Steuerung der ärztlichen Weiterbildung und Berufsausübung in Zeiten von "Ärzteknappheit" - Nomos eLibrary

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Steuerung der ärztlichen
Weiterbildung und Berufsausübung
in Zeiten von „Ärzteknappheit“
Eine systematische Untersuchung internationaler Erfahrungen

PETER BERCHTOLD,                     Fachliche und geografische Fehlverteilungen ärztlicher
CHRISTOF SCHMITZ,                    Ressourcen und deren Folgen werden seit langem vielerorts
ANIK A REICHERT,
VOLKER AMELUNG                       diskutiert. Forschungsziel dieser Studie war es, Erfahrungen
                                     in sieben Ländern zu Bedarfsanalysen und Steuerung
PD Dr. Peter Berchtold ist
­Co-Geschäftsführer des              der ärztlichen Weiterbildung und Berufsausübung
 ­College für Management             auszuwerten. Medizin und die ärztliche Versorgung haben
  im Gesundheitswesen
  (College.M) in Bern                sich in den vergangenen Jahrzehnten zu stark differenziert,
                                     als dass man die fachliche und geografische Verteilung der
Christof Schmitz ist ­ist Co-
Geschäftsführer des College          ärztlichen Ressourcen weiterhin nur der professionellen
für Management im Gesund-            Selbstorganisation überlassen kann. Eine Steuerung
heitswesen (College.M) in
Bern                                 der ärztlichen Weiterbildung und Berufsausübung wird
                                     deshalb in allen Ländern als notwendig erachtet. Die Studie
Anika Reichert ist wissen-
schaftliche Mitarbeiterin im         fasst die wesentlichsten Erfahrungen zu diesem Thema
inav – privates Institut für         zusammen und diskutiert die sich daraus ergebenden
angewandte Versorgungsfor-
schung in Berlin                     Schlussfolgerungen für eine erfolgreiche Steuerung
                                     der ärztlichen Weiterbildung und Berufsausübung.
Prof. Dr. Volker E. Amelung
ist Professor für Gesund-
heitssystemforschung an der
Medizinischen Hochschule             Ausgangslage                                                    Entwicklung wurde zusätzlich durch zu-
Hannover, Abt. Epidemio-                                                                             meist besser planbare Arbeitszeiten und
logie, Sozialmedizin und             Über Jahrzehnte blieb die Gestaltung der                        attraktivere Einkommensrelationen der
Gesundheitssystemforschung           Aus- und Weiterbildung wie auch die Be-                         Spezialdisziplinen forciert.
und Vorstandsvorsitzender            rufsausübung weitgehend der ärztlichen                             Dies blieb nicht ohne Einfluss auf die
des Bundesverbandes Mana-            Selbstregulation überlassen, um vor allem                       ärztliche Weiterbildung. Universitätskli-
ged Care e.V. in Berlin. Prof.       dem Anspruch professioneller Autonomie                          niken beispielsweise die eine maximale
Amelung ist Mitherausgeber           gerecht zu werden. Die eindrücklichen                           Spezialisierung anstrebten, bewirkten
der Zeitschrift Gesundheits-         medizinisch-technischen Entwicklungen                           damit eine Verschiebung der Prioritäten
und Sozialpolitik                    der vergangenen Jahre verringerten jedoch                       in der ärztlichen Aus- und Weiterbildung
                                     die disziplinären Überlappungen und ver-                        weg von der Generalisierung hin zur Spe-
                                     stärkten gleichzeitig die Fragmentierungen                      zialisierung. Gerade bei Berufen, die stark
                                     in der Versorgung. Hinzu kommt, dass die                        auf intrinsischer Motivation und persön-
                                     medizinisch-technischen Entwicklungen                           licher Identifikation aufbauen, spielt die
                                     die Attraktivität der Spezialdisziplinen                        Prägung während der Aus- und Weiterbil-
                                     enorm erhöhte, gleichzeitig aber jene der                       dung eine zentrale Rolle. Die aus- und wei-
                                     Grundversorgenden verringerte. Diese                            terbildenden Kliniken stellen als Vorbilder

                                                https://doi.org/10.5771/1611-5821-2015-5-27
                                        Generiert durch IP '46.4.80.155', am 20.10.2021, 12:46:01.                 G+S      5/2015           27
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damit häufig genau das Gegenteil von dem       erung ärztlicher Ressourcen aus fachlicher                      ■■   Werden gezielte Maßnahmen eingesetzt
dar, was später in der flächendeckenden        sowie geografischer Sicht insbesondere                               um die fachliche und regionale Vertei-
Versorgung benötigt wird.                      auf Ebene der ärztlichen Weiterbildung.                              lung der Ärzte zu steuern? Was sind
   Noch heute werden angehende Ärzte           Zentraler Orientierungspunkt der Arbeit                              Gründe und Herangehensweisen? Wird
im Medizinstudium von dieser Kultur            war die Leitfrage, welche Formen und                                 der Erfolg der Maßnahmen gemessen?
beeinflusst, sodass in fachlicher Hin-         Methoden der Bedarfsanalysen sowie
sicht ein Überangebot an spezialisierten       der Steuerung der ärztlichen Weiterbil-                         Zunächst wurde dazu eine systematische
Ärzten und geografisch betrachtet ein          dung und Berufsausübung (fachlich und                           Recherche in der elektronischen Daten-
Überangebot in urbanen Zentren inter-          geografisch) international mit welchen                          bank MEDLINE für den Zeitraum Janu-
national diskutiert wird1.                     Ergebnissen zur Anwendung kommen.                               ar 1980 bis Juli 2013 durchgeführt. Die
   Neben den beschriebenen professions-                                                                        Suchstrategie orientierte sich an dem PI-
internen Dynamiken verstärken demo-            Fragestellung und Methodik                                      COS-Format (Population, Interventions,
grafische Entwicklungen in der Gesell-                                                                         Comparators, Outcomes, Study design)
schaft (z.B. Zunahme älterer Menschen          Forschungsziel der Studie war es, Er-                           des Centre for Review and Dissemination
und chronischer Krankheiten) sowie in          fahrungen aus Ländern auszuwerten, in                           (CRD) und kombinierte folgende Mesh-
der Ärzteschaft (z.B. Rückzug der „Baby        welchen die Verteilung der verschiede-                          Terms zu einer umfassenden Suchstrate-
boomer“ aus dem aktiven Berufsleben)           nen medizinischen Fachspezialisten, der                         gie3: graduate medical education, career
die Situation. Waren in der Mehrzahl           Grund- und Spezialversorgung sowie in                           choice, health care reform, assessment
der Länder zunächst Ärzteschwemme              den geografischen Regionen gezielt be-                          of health care needs, health manpower,
der Ausgangspunkt aller Bedarfspla-            einflusst oder gesteuert wird. Dazu wur-                        credentialing, internship and residency,
nungsüberlegungen, gibt es heute kaum          den insgesamt sieben Länder (Australien,                        physician incentive plans, health services
ein Land, das nicht zumindest drohende         Dänemark, Deutschland, Frankreich,                              needs and demand, physicians regional
Unterversorgung von Ärzten diskutiert.         Litauen, Niederlande, United Kingdom)                           health planning, physicians, supply and
Der Angebotsmarkt hat sich in einen            hinsichtlich folgender Fragestellungen                          distribution, government regulation.
Nachfragemarkt gewandelt.                      analysiert:                                                     Daneben wurden zusätzliche, relevan-
   Vor diesem Hintergrund wuchs in den                                                                         te Beiträge manuell über das Sichten
vergangenen Jahren in vielen Ländern           ■■   Wie wird das quantitative Verhältnis                       von Referenzlisten und grauer Literatur
die Erkenntnis, dass eine Steuerung der             der Ärzte zwischen Fachdisziplinen                         gewonnen.
professionellen Ressourcen Vorausset-               und regional im Land von den un-                              Ergänzend dienten semistrukturierte
zung für eine sichere und bedarfsgerechte           terschiedlichen Interessensvertretern                      Interviews mit Experten aus allen sie-
Gesundheitsversorgung sein wird2. Je-               wahrgenommen? Welche Fachrich-                             ben Ländern sowie Vertretern auch eu-
doch besteht bislang wenig internatio-              tungen bzw. Regionen sind über- oder                       ropäischer Ebene dazu, die politischen
naler Austausch über das Wissen und die             unterrepräsentiert?                                        Interessenlagen unterschiedlicher Sta-
Erfahrungen mit der gezielten Steuerung        ■■   Erfolgt in dem Land eine (systema-                         keholder im Rahmen der ärztlichen Be-
ärztlicher Ressourcen. Wir erarbeiten in            tische) Bedarfsermittlung/-planung?                        darfsplanung abzubilden. Die Experten
diesem Artikel einen Überblick über inter-          Welche Instrumente, Annahmen und                           kamen aus den Bereichen Ministerium/
nationale Strategien hinsichtlich der Steu-         Szenarien werden angewendet?                               Politik, ärztliche Fachvertretung, Wei-
                                                                                                               terbildungsinstitutionen, Kostenträger
                                                                                                               oder Wissenschaft/Think Tank. Die In-
 Abbildung 1: Flow-Chart Systematischer Literaturreview
                                                                                                               terviews wurden telefonisch orientiert an
                                                                                                               einem Leitfaden durchgeführt.
                                                                                                                  Insgesamt wurden im Rahmen der
                                                                                                               systematischen Recherche 2.509 Artikel
                                                                                                               extrahiert und nach ihrer Relevanz in
                                                                                                               Bezug auf die Forschungsfrage gescreent
                                                                                                               (Abbildung 1). Von den verbleibenden 74
                                                                                                               Publikationen (3%) wurden die Volltexte
                                                                                                               hinsichtlich der Einschlusskriterien er-
                                                                                                               neut gesichtet. Artikel waren relevant für
                                                                                                               die Volltextanalyse, sofern sie einen der
                                                                                                               folgenden Themenbereiche abdeckten:

                                                                                                               ■■   Faktoren der ärztlichen Karriereent-
                                                                                                                    scheidung (Fachdisziplin, Ort/Art der
                                                                                                                    Berufsausübung)
                                                                                                               ■■   Instrumente zur Steuerung der ärzt-
                                                                                                                    lichen Karriereentscheidung
                                                                                                               ■■   Methoden, Effekte und Implikationen
 Quelle: Eigene Darstellung                                                                                         von Angebots- und Bedarfsplanung
                                                                                                                    ärztlicher Ressourcen

                                                       https://doi.org/10.5771/1611-5821-2015-5-27
28         G+S     5/2015                      Generiert durch IP '46.4.80.155', am 20.10.2021, 12:46:01.
                                        Das Erstellen und Weitergeben von Kopien dieses PDFs ist nicht zulässig.
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                                                                                                             sind also durch den Beruf selbst stark
 Tabelle 1: Ein- und Ausschlusskriterien der systematischen Literaturrecherche
                                                                                                             motiviert, mit entsprechenden Lebenszie-
                                                                                                             len und dem Streben nach einflussreichen
                                                                                                             Positionen. Außerberufliche Aspekte
                                                                                                             wie Familie und Freizeit scheinen bei
                                                                                                             diesen Ärzten weniger bedeutsam, im
                                                                                                             Gegensatz zu jenen, deren Karrierewahl
                                                                                                             auf Psychiatrie, Allgemeinmedizin und
                                                                                                             Gynäkologie fällt4.
                                                                                                                Eine häufig geführte Debatte handelt
                                                                                                             um die Bedeutung der (prospektiven) Ge-
                                                                                                             haltshöhe und der Attraktivität der Freizeit
                                                                                                             bei der Karrierewahl. Grundsätzlich gilt,
                                                                                                             dass ökonomische Anreize Einfluss auf
                                                                                                             die Entscheidung zur fachlichen Karriere
                                                                                                             haben und demnach auch ein wirksames
                                                                                                             Instrument zur Beeinflussung der Karrie-
 Quelle: Eigene Darstellung                                                                                  reentscheide darstellen können5. Gleiches
                                                                                                             gilt aber auch für Freizeitperspektiven
                                                                                                             bzw. Planbarkeit der Arbeitszeiten. Jun-
In die Auswertung wurden schließlich         Rolle bei der Wahl der fachlichen Spezia-                       ge Ärzte in der Weiterbildung scheinen
26 Studien (1%) eingeschlossen. Die          lisierung spielt erwartungsgemäß das Ge-                        zunehmend Fachdisziplinen zu präferie-
Studien zeichneten sich insgesamt durch      schlecht, gefolgt von Karrieremotivation                        ren, die Aussicht auf höhere Einkommen,
eine starke Heterogenität aus sowohl         und Lebenszielen. Ärztinnen präferieren                         aber auch gesicherten jährlichen Urlaub
hinsichtlich ihres Untersuchungsfokus        zunehmend Pädiatrie, Gynäkologie/Ge-                            und planbare Arbeitseinsätze bieten. Im
als auch bezogen auf die methodischen        burtshilfe und Anästhesie, während die                          Unterschied zu früher wird bei der heu-
Ansätze. Ein Großteil der Studien um-        männlichen Kollegen eher chirurgische                           tigen Ärztegeneration der Anspruch auf
fasste qualitative Fragestellungen. Daher    Fachdisziplinen wählen. Das Karriere-                           (planbare) Freizeit sogar höher gewich-
erfolgte die Auswertung rein deskriptiv      ziel „Grundversorger“ liegt bei Ärzten                          tet als jener auf bessere Gehaltsaussicht.
entsprechend den CRD Richtlinien für         (7,9%) wie bei Ärztinnen (9,3%) auf den                         Insbesondere in den grundversorgenden
systematische Reviews basierend auf he-      hinteren Rängen4.                                               Disziplinen scheint Planbarkeit und auch
terogenen Studien3.                              Ärzte mit dem Ziel einer chirurgischen                      Verkürzung der Wochenarbeitszeit ein
                                             Disziplin oder Anästhesie zeichnen sich                         zunehmend wichtiges Entscheidungskrite-
Faktoren der ärztlichen                      durch eine starke Karrieremotivation aus,                       rium für junge Ärzte zu sein5. Hier bietet
Karriereentscheidung
Ein Großteil der Literatur (n=14) befass-      Tabelle 2: Übersicht der Faktoren bei der Wahl der Fachdisziplin
te sich mit den Faktoren, die Einfluss
auf die Entscheidung der Karrierewahl
des angehenden Arztes während seiner
Aus- und Weiterbildung nehmen. Die
Karrierewahl hat dabei einerseits eine
fachliche (Wahl der Spezialisierung) und
andererseits eine regionale Komponente
(Wahl der Praxisregion).

Wahl der Spezialisierung
Viele angehende Ärzte entwickeln meist
erst innerhalb der ersten beiden Weiter-
bildungsjahre eine verbindliche Vorstel-
lung über ihr Spezialisierungsziel. Mit-
entscheidend ist dabei, welche Praktika
sie während des Studiums gemacht haben
und wie sie dort betreut wurden. Die dort
gewonnenen Kontakte werden häufig
später wieder genutzt. Im vierten Weiter-
bildungsjahr hatten sich einer Schweizer
Studie zufolge 84% der Ärzte auf ein
                                               Quelle: Eigene Darstellung
Karriereziel festgelegt4. Eine bedeutende

                                                        https://doi.org/10.5771/1611-5821-2015-5-27
                                                Generiert durch IP '46.4.80.155', am 20.10.2021, 12:46:01.                  G+S     5/2015            29
                                         Das Erstellen und Weitergeben von Kopien dieses PDFs ist nicht zulässig.
Steuerung der ärztlichen Weiterbildung und Berufsausübung in Zeiten von "Ärzteknappheit" - Nomos eLibrary
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sich eine Chance für Ärztenetzwerke, die      Die Studienergebnisse machen deut-                              schließlich die Problematik der Beset-
im Vergleich zu traditionellen Hausarzt-   lich, dass künftige Interventionen zur                             zung ländlicher Regionen mit schlechter
Praxen auf dem Land vor allem bessere      Steuerung der ärztlichen Weiterbildung                             Anbindung an Metropolen thematisiert
Möglichkeiten für Teilzeitarbeit, Team-    auch darauf fokussieren sollten, At-                               (8 von 10).
arbeit und Kooperation eröffnen6.          traktivität und Image unterbesetzter                                  Erfahrungen aus Ländern mit schwer
   Erfahrungen eines deutschen Projek-     Fachdisziplinen und insbesondere der                               zu versorgenden Regionen zeigen über-
tes zur Sicherstellung der allgemeinme-    Allgemeinmedizin zu fördern und den                                einstimmend, dass eine Niederlassung
dizinischen Versorgung der Gesundheits-    Bedürfnissen einer neuen, jungen und                               in ländlichen Regionen bei Ärzten, die
ministerkonferenz der Länder bestätigen,   zunehmend weiblichen Generation von                                selbst eine ländliche Herkunft haben sehr
                                                      Ärzten gerechter zu werden.                             viel wahrscheinlicher ist als bei solchen
                                                      Eine entscheidende Rolle bei                            ohne diese. Jedoch spielen auch Faktoren
   Eine Niederlassung in                              der Imagesteigerung der Allge-                          wie die ländliche Herkunft des Partners,
   ländlichen Regionen ist bei                        meinmedizin dürfte den neuen                            Praxiserfahrungen in ländlichen Regio-
                                                      Versorgungs- und Praxisfor-                             nen während der Aus- und Weiterbildung
   Ärzten mit ländlicher Herkunft men wie Ärztenetzen und Me-                                                 oder finanzielle Anreize eine Rolle8-11
   sehr viel wahrscheinlicher als                     dizinische Versorgungszentren                              Analoge Erfahrungen finden sich be-
                                                      zukommen. Ökonomische An-                               züglich der Bereitschaft junger Ärzte,
   bei Ärzten ohne diese.                             reize spielen bei der ärztlichen                        sich später in Regionen niederzulassen,
                                                      Karrierewahl eine Rolle und                             wo sie sozial schwache Patientengruppen
dass finanzielle Anreize allein nicht aus- sind als Steuerungsinstrument wirksam,                             und ethnische Minderheiten zu betreuen
reichen. Das Förderprogramm sah eine sollten allerdings nicht als isolierte Maß-                              haben. Junge Ärzte, die selbst einer eth-
bundesweite finanzielle Unterstützung nahme, sondern in Kombination mit an-                                   nischen Minderheit zugehörig sind oder
von jährlich ca. 3000 Weiterbildungsstel- deren Aspekten wie Arbeitsgestaltung                                Praxiserfahrung mit solchen Patienten-
len im Bereich der Allgemeinmedizin vor. und Work-Life-Balance-Überlegungen                                   gruppen während der Weiterbildungs-
Nur knapp zwei Drittel der Fördermittel zum Einsatz kommen5.                                                  zeit sammelten, fühlten sich besser auf
wurden überhaupt beansprucht und die                                                                          die besonderen Anforderungen dieses
Zahl der Primärversorgungsniederlas- Wahl der Praxisregion                                                    Patienten-Klientels vorbereitet und lies-
sungen sank trotzdem weiter. Viele jun-                                                                       sen sich mit höherer Wahrscheinlichkeit
ge Ärzte emigrierten eher ins Ausland Speziell bei jungen Ärzten mit dem Kar-                                 später in einer solchen Region nieder12 .
oder wählten aufgrund von Work-Life- riereziel „Praxistätigkeit“ stellt sich die                                 Bei der Untersuchung der relativen
Balance-Überlegungen alternative Kar- Frage nach der Wahl der Praxisregion.                                   Bedeutung einzelner nicht-monetärer
rierewege7.                                Hierbei wird in der Literatur fast aus-                            Faktoren ergeben sich für die ersten
                                                                                                              Ränge Möglichkeiten zu mehr Team-
 Tabelle 3: Übersicht der Faktoren zur Wahl der Praxisregion                                                  work, mehr Freizeit bzw. weniger Not-
                                                                                                              fall-Diensten. Monetäre Faktoren wie
                                                                                                              ein höheres Einkommen rangierten bei
                                                                                                              Ärzten in Weiterbildung auf Rang 1 und
                                                                                                              bei praktizierenden Allgemeinärzten auf
                                                                                                              Rang 313,14.
                                                                                                                 Weitverbreitete Steuerungsmaßnah-
                                                                                                              men sind Förderprogramme zur Rekru-
                                                                                                              tierung und Ansiedelung junger Ärzte
                                                                                                              in bestimmte, meist ländliche Regionen.
                                                                                                              Diese sogenannten Return-of-Service-
                                                                                                              Programme (ROS) kombinieren dabei
                                                                                                              eine finanzielle Unterstützung während
                                                                                                              des Studiums und der Weiterbildung mit
                                                                                                              einer Praxisverpflichtung in einer fest-
                                                                                                              gelegten Region über eine meist 5- bis
                                                                                                              7-jährige Dauer9,15 (Tabelle 4). ROS-
                                                                                                              Programme zeigen sich vor allem in der
                                                                                                              Rekrutierung und während der Praxis-
                                                                                                              verpflichtung effektiv. Demgegenüber ist
                                                                                                              die Wahrscheinlichkeit, dass die Ärzte
                                                                                                              auch nach Ablauf der Verpflichtung in
                                                                                                              den Regionen bleiben, deutlich geringer.
                                                                                                                 Das Potenzial liegt vor allem in der
                                                                                                              Verbindung der Aus- und Weiterbildung
                                                                                                              für Allgemeinmediziner mit ländlicher
 Quelle: Eigene Darstellung                                                                                   Praxiserfahrung15-17. Die Programme

                                                      https://doi.org/10.5771/1611-5821-2015-5-27
30        G+S     5/2015                      Generiert durch IP '46.4.80.155', am 20.10.2021, 12:46:01.
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sprechen insbesondere          Tabelle 4: Internationale Return-of-Service Programme im Überblick
jene Jungmediziner an, die
bereits einen Bezug oder
ein Interesse an einer Pra-
xistätigkeit in ländlicher
Gegend haben16.
   Unklar bleibt, inwieweit
viele dieser ROS-Program-
me vor allem Teilnehmer
rekrutieren, die auch aus
eigenem Antrieb eine Pra-
xistätigkeit in ländlichen
Region gewählt hätten (Se-
lektionsbias)11,17. Die Streu-
ung der Resultate der sehr
heterogenen Programme
und Regionen lassen dies-
bezüglich nur begrenzte
Aussagen zu.
   In der Kombination der
Erkenntnisse erscheinen
multi-dimensionale För-
dermodelle erfolgsverspre-
chend, die neben finanziel-
len Anreizen u.a. auch eine
frühzeitige und selektive
Rekrutierung von Kandi-
daten bereits während des
Studiums, strukturierte
Weiterbildungsprogramme
in den entsprechenden Re-
gionen und professionelle
Unterstützung während der
Praxistätigkeit umfassen15.
   In der Literatur wird       Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Matsumoto, Inoue, Kajii (2010), Sempowski (2004).
hier auch von der „rural
pipeline metaphor into
medical practice“ gesprochen, die bei-          Frühe Praxiserfahrung während der Methoden der ärztlichen
spielsweise in der australischen medi- Weiterbildung in Kombination mit fi- Bedarfsplanung
zinischen Aus- und Weiterbildung eine nanziellen Anreizen können demnach
wichtige Rolle spielt 10,16. Das Rural- zu einer langfristigen Verbesserung der Die mit Abstand älteste Studie des Re-
Pipeline-Konzept umfasst eine Sequenz regionalen Ungleichverteilung von Ärz- views von 1982 zeigt die bereits lange
von aufeinanderfolgenden Maßnahmen, ten beitragen9. Aber auch Programme Geschichte des Themas. Die Autoren ent-
die gemeinsam von den medizinischen Förderung der Tätigkeit von Spezialisten wickelten ein Vorhersagemodell für die
Hochschulen koordiniert werden und in ländlichen Regionen sollten künftig notwendigen jährlichen Weiterbildungs-
darauf abzielen, die Studenten mit einer eine Rolle spielen16.                          stellen von 37 Facharztdisziplinen. Sie
intrinsischen Motivation für die länd-                                                  beschreiben das Modell als ein geeignetes
liche Praxisarbeit bei der Umsetzung Instrumente zur Steuerung der                      Instrument, um Effekte von auftretenden
dieses Karriereplans zu begleiten. Die ärztlichen Karriereentscheidung                  Trends in der medizinischen Ausbildung
Programmestrategie setzt dabei bereits                                                  und Veränderungen im Angebot und der
in den Sekundarschulen ländlicher Regi- Insgesamt konnten 12 der 26 Studien Verteilung von Fachärzten sichtbar zu
onen an. Sowohl die Selektion von Stu- dem Bereich der Instrumente zur Steue- machen18.
denten wie auch die medizinische Ausbil- rung der ärztlichen Karriereentscheidung          Die Länderanalysen zeigen, dass alle
dung sind strikt auf die Besonderheiten zugeordnet werden. Neben Arbeiten, die betrachteten Länder irgendeine Form
der ländlichen Versorgung ausgerichtet. methodische Fragestellungen von Ge- der Bedarfsplanung betreiben, die dem
Anschließend mündet das Konzept in sundheitspersonalbedarfs-Projektionen Grundsatz nach vier verschiedenen An-
die erwähnten ROS-Programme in Ver- fokussieren (n=7), werden politische In- sätzen folgen 19: the supply projection
bindung mit einer professionellen Un- terventionen zur Beeinflussung ärztlicher approach (or trend model), the demand-
terstützung auch nach Beendigung der Personalkapazitäten und deren Vertei- based approach, the needs-based ap-
Praxisverpflichtung.                         lung thematisiert (n=5).                   proach, combined approach. Tabelle 5

                                                        https://doi.org/10.5771/1611-5821-2015-5-27
                                                Generiert durch IP '46.4.80.155', am 20.10.2021, 12:46:01.          G+S   5/2015   31
                                         Das Erstellen und Weitergeben von Kopien dieses PDFs ist nicht zulässig.
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                                                                                                              das Arbeitsangebot eines Arztes als auch
 Tabelle 5: Institutionen beauftragt zur Bedarfsanalyse nach Ländern
                                                                                                              die Akzeptanz von Delegations- bzw.
                                                                                                              Substitutionsmodellen beeinflussen.
                                                                                                                 Eine evidenz-basierte Planung erfor-
                                                                                                              dert die Harmonisierung verschiedener
                                                                                                              Datenquellen – idealerweise über eine
                                                                                                              kontinuierlichen Datenerhebung aller
                                                                                                              relevanten Parameter (Aktivität von
                                                                                                              Gesundheitspersonal und resultierende
                                                                                                              Outcomes) (Tabelle 6).
                                                                                                                 Über Sensitivitätsanalysen oder sto-
                                                                                                              chastische Simulationen können die
                                                                                                              verwendeten Prognosemodelle evaluiert
                                                                                                              werden. Beispielsweise wurde die Präzisi-
 Quelle: Eigene Darstellung.                                                                                  on der Vorhersagen des niederländischen
                                                                                                              Planungsansatzes aktuell für die Diszi-
zeigt eine Übersicht der Institutionen,       dato alternative Praxisarrangements,                            plin der Allgemeinmedizin evaluiert 22 .
die jeweils mit der Bedarfsanalyse be-        Arbeitszeiten, Delegation/Substitution                          Es zeigte sich eine recht große Fehler-
auftragt sind.                                ärztlicher Leistungen, Migrationsraten                          varianz beim Abgleich der Prognosen
   Den nationalen Modellen ist jedoch         von Ärzten, technologische Entwick-                             mit den tatsächlichen Arztzahlen. Die
gemeinsam, dass ihnen zumeist kein            lungen, Änderungen im Zugang zu                                 Autoren schließen daraus, dass kurze
generelles politisches Rahmenwerk             Gesundheitsversorgung sowie Trends                              Prognoseperioden zuverlässigere Vorher-
zur Ärzte- oder gar Gesundheitsange-          bezogen auf einzelne Krankheiten 20. Die                        sagen zulassen. Um die Prognosefehler zu
botsplanung zugrunde liegt. Die Vor-          Nutzung der Effizienzpotenziale von                             korrigieren, wird empfohlen, die Work-
hersagen scheinen komplett losgelöst          Delegations- und Substitutionsmodellen                          force-Entwicklungen kontinuierlich zu
von anderen politischen Interventio-          durch nicht-ärztliches Personal bedarf                          monitoren und die Prognosen häufiger
nen, das medizinische Personal betref-        zwingend eines integrierten Planungsan-                         durchzuführen. Dem entgegen steht je-
fend, abzulaufen. Zudem basieren die          satzes über verschiedene Gesundheits-                           doch der Lead-Time-Bias aufgrund der
Prognosen zu großen Teilen auf einer          berufsgruppen hinweg 21. Zudem wird                             mindestens 10-jährigen medizinischen
rein angebotsseitigen Betrachtung und         die entscheidende Rolle ökonomischer                            Ausbildungsdauer.
bauen auf Zeitreihenvorhersagen auf.          Faktoren bislang weitestgehend igno-                               Der wahre Wert von Ärzteprogno-
Kaum Berücksichtigung finden bis              riert, obwohl finanzielle Anreize sowohl                        sen liegt allerdings auch weniger darin,

 Tabelle 6: Datenquellen für Bedarfsanalysen

 Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an OECD (2013).

                                                      https://doi.org/10.5771/1611-5821-2015-5-27
32        G+S     5/2015                      Generiert durch IP '46.4.80.155', am 20.10.2021, 12:46:01.
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exakte Zahlen zu generieren, sondern      sionelle Selbstregulierungs-Prozesse           Medizin und die ärztliche Versor-
vielmehr aufkommende Trends sichtbar      weiterhin ihren Platz haben können. gung haben sich in den vergangenen
zu machen, auf die Entscheidungsträger    (2) Analyse- und Planungsinstrumente Jahrzehnten zu stark differenziert, als
eine Antwort finden müssen19. Für die     ergeben keine „objektiven“ Resultate, dass man die (fachliche und geografi-
Gewährleistung einer adäquaten Be-        sondern liefern maximal eine Grundlage sche) Verteilung der ärztlichen Ressour-
handlungsqualität stellen Ärztezahlen     für Bewertungen und Interpretationen. cen weiterhin (nur) der professionellen
allein ohnehin nur eine Zielgröße unter   Notwendig sind daher eine gemeinsame Selbstorganisation überlassen kann. Eine
vielen dar.                               Definition der Planungsinstrumente und Steuerung der ärztlichen Weiterbildung
                                          ein gemeinsames Verständnis von deren und Berufsausübung erscheint daher in
Politische Interventionen                 Anwendung.                                  allen Ländern notwendig. Jedoch stel-
                                             Die australischen Erfahrungen passen len Steuerungsmaßnahmen immer einen
Historische Rückblicke auf die Bedarfs- gut zu denjenigen aus Schwe-
planung beispielsweise aus Schweden den und den Niederlanden:
zeigen, dass trotz eines umfassenden Als wichtiger Erfolgsfaktor                Effektive Prognose- und
Planungsansatzes zwar die tatsächliche einer nachhaltigen Steuerung
Verteilung der Ärzte im betrachteten zeigt sich der funktionieren-
                                                                                Steuerungsmodelle haben
Jahr nicht weit von den prognostizier- de Dialog zwischen den ver-              mehr als nur demografische
ten Zahlen abwich, allerdings in den schiedenen Akteuren in der
70-ern die gleichen Fachdisziplinen Gesundheitsversorgung, der
                                                                                Kriterien zu berücksichtigen.
von einer Unterversorgung gefährdet Finanzierung und der Regulie-
waren wie im Jahr 1985. Ebenso löste rung. Das heißt, eine erfolgreiche Steu- Eingriff in interdependente professionel-
die Bedarfsplanung keine regionalen erung auf einen national koordinierten le, politische und soziale Systeme dar.
Verteilungsprobleme23. Hauptgründe und systemweiten Rahmen angewiesen Erfolgreiche Steuerung berücksichtigt
für das weitgehende Fehlschlagen der und kann nur in diesem gelingen 25,26. daher alle Gesundheitsberufe, Versor-
Planung waren zum einen die zu ein- Erst dieser Rahmen kann gewährleisten, gungsbedürfnisse und regionalen Anfor-
fachen Planungsgrundlagen mit reinen dass die vielen Variablen (z.B. Eigenhei- derungen im Rahmen eines holistischen
Verhältniszahlen (Ärzte pro Bevölke- ten professioneller Karriereentscheide, Systemansatzes.
rung) und zum anderen die unklare Rol- professionelle Präferenzen der Berufs-            Die bisherigen Erfahrungen der Län-
lenverteilung der an der Planungsarbeit ausübung, medizinisch-technische Inno- der zu den verschiedenen Steuerungs-
beteiligten Akteure, d.h. der Regierung vationen, Präferenzen seitens der Patien- konzepten und -maßnahmen zeigen,
sowie der Spital-Eigentümer auf der ei- ten und der Gesellschaft) berücksichtigt dass effektive Prognose- und Steue-
nen Seite und der Ärzte bzw. der Ärz- sowie deren Entwicklung hinreichend rungsmodelle mehr als nur demogra-
tegesellschaft auf der anderen Seite23.   differenziert antizipiert werden und in fische Kriterien zu berücksichtigen ha-
   Erfahrungen aus derselben Zeit aus der Erarbeitung von konkreten Steue- ben: angebotsseitig beispielsweise auch
den Niederlanden deuten in eine ähn- rungsansätzen Eingang finden 27.                 Emigrations- und Immigrationsraten
liche Richtung und machen zwei we-                                                    von Ärzten, neue Technologien, Anteile
sentliche Aspekte deutlich 24: (1) das Diskussion                                     der Beschäftigten in Teilzeitmodellen
niederländische Gesundheitswesen ist                                                  und neuen Versorgungsformen, Rate
ein pluralistisches und liberales System Fachliche und geografische Fehlvertei- der Berufswechsler und veränderte be-
mit traditionell starken professionellen lungen ärztlicher Ressourcen und deren rufliche Präferenzen. Nachfrageseitig
Selbstregulierungs-Prozessen – ähnlich Folgen werden seit rund 30 Jahren in beispielsweise auch Morbidität, Leis-
wie in vielen anderen Ländern. In einem vielen Ländern analysiert und diskutiert. tungsinanspruchnahme bzw. deren
solchen Kontext hängt der Erfolg einer Selbstverständlich finden diese Analy- Veränderung oder Veränderung des
                                                    sen und Diskussionen immer Zugangs zu traditionellen und neuen
                                                    auch in den sehr unterschied- Formen der Leistungserbringung. Er-
   Eine erfolgreiche                                lichen Kontexten der jeweili- folgreiche Bedarfsplanungen bedürfen
   Bedarfsplanung bzw.                              gen Gesundheitsversorgung, einer differenzierten Steuerungsarchi-
                                                    deren politischen Rahmen tektur, welche die vielgestaltigen An-
   Steuerung kann nur in einem                      und Selbstverständnissen der forderungen und Interessen aufeinander
   national koordinierten und                       Akteure statt. Es erstaunt des- abzustimmen vermag. Dabei geht es im
   systemweiten Ansatz gelingen. halb                     nicht, dass Initiativen und Wesentlichen darum, einen funktionie-
                                                    Maßnahmen, welche von den renden Dialog zwischen Akteuren in der
                                                    verschiedenen Ländern ergrif- Gesundheitsversorgung, Finanzierenden
ärztlichen Bedarfsplanung wesentlich fen wurden, ebenso unterschiedlich sind. und Regulierenden aufzubauen. Wie vie-
davon ab, wie sehr es gelingt, die betei- Entsprechend breit gestreut waren auch le internationale Erfahrungen zeigten,
ligten Entscheidungsträger, insbesondere die Ergebnisse aus dem Literaturreview war mangelnde Koordination der Ak-
Regierungs- und Ärzteorganisationen und den Interviews. Gleichwohl lassen teure in der ärztlichen Bedarfsplanung
in ein „kulturelles Umdenken“ einzu- sich gemeinsame, grundsätzliche Rah- wesentlich mitverantwortlich für eine
binden, dass gemeinsame Planungsziele menbedingungen aus diesen Ergebnissen zu langsame und unzureichende Ver-
möglich sind und gleichzeitig profes- extrahieren.                                    besserung der fachlichen und geografi-

                                                      https://doi.org/10.5771/1611-5821-2015-5-27
                                              Generiert durch IP '46.4.80.155', am 20.10.2021, 12:46:01.          G+S   5/2015   33
                                       Das Erstellen und Weitergeben von Kopien dieses PDFs ist nicht zulässig.
THEMA

schen Fehlverteilung. Eine erfolgreiche               gruppen), konsistent (mit parallelen poli-                      lich sind. (3) Bedarfsplanungen, welche
Bedarfsplanung bzw. Steuerung kann                    tischen Initiativen), evidenz-basiert sowie                     gemeinsam von den Akteuren getragen
daher nur in einem national koordinier-               flexibel und adaptiv (aufgrund der Dy-                          werden und Konsensentscheidungen sind.
ten und systemweiten Ansatz gelingen.                 namiken des Gesundheitssystems) ist19.                          Denn je schwieriger Planung ist, desto
   Zusammenfassend lassen sich für eine               (2) Steuerungsmaßnahmen welche auf                              bedeutender werden konsentierte Ver-
erfolgreiche Steuerung der ärztlichen                 Daten zum aktuellen Angebot und Be-                             handlungsergebnisse. (4) Steuerungsinter-
Weiterbildung und Berufsausübung vier                 darf sowie differenzierten Prognosen für                        ventionen setzen bereits in der ärztlichen
Voraussetzungen nennen (1) ein natio-                 die Zukunft basieren, auch wenn exakte                          Ausbildung an und zielen auf zukünftige
nales Personalplanungs-Rahmenwerk,                    Projektionen insbesondere des zukünf-                           Versorgungsbedürfnisse ab.              n
das integriert (für alle relevanten Berufs-           tigen Bedarfs naturgemäß nicht mög-

     Literatur
 1 Barer ML, Stoddart GL. Toward integrated            10 Henry JA, Edwards BJ, Crotty B. Why                             18 Steinwachs DM, Levine DM, Elzinga
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 2 European Commission. EU level Collabo-                 the rural and remote medical workforce in                          van de Voorde C, Vrijens F, Léonard C.
   ration on Forecstimg Health Workforce                  Australia. Rural and remote health. Jan-Jun                        Physician workforce supply in Belgium:
   Needs, Workforce Planning and Health                   2003;3(1):212.                                                     current situation and challenges. 2008.
   Workforce Trends. 2012. http://ec.europa.           12 Weissman JS, Campbell EG, Gokhale M,                            20 Leonard C, Stordeur S, Roberfroid D.
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 3 Centre for Reviews and Dissemination.                  preparation for caring for underserved po-                         and health care consumption: a systematic
   Systematic Reviews: CRD’s Guidance for                 pulations. Journal of urban health : bulletin                      review of the evidence. Health Policy. Jul
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   inst/crd/pdf/Systematic_Reviews.pdf.                                                                                      Count Heads or to Count Services? Com-
                                                       13 Gunther OH, Kurstein B, Riedel-Heller
   Accessed 21.05.13.                                                                                                        paring Population-to-Physician Methods
                                                          SG, Konig HH. The role of monetary
 4 Buddeberg-Fischer B, Klaghofer R, Abel T,                                                                                 with Utilization-Based Methods for Physi-
                                                          and nonmonetary incentives on the
   Buddeberg C. Swiss residents’ speciality                                                                                  cian Workforce Planning: A Case Study in
                                                          choice of practice establishment: a stated
   choices--impact of gender, personality                                                                                    a Remote Rural Administrative Region of
                                                          preference study of young physicians                               British Columbia. Healthcare policy = Poli-
   traits, career motivation and life goals.
                                                          in Germany. Health services research. Feb                          tiques de sante. May 2007;2(4):e178-192.
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 5 Thornton J, Esposto F. How important are                                                                               22 Van Greuningen M, Batenburg RS, Van
   economic factors in choice of medical spe-          14 Gosden T, Bowler I, Sutton M. How do                               der Velden LF. The accuracy of general
   cialty? Health economics. Jan 2003;12(1):              general practitioners choose their practice?                       practitioner workforce projections. Human
   67-73.                                                 Preferences for practice and job characte-                         resources for health. 2013;11(1):31.
                                                          ristics. Journal of health services research &                  23 Calltorp J. Physician manpower politics in
 6 Peier-Ruser K, Peier C. Professionelle Nutzen
                                                          policy. Oct 2000;5(4):208-213.                                     Sweden. Health Policy. Aug-Sep 1990;
   und Entwicklungsimpulse ärztlicher Arbeit
   in Netzwerkorganisationen. Dissertation Me-         15 Sempowski IP. Effectiveness of financi-                            15(2-3):105-118.
   dizinische Fakultät der Universität Bern. 2010.        al incentives in exchange for rural and                         24 Lapre RM, de Roo AA. Medical specialist
 7 Reeg J, Herrmann M, Lichte T. [The                     underserviced area return-of-service                               manpower planning in The Netherlands.
   ­program initiative “general practice” of              commitments: systematic review of the                              Health Policy. Aug-Sep 1990;15(2-3):
    the Conference of the German Federal                  literature. Canadian journal of rural medici-                      163-187.
    Health Ministers. Successes of interven-              ne : the official journal of the Society of Rural               25 McGrath BP, Graham IS, Crotty BJ,
    tions and possible reasons for the shortage           Physicians of Canada = Journal canadien de                         Jolly BC. Lack of integration of ­medical
    of general practitioners]. Bundesgesund-              la medecine rurale : le journal officiel de la                     education in Australia: the need for
    heitsblatt, Gesundheitsforschung, Gesund-             Societe de medecine rurale du Canada. Spring                       change. The Medical journal of Australia.
    heitsschutz. Apr 2006;49(4):364-369.                  2004;9(2):82-88.                                                   Apr 3 2006;184(7):346-348.
 8 Laven G, Wilkinson D. Rural doctors and ru-         16 Dunbabin JS, McEwin K, Cameron I.                               26 Joyce CM, McNeil JJ, Stoelwinder JU.
    ral backgrounds: how strong is the evidence?          Postgraduate medical placements in rural                           More doctors, but not enough: Australian
    A systematic review. The Australian journal of        areas: their impact on the rural medical                           medical workforce supply 2001-2012. The
    rural health. Dec 2003;11(6):277-284.                 workforce. Rural and remote health. Apr-Jun                        Medical journal of Australia.
 9 Matsumoto M, Inoue K, Kajii E. Policy                  2006;6(2):481.                                                     May 1 2006;184(9):441-446.
    implications of a financial incentive              17 Barnighausen T, Bloom DE. Financial in-                         27 Joyce CM, McNeil JJ, Stoelwinder JU. Time
    programme to retain a physician workforce             centives for return of service in underser-                        for a new approach to medical workforce
    in underserved Japanese rural areas. Social           ved areas: a systematic review. BMC health                         planning. The Medical journal of Australia.
    science & medicine. Aug 2010;71(4):667-671.           services research. 2009;9:86.                                      Apr 5 2004;180(7):343-346.

                                                              https://doi.org/10.5771/1611-5821-2015-5-27
34          G+S       5/2015                          Generiert durch IP '46.4.80.155', am 20.10.2021, 12:46:01.
                                               Das Erstellen und Weitergeben von Kopien dieses PDFs ist nicht zulässig.
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Anhang

Methodik, Intervention und Untersuchungszeitraum der eingeschlossenen Studien
  Reference         Country        Objective                                     Design                Time      Description of intervention
career-choice analysis, specialty
   Charles, Wal-     United       to evaluate the available expansion            electronic            2009      data were collected by using a web-based ques-
   ker, Poley et al. States       capacity of Accreditation Council for          survey                          tionnaire; sent to the directors and coordinators of
   (2011)                         Graduate Medical Education                                                     general surgery residency programs that were then
                                                                                                                 certified by the accreditation Council for Graduate
                                                                                                                 Medical Education
  Budde-          Switzerland      to investigate the influence of gender,       prospective           2001-     choice of medical specialty
  berg-Fischer et                  personality traits, career motivation         cohort study          2005
  al. (2006)                       and life goal aspirations on the choice
                                   of medical specialty
   Spiegel, Haou- Austria          to analyze the consequences of the            cross-sectional       2000      allocation of training posts
   la, Schneider et                current procedure for allocating              study
   al. (2004)                      training posts to medical graduates
                                   in Austria
   Thornton und United             to estimate the effects of expected           empirical re-         1988-     a theoretical model of a medical school graduate
   Esposto (2003) States           earnings and available leisure time,          gression model        1998      who makes the specialty choice when entering a
                                   and uncertainty of earnings and lei-                                          residency program in trading-off potential future
                                   sure, on specialty choices of medical                                         earnings and leisure time, as well as any non-­
                                   residents                                                                     economic benefits
career-choice analysis, region of practice
   Weissman et      United         to describe preferences of resident           national survey 1998            Commonwealth Fund Survey of Academic
   al. (2001)       States         physicians to locate in underserved                                           Health Center Residents: examination of career
                                   areas and to assess their prepared-                                           plans, p
                                                                                                                        ­ erceived educational quality, and clinical
                                   ness to provide service to low-income                                         preparedness of residents in eight specialties;
                                   populations                                                                   inclusion of poor inner-city areas
   Gosden et al.    United         to investigate the strength of                conjoint ana-         1997-     GP`s choice of practice location
   (2000)           Kingdom        ­preferences for practice and job             lysis                 1998
                                    ­characteristics among recently
                                     ­appointed GPs in south-east England
career-choice analysis, region of practice, rural
   Matsumoto,       Japan             to examine the geographic                  program               2000- return-of-service program of the Jichi Medical
   Inoue, Farmer                      ­distribution of graduates of Jichi        evaluation,           2006 University
   et al. (2010)                       ­Medical University in Japan              restrospective              full medical education scholarship in exchange for an
                                                                                 cohort study                obligatory 6- to 7-year service in underserved areas

  Gunther et al.    Germany        to quantify the preferences of young          stated prefer-        2007      choice of practice location
  (2010)                           physicians for different attributes           ence study
                                   relevant to practice establishment
  Barnighausen      Inter-na-      to systematically review studies on           systematic lite- till           return-of-service based incentive programs as a
  und Bloom         tionaler       the effectiveness of return-of-service        rature review    2009           strategy to address shortages of family physicians
  (2009b)           Vergleich      initiatives considering all types of                                          in rural or underserviced areas including all types
                                   health workers and focusing program                                           of health workers
                                   results, effects and impacts
  Henry et al.      Inter-na-      to assess the effectiveness of selec-         literature            2007-     student selection procedure and exposure to rural
  (2009)            tionaler       tion practices to predict successful          review and            2008      practice during training
                    Vergleich      graduation and the impact of rural            interviews
                                   pipeline components on eventual
                                   rural practice
  Dunbabin et al. Australia        to track career choice and practice           program evalu- 1989-            return-of-service program: the Cadetship Program;
  (2006)                           location of medical students entering         ation          2004             since 1988 in New South Wales
                                   the Cadetship Program before 1999                                             managed by the NSW Rural Doctors Network for
                                                                                                                 the NSW Department of Health since 1993
                                                                                                                 part of the program are 100 Medical Rural Bonded
                                                                                                                 Scholarships each year with a six-year return of
                                                                                                                 service obligation in rural areas
  Sempowski         Inter-na-      to systematically review studies on           systematic lite- 1966-          return-of-service based incentive programs as a
  (2004)            tionaler       the effectiveness of return-of-service        rature review    2002           strategy to address shortages of family physicians
                    Vergleich      initiatives considering short-term                                            in rural or underserviced areas
                                   recruitment and long-term retention
  Laven und Wil- Interna-          to summarize the evidence for an              international         1973-     choice of rural practice location
  kinson (2003)  tionaler          ­association between rural back-              comparative           2001
                 Vergleich          ground and rural practice by system-         review
                                    atically reviewing the national and
                                    international published reports
  Dunbabin und      Australia       to explore the relationship between          literature            1997-     student selection procedure and exposure to rural
  Levitt (2003)                     rural origin and rural exposure during       review                2003      practice during training as a national strategy to
                                    medical training and choice of prac-                                         encourage recruits to rural and remote general
                                    tice location                                                                practice

                                                                https://doi.org/10.5771/1611-5821-2015-5-27
                                                        Generiert durch IP '46.4.80.155', am 20.10.2021, 12:46:01.                    G+S       5/2015                 35
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THEMA

     Reference         Country       Objective                                     Design                Time      Description of intervention
workforce planning, methods
  Van Greuningen The          to evaluate the accuracy of the                      ex-post               1998 – Model backtesting: comparison of posteriori
  et al. (2013)   Netherlands techniques of Dutch GP workforce                     ­comparison;          2011   ­projections with the observed number of GPs
                              projections                                           ­simulation                  ■■ using workforce simulation model
                                                                                     model                       ■■ sources: average of historical GP workforce data re-
                                                                                                                    trieved from the NIVEL GP database; training insti-
                                                                                                                    tutions and the Medical Accreditation C­ ommittee,
                                                                                                                 ■■ accuracy test of model: by using the observed
                                                                                                                    training inflow
     D. Roberfroid     Belgium   to provide a comprehensive view of                Government            1996- workforce planning: comparison of methods
     et al. (2008)               the current situation, practice and is-           Report                2007
                                 sues in the field of medical workforce
                                 planning in Belgium
  Verhulst et al. Canada         to demonstrate the feasibility of a               retrospective         2003      workforce planning: population-based measure of
  (2007)                         population-based measure of physician             descriptive                     physician services utilization by type of service
                                 services utilization by type of service as        ­statistical
                                 a tool for physician workforce planning            analysis
  Joyce et al.    Australia      to project the future size of the                  simulation           2001-     workforce planning: stochastic simulation model-
  (2006)                         Australian medical workforce from                  modeling             2012      ing of the Australian medical workforce; stocks and
                                 2001 to 2012                                                                      flows approach
  Bloor und       Inter-na-      to review healthcare systems and in-              international         2003      workforce planning: comparison of methods
  ­Maynard        tionaler       teraction between systems of service              comparative
   (2003)         Vergleich      delivery and approaches to planning               review
                                 human resources in five countries
workforce planning, methods, supply projection, specialty mix
   Satiani,       United         to estimate the size of the future vas-           calculation of        2000- mathematical calculation based on several
   Williams, Go   States         cular surgeons (VSN) workforce and                workforce             2050 assumptions; population and workload analysis
   (2009)                        added cost associated with address-                                           and approximated costs associated with training
                                 ing the projected shortage                                                    additional vascular surgeons (VSN)
   Reulen, Hide,  Inter-na-      to raise interest in considering the              question-             2005/ Data were collected by a questionnaire developed
   Bettag et al.  tionaler       real needs of neurosurgeons per                   naire-based           2006 by members of a working group of the European
   (2009)         Vergleich      population in the various European                                            Union of Medical Specialists (UEMS). Results were
                                 countries and to present data on how                                          discussed, amended, and approved by the countries’
                                 many neurosurgeons are presently                                              delegates of the UEMS Section of Neurosurgery
                                 being trained in the various countries
   Steinwachs et United          to develop a model of the training                development           1970-     workforce planning: supply projection as a proba-
   al. (1982)     States         process that could project the                    of a planning         1980      bility model developed, tested, and incorporated
                                 process`s output by specialty of trai-            model                           into a computer program
                                 ning, duration of training and mix of
                                 residency positions required
workforce planning, policy intervention
   Goddard et al. United         to examine the effect of increases in             statistical           1974-     controls on entry into areas designated as relatively
   (2010)         Kingdom        the total supply of GP on geographi-              analysis              2006      over-doctored to reduce inequity between areas
                                 cal equity and to explore the factors                                             and payments conditional on location in particular
                                 associated with the distribution of                                               types of area
                                 GPs across England
   Reeg et al.    Germany                                                          program               1999-     the „Initiativprogramm zur Sicherstellung der all-
   (2006)                                                                          ­evaluation           2004      gemeinmedizinischen Versorgung“ of the Gesund-
                                                                                                                   heitsministerkonferenz der Länder (GMK)
                                                                                                                   ■■ basic conditions in undergraduate education
                                                                                                                       (professorship in primary care, curriculum
                                                                                                                       ­elements of primary care, internships in primary
                                                                                                                        care, primary care physician teachers)
                                                                                                                   ■■ graduate education of 5 years with obligatory
                                                                                                                        training elements in internal and general medicine
                                                                                                                   ■■ financial support by health insurance funds and
                                                                                                                        the Association of Statutory Health Insurance
                                                                                                                        Physicians
     Andrew und        Canada        to describe the development, evalua-          program               1992-     British Columbia has funded a program for
     Bates (2000)                    tion and selection process, character-        ­evaluation           1999      licensure for IMGs since 1992, providing 2 entry po-
                                     istics of candidates and outcomes of                                          sitions per year for postgraduate training. They are
                                     a program for licensure for IMGs                                              offered funding by the Ministry of Health, other
                                                                                                                   candidates may access community funding
     Calltorp (1990)   Sweden                                                       historical           1960-     workforce planning: historical developments in
                                                                                   ­background           1988      Sweden since the 70s
     Lapre und de      The Nether-   to contribute to the empirical                 case study           1960-     socio-political dynamics of manpower planning in
     Roo (1990)        lands         ­development of the knowledge                                       1985      the Netherlands
                                      needed to understand the dynamics
                                      of the sociopolitical component of
                                      manpower planning

Quelle: Eigene Darstellung

                                                               https://doi.org/10.5771/1611-5821-2015-5-27
36           G+S        5/2015                         Generiert durch IP '46.4.80.155', am 20.10.2021, 12:46:01.
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