STADT JUGEND RING AUGSBURG - JUBILÄUMSSCHRIFT www.sjr-a.de

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STADT
JUGEND
RING
AUGSBURG
JUBILÄUMSSCHRIFT

                   www.sjr-a.de
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INHALTSVERZEICHNIS
                                                                                           75 JAHRE SJR

www.sjr-a.de                                                                               Grußworte........................................................................................................   4
                                                                                           Übersicht der Vorsitzenden..........................................................................                7
                                                                                           Jung & laut – seit 75 Jahren.........................................................................               8
                                                                                           Heute & damals: Interview mit den Vorsitzenden 2021/1978.................                                           16
                                                                                           Jung und laut soll er bleiben: Interview mit Helmut und Dennis............                                          24
                                                                                           Aus dem Nähkästchen – Anekdoten aus dem SJR....................................                                     30
                                                                                           Interview mit den Verbänden des SJR........................................................                         38
                                                                                           Der SJR im Auftrag der Jugend...................................................................                    44
                                                                                           Wünsche des Vorstands................................................................................               50

IMPRESSUM
Herausgegeben von:                             Auflage: 500 Expl.
Stadtjugendring Augsburg des B
                             ­ ayerischen
Jugendrings KdöR                               Veröffentlicht: im Juni 2021
Schwibbogenplatz 1 | 86153 Augsburg
Tel: 0821 45026-0 | Fax: 0821 45026-33         Druck: Druckerei Walch, Augsburg
E-Mail: geschaeftsstelle@sjr-a.de
Web: www.sjr-a.de                              Diese Broschüre ist klimaneutral gedruckt
V. I. S. D. P.: Jonas Riegel (Vorsitzender)    und unterstützt das Klimaschutzprojekt
                                               „Reduzierung von Rauchgasemissionen“ in
Redaktionsleitung: Andreas Keilholz            Kenia. Das Papier stammt aus nachhaltiger
                                               Forstwirtschaft.
­Gestaltung: Nathan Lechner

Redaktionelle Mitarbeit:
Leonie Herrmann M. A., Anni El-khorazati

Fotos: Archiv des SJR, Privatfotos und Fotos
von Andreas Keilholz

Quellen: Archiv des SJR

                                                                                                                                                                                                                   INHALTSVERZEICHNIS   3
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GRUSSWORT                                                                                                              GRUSSWORT PRÄSIDENT
 OBERBÜRGERMEISTERIN                                                                                                    BAYERISCHER JUGENDRING
EVA WEBER                                                                                                              MATTHIAS FACK
Klima- und Umweltschutz, Digitalisierung        petenz und Engagement unterschiedliche                                 Ich gratuliere dem Stadtjugendring Augs-         sind, wurde und wird auch mit der BJR-
oder die Bewältigung der Pandemie – die         Funktionen – u. a. als Fachberatungsstelle,                            burg recht herzlich zu 75 Jahren erfolgreiche    Kampagne #hörtaufdiejugend verfolgt und
großen Themen und Herausforderungen             Bildungsträger, Vertreter von derzeit 43                               Arbeit! Der Jugendarbeit ist man als Mensch      macht deutlich, welche Räume und Möglich-
unserer Gesellschaft betreffen auch stark die   Jugendverbänden, Betreuer von Jugendhäu-                               in dem Alter meist entwachsen: Man schaut        keiten Kindern und Jugendlichen fehlen,
Gegenwart und die Zukunft der Jugendlichen.     sern und weiteren Treffs. Seit Jahrzehnten                             stattdessen zurück, auf das, was in der          wenn Jugendarbeit aufgrund von gesetz-
Die Verantwortung der Kommunalpolitik           punktet der SJR im jugendkulturellen Bereich                           langen Zeit alles passiert ist, und auf welche   lich vorgeschriebenen und notwendigen
besteht darin, die Nöte, Fragen und Anliegen    mit Leuchtturm-Projekten – und damit ist                               seiner eigenen Leistungen und Erlebnisse         Einschränkungen nicht möglich ist. Umso
der Jugendlichen wahr- und ernst zu nehmen      nicht allein das „Modular Festival“ gemeint,                           man stolz ist. Vielleicht ist man insgesamt      erfreulicher ist es, dass die Bedeutung der
und Formate zu schaffen, die sie dazu ermu-     um das uns zu Recht viele Städte beneiden.                             etwas langsamer geworden und macht nicht         offenen Kinder- und Jugendarbeit während
tigen, die eigene Meinung zu äußern und sich    Der SJR unterstützt Kinder und Jugendliche,                            mehr jede Veränderung bereitwillig mit.          der COVID-19-Pandemie in Augsburg erkannt
einzubringen. Beispiel für ein solches Format   indem er den jungen Stimmen eine Bühne                                 Zum Glück verhält es sich mit dem SJR Augs-      wurde und hier immer wieder Möglichkeiten
ist der vor kurzem veranstaltete digitale       gibt, zeitgemäße Bildungs-und Freizeitan-                              burg zumindest bei Letzterem anders, denn        zur (sicheren) Begegnung in Jugendzentren
Jugendtalk „Lass mal zoomen“. Die gemein-       gebote macht, junge Talente und Potenziale                             auch nach 75 Jahren ist die Jugendarbeit         und anderen Einrichtungen gegeben waren.
same Veranstaltung von der Stadt Augsburg       sieht und fördert und vielen ein zweites         Eva Weber             in der Stadt lebendiger und vielfältiger als     Ich freue mich, dass der Stadtjugendring auf-   Matthias Fack
und den Trägern der offenen Kinder- und         Zuhause ist. Für die Zukunft wünsche ich         Oberbürgermeisterin   je zuvor und gestaltet den kontinuierlichen      grund seiner guten Arbeit als zuverlässiger     Präsident des BJR
                                                                                                 der Stadt Augsburg
Jugendarbeit unter Federführung des Stadt-      persönlich und im Namen der Stadt Augsburg                             Wandel ihrer selbst aktiv mit. Es gibt immer     Partner wahrgenommen wird und die Zu-
jugendrings Augsburg hatte zum Ziel, den        allen, die in der SJR-Geschäftsstelle und im                           noch und immer wieder engagierte Ehren-          sammenarbeit mit der Stadt und den anderen
Jugendlichen und jungen Erwachsenen auch        Vorstand tätig sind, die als Haupt-oder Teil-                          amtliche und Hauptamtliche, die neue Ideen       Stakeholdern partnerschaftlich und vertrau-
und gerade während der Pandemie mit all         zeit-Mitarbeitende, als Volunteers, Projekt-                           entwickeln und Projekte wie das Modular          ensvoll ist. Ich wünsche euch und uns, dass
ihren Einschränkungen für diese Generation      leitende oder Streetworker einen verantwor-                            aktiv gestalten und voranbringen. Und auch       ihr eure Lust am Neuen behaltet, weiterhin
eine Austauschplattform mit den politischen     tungsvollen und tollen Job machen, weiterhin                           nach 75 Jahren sind die 43 Mitgliedsver-         die Interessen der Kinder und Jugendlichen
Verantwortlichen zu bieten.                     den verdienten Erfolg. Ich danke allen für ihr                         bände immer noch und immer wieder dabei,         in Augsburg im Fokus behaltet und die Er-
Schon 1946 stand mit den deutschlandweiten      unendlich wertvolles Engagement!                                       Jugendpolitik vor Ort zu vertreten, für die      gebnisse aus 75 Jahre Jugendring 2021 in
Gründungen der Jugendringe die Idee im                                                                                 Interessen von Kindern und Jugendlichen          angemessenem Rahmen feiern könnt!
Vordergrund, jungen Menschen einen demo-                                                                               nicht nur in der Jugendarbeit, sondern auch
kratischen Rahmen für eine sich selbst orga-                                                                           in der Stadt im Allgemeinen einzutreten und
nisierende Jugendarbeit zu geben. Seither                                                                              sich Gehör zu verschaffen.
gehören die Stärkung der Demokratie, das                                                                               Der Rathausboss 2020 war ein Paradebei-
Erleben von Eigenverantwortung, Teamfähig-      Eva Weber                                                              spiel hierfür: Über die Plakate wurde eine
keit und Solidarität zur DNA der Jugendver-     Oberbürgermeisterin der Stadt Augsburg                                 hohe Aufmerksamkeit erregt, die Diskussion       Matthias Fack
bände: Der SJR Augsburg erfüllt mit Kom-                                                                               und die Veranstaltungen dazu waren leben-        Präsident des BJR
                                                                                                                       dig, die Fragen der Jugend, die die Parteien
                                                                                                                       beantworten konnten, boten einen Mehrwert
                                                                                                                       für Jungwähler*innen und machten deutlich,
                                                                                                                       dass sich Jugendliche und junge Erwachsene
                                                                                                                       für Politik interessieren und ihre Interessen
                                                                                                                       vertreten sehen möchten. Damit war die
                                                                                                                       Kampagne nicht nur für die Kommunalwahl
                                                                                                                       2020 relevant, sondern wirkt sich (hoffent-
                                                                                                                       lich) auch in praktischen Ergebnissen der
                                                                                                                       Kommunalpolitik aus.
                                                                                                                       Das Ziel, der Stimme von Jugendlichen Gehör
                                                                                                                       zu verschaffen und deutlich zu machen, dass
                                                                                                                       sie Expert*innen ihrer eigenen Lebenswelt

4   GRUSSWORT: OBERBÜRGERMEISTERIN                                                                                                                                                   GRUSSWORT: PRÄSIDENT BAYERISCHER JUGENDRING            5
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GRUSSWORT VORSITZENDER                                                                                                 ÜBERSICHT
 STADTJUGENDRING AUGSBURG                                                                                               DER VORSITZENDEN DES KJR/SJR
JONAS RIEGEL
„Jung und laut“ ist das Motto des 75. Jubilä-    wickeln, der Jugend einen offenen Raum zur                             1946   Franziska Wittmann
ums des Stadtjugendrings Augsburg. Jung          eigenständigen Entwicklung zu bieten und                               1947   Richard Kohlberger (DGB)
und laut sind wir als Arbeitsgemeinschaft        den jungen Menschen Perspektiven für die
                                                                                                                        1948   Leo Fischer (BDKJ)
der Jugendorganisationen sowie als Anwalt        Zukunft zu geben. Diese sich ständig im Wan-
und Fürsprecher der jungen Menschen in           del befindliche Herausforderung ist nur durch                          1951   Heinz Brunner (BDKJ)
Augsburg seit einem Dreivierteljahrhundert.      den unermüdlichen Einsatz der ehren- und                               1959   Max Kalweit (Evangelische Jugend)
In diesem Jahr feiern wir nicht nur das Be-      hauptamtlich Aktiven in der Jugendarbeit zu                            1969   Bernhard Brachert (Sportjugend)
stehen dieser Institution, vielmehr feiern       bewältigen.                                                            1972   Werner Heimrath (BDKJ)
wir das Ehrenamt, die Jugendteilhabe, die
                                                                                                                        1974   Eberhard Schulz (Evangelische Jugend)
Selbstwirksamkeit und die freien Räume jun-      Mein großer Dank gilt allen Mitgliedsorga-
ger Menschen, für die wir seit der Gründung      nisationen, Ehrenamtlichen, Mitarbeitenden,                            1978   Jürgen Würzle
des Jugendrings einstehen.                       Freund*innen sowie den Sponsor*innen                                   1979   Richard Kurz (DGB-Jugend)
                                                 und Förderern des SJR, die das junge Herz                              1985   Maria Winkler (DGB-Jugend)
Mit dieser Jubiläumsbroschüre möchten wir        Augsburgs in der Vergangenheit bis heute        Jonas Riegel
                                                                                                 Vorsitzender des SJR   1993   Linus Förster
euch, liebe Freund*innen, einen Einblick in      unterstützt haben.
die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft                                                                                2003   Raphael Brandmiller (verbandslos)
unserer Arbeit geben. So konnte mit großer       Ich wünsche euch allen nun viel Freude und                             2013   Heidi Hofstetter (DGB-Jugend)
Unterstützung ehemaliger und aktueller Mit-      spannende Erkenntnisse bei der Lektüre                                 2015   Franz Schenck (Evangelische Jugend)
arbeitender des SJR sowie früherer Vorsit-       unserer Festschrift!                                                   2019   Jonas Riegel (DPSG)
zender ein umfassender Überblick über den
SJR entstehen. Klar wird, wie positiv sich der
SJR entwickelt hat und wie sich die Heraus-
forderungen über die Jahre verändert haben.

Stets am Puls der Zeit agierend, geben wir       Jonas Riegel
seit 75 Jahren unser Bestes, Angebote, die       Vorsitzender des SJR
bei den Jugendlichen ankommen, zu ent-

6   GRUSSWORT: VORSITZENDER STADTJUGENDRING AUGSBURG                                                                                                                   ÜBERSICHT DER VORSITZENDEN DES KJR/SJR   7
STADT JUGEND RING AUGSBURG - JUBILÄUMSSCHRIFT www.sjr-a.de
EINE LOBBY FÜR DIE JUGEND

    UNG & LAUT      DIE GESCHICHTE DES SJR UND RÜCKBLICKE AUF DIE ANFÄNGE

		 J
                    DES STADTJUGENDRINGS UND DEN BEGINN DER OFFENEN
                    ­JUGENDARBEIT IN AUGSBURG

   SEIT 75 JAHREN   Von Leonie Herrmann

                    Seit 75 Jahren setzt sich der Stadtjugend-                „Wir haben auch von Demokratie
                    ring für die Belange junger Menschen ein: Er              und so weiter nichts gewusst“2 –
                    schafft Freiräume und zeigt Perspektiven auf,             die Anfänge in der Nachkriegszeit
                    steht für Demokratie und Mitbestimmung,
                    fördert ehrenamtliches Engagement und                     Im Jahr 1946, dem Gründungsjahr des heuti-
                    Kultur in vielfältigen Dimensionen. Neben                 gen SJR, war die Stadt zerbombt und sowohl
                    der Jugendverbandsarbeit ist er seit Anfang               Wohnraum als auch Nahrung und Lebens-
                    der 1970er-Jahre auch Träger von Jugend-                  mittel waren knapp. Es fehlte an Materiellem,
                    freizeiteinrichtungen und hat sein Angebot                aber auch an Immateriellem: Kinder und Ju-
                    für junge Menschen in den letzten 75 Jahren               gendliche waren geprägt vom diktatorischen
                    kontinuierlich ausgebaut. Diese vielfältigen              Umgang in Organen wie der Hitlerjugend und
                    Tätigkeits- und Arbeitsbereiche, in deren Fo-             kannten eine Jugendarbeit, die im Wesent-
                    kus „die Jugend“ steht, machen ihn zu einem               lichen auf eigenen Interessen und Freiwillig-
                    wichtigen Akteur in der Stadtgesellschaft.                keit basiert, nicht.3 So erinnert sich ein 1933
                                                                              geborener Augsburger an seine Jugend in
                    Der 75-jährige Geburtstag wird also zum                   der Kriegs- und Nachkriegszeit:
                    Anlass genommen, einige Stationen sowie
                    wichtige Entwicklungen zu beleuchten und                   „Wir haben auch von Demokratie und so wei-
                    eine Auswahl an Projekten hervorzuheben;                  ter nichts gewusst. Bei uns hat es halt immer
                    dabei geht es um einige wichtige Schlag-                  jemand gegeben, der über dich bestimmt hat.
                    lichter aus der Gründungszeit sowie den                   Und das ist dann weggefallen. Das hat uns
                    1970er- und 1980er-Jahren, die vorwiegend                 schon gefallen.“4
                    die offene Jugendarbeit in den Blick nehmen.              Der Stadtjugendring und dessen Gründung
                    Die Geschichte des SJR ist so komplex, dass               sind stark mit demokratischen Gedanken
                    sie kaum vollständig erfasst und wiedergege-              verbunden: So gehen die Vorläufer auf ein
                    ben werden kann. Auch steht der Jubilar im                Jugendkomitee zurück, das unter dem Na-
                    Fokus des Artikels, obwohl er von zahlrei-                men ‚Kreiß-Jugendausschuß Augsburg‘ 1946
                    chen Weggefährt*innen begleitet wurde und                 gegründet wurde. Dieses Komitee hatte die
                    mit verschiedenen Akteur*innen zusammen-                  Aufgabe, die Bildung lokaler Jugendgruppen
                    arbeitete: Vereine, Verbände und Institu-                 der Militärregierung zu melden, die dann
                    tionen in der Stadtgesellschaft waren stets               wiederum die jeweilige Jugendgruppe lizen-
                    wichtige Partner*innen, mit denen sich der                zierte und genehmigte.5 Dieses umständliche
                    SJR in verschiedenen Konstellationen für Ju-              Verfahren sollte einerseits demokratische,
                    gendliche und ihre Belange einsetzte. So ist              kirchliche und unpolitische Jugendgruppen
                    die Perspektive, die hier wiedergegeben wird,             fördern, die während der NS-Zeit unterdrückt,
                    eine von vielen; sie beruht auf schriftlichen             zerschlagen oder gleichgeschaltet wurden,
                    Überlieferungen und zahlreichen Gesprächen                und andererseits das Aufkommen antidemo-
                    mit beteiligten Personen.1

                    1) Im Rahmen meiner Tätigkeit als Doktorandin sah         3) Böhnisch, Lothar: Historische Skizzen zur Offenen
                       ich zahlreiche schriftliche Dokumente ein und führte      Jugendarbeit (I), in: Deutsche Jugend, Zeitschrift
                       Interviews mit Personen, die in Augsburg in der           für die Jugendarbeit 32, 1984, S. 460–470, hier
                       offenen Jugendarbeit beschäftigt waren oder als           S. 460.
                       Jugendliche ein Jugendzentrum besuchten. Der Zeit-     4) Interview mit S. M. am 25.02.2019.
                       raum liegt zwischen 1945 und 1990. Einige Inter-       5) PAMS 03 Kreisjugendring Augsburg-Stadt (Hg.):
                       viewpassagen werden anonymisiert wiedergegeben.           1946–1966. Zwanzig Jahre Kreisjungendring
                    2) Interview mit S. M. am 25.02.2019.                        Augsburg-Stadt, Augsburg 1966, S. 7.

  8                                                                                                                        Eine Lobby für die Jugend   9
STADT JUGEND RING AUGSBURG - JUBILÄUMSSCHRIFT www.sjr-a.de
kratischer Gruppen             ckelten Freizeitprogramme: So gab es ab 1946,         Die 1950er-Jahre markieren eine Wende in             bloß damisch, wenn
                                                         verhindern.6 Neben             im Zuge der Reeducation, die von der US-ame-          der Jugendarbeit: Es kamen mehr und mehr             Sie eine Freundin
                                                         Augsburg existierten           rikanischen Besatzung ins Leben gerufene              jugendkulturelle Einflüsse auf und die in den        hatten, die in dem
                                                         im Mai 1946 in Bay-            German Youth Activity (GYA).11 Die Angebote           1940er-Jahren eingeführte US-amerikanische           Stadtteil war, und Sie
                                                         ern noch 46 weitere            waren für verbandlich organisierte Jugend-            Jugendarbeit ging sukzessive zurück, bis 1955        haben da gewohnt,
                                                         solche Ausschüs-               liche wie auch für sogenannte unorganisierte          das GYA in der Remboldstraße ganz aufgelöst          so wie es mir halt
                                                         se, aus denen die              Jugendliche gedacht und dienten einerseits            wurde. Als Nachfolgeeinrichtung eröffnete            passiert ist. Die war
                                                         späteren Stadt- und            der ungezwungenen Freizeitgestaltung,                 das Jugendamt das „Haus der offenen Tür“ in          in Pfersee und ich
                                                         Kreisjugendringe               andererseits dem Lernen von Demokratie.12             der Kanalstraße 15 und bot dort Kindern und          war hier herrüben.
                                                         hervorgingen.7                 In Augsburg fand dies in der Remboldstraße 1,         Jugendlichen Freizeitaktivitäten an.17 Bereits       Und, ja, da blieb
                                                                                        in der ehemaligen Direktorenvilla der Spinne-         1948 zog der Jugendring in die damalige Ju-          nichts anderes übrig,
                                                    Die ersten Jahre
                                                                                        rei und Weberei am Sparrenlech, statt. Durch          gendherberge in der Kanalstraße und richtete         als mitzufahren und
                                                    waren chaotisch und
                                                                                        verschiedene Aktionen wie Volleyball oder             sich dort Büroräumlichkeiten ein.18                  danach wieder heim-
                                                    es fehlte an Grund-
                                                                                        eine Bibliothek wurden Jugendlichen Sport-,                                                                zulaufen.“ 21
                                                    legendem: So gab                                                                          Neben der Jugendverbandsarbeit bot der
                                                                                        Spiel- und Bildungsmöglichkeiten geboten.13
                                                    es kaum geeignete                                                                         Jugendring schon in den 1950er- und 1960er-          Trotz zahlreicher
                                                    Räumlichkeiten und                  Auch der Jugendring nutzte das Haus der GYA           Jahren zahlreiche Aktivitäten an, die auch           Aktionen, die sich
                                                    Treffpunkte. Die                    in der Remboldstraße 1 für Versammlungen              von Jugendlichen in Anspruch genommen                vorwiegend um
                                                    Militärregierung wies               oder Besprechungen, auch wurden dort Film-            werden konnten, die nicht in einem Verband           Freizeitaktivitäten
                                                    dem Komitee 1946                    abende veranstaltet. Ebenso fand das Seifen-          organisiert waren. 1961 stellte der dama-            drehten, waren der
                                                    zwar ein Haus in der                kistenrennen der GYA 1947 in Zusammenar-              lige Vorsitzende fest: „Das Jahr brachte             Jugendring und
                                                    Immelmannstraße                     beit mit dem Jugendring statt.14 Andererseits         zahlreihe Veranstaltungen, mit denen der             seine Vertreter*in-
                                                    zu, bei diesem fehl-                war der Jugendring aber auch ein Kritiker             Versuch gemacht worden ist, die sogenannte           nen stark politisch
Abb. 1: Coca-Cola-­         ten jedoch Fenster und Dach, sodass die Ver-                der US-amerikanischen Jugendarbeit, da die            nichtorganisierte Jugend zu erreichen. Man           aktiv: 1951 wurde ein
Faschingsball 1962, Bild:   bände und ihre Mitglieder das Haus zuerst                   Militärregierung Häuser requirierte, die somit        muss sich fragen, ob in Zukunft der Schwer-          Aktionsausschuss zur
Hans Günther Diebener
                            instand setzen mussten, um es zu nutzen.8                   den Bewohner*innen nicht mehr zur Ver-                punkt unserer Arbeit auf diesem Gebiet zu            „Behebung der Be-
                            Von Beginn an setzte sich der Ausschuss,                    fügung standen. Gleichzeitig vermittelte sie          liegen hat.“19 Beispielsweise wurde jährlich         rufsnot der Jugend“ gegründet, 1961 wurden             Abb. 2: Werbung,
                            der ab 1947 Kreisjugendring Augsburg-Stadt                  in der Jugendarbeit ein „schönes und frohes           in Zusammenarbeit mit dem BJR das Lan-                                                                      ­Coca-Cola-Ball 1959,
                                                                                                                                                                                                   sogenannte Grenzlandfahrten veranstaltet,
                                                                                                                                                                                                                                                           SJR Augsburg
                            hieß,9 für das Wohlergehen von Jugendlichen                 Gemeinschaftsleben“15, was in den Augen des           desjugendsingen veranstaltet, 1953 wurde             bei denen die innerdeutsche Grenze besucht
                            ein und diskutierte zunächst Grundbedürf-                   Jugendrings ein Paradox darstellte.                   ein Jugendtheaterring gegründet und ab den           wurde, und 1963 wurde ein „Quiz für junge
                            nisse wie die schlechte Nahrungsversorgung                                                                        1960er-Jahren fanden monatliche Kinovor-             Staatsbürger“ organisiert, in dem Grundrech-
                                                                                        In der direkten Nachkriegszeit wurde der
                            oder Hygienemöglichkeiten: Die dürftige                                                                           stellungen im Emelka statt. Ein Highlight            te und Zeitgeschehen abgefragt wurden.22
                                                                                        Jugendring gut angenommen: 1949 waren
                            Ernährungslage und eine vergünstigte Nut-                                                                         war auch der Coca-Cola-Ball in der Stadion-
                                                                                        dem Kreisjugendring Augsburg-Stadt bereits                                                                 Vor allem setzt sich der Jugendring für eine
                            zung des Stadtbads für Jugendliche waren                                                                          gaststätte, der am 23.09.1957 das erste Mal
                                                                                        46 Jugendorganisationen mit insgesamt                                                                      Aufarbeitung der NS-Vergangenheit ein: An
                            Themen der ersten Sitzungen.10                                                                                    stattfand und mehrere Jahre sehr erfolgreich
                                                                                        19.881 Jugendlichen angeschlossen.16                                                                       Gedenkstunden im ehemaligen KZ Dachau
                                                                                                                                              mehrmals im Jahr veranstaltet wurde (Abb. 1
                            Doch Jugendringe waren in der Nachkriegs-                                                                                                                              nahmen 1963 und 1964 Augsburger Jugend-
                                                                                                                                              und Abb. 2).20
                            zeit nicht die Einzigen, die Jugendarbeit                                                                                                                              liche, Verbands- und Vorstandsmitglieder teil
                            forcierten. Auch die Besatzermächte entwi-                                                                        „Und dann wäre natürlich nicht zu vergessen          und der Jugendring sprach sich 1964 gegen
                                                                                                                                              der Cola-Ball. Also das war eine tolle Sache,        eine Verjährung von NS-Verbrechen aus.23
                                                                                        11) So gab es in der amerikanischen Besatzungszone    was die da alles gespielt haben. Abends, ich
                                                                                                                                                                                                   196824 erfolgte die Umbenennung in den heu-
                                                                                          256 solcher Einrichtungen. Siehe dazu: Hafen-       weiß nicht mehr, war das elf oder so was,
                            6) Bernhard Schoßig, Bayerischer Jugendring (BJR),            eger, Benno: Geschichte der Offenen Kinder- und                                                          te bekannten Namen: Aufgrund der Gebiets-
                                                                                                                                              sind dann vier oder fünf Busse in die ver-
                               publiziert am 20.03.2019; in: Historisches Lexikon         Jugendarbeit, in: Deinet, Ulrich; Sturzenhecker,                                                         reform25 Anfang der 1970er-Jahre wurde der
                               Bayerns, URL: https://www.historisches-lexikon-            Benedikt (Hg.): Handbuch Offene Kinder- und Ju-     schiedenen Stadtteile gefahren und haben die
                                                                                                                                                                                                   Name Stadtjugendring Augsburg eingeführt.
                               bayerns.de/Lexikon/Bayerischer_Jugendring_(BJR)            gendarbeit, Wiesbaden 2013, S. 37–47, hier S. 38.   Jugendlichen nach Hause gebracht. Das war
                               (08.01.2021).                                            12) Böhnisch, Lothar: Zur Vorgeschichte der Offenen
                            7) Liebe, Martina: Jugendringe. Institutionalisierte          Jugendarbeit, in: Böhnisch, Lothar; Plakolm,
                               Jugendarbeit zwischen Politik und Praxis, in: Rau-         ­Leonhard; Waechter, Natalia (Hg.): Jugend er-
                               schenbach, Thomas; Borrmann, Stefan (Hg.): EEO             möglichen. Zur Geschichte der Jugendarbeit in       17) Zu Häusern der offenen Tür siehe: Hafeneger,     23) PAMS 03 Kreisjugendring Augsburg-Stadt (Hg.):
                               Enzyklopädie Erziehungswissenschaften Online,              Wien, Wien 2015, S. 137–155, hier S. 147.             Benno: Geschichte der Offenen Kinder- und            1946–1966. Zwanzig Jahre Kreisjungendring
                               Weinheim 2011, S. 2–19, hier S. 5.                       13) Zur amerikanischen Jugendarbeit in Augsburg         Jugendarbeit, in: Deinet, Ulrich; Sturzenhecker,     Augsburg-Stadt, Augsburg 1966, S. 55.
                            8) PAMS 03 Kreisjugendring Augsburg-Stadt (Hg.):              siehe die Website des Vereins Amerika in Augs-        Benedikt (Hg.): Handbuch Offene Kinder- und        24) PARK, Geschäftsordnung des Stadtjugendrings
                               1946–1966. Zwanzig Jahre Kreisjungendring                  burg: https://www.amerika-in-augsburg.de/index.       Jugendarbeit, Wiesbaden 2013, S. 39–40.              Augsburg, beschlossen auf der Vollversammlung
                               Augsburg-Stadt, Augsburg 1966, S. 9.                       php?id=1608, zuletzt abgerufen am 12.02.2021.       18) PAMS 03 Kreisjugendring Augsburg-Stadt (Hg.):      am 18.10.1968.
                            9) Ebd. S. 10.                                              14) PAMS 03 Kreisjugendring Augsburg-Stadt (Hg.):       1946–1966. Zwanzig Jahre Kreisjungendring          25) Bernhard Schoßig, Bayerischer Jugendring (BJR),
                            10) Ebd. S. 11. Lothar Böhnisch beschreibt die                1946–1966. Zwanzig Jahre Kreisjungendring             Augsburg-Stadt, Augsburg 1966, S. 11.                publiziert am 20.03.2019; in: Historisches Lexikon
                               Minderung der sozialen Not als „Leitthema der              Augsburg-Stadt, Augsburg 1966, S. 10.               19) Ebd. S. 46.                                        Bayerns, URL: https://www.historisches-lexikon-
                               Nachkriegszeit, unter das alle Ambitionen und            15) PAMS 03 Kreisjugendring Augsburg-Stadt (Hg.):     20) Ebd. S. 29.                                        bayerns.de/Lexikon/Bayerischer_Jugendring_(BJR)
                               Tätigkeiten der Jugendarbeit“ gestellt wurden.             1946–1966. Zwanzig Jahre Kreisjungendring           21) Interview mit H. G. D. am 18.08.2020.              (08.01.2021).
                               Böhnisch, Lothar: Historische Skizzen zur Offenen          Augsburg-Stadt, Augsburg 1966, S. 11.               22) PAMS 03 Kreisjugendring Augsburg-Stadt (Hg.):
                               Jugendarbeit (I), in: Deutsche Jugend, Zeitschrift für   16) STAA Jugendringe, 1. Band 1948–1973, Schrei-        1946–1966. Zwanzig Jahre Kreisjungendring Augs-
                               die Jugendarbeit 32, 1984, S. 460–470, hier S. 463.        ben des KJR an die Stadtverwaltung, 29.03.1949.       burg-Stadt, Augsburg 1966, S. 17, S. 46, 52.

10   EINE LOBBY FÜR DIE JUGEND                                                                                                                                                                                                                EINE LOBBY FÜR DIE JUGEND           11
STADT JUGEND RING AUGSBURG - JUBILÄUMSSCHRIFT www.sjr-a.de
„Jugendzentren, das war wirklich was                    „Wir waren zuerst einmal auf dem Spielplatz              1973 beschloss der
                                                                                Neues“26 – die Anfänge der offenen                      in Pfersee und haben uns dort getroffen. Und             Stadtrat auf Empfehlung
                                                                                Jugendarbeit in Augsburg                                dann haben wir versucht, dass wir eine ge-               des Jugendwohlfahrts-
                                                                                                                                        schlossene Sache bekommen, damit wir uns                 ausschusses, die Trä-
                                                                                Die Jugendzentrumsbewegung erfasste                     weiter treffen können. Daraufhin haben wir               gerschaft der durch die
                                                                                Anfang der 1970er-Jahre wie eine Welle                  den Kellerraum gekriegt, und dann waren wir              Initiativen hervorgegan-
                                                                                Städte und Dörfer. Jugendliche forderten                da halt immer drinnen. Es sind dann immer                genen Jugendzen­tren
                                                                                unter dem Motto „Freizeit ohne Kontrollen“27            neue Leute dazugekommen und der Raum                     sowie das „Haus der
                                                                                Treffpunkte, die sie in Eigenverantwortung              wurde dann viel zu klein, das war ja ein Kel-            offenen Tür“ dem Stadt-
                                                                                und in Selbstverwaltung nutzen und selbst               lerloch, ohne Fenster. Und dann sind wir halt            jugendring zu überlas-
                                                                                gestalten konnten. Die aus einem politisch              auf die Idee gekommen, das Haus zu wollen.               sen.34 Auch Jugendliche
                                                                                linken und alternativen Milieu entstandene              Zuerst wollten wir ja das ganze Schloss ha-              aus Kriegshaber und
                                                                                Bewegung hatte auch für den SJR nachhalti-              ben, aber da war ja gar nicht dran zu denken.            Pfersee sprachen sich
                                                                                ge Auswirkungen – er wurde zum 01.01.1974               Und dann hat man halt das Schwesternwohn-                für eine Übernahme des
                                                                                Träger von drei Jugendzentren.28 Dies mar-              heim gekriegt, nebendran.“31                             Schlössles und des No1
                                                                                kiert den Anfang der offenen Jugendarbeit in                                                                     durch den Stadtjugend-
                                                                                Augsburg und gilt als wichtiger Meilenstein             Die Initiativen in Pfersee und Kriegshaber
                                                                                                                                                                                                 ring aus, übten jedoch
                                                                                in der Geschichte des SJR, da er dadurch sein           kritisierten das bestehende und vom Jugend-
                                                                                                                                                                                                 auch Kritik an dem Ver-
                                                                                Tätigkeitsspektrum erheblich erweiterte: Er             amt verwaltete „Haus der offenen Tür“ in der
                                                                                                                                                                                                 trag zwischen der Stadt
Abb. 3: Das erste Ju-
                                                                                war nicht mehr nur Interessen- und Arbeits-             Kanalstraße 15.32 Der erzieherische Anspruch
gendzentrum No1 in                                                                                                                                                                               Augsburg und dem SJR,
                                                                                gemeinschaft der Verbände, sondern auch                 entsprach nicht dem jugendlichen Zeitgeist
den 1970er-Jahren,                                                                                                                                                                               der nach ihrer Meinung
Bild: privat                                                                    offiziell für die damals sogenannten unorgani-          und den Ideen der Jugendzentrumsbewegung,
                                                                                                                                                                                                 den Jugendlichen zu
                                                                                sierten Jugendlichen zuständig.                         sodass der SJR die Einrichtung übernahm,
                                                                                                                                                                                                 wenig Mitspracherecht und Gestaltungsmög-           Abb. 5: Jugend-
                                                                                                                                        als Jugendzentrum fortführte und dieses sich                                                                 zentrum Schlössle
                                                                                Die Anfänge der Jugendzentren gehen                                                                              lichkeiten zugestand.35
                                                                                                                                        dadurch inhaltlich veränderte (Abb. 6).                                                                      in Pfersee (Rückan-
                                                                                einerseits auf verschiedene Initiativen in                                                                       „Die […] Freizeiteinrichtungen sind zur offenen     sicht), 1970er-Jahre,
                                                                                Kriegshaber und Pfersee, andererseits auf               „Zum ersten Mal war ich in dem Gebäude in                                                                    Bild: privat
                                                                                                                                                                                                 Jugendarbeit in Augsburg nach pädagogischen
                                                                                eine bereits bestehende Institution in der              der Kanalstraße 15 mit 6 Jahren, also 1966,
                                                                                                                                                                                                 Grundsätzen und im Sinne der demokratischen
                                                                                Kanalstraße zurück. So setzten sich Jugend-             und zwar beim Faschingsball für Kinder.
                                                                                                                                                                                                 Grundordnung zu verwenden, um damit den
                                                                                liche in Kriegshaber eigeninitiativ für einen           Damals hat es noch ‚Haus der offenen Tür‘
                                                                                                                                                                                                 Interessen und Bedürfnissen aller jungen Men-
                                                                                Treffpunkt ein, sodass ihnen daraufhin das              geheißen. Ich weiß noch, dass man oben halt
                                                                                                                                                                                                 schen der Stadt Augsburg zu dienen.“36
                                                                                städtische Gebäude in der Ulmer Straße 155              immer so Filme angeschaut hat. Und dann hat
                                                                                zur Verfügung gestellt wurde.29 Die Stadt hat-          man Ministeck gemacht, und dann hat man                  Jugendzentren waren neu und die Verwaltung
                                                                                te das Haus einige Jahre zuvor erworben und             Topflappen gemacht, und das war eigentlich               der Einrichtungen stellte den SJR vor einige
                                                                                sah vor, es aufgrund des Baus der Westtan-              so die Kinderzeit – und, dann war ich nicht              Herausforderungen, sodass die Anfangszeit
                                                                                gente in einigen Jahren abreißen zu lassen.             mehr da, bis das Jugendzentrum aufgemacht                geprägt war von Aushandeln und Auspro-
                                                                                So lange konnten es die Jugendlichen nutzen             hat. Das war ja eine ganz andere Schiene                 bieren. Jugendverbandsarbeit und offene
                                                                                und das erste Jugendzentrum in Augsburg,                dann, also, da waren ja Sozialarbeiter, und              Jugendarbeit wurden zunächst als unter-
                                                                                das No1, war geboren (Abb. 3).                          das war ja dann viel offener alles. Also welt-           schiedlich und gegensätzlich angesehen, was
                        Abb. 4: Flugblatt für ein                                                                                       offener. […] Also, wenn man das Haus der                 zu vermehrten internen Diskussionen über
                        Jugendzentrum in Pfersee,                               Auch Jugendliche in Pfersee forderten Räum-             offenen Tür kennt: Die Betreuerin war da und             finanzielle Mittel, die den Jugendzentren zu-
                        frühe 1970er-Jahre,                                     lichkeiten und Möglichkeiten für Treffpunkte:
                        SJR Augsburg                                                                                                    hat immer schön aufgepasst. Und dann ist 74              gesprochen wurden, führte.37 So musste sich
                                                                                Ganz im Sinne der Jugendzentrumsbewegung                das Juze eröffnet worden mit Sozialarbeitern.            die offene Jugendarbeit erst etablieren, was
                                                                                setzten sie sich mittels Demonstrationen, Flug-         Die hatten einen ganz anderen Hintergrund.               die ganzen 1970er-Jahre hindurch andauerte.
                                                                                blättern und Hearings für ein Jugendzentrum             Die Leute hat man ganz anders angesprochen.              In diesem Kontext wurde 1979 auch der erste
                                                                                im Stadtteil ein. So gab es auch den Arbeits-           Da hat es schon mal nicht Frau Soundso ge-               hauptamtliche Geschäftsführer eingestellt.
                                                                                kreis Augsburger Jugendzentren (AAJ), der in            heißen, oder Herr, sondern das war der und
                                                                                einem mehrjährigen und intensiv von der Stadt                                                                    Jugendzentren in Augsburg entstanden also
                                                                                                                                        das war der. Und da ist natürlich auch viel
                                                                                und dem SJR begleiteten Prozess schließlich                                                                      im Kontext einer westdeutschen Jugendzen­
                                                                                                                                        mehr organisiert worden. Das ist eine andere
                                                                                erreichte, dass in dem ehemaligen Schwes-                                                                        trumsbewegung und forderten alle Beteiligten
                                                                                                                                        Zeit gewesen. Das muss man ganz ehrlich
                                                                                ternwohnheim in der Stadtberger Straße 19 ein                                                                    auf, die neu geschaffenen Räume zu etablieren
                                                                                                                                        sagen. Das war wie so ein Switch.“33
                                                                                Jugendzentrum entstand (Abb. 4 und 5).30
                                                                                                                                        31) Interview mit P. W. am 29.07.2020.                   35) PAMS 03, Schreiben von Jugendlichen aus
                                                                                28) ASJR 14.04, Vertrag zwischen der Stadt und dem      32) ASJR, r4f2, unveröffentlichtes Manuskript,             Kriegshaber und Pfersee an die Mitglieder der
                                                                                  Jugendring, 10.12.1973.                                 ­Aktion Juze Augsburg, ohne Datum.                       Vollversammlung des SJR, 1973.
                            26) Interview mit A W. am 21.02.2019.               29) ASJR BK, unveröffentlichtes Manuskript; Buchner,    33) Interview mit G. C. am 06.08.2020.                   36) PAMS 03, Vertrag zwischen der Stadt Augsburg
                            27) Templin, David: Freizeit ohne Kontrollen. Die     Peter: 10 Jahre Augsburger Jugendzentren, 1984.       34) PAMS 29, o. A.: Jugendwohlfahrtsausschuß will          und dem Stadtjugendring Augsburg, 12.12.1973.
                              Jugendzentrumsbewegung in der Bundesrepublik      30) Beispielsweise sprachen sich Jugendliche in zahl-      freiwilligen Zuschuß für Horte, in: Augsburger All-   37) ASJR, graue Mappe KJR 69-72, Programm der
                              der 1970er Jahre, Göttingen 2015.                   reichen Flugblättern für ein Jugendzentrum aus.          gemeine, 1973 (genaues Datum unbekannt).                Klausurtagung, 18./19.12.1973.

12   EINE LOBBY FÜR DIE JUGEND                                                                                                                                                                                                           EINE LOBBY FÜR DIE JUGEND     13
STADT JUGEND RING AUGSBURG - JUBILÄUMSSCHRIFT www.sjr-a.de
1980 wurden die verschiedenen Abteilungen           lichen.45 Initiiert wurde das Angebot als Sport-       Plärrer vor Ort,51 um zwischen Jugendlichen,
                                                                             im Jugendring, der zwischen Jugendzentren           mobil vom SJR und der Sportjugend46 und von            Schausteller*innen und der Polizei zu ver-
                                                                             und Verbänden unterschied, bewusst aufgeho-         zahlreichen Besucher*innen gut angenommen.             mitteln, 1995 wurde der erste Streetworker
                                                                             ben, sodass die beiden Bereiche sich annäher-       So besuchte Moby Dick auch den Stadtteil               für das Univiertel eingestellt52 und somit
                                                                             ten, ergänzten und der SJR ein einheitliches        Oberhausen, wodurch dann in den 1990er-­               auch die aufsuchende Jugendarbeit als ein
                                                                             Erscheinungsbild aufwies.41 Ein wichtiger           Jahren die Freizeitsportanlage Wolfgangstraße          weiterer Arbeitsbereich des SJR eingerichtet.
                                                                             Schritt in der ganzheitlichen Förderung der Ju-     entstand.47 Ebenfalls 1985 wurde die erste             Jugendzentren, mobile Jugendarbeit und
                                                                             gendarbeit war auch der kommunale Jugend-           Frau zur Vorsitzenden gewählt.48                       Streetwork wurden immer mehr ausgebaut
                                                                             förderungsplan, der vom Sozialreferat, dem                                                                 und Treffpunkte somit gezielt gefördert.
                                                                                                                                 In den 1980er-Jahren kam eine neue Jugend-
                                                                             SJR und den Verbänden in einem mehrjährigen
                                                                                                                                 kultur auf, die vor allem die offene Jugend-
                                                                             Prozess geplant und ausgelotet wurde. Darin
                                                                                                                                 arbeit lange Zeit prägte: Durch US-ame-                „Wie verloren wäre ich denn, wenn es
                                                                             wurden u.  a. neue Jugendzentren im Uni-                                                                   das hier nicht gegeben hätte?“53
                                                                                                                                 rikanische Filme wie Break’in schwappte
                                                                             viertel, in Oberhausen sowie in der Innenstadt
                                                                                                                                 die Breakdance-Welle nach Deutschland.                 Jugend wird auch als „Seismograph der Ge-
                                                                             beschlossen, um offene wie auch verbandliche
                                                                                                                                 Der akrobatische Tanzstil faszinierte viele            sellschaft“54 bezeichnet: Schon früh zeichnet
                                                                             Jugendarbeit gezielt zu fördern.42
                                                                                                                                 Jugendliche und in den Räumen der offenen              sich in der Jugendarbeit ab, was zukünftige
                                                                             Auch in der offenen Jugendarbeit gab es Ver-        Jugendarbeit wurde geübt, Events veran-                gesellschaftliche Herausforderungen sein
Abb. 6: Das Jugend-    und zu institutionalisieren. Der SJR griff dabei      änderungen: 1983 musste das erste Jugend-           staltet und sich darüber ausgetauscht. Die             würden. So setzte sich der SJR auch schon
zentrum in der         die Forderungen von Initiativen auf, setzte sich      zentrum, das No1 in Kriegshaber, aufgrund           pädagogische Förderung der sportlichen                 früh mit der multinationalen Realität in
Kanalstraße, frühe                                                           des Baus der Westtangente und eines damit           Betätigung einerseits und das Interesse der
1970er-Jahre,          für Jugendzentren ein und übernahm schließ-                                                                                                                      der Stadt Augsburg auseinander; Toleranz,
Bild: privat           lich als Träger bis heute die Verantwortung.          verbundenen Abrisses des Hauses schließlich         Jugendlichen andererseits trugen dazu bei,             Offenheit und Vielfalt sind Konstanten, die
                                                                             schließen. Im Zuge dessen wurde in Oberhau-         zunächst Breakdance, später auch die gesam-            sich in der 75-jährigen Geschichte immer
                       Die Expansion in den 1980er-Jahren:                   sen, im ehemaligen Rathaus und Polizeirevier        te Hip-Hop-Kultur mit den Bereichen Graffiti,          wieder finden lassen. Der Blick in die Anfänge
                                                                             in der Hirblinger Straße, das Jugendhaus            DJing, B-Boying und Rap in der offenen                 des SJR und seine Weiterentwicklung zeigt,
                       „Das war der ‚place to be‘ für die
                                                                             H2O eingerichtet. Ein Jahr zuvor, 1982, konn-       Jugendarbeit zu verankern. So spielten Ju-             dass er sich zwar stetig weiterentwickelte,
                       Jugendlichen“                                         te im Univiertel im ehemaligen Pförtnerhaus         gendzentren in der Entwicklung und Verbrei-            seinen Gründungsgedanken, Demokratie und
                       Im Fokus der Arbeit des SJR standen in den            der Firma Messerschmitt ein Jugendhaus für          tung des Hip-Hop in Deutschland eine große             Verantwortung aber blieb. In einem kontinu-
                       1980er-Jahren einerseits die Weiterentwick-           den neuen Stadtteil eröffnet werden.                Rolle49 und entwickelten sich in Augsburg              ierlichen Prozess setzte er sich vermittelnd,
                       lung, Professionalisierung und Vergrößerung                                                               zum „place to be“ für bestimmte Szenen.                einerseits mit der Stadtverwaltung und
                                                                             Ebenfalls Anfang der 1980er-Jahre wurde ein
                       der offenen Jugendarbeit, andererseits war            Jugendcafé, die Jugendinformationsstelle            „Die Breaker, das waren zuerst einzelne                andererseits mit Jugendlichen, auseinander
                       die politische Arbeit sehr stark von so-              tip und das Haus der Verbände im Haus am            Jungs, die sich dann in einem kleinen Raum             und reagiert(e) auf lokaler Ebene auf aktuelle
                       zialen Bewegungen wie der Friedens- und               Schwibbogenplatz 1 geplant und schließlich          eingeschlossen haben und da rumgeturnt                 politische und soziale Gegebenheiten. Er ist
                       Antiatomkraftbewegung, aber auch von der              1985 realisiert.43 Die Planungen waren beglei-      sind, und die haben dann wieder andere an-             ein Akteur in der Stadtgesellschaft, der für
                       Arbeit gegen Diskriminierung und Rassismus            tet von starken Bedenken und Einwänden der          gezogen. Und plötzlich, also nicht plötzlich,          Jugendliche Partei ergreift und sich für ihre
                       geprägt. So fanden beispielsweise Gegen-              Anwohner*innen gegenüber dieser Einrich-            aber nach und nach natürlich, wollten dann             Belange einsetzt. Er war und ist Sprungbrett
                       aktionen gegen den NPD-Parteitag 1980                 tung, die sogar ein Gerichtsverfahren gegen         mehr Leute das auch machen. Also das war               für einzelne Politiker*innen-Karrieren, aber
                       statt38 oder es wurden zu diesen Themen               die Umbaugenehmigung einleiteten. Einig             sehr sehr sportlich ambitioniert und es waren          die Einrichtungen und die dort arbeitenden
                       einschlägige Broschüren herausgegeben.39              wurden sich die Parteien jedoch schließlich         auch viele Jungs dabei, die ein Wahnsinns-             Personen prägten auch Individual-Biografien:
                       Auch die internationale Jugendarbeit wurde            mit einem Vergleich,44 was den oft jahre-           Rhythmusgefühl auch hatten. Wir haben dann             „Wie verloren wäre ich denn, wenn es das
                       durch Jugendaustauschprogramme mit der                langen Einsatz des SJR für eine Einrichtung         auch Tanzveranstaltungen und Workshops                 hier nicht gegeben hätte? Weiß ich gar nicht.
                       Partnerstadt Inverness gepflegt. Ebenso               exemplarisch zeigt.                                 gemacht, wo dann Hip-Hop-Tänzer aus ande-              Sehr verloren. Wirklich sehr, sehr ­verloren.
                       gab es Kontakte nach Polen: So besuchten                                                                  ren Städten eingeladen wurden.“50                      Ich glaub, da wo die Bundesregierung ver-
                       sich Delegierte aus Lublin und Augsburg               Das mobile Angebot Moby Dick erweiterte ab                                                                 sagt hat, haben die Sozialarbeiter das ge-
                       gegenseitig und veranstalteten gemeinsame             1985 das Angebot der offenen Jugendarbeit.          Auch die aufsuchende Jugendarbeit wurde                stemmt.“ 55
                       Seminare, beispielsweise zum Thema „Die               Der umgebaute Bus der Stadtwerke machte             in den 1990er-Jahren stetig ausgebaut und
                       Zusammenarbeit der Jugendverbände Polens              in verschiedenen Stadtteilen halt und bot so        schließlich fest etabliert: So waren Mitarbei-
                       und der BRD und der Normalisierungspro-               einen mobilen Jugendtreff und brachte Spiel-        ter*innen schon 1991 beispielsweise am
                                                                                                                                                                                        51) Interview mit R. E. am 04.12.2017 sowie ASJR
                       zess zwischen beiden Staaten.“40                      und Sportmöglichkeiten direkt zu den Jugend-
                                                                                                                                                                                          14.04, Erfahrungsbericht über den mobilen Ein-
                                                                                                                                                                                          satz auf dem Herbstplärrer 91, 11.09. 1991.
                                                                                                                                 45) PAMS 03, Jahresbericht 1986.                       52) ASJR 14.06, Streetwork im Univiertel Augsburg,
                                                                                                                                 46) ASJR Juze allgemein, Sportmobil, ohne Datum.         1996.
                                                                                                                                 47) ASJR 14.07 Konzept Wolfgangstraße, ohne            53) Interview mit einem Besucher der Augsburger
                                                                                                                                   Datum.                                                 Jugendzentren in der Kanalstraße und in Ober-
                       38) PAMS 03, Jahresbericht 1980.                      42) Amt für Stadtentwicklung und Statistik (Hg.):   48) O. A.: Der Neue Chef ist eine Frau, in: Schwäbi-     hausen in den 1980er-Jahren am 28.03.2019.
                       39) Broschüre „Ausländer-Arbeit des Stadtjugendrin-     Kommunaler Jugendförderungsplan der Stadt           sche Neue Presse, 10.05.1985.                        54) Belwe, Katharina: Jugend, Editorial, in: Aus
                         ges Augsburg“ ,1984; Broschüre der Moby-Dick-         Augsburg, Augsburg 1984.                          49) Mager, Christoph: HipHop, Musik und die Arti-        Politik und Zeitgeschichte 15, 2003, https://www.
                         Arbeitsgruppe „Gegen Ausländerfeindlichkeit“        43) PAMS 03, Jahresbericht 1985.                      kulation von Geographie, Stuttgart 2007.               bpb.de/apuz/27688/editorial, 01.04.2021.
                         1991.                                               44) Ebd.                                            50) Interview mit einer Mitarbeiterin eines Augs-      55) Interview mit einem Besucher der Augsburger
                       40) PAMS 03, Jahresbericht 1980.                                                                            burger Jugendzentrums in den 1990er-Jahren am          Jugendzentren in der Kanalstraße und in Ober-
                       41) Ebd.                                                                                                    21.11.2017.                                            hausen in den 1980er-Jahren am 28.03.2019.

14   EINE LOBBY FÜR DIE JUGEND                                                                                                                                                                                                    EINE LOBBY FÜR DIE JUGEND   15
STADT JUGEND RING AUGSBURG - JUBILÄUMSSCHRIFT www.sjr-a.de
INTERVIEW

       E & DAMALS                                                 MIT DEM AKTUELLEN UND EINEM EHEMALIGEN VORSITZENDEN

		 HEUT       DEN
                                                                  Warum haben Sie das Amt des SJR-Vorsitzenden angenommen?

  INTERVIEW MIT                                                   Jonas Riegel: Grundsätzlich war das Ehren-       und Ideen. Auch der vertrauensvolle Um-

              N 2021/1978                                         amt für mich als junger Pfadfinder schon früh    gang mit der Geschäftsführung in meinen

  VORSITZENDE
                                                                  ein besonderes persönliches Anliegen. Dass       ersten beiden Jahren im Vorstand als Beisitz
                                                                  man hier in guter Gesellschaft kleine und        hat mir die Entscheidung leicht gemacht.
                                                                  große Dinge ins Rollen bringen und bewegen       Natürlich habe ich mich auch mit Freunden
                                                                  kann, ist für mich bis heute unheimlich at-      und Familie darüber beraten und mir bei der
                                                                  traktiv. Diese Erfahrung konnte ich insbeson-    Entscheidungsfindung Zeit gelassen. Die per-
   Um eine Brücke zwischen heute und der Vergangenheit zu         dere als Volunteer beim Modular Festival fes-    sönliche Lernerfahrung, die mir bevorstehen
   schlagen, hat unsere Redakteurin Anni El-khorazati den ak-     tigen. Da habe ich auch den Stadtjugendring      würde, war dabei ein entscheidender Punkt,
   tuellen Vorsitzenden Jonas Riegel und den Vorsitzenden von     besser kennengelernt und wusste dadurch,         den ich nicht verstreichen lassen wollte. Am
   1974–1978, Eberhard Schulz, interviewt. Sie fragt nach ihrer   mit wem und was ich es zu tun bekomme:           Ende hat sich, auch wenn ich kein Unerschro-
   Motivation, den jeweiligen Herausforderungen und die Ent-      nämlich mit einem tollen Vorstandsteam,          ckener bin und auch einige Unsicherheiten
   wicklung des SJR. Was hat die Arbeit von damals im Gegen-      einer vielfältigen und lebendigen Belegschaft,   mit mir getragen habe, die Übernahme des
   satz zu heute geprägt?                                         einem starken Team in der Geschäftsstelle        Vorsitzes einfach richtig angefühlt.
                                                                  und vielen großartigen Projekten, Vorhaben
                                                                  Eberhard Schulz: Als ich 1970 in die Leitung     inhaltliche Plattform für die jugendpolitischen
                                                                  des Evangelischen Jugendwerks Augs-              Einmischungen in Augsburg. Das passte
                                                                  burg berufen wurde, lag eine achtjährige         deswegen gut zusammen, weil zwischen den
                                                                  „Lehr- und Gesellenzeit“ als Vertreter meines    Leitungsverantwortlichen ein vertrauens-
                                                                  Jugendverbands im Kreisjugendring Krum-          volles Verhältnis bestand. Es war bestimmt
                                                                  bach/Schwaben hinter mir. Als blutjunger         von freundschaftlicher Beziehung und in der
                                                                  Diakon und Religionslehrer warf ich mich         Übereinstimmung, dass alles dafür getan
                                                                  mit Lust in das jugendpolitische Geschäft        werden müsse, damit Jugendliche Selbstver-
                                                                  der überschaubaren Kreisstadt und eckte          antwortung übernehmen und ihre Interes-
                                                                  an, zum Beispiel beim Sonnenwendfeuer            se selbstbestimmt und solidarisch in den
                                                                  des KJR. Bei diesem Anlass sang die Evang.       städtischen Diskurs einbringen können. Willy
                                                                  Jugend nicht die altehrwürdigen und ge-          Brandts Aufforderung, „mehr Demokratie zu
                                                                  wohnten Lieder, die man bei solchen Feiern       wagen“, praktizierten wir lustvoll.
                                                                  sonst so sang, sondern zur Empörung der          Mein Freund und Mitstreiter vom BdkJ und
                                                                  Vorstandschaft Spirituals der diskriminier-      amtierender Vorsitzender des SJR, Werner
                                                                  ten amerikanischen schwarzen Bevölkerung         Heimrath, bat mich 1973, mich zur Wahl zu
                                                                  Amerikas.                                        stellen. Die Vollversammlung vertraute mir
                                                                  Das Zentrum der „Evangelischen Jugend            das Mandat von 1974 bis 1978 an. Es ent-
                                                                  Augsburg“ lag damals in einem Hinter-            sprach meinem Selbstverständnis, Verant-
                                                                  haus in der Schaezlerstraße, im Souterrain.      wortung in einem demokratisch legitimierten
                                                                  Das passte. Das Mobiliar bestand aus alten       gesellschaftlichen Gestaltungsraum, dem
                                                                  Plüschsesseln und mit Segeltuch bespann-         Stadtjugendring Augsburg, zusammen mit
                                                                  ten Stühlen. Eine mit Spiritus betriebene        anderen, zu übernehmen.
                                                                  Vervielfältigungsmaschine, handbetrieben,        Dem gesellschaftlichen Aufbruch ab 1970
                                                                  produzierte in hoher Stückzahl die ungeheuer     verpflichtet, wollte ich den Emanzipations-
                                                                  wichtigen Nachrichten für die Mitglieder der     prozess der jungen „autonomen Jugendzen-
                                                                  EJA.                                             trumsbewegung“ in Augsburg befördern und
                                                                  Als großer Jugendverband standen der EJA         sichern. Der Ort des Geschehens war „No1“
                                                                  vier Sitze in der SJR-Vollversammlung zu.        in Kriegshaber und im Weiteren die Übernah-
                                                                  Einer davon wurde mir anvertraut.                me der Kanalstraße 15 und des Schlössle in
                                                                  Zusammen mit den Vertreter*innen des             Pfersee durch den SJR.
                                                                  BdkJ und der Gewerkschaftsjugend bildeten        Darüber hinaus wollte ich, dass der SJR
                                                                  die drei Verbände die organisatorische und       dem Partnerschaftsvertrag zwischen dem

  16   		             Heute & Damals                                                                                                                     INTERVIEW HEUTE & DAMALS   17
STADT JUGEND RING AUGSBURG - JUBILÄUMSSCHRIFT www.sjr-a.de
„Sozialistischen Studentenbund der Universi-    der Grundlage der neuen Ostpolitik von Willy     ten vervielfacht haben. Städtische, regionale     erfinden wird und gleichzeitig auch ein Ge-
                       tät Marie Curie – Sklodowska in Lublin“ und     Brandt, war das Ziel. Auch deswegen habe         und bayernweite Verbände nutzen unsere            fühl von Sicherheit und Geborgenheit im
                       der „Evang. Jugend Augsburg“ beitritt. Die      ich mich um das Amt des SJR-Vorsitzenden         Pionierarbeit als Vorbild: künftig besonders in   Sinne eines Zuhauses für junge Menschen
                       Weiterentwicklung der internationalen Frie-     beworben.                                        Sachen Partizipation und aktuell insbesondere     zu bieten vermag. Dazu werden vorerst in
                       dens- und Begegnungsarbeit mit Polen, auf                                                        in Sache der Verbandsarbeit und der offenen       Göggingen, Haunstetten und im Bärenkeller
                                                                                                                        Jugendarbeit unter Pandemiebedingungen.           und auch beim zukünftig weiteren Wachstum
                                                                                                                        Ich habe das Gefühl, dass der SJR in seiner       Augsburgs in all unseren Stadtteilen neue
                       Wo sehen Sie den SJR in Zukunft?                                                                                                                   Aktionen, Treffpunkte, Häuser bzw. Zentren
                                                                                                                        Entwicklung sehr viele Spielräume nutzen
                       Jonas Riegel: Der SJR ist unheimlich flexibel   durch neue Formate der Demokratie echte          wird, sich an vielen Ecken und Enden neu          einzurichten sein.
                       und wandlungsfähig und kann Großes be-          Partizipation schaffen, die den jungen Men-
                       wirken. Daher sehe ich ihn in einer ständi-     schen mehr als nur eine „Probebühne“ bietet.     Eberhard Schulz: Nachdem ich 1978 meine           Verhalten gelernt wird, dann ist das eine
                       gen Aufwärtsspirale. In meiner Vision vom       Und er wird durch sein neues Leitbild und        Arbeit in der Evang. Jugend München auf-          wunderbare Entwicklung.
                       SJR wird er die digitalen Räume für junge       seine Markenidentität, für die wir derzeit den   genommen und mich dort mit Haut und               Weiterhin nehme ich an, hoffe ich, dass in der
                       Menschen weiter erobern und im Sinne der        Weg bereiten, ein explizites Selbstverständ-     Haaren eingebracht habe, ist der SJR leider       drittgrößten Stadt Bayerns die Einmischun-
                       Jugendarbeit nutzbar machen. Schritt für        nis und ein neues, lebendigeres, offeneres       aus meinem Blickfeld gerückt. Was mir im          gen „pro junge Generation“ und die Stimme
                       Schritt wird er ein neues Natur- und Umwelt-    und zutrauenderes Auftreten haben.               Rahmen der Vorbereitungen zu 75 Jahren            des SJR laut zu hören sind und von der Augs-
                       bewusstsein auf den Weg bringen. Er wird                                                         SJR auffiel: Die drei ersten Jugendzentren        burger Stadtgesellschaft positiv wahrgenom-
                                                                                                                        gibt es noch und sechs weitere sind bis           men werden.
                       Eberhard Schulz: Die Gründungsgeschichte        Vorstellungen von einem selbstbestimmten         heute dazu gekommen. Und wenn das Orte
                       der Jugendringe beginnt mit dem 8. Mai 1945,    Leben im privaten und im öffentlichen Raum       sind, wo menschliches und demokratisches
                       dem Ende des 2. Weltkriegs. Nach dem Be-        ausprobieren konnten. Einer diese „Lernräu-
                       freiungstag Deutschlands vom Wahnsinn des       me“ war die Kanalstraße 15.
                       Nationalsozialismus wurde der Nachkriegsju-     Diese Lernräume für Demokratie anzubieten,       Gibt es Dinge, die blieben und die Jahre überdauerten?                                             Jonas Riegel
                       gend ein bemerkenswerte Chance angeboten.       Orte zur Verfügung zu stellen, wo man sich       (Einstellungen, Gepflogenheiten, ­Traditionen?)                                                    Vorsitzender des SJR
                       „Demokratie lernen“, diese Erlebnis- und        als Jugendlicher und junger Erachsener ver-                                                                                                         (2019 bis 2021)
                       Lernebene war ein großartiges Geschenk          standen und beheimatet fühlt, wo man sich        Jonas Riegel: Das Gefühl, eine unserer Ein-       in die Geschäftsführung unserer Organi-
                       der Siegermächte an die Kinder und Jugend-      individuell ausprobieren und entwickeln und      richtungen zu betreten, ist atmosphärisch         sation steckt. Kein leichter Job, wenn man
                       lichen. Nach Gleichschaltung, Manipulation,     sich mit seinen Interessen in den öffentlich     immer wieder ein Highlight. Auch wenn hier        bedenkt, wie viel Veränderung in den An-
                       Indoktrination und Auflösung der freien Ju-     Raum einbringen und engagieren kann, das         und da die bauliche Substanz aufgrund von In-     forderungen an diese Rolle durch die immer
                       gendverbände im Hitler-Deutchland eröffnete     zu gewährleisten, darin bestand und besteht      vestitionsstaus etwas zerfallen wirkt, sind es    wieder wechselnden Vorstände und die
                       sich für die Jugendlichen der Kriegs- und       aus meiner Sicht der immerwährende Auf-          auf jeden Fall die Einstellungen und Traditio-    verschiedenen Vorsitzenden zu bewältigen
                       Nachkriegsgeneration ein Erfahrungs- und        trag der Jugendringe.                            nen in den Jugendhäusern, die Bestand haben.      war. Hierfür gebührt dir unsere größte Dank-
                       Lernfeld, auf dem sie ihre Interessen und                                                        Für Kontinuität sorgt auch unser Helmut           barkeit, Helmut!
                                                                                                                        Jesske, der sein Herzblut seit über 15 Jahren
                       Wie empfinden Sie die Entwicklung des SJR?                                                       Eberhard Schulz: Zu diesem Punkt kann ich         ber verfolge ich mit Sympathie die Bemü-
                                                                                                                        nach 43 Jahren Abwesenheit von Augsburg           hungen des FCA, die 1. Bundesliga zu halten.
                       Jonas Riegel: Mit der Entwicklung des Stadt-    der jungen Menschen aus den Jugendhäu-           wenig beisteuern. Jedoch als Fußballliebha-       Heuer sieht das gut aus und das freut mich.
                       jugendrings hin zu einem engen Partner für      sern haben wählen lassen und auf unserer
                       die Stadtgesellschaft, deren Aktionsbünd-       Vollversammlung direkt einen Antrag ein-
                       nisse, Vereine und Verbände sowie deren         gebracht haben.
                       Politiker*innen und Stadtverwaltung sind wir    Nehmen wir beispielsweise die Entwick-
                                                                                                                        Wenn Sie ihre Arbeit und den SJR im Allgemeinen mit drei Worten
Eberhard Schulz        zu einem Experten für die Situation junger      lung des Modular Festivals, bei dem wir
                                                                                                                        beschreiben müssten, welche wären es?
Vorsitzender des SJR   Menschen, deren Bedürfnisse und Forde-
(1974 bis 1978)                                                        über Jahre hinweg die Beteiligung von fast       Jonas Riegel: Lebendig, offen, zutrauend.         Eberhard Schulz: Mehr Demokratie wagen!
                       rungen sowie deren Kultur und Erfahrung         500 Volunteers und einer Denkwerkstatt von
                       geworden. Unsere Beratung zur Einbindung        50 ­langfristigen „Modularis“ hochhalten.
                              junger Menschen in die Gestaltung der
                                                                       Nehmen wir die Krisenbewältigung, bei der
                                  Zukunft wird in Augsburg und da-
                                                                       wir höchst flexibel und vernetzt reagieren
                                    rüber hinaus wertgeschätzt und
                                                                       konnten, die politischen Player mit im Boot
                                     hoch angesehen.
                                                                       hatten, zuerst auch für zentrale und klare Re-
                                    Nehmen wir die Jugendspre-         gelungen und Ansagen sorgen konnten und im
                                    cher*innen aus der offenen Ju-     nächsten Moment mittels toller, partizipativer
                                    gendarbeit, die sich auf eigenen   Leistung unserer Teams unseren Durchsatz an
                                    Antrag hin als Vertreter*innen     neuen Abläufen, Arbeitspraktiken und Angebo-

                              18   INTERVIEW HEUTE & DAMALS                                                      18                                                                                            INTERVIEW HEUTE & DAMALS           19
Was ist Ihre liebste Erinnerung?                                                                    Eberhard Schulz: Aus der Erfahrung von acht       auf Studenten*innen, die ein großes Interesse
                                                                                                                           Jahren Engagement im SJR-Vorstand, davon          an Kontakten mit jungen Menschen aus dem
                       Jonas Riegel: Zu meinen liebsten Erinnerun-       Wiedereröffnung der fabrik! Und all time high     vier Jahre in der Rolle des Vorsitzenden, wird    Westen hatten. Mit ihnen zusammen lernten
                       gen zählen die jugendpolitischen Events in        die feiernde Crowd des Modular Festivals um       Erfolg in diesem Geschäft durch das Zusam-        wir ihre polnische Heimat kennen. Es wurde
                       den JuZes und der Showdown des jugendpo-          sich zu haben.                                    menspiel des Gesamtvorstands möglich. Wie         über Abrüstung und Friedensprojekte disku-
                       litischen Wahlkampfs in der Kantine! Und die                                                        schon beschrieben, sind es die Leitungsver-       tiert und dass wir uns gegenseitig besuchen
                                                                                                                           antwortlichen der drei großen Verbände, von       wollten – was auch geschah. Über das Leid
                       Eberhard Schulz: Als ich begonnen habe,           Als sich etwa die Hälfte der Gruppe in den
                                                                                                                           Gewerkschaftsjugend, dem BdkJ und der             der Menschen in Polen, das Deutsche ihnen
                       darüber nachzudenken, sind mir ziemlich           übervollen Zug hineingedrängt hatte, gab es
                                                                                                                           Evangelischen Jugend, gewesen, die den ge-        zugefügt hatten, wurde gesprochen. Und man
                       viele spannende und unvergeßliche Ge-             ein irres Spektakel auf dem Bahnsteig. Der
                                                                                                                           sellschaftlichen Aufbruch von 1968 persönlich     versprach sich, alles zu tun, damit Majdanek,
                       schichten eingefallen. Alle sind sie mir „lieb“   russische Zugbegleiter kam mit zwei Kolle-
                                                                                                                           und in ihren Verbänden aufgenommen und ge-        Auschwitz und Dachau „nie wieder sei“. Man
                       im Sinne von bedeutend. Hier nun eine aus         gen zurück und fuchtelte und brüllte herum.
                                                                                                                           lebt haben. Man fuhr mit der Gewerkschaftsju-     tanzte die Nacht durch in den Kellern der
                       dem Topf der „liebsten Erinnerungen“: Es          Man verstand, alle müssen wieder auf den
                                                                                                                           gend am 9. November in die KZ-Gedenkstätte        Studentenheime, die in den Semesterferien zu
                       muss im Herbst 1975 gewesen sein. Die             Bahnsteig zurück. Ich versuchte den Mann zu
                                                                                                                           Dachau, um an die Menschen zu erinnern, die       Diskotheken umgestaltet wurden.
                       Vorstandschaft des SJR hatte die Mitglieder       beruhigen. Er musste etwas Deutsch verste-
                                                                                                                           wegen ihres Widerstandes im Nazi-Deutsch-         In diesen so bewegenden Zeiten der 70er-­
                       seiner Verbände zu einer Studienreise in die      hen, denn als ich ihn mit 50 D-Mark für einen
                                                                                                                           land, weil sie jüdischer Herkunft waren oder      Jahre war es folgerichtig, dass der SJR die
                       damalige Volksrepublik Polen eingeladen.          Deal gewinnen wollte, meinte er, er wolle
                                                                                                                           zum Volk der Sinti und Roma gehörten, ver-        Chance aktiv wahrnahm, die drei Jugendzen­
                       Auschwitz, Krakau, Majdanek, Lublin und           tschechische Kronen haben. Ein Wunder ge-
                                                                                                                           folgt, gequält und ermordet wurden.               tren Kanalstraße 15, No1 und das Pferseer
                       Warschau sollten besucht werden. Die Evang.       schah: Ein Prager gab uns die Kronen, damit
                       Jugend hatte mit ihren Aktions-und Begeg-         raste ich zum letzten Wagen, in dessen Tür        Man fuhr mit der Kath. und Evang. Jugend,         Schlössle unter sein Dach zu holen. Ihre
                       nungsreisen die Weichen für eine Ost-West-        der „Verweigerer“ stand. Es war verrückt,         dem „Ökumenischen Jugendwerk Augsburg“,           Besucher*innen konnten in unterschiedlichen
                       Partnerschaft zwischen der sozialistischen        als ich ihm das Geld entgegenhielt, fixierte er   nach Lublin und arbeitete dort in der KZ-Ge-      Formen und Gremien ihre Ideen von Mitbe-
                       Studentenorganisation der Universität Lublin      mich, schüttelte seinen Kopf, schloss die Tür     denkstätte Majdanek, vor den Toren der Stadt      stimmung und demokratischer Partizipation
                       und dem SJR Augsburg gestellt. Man reiste         und der Zug fuhr ab.                              gelegen. Dort traf man auf Zeitzeug*innen und     verwirklichen. Was sind das für Erfolge!         Jonas Riegel
                                                                                                                                                                                                                              Vorsitzender des SJR
                       mit dem Zug über die damalige Tschechoslo-        Wie geht die Geschichte weiter? Wir sind                                                                                                             (2019 bis 2021)
                       wakei (heute Tschechien) zur ersten Stadion       durch das menschenleere nächtliche Prag
                       nach Krakau. In Prag angekommen, ca. 21:00        gezuckelt mit großem Gepäck. Zwei Polizei­        Was würden Sie tun bzw. hätten Sie getan, wenn Sie
                       Uhr, mussten wir in den Zug nach Krakau           stationen haben wir aufgesucht und den            20.000 Euro für den SJR zur Verfügung (gehabt) hätten?
                       umsteigen. Es war ein russischer Zug, der         Beamten unsere Misere geklagt. Gelandet sind
                       uns mitnehmen sollte. Der weder Englisch          wir um ca. 2:00 Uhr in einem staatlichen Hotel,   Jonas Riegel: Mittlerweile liegt der Etat des     reichen da zwar nicht, aber um es konkret
                       noch Deutsch sprechende Zugbegleiter              das alle aufgenommen hat, deren Transit­          SJR bei über 6,2 Mio. Euro. Man möge mei-         zu benennen: Mit zusätzlichen Mitteln würde
                       studierte die Sammelfahrkarte, musterte           visum abgelaufen war. Hier erhielten wir auch     nen, dass 20.000 Euro hier nicht ins Gewicht      ich momentan die Arbeit unseres Kommuni-
                       uns misstrauisch und sagte „Njet“, drückte        neue Transitvisa. Sie waren ziemlich teuer.       fallen würden. Mitnichten! Jedes Geld, das        kationsteams unterstützen und hier einem
                       mir die Fahrkarte wieder in die Hand und ver-                                                       den jungen Menschen zugutekommt, ist eine         jungen Menschen die Chance auf eine Festan-
                                                                         Was wir alles in Prag am folgenden Tag bis
                       schwand. Als Delegationsleiter sagte ich der                                                        Investition in eine lebenswertere Zukunft für     stellung in Vollzeit bieten.
                                                                         zur unserer Abfahrt nach Krakau gesehen
                       Gruppe, sie soll einsteigen, wir müssten mit                                                        uns alle! Die Frage zielt auf 20.000 Euro – die
                                                                         und erlebt haben, das war begeisternd und
                       diesem Zug weiterreisen, weil wir mit einem
                                                                         für alle, die dabei waren, ein wertvolles Ge-     Eberhard Schulz: Ich wäre mit dieser Summe        aus Lublin. Vor über 40 Jahren wurde der
                       Transitvisum nur 24 Stunden im Land bleiben
                                                                         schenk, ein Zufall, den man im Rückblick mit      nicht zufrieden gewesen. Noch 30.000 Euro         Antrag gestellt, Lublin zur Partnerstadt zu
                       könnten. Der nächste Zug wäre für uns zu
                                                                         Recht als einen glücklichen bezeichnet.           dazu, das hätte gepasst.                          ernennen. Der Stadtrat ist dem Antrag nicht
                       spät gewesen. Die Abfahrzeit: am übernächs-
                       ten Tag, um 15:00 Uhr.                                                                              Mit einer Summe von 50.000 Euro hätten der        gefolgt.
                                                                                                                           SJR und seine Mitgliedsverbände ein unver-        Das „Internationale Augsburg Friedenscamp“
Eberhard Schulz                                                                                                            gleichliches „Internationales Friedenscamp        sollte im Rhythmus von 2 oder 4 Jahren,
Vorsitzender des SJR                                                                                                       für die Jugend Europas“ organisiert. Der          wie die Olympiade, verstetigt werden, mit
(1974 bis 1978)        Was war ihr persönlich größter Erfolg oder der größte
                       Erfolg des SJR während Ihrer Amtszeit?                                                              Termin: um den 8. August, das „Augsburger         starkem Lern- und Kulturprogramm, Kunst,
                                                                                                                           Friedensfest“.                                    Theater, Lernen aus der Geschichte etc. Und
                             Jonas Riegel: Den größten Erfolg auf        Vorstand zu Beginn meiner Amtszeit. Darauf        Eingeladen worden wären Jugendliche aus           Fußball sollte dort auch gespielt werden, weil
                                einen einzigen zu begrenzen wäre         aufbauend konnten wir den SJR bereits vor         den Partnerstädten von Augsburg und auch          er die Menschen zusammenbringt.
                                  vermessen. Denn in einer zwei-         dem externen Schock der Pandemie durch
                                   jährigen Amtszeit als Vorsitzen-      die gezielten Weiterentwicklungen in der
                                    der tut sich in den unterschied-     Digitalisierung letztlich auch fit für die Be-
                                    lichen Arbeitsbereichen, in          wältigung der Corona-Krise machen.
                                    denen der SJR tätig ist, viel.       Ganz aktuell zählt auch die Einigung in der
                                     Zu einem der mir persönlich         Verhandlung zu den Rücklagen des Stadt-
                                    wichtigsten Erfolge zählt die Neu-   jugendrings zu den Erfolgen, die während
                                   aufstellung der Strategiearbeit im    meiner Amtszeit erzielt wurden.

                              20    INTERVIEW HEUTE & DAMALS                                                         20                                                                                           INTERVIEW HEUTE & DAMALS           21
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