betrieb 2020 SL 89,4 (Pfeile: Veränderung ggü. 2019) D 73,6 71 91 186 62 77 82 87 57 42 73 Active Rentals Saarland 2021: 586 221 LK Saar- Saarpfalz- LK St. 88 LK Neun- louis Kreis LK Merzig- Wendel (Stand: März 2021) RV Saar- kirchen Wadern brücken Quelle: dwif 2021, Daten: Statistisches Bundesamt, Statistisches Amt Saarland Saarländische Freizeitwirtschaft: Besucherrückgänge in nahezu allen Kategorien Die Corona-Pandemie hat auch die Freizeitwirtschaft hart getroffen. Flächendeckende Schließungen zwischen Mitte März und Ende April 2020 sowie am Jahresende, Abstands- und Hygieneregeln sowie eine gewisse Zurückhaltung der Menschen bei Freizeitaktivitäten führten zu enormen Verlusten. Die Einrichtungen mussten innerhalb kürzester Zeit nicht nur ein hohes Maß an Kreativität und Improvisa- tionstalent beweisen, sondern auch ihre Kommunikationsinfrastruktur aufstocken, um die Zeit zu überbrücken, präsent zu bleiben und für den Neustart gerüstet zu sein. Die Freizweitwirtschaft hat schnell gehandelt: Noch im Frühjahr 2020 wurden neue Online-Angebote zur Verfügung gestellt. Diese reichten von Livestreams der Tierfütterungen in Zoos und virtuellen Rundgängen in Museen und Schlössern über Bildungs- und Bastelangebote für Kinder sowie Videos älterer Theater- und Konzer- taufführungen bis hin zu speziellen Drive-in-Angeboten. Laut einer Befragung der am Besuchermoni- toring teilnehmenden Einrichtungen im Februar 2021 messen drei von vier Freizeiteinrichtungen den digitalen Angeboten auch nach der Pandemie mehr Bedeutung zu als zuvor. Die Unterschiede zwischen den Kategorien sind so groß wie nie. – Outdoor-Einrichtungen wie Naturerlebniszentren (-14,8 Prozent) sind noch am besten durch die Krise gekommen. Aufgrund ihres Angebotes an der frischen Luft hatten sie teils mehr Öffnungstage als andere Kategorien. Auch Hygiene- und Abstandsregeln lassen sich einfacher einhalten. Darüber hinaus durften die Einrichtungen dieser Kategorie im zweiten Lockdown bis Ende des Jahres öffnen. – Erlebnisbäder/Thermen belegten im saarländischen Ranking der Kategorien der Freizeit- und Kul- tureinrichtungen Platz 2. Allerdings beliefen sich die Rückgänge selbst hier auf rund 50 Prozent. Kein Wunder, sind doch die Monate, die von den beiden Lockdowns betroffen waren, normalerweise be- sonders besucherstark. Zudem durften die Einrichtungen im Frühsommer erst sehr viel später öffnen als die meisten anderen Kategorien. – Auch die Einrichtungen im Bereich Römer/Kelten mussten gravierende Verluste hinnehmen und ver- loren mehr als jeden zweiten Besucher (-54,3 Prozent). Gerade diese Kategorie war bereits in den Vorjahren von Besucherrückgängen betroffen. 9
Sparkassen-Tourismusbarometer Saarland – Jahresbericht 2021 – Museen/Ausstellungen im Saarland, die in den Vorjahren ein Auf und Ab erlebt hatten, waren von den Schließungen und weiteren Einschränkungen 2020 massiv betroffen, zumal sie Ganzjahresangebote darstellen. Sie verloren 2020 rund sechs von zehn Besuchern (-58,3 Prozent). – Die Anbieter von Stadtführungen (-83,3 Prozent) hatten unter den Auswirkungen der Corona-Pande- mie am meisten zu leiden. An den Teilnehmerzahlen der Stadtführungen ist erkennbar, dass Städte- tourismus 2020 kaum stattgefunden hat. In den Vorjahren hatte diese Kategorie trotz Einschränkun- gen in den Hitzesommern auf einem relativ hohen Besucherniveau gelegen. Abb. 5: Freizeitwirtschaft im Saarland im Überblick Saarland Alle erfassten Bundes- länder/Regionen Besucher- entwicklung -37,1% -41,5% 2020 ggü. 2019 Besuchermonitoring Freizeitwirtschaft 2020 Anteil Betriebe 3% 7% mit Besucher- 705 Freizeiteinrichtungen (SL: 32) zuwächsen 39 Millionen Besucher (SL: 1,9 Millionen) Besuchervolumen + + unter unter im Vergleich der dem ø dem ø 18 Angebotskategorien (SL: 9) letzten Jahre Saisonale Veränderung 2020 gegenüber 2019 Besucherentwicklung Saarland 2020 nach Kategorien (in %) im Saarland (in %) % Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez 20 2,6 0,1 3,4 -14,8 Naturerlebniszentren 0 -20 -2,6 -12,4 -40 -23,0 -51,2 Erlebnisbäder/Thermen -60 -80 -60,9 -65,2 -62,3 -100 -86,0 -84,6 -99,1 -54,3 Römer/Kelten Besucherentwicklung Destinationstypen 2020 gegenüber 2019 (in %) Seen: Mittelgebirge: -58,3 Museen/Ausstellungen -36,2 -34,1 Flach- und Flussregionen: Stadt- und thematische Hügelland: -38,8 -40,3 -83,3 Führungen Führungen Küsten: Städte: -46,2 -52,0 Einflussfaktoren auf die Besucherentwicklung 2020 Befragung der Freizeiteinrichtungen (alle Barometer- Bundesländer + RP) Inanspruchnahme von Lockdown Maskenpflicht Hilfsprogrammen (Stand: 2/2021) Angst vor Beschränkung der Ansteckung 71% haben bereits Hilfsprogramme in Anspruch Besucherzahlen genommen. Einbrüche im Abstands- und Absage von Städtetourismus 6% planten dies noch. Hygieneregeln Veranstaltungen 52% fanden die Unterstützung ausreichend. Genutzte Hilfsprogramme (Mehrfachnennungen) Entwicklung des durchschnittlichen Eintrittspreises in € in der Sofort- oder Überbrückungshilfen 75,5% Freizeitwirtschaft in allen erfassten Bundesländern/Regionen Kurzarbeitergeld 74,5% 7,18 7,35 7,54 7,67 7,96 8,22 Sonstiges 20,2% Stundung Steuervorauszahlungen/ Sozialversicherungsabgaben 17,0% Sozialversicherungsabgaben Kredite/Darlehen o.ä. 10,6% 2016 2017 2018 2019 2020 2021 Quelle: dwif 2021, Daten: Besuchermonitoring Freizeitwirtschaft, Befragung der Freizeiteinrichtungen in den Barometer-Bundesländern und Rheinland-Pfalz (Februar 2021) 10
Sparkassen-Tourismusbarometer Saarland – Jahresbericht 2021 Konjunktur- und Marktentwicklung im Gastgewerbe: Ein Jahr gekennzeichnet von Umsatzrück- gängen und Fachkräftesicherung Für die touristischen Betriebe ist die Situation rund um die Corona-Pandemie besonders herausfor- dernd. Ein Blick auf den RevPAR – der Umsatz je verfügbarem Zimmer – verdeutlicht die Situation am Beispiel der Beherbergungsbetriebe. Einen RevPAR von 23 Euro erzielten die saarländischen Beher- bergungsbetriebe im Jahresdurchschnitt 2020. Im Vorjahr lag der Wert noch bei 51 Euro. Fakt ist, dass es betriebswirtschaftlich unrentabel ist, den Betrieb bei einem RevPAR von unter 10 Euro aufrechtzu- erhalten, was in den Lockdown-Monaten allerdings häufig der Fall war. Gleichzeitig nehmen die unbe- setzten Ausbildungsstellen im Trend zu und die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten sank krisenbedingt trotz Kurzarbeit deutlich. Hier ist nicht zu erwarten, dass alle Mitarbeitenden im weiteren Jahresverlauf zurück ins Gastgewerbe finden. Der Arbeits- und Fachkräftemangel wird somit mittelfristig zu einer noch größeren Herausforderung. Abb. 6: Ausgewählte Kennzahlen für das Gastgewerbe im Saarland mit Blick auf die Corona-Krise RevPAR 2015-2020 (in €) Arbeitsmarkt im Saarland: sozialversicherungspflichtig Beschäftigte und geringfügig D Beschäftigte im Gastgewerbe und insgesamt; 2020 ggü. 2019 (in %) SL 63,0 44,0 St. Wendel -10,2 26,0 Merzig-Wadern +0,5 23,0 -10,2 -14,1 -0,5 -6,0 -22,6 2015 2020 Neunkirchen -9,8 -8,1 Nettozimmerpreis 2019 und 2020 (in €) und Veränderung (in %) Saarlouis -1,7 ggü. 2019 -5,3 -16,5 2020 2019 -3,6 RV Saarbrücken -6,6 Deutschland 87,0 98,0 -11,3 -18,6 -7,4 Saarpfalz-Kreis -5,9 -1,1 Saarland 66,0 69,0 -4,3 -4,8 -22,1 -6,9 -1,0 Personen in Kurzarbeit: Anteil des Gastgewerbes an -19,0 allen Branchen im Jahresdurchschnitt 2020 (in %) Saarland -7,7 SL D Anteil SvB Gast- -7,4 SvB Gastgewerbe gewerbe an Gesamt -1,5 SvB Gesamt Beherbergung 1,4 2,7 GeB Gastgewerbe -19,5 Gastronomie 6,6 7,5 SL D -7,0 GeB Gesamt Gastgewerbe 8,0 10,2 2,5 3,1 Quelle: dwif 2021 Daten: IHA, Bundesagentur für Arbeit Umsatzrendite und Cash-Flow im Gastgewerbe leicht rückläufig bei steigenden Kosten Die EBIL-Daten des Jahres 2019 sind noch unberührt von der Pandemie und ermöglichen eine Orien- tierung im Hinblick auf die Ausgangssituation der gastgewerblichen Betriebe. Die Gewinnmargen im Saarland sanken mittelfristig (seit 2014) von 8,3 Prozent auf 5,7 Prozent. Vor allem das Beherber- gungssegment hat zu diesem Rückgang beigetragen. Hier fiel die Umsatzrendite um fast 5 Prozent- punkte, während die gastronomischen Betriebe in den vergangenen Jahren bei der Gewinnmarge so- gar etwas zulegen konnten: Mit knapp 11 Prozent liegt die Umsatzrendite über dem bundesweiten Median (8,5 Prozent). Ähnlich sieht es bei der Cash-Flow-Rate aus, welche die Innenfinanzierungskraft der Unternehmen ab- bildet. Sowohl mittelfristig als auch im Vergleich zum Vorjahr 2018 ist eine leicht rückläufige Tendenz zu beobachten. Im Median nahm die saarländische Cash-Flow-Rate seit 2014 um 4,6 Prozentpunkte ab. Insgesamt ist der Abstand zwischen den starken und den eher schwachen Betrieben zwar kleiner als bundesweit, aber die vergleichsweise leistungsstarken Betriebe erzielten einen geringeren Cash- Flow als der bundesweite Durchschnitt. Das bedeutet, dass sie auch einen geringeren Liquiditätspuffer für die Krise und somit einen etwas geringeren finanziellen Handlungsspielraum hatten. 11
Sparkassen-Tourismusbarometer Saarland – Jahresbericht 2021 Steigende Kosten in allen Bereichen Häufig resultieren sinkende Umsatzrenditen und Cash-Flow-Raten auch aus höheren Aufwendungen im Unternehmen. Und tatsächlich ist die Gesamtaufwandsquote im saarländischen Gastgewerbe kurz- fristig um 5,7 Prozentpunkte gestiegen. Alle hierin enthaltenen Aufwandsarten – Personal, Miete, Zin- sen, Investitionen und Abschreibungen – stiegen 2019 an oder waren zumindest stabil. Die Abschrei- bungsquoten für Beherbergung und Gastronomie im Saarland liegen unterhalb der bundesweiten Werte. Dies deutet auf ein generell niedrigeres Investitionsniveau hin, ein Trend, der sich im Zuge der Corona-Pandemie vermutlich noch verstärkt hat. Abb. 7: Betriebswirtschaftliche Kennzahlen des Gastgewerbes im Saarland Personal- und Mietaufwandsquote im Gastgewerbe 2014 und 2019 (in %) Umsatzrendite im Gastgewerbe 2014 und 2019 (in %) Beherbergung 2014 2019 Saarland 7,3 2,8 2019 2014 Deutschland 9,2 8,1 Deutschland 29,3 5,0 33,7 7,4 Gastronomie 2014 2019 Saarland 31,8 4,4 36,7 10,2 Saarland 9,7 10,9 Eigenkapitalquote im Gastgewerbe 2014 und 2019 (in %) Deutschland 10,7 8,5 Saarland Beherbergung 0,0 9,6 Gastronomie 0,0 5,1 Cash-Flow-Rate im Gastgewerbe 2018 und 2019 (in %) Gastgewerbe 0,0 11,0 D 2018 D 2019 Deutschland Beherbergung 7,7 15,6 15,3 14,0 Beherbergung Gastronomie 0,0 6,5 14,5 12,0 Gastronomie Gastgewerbe 3,9 11,4 RP 2019 RP 2018 13,7 Investitionsquote im Gastgewerbe 2014, 2018 und 2019 (in %) 16,4 11,3 2019 14,4 2014 2018 1,2 1,2 1,2 Deutschland SL 2019 SL 2018 1,3 1,4 1,4 Saarland 10,4 6,4 1,9 1,9 2,1 15,9 15,9 1,2 1,6 2,0 Quelle: dwif 2021, Daten: DSV 2021 (Sonderauswertung EBIL) Gästezufriedenheit sinkt erstmals wieder – Qualitätsmanagement wird immer wichtiger Das Jahr 2020 hat Betriebe und Tourismusorganisationen in Sachen Qualitätsmanagement vor neue Herausforderungen gestellt, denn das Qualitätsbewusstsein der Gäste ist auch in Krisenzeiten hoch. Zumindest ihre Ansprüche hinsichtlich Hygienemaßnahmen, Maskenpflicht und Abstandsregeln sind gestiegen und haben Auswirkungen auf das individuelle Qualitätsempfinden. Die Tourismusorganisa- tionen im Saarland gehen davon aus, dass Qualitätsmanagementsysteme bei vier von zehn Betrieben an Bedeutung gewinnen werden. Die Betriebe selbst sind etwas zurückhaltender. Problematisch ist, dass deutschlandweit zwei von drei Betrieben infolge der Corona-Pandemie auf absehbare Zeit keine neuen Investitionen tätigen können. Die Gästezufriedenheit im Saarland hatte sich in den letzten Jah- ren stetig verbessert. 2017 hatte der TrustScore bei 83,5 Punkten gelegen, 2019 mit 84,1 Punkten noch 0,6 Punkte höher. Mittlerweile hat sich die Corona-Pandemie allerdings auch negativ auf die Zu- friedenheit der Gäste ausgewirkt. Im Saarland (-0,3 Punkte) wie deutschlandweit (-0,6 Punkte) ist der TrustScore im Jahr 2020 gesunken. Im Bundesvergleich liegt das Saarland zwar weiterhin unter dem Durchschnitt von 85,8 Punkten, konnte den Abstand aber immerhin leicht verringern. Damit belegt das Saarland nach wie vor Platz 11 im Bundesländerranking vor den städtisch geprägten Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Hessen sowie den drei Stadtstaaten. 12
Sparkassen-Tourismusbarometer Saarland – Jahresbericht 2021 – Das Preis-Leistungs-Verhältnis und die Internetanbindung scheinen aus Sicht der Gäste kein Prob- lem zu sein. Beim Preis-Leistungs-Verhältnis übertrumpft das Saarland erstmals alle anderen Bun- desländer und belegt Platz 1. Auch bei der Internetanbindung hat sich das Saarland deutlich verbes- sert und belegt nun Platz 2. – Im Bereich Hardware besteht im Saarland großer Handlungsbedarf. Zimmer, Außenanlagen und das Hotel insgesamt werden deutlich schlechter bewertet als in vielen anderen Destinationen. – Bei der Servicequalität im Saarland gibt es ebenfalls noch Potenzial. Das Saarland liegt hier auf Platz 10 im Bundesländerranking und damit einen Platz weiter hinten als im Jahr zuvor. – Ebenfalls problematisch aus Sicht der Gäste: die Location. Damit wird das Umfeld der Beherber- gungsbetriebe bewertet, insbesondere die öffentliche Infrastruktur. Hier liegt das Saarland auf den hinteren Plätzen unter den Bundesländern. An dieser Stelle sind somit weniger die Betriebe selbst gefragt als das Land, die Tourismusorganisationen und die Kommunen. Sie sind es, die entsprechend attraktive Infrastruktur- und Umfeldbedingungen für die Gäste bieten müssen, ob über die innerört- liche Atmosphäre oder die Aufwertung der Ortsbilder. Abb. 8: Kennzahlen zur Qualitätsentwicklung im Saarland-Tourismus Entwicklung der klassifizierten Betriebe Anteil DEHOGA-zertifizierter Betriebe TrustScore 2021, Punktzahlen von 0 bis 100 im Saarland an Hotels (garnis) im Saarland 2021 87,5 85,8 -0,5 -0,4 41% 46% DTV-Betriebe: 84,9 Ferienhäuser, -wohnungen 83,8 D SL +0,0 +0,1 und Privatzimmer in % Saarpfalz-Kreis 52 79,5 2021: Anteil 4/5 Sterne 82,4 304 an gesamt: 57 % -0,5 LK St. Wendel 50 +0,3 235 SL D LK Saarlouis 48 2021 83,8 85,8 DEHOGA-Betriebe: Hotels/Hotels garnis 2021 ggü. Vorjahr -0,2 -0,6 2021: Anteil 4/5 Sterne an gesamt: 28 % RV Saarbrücken 48 in Punkten 74 71 LK Merzig-Wadern 46 LK Neunkirchen 17 2016 2021 - Kategoriewerte - Ausgewählte Qualitätsinitiativen im Saarland: Entwicklung der Teilnehmerbetriebe Saarland Deutschland 2016 2021 100 139 93 ServiceQualität Deutschland Service 90 Bett+Bike-Betriebe 2016 (Pfeile: Entwicklungstendenzen ggü. 2011) Reisen für Alle 2016 (Stand April 2016) Hotel 69 57 Bett+Bike-Betriebe 14 ≥ 40 Essen/Trinken < 40 bis ≥ 30 27 85 45 < 30 bis ≥ 20 < 20 bis ≥ 10 28 3 Preis 80 Qualitätsgastgeber 74 < 10 54 63 44 33 Wanderbares Deutschland 52 43 39 32 Außenanlagen 22 18 Zimmer 27 76 54 9 39 8 93 9 2 70 39 11 11 11 37 ADAC-Campingplätze 22 15 56 32 321 1 3 32 36 18 19 74 1 Covid Score 5 3 60 18 15 18 47 1 7 5 9 5 1 11 Reisen für Alle 10 59 13 7 Internet 50 7 5 i-Marke 2 DEHOGA-Umweltcheck 40 ! ! Neu im TB seit 2020 1 GreenSign Hotels Quelle: dwif 2021, Daten: DEHOGA Deutsche Hotelklassifizierung GmbH, Deutscher Wanderverband, Deutsches Seminar für Tourismus (DSFT) Berlin e. V., PiNCAMP|ADAC Camping GmbH – ADAC Campingführer 2020, Deutscher Tourismusverband Service GmbH, ServiceQualität Deutschland (SQD) e. V., InfraCert GmbH – GreenSign, Deutscher Hotel und Gaststättenverband e. V. – DEHOGA-Umweltcheck, ADFC Sachsen – Bett+Bike (jeweiliger Stand: Januar 2021), TrustYou GmbH 13
Sparkassen-Tourismusbarometer Saarland – Jahresbericht 2021 RESILIENZ IM TOURISMUS: DESTINATIONEN UND BETRIEBE AKTIV STEUERN – NICHT NUR IN KRISENSITUATIONEN Resilienz im Tourismus: Existenzsicherung in und nach der Krise Die Corona-Pandemie hat die Frage nach der Marktfähigkeit von Betrieben radikal verschärft. Wie schafft es die Branche, die Krise zu überstehen? Wie bleibt sie selbst handlungsfähig? Dabei rückt zu- nehmend die Frage ins Zentrum, wie es „danach“ weitergeht. Was wird bleiben wie bisher, was wird anders und was neu sein, wovon verabschieden wir uns? Worauf es jetzt letztlich ankommt, ist Wider- standsfähigkeit als Basis für Überlebensfähigkeit, mit einem Wort: Resilienz. Widerstandsfähigkeit al- lein reicht jedoch nicht aus; Anpassungsfähigkeit und Veränderungsbereitschaft sind weitere Kompe- tenzen bei der Krisenbewältigung. Unternehmen oder Organisationen können allerdings nicht per se resilient sein, sondern es sind immer resiliente Menschen nötig, die diese führen oder in ihnen arbei- ten. Sieben gleich gewichtete Faktoren7 bestimmen ihre Resilienz in (nicht nur krisenbedingten) Ver- änderungsprozessen und Organisationsentwicklungen. Dabei geht es um drei Kompetenzen: Sys- temstabilisierung durch sofortiges Anpacken in der akuten Krise, schrittweise Anpassungen im Sinne der sogenannten Ambidextrie sowie die Bereitschaft und Fähigkeit zum echten Change. Abb. 9: Resilienzfaktoren und Kompetenzen für dynamische Resilienz Die sieben Resilienzfaktoren Resilienz ist das Ergebnis von drei Kompetenzen Akzeptanz der aktuellen Situation Intensität der Veränderung Opferrolle verlassen Verantwortung übernehmen Stabilisierung Flexibilisierung Wandel Optimismus Kompetenz für Kompetenz für Kompetenz für akute schrittweise umfassenden Change Lösungsorientierung Krisenbewältigung Anpassungen Netzwerke organisieren Zukunftsplanung step by step Resilienz Quelle: dwif 2021, verändert nach Heller8 sowie Tanner et al.9 Saarländische Tourismusorganisationen im Krisenmodus Mit ihrem Krisenmanagement übernehmen die Tourismusorganisationen eine relevante Rolle bei der Steuerung der Destinationen in einer besonders anspruchsvollen Situation. Gleichzeitig hat die Corona-Pandemie ihre Aufgabenschwerpunkte verstärkt in Richtung Management verschoben, und das betrifft vor allem die Digitalisierung. Nach einem ersten Schockmoment und einer kurzen Zeit, in der überwiegend reagiert wurde, haben die saarländischen Tourismusorganisationen mit eigenen Maßnahmen zur Bewältigung der Corona- Krise beigetragen. Im Außenmarketing haben sie ihre Aktivitäten vielfach zeitweise ausgesetzt oder an die aktuelle Lage angepasst. Zudem stand die Umsetzung der geltenden Hygienevorgaben als wich- tige Akutmaßnahme im Fokus. Die Erhebungen im Rahmen des Sparkassen-Tourismusbarometers be- stätigen darüber hinaus, dass gut gepflegte und belastbare Beziehungen in Krisensituationen von her- ausragender Bedeutung sind. Denn in der Krise werden starke Netzwerke stärker, während sich (la- tente) Bruchstellen vergrößern. Knapp die Hälfte der saarländischen Tourismusorganisationen konnte zudem neue Netzwerke knüpfen. Bezogen auf ihre eigene Organisation sehen die Touristiker im Saarland durchaus auch positive Effekte der aktuellen Krise. So konnten sie nicht nur vieles abarbeiten und die kommende Saison mit Urlaubs- angeboten organisieren; die dynamische Situation trainierte auch die Lernfähigkeit, Flexibilität und 7 Dwif 2021, adaptiert nach Heller, J.: Resilienz. Innere Stärke für Führungskräfte, Zürich 2015, S. 17 8 Heller 2015, S.17 9 Tanner 2017, S.10 15
Sparkassen-Tourismusbarometer Saarland – Jahresbericht 2021 Kreativität der Akteure. Nachdem die Pandemie anfangs von Schließungen, Absagen und der Umset- zung neuer Verordnungen geprägt war, waren doch im Laufe der Monate die Gelegenheit und ausrei- chend Zeit vorhanden, sich der Entwicklung neuer Ideen zu widmen. Darüber hinaus eröffnete der ab- rupte Stopp der täglichen Arbeitsroutine die Möglichkeit, bisherige Arbeitsweisen und Gewohnheiten auf den Prüfstand zu stellen. Mehr als sechs von zehn Organisationen im Saarland wollen auch künftig Änderungen umsetzen bzw. beibehalten. Während bisher übliche Printprodukte und Messeteilnahmen teilweise kritisch hinterfragt und reduziert wurden, erfuhr die (interne und externe) Digitalisierung ei- nen spürbaren Schub. Mehr als ein Viertel der befragten Tourismusorganisationen im Saarland hat während der Pandemie neue Prozesse oder Services entwickelt, ob in der Innen- und Außenkommuni- kation. Dabei sind sie sehr viel digitaler unterwegs als vorher, beispielweise mit virtuellen Stadtrund- gängen, der Online-Buchbarkeit von Aktivitäten und Veranstaltungskonzepten unter Corona-Bedin- gungen. Abb. 10: Umgang der Tourismusorganisationen im Saarland mit der Krise Auswirkung der aktuellen Situation auf … …den Tourismus in der Region 9% 55% 36% Die Krise bietet auch Chancen. …die eigene Organisation ausschließlich negative Auswirkungen überwiegend negative Auswirkungen 27% 73% sowohl negative als auch positive Auswirkungen TOP-5-Arbeitsfelder mit Bedeutungsgewinn seit Pandemiebeginn 91% 91% 75% 75% 73% 73% sehen in ihren Netzwerken eine hilfreiche § Unterstützung bei der Krisenbewältigung. Digitali- Kommu- Attraktivie- Entwicklung Nachhaltig- 45% sierung nikation rung der Infra- neuer keit haben in der Krise neue Netzwerke geknüpft. mit Behörden, struktur Infrastruktur Kommunen Kurzfristige Maßnahmen zur akuten Bewältigung der Krise (Top 6) Befand sich Ihre Nein 1. Temporäres Aussetzen von Marketing 91% Organisation schon vor der Krise 22% 2. Anpassen an die Hygienevorgaben 73% in einem 2. Anpassen des Marketings an die Krisensituation 73% Nein, aber umfassenden Ja in Planung 11% 4. Coronabezogene Kommunikationsoffensive nach außen 64% Change-Prozess? 67% 5. Besucherlenkungsmaßnahmen 55% 6. Coronabezogene Kommunikationsoffensive nach innen 55% Was machen Sie …nicht mehr? ….auch künftig, aber anders? …neu? Quelle: dwif 2021, DMO-Befragungen im Oktober 2020 und Februar 2021 Bei einigen saarländischen Tourismusorganisationen hat die Corona-Pandemie einen umfassenden Change-Prozess angestoßen. Dabei geht es sowohl um Veränderungen inhaltlicher Art als auch auf organisatorischer Ebene. Treibende Kräfte und Unterstützer dieser Change-Prozesse sind die Men- schen selbst, die in den Organisationen arbeiten und nicht äußere Rahmenbedingungen, digitale Pro- zesse o.ä. Kompetenzen und Erfolgsfaktoren für resiliente Menschen und Tourismusorganisationen Die Resilienz von Organisationen bedeutet im Kern, in der Krise handlungsfähig zu bleiben. Verständ- licherweise lag und liegt der Schwerpunkt zunächst auf der akuten Krisenbewältigung. Doch auch die sachliche Prüfung, was beendet, was beibehalten, was modifiziert werden und was an neuen Aktivitä- ten hinzukommen sollte, wird mit großer Professionalität angegangen. Allein der Weg in einen umfas- senden, dauerhaften Change-Prozess ist noch nicht überall selbstverständlich. 16
Sparkassen-Tourismusbarometer Saarland – Jahresbericht 2021 Letztlich geht es darum, nicht nur die Fachaufgaben, sondern auch die Management- und Kommuni- kationsaufgaben in der Organisation im Blick zu haben, sowohl was das Team als auch was Partner und Netzwerke betrifft. Jeden dieser Aufgabenbereiche gilt es permanent zu schärfen und zu justieren. Ei- nes hat uns die Corona-Krise auf jeden Fall gelehrt: Krisen wirken teilweise als hilfreiche Beschleuniger von bislang langwierigen Prozessen der Willensbildung und Entscheidungsfindung. Genauso wie die zunehmende Agilität von Unternehmen und Organisationen, so ist auch die dynamische Resilienz ein Prozess. Abb. 11: Stärkung der dynamischen Resilienz von (Tourismus-)Organisationen Erfolgsfaktor 1 Menschen und Beziehungen stärken innen außen Kernkompetenzen Führungskräfte Netzwerke dynamischer Resilienz Team Partner Stabili- Flexibili- Change sierung sierung Erfolgsfaktor 2 Auf künftige Herausforderungen vorbereiten akute Krisenbewältigung Krisenprävention Krisenreview Quelle: dwif 2021 Aus den Analysen lassen sich zwei Erfolgsfaktoren für Tourismusorganisationen ableiten: Erfolgsfaktor Stärkung von Menschen und Beziehungen: Weil es die Menschen sind, die Organisatio- nen resilient machen, kommt es auf alle an, die für deren Stabilität und Zukunftsfähigkeit relevant sind, auf die Führungskräfte und Mitarbeitenden in der Organisation ebenso wie auf sämtliche Partner in den Netzwerken, mit denen die Organisation in Beziehung steht. Neben den nach innen gerichteten Anpassungen geht es heute stets auch darum, belastbare Partnernetzwerke aufzubauen und zu pfle- gen, ohne die man nicht existieren kann. Erfolgsfaktor Vorbereitung auf künftige Herausforderungen: Nach der Krise ist vor der Krise. Die Corona-Pandemie ist derzeit der sichtbarste Krisenherd, viele andere Problemfelder werden nur tem- porär medial in den Hintergrund gedrängt. Die Wahrscheinlichkeit, dass uns weitere Pandemien und sonstige Krisenereignisse heimsuchen werden, ist groß. Folglich ist es vernünftig, sich auch mit der Frage zu beschäftigen, wie wir uns darauf vorbereiten können. Die drei Bausteine einer aktiven Krisen- prävention sind das akute Krisenmanagement, Krisenreview und das auf diesen ersten beiden Bau- steinen aufbauende Krisenpräventionskonzept. Schließlich sind verlässliche politische Rahmenbedingungen erforderlich. Zu jeder erfolgreichen Kri- senbewältigung, insbesondere in Pandemiezeiten, gehören Klarheit und Verlässlichkeit im politischen Handeln. Im Hinblick auf Langfrist- und Spätfolgen zeichnen sich drei Entwicklungen ab, die im Rah- men einer vorausschauenden Politik sofortiges Handeln erfordern. Diese betreffen den touristischen Arbeitsmarkt, die Finanzierung der freiwilligen Aufgabe Tourismus sowie die Flexibilisierung und ste- tige Anpassung der Förderlandschaft. 17
Sparkassen-Tourismusbarometer Saarland – Jahresbericht 2021 Das hat die Corona-Krise mit den Betrieben gemacht Was bedeutet Resilienz darüber hinaus für touristische Betriebe? Wie ist es ihnen in und mit der Corona-Krise ergangen? Wie lief die Zusammenarbeit mit anderen Betrieben und innerhalb der Desti- nation? Was sind die entscheidenden Erfolgsfaktoren für krisenresistente touristische Betriebe? Zwei Lockdowns sowie eingeschränktes Öffnen haben das letzte Jahr geprägt und bei allen Marktteil- nehmenden Spuren hinterlassen: Nachfragerückgänge, Umsatz- und Gewinneinbußen. Und in der Folge Liquiditätsengpässe. Im bundesdeutschen Gastgewerbe sind gut 14 Prozent der Betriebe akut von einer Insolvenz bedroht, in der Freizeitwirtschaft gerade einmal 6,1 Prozent. Obwohl sich die Betriebe vorsorglich um Kredite bemüht und Investitionen geplant oder auch realisiert hatten, kommen neben finanziellen Engpässen zwei weitere Herausforderungen auf sie zu: Mitarbei- terbindung/-gewinnung und Qualitätssicherung. Die Branche hat erheblich an Attraktivität eingebüßt, weshalb etwa sechs von zehn gastgewerblichen Betrieben Mitarbeitende an andere Branchen verloren haben oder mit einer solchen Abwanderung rechnen. Mindestens ebenso schlimm: Fast 34 Prozent der Betriebe wollen in den nächsten Jahren nicht mehr ausbilden. Das kann drastische Folgen für die ge- samte Branche haben. Gleichzeitig ist die Eigenkapitaldecke bei vielen Betrieben merklich ge- schrumpft. Das wird künftig zwangsläufig zu Rückgängen bei der Investitionstätigkeit der Unterneh- men führen. Auch hier werden die Auswirkungen noch über Jahre hinweg zu spüren sein. Abb. 12: Die Betriebe in der Krise Durch die Krise wandern Fachkräfte in andere Branchen ab. Die betrieblichen Erfolgsfaktoren in Krisensituationen 1 4 78,7% 63,8% Optimismus Mitarbeiterbindung 63,9% 59,7% 2 5 Kennzahlenkenntnis Vernetzung 52,1% 26,0% 3 6 Veränderungsprozesse Rahmenbedingungen Durch die Corona-Krise werde ich auf absehbare Zeit keine neuen Investitionen tätigen können. Quelle: dwif 2021, Daten: Primärerhebungen bei Beherbergungs-, Gastronomie- und Freizeitbetrieben in Deutschland (Januar/Februar 2021) Krisen sinnvoll nutzen – mit Blick auf die Zeit danach Doch wie soll man als Betrieb mit einer Krise umgehen? Leider gibt es das eine Zauberinstrument zur Krisensteuerung nicht. Jedes Unternehmen muss seine eigenen Strategien und Maßnahmen entwi- ckeln, um herausfordernde Situationen zu meistern. Grundvoraussetzung ist, das eigene Ziel zu ken- nen: Was ist meine Vision? Welche Strategie verfolge ich? Und wie führe ich meinen Betrieb dorthin? Das kostet Ressourcen, Geld und Zeit. Es kommt darauf an, die Krise nicht nur zu überstehen, sondern an Stärke, Selbstbewusstsein und Erfahrung zu gewinnen, um künftige Krisen (besser) zu meistern. Sechs Erfolgsfaktoren für krisenresistente Betriebe – eine Daueraufgabe Erfolgsfaktor Optimismus: Die Grundlagen für jeden Erfolg sind, so banal es klingen mag, einzigartige Ideen und gute Strategien. Und die entstehen nur vor dem Hintergrund eines positiven und vor allem konstruktiven Denkens. Die Betriebsbefragungen des Sparkassen-Tourismusbarometers verdeutli- chen, dass selbst im 1. Quartal 2021 – also mitten im zweiten Lockdown – deutlich mehr als jeder Zweite die Krise als Chance für zielführende Veränderungen wahrgenommen hat. 18
Sparkassen-Tourismusbarometer Saarland – Jahresbericht 2021 Erfolgsfaktor Kennzahlenkenntnis: Je besser die Betreiber und Führungskräfte den eigenen Betrieb und seine Kennzahlen kennen, desto aktiver und flexibler können sie diesen steuern, denn Zahlen ma- chen frühzeitig ersichtlich, wo Probleme lauern und somit zielgerichtet anzusetzen ist. Dabei helfen zahlreiche Instrumente, wie zum Beispiel ein Kennzahlenmonitoring mit Früh- und Spätindikatoren, Zero-Base-Budgeting oder ein Business Continuity Management. Wichtig ist die kontinuierliche An- wendung dieser Instrumente, da sich der Markt und mit ihm Trends, Chancen und Risiken permanent wandeln. Erfolgsfaktor Veränderungsprozesse: Die Betriebsschließungen während der Lockdowns haben Unter- nehmen zwangsweise jede Menge freie Zeit verschafft. Viele saarländische Betriebe im Gastgewerbe und in der Freizeitwirtschaft haben die Krise genutzt, um dauerhafte Änderungen im Betriebsablauf, also einen umfassenden Change-Prozess anzustoßen. Die richtigen Themen sind dabei ein zentraler Aspekt. In der Corona-Krise standen natürlich Hygienekonzepte und digitale Angebote ganz oben auf der Agenda aller touristischen Betriebe. Das Gastgewerbe geht davon aus, dass Kosteneinsparungen, Marketing und Krisenmanagement an Bedeutung zunehmen werden. Erfolgsfaktor Mitarbeiterbindung: Hier gilt es – umso mehr, je länger die Krisensituation anhält –, mit dem Team in Kontakt zu bleiben. Von besonderer Bedeutung sind in diesem Zusammenhang die As- pekte Transparenz und Ehrlichkeit. Schrittweise können weitere Anpassungen vorgenommen werden, die allesamt darauf abzielen, dass sich die Mitarbeitenden wohlfühlen, mit dem Unternehmen identifi- zieren und sich als Teil eines Teams verstehen wie Feedback- und Entwicklungsgespräche oder (virtu- elle) Team-Events. Erfolgsfaktor Vernetzung: Nicht jede Hürde kann und sollte allein genommen werden. Je komplexer die Aufgaben und Themen sind, desto notwendiger ist der Austausch untereinander. Das kann zum einen Hilfe von außen sein, also aus dem System Tourismus, zum anderen geht es um die Vernetzung der Betriebe untereinander. Erfolgsfaktor Rahmenbedingungen: Die Politik ist gefordert, für die notwendigen Rahmenbedingun- gen zu sorgen – sowohl kurzfristig, damit alle Betriebe aus Gastgewerbe und Freizeitwirtschaft wieder mit möglichst wenigen Einschränkungen ihrem Geschäft nachgehen können, als auch hinsichtlich der zu erwartenden mittelfristigen Auswirkungen. Wichtig ist, dass sich die Branche organisiert, auf Dauer eine starke Lobby bildet und ihre Interessen gegenüber der Politik mit einer Stimme vertritt. Fazit: Der generelle Auf- und Ausbau der Widerstandsfähigkeit von Betrieben, die Resilienz, ist jedoch ein Thema, das von der Basis, sprich aus den Betrieben selbst kommen kann und muss. Das gelingt, wenn jedes Unternehmen die oben beschriebenen Erfolgsfaktoren im Rahmen seiner Möglichkeiten – und manchmal darüber hinaus – schrittweise umsetzt. Denn ein „Weiter wie vorher“ beziehungsweise ein „Zurück in die Vor-Corona-Zeit“ wird es in vielen Marktsegmenten aller Voraussicht nach nicht ge- ben. 19
Sparkassen-Tourismusbarometer Saarland – Jahresbericht 2021 BEIRAT Michael Buchna Dr. Anselm Römer DEHOGA Saarland, Präsident Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr Dr. Mathias Feige Daniela Schlegel-Friedrich dwif-Consulting GmbH Landkreis Merzig-Wadern, Landrätin Birgit Grauvogel Philipp Schneider Tourismus Zentrale Saarland GmbH Sparkassenverband Saar Karsten Heinsohn Dr. Rainer Schryen dwif-Consulting GmbH Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr Dr. Christian Molitor Leander Wappler Sparkassenverband Saar Industrie- und Handelskammer des Saarlandes Susanne Niklas Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr 20
Sparkassen-Tourismusbarometer Saarland – Jahresbericht 2021 INHALTSVERZEICHNIS GESAMTBERICHT 2021 I EINFÜHRUNG II SAARLAND-TOURISMUS IM WETTBEWERBSVERGLEICH 1 Reiseverhalten in Pandemiezeiten 2 Touristische Nachfrage 3 Touristisches Angebot 4 Betriebstypen im Vergleich 5 Destinationstypen im Vergleich III FREIZEITWIRTSCHAFT UND GASTGEWERBE IM SAARLAND 1 Touristische Wetterstationen 1.1 Rahmenbedingungen 2020 1.2 Eckpunkte der saarländischen Besucherentwicklung 2020 1.3 Saisonverlauf 1.4 Besucherentwicklung nach Kategorien im Saarland 2020 2 Wirtschaftliche Situation im Gastgewerbe 2.1 Konjunktur- und Marktbewertung 2.2 Betriebswirtschaftliche Situation gastgewerblicher Kreditnehmer der Sparkassen 2.3 Finanzielle Unterstützung gastgewerblicher Betriebe während der Krise 3 Qualität der Betriebe IV RESILIENZ IM TOURISMUS: DESTINATIONEN UND BETRIEBE AKTIV STEUERN – NICHT NUR IN KRISENSITUATIONEN 1 Einleitung 2 Resilienz: Die psychische Widerstandskraft 3 Tourismusorganisationen 3.1 Saarländische Tourismusorganisationen im Krisenmodus 3.2 Kompetenzen und Erfolgsfaktoren für resiliente Menschen und Tourismusorganisationen 4 Betriebsebene 4.1 Ein Blick von außen 4.2 Auswirkungen der veränderten Rahmenbedingungen auf die touristischen Betriebe im Saarland 4.3 Ein Blick von innen 4.4 Handlungsempfehlungen für die Betriebsebene Online-Download: www.svsaar.de 21
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