Österreichische Gesellschaft für Meteorologie 2018/1 - WegenerNet

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Österreichische Gesellschaft für Meteorologie 2018/1 - WegenerNet
2018/1

Zum Titelbild: WegenerNet Station Nr. 154 am Kapfensteiner Kogel. (Foto: Wegener Center 2018)

Österreichische Gesellschaft für Meteorologie
Österreichische Gesellschaft für Meteorologie 2018/1 - WegenerNet
ÖGM bulletin 2018/1                                                                                       1

 Impressum                                           Inhalt
 Herausgeber und Medieninhaber:
 Österreichische Gesellschaft für                    Vorwort
 Meteorologie                                          Fritz Neuwirth . . . . . . . . . . . . . . . .     3
 1190 Wien, Hohe Warte 38                            Die ZAMG bei den Olympischen Spielen -
 http://www.meteorologie.at/                         INCA Kurzfristprognosen für Pyeongchang
 Redaktion:                                          2018
 Fritz Neuwirth                                        Benedikt Bica . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
 Österreichische Gesellschaft für
                                                     WegenerNet – Klimaforschungsregion seit
 Meteorologie
                                                     mehr als 10 Jahren
 1190 Wien, Hohe Warte 38
                                                        Thomas Kabas, Jürgen Fuchsberger, Gott-
 fritz.neuwirth@gmx.at
                                                     fried Kirchengast, Christoph Schlager und
 Michael Kuhn                                        Christoph Bichler . . . . . . . . . . . . . . . 8
 Institut für Atmosphären- und
                                                     Die Prognose der 2-m Temperatur im
 Kryosphärenwissenschaften,
                                                     ECMWF-Modell
 Universität Innsbruck
                                                       Thomas Haiden . . . . . . . . . . . . . . . 16
 6020 Innsbruck, Innrain 52
 Gerhard Wotawa                                      Habilitation von Dr. Douglas Maraun
 Zentralanstalt für Meteorologie und                  Fritz Neuwirth . . . . . . . . . . . . . . . . 21
 Geodynamik                                          Bericht zur 11. Klimatagung des DWD
 1190 Wien, Hohe Warte 38                              Ernest Rudel . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
 Technische Umsetzung:
                                                     Neuigkeiten aus der Europäischen Meteoro-
 Christian Maurer
                                                     logischen Gesellschaft EMS
                                                       Fritz Neuwirth . . . . . . . . . . . . . . . . 25
 Redaktionsschluss für das ÖGM Bulletin
 2018/2 ist der 30. Oktober 2018. Um Beiträge        Bericht über die 38. Sitzung des Rats der
 wird gebeten. Wenn möglich, verwenden Sie           Europäischen Meteorologischen Gesellschaft
 bitte LATEX! Eine Vorlage samt Style-File ist auf   EMS
 der ÖGM-Website verfügbar.                            Fritz Neuwirth . . . . . . . . . . . . . . . . 26

                                                     Buchrezension
                                                       Fritz Neuwirth . . . . . . . . . . . . . . . . 28

                                                     Universitätsabschlüsse
                                                        . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

                                                     Geburtstage 2018
                                                        . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

                                                     Wien, im Juni 2018
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8                                                                      ÖGM bulletin 2018/1

Wegener Center

WegenerNet – Klimaforschungsregion seit
mehr als 10 Jahren
Thomas Kabas, Jürgen Fuchsberger, Gottfried Kirchengast,
Christoph Schlager und Christoph Bichler

Einleitung                                     wurde im Jahr 2006 beginnend mit 150
                                               Messstationen errichtet. Die nunmehr 155
S   eit 2007 wird die kleinregionale Wetter-
     und Klimaentwicklung im Rahmen des
WegenerNets beobachtet. Anfangs in der
                                               Messstationen bilden ein engmaschiges
                                               Netz – eine Station pro ca. zwei Quadratkilo-
Südoststeiermark in der Fokusregion Feld-      meter – und erstrecken sich insgesamt über
bach aufgebaut, erfolgte ab 2010 eine Er-      ein Gebiet von ca. 22 km x 16 km. 153 von
gänzung durch das kleinere Schwesternetz       den 155 Messstationen werden vom Wege-
Johnsbachtal im Gebiet Nationalpark Ge-        ner Center und zwei Stationen vom Österrei-
säuse/Ennstal, sodass nunmehr in zwei Re-      chischen Hydrographischen Dienst (AHYD)
gionen hoch aufgelöste Daten von meteo-        betrieben. Die zeitliche Grundauflösung der
rologischen Variablen erhoben werden. Der      Messwerte beträgt 5 Minuten. Die Stations-
nun vorliegende Datensatz von mehr als         standorte sind in Anlehnung an ein Stati-
einem Jahrzehnt stellt bereits eine einma-     onsraster angeordnet (siehe Abbildung 1).
lige neue Ressource für eine Vielzahl an       Die mittlere Distanz zur nächstgelegenen
Forschungs- und Anwendungsmöglichkei-          Nachbarstation beträgt ungefähr 1,4 km. Es
ten dar. Auf den nachfolgenden Seiten erfol-   wird zwischen mehreren Stationstypen un-
gen eine kurze Vorstellung des WegenerNets     terschieden, an welchen unterschiedliche
und eine Zusammenschau von ausgewähl-          Sensoren installiert sind. Die Grundpara-
ten Studienergebnissen mit weiterführender     meter stellen dabei Lufttemperatur, Nieder-
Literatur. Detaillierte Beschreibungen zum     schlag und relative Luftfeuchte dar. Diese
WegenerNet finden sich in Kirchengast et al.    werden an 128 Basisstationen und nahezu
(2014) sowie auf der WegenerNet Homepage       allen weiteren Stationen erhoben. An 11 Ba-
www.wegcenter.at/wegenernet (inklusive         sisspezialstationen werden außerdem Bo-
Publikationsliste von genannten und weite-     denparameter, an 13 Primärstationen auch
ren Studien).                                  Windparameter und an der Referenzstation
                                               eine Reihe weiterer Parameter wie Luftdruck
WegenerNet Feldbachregion                      und Strahlungsbilanz gemessen. In Abbil-
                                               dung 1 sind die Stationen des Partnerbetrei-
Die   WegenerNet Feldbachregion (FBR)          bers AHYD und auch der ZAMG markiert,
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ÖGM bulletin 2018/1                                                                             9

deren Daten eine wichtige Ergänzung und
Vergleichsmöglichkeit in der Datenaufberei-
tung darstellen.

                                                    Abb. 2: Übersichtskarte der Messstationen im
                                                    WegenerNet Johnsbachtal. Kennzeichnung der
                                                    Stationen in Grün (abwärts gerichtete Dreie-
                                                    cke: Wegener Center Stationen, aufwärts ge-
Abb. 1: Übersichtskarte der Messstationen in
                                                    richtete Dreiecke: AHYD, Kreise: Nationalpark
der WegenerNet Feldbachregion. Kennzeich-
                                                    Gesäuse, Quadrate: ÖBB/Lawinenwarndienst,
nung der Basisstationen als rote Kreise, Basis-
                                                    Stern: ZAMG), des Einzugsgebiets Johnsbachtal
spezialstationen als abwärts gerichtete Dreiecke,
                                                    in Blau, der Grenze des Nationalparks Gesäuse
Primärstationen als aufwärts gerichtete Dreie-
                                                    in Rot und der Umrandung des Kerngebiets in
cke, Referenzstation als Quadrat, Stationen des
                                                    Schwarz. (Grafik: Wegener Center 2018)
Österreichischen Hydrographischen Dienstes als
grüne Kreise und Vergleichsstationen der ZAMG
als blaue Sterne. (Grafik: Wegener Center 2018)      Datenprozessierungs-System

WegenerNet Johnsbachtal
                                                    Die Datenaufbereitung erfolgt in einem au-
                                                    tomatisierten Prozessierungssystem. Dieses
Das    WegenerNet Johnsbachtal (JBT) um-            reicht von der Datenübertragung und Ein-
fasst 11 meteorologische Stationen (plus ei-        speisung in eine Datenbank, über die Qua-
ne hydrographische Station), welche vom             litätskontrolle bis hin zur Erstellung von Da-
Wegener Center und weiteren Partneror-              tenprodukten. Um Wetter- und Klimadaten-
ganisationen in einem Höhenbereich von              produkte zu erhalten, werden die Daten zu-
unter 700 m bis über 2100 m betrieben               nächst einer ganzen Reihe von automati-
werden (siehe Abbildung 2). Als Grund-              sierten Qualitätstests unterzogen. Bei ein-
parameter werden Lufttemperatur, Nieder-            wandfreier Qualitätsmarke fließen die nati-
schlag, Luftfeuchte, Schneehöhe sowie eini-         ven Daten dann in die zeitliche Aggregati-
ge Wind- und Strahlungsparameter gemes-             on (Mittelung bzw. Aufsummierung) ein. Für
sen. Die zeitliche Grundauflösung beträgt 10         FBR und JBT stehen die Wetter- und Kli-
Minuten und Messwerte liegen teilweise seit         madaten danach als qualitätsgeprüfte Sta-
Oktober 2010, teilweise seit Januar 2007 vor.       tionsdaten zur Verfügung. Für die FBR er-
                                                    folgt zudem die weitere Ableitung und Auf-
Österreichische Gesellschaft für Meteorologie 2018/1 - WegenerNet
10                                                                        ÖGM bulletin 2018/1

bereitung von Gitterdaten (200 m x 200 m         fortabel lange Zeiträume analysiert werden.
UTM-Koordinatensystem). Für beide Gebie-         Abbildung 3 zeigt Beispiele für Datenportal-
te werden außerdem hochaufgelöste Wind-          Grafiken der Niederschlagsdaten dreier
felder (100 m x 100 m UTM) berechnet (sie-       Messstationen mit zunehmender zeitlicher
he Abschnitt Forschungsbeispiele). Eine nä-      Auflösung. Zunächst in Abbildung 3A die
here Beschreibung der Datenaufbereitung          Jahresdaten für die 10 Jahre 2007 bis 2016,
findet sich in Scheidl (2014) und Fuchsber-       wo das Jahr 2009 mit einer Niederschlags-
ger et al. (2018) sowie auf der Website www.     summe von 1390 mm an Station 54 (westli-
wegcenter.at/wegenernet .                        cher Rand der Region) hervorsticht. Auffällig
                                                 ist auch, dass am östlichen Rand der Regi-
WegenerNet Datenportal                           on (Station 84) mit rund 1200 mm fast 200
                                                 mm weniger Niederschlag gemessen wurde.
Der Zugriff auf die Daten erfolgt über das       Abbildung 3B zeigt die Monatsdaten rund
WegenerNet Datenportal, das seit 2017 in         um das Jahr 2009; auffällig hier der Juni 2009
neu entwickelter moderner Form zur Ver-          mit über 250 mm Niederschlag. Die Tages-
fügung steht (www.wegenernet.org ). Dort         daten für dieses Ereignis sind in Abbildung
können einerseits die Stationsdaten als          3C zu sehen, wo einerseits der Zeitraum 22.-
Zeitreihen geplottet und andererseits die        24. Juni mit ca. 130 mm und andererseits
Gitterdaten als Felder dargestellt werden.       auch der Zeitraum 3.-4. August mit ungefähr
Außerdem ist ein Download der Daten mög-         der gleichen Menge Niederschlag herausra-
lich. Die Auswahl der gewünschten Sta-           gen. Weitere Details sind in den Stunden-
tionen erfolgt benutzerfreundlich über ei-       und 5-Minuten-Daten (Abbildung 3D und
ne zoombare Karte (mit wählbarem Hin-            Abbildung 3E) zu sehen.
tergrund wie z.B. Basemap, OpenStreetMap
und Orthofotos). Die aktuellen Messwerte         Forschungsaktivitäten und Ausblick
werden in einer Stations-Detailansicht an-
gezeigt, wo auch die Stationskoordinaten         Da      das WegenerNet als Langzeit-
und weitere Informationen einsehbar sind.        Feldexperiment für hochauflösendes Moni-
Detaillierte Zeitreihen der einzelnen Mess-      toring von Wetter und Klima angelegt ist,
Parameter werden als zoombares Diagramm          können viele Forschungsaktivitäten zum
ausgegeben. Es können verschiedene zeit-         Klima- und Umweltwandel und seinen Aus-
liche Auflösungen (von 5-Minuten über             wirkungen von diesen verlässlich verfügba-
Halbstunden-, Stunden-, Monats-, Saison-         ren Daten profitieren. Eine in den letzten
bis zu Jahresdaten) ausgewählt werden. Er-       Jahren zunehmend an Bedeutung gewin-
gänzend können zusätzliche hilfreiche Kar-       nende Anwendung der WegenerNet Daten
ten bzw. Gitterdatensätze wie zur Topo-          ist beispielsweise die Nutzung zu Evaluie-
graphie (digitales Geländemodell) und zur        rungszwecken. Begründet in der räumlich
Landbedeckung/Landnutzung herunter ge-           und zeitlich hohen Auflösung sowie der fort-
laden werden.                                    schreitenden Länge des FBR-Datensatzes
                                                 wurden Ergebnisse aus dem WegenerNet in
Visualisierungsbeispiel – Niederschlagsdaten     einer ganzen Reihe an Analysen eingebun-
                                                 den. Nachfolgend werden ausgewählte Stu-
Durch die Möglichkeit, die Daten am Da-          dien für den Parameter Niederschlag und –
tenportal in unterschiedlicher zeitlicher Auf-   als weiteres Entwicklungsbeispiel – die Ab-
lösung abzurufen, können schnell und kom-        leitung von Windfeldern angeführt, ehe ab-
                                                 schließend noch ein kurzer Ausblick erfolgt.
Österreichische Gesellschaft für Meteorologie 2018/1 - WegenerNet
ÖGM bulletin 2018/1                                                                        11

Abb. 3: Niederschlag an drei West bis Ost über das Gebiet verteilten WegenerNet Stationen (54,
Westrand; 77, Zentrum; 84, Ostrand) mit zunehmender zeitlicher Auflösung (A-E). (Grafik: Wegener
Center 2017)

Forschungsbeispiele – Niederschlagsanalysen     Tagesdaten des WegenerNet 2007-2014 mit
                                                Messwerten der ZAMG und des Österreichi-
                                                schen Hydrographischen Dienstes (AHYD)
Zur Beurteilung der Datenqualität sei auf       durch. Als Referenz dienten zwei ZAMG und
den unerlässlichen Vergleich mit Messer-
                                                drei AHYD Stationen, deren Niederschlags-
gebnissen aus einer unabhängigen Refe-
                                                daten jeweils mit den vier umliegenden We-
renz hingewiesen. Beispielsweise führten O
                                                generNet Stationen verglichen wurden. In
et al. (2018) eine Gegenüberstellung von
12                                                                           ÖGM bulletin 2018/1

den Resultaten zeigte sich eine hohe li-             schlagsstrukturen, wie sie durch die Kom-
neare Korrelation zwischen den Datensät-             bination von Wetterradar basierten Messda-
zen, wobei die WegenerNet Stationen aber             ten mit Daten aus herkömmlichen Boden-
zu einer Unterschätzung der Niederschlags-           Niederschlagssensoren erfolgt, ist für vie-
menge tendierten. Unter der Annahme ei-              le Anwendungen von großem Interesse. In
nes systematischen Bias und der Korrektur-           Kann et al. (2015) wurden Resultate aus
Nutzung des linearen Zusammenhangs (li-              dem Forecast-System rapid-INCA (rapid In-
near regression-slope correction) konnte je-         tegrated Nowcasting through Comprehen-
doch eine Reduktion der Abweichung um                sive Analysis) mit den hoch auflösenden
ca. 80 % erzielt werden (siehe Abbildung             Messungen aus dem WegenerNet vergli-
4). Auf Basis der Ergebnisse führten wei-            chen. Sowohl in Einzelereignis-Fallstudien
tere Analysen zu einer verbesserten Da-              als auch in einer längeren Validierungsperi-
tenaufbereitung und somit einer Qualitäts-           ode (Sommerhalbjahr 2011, April bis Sep-
steigerung der Niederschlagsdaten sowie zu           tember) konnte dabei eine deutliche Un-
einer 2016 komplettierten Erneuerung der             terschätzung der Niederschlagsmenge in
Niederschlags-Sensoren.                              rapid-INCA Analysen gezeigt werden (Un-
                                                     terschätzung der 5-min-Regensummen von
                                                     über 30 % im Sommerhalbjahr).
                                                        In O et al. (2017) erfolgte in Zusammen-
                                                     arbeit mit der NASA eine Evaluierung von
                                                     Satellitenmessungen (Kombination aktiver
                                                     und passiver Mikrowellensensoren sowie In-
                                                     frarotsensoren) aus dem Global Precipita-
                                                     tion Missions (GPM) Programm Für zwei
                                                     Gitterzellen (0,1 x 0,1 Grad) der Integrated
                                                     Multi-satellite Retrievals for GPM (IMERG)
                                                     Datenprodukte wurden halbstündliche Nie-
                                                     derschlagsdaten im Zeitraum April-Oktober
                                                     2014 und 2015 mit WegenerNet Daten eva-
Abb. 4: Evaluierung der Niederschlagsmessun-         luiert (rund 40 WegenerNet Stationen je Git-
gen von ausgewählten WegenerNet Stationen ge-        terzelle). Die Ergebnisse, in denen u.a. Ten-
genüber Messstellen von ZAMG (Z298, Z244)            denzen zur Unterschätzung durch IMERG
und AHYD (H4102, H4100, H4150). Dargestellt          bei höheren Niederschlagsraten und Ab-
sind die absolute Abweichung (bias), der relati-     weichungen in zeitlichen Ereignis-Verläufen
ve Bias (rbias) und die Steigung (slope) resultie-   deutlich werden, liefern einen wichtigen
rend aus einer linearen Regressionsgeraden vor
                                                     Beitrag für ein besseres Verständnis von
(x) bzw. nach (o) einer Bias-Korrektur. Verschie-
                                                     Unsicherheiten und zur Verbesserung des
dene Niederschlagssensoren sind farblich mar-
                                                     quasi-global (60 °N bis 60 °S) verfügba-
kiert (schwarz, blau, orange). Mittelwerte sind
angegeben (Beschriftung rechts, ave_b vor, ave_a
                                                     ren Satellitendatensatzes für künftige Ana-
nach Korrektur) und als rote Linie eingezeich-       lysen. Auch die kürzlich erschienene Stu-
net; vor Korrektur (punktiert) bzw. nach Korrek-     die von Tan et al. (2018), in welcher Nieder-
tur (strichliert). (Quelle: O et al. 2018)           schlagsraten aus dem GPM Dualfrequenz-
                                                     Radar gegenüber drei Niederschlagsmess-
Die    Analyse von konvektiven Nieder-               netzen von hoher räumlicher Dichte evalu-
                                                     iert wurden, profitierte maßgeblich vom We-
ÖGM bulletin 2018/1                                                                        13

generNet. Dieses stellte die beste und um-     nig vertikaler Bewegung der Luftmassen,
fassendste Referenzdatenqualität bereit und    wie z.B. bei einer Inversionswetterlage, um-
zeigte u.a. systematische Biase der Satelli-   strömt der von Süden kommende Wind den
tendaten auf. In der Studie wurde auch jener   Steinberg (Abbildung 5b). Im Vergleich dazu
Zeitversatz sichtbar, den der Niederschlag     verursachen instabile Wettersituationen ei-
aus Wolkenhöhen bis hinunter zur Erdober-      ne Überströmung der hügelförmigen Erhe-
fläche benötigt.                                bung (Abbildung 5a).
   Abschließend sei an dieser Stelle zum         Die Modellergebnisse wurden anhand
einen auf eine Sensitivitätsanalyse zu Ex-     unabhängiger Winddaten der ZAMG Statio-
tremniederschlägen in Südostösterreich von     nen und ausgewählter WegenerNet Statio-
Schroeer et al. (2017) verwiesen und zum an-   nen evaluiert. Die Statistiken in der FBR zei-
deren auf die Studie von Hohmann et al.        gen aufgrund des sehr dichten Stationsnetz-
(2018), welche für das Einzugsgebiet Stei-     werkes eine gute Übereinstimmung der mo-
risches Raabtal anhand des Hydrologiemo-       dellierten und gemessenen Windgeschwin-
dells WaSiM untersucht hat, wie die Dürre-     digkeiten und Windrichtungen. Der WPG er-
neigung in der Südoststeiermark bei Klima-     zeugt automatisch für beide Regionen alle 30
wandel weiter zunimmt. Eine Auflistung von      Minuten Windfelder in einem Raster von je-
weiteren Arbeiten ist auf der WegenerNet       weils 100 m x 100 m. Diese sind für die FBR
Homepage bereitgestellt (www.wegcenter.        ab 2007 und für das JBT ab 2012 am Da-
at/wegenernet).                                tenportal des WegenerNets abrufbar (www.
                                               wegenernet.org).
Forschungsbeispiele – Windfeldapplikation
                                               Ausblick
Eine neu entwickelte Windfeld-Applikation
(der Wind Product Generator, kurz WPG)         Die   angeführten Studien sind nur einige
ermöglicht nun neben den bestehenden           Beispiele dafür, dass viele Projekte zur Erfor-
Wetter- und Klimadatenprodukten die au-        schung des Klima- und Umweltwandels und
tomatische Erzeugung von hochaufgelösten       seiner Auswirkungen, aber auch die Wet-
Luftströmungsfeldern der beiden Regionen.      terbeobachtung und hydrologische Anwen-
Der WPG zieht die Daten der Windstationen      dungen, vom WegenerNet profitieren. Ei-
als Ankerpunkte heran und berechnet (mit       ne ganze Reihe weiterer Studien und An-
dem diagnostischen Modell “CALMET“) un-        wendungen sind schon geplant, was hier
ter Berücksichtigung der geografischen Ge-      für einige Nutzungen seitens des Wegener
gebenheiten, wie Berge und Täler, Landbe-      Centers, gemeinsam mit PartnerInnen, noch
deckung, Sonneneinstrahlung, Temperatur        kurz als Ausblick angeführt wird; dies soll
und Luftdruck, flächenhafte Luftströmun-        auch zu weiteren Nutzungen anregen.
gen in 10 m Standardhöhe und nach Bedarf         Diese  Studien nutzen die Forschungs-
auch darüber (Schlager et al. 2017).           Laborregion „Einzugsgebiet Steirisches
   Eine Windfeld-Berechnung rund um den        Raabtal“ unter anderem für Fragestellun-
Steinberg in der FBR verdeutlicht Luft-        gen zu hydrologischen Änderungen durch
strömungsänderungen in Abhängigkeit von        Klimawandel in der jüngeren Vergangenheit
Wetterbedingungen (siehe Abbildung 5).         und in Zukunft.
Unter stabilen Bedingungen und damit we-
14                                                                            ÖGM bulletin 2018/1

Abb. 5: Südströmung in Richtung des Steinbergs südöstlich der Stadt Feldbach bei (a) instabiler (10.
August 2008) und (b) stabiler (7. Februar 2011) bodennaher Luftschichtung; gezeigt sind horizon-
tale (v, schwarz) und vertikale (w, blau) Windkomponenten in 10 m (oben) und 50 m (mittig) über
Grund. Vertikalschnitt der v-w Windvektoren in Nord-Süd-Richtung in 10- und 50-m Höhenschich-
ten über dem Steinberg (unten), inklusive farbig schattierter Temperaturkonturen. (Quelle: Schlager
et al. 2017)
ÖGM bulletin 2018/1                                                                                                                       15

Beispielsweise starteten sechs neue diese                               auch das WegenerNet JBT, eine zweite wich-
Region nutzende Dissertationen im Jahr                                  tige Untersuchungsregion.
2018. Alle diese Arbeiten kooperieren im                                   Daneben wird 2018 bis 2021 in ver-
Rahmen des bzw. stehen in enger Beziehung                               schiedenen Projekten beispielsweise die
zum FWF Doktoratskolleg Klimawandel                                     Verbesserung von Wetterradardaten (u.a.
(http://dk-climate-change.uni-graz.                                     Zirbitzkogel-Radar für West- und Südost-
at), für das 2017 eine Verlängerungsphase                               Steiermark, Forschungsradar des Insti-
bis 2022 bewilligt wurde. Dieses wird vom                               tuts für Geographie) sowie von Satelliten-
Wegener Center führend mitgetragen und                                  Niederschlagsdaten voran getrieben (NASA
befasst sich interdisziplinär mit Unsicher-                             Zusammenarbeit, vgl. O et al. 2017; Tan et al.
heiten und Schwellenwerten bei Klimaän-                                 2018). Auch ist geplant, gemeinsam mit der
derungen sowie mit Strategien zur Bewälti-                              ZAMG an der Verbesserung der hoch auflö-
gung des Klimawandels. Für Fragen zu Kli-                               senden Wetter-Analysen des INCA Systems
maänderungen sowie zu Wetter- und Kli-                                  weiter zu arbeiten. Mit Blick auf all diese Vor-
maextremen (z.B. Starkniederschläge, Dür-                               haben, und zahlreiche weitere, bleibt nur
ren, Hangrutschungen) ist neben dem Stei-                               mehr dem WegenerNet auch für das zwei-
rischen Raabtal mit dem WegenerNet FBR                                  te Jahrzehnt eine weiter so gedeihliche Ent-
auch das Steirische Ennstal, insbesondere                               wicklung und Nutzung zu wünschen!

Literatur:
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