Gemeinsam, nicht einsam. WIR über Fürsorge und Pflege in einer älter werdenden Gesellschaft - AWO Bayern
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2•2020 DAS MAGAZIN #WIR MACHEN DER AWO BAYERN WEITER 74. Jahrgang des „Helfer“ In der DIE Es kann sehr anspruchsvoll sein Gemeinschaft ist es ein BEWOHNER mit dementen Men- schen zu arbeiten. Aber es ist auch sehr SIND SEHR bisschen wie früher daheim. befriedigend. Ich hoffe, dass TAPFER. die Anerkennung für die Pflege auch in Zukunft bleibt! DER BONUS IST DIE PFLEGE- Die Ange- NUR EIN TROPFEN AUF DEM HEISSEN STEIN. KRÄFTE GEBEN 200 hörigen PROZENT. fehlen. Die AWO in Bayern unterhält 143 stationäre Wir wünschen Altenpflegeeinrichtungen, Wir haben uns wieder mehr 52 ambulante Pflege Leben für unsere Wartezeiten Senior*innen. dienste, 70 Tagespflegen für unsere und 42 Einrichtungen Wohngruppen. mit Seniorenwohnen. 65 Prozent der zu Hause lebenden Pflegebedürftigen Danke an alle Haupt und werden ohne ambulanten Pflegedienst, aus- Ehrenamtlichen für Ihren VIELEN unermüdlichen Einsatz! schließlich durch Angehörige, betreut. DANK! DIE AWO IN UNTERFRANKEN ES GIBT EIN NEUES GEFÜHL Ausbildung Gemeinsam, nicht einsam. FÜR ZUSAMMEN GEHÖRIGKEIT. Altenpflegeschülerin WIR über Fürsorge und fühlt sich sehr wohl. Pflege in einer älter Corona Gute Nachrichten für werdenden Gesellschaft. viele Bewohner*innen.
WIR IN BAYERN WIR IN UNTERFRANKEN Aus der AWO 3 Landeskonferenz abgesagt + Hilfe für Editorial 11 Obdachlose Altenpflegeschülerin fühlt sich sehr wohl 14 Kamm-Stiftung prämiert gute Ideen + Neues im AWO Leben 16 Vereinsrecht + Schwierige Zeiten für die Bezirksjugendwerk 21 Kleinsten AWO Impulse 23 Unser Thema: Fürsorge und Pflege 6 AWO Menschen 28 Gemeinsam. Nicht einsam. Interview zum Service 33 Thema Pflege + Wir stehen für gute Pflege: Kreuzworträtsel 38 Fachleute berichten + Lehren für die Zukunft: Ein Heim kämpft gegen Corona Liebe Leserinnen und Leser, es sind besondere Zeiten. Noch nie in den vergangenen Jahrzehnten prägte ein Thema das öffentliche und private Leben so sehr, wie die Corona-Pandemie. Viele Fragen stehen seither im Raum, viele Fragen müssen noch gestellt werden zum ethisch-moralischen und rechtlichen Umgang mit der Krise aber auch zum Management durch die Gesundheitsbe- hörden und die Politik. Die Abwägung von Gütern, die Einschränkung der Grundrechte, die Verhältnismäßigkeit von Maßnahmen: Das alles erfordert irgendwann eine seriöse, sachliche und offene Debatte. Momentan überwiegen die Emotionen und die ständig sich verändernden aktuellen Herausforderungen vor Ort, gerade beim Thema Pflege, dem Schwerpunkt unseres aktuellen Mitgliedermagazins. Eigentlich waren dazu Reportagen aus verschiedenen Einrichtungen der AWO geplant, doch das Thema Corona hat alles überla- gert. Verständlich, denn gerade die Pflegeheime in Bayern waren im Frühjahr von dem Virus besonders betroffen. Die Mitarbeiter*innen in den Einrichtungen der Bayerischen AWO geben alles, um das Leben der Bewohner*innen trotz der vielen Einschränkungen weiter- hin lebenswert zu gestalten. Viele gute Initiativen sind entstanden. Motiviert sind auch die Schülerinnen und Schüler an den Pflegefachschulen der Hans-Weinberger-Akademie, die in Zeiten der Krise in den Heimen den Beruf mit all seinen Facetten erleben. Die Corona-Pandemie schließlich führt auch dazu, dass die Bayerische AWO ihren Zeitplan umwerfen muss. Die Eröffnung der Jubiläumsausstellung Macherinnen.Helferinnen. Frauen und die AWO ist auf den Herbst 2020 verschoben, die für den September in Nürn- berg einberufene Landeskonferenz ins kommende Frühjahr. Die Mitarbeiter*innen des AWO Landesverbandes organisieren vom Home-Office aus, was geht, halten Kontakt zu Behörden und Einrichtungen. Auch in den Bezirks- und Kreisverbänden wurden innovative Lösungen gesucht und gefunden, um das laufende Geschäft gut aufrecht zu erhalten. Haupt- und Ehrenamt arbeiten in vielen Regionen noch stärker als bisher zusammen und kämpfen gegen die Krise. Ich bin stolz auf all das, was von der AWO in diesen Zeiten geleistet wird. Ihr Thomas Beyer
Landeskonferenz 2020 abgesagt Die für 11. und 12. September 2020 in die Meistersinger- halle Nürnberg einberufene 27. Landeskonferenz der Arbei- terwohlfahrt in Bayern ist abgesagt. Dies hat der Engere Landesvorstand Ende März einstimmig beschlossen. Der Grund für diese langfristig zu treffende Entscheidung liegt darin, dass aus Fürsorge gegenüber den Beteiligten und auch wegen behördlicher Veranstaltungsuntersagungen AUS DER AWO bereits im ersten Quartal 2020 eine Vielzahl von AWO- Konferenzen abgesagt werden musste. Betroffen sind auch die Bezirkskonferenzen in Bayern. Eine Durchführung der Landeskonferenz ist rechtssicher aber erst dann mög- lich, wenn die hierzu einzuladenden Delegierten der Bezirksverbände zu diesem Zweck satzungsgemäß neu gewählt wurden. Gute Ideen in der Krise: Kamm Stiftung lobt Preise aus Viele gute Ideen haben Mitglieder und Ehren- amtliche der Bayerischen AWO entwickelt, um in Zeiten von Corona das Leben ein bisschen besser zu machen. Ob selbstgenähter Mundschutz oder Initiativen gegen die Traurigkeit von Senior*innen in Pflegeheimen: Vieles wurde unbürokratisch und schnell auf den Weg gebracht. Die 2017 in Erinnerung an den langjährigen Landes- und Ehrenvorsitzenden der Bayerischen AWO gegrün- AWO gegen Corona dete Bertold Kamm Stiftung will dieses Engage- ment belohnen: Sie stiftet fünf mal 200 Euro für Mit Musik, Briefen, Bildern und Initiativen wie gute Ideen in der Corona-Krise. dem Nähen von Mundschutz oder einem Ein- kaufsservice für Senior*innen haben AWO Aktive Für die Teilnahme reicht die Einsendung des in ganz Bayern in den vergangenen Wochen die Projektes mit einer kurzen Beschreibung und Herzen der Menschen erreicht. Danke! ein paar Fotos bis 20. Juli 2020 an die Bertold Kamm Stiftung c/o AWO Landesverband Geschäftsstelle Nürnberg, Bartholomäusstraße 26d, 90489 Nürnberg, Mail nicole.rossnagel@awo-bayern.de. Obdachlose brauchen Auswahlgremium ist der Stiftungsvorstand und Unterstützung der AWO Landesvorsitzende als Vorsitzender des Stiftungsrates. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Der Landesvorsitzende der Arbeiter- Die prämierten Ideen werden in der Ausgabe wohlfahrt (AWO) in Bayern, Prof. Dr. 3-2020 der WIR kurz vorgestellt. Thomas Beyer, hat die durch den Freistaat neu geschaffene „Stiftung Obdachlosenhilfe Bayern“ aufgerufen, Menschen ohne festen Wohnsitz in der Corona Krise zu helfen. Viele stünden ganz allein da. Die meisten Unter- künfte und Tafeln seien geschlossen. Als Mit- glied des Kuratoriums der neuen Stiftung regte Beyer an, die für 2020 vorgesehenen Mittel kurzfristig für konkrete Hilfsmaßnahmen für die Betroffenen zur Verfügung zu stellen. WIR • Das Magazin der AWO Bayern 3
DIE „WIR-REDAKTION“ AWO wirkt – Sie haben Anregungen, Lob oder Bayern hilft Kritik? Ihre Anmerkungen zum aktuellen Heft nehmen wir gerne auf. Es war ein Gespräch mit Folgen, das der AWO-Landes- Sie erreichen uns hier: vorsitzende Prof. Dr. Thomas Beyer Anfang März mit der „Augsburger Allgemeinen“ führte. Er verwies darin auf die AUS DER AWO Arbeiterwohlfahrt schwierige Situation vieler Senior*innen, die ganz alleine Landesverband Bayern e.V. leben und angesichts der Corona-Krise von Ausgangs- Edelsbergstraße 10, 80686 München beschränkungen besonders betroffen seien. In diesem Telefon 089 546754–0 Zusammenhang forderte er eine landesweite Koordinie- redaktion@awo-bayern.de rung der erforderlichen Unterstützungsmaßnahmen wie Einkaufs- und Besuchsdienste. Beyer sah hier unmittel- bar das Bayerische Sozialministerium gefragt.Selten war eine Initiative der Arbeiterwohlfahrt schneller am Ziel: Bereits am Tag darauf kam der Anruf aus dem Ministerium, man greife das auf, zwei Tage später gab es einen Runden Tisch bei Sozialministerin Carolina Trautner mit allen Bundestag bayerischen Wohlfahrtsverbänden und den Kommunalen ändert Vereinsrecht Spitzenverbänden. Geboren war die Aktion „Unser Soziales wegen Corona Bayern Wir helfen zusammen!“. Nach Anlaufschwierig- keiten legte das Ministerium eine Fördersumme von Was passiert, wenn die Vorstandsmitglieder eines 60.000 Euro für jeden Landkreis und jede kreisfreie Stadt AWO-Kreisverbandes laut Satzung alle vier Jahre neu zu auf, die eine Koordinierungsstelle einrichten. Mit gutem wählen sind, die Kreiskonferenz aber wegen des Corona- Erfolg. Der Anstoß für diese notwendige Verbesserung – Ausbruchs nicht wie geplant stattfinden kann? Bleiben auch er kam von der AWO. sie dann auch ohne Satzungsgrundlage im Amt bis die Konferenz nachgeholt werden kann? Dürfen Vorstands- Mehr Infos unter sitzungen eines Vereins in den Zeiten behördlicher Ver- www.stmas.bayern.de/ sammlungsverbote auch „online“, etwa per Videokon- unser-soziales-bayern/ ferenz stattfinden? Ist ausnahmsweise eine Beschluss- senioren/index.php und fassung im Umlaufverfahren zulässig, auch wenn die unter www.awo-bayern.de Satzung das an sich gar nicht vorsieht? Der Bundestag hat am 27. März 2020 ein Gesetz beschlossen, das diese und weitere Fragen löst, um Vereine auch in der Corona- Krise handlungsfähig zu halten. Das Gesetz lässt befristet bis Jahresende 2020 Abweichungen von den entsprechen- den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches zu. Auf sie kommt Der AWO Bundesverband hat hierzu Materialien es an entwickelt, die schnell über die Ausnahme- regelungen informieren. Junge Menschen, die im sozialen, pflege- Quelle: Paragraph 5 Gesetz zur #WIR rischen und gesundheitlichen Bereich tätig Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, MACHEN sind, rückt die neue Social Media Aktion „Here we Care“ der Hans-Weinberger Akade- Insolvenz- und Strafver- fahrensrecht, Bundes- WEITER mie der AWO in den Blick. Auszubildende in gesetzblatt 2020 Teil I, der Pflege, der Physiotherapie und im Bereich S. 569 DANKE! AN ALLE HAUPT- UND Erziehung schildern, welchen Einfluss Corona auf ihren Alltag hat und welche kreativen Wege sie finden, mit der Krise umzugehen. EHRENAMTLICHEN FÜR IHREN EINSATZ IN DIESER Unter #herewecare SCHWIERIGEN ZEIT (HWA = Here we are = Here we Care) sind die Short-Stories nachzulesen. 4 WIR • Das Magazin der AWO Bayern
455 KITAS HAT DIE AWO IN BAYERN AUS DER AWO Armut verfestigt sich im Leben Seit 1997 erstellt die AWO gemeinsam mit dem Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik (ISS) eine Langzeit- studie zur Kinderarmut. Nun sind die neuen Ergebnisse erschienen. Sie bestätigen, dass sich Armut bei Kinder und Jugendlichen auf alle Lebenslagen Kita per Video auswirkt. Das Risiko, arm zu bleiben ist bei Kindern und Jugendlichen, die aus einem armen Elternhaus stam- Die Kinder in den bayerischen Kitas werden seit März wegen der Corona-Pande- men, größer als das Risiko anderer mie nicht mehr flächendeckend betreut. Nur eine Notbetreuung wird aufrecht- junger Menschen, arm zu werden. erhalten. Schwere Zeiten für Familien, die Beruf und Betreuung im Spagat Armut ist kein Ergebnis individuellen stemmen müssen. „Wir hoffen sehr, dass sich die Situation so entwickelt, dass Versagens, sondern ein gesellschaft- wir die Kitas bald wieder für alle Kinder öffnen können“, sagt Stephanie Haan, lich strukturelles Problem. Referentin Kinder- und Jugendhilfe beim AWO Landesverband Bayern. Armut ist nicht der einzige Faktor, Ende April wurde die Regelung immerhin so gelockert, dass seither auch der die Lebenslage von Kindern und Alleinerziehende ihre Kinder wieder in die Kitas geben dürfen und Familien, Jugendlichen beeinträchtigt, aber in denen ein Elternteil in einem systemrelevanten Beruf tätig ist. „Die Öff- ein großer Risikofaktor, so die Studie. nung war richtig“ sagt Axel Geißendörfer, Leiter der Fachabteilung Kinder- Armutserfahrungen im Kindes- und tagesstätten beim AWO Bezirksverband Oberbayern. „Besonders für Allein- Jugendalter wirken sich auch auf das erziehende war das eine schwierige Situation“. junge Erwachsenenalter aus und haben negative Folgen auf Gesund- Der Bezirksverband hatte auf die Verfügung der Bayerischen Staatsregie- heit, Bildung und Selbstbewusstsein. rung sofort reagiert. Innerhalb weniger Tage wurde die Notbetreuung eingerichtet. 40 der 55 Einrichtungen blieben dafür geöffnet. Doch nur Um Armut von Kindern und Jugend- wenige der 4360 betreuten Kinder wurden in den ersten Wochen der lichen entgegen zu wirken, bedarf es Corona-Krise in die Kitas gebracht. „Die Eltern haben sehr verantwortungs- einer nachhaltigen Armutsprävention. voll reagiert und gut abgewogen“, so Geißendörfer. Arbeitsbedingungen von Eltern müssen so gestaltet sein, dass sie die Existenz In den Einrichtungen wurden die Teams geteilt. Während ein Teil in der der Familie sichern. Die Einführung Notbetreuung arbeitete, blieb der andere zuhause. Im Home-Office wurden einer einkommensabhängigen Kinder- Konzeptionen überarbeitet und Materialien erstellt. „Es war von Anfang grundsicherung würde das Armuts- an klar, wir müssen mit den Familien in Kontakt bleiben“, so Geißendörfer. risiko von Kindern senken. Dafür setzt So entstanden Materialien, die sich die Eltern als Idee und Anregung für die sich die AWO seit Jahren gemeinsam Beschäftigung des Nachwuchses zuhause herunterladen konnten. Krippen- mit anderen Verbänden ein. mitarbeiterinnen drehten Videos, lasen Bilderbücher vor und entsendeten virtuelle Grüße. Auch telefonisch blieb man in Verbindung. „All das und Kurzfassung der Ergebnisse zum die Medien sind wichtig und gut. Aber sie können den direkten Kontakt Download unter www.iss-ffm.de/ und den Besuch der Kita natürlich nicht ersetzen“, so Geißendörfer. „Ich publikationen wünsche mir, dass die medizinischen Studien bald Klarheit über das An- steckungsrisiko von Kindern bringen und wir dann hoffentlich unsere Kitas wieder aufmachen können“. WIR • Das Magazin der AWO Bayern 5
Gemeinsam, 29 Prozent der Pflegebedürftigen werden in einem Heim und 71 Prozent Die nicht einsam. zu Hause betreut. Leb Über Fürsorge und Andreas Czerny: Es sind auch in Einrichtungen der gu Pflege in schwierigen Bayerischen AWO Seniorinnen und Senioren an Corona erkrankt und gestorben, gerade in den ersten Wochen, Zeiten. ???????? als sich das Virus noch weitgehend ungehindert in PFLEGE Bayern verbreitete. Das war und ist für alle Beteiligten eine schlimme Zeit. Frau Erd, Herr Czerny, die Pflege bei der bayrischen AWO hat Haben Sie nachgeforscht, wo die Ursachen lagen? eine lange Tradition. In den 1950er Jahren bereits begann Andreas Czerny: Natürlich, wir stehen permanent mit der Aufbau professioneller Strukturen. Von damals bis heute: allen Trägern und Gesundheitsbehörden in Kontakt, haben Was hat sich entscheidend verändert? unsere Hygienekonzepte überprüft. Wir wissen heute, Anne Erd: Die Pflegeversicherung und der neue Pflege- dass die Erkrankungsraten in den Heimen korrespondier- bedürftigkeitsbegriff. Das waren zwei Meilensteine. Mit ten mit den Erkrankungsraten in der jeweiligen Region. Einführung der Versicherung wurde erstmals politisch anerkannt, dass die Absicherung der Pflege eine gesamt- Waren Pflegeheime, die mit dem Wohngruppenkonzept gesellschaftliche Aufgabe ist. Der neue Pflegebedürftigkeits- arbeiten, besonders betroffen? begriff, der 2017 definiert wurde, berücksichtigt neben Anne Erd: Das können wir definitiv verneinen. Natürlich den körperlichen endlich auch kognitive und psychische ist es in so einer Situation eine große Herausforderung, Beeinträchtigungen. Gleichzeitig stellt er die Selbstständig- eine Einrichtung mit einem Wohngruppenkonzept, bei keit und die Fähigkeiten pflegebedürftiger Menschen ins dem das soziale Leben der Bewohner*innen im Mittel- Zentrum. Das war eine gute und richtige Entwicklung, mit punkt steht, zu managen. Aber es wurde schnell reagiert. der eine langjährige Forderung der AWO umgesetzt wurde. Die Kontakte der Bewohner*innen wurden auf ein Mini- Andreas Czerny: Die AWO hat die Pflege über all die mum reduziert. Deshalb das Konzept in Frage zu stellen, Jahrzehnte weiterentwickelt. Unsere Altenhilfekonzepte wäre völlig überzogen. Im Gegenteil: Wir wollen, soweit wurden immer wieder angepasst und greifen die Bedürf- das mit Corona möglich ist, auch in Zukunft in unseren nisse der Menschen auf. Gerade beim Thema Demenz Einrichtungen so viel Normalität leben wie möglich. oder im Bereich kultursensible Pflege wird heute ganz Andreas Czerny: Die Corona Pandemie darf nicht dazu anders gearbeitet als noch vor einigen Jahren. führen, dass unsere Seniorenheime Bewahranstalten werden. Dagegen werden wir uns verwehren. Wir brau- Die Notwendigkeit, ins Heim zu gehen, verschiebt sich immer chen jetzt gute Konzepte, wie wir die Einrichtungen weiter nach hinten. Das ist gut, hat aber auch zur Folge, dass langsam wieder etwas öffnen können, wie wir wieder das Leben in den Heimen heute ganz anders aussieht, als Besuche und Kontakt mit Angehörigen ermöglichen noch vor ein paar Jahren. können. Dazu ist begleitend erforderlich, unser Personal Anne Erd: Das ist richtig. Das Durchschnittsalter in den und unsere Bewohner*innen regelmäßig und flächen- stationären Einrichtungen ist deutlich höher als früher, deckend testen zu können. Es braucht dazu dringend es liegt bei über 80 Jahren. Die Menschen sind, wenn sie mehr Testkapazitäten. Die Test-Ergebnisse müssen viel in eine Einrichtung ziehen, meist multimorbid erkrankt, schneller vorliegen. Personal, Bewohner und Angehörige haben meist schon einen hohen Pflegegrad und waren brauchen Sicherheit. oft vorher schon in der ambulanten Pflege. Entsprechend kürzer leben sie meist auch in unseren Einrichtungen. Diese Zeit gut zu gestalten, ist sehr wichtig und heraus- fordernd. Einrichtungen sind heute mehr denn je Orte der letzten Lebensphase und damit auch des Sterbens. Andreas Czerny ist seit Die aktuelle Situation hat die Pflege in den Blick gerückt. Von Januar 2020 Geschäfts- dem Corona-Virus sind überdurchschnittlich viele hochbetagte führer des AWO Landes- Menschen betroffen. Auch Heime der bayerischen AWO mussten verbandes. sich in den vergangenen Wochen damit auseinandersetzen. 6 WIR • Das Magazin der AWO Bayern
399.357 MENSCHEN IN BAYERN SIND e letzte Der Fachkräftemangel PFLEGEBEDÜRFTIG. ist in den nächsten Jahren eine große bensphase Herausforderung. ut gestalten. DIE KRISE MUSS DIE PFLEGE GANZ NEU IN DEN BLICK VON GESELLSCHAFT UND Wir POLITIK RÜCKEN. wünschen uns ???????? PFLEGE Normalität. Immerhin gibt es jetzt staatlicherseits einen Bonus für die Pflegekräfte. Was sagen Sie dazu? Selbstbestimmt Leben Andreas Czerny: Das ist toll, aber nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Er kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass Pflege entstand ursprünglich aus der Notwendig- die Pflege in den vergangenen Jahren eben nicht im Zen- keit, kranke und schwächere Mitglieder der eige- trum der politischen Aufmerksamkeit stand. Das hat sich nen Familie oder Gemeinschaft zu versorgen. auch in der Corona Krise gezeigt. Viele Seniorenheime wur- Erst Mitte des 20. Jahrhunderts entstanden die den erst nach den Kliniken mit Schutzausrüstungen und ersten Pflegeberufe. Der zunehmende Bedarf an Tests versorgt. Dadurch sind auch Mitarbeiter*innen er- geschulten Pflegekräften führte 1969 zur Schaf- krankt, was für sie persönlich, aber auch für die Versorgung fung des Berufsbildes Altenpfleger. unserer Bewohner*innen in manchen Einrichtungen sehr schwierig war. Die Mitarbeiter*innen geben dort geben Die AWO in Bayern engagiert sich seit Mitte der seit Monaten 200 Prozent. Und das unter ständiger Volllast. 1950er Jahre professionell in der Pflege. Anfang der 1960er Jahre entstanden die ersten Altenheime. Was muss jetzt passieren? Das erste war 1962 das Käthe Reichert Heim in Anne Erd: Es braucht mehr denn je eine gesamtgesell- Nürnberg. Weitere Einrichtungen folgten. Daneben schaftliche Debatte über die Pflege und auch eine höhere gibt es seit den 1960er Jahren offene Formen der Wertschätzung. Auch ohne Corona stellen der demografi- Altenhilfe wie Altenklubs, Nachbarschaftshilfe oder sche Wandel, die steigende Zahl pflegebedürftiger Men- auch Essen auf Rädern. Sie unterstützen Menschen schen und der gravierende Fachkräftemangel in der Pflege dabei, ihren Lebensabend zuhause zu verbringen. unser System vor erhebliche Herausforderungen. Die AWO fordert seit langem eine Reform der Pflegeversiche- Heute ist ein selbstbestimmtes Leben bis ins hohe rung mit einer Begrenzung des Eigenanteils in der statio- Alter der gesellschaftliche Anspruch - und eine Her- nären Pflege und eine Abgeltung der Behandlungspflege ausforderung. Denn der Anteil älterer Bürger*innen durch die Krankenkassen. Wir hoffen, dass die neue ge- steigt. 2030 wird jeder vierte, 2050 bereits jede neralistische Ausbildung, die ja nun zum Herbst starten dritte Mensch in Bayern über 65 Jahre alt sein. wird, dem Pflegeberuf mehr Anerkennung und Gleich- Zudem wächst die Zahl der Hochbetagten und der wertigkeit verschafft. Demenzpatienten. 2030 werden in Bayern mehr als 500.000 Menschen pflegebedürftig sein. Im Projekt „Leben im Alter – passgenaue Wohn- formen und individuelle Unterstützung“ hat die bayerische AWO zukunftsfähige Ideen für die Pflege Anne Erd arbeitet seit identifiziert. So setzt sie sich dafür ein, dass Pflege 18 Jahren beim AWO Landes- ganzheitlich gesehen wird und auch psychische verband Bayern als Referentin Altersveränderungen Berücksichtigung finden. für Entgelt in der Pflege. WIR • Das Magazin der AWO Bayern 7
Wir stehen Ich arbeite gern mit alten Menschen. Ich bin im ersten Jahr meiner Ausbildung zur Pfle- für gute Pflege gefachkraft. Die Ausbildung macht mir Freude. In dem AWO-Heim in Aschaffenburg, in dem ich meine praktische Zeit absolviere, lerne ich viel. Gerade jetzt, Die AWO in Bayern unterhält 143 stationäre Altenpflege- wo sich durch die Corona-Pandemie so vieles ver- einrichtungen, 52 ambulante Pflegedienste, 70 Tagespflegen ändert. Es kann schon in normalen Zeiten sehr an- und 42 Einrichtungen mit Seniorenwohnen. In ihnen spruchsvoll sein, mit dementen Menschen zu arbei- und für sie arbeiten Menschen, denen gute Pflege aus ten. Jetzt spürt man jeden Tag, dass sie unter der verschiedenen Perspektiven ein Herzensanliegen ist. Situation leiden. Die Stimmung ist oft gedrückt. Es ???????? WIR stellt drei von ihnen vor. ist nicht leicht, mit ihnen über die Situation zu kom- PFLEGE munizieren, weil sie vieles von dem, was sein muss, wie die Schutzmaßnahmen, nicht verstehen. Man merkt, dass die Angehörigen, dass der Besuch fehlt. Ich wünsche mir mehr Anerken- nung für die Pflege. Die Arbeit ist zurzeit stressiger, vor allem für die Kolleg*innen. Viele haben Kinder und eine echte Das Corona-Virus hat uns im März kalt erwischt, wir Doppelbelastung, obwohl wir in unserem Heim per- hatten es plötzlich mit zwei Verdachtsfällen zu tun sonell gut besetzt sind. Wir reden viel, das hilft. Als und es hat Tage gedauert, bis wir durch die Tests Azubi versuche ich in der Praxis so viel beizutragen, endlich Gewissheit hatten. Seit 2005 leite ich das wie möglich. Andererseits muss ich auch noch viel AWO Seniorenzentrum Antonius in Kümmersbruck lernen. Mit meinen Schulkollegen bin ich über die und den ambulanten Pflegedienst, so eine aufwüh- Sozialen Medien in Kontakt, das hilft. lende Zeit hatten wir noch nie. Doch es ist uns ge- glückt, das Virus in den Griff zu bekommen, durch Ich habe es noch keinen Tag bereut, mich für den gute Zusammenarbeit mit den Behörden, durch Pflegeberuf entschieden zu haben. Die Interaktion Disziplin und ein angepasstes Hygienekonzept. mit den alten Menschen macht mir Freude. Natür- lich weiß ich, dass in der Pflege zu arbeiten, be- Als das Gesundheitsamt Mitarbeiter*innen in deutet, früher oder später mit dem Tod konfron- Quarantäne schicken musste, habe ich selbst einige tiert zu sein. Aber das macht mir keine Angst, ich Tage auf der Station mitgearbeitet, um im Extrem- habe mich damit auseinandergesetzt. Das Sterben fall einspringen zu können. Die meisten Sorgen um gehört nun einmal zum Leben. unsere Bewohner*innen machten wir uns um Ostern herum, denn das gab es noch nie, dass wir an den Feiertagen die Türen geschlossen hatten. Niemand spazierte durch unseren schönen Garten. Gott sei WIR KOMMUNIZIEREN Dank konnten die Angehörigen über die Balkone mit MIT DEN ANGEHÖRIGEN unseren Bewohnern sprechen. Zudem kauften wir ÜBER FACEBOOK. DIE DEMENTEN für jeden Pflegebereich ein Handy, um den Bewoh- DAS KOMMT GUT AN. BEWOHNER ner*innen Videotelefonie zu ermöglichen. Erik Bachmann, 18 Jahre, Andrea Motzel, Leitung LEIDEN 1. Aus- aus Aschaffenbug, Auch auf Facebook sind wir aktiv und berichten AWO Seniorenzentrum AM MEISTEN. bildungsjahr an der Kümmersbruck aus unserem Alltag. Ich hätte nie gedacht, dass Hans-Weinberger-Akade- Erik Bachmann, das einmal so wichtig werden würde. Am meisten mie für Pflege Auszubildender an gerührt haben mich in den vergangenen Wochen der Hans-Weinberger- die Zuschriften von Kindern aus Schulen und Kitas Akademie für Pflege in der Umgebung, die an unsere Senior*innen gedacht haben. Es ist eine positive Seite der Krise, dass der Berufsstand mehr Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit bekommt. Hoffentlich bleibt das auch nach der Krise so. 8 WIR • Das Magazin der AWO Bayern
Das unterstützt Pflegebedürftige Der Berufsethos ist sehr hoch. und ihre Wir bilden seit Jahrzehnten junge Menschen in Angehörigen der Pflege aus. Dieses Jahr ist ein besonderes. Bis Mitte April wussten wir nicht, ob und wie wir die Pflegende Angehörige können sich Abschlussjahrgänge an unseren fünf Pflegefach- über die Fachstellen für Pflegende schulen in Bayern prüfen können, dabei ist das Angehörige und über die Pflegestütz- so wichtig, denn die jungen Menschen brauchen punkte in Bayern Beratung holen. PFLEGE nicht nur ihren Abschluss, sie werden auch dringend Diese sind auf der Seite des Bayerischen in den Einrichtungen und Heimen gebraucht. Gesundheitsministeriums unter www.stmgp.bayern.de/service/ansprech- In der Ausbildung an unseren Schulen und in den partner-und-fachstellen aufgelistet. Partnereinrichtungen lernen die angehenden Pflege- fachkräfte und Pflegefachhelfer*innen schon in Psychologische Online-Beratung den ersten Wochen, wie wichtig Hygiene ist. Krank- gibt die Internet-Plattform www.pflegen- heiten gehören in der Pflege schon immer dazu, und-leben.de/online-beratung-pflegen- auch Quarantäne, darin üben sich die Auszubilden- und-lebende den ohnehin, doch das Corona-Virus hat hier noch einmal neue Dimensionen gebracht. Viele Menschen machen sich derzeit Gedanken, ob Sie eine Patientenverfü- Viele der Azubis wurden in den vergangenen Wochen gung machen sollen, oder nicht. Infor- in den Heimen gebraucht und sind damit in eine mationen und Entscheidungshilfen bietet sehr stressige Zeit gekommen. Neben dem Lernen das Bundesgesundheitsministerium unter zu Hause gab es Praxis wie nie. Wir haben Ihnen www.bundesgesundheitsministerium.de/ Unterrichtsmaterial gesendet, sie in der Bearbeitung patientenverfuegung.html Hier gibt es begleitet und sie regelmäßig gefragt, wie es ihnen Infobroschüren zum Herunterladen, geht. Die Schulleitungen und Lehrkräfte haben hier außerdem Formulare zum Thema Vorsor- viel getan. gevollmacht sowie Textbausteine für eine Patientenverfügung. Wir spüren ein großes Berufsethos schon bei den Azubis, sie wollen helfen, sie Die Arbeiterwohlfahrt bietet seit 2011 wollen leisten. Wir müssen schauen, dass DIE PFLEGE- eine bundesweite und kostenlose Online- wir sie damit nicht zu schnell allein lassen. Pflege und Seniorenberatung an. SCHÜLER SIND Ungerecht wäre, wenn der Pflegebonus Das Beratungsportal www.awo-pflege- nur an examinierte Pflegekräfte gezahlt HOCH MOTIVIERT. beratung.de informiert und berät pfle- würde, nicht an die Auszubildenden. Mona Frommelt, gende Angehörige, Pflegebedürftige, Das wäre nicht motivierend. Direktorin der Hans- Seniori*nnen rund um das Thema Pflege Weinberger Akademie und Alter, Leistungsansprüche aus der der AWO Im Herbst starten wir mit der gener- Pflegeversicherung, Krankenversicherung, alistischen Pflegeausbildung, dann Sozialhilfe, Demenz oder Vorsorge. wird sich noch mehr ändern. Ich hoffe, dass dann die Alten- Für akute Krisen gibt es in allen pflege endlich auch das gleiche bayerischen Regionen Krisendienste und gute Image bekommt wie die Telefonseelsorge-Stellen, die rund um Krankenpflege in den Kliniken. die Uhr telefonisch erreichbar sind. Die Corona-Krise zeigt, was tagtäglich in Heimen geleistet wird. WIR • Das Magazin der AWO Bayern 9
Zurück ins IN UNSEREN WOHNGRUPPEN LEBEN WIR Alltagsleben GEMEINSCHAFT UND NORMALITÄT. „Wir wünschen eine gute Zeit“, steht handschriftlich auf einer schwarzen Tafel im Foyer der AWO-Senioren- betreuung in Langenzenn. Das Haus im Zentrum der mittelfränkischen Kleinstadt grüßt seine Besucher freund- ???????? lich. Große Glastüren und Fenster gliedern das moderne PFLEGE Gebäude, der vordere Eingang liegt zur Hauptstraße, gleich gegenüber ein Einkaufszentrum. Hier kaufen die Bewohner*innen gerne ein. Nur wenige Meter zu Fuß sind es über die Straße, ein Spaziergang für die Rüstigen und eine kleine Freiheit. Seit März ist alles anders. Die Türen der Einrichtung sind verschlossen, die Tafel im Foyer auf die Seite geschoben, damit das Personal im Laufschritt besser durchkommt. Der gemütliche Gemeinschaftsbereich im Erdgeschoss, sonst Mittelpunkt des Lebens, wo sich Bewohner, Ange- hörige, Besucher und Pflegekräfte zum Kaffeetrinken und Reden treffen, verwaist. Sieglinde Kerschbaum schiebt Leiterin Sieglinde Kerschbaum im Foyer einen Stuhl zur Seite und setzt sich. „Wir machen weiter, der AWO Seniorenbetreuung in Langenzenn. natürlich, aber es ist eine sehr schwere Zeit“, sagt die Das Heim litt besonders unter Corona. Leiterin der Einrichtung. Nicht mehr genügend Kraft Viele Gespräche wurden in den letzten Wochen mit Ange- 21 Menschen sind seit Beginn der Corona-Krise im hörigen und mit Mitarbeitern geführt, Auch das Wohn- in der AWO-Seniorenbetreuung in Langenzenn gestorben. konzept war immer wieder Thema. Seit Beginn an arbeitet Das Pflegeheim gehört damit zu den am meisten vom die Langenzenner Einrichtung mit Wohngruppen. Jedes Virus und seinen Folgen betroffenen in Bayern. Medien Stockwerk verfügt über einen gemeinsamen Wohnbereich berichteten, Heimleitung und Geschäftsführung des und eine gemeinsame Küche. Dort wird gekocht, werden Kreisverbandes gaben Interviews. Es gab wenige Vor- Beschäftigungsangebote gemacht, wird der Alltag gelebt. würfe, auch die Gesundheitsbehörden, die das Haus im Sieglinde Kerschbaum ist von der Idee überzeugt. „Das April auf den Kopf stellten, hatten kaum etwas zu be- ist das, was das Leben im Heim doch lebenswert macht. anstanden. Das Corona-Virus, es hat im Frühjahr eine Und damit haben wir uns hier in der Gegend auch einen Schneise geschlagen ins Leben vieler Heime, Schuldige guten Ruf gemacht.“ zu suchen, ist müßig. Wie das Virus nach Langenzenn kam, ist nicht geklärt. Und jetzt? Soll man wegen Corona all das aufgeben? In den vergangenen Wochen mussten die Bewohner in den 113 schwerstpflegebedürftige und hochbetagte Menschen Zimmern bleiben, Besuche waren verboten, statt gemein- leben im AWO Heim, einige von ihnen hatten dem Virus samem Mahlzeiten gab es das Tablett ans Bett. „Wir nicht mehr genügend Kraft entgegenzusetzen. Der Tod merken, wie den Menschen die sozialen Kontakte täglich gehört zum Alltag von Pflegeeinrichtungen. „In normalen mehr fehlen“, sagt Fabian Ziegler, stellvertretender Pflege- Jahren leben wir mit zwei bis drei Sterbefällen im Monat“, dienstleiter. „Viele bauen jetzt ab, weil das Leben fehlt“. sagt Sieglinde Kerschbaum. Jetzt waren es 21 in wenigen Wochen. „Man kann gar nicht beschreiben, was das für Um dem entgegenzuwirken und den Kontakt zu Angehö- ein Gefühl ist“. Auch viele Mitarbeiter*innen erkrankten, rigen wieder zu ermöglichen, hat die Einrichtungen ein zeitweilig musste zwei Drittel der Belegschaft in Quaran- Tablet angeschafft, wo nun regelmäßig Videochats durch- täne, nur durch Leiharbeiter*innen konnte der Betrieb geführt werden. Die Wohngruppen werden beibehalten, aufrechterhalten werden. der Alltag an die Coronasituation angepasst. Das familiäre Klima, es soll bleiben, im AWO Heim in Langenzenn. 10 WIR • Das Magazin der AWO Bayern
WIR Inhalt 12 AWO Leben IN UNTERFRANKEN Wussten sie schon, dass … • AWO macht Schlagzeilen • Baum und Bank gespendet • Kraftquellen in einer EDITORIAL / INHALT schweren Zeit Liebe AWO-Mitglieder, heute halten sie ein Heft in der Hand, das geprägt ist von den Ereignissen der Corona-Pandemie. Wir standen bei der Foto: AWO Bezirksverband Zusammenstellung der einzelnen Seiten vor dem Spagat, das Thema nicht aus den Augen zu verlieren, aber gleichzeitig auch von Ereignissen und Erlebnissen unserer Mitglieder zu berichten. 14 Ein Blick in die große weite Welt sollte Nähe tut gerade in Zeiten von Corona gut natürlich auch nicht fehlen. Zu intensiv waren die Einschränkungen für jede*n 14 Thema: AWO Schwerpunkt Altenpflegeschülerin fühlt sich sehr wohl Einzelne*n gewesen und sind es jetzt noch. Das öffentliche Leben so schnell 16 AWO Leben auf Null zu fahren, ist für viele Menschen Draußen-Andacht • Mobiler Bücherwagen • Ostergruß eine enorme Einschränkung. Keine Besu- aus Ochsenfurt • Koordinationszentrum hat alle Hände che von Angehörigen in Krankenhäusern voll zu tun • Restaurant im InHotel eröffnet • Jahres- hauptversammlung Ochsenfurt • Ferienprogramm des und Pflegeeinrichtungen mehr, keine Jugendwerkes • OV Schonungen erhöht Mitgliederanzahl Treffen der Seniorenkreise und keine Aus- flugsfahrten, keine Treffen in Cafés oder 22 AWO Impulse Gaststätten, das Leben hat sich in den AnsprechBar: Bilanz nach einem halben Jahr • letzten Wochen stark verändert. Aktion Mensch spendet zweites Fahrzeug • Spende des Doch die Krise bietet auch Chancen. So Würzburger Stadtverbandes • Bistro Belvedere wird sind Familien oder Freund*innen en- Inklusionsbetrieb • Jahresempfang des BVMW ger zusammengerückt, der telefonische Kontakt wurde intensiviert und die Ver- 28 Menschen Trauer um Corona-Tote • Viel Sympathie für das Pflege- bindung über Videoanrufe oder ähnliche personal im Hans-Sponsel-Haus • Bereichsleiterin im Hilfsmittel gesteigert. Viele Menschen Fernsehen • Spatenstich InHotel haben so das Gefühl, weiter am Leben teilzuhaben und das ist doch schon ein- mal ein guter Ansatz für die Zukunft. Redaktionsschluss für die nächste Ausga- Foto: Thomas Geuppert be ist der 15. Juni 2020 Ihr Matthias Ernst 32 Redakteur Kinder bemalen Ostereier für die Senior*innen in Pflegeeinrichtungen Kontakt: Tel: 0931-29938-247 32 Service (Di. und Do., 9–15 Uhr) Gute Werke • Ausstellung Frauen und die AWO • Mobil: 0176-38740644 Künstlerisch tätiger Pfleger • Jugendwerk Veranstaltun- E-Mail: matthias.ernst@ gen • Mitgliedervorteile • Rechtstipp awo-unterfranken.de WIR • Das Magazin der AWO Bayern 11
Wussten Sie schon, dass ... …es seit Neuestem eine AWO-Notfallbox gibt, in der …es Unterstützung für bedürf- alle ihre relevanten Daten zu tige pflegende Angehörige aktuellen Erkrankungen und von Stiftungen gibt? der entsprechenden Medika- Bei den aktuell geführten Dis- tion abgelegt werden kön- AWO LEBEN kussionen um die Probleme un- nen? So ist im Notfall durch seres Gesundheitssystems gerät die Rettungsdienste oder die aufopferungsvolle Arbeit Angehörige schnelle Hilfe mit pflegender Angehöriger leicht den richtigen Informationen aus dem Blickfeld der Öffentlich- möglich. Die Dose sollte nach keit. Oftmals befinden sich diese Möglichkeit im Kühlschrank Menschen an der Grenze ihrer aufbewahrt werden. Ein ent- Kraft und Belastbarkeit. Erho- sprechender Hinweis mit dem lung und Entlastung scheitern Lagerungsort ist am besten in häufig an den finanziellen Mög- der Wohnung an einem Tür- Foto: AWO Bezirksverband lichkeiten. Die 2006 gegründete holm oder an einer anderen Dr. med. Heide Paul-Toebel- sichtbaren Stelle anzubringen, mann Stiftung hat es sich zum sodass die Ersthelfer*innen Ziel gesetzt, bedürftige pflegende im Notfall sofort wissen, wo Angehörige bei der Regenerati- sie suchen müssen. on ihrer Kräfte zu unterstützen. Die AWO-Notfallbox kann In der neuen AWO-Notfallbox befinden So können zum Beispiel Mittel über die jeweiligen Ortsver- sich alle wichtigen Informationen für Erst- zur Finanzierung einer Kur oder eine, je nach Verfügbarkeit, helfer, wenn der*die Patient*in selbst zur Erholungsmaßnahme zur Verfü- bezogen werden. Auskunft nicht mehr in der Lage ist. gung gestellt werden, sofern die Kassen die Kosten dafür nicht tragen und die Pflegebedürfti- … das Würzburger Frauenhaus bedacht wurde? Bereits im Dezember 2019 gen dieses aus eigenen Mitteln spendete der AWO-Ortsverein Waldbüttelbrunn die hohe Summe von 2.000 nicht leisten können. Das Ange- Euro an das AWO Frauenhaus. Der Ortsvorstand fuhr zur Übergabe des symbo- bot richtet sich an Personen aller lischen Schecks an die Leiterin des Frauenhauses Brita Richl in die Geschäfts- Altersgruppen. stelle in der Kantstraße, die sich über die Spende sehr freute. Das Geld hatte Die Stiftung ist, als rechtsfähig der Ortsverein, der regelmäßig spendet, durch mehrere Aktionen gesammelt. und ausschließlich mildtätigen Zwecken dienend, steuerbe- günstigt anerkannt. Der ehren- amtliche Stiftungsvorstand setzt sich aus Personen zusammen, die in verschiedenen Bereichen zur Unterstützung von pflegen- den Angehörigen engagiert und beruflich oder privat mit dem Thema Pflege vertraut sind. Damit kann auf die für die Ver- wirklichung des Stiftungszweckes notwendigen Erfahrungen und Netzwerke zurückgegriffen wer- den, um die jeweilige Unterstüt- zung kurzfristig zu realisieren. Foto: Anna Stark Nähere Informationen und An- tragsformulare unter: https://hpt-stiftung.weebly.com 12 WIR • Das Magazin der AWO Bayern
Ortsverein Höchberg stiftet Baum und Bank Der Ortsverein der AWO, der im Jah- Kindergarten als Geschenk zu des- re 2018 sein 40-jähriges Bestehen sen 25-jährigem Bestehen über- feiern konnte, beschloss, dem Kin- geben. dergarten „Im Wiesengrund“ einen Aber damit nicht genug: der Baum Baum zu spenden. Die Spende kam AWO MACHT SCHLAGZEILEN sollte nicht nur zur Verschönerung genau richtig, denn es wurde dem des Umfeldes des Kindergartens Neue Sitzmöbel durch dienen, sondern mit einer Bank Fernsehlotterie AWO LEBEN sollte auch die Kommunikation un- ter den Eltern und Nutzern des Kin- Unter der Überschrift: „Bad Brü- dergartens gefördert werden. Und ckenau: Neues Mobiliar sorgt für so beschloss der Ortsverein, dem große Dankbarkeit bei AWO-Team Kindergarten zum Baum auch noch und Gästen“ berichtete die Main- eine passende Bank zu spendieren. Post am 6. März über neue Re- Foto: Gebhard Angele lax-Sessel in der Tagespflege in Die Kinder des Kindergartens „Im Bad Brückenau. Und weiter heißt Wiesengrund“ sind mächtig stolz es: „Die neuen Angebote werden auf ihre neue Sitzbank rund um den von den Gästen sehr geschätzt und Klimabaum. gut angenommen. Durch unser neues, modernes Mobiliar konnten wir die Zufriedenheit bei unseren Kraftquellen in einer schweren Zeit Gästen steigern, und auch die An- gehörigen werden durch die neuen Angebote noch mehr entlastet“, Aus Verantwortung und Fürsorge auf Kraus. Willi hat es derzeit ebenfalls freut sich Daniela Hauck. „So etwas Gemeinschaft verzichten – das gilt es schwer. Auch er darf keinen Besuch spricht sich natürlich herum und in dieser Zeit, in der unser aller Leben bekommen und auf Vieles, was wirkt sich letztendlich positiv auf von der Ausbreitung des Coronavirus für ihn sonst ganz selbstverständ- unsere Belegzahlen aus. Und das bestimmt ist; nicht ganz leicht bei- lich ist, muss er nun verzichten. So freut uns natürlich auch sehr.“ spielsweise in Senioreneinrichtungen. begibt er sich auf die Suche nach Wie man etwas Abwechslung in den Überlebenstipps, auf die Suche nach Gratulation einmal anders Alltag der Bewohner*innen bringen Kraftquellen, aus denen er schöpfen Unter der Überschrift: „Geburts- kann, zeigt ein Beispiel aus Bad Kis- kann. So rät ihm ein weiser älterer tags-Gratulation in Zeiten des Co- singen. Vom dortigen Parkwohnstift Mann, sich niemals unterkriegen zu ronavirus“ berichtet die Main-Post berichtet Alexandra Kraus von Aktionen lassen und einen eisernen Willen zu am 29. März über die ungewöhn- der Mitarbeitenden, um den Alltag der haben. Ein anderer Bewohner sagt lichen Geburtstagsgrüße von Pfar- Senior*innen etwas zu verschönern. ihm, man solle seinem Glauben im- rer Thomas Amrehm. Und weiter mer treu bleiben. Ein Beispiel ist ein Überraschungs- heißt es: „Ihren 95. Geburtstag besuch von Willi – der Therapie- Und so sucht Willi in den Wohnbe- konnte in diesen Tagen Elisabeth puppe, geführt eben von Alexandra reichen der stationären Pflege im Nickel feiern. In Gernach kennt sie Parkwohnstift weiter nach Kraft- jeder als „Nickels Elsa“: freund- quellen. Er schließt mit vielen Be- lich, aufgeschlossen und vielseitig tagten und Hochbetagten Freund- interessiert am Ortsgeschehen. schaften und berührt nicht wenige Seit gut einem Jahr wohnt sie im in ihrer Seele. Manche lassen sich AWO-Seniorenheim in Schweb- von ihm zu einer Fantasiereise über heim. Zum 95. Geburtstag gab es den Frühling einladen, andere zum eine Geburtstagsgratulation der gemeinsamen Singen. Er erfüllt besonderen Art: Weil es ein Be- Foto: Alexandra Kraus auch Wünsche von Bewohner*innen suchsverbot für Altersheime gibt, und den Mitarbeiter*innen. So lenkt kam Pfarrer Thomas Amrehn mit er ihre Gedanken auf Schönes. Auf einem Lautsprecher und Mikro- Dinge, die noch heil sind und aus phon vor das Fenster ihres Zim- denen man auch Kraft schöpfen mers und gratulierte der Jubilarin Handpuppe Willi ist eine willkom- kann. per Lautsprecher mit einem Ge- mene Abwechslung. burtstagslied.“ WIR • Das Magazin der AWO Bayern 13
AWO SCHWERPUNKT Foto: Matthias Ernst Zuwendung und Hingabe sind Grundvoraussetzungen für Pflegeberufe, so wie hier Altenpflegeschülerin Christine Page. Christine Page: „Ich habe mich bewusst für die Altenpflege entschieden“ Altenpflegeschülerin fühlt sich sehr wohl In der Diskussion über die Vereinheitlichung der Pflege- Die Berufung zur Altenpflege wurde bei Christine Page berufe gibt es auch Stimmen, die eher zu der alten, ge- durch eine Freundin geweckt. Vorher hatte sie schon trennten, Ausbildung tendieren. Eine davon ist Christine eine Ausbildung zur zahnmedizinischen Fachangestell- Page, die im ersten Lehrjahr im Würzburger Hans-Sponsel- ten absolviert. Dieser Beruf erfüllte sie aber nicht und Haus ihre Ausbildung zur Altenpflegerin absolviert. Sie ist dank des Hinweises einer Freundin, bewarb sie sich auf grundsätzlich gegen die generalisierte Ausbildung, wie eine Ausbildungsstelle als Altenpflegerin. sie ab dem kommenden Jahr von der Bundesregierung Diese begann sie in Estenfeld in einer Senioreneinrich- vorgeschrieben ist. Die Trennung der Pflegeberufe in der tung als Pflegehelferin und wechselte dann in die Ein- Ausbildung ist dann hinfällig. Egal ob Krankenpflege, Kin- richtung der AWO in Würzburg. Hier fühlt sie sich sehr derkrankenpflege oder Altenpflege, alles wird zusammen wohl und gut aufgehoben. ausgebildet und erst zu einem späteren Zeitpunkt, nach der Ausbildung, kann man sich fortbilden zu weiteren Spezia- list*innen. Frau Page, sie sind jetzt seit Anfang September 2019 im Hans-Sponsel-Haus als Altenpflegeschülerin tätig. Warum wollten sie gerade in dieses Haus? Hier fühle ich mich sehr wohl, die Patient*innen sind sehr unterschiedlich von den Anforderungen her und auch die Kolleg*innen passen hier einfach. Warum wollten Sie unbedingt Altenpflegerin werden? Fotos (4): AWO Bezirksverband Ich bin seit 2016 in der Pflege tätig und habe es bis jetzt nicht bereut. Es ist eine sehr schöne Arbeit, aber auch anstrengend. Was ist denn so anstrengend? Gerade jetzt in der Zeit des Cornavirus ist die Psyche Der Ton von Klangschalen beruhigt und eröffnet so sehr belastet. Die Bewohner sind sehr verunsichert und neue Welten. brauchen noch mehr Ansprache. Aber uns wird viel 14 WIR • Das Magazin der AWO Bayern
AWO SCHWERPUNKT Hilfe beim Ausfüllen von Anträgen ist auch eine Dienst- leistung in den Senioreneinrichtungen. von Seiten der AWO geholfen, wenn auch wir an unsere Grenzen kommen. Physikalische Therapie trägt zur Beweglichkeit der Gelenke bei. Was unternehmen sie denn mit den Patient*innen? Je nach Zustand spielen wir viel oder gehen auch mal Ja, ich finde mit der jetzigen Ausbildungsform wird das nach draußen. Aber am wichtigsten ist das Reden mit- Berufsbild viel besser vermittelt und die Schwerpunkte einander. Die Menschen spüren, wenn man sich ihnen in der Altenpflege können viel intensiver gelernt wer- zuwendet. Man muss mit dem Herzen dabei sein, das den. In der Würzburger Sanderau in der Julius Care sind ist das Geheimnis des Berufes. wir aktuell 25 Auszubildende im ersten Lehrjahr. Im kommenden Jahr kommen wahrscheinlich nochmal Wie sieht ihr weiterer beruflicher Werdegang aus? Wollen Quereinsteiger dazu. Dann brauchen wir zwei Klas- sie in der Pflege bleiben? sen. Alleine das zeigt doch schon, dass es genügend Bewerber für die Altenpflege gibt. In den drei Jahren Natürlich will ich in der Pflege bleiben. Nach der Aus- Ausbildung wird einem so viel vermittelt, dass der Beruf bildung zur Altenpflegerin würde ich mich gerne zur auch in Zukunft viel Spaß machen wird. Wenn alles nur Wundschwester fortbilden. Dieses Berufsbild habe ich noch generalisiert vermittelt wird, leiden die speziellen in meiner früheren Arbeitsstelle kennengelernt und hier Bedürfnisse der Altenpflege darunter und das finde ich sehe ich meine Schwerpunkte in der Zukunft. sehr schade. Sie haben sich bewusst für die spezialisierte Ausbildung zur Frau Page, wir danken ihnen für das Gespräch und wün- Altenpflegerin entschieden und nicht für die generalistische schen ihnen weiter so viel Freude bei der Ausbildung und Ausbildung. Gab es dafür Gründe? später im Beruf als Altenpflegerin. Gemeinsame sportliche Betätigung verbindet und schafft Abwechslung im Alltag. WIR • Das Magazin der AWO Bayern 15
Fotos: AWO-Seniorenzentrum Knetzgau AWO LEBEN Andacht im Garten und wer wollte konnte am Balkon den Worten von Gemeindereferentin Ilse Waldenmeier lauschen. Seniorenzentrum Knetzgau löst das Problem der Kontaktsperre auf innovativem Weg „Draußen Andacht“ gibt den Bewohner*innen Hoffnung „Die Situation ist für uns alle im Moment nicht leicht – wir meier der katholischen Pfarrei aus Knetzgau. Ihr liegt fühlen uns wie auf einem Schiff, das auf dem Meer treibt die Seelsorge der Bewohner*innen sehr am Herzen. Da – die Wetterprognose ist schlecht, aber keiner weiß, wann auch sie im Moment nicht die Einrichtung besuchen der Sturm losbricht und wie schlimm er wirklich wird“, darf, entwickelte sie die Idee vom Hof aus zu den Be- sagt Andrea Kuhbandner, Einrichtungsleiterin des Senioren- wohnern auf den Terrassen und Balkonen eine Andacht zentrums Ketzgau. „Dennoch versuchen wir, unseren Be- zu zelebrieren. wohnern Alltagsnormalität zu geben und es so angenehm Die Bewohner*innen konnten vorher ihre Wünsche und lebenswert wie möglich zu machen“. und Anliegen auf Papierflieger schreiben und in den Die wöchentlichen Gottesdienste sind dabei ein wich- Hof werfen. Diese sammelte Ilse Waldenmeier am Ende tiger Bestandteil des Lebens im Zentrum. Wegen der ein und übergab sie anschließend in der Knetzgauer Ausgangsbeschränkung entstand die Idee einer „Drau- Kirche im Gebet symbolisch an den Herrgott. „Das ge- ßen-Andacht“ von Gemeindereferentin Ilse Walden- meinsame Singen von bekannten Kirchenliedern, das gemeinsame Beten und der Segen Gottes hat unseren Bewohner*innen viel bedeutet“, resümiert Andrea Kuh- bandner. Gemeinsam mit Robert Beetz, Kommunionhelfer und Vorsitzender des AWO-Ortsvereins Knetzgau und mu- sikalisch unterstützt von AWO-Mitarbeiterin Karolin Schmitt gestaltete die Gemeindereferentin so eine Freiluft-Andacht, die für die Bewohner*innen noch viel mehr war, als eine willkommene Abwechslung des Alltags. Gerade in der Zeit der Besuchssperre in den Senioren einrichtungen ist jede gemeinsame Veranstaltung für Die Papierflieger mit den Wünschen der Bewohner*in- die Bewohner*innen der Häuser ein Glücksgefühl und nen wurden im Anschluss an die Andacht eingesammelt hilft die Situation besser zu meistern. Und so gab es und in der Kirche mit einem Gebet an den Herrgott viele glückliche Gesichter nach der Andacht im Senio- übereignet. renzentrum. 16 WIR • Das Magazin der AWO Bayern
AWO LEBEN Foto: Matthias Ernst Über einen Zuschuss der Bürgerstiftung Höchberg für einen mobilen Bücherwagen und die Herstellung einer Kräuterschnecke im Garten freute sich der Kindergarten im Wiesengrund. Kindertagesstätte erhält dank einer Spende der Bürgerstiftung neue Bücher für die Spracherziehung Mobiler Bücherwagen für die Kinder im Wiesengrund Groß waren die Kinderaugen, als kürzlich Stefan Baumeis- Aktuell steht der Wagen im Ruheraum, sodass sich die ter von der Sparkasse Mainfranken Würzburg zusammen Kinder mit den Vorlesenden hierhin zurückziehen kön- mit Bürgermeister Peter Stichler im Kindergarten Wiesen- nen, und zwar egal aus welcher Kindergartengruppe. grund in Höchberg auftauchte und einen großen Scheck Bei der Übergabe nahm sich Peter Stichler ein paar dabeihatte. Ganze 500 Euro kommen von der Bürgerstif- Minuten Zeit, um den anwesenden Kindern etwas vor- tung Höchberg als Unterstützung zur Anschaffung eines zulesen. Mit dabei waren auch Vertreter der Elternschaft mobilen Bücherwagens für die Spracherziehung der Kinder- und des Fördervereins, der sich ebenfalls an der An- gartenkinder. Der Wagen sei von beiden Seiten zu benut- schaffung beteiligte. Das Programm soll in Zukunft noch zen, führte Einrichtungsleiterin Christine Müller bei einem erweitert werden, so die Einrichtungsleiterin. Ortstermin aus. Die Spracherziehung nimmt im Kindergar- Außerdem wird mit der Spende eine Kräuterschnecke im ten einen immer größeren Raum ein und da kommen die Garten angelegt, sodass die Kinder mit ihren eigenen neuen Bücher gerade recht. Händen gärtnern können und so die Natur in ihrer gan- zen Pracht erleben. Kleine Freude für Ochsenfurter Senior*innen Eine kleine Freude in dieser schwierigen Corona-Zeit bescherte AWO-Seniorenleiterin Renate Schmittner den Besuchern des AWO-Seniorenclubs. Seit mehreren Wochen ist der „Club“ nun schon geschlossen, was für die meist allein stehenden Besucher*innen eine traurige Herausforderung ist. Die alljährliche Osterüberra- Foto: Renate Schmittner schung ließ Renate Schmittner dennoch nicht ausfallen: „Ich habe das Osterkörbchen den Senior*innen vor die Türe gestellt und ge- läutet, weg war ich”, so die Seniorenleiterin. Die anschließenden Dankesanrufe der Beschenkten erfreuten sie sehr. Sie hofft, dass der Spuk bald wieder vorbei ist und man sich wie gewohnt gemeinsam treffen kann. WIR • Das Magazin der AWO Bayern 17
Hier laufen alle Maßnahmen zusammen Das Koordinierungszentrum WirKT hat derzeit alle Hände voll zu tun Lisa Kriesinger hat derzeit alle Hände voll zu tun. AWO LEBEN Hier schneidet sie Material für Gesichtsmasken vor, die dann von ehrenamtlichen Näher*innen fertiggestellt werden. Lisa Kriesinger ist von der Hilfsbereit- schaft im Landkreis begeistert. Viele junge Menschen melden sich bei ihr und bieten ihre Hilfe an. Auch Flücht- linge wollen helfen, hat sie beobach- tet. Viele Einkaufsdienste für Senior*in- nen und Menschen mit Behinderung laufen bereits, auch leichte Garten- arbeit für eine im Rollstuhl sitzende Frau konnte schon vermittelt werden. Foto: Paulina Kriesinger Zusätzlich wurden Fahrdienste für Ge- müsehändler vermittelt werden. „Vie- len Gärtnern fehlten die Lieferanten“, erklärt Kriesinger. Ehrenamtliche mit Migrationshintergrund haben Gemü- sekisten gepackt, die am Sozialen Zaun Im Koordinierungszentrum WirKT in Kitzingen laufen die der Stadt, neben der Feuerwehr, kostenlos an Bedürfti- Fäden zusammen für alle die in der Coronakrise Hilfe ge verteilt wurden. brauchen oder bieten wollen. Lisa Kriesinger und ihre Das Hauptaugenmerk von Lisa Kriesinger war aber die Kolleginnen sammeln die Angebote der einzelnen Hilfs- Verteilung von Gesichtsmasken, die von Ehrenamtlichen gruppen im Landkreis und die Hilferufe der bedürftigen genäht wurden. „Wir sind hier zwischen die Ehren- Menschen und bringen beide Gruppen zusammen, so wie amtlichen und den Katastrophenschutz geschaltet“, sie es vor der Krise für alle Ehrenamtlichen bereits getan berichtet Kriesinger. Die ehrenamtlichen Näher*innen haben. Viele Helfergruppen haben sich in den letzten Tagen konnten ihre Masken in der Koordinierungsstelle in der gegründet. Sportvereine sind dabei, einige Vereinigungen Kitzinger Innenstadt abgeben. Dort wurden sie auch mit von „Eine Stunde Zeit“ und die Gruppe „Junge Leute aus neuem Material für die Arbeit versehen. Die fertigge- Kitzingen helfen“, die längst nicht nur in Kitzingen aktiv stellten Masken wurden an den Katastrophenschutz ge- ist. In Buchbrunn, Dettelbach, Hohenfeld, Mainbernheim, liefert. Von dort gingen sie vorrangig an Pflegeeinrich- Rödelsee, Schwarzach und Willanzheim bieten die jungen tungen, mobile Pflegedienste, Arztpraxen und natürlich Menschen ihre Dienste an, so Lisa Kriesinger. die Klinik Kitzinger Land. Beispielsweise rund 40 Helfer*innen hat Thalia Rose Die Koordinatorin für das ehrenamtliche Engagement mittlerweile in ihrer „Corona-Kartei“ stehen. „Gerade im Landkreis Kitzingen ist mit der Hilfsbereitschaft der in den ersten Tagen haben sich wahnsinnig viele Frei- Bürger sehr zufrieden. „Wir haben vieles abgedeckt“, willige bei mir gemeldet“, sagt die Biologie-Studentin. freut sie sich. Etliche Einsätze seien bereits angelaufen. Ein Stamm von etwa zehn Senior*innen melde sich regelmäßig Weitere Informationen über die einzelnen Hilfs und freut sich über den Einkaufsservice der jungen gruppen gibt es beim Koordinierungszentrum WirKT in Leute. „Wir hätten noch viel mehr Kapazitäten“, ver- Kitzingen. Homepage: www.ehrenamt-wirkt.de sichert Rose und betont, dass der Service ehrenamtlich oder Tel. 09321/9254284 oder 0160/ 3654416. und damit völlig kostenfrei für die Hilfesuchenden sei. Wer weitere Hilfsgruppen gründen oder Hilfe in „Manche ältere Menschen am Telefon wollten das nicht Anspruch nehmen will, kann sich auch an die Mail: glauben“, sagt sie und muss schmunzeln. info@ehrenamt-wirkt.de wenden. 18 WIR • Das Magazin der AWO Bayern
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