Strafrecht AT I David Eschle Luca Ranzoni
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Rechtswissenschaftliches Institut Arbeitsgemeinschaften im Strafrecht I – Informationen Die Buchung der Arbeitsgemeinschaften ist ab Donnerstag, den 21.10.2021 bis Donnerstag, den 28.10.2021 um 12 Uhr möglich. Es werden 10 Gruppen angeboten. Termine und Daten finden Sie auf folgender Folie und im webVVZ. Die Buchung wird über das Buchungstool der RWF erfolgen. Dies gestattet es, die Vergabe der Plätze anhand Ihrer Prioritäten vorzunehmen (KEIN first come first served). Bitte besuchen Sie die Gruppe, der Sie zugeteilt werden, damit ausreichend Platz und eine interaktive Teilnahme gewährleistet werden kann! Beachten Sie, dass auch in den Arbeitsgemeinschaften die Zertifikatspflicht besteht. 11.10.2021 Strafrecht I HS 21 Prof. Dr. iur. Brigitte Tag & Prof. Dr. iur Marc Thommen Seite 9
Wissen 1. Tatumstände 2. Geschehensablauf a. Irrtum Kausalverlauf b. Dolus Generalis c. Error in Persona Lehrstuhl Thommen d. Aberratio Ictus 3. Unrecht
Error in Persona «Ist das tatsächlich getroffene mit dem vorgestellten Objekt tatbestandlich gleichwertig, so ist der Identitätsirrtum unbeachtlich (es handelt sich um einen den Tatbestand nicht berührenden blossen Motivirrtum).» Christopher Geth, AT I, N 140
Error in Persona «Hat der Täter nämlich ein ganz bestimmtes Objekt als Ziel seines Angriffes individualisiert, so verengt sich der Vorsatz auf eben dieses Angriffsobjekt (konkretisierter Vorsatz).» Christopher Geth, AT I, N 145
Wissen 1. Tatumstände 2. Geschehensablauf a. Irrtum Kausalverlauf b. «Dolus Generalis» c. Error in Persona d. Aberratio Ictus 3. Unrecht
Wissen 1. Tatumstände 2. Geschehensablauf a. Irrtum Kausalverlauf b. Dolus Generalis c. Error in Persona d. Aberratio Ictus 3. Unrecht?
Unrechtsbewusstsein Art. 21 StGB «Wer bei Begehung der Tat nicht weiss und nicht wissen kann, dass er sich rechtswidrig verhält, handelt nicht schuldhaft.»
Unrechtsbewusstsein Spätnachts klingelt der Nachbar, weil er Hustenmittel braucht. Der im Schlaf Gestörte gibt Abführmittel statt Hustensaft. Er hält dies für derben, aber rechtlich harmlosen Scherz.
X könnte sich der Tätlichkeit nach Art. 126 StGB strafbar gemacht haben, indem er seinem Nachbarn Abführmittel gab. Tatbestand Objektiv Subjektiv (Vorsatz) • Täter • Wissen • Tatobjekt SV-Irrtum (13) • Willen • Tathandlung • Taterfolg • Kausal./Zurechnung Rechtswidrigkeit • Schutzprinzip • Wissen • Überwiegende Int. • Willen • Autonomieprinzip Schuld • Schuldfähigkeit • Unrechtsbewusstsein Rechtsirrtum (21) • Zumutbarkeit Weitere Strafbarkeitsvoraussetzungen
Unrechtsbewusstsein Fehlendes Unrechtsbewusstsein: - Vorsatzproblem? Falls ja, straflos, da keine fahrlässige Tätlichkeit. - Schuldproblem. Nach Art. 126 StGB strafbar, da vermeidbarer Irrtum.
Subjektiver Tatbestand Teil 2
Gessler zwingt Tell, vom Kopf des eigenen Kindes zur Rettung beider Leben und für seine Freilassung einen Apfel zu schießen.
Wissen und Wollen Wissen 1. Tatumstände a. Deskriptive Merkmale b. Normative Merkmale c. Irrtum 2. Geschehensablauf a. Erfolgsdelikte b. Irrtum Kausalverlauf c. Dolus Generalis d. Error in Persona e. Aberratio Ictus 3. Unrecht Wollen 1. Direkter Vorsatz 2. Eventualvorsatz 3. Absicht/Motiv/Gesinnung
Wissen und Wollen Wissen 1. Tatumstände a. Deskriptive Merkmale b. Normative Merkmale c. Irrtum 2. Geschehensablauf a. Erfolgsdelikte b. Irrtum Kausalverlauf c. Dolus Generalis d. Error in Persona e. Aberratio Ictus 3. Unrecht Wollen 1. Direkter Vorsatz 2. Eventualvorsatz 3. Absicht/Motiv/Gesinnung
Direkter Vorsatz Art. 12 Abs. 2 StGB Vorsätzlich begeht ein Verbrechen oder Vergehen, wer die Tat mit Wissen und Willen ausführt. Vorsätzlich handelt bereits, wer die Verwirklichung der Tat für möglich hält und in Kauf nimmt.
Willen «Neben dem Wissen um die reale Möglichkeit der Tatbestandserfüllung verlangt der Vorsatz auch den Willen, den Tatbestand zu verwirklichen. Der Täter muss sich gegen das rechtlich geschützte Gut entscheiden.» BGE 130 IV 58
Dolus directus 1. Grades «Dieser Wille ist gegeben, wenn die Verwirklichung des Tatbestandes das eigentliche Handlungsziel des Täters ist oder ihm als eine notwendige Voraussetzung zur Erreichung seines Zieles erscheint.» BGE 130 IV 58
Dolus directus 1. Grades - Giovanni Falcone: Symbolfigur für die Bekämpfung der organisierten Kriminalität - Maxi-Prozess gegen rund 500 Mafia-Mitglieder
Dolus directus 1. Grades - 23. Mai 1992: Attentat mittels 500 kg Sprengstoff unter der Autobahn A29 - Falcone, Ehefrau und drei Leibwächter sterben
Dolus directus 1. Grades «Dieser Wille ist gegeben, wenn die Verwirklichung des Tatbestandes das eigentliche Handlungsziel des Täters ist oder ihm als eine notwendige Voraussetzung zur Erreichung seines Zieles erscheint.» BGE 130 IV 58
Dolus directus 1. Grades - Direktes Wollen Taterfolg (untechnisch: Absicht) - Tod Falcones = Handlungsziel Giovanni Falcone
Dolus directus 2. Grades «…Dasselbe gilt, wenn die Verwirklichung des Tatbestandes für den Täter eine notwendige Nebenfolge darstellt, mag sie ihm auch gleichgültig oder gar unerwünscht sein.» BGE 130 IV 58
Dolus directus 2. Grades - Tod Falcones = gewolltes Handlungsziel - Tod Frau/Leibwächter = notwendige, aber in Kauf genommene Nebenfolge Attentat auf Giovanni Falcone
Relevanz Unterscheidung 1./2. Grad? «…Dasselbe gilt, wenn die Verwirklichung des Tatbestandes für den Täter eine notwendige Nebenfolge darstellt, mag sie ihm auch gleichgültig oder gar unerwünscht sein» BGE 130 IV 58
Wissen und Wollen Wissen 1. Tatumstände a. Deskriptive Merkmale b. Normative Merkmale c. Irrtum 2. Geschehensablauf a. Erfolgsdelikte b. Irrtum Kausalverlauf c. Dolus Generalis d. Error in Persona e. Aberratio Ictus 3. Unrecht Wollen 1. Direkter Vorsatz 2. Eventualvorsatz 3. Absicht/Motiv/Gesinnung
Eventualvorsatz Art. 12 Abs. 2 StGB Vorsätzlich begeht ein Verbrechen oder Vergehen, wer die Tat mit Wissen und Willen ausführt. Vorsätzlich handelt bereits, wer die Verwirklichung der Tat für möglich hält und in Kauf nimmt.
Eventualvorsatz − 12. April 1974: W. und M. trinken in Olten grosse Mengen Alkohol und kommen überein, es müsse noch etwas «laufen». − Sie schlagen wahllos Personen nieder. K. stossen sie in die Aare. − K. rettet sich schwer verletzt ans Ufer. − K. habe sich als widerspenstig BGE 103 IV 65 erwiesen, W. und M. hätten sich in ihrer "Rockerehre" verletzt gefühlt.
Eventualvorsatz − Gefährdung des Lebens oder sogar versuchte Tötung? BGE 103 IV 65
Eventualvorsatz «Der Erfolg ist auch dann in Kauf genommen und damit gewollt, wenn der Täter ernsthaft mit dessen Eintritt rechnet und er dennoch handelt, mag ihm dieser Erfolg, für sich allein genommen, auch unerwünscht sein.» BGE 103 IV 65
Eventualvorsatz Reinhard Frank, 1931 «Mag es so oder anders werden, auf jeden Fall handle ich.» Hans Walder, um 1990 «Hanusodä» BGE 103 IV 65
Eventualvorsatz − Das Schwurgericht des Kantons Solothurn verurteilte beide u.a. wegen Gefährdung des Lebens zu 3.5 und 3 Jahren Zuchthaus. − Rückweisung zur Verurteilung BGE 103 IV 65 wegen vorsätzlicher Tötung.
Wissen und Wollen Wissen 1. Tatumstände a. Deskriptive Merkmale b. Normative Merkmale c. Irrtum 2. Geschehensablauf a. Irrtum Kausalverlauf b. Dolus Generalis c. Error in Persona d. Aberratio Ictus 3. Unrecht Wollen 1. Direkter Vorsatz 2. Eventualvorsatz 3. Absicht/Motiv/Gesinnung
Art. 139 StGB – Diebstahl Wer jemandem eine fremde bewegliche Sache zur Aneignung wegnimmt, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
Art. 139 StGB – Diebstahl Wer jemandem eine fremde bewegliche Sache zur Aneignung wegnimmt, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
Absicht Diebstahl Objektiv Subjektiv (Vorsatz) (Art. 139) • Fremde • Wissen • Bewegliche • Willen • Sache • Wegnehmen • Absicht unrechtmässiger Bereicherung
Subjektive Unrechtsmerkmale Tatbestand Objektiv Subjektiv (Vorsatz) • Täter • Wissen • Tatobjekt • Willen • Tathandlung • Taterfolg • Kausalität Zurechnung • Subjektive Unrechtsmerkmale
Art. 303 StGB – Falsche Anschuldigung Wer einen Nichtschuldigen wider besseres Wissen bei der Behörde eines Verbrechens oder eines Vergehens beschuldigt, in der Absicht, eine Strafverfolgung gegen ihn herbeizuführen… wird mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bestraft.
Art. 303 StGB – Falsche Anschuldigung Wer einen Nichtschuldigen wider besseres Wissen bei der Behörde eines Verbrechens oder eines Vergehens beschuldigt, in der Absicht, eine Strafverfolgung gegen ihn herbeizuführen… wird mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bestraft.
Absicht Falsche Objektiv Subjektiv Anschuldigung • Nichtschuldigen • Sicheres Wissen (Art. 303) • Beschuldigen (Unrichtigkeit) • eines Verbrechens oder • Willen Vergehens • bei der Behörde • Taterfolg nicht vorausgesetzt • Absicht der Herbeiführung einer Strafverfolgung
Begrifflichkeiten • «kupiertes Erfolgsdelikt» (kupieren = «durch Schneiden kürzen, stutzen») • Delikt mit «überschiessender Innentendenz»
Hypothetischer Art. 303 als Erfolgsdelikt Falsche Objektiv Subjektiv Anschuldigung • Nichtschuldigen • Sicheres Wissen (Art. 303) • Beschuldigen (Unrichtigkeit) • eines Verbrechens oder • Willen Vergehens • bei der Behörde • Taterfolg nicht vorausgesetzt • Herbeiführung einer • Wissen und Willen Strafverfolgung bezüglich Herbeiführung einer Strafverfolgung
Art. 303 StGB als «kupiertes» Erfolgsdelikt Falsche Objektiv Subjektiv Anschuldigung • Nichtschuldigen • Sicheres Wissen (Art. 303) • Beschuldigen (Unrichtigkeit) • eines Verbrechens oder • Willen Vergehens • bei der Behörde • Taterfolg nicht vorausgesetzt • Herbeiführung einer • Absicht der Herbeiführung Strafverfolgung einer Strafverfolgung
Wissen und Wollen Wissen 1. Tatumstände a. Deskriptive Merkmale b. Normative Merkmale c. Irrtum 2. Geschehensablauf a. Irrtum Kausalverlauf b. Dolus Generalis c. Error in Persona d. Aberratio Ictus 3. Unrecht Wollen 1. Direkter Vorsatz 2. Eventualvorsatz 3. Absicht/Motiv/Gesinnung
Motive/Beweggründe Art. 112 – Mord Handelt der Täter besonders skrupellos, sind namentlich sein Beweggrund, der Zweck der Tat oder die Art der Ausführung besonders verwerflich, so ist die Strafe lebenslängliche Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.
Gesinnung Art. 231 – Verbreiten menschlicher Krankheiten Wer aus gemeiner Gesinnung eine gefährliche übertragbare menschliche Krankheit verbreitet, wird mit Freiheitsstrafe von einem bis zu fünf Jahren bestraft.
Wissen und Wollen Wissen 1. Tatumstände a. Deskriptive Merkmale b. Normative Merkmale c. Irrtum 2. Geschehensablauf a. Erfolgsdelikte b. Irrtum Kausalverlauf c. Dolus Generalis d. Error in Persona e. Aberratio Ictus 3. Unrecht Wollen 1. Direkter Vorsatz 2. Eventualvorsatz 3. Absicht/Motiv/Gesinnung
Wissen und Wollen Abgrenzung der Vorsatzformen
Abgrenzung Wissen Wollen Direkter Vorsatz 1. Grades (Absicht) Direkter Vorsatz 2. Grades Eventualvorsatz Bewusste Fahrlässigkeit Unbewusste Fahrlässigkeit
Abgrenzung Wissen Wollen Direkter Vorsatz 1. Grades Für sicher Halten oder Erfolg angestrebt (Absicht) mind. für möglich halten Direkter Vorsatz 2. Grades Eventualvorsatz Bewusste Fahrlässigkeit Unbewusste Fahrlässigkeit
Abgrenzung Wissen Wollen Direkter Vorsatz 1. Grades Für sicher Halten oder Erfolg angestrebt (Absicht) mind. für möglich halten Direkter Vorsatz 2. Grades Eventualvorsatz Bewusste Fahrlässigkeit Unbewusste Fahrlässigkeit
Abgrenzung Wissen Wollen Direkter Vorsatz 1. Grades Für sicher Halten oder Erfolg angestrebt (Absicht) mind. für möglich halten Direkter Vorsatz 2. Grades Eventualvorsatz Bewusste Fahrlässigkeit Unbewusste Fahrlässigkeit
Abgrenzung Wissen Wollen Direkter Vorsatz 1. Grades Für sicher Halten oder Erfolg angestrebt (Absicht) mind. für möglich halten Direkter Vorsatz 2. Grades Für sicher Halten In Kauf nehmen Eventualvorsatz Bewusste Fahrlässigkeit Unbewusste Fahrlässigkeit
Abgrenzung Wissen Wollen Direkter Vorsatz 1. Grades Für sicher Halten oder Erfolg angestrebt (Absicht) mind. für möglich halten Direkter Vorsatz 2. Grades Für sicher Halten In Kauf nehmen Eventualvorsatz Bewusste Fahrlässigkeit Unbewusste Fahrlässigkeit
Abgrenzung Wissen Wollen Direkter Vorsatz 1. Grades mind. für möglich halten Erfolg angestrebt (Absicht) Direkter Vorsatz 2. Grades Für sicher halten In Kauf nehmen Eventualvorsatz Für möglich halten In Kauf nehmen Bewusste Fahrlässigkeit Unbewusste Fahrlässigkeit
Sicheres Wissen Art. 128bis – Falscher Alarm Wer wider besseres Wissen grundlos … Polizei, Feuerwehr, Sanität, alarmiert, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
Sicheres Wissen Art. 303 – Falsche Anschuldigung Wer einen Nichtschuldigen wider besseres Wissen bei der Behörde eines Verbrechens oder eines Vergehens beschuldigt, in der Absicht, eine Strafverfolgung gegen ihn herbeizuführen, […] wird mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bestraft.
Gesinnung Art. 231 – Verbreiten menschlicher Krankheiten Wer aus gemeiner Gesinnung eine gefährliche übertragbare menschliche Krankheit verbreitet, wird mit Freiheitsstrafe von einem bis zu fünf Jahren bestraft.
Abgrenzung Wissen Wollen Direkter Vorsatz 1. Grades mind. für möglich halten Erfolg angestrebt (Absicht) Direkter Vorsatz 2. Grades Für sicher halten In Kauf nehmen Eventualvorsatz Für möglich halten In Kauf nehmen Bewusste Fahrlässigkeit Unbewusste Fahrlässigkeit
Abgrenzung Wissen Wollen Direkter Vorsatz 1. Grades mind. für möglich halten Erfolg angestrebt (Absicht) Direkter Vorsatz 2. Grades Für sicher halten In Kauf nehmen Eventualvorsatz Für möglich halten In Kauf nehmen Bewusste Fahrlässigkeit Für möglich halten Vertrauen auf Ausbleiben Unbewusste Fahrlässigkeit
Abgrenzung Wissen Wollen Direkter Vorsatz 1. Grades mind. für möglich halten Erfolg angestrebt (Absicht) Direkter Vorsatz 2. Grades Für sicher halten In Kauf nehmen Eventualvorsatz Für möglich halten In Kauf nehmen Bewusste Fahrlässigkeit Für möglich halten Vertrauen auf Ausbleiben Unbewusste Fahrlässigkeit
Eventualvorsatz – Fahrlässigkeit Fussballspiel im Klosterhof
Eventualvorsatz – Fahrlässigkeit Fussballspiel im Klosterhof Strafbare eventualvorsätzliche Sachbeschädigung ODER Straflose fahrlässige Sachbeschädigung
Eventualvorsatz – Fahrlässigkeit Die Feuerwehr löscht einen Wohnungsbrand im Dritten Stock. In der Folge entstehen grosse Wasserschäden in der darunterliegenden Wohnung. Eventualvorsatz oder Fahrlässigkeit?
Eventualvorsatz – Fahrlässigkeit − spontanes Strassenrennen auf einer Landstrasse − mit 140 km/h in Dorf eingefahren − 2 Jugendliche auf Trottoir erfasst und getötet BGE 130 IV 58 – Gelfingen
Abgrenzung Wissen Wollen Direkter Vorsatz 1. Grades mind. für möglich halten Erfolg angestrebt (Absicht) Direkter Vorsatz 2. Grades Für sicher halten In Kauf nehmen Eventualvorsatz Für möglich halten In Kauf nehmen Bewusste Fahrlässigkeit Für möglich halten Vertrauen auf Ausbleiben Unbewusste Fahrlässigkeit
Eventualvorsatz «Je grösser die Wahrscheinlich- keit der Tatbestandsverwirkli- chung ist und je schwerer die Sorgfaltspflichtverletzung wiegt, desto näher liegt die tatsächliche Schlussfolgerung, der Täter habe die Tatbestandsverwirklichung in Kauf genommen.» BGE 130 IV 58
Feststellung der Inkaufnahme Risiko Wollen Vertrauen auf Inkaufnahme Ausbleiben des Erfolgs
Eventualvorsatz – Fahrlässigkeit Raser brettert mit 140 km/h durch Dorf – nichts passiert. Strafbarkeit? BGE 130 IV 58 – Gelfingen
2. Bolzen Gessler zwingt ihn, vom Kopf des eigenen Kindes zur Rettung beider Leben und für seine Freilassung einen Apfel zu schiessen.
Bewusste Fahrlässigkeit «Sowohl der eventualvorsätzlich als auch der bewusst fahrlässig handelnde Täter wissen um die Möglichkeit des Erfolgseintritts ... Hinsichtlich der Wissensseite stimmen somit beide … überein. Unterschiede bestehen jedoch beim Willensmoment. Der bewusst fahrlässig handelnde Täter vertraut (aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit) darauf, dass der von ihm als möglich voraus- gesehene Erfolg nicht eintreten… werde.» BGE 133 IV 9 E. 4.1
Eventualvorsatz «Eventualvorsatz liegt vor, wenn der Täter den Eintritt des Erfolgs beziehungsweise die Verwirklichung des Tatbestands für möglich hält, aber dennoch handelt, weil er den Erfolg für den Fall seines Eintritts in Kauf nimmt, sich mit ihm abfindet, mag er BGE 133 IV 1 E. 4.1 ihm auch unerwünscht sein.»
Eventualvorsatz «Demgegenüber nimmt der eventualvorsätzlich handelnde Täter den Eintritt des als möglich erkannten Erfolgs ernst, rechnet mit ihm und findet sich mit ihm ab.» BGE 130 IV 58 E. 8.3
Eventualvorsatz «Die blosse Hoffnung auf das Ausbleiben des tatbestandsmässigen Erfolgs schliesst eine Inkaufnahme im Sinne eventualvorsätzlicher Tatbegehung anders als das – auch bloss leichtsinnige – Vertrauen jedoch nicht aus. Es bedeutet lediglich, dass BGE 130 IV 58 E. 9.1.1 der Erfolgseintritt als solcher unerwünscht ist.»
Abgrenzung Wissen Wollen Direkter Vorsatz 1. Grades mind. für möglich halten Erfolg angestrebt (Absicht) Direkter Vorsatz 2. Grades Für sicher halten In Kauf nehmen Eventualvorsatz Für möglich halten In Kauf nehmen Bewusste Fahrlässigkeit Für möglich halten Vertrauen auf Ausbleiben Unbewusste Fahrlässigkeit
BGE 91 IV 117 – Val Selin - 31. März 1965: Willy Bogner wegen fahrlässiger Tötung verurteilt. - 2 Monate Gefängnis bedingt.
Bewusste Fahrlässigkeit Ein HIV-Infizierter, der um seine Infektion weiss und ungeschütz- ten Geschlechtsverkehr hat, will seine Partner/in meist nicht anstecken, sondern vertraut darauf, dass nichts passiert. Vgl. aber BGE 125 IV 242 – HIV-Infektion eventualvorsätzliche schwere KV
Bewusste Fahrlässigkeit «Die Infektionswahrscheinlichkeit durch ungeschützten Geschlechtsverkehr ist allerdings, statistisch gesehen, gering und bewegt sich im Promille-Bereich; nur ein ungeschützter Geschlechtsverkehr von ca. BGE 125 IV 242 – HIV-Infektion eventualvorsätzliche schwere KV dreihundert ist infektiös. Das ist indessen nicht relevant.»
Bewusste Fahrlässigkeit «Massgebend ist vielmehr, dass jeder ungeschützte Sexualkontakt derjenige von vielen sein kann, der eine Virusübertragung zur Folge hat, so dass also jeder ungeschützte Sexualkontakt, mithin auch der erste und einzige, die Gefahr der Ansteckung in sich trägt. Beim ungeschützten Sexualverkehr mit BGE 125 IV 242 – HIV-Infektion eventualvorsätzliche einem nicht infizierten Partner spielt schwere KV der Infizierte ‹gewissermassen russisches Roulette›.»
Bewusste Fahrlässigkeit «Bei jedem einzelnen ungeschützten Sexualkontakt setzte der Beschwerdeführer in grober Verletzung der sich aus seinem Wissen ergebenden Aufklärungspflicht aus eigennützigen Interessen die nicht informierten Sexualpartnerinnen dem inakzeptablen, unberechenbaren und BGE 125 IV 242 – HIV-Infektion eventualvorsätzliche nicht beeinflussbaren Risiko einer schwere KV Übertragung des HI-Virus […].»
Feststellung der Inkaufnahme Risiko BGE 91 IV 117 BGE 130 IV 58 BGE 125 IV 242 Wollen Vertrauen auf Inkaufnahme Ausbleiben des Erfolgs
Abgrenzung - Ziel: Ermittlung Täter-Willen, nicht abstrakte Zurechnung - Hilfs-Kriterien (Bger): - Höhe des Risikos (ex ante) - Schwere der Pflichtverletzung - Beweggründe - Art der Tathandlung (?) - Argumentation
Abschlussfall
Strafrecht AT I David Eschle Luca Ranzoni
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