Suhrkamp Verlag Leseprobe - Eine Weltgeschichte in 50 Hunden

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Suhrkamp Verlag Leseprobe - Eine Weltgeschichte in 50 Hunden
Suhrkamp Verlag
                           Leseprobe

                             Lee, Mackenzi
                    Eine Weltgeschichte in 50 Hunden

Mit Illustrationen von Petra Eriksson. Aus dem Englischen von Daniel Beskos

                           © Suhrkamp Verlag
                       suhrkamp taschenbuch 5103
                           978-3-518-47103-6
Suhrkamp Verlag Leseprobe - Eine Weltgeschichte in 50 Hunden
suhrkamp taschenbuch 5103
Suhrkamp Verlag Leseprobe - Eine Weltgeschichte in 50 Hunden
Suhrkamp Verlag Leseprobe - Eine Weltgeschichte in 50 Hunden
Mackenzi Lee

EineWelt-
geschichte
  IN
           50
hunden
 Aus dem Englischen von Daniel Beskos
 Mit Illustrationen von Petra Eriksson

              Suhrkamp
Suhrkamp Verlag Leseprobe - Eine Weltgeschichte in 50 Hunden
Die englische Originalausgabe erschien 2019 unter dem Titel
The History of the World in Fifty Dogs
bei Abrams Image, New York.

Erste Auflage 2020
suhrkamp taschenbuch 5103
Deutsche Erstausgabe
© Suhrkamp Verlag Berlin 2020
© 2019 Mackenzi Lee
Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das
des öffentlichen Vortrags sowie der Übertragung
durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile.
Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form
(durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren)
ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert
oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet,
vervielfältigt oder verbreitet werden.
Umschlaggestaltung: Rothfos & Gabler, Hamburg,
unter Verwendung einer Illustration aus dem Band
Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck
Printed in Germany
ISBN 978-3-518-47103-6
Suhrkamp Verlag Leseprobe - Eine Weltgeschichte in 50 Hunden
Für alle Hunde, die ich jemals geliebt habe.
       Aber vor allem für Queenie.
Suhrkamp Verlag Leseprobe - Eine Weltgeschichte in 50 Hunden
Inhalt
8    Vorwort                                     45 Eroberer! Wie Hunde zu Kolonisatoren
                                                    gemacht wurden
11 Der domestizierte Hund: Kurze
   Einführung in die Welt des Notorious          49 Dame, König, Bube, Mops: Wie ein Hund
   D.O.G                                            ein Attentat auf den König verhinderte

13   Bell wie ein Ägypteeer: Abuwtiyuw, der      51   Urian, der Greyhound: Der Hund, der die
     erste Hund, dessen Namen wir kennen              katholische Kirche zerbiss

17   Der Xoloitzcuintle: Mit Grazie, Anmut und   55   Game of Bones: Hunde im Englischen
     schiefen Zähnen in die Unterwelt                 Bürgerkrieg

19 Panhu holt brav Köpfchen: Der Urahn der       59 Die Tücken der Schwerkraft: Wie Newtons
   chinesischen Mythologie                          Hund fast alles ruiniert hätte

23   Argos, der treue Hund des Odysseus: Der     63 Der Hunde-Shogun: … und die Streuner
     erste Hundetod der Literaturgeschichte         von Japan

25 Alle Hunde kommen in den Himmel:              67 Her mit dem Brandy! Barry und die
   König Yudhisthira und der Hund des               Rettungshunde des Großen St. Bernhard
   Mahabharata
                                                 69 »Einen Freund in Washington? Kauf dir
29 Peritas der Grosse: Alexanders                   einen Hund«: Die Hunde im Weißen Haus
   einigermaßen mythenhafter Hund
                                                 75   Fortune, der Mops: Der Hundefluch des
31   Der bezaubernde Wächter des Kaisers:             Napoleon Bonaparte
     Pekingesen und andere chinesische
                                                 79 Nach Westen, ihr Kläffer! Lewis, Clark und
     Löwenhunde
                                                    ihr Neufundländer Seaman auf großer
35   Der Hundekönig von Norwegen weiss              Entdeckungsreise
     nicht, wie ihm geschieht: Die bellenden
                                                 83 Verrückt, böse und gefährlich zu
     Herrscher Skandinaviens
                                                    streicheln: Lord Byrons Hund Boatswain
37   St. Rochus, der Schutzheilige der Hunde:
                                                 87 Die Browndog-Affäre: Oder: Hört endlich
     Aber sprich nur ein Wuff, so wird meine
                                                    mit den verdammten Tierversuchen auf!
     Seele gesund
                                                 91 Greyfriars Bobby: Und andere Geschichten
41 Donnchadh, der treue Hund von Robert
                                                    von treuen Hunden
   the Bruce: … der aus Versehen zum
   Kopfjäger wurde
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95 Semper Fido: Wie Fido zum Synonym für         145 Amerikas erster Blindenhund: Der
   Hund wurde                                        Spaziergang, der die Geschichte veränderte

97 Adoptieren, nicht kaufen! Caroline Earle      149 Reservoir Dog: Das vierbeinige
   White gründet Amerikas erste Tierheime            Maskottchen vom Hoover-Damm

101 »Hallo? Ja, hier spricht der Hund«: Wie      153 Hitlers sprechende Hundearmee: … aus
    Alexander Graham Bells Hund half, das            der nichts wurde
    Telefon zu erfinden
                                                 155 Archäologie auf Hundeart: Wie Robot die
103 They See Me Rollin’: Bud Nelson und der          Höhlenmalereien von Lascaux entdeckte
    erste Road Trip durch die USA
                                                 159 Die Hunde des Krieges, Teil 2: Hunde als
107 Lizzie Borden nahm ne Axt: … und machte          Kämpfer im Zweiten Weltkrieg
    ihren Boston Terriern Häppchen damit
                                                 163 Hunde! Im! Weltall ! : Wie Hunde den
111 National Bark Ranger: Die Abenteurer             Menschen ins All gebracht haben
    John Muir und Stickeen
                                                 165 Martha, My Dear! Der Hund der
115 Und der Oscar geht an … : Hunde im Film          Beatlemania

119 My Heart Will Wuff On: Hunde auf der         169 Hunde sehen keine Farben: Zwei gute
    Titanic                                          Jungs: Nelson Mandela und sein Hund
                                                     Gompo
123 Eine kleine Geschichte der Therapiehunde:
    Und was löst das in Ihnen aus?               171 Die Rettungshunde des 11. September:
                                                     Einer besser als der andere
125 Die Hunde des Krieges, Teil 1: Hunde als
    Kämpfer im Ersten Weltkrieg                  175 Fellteilung: Wie Snuppy der erste geklonte
                                                     Hund der Welt wurde
129 Die letzten royalen Hunde Russlands:
    Der Zar entkam nicht, einer seiner Hunde     179 Slum Dog Mountaineer: Wie ein
    schon                                            heimatloser Streuner den Mount Everest
                                                     bestieg
135 Der Krieg des Streuners: Wie ein Hund
    einen sinnlosen Krieg auslöste               181 Verlorene Freunde: Über ausgestorbene
                                                     Hunderassen
137 Schattenwölfe gegen Diphterie:
    Togo, Balto und das Great Race of Mercy      186 Bibliografie
    zur Rettung von Nome, Alaska

141 Die Corgis Ihrer Majestät: Wie die kleinen
    Fellknäuel zu Lieblingen der britischen
    Krone wurden
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Vorwort

Wie bei vielen hat sich auch mein Leben kom-           dergenommen wird. Es fühlt sich an, als ob das
plett verändert, als ich mir einen Hund zuleg-         eigene Herz auf einmal außerhalb des Körpers
te. Zwar bin ich mit Hunden aufgewachsen,              schlagen würde. Man knüpft sein Glück an die
habe als Hundesitterin gearbeitet, hatte Spaß          Fröhlichkeit des Hundes, an sein Schwanzwe-
daran, auf die Hunde meiner Freunde auf-               deln. Auch wenn man es nicht immer schafft,
zupassen, es kam sogar vor, dass ich spontan           die Person zu sein, für die der Hund einen hält,
aus dem Auto sprang, um irgendeinen Hund               weiß man doch, dass er einen dennoch lieben
auf der Straße zu streicheln. Aber erst, als ich       wird. Der Speicher der Fotokamera füllt sich
dieses Fell­knäuel, diesen sechs Kilogramm             mit einer unendlichen Reihe immer gleicher
schweren Bernhardiner-Welpen bekam, habe               Fotos vom schlafenden Hund, die man jedem
ich wirklich verstanden, was es heißt, einen           ungefragt unter die Nase hält. Und das eigene
Hund zu haben.                                         Leben quillt auf einmal über vor endloser, ge-
    Es bedeutet unter anderem, dass man an             genseitiger Liebe. Man sieht: Alle Klischees
allen schönen Sachen, die man besitzt, irgend-         treffen zu.
wann Bissspuren oder Sabber findet, oder bei-              Genau wie der uralte Tipp, dass man über
des. Oder dass sie gleich ganz verschwinden.           das schreiben soll, was man kennt. So kam
Es bedeutet auch, dass man das Haus von nun            es, dass ich im vergangenen Jahr, das kom-
an immer mit Klamotten voller Hundehaa-                plett von meiner neuen, inzwischen über 50
re verlässt. Wie lange man wegbleiben kann,            Kilogramm schweren und überaus frechen
hängt davon ab, wie lange da jemand zu Hause           Gefährtin vereinnahmt war, ein immenses
einhalten kann. Einen Hund zu haben, heißt,            Wissen über Hunde in der Weltgeschichte an-
dass sich manchmal eine große schwarze Nase            gesammelt habe.
durch den Duschvorhang schiebt, wenn man                   Seit ich jung war, habe ich mich für Ge-
gerade dabei ist, sich einzuseifen. Es kann vor-       schichte begeistert. Doch Kriege, Politik, Kon-
kommen, dass man seinem Hund tief in den               gresse, Ereignisse, die man auf Plaketten ver-
Rachen greifen muss, um den toten Vogel he-            ewigt, all das interessierte mich kaum. Mich zog
rauszuziehen, den er runtergeschlungen hat,            es eher zu den skurrilen, weniger bekannten
als man gerade nicht hinsah. Manchmal wacht            Begebenheiten hin, an denen sich nicht nur
man um 4.30 Uhr morgens auf, weil dieses               zeigt, wie seltsam die Geschichte manchmal
flauschige, noch nicht ausgewachsene Etwas             verläuft, sondern auch, wie allgemeingültig
unbedingt spielen will, und findet sich dann           die Erfahrungen der Menschen – und auch der
wieder, wie man noch vor Sonnenaufgang am              Hunde – oftmals sind. Anhand der Erlebnisse
Vorwort dieses Buches schreibt, während un-            einiger Hunde blicken wir wie durch ein klei-
term Tisch genüsslich ein Stofftier auseinan-          nes Fenster auf große historische Ereignisse

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Suhrkamp Verlag Leseprobe - Eine Weltgeschichte in 50 Hunden
und auf die Menschen, die diese Hunde da-              mögen vielleicht die unschuldigsten Kreatu-
 mals begleitet haben. Im vorliegenden Buch             ren der Erde sein, doch die Geschichten in die-
 finden sich vieler solcher Hundegeschichten            sem Buch sind nicht alle ohne Schuld. Denn so
– reale, mythische, und solche, die von beidem          gut Hunde sind, so schlimm sind Menschen
 etwas haben – aber auch Geschichten von                es manchmal. Und wie es nun mal unsere Ge-
 Menschen.                                              wohnheit ist, haben Menschen Hunde immer
     Die Haltung gegenüber Hunden und ih-               wieder zu Komplizen ihrer Untaten gemacht.
 re Rolle in der Gesellschaft hat sich im Laufe         Ich habe viel darüber nachgedacht, ob ich sol-
 der Menschheitsgeschichte stark verändert.             che Geschichten aufnehmen soll oder nicht
 Hunde waren Haustiere, Begleiter, Jäger, Ar-           und habe mich dann dafür entschieden, denn
 beiter, Beschützer, Plagen, Versuchstiere; sie         ich glaube, erst durch sie wird das Bild der Rol-
 wurden geheiligt, erinnert, gefürchtet, gehasst,       le von Hunden in der Geschichte und das Bild
 geliebt und alles dazwischen. Um die Hunde,            der Geschichte selbst komplett. Die Art, wie
 ihre jeweilige Rolle und ihr historisches und          wir über Hunde reden, wie wir sie behandeln
 geografisches Umfeld zu verstehen, müssen              und wie wir uns an sie erinnern, sagt oft mehr
 wir unsere heutigen Vorstellungen vom Hund             über uns aus als über sie.
 als Haustier häufig vergessen und stattdessen              Doch jetzt muss ich mich entschuldigen,
versuchen, ihre Geschichten aus dem jeweili-            eine feuchte Nase stupst mich am Bein an, je-
 gen Kontext zu betrachten.                             mand möchte mit mir Ball spielen. Viel Spaß
     Eine Erkenntnis ist dazu notwendig: Die            mit diesem Buch!
Vergangenheit war nicht immer nett. Hunde

                                                    9
DER DOMESTIZIERTE HUND
        Kurze Einführung in die Welt des Notorious D.O.G.

Bevor wir unsere Reise durch die historia ca-          men und nun gelernt haben, selbstständig
nis antreten können, stellt sich erst mal die          zu überleben. Von einem Hund könnte man
Frage: Wie wurden Hunde von wilden Besti-              also sagen, dass er ein domestiziertes Tier ist,
en zu kuscheligen Haustieren?                          das hin und wieder verwildern kann. Und
    Um zu klären, wann der Hund domesti-               umgekehrt könnte man über einen Wolf sa-
ziert wurde, ist es zunächst wichtig, zwischen         gen, dass er ein wildes Tier ist, das gezähmt
Zähmung und Domestizierung zu unterschei-              werden kann.
den. Ein zahmes Tier hat sich an die Anwesen-              Nun zu den Hunden. Wann und warum
heit von Menschen gewöhnt und akzeptiert               wurden sie von zahmen Wölfen zu domes-
menschliche Eingriffe in sein Leben. Zahme             tizierten Schmusetieren? Um es kurz zu ma-
oder gezähmte Tiere leben in großer Nähe               chen: Wir wissen es nicht.
zu Menschen und entwickeln zu diesen eine                  Hunde sind, neben dem Menschen, die
symbiotische Beziehung. Domestizierung da-             vielfältigste Tierart der Welt, und doch ist jeder
gegen vollzieht sich über Generationen hin-            heute lebende Hund mit dem Wolf verwandt.
weg und bedeutet, dass eine Tierart in so enger        Alle Hunderassen, vom Chihuahua über den
Verbindung mit Menschen lebt, dass ihr Über-           Pudel und den Husky bis hin zum Corgi, haben
leben schließlich von ebendiesen Menschen              zu 99 Prozent dieselbe DNA wie ein Wolf, und
abhängt. Bei einer Domestizierung verän-               da Hunde und Wölfe sich noch immer mitein-
dert sich das Tier sowohl auf der mentalen als         ander paaren können, zählen sie sogar zur sel-
auch auf der körperlichen Ebene. Die meisten           ben Art.
domestizier­ten Tiere, die viele Generationen              Es gibt viele verschiedene Theorien dar-
mit Menschen verbracht haben, würden in der            über, wann Hund und Wolf evolutionär ge-
Wildnis nicht mehr überleben, was sowohl mit           trennte Wege gingen, aber es ist fast unmög-
angelernten Verhaltensänderungen zusam-                lich, das genau zu beantworten – einerseits
menhängt als auch mit evolutionären Verän-             weil es so verdammt lange her ist, andererseits
derungen – sie wären schlicht nicht mehr in            weil es vermutlich zahllose Male an zahllosen
der Lage, sich zu verteidigen. Eine ähnliche           Orten auf der ganzen Welt passiert ist. Zwi-
Unterscheidung kann man zwischen wild und              schen 15 000 und 40 000 Jahre dürfte es her
verwildert treffen: Wilde Tiere verbringen ihr         sein, was ziemlich vage klingen mag, aber in
ganzes Leben ohne Eingriff des Menschen in             Sachen Urgeschichte schon beeindruckend
der Natur, während verwilderte Tiere von               präzise ist. Manche Forscher glauben, dass
einer ehemals domestizierten Art abstam-               der Wolf in Europa domestiziert wurde, an-

                                                  11
dere tippen auf den Mittleren Osten, wieder             weiß eben keiner. Seit wann gibt es sie? Eben-
andere auf Fernost. Und um es richtig ver-              falls keine Ahnung. Die nächste logische Fra-
wirrend zu machen, scheint es so, als sei die           ge wäre dann: Warum sind sie entstanden?
Hundefamilie in zwei Hauptstämme aufge-                 Auch hierauf haben wir keine eindeutige
teilt: einen aus dem östlichen Eurasien, ei-            Antwort. Was soll man da machen – Wissen-
nen aus dem westlichen. Das Problem liegt               schaft ist eben ein ewiges Fragenstellen.
nun darin, dass es Hinweise dafür gibt, dass                Manche Forscherinnen glauben, dass frü-
die östlichen Hunde nach Westen gewandert               he Jäger und Sammler Wölfe aktiv gezähmt
sind, und andere Hinweise dafür, dass die               und gezüchtet haben. Es gibt aber auch die
westlichen Hunde nach Osten wanderten.                  These, dass Hunde sich quasi selbst domesti-
Eine Theorie dazu geht so: Vor Tausenden                ziert haben – oder vielleicht schreibt ja auch
von Jahren haben Menschen im westlichen                 gerade ein Hund eine Weltgeschichte in 50
Eurasien Grauwölfe domestiziert. Das gleiche            Menschen und behauptet darin, der Hund hät-
passierte, völlig unabhängig davon, im fernen           te den Menschen domestiziert. Jedenfalls war
Osten. Etwa zur Bronzezeit wanderten eini-              der Mensch für den Wolf ein Futterkonkurrent,
ge der östlichen Hunde mit den Menschen                 und so dachten sich die Wölfe wohl: Wenn wir
westwärts, trafen so auf die westlichen Hun-            sie nicht besiegen können, schließen wir uns
de, paarten sich mit ihnen und verdrängten              ihnen eben an. Die Hunde, die sich am effek-
diese nach und nach. Aber: Natürlich gibt es            tivsten in die menschliche Gesellschaft inte-
auch wieder andere Forscherinnen, die das               grierten, waren dann jene mit dem weichsten
für totalen Quatsch halten.                             Fell, den leuchtendsten Augen, den schönsten
    2013 untersuchte ein Wissenschaftsteam              Schlappohren – einfach die Bezauberndsten.
die mitochondriale DNA (ein kleiner, ringför-           Diese Eigenschaften haben sogar einen Na-
miger Teil der DNA, der abseits des Zellkerns           men: Neotenie.
sitzt) von 126 lebenden Hunden und Wölfen                   Manche Wolfswelpen reagierten be-
und 18 Fossilien und kam zu dem Schluss,                sonders gut auf menschliches Sozialverhal-
dass der Hund irgendwo in Europa oder im                ten – etwas, an dem ich dringend arbeiten
westlichen Sibirien domestiziert wurde. Lei-            sollte –, und sie waren es dann, die von den
der gab es aber auch eine andere Studie, bei der        Menschen aufgenommen wurden und deren
die komplette DNA von 58 lebenden Wölfen                Hunde-Nachkommen dann immer mehr in
und Hunden untersucht wurde – und das Re-               die Domestikation hineinwuchsen. Großar-
sultat war, dass der Hund wohl aus dem süd-             tigerweise heißt diese Theorie Survival of the
lichen China stammte und von da aus west-               Friendliest (also Das Überleben der Freund-
wärts gewandert war. Natürlich denkt jeder              lichsten).
dieser Wissenschaftler, er oder sie habe recht              Wie auch immer es gewesen sein mag, die
und die anderen lägen falsch, und natürlich             Wahrheit ist: Wir kennen die Antworten nicht.
gibt es noch haufenweise andere Forscher und            Wir wissen nicht genau, wie, warum, wann
Studien, so dass mir schon der Kopf explodiert,         oder wo es passiert ist. Was wir aber wissen:
bevor ich überhaupt eine Zeile gelesen habe.            Seit die Natur Hunde und Menschen zusam-
    Woher stammen die Hunde jetzt also? Das             mengebracht hat, sind sie unzertrennlich.

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BELL WIE EIN ÄGYPTEEER
     Abuwtiyuw, der erste Hund, dessen Namen wir kennen

                    Tjesem – Ägypten – 2500 bis 2200 v. u. Z.

Heute kennt man das Königreich Ägypten                    alte Ägypten wird normalerweise in drei Epo-
vor allem wegen seiner geometrischen Gräber               chen eingeteilt, die die nicht sonderlich krea-
und seiner Könige namens Tut. Doch bevor                  tiven Namen Altes Reich, Mittleres Reich und
es zu einem Imperium wurde, war es nicht                  Neues Reich tragen. Zusammen umfassen
viel mehr als eine Ansammlung einzelner                   diese drei Perioden erstaunliche 3000 Jahre –
Stadtstaaten entlang des Nils. Diese waren                Ägypten gehört wirklich zu den Greatest Hits
in zwei Regionen unterteilt – die südliche                unter den antiken Zivilisationen.
hieß Oberägypten, die nördliche Unterägyp-                    Das wohl Bekannteste an den alten Ägyp-
ten. Wenn man auf eine Landkarte schaut,                  tern ist vermutlich nicht, wie sie gelebt haben,
mag das zwar verkehrt herum wirken, aber                  sondern was sie mit ihren Toten gemacht ha-
die beiden Reiche orientierten sich, wie auch             ben. Prächtige Bauwerke wie die Pyramiden
sonst alles in Ägypten, am Lauf des Nils. Falls           von Gizeh wurden als aufwändige Gräber für
man einmal plant, ein antikes Imperium auf-               die Pharaonen errichtet, die als echte Götter
zubauen, wäre so ein Nil ein echtes Superfea-             angesehen wurden. Wenn ein Pharao starb,
ture. Er ist ruhig, befahrbar und eine verlässli-         wurde er in den Reigen der Gottheiten aufge-
che Wasserquelle, so dass der Handel entlang              nommen und angebetet, und jemandem, der
seiner über 6 000 Kilometer ziemlich unpro-               nach seinem Tod ein Gott wird, kann man
blematisch zu machen ist. Jedes Jahr zur sel-             auf jeden Fall ein entsprechendes Begräbnis
ben Zeit trat der Fluß über die Ufer, so dass             bieten. Anders als das bekannte Sprichwort
man auch ohne Bewässerungssysteme sehr                    es sagt, glaubten die Ägypter, dass das letzte
fruchtbares Ackerland erhielt. Die Ägypter                Hemd eben doch Taschen hat, und packten
konnten ihr Saatgut quasi wie Konfetti aus-               ihre Gräber randvoll mit allem, was ihnen im
werfen und es wuchs einfach. Daher hatten                 Leben wichtig gewesen war – all das, ohne
sie viel Freizeit, in der sie sich Lidstriche zie-        das sie nicht leben (oder vielmehr sterben)
hen, den Papyrus erfinden und in ihre Hun-                konnten.
de vernarrt sein konnten. Dazu später mehr,                   Und für manche Menschen war das ihr
versprochen.                                              Hund.
    Um 3100 v. Chr. vereinten sich die beiden                 Einer dieser Könige, dessen Name ironi-
Königreiche und wurden zu dem berühmten                   scherweise nicht überliefert ist, verlor einst
Großreich, das wir heute noch kennen. Das                 seinen geliebten Vierbeiner. Er wollte also si-

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chergehen, dass das Ka, die Seele seines Hun-           lich den modernen Podenco Ibicenco, Grey-
des, das Jenseits auch erreichen und dort               hound oder Basenji. Neben seinem Namen
auf ihn warten würde. Also verpasste er ihm             findet man auf der Grabplatte auch ein Bild
ein Begräbnis, das eines Königs würdig ge-              von ihm.
wesen wäre, und schrieb dessen Namen in                      Abuwtiyuw war einer von vielen mumifi-
Hieroglyphen auf die Wände des Grabmals.                zierten Hunden, die man in Ägypten gefunden
Abuwtiyuw, manchmal auch in der Schreib-                hat und die sowohl zusammen mit ihren Besit-
weise Abutiu, ist einer der ersten bekannten            zern als auch in prachtvollen eigenen Gräbern
domestizierten Hunde und der erste, dessen              bestattet wurden. In der Stadt Abydos war ein
Namen wir kennen. Die Steintafel im Grab                Teil des Friedhofs speziell für Hunde vorgese-
trug die Inschrift »Der Hund, der Wächter sei-          hen, und in Ashkelon, einer ehemals ägypti-
ner Majestät war, Abuwtiyuw ist sein Name.              schen Stadt im heutigen Israel, findet sich der
Seine Majestät ordnete an, dass er [zeremoni-           besterhaltene antike Hundefriedhof der Welt.
ell] bestattet werde, dass ihm ein Sarg aus der         Auf vielen Grabzeichnungen aus allen drei
königlichen Schatzkammer gegeben werde,                 Epochen der ägyptischen Geschichte kann
feines Leinen in großer Menge, [und] Weih-              man Hunde entdecken, darunter auch wel-
rauch. Seine Majestät gab ihm [außerdem]                che, auf denen man Menschen beim Gassige-
parfümierte Öle, und [befahl], dass ein Grab            hen sieht. Halsbänder und Leinen gab es zwar
für ihn von den Maurermannschaften gebaut               auch schon vorher, sie stammen vermutlich
werde.«                                                 von den Sumerern, aber diese Bilder bewei-
     Wer also das nächste Mal akribisch an der          sen, dass Hunde nicht nur Teil des jenseitigen
perfekten Pose fürs #dogsofinstagram-Foto               Lebens der Ägypter waren, sondern durchaus
rumwerkelt, sollte unbesorgt sein, immerhin             Teil ihres Alltags.
heuert er oder sie nicht extra Maurer für den                Natürlich denkt man bei Ägypten zunächst
Hund an.                                                eher an Katzen, aber auf den Wänden ist deut-
     Was für eine Rasse Abuwtiyuw wohl war?             lich zu sehen: Auch Hunde waren im antiken
Auf seiner Grabplatte wird er mit aufrechten            Reich weit verbreitet. Zwar wurden viele vor
Ohren und geringeltem Schwanz beschrie-                 allem für die Jagd und als Wachhunde genutzt,
ben, also war er vermutlich etwas, das die              waren aber wohl auch beliebte Haustiere, so
Ägypter Tjesem nannten, womit sie allerdings            wie Abuwtiyuw. Brave Hunde gabs eben über-
keine einzelne Rasse bezeichneten, sondern              all in Ägypten.
allgemein alle Jagdhunde. Er ähnelte vermut-

                                         Wuffnote
          Die unsterbliche Liebe der Ägypter zu ihren Hunden zeigt sich wahrscheinlich am besten in der
          Figur des Gottes Anubis, der mit dem Kopf eines Schakals dargestellt wird. Daneben beteten die
Ägypter aber auch die Hundegottheit Wepwawet (auch Upuaut genannt) an, was so viel wie »Öffner der
Wege« bedeutet. Sein Job war es, die Armee zu leiten und den Toten den Weg in die Unterwelt zu erschlie-
ßen. Und auch der Gott Seth wurde zuweilen als Fantasiewesen namens Sha dargestellt, das ebenfalls
stark einem Hund ähnelte.

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DER XOLOITZCUINTLE
   Mit Grazie, Anmut und schiefen Zähnen in die Unterwelt

                    Xoloitzcuintle • Mexiko • 1500 v. u. Z.
Mit einem Xoloitzcuintle gewinnt man nicht            Maya, den Tolteken, den Zapoteken, den Az-
unbedingt einen Schönheitswettbewerb. Das             teken und vielen anderen indigenen Völkern
Erste, was einem an diesem Hund auffällt, ist,        Amerikas wurde der Xolo als heilig verehrt.
dass er komplett unbehaart ist. Abgesehen             Manche Forscher glauben, dass er schon
von einem buscheligen Irokesenschnitt auf             vor Tausenden von Jahren mit den ersten
dem Kopf besteht der Xoloitzcuintle nur aus           Einwanderern aus Asien gekommen ist. Am
runzeliger, blau-schwarzer Haut. Dazu kom-            auffälligsten ist natürlich sein haarloses Äu-
men noch Ohren wie Satellitenschüsseln, ein           ßeres, das manche Menschen – so auch ich –
Rattenschwanz und ein Maul voller krummer             total seltsam und verstörend finden, er sieht
Zähne. Aber vielleicht wird es besser, wenn
man genauer hinschaut? Oder dabei die Au-
gen zukneift? Und außerdem die Tatsache
ignoriert, dass dieser Hund oft mit dem Chu-          DIE BEZEICHNUNG XOLO
pacabra verwechselt wird, jenem Wesen, das            STAMMT AUS AZTEKISCHER
unbestritten ganz oben steht auf der Liste            ZEIT UND SETZT SICH AUS
»Mythische Kreaturen, mit denen man auf
                                                      ZWEI WORTEN ZUSAMMEN:
keinen Fall verwechselt werden will«?
    Aber ganz ehrlich: Xoloitzcuintles haben          XOLOTL, DEM GOTT DES
einen tollen Charakter. Auch wenn sie viel-           BLITZES UND DES TODES,
leicht nicht die allerattraktivsten Hunde sein        UND ITZCUINTLI, WAS
mögen, so haben sie doch eine lange, bewegte          HUND BEDEUTET
Geschichte hinter sich und gehören zu den
ersten domestizierten Hunden Amerikas
überhaupt.
     Seinen Namen spricht man übrigens                irgendwie aus wie ein Hodensack. Ursprüng-
Scholoitz-kuint-li aus, oder man nennt ihn            lich resultierte diese Nacktheit aus einer
einfach kurz Xolo (Scholo). Die Bezeichnung           Genmutation, verschaffte dem Xolo aber im
stammt aus aztekischer Zeit und setzt sich            tropischen Klima Mittelamerikas entschei-
aus zwei Worten zusammen: Xolotl, dem                 dende Überlebensvorteile. Dieselbe Mutation
Gott des Blitzes und des Todes, und itzcuint-         ist allerdings auch dafür verantwortlich, dass
li, was Hund bedeutet. Bei den Colima, den            manche Exemplare wirklich furchtbar schie-

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fe Zähne und Zahnlücken haben. Immerhin               schen. Oft werden sie neben Kranke ins Bett
hat das den Vorteil, dass seine charakteristi-        gelegt, um deren Körpertemperatur zu regu-
schen Zähne – oder vielmehr deren Abwe-               lieren, was hilfreich für den Heilungsprozess
senheit – es Archäologen leicht machen, fos-          sein kann. Und der Xolo ist berühmt dafür,
sile Funde dieses Hundes zu identifizieren.           besonders verschmust zu sein.
     Nach der aztekischen Mythologie schuf                 In Europa wurden diese seltsamen, haar-
der Gott Xolotl den Xoloitzcuintle aus einem          losen Tiere ab dem 16. Jahrhundert bekannt –
Splitter des Knochens des Lebens, aus dem             der spanische Missionar Bernardino de Sa-
auch die Menschen entstanden sind. Xo-                hagún schrieb damals, dass die Azteken ihre
lotl gab den Menschen diesen Hund als Ge-             Xolos nachts immer in Decken wickelten, um
schenk mit dem Auftrag, ihn zu bewachen               sie warm zu halten. Auch Christoph Kolum-
und zu beschützen. Im Gegenzug sollte der             bus wurde auf sie aufmerksam, und weil er
Xolo die Azteken durch die Gefahren von               seine Finger nicht von ihnen lassen konnte,
Mictlan, der Unterwelt, führen. Abbildungen           nahm er einige Xolos mit nach Europa (er und
des Xolo, die auf diese Funktion als Weg-             seine Männer aßen auch eine erschreckende
weiser ins Jenseits hindeuten, finden sich in         Menge Xolos, weil ihnen der Genozid an den
zahlreichen Grabmälern. In einigen Gebieten           Menschen anscheinend noch nicht gereicht
Mexikos enthalten fast 75 Prozent aller anti-         hat. Christoph Kolumbus war kein guter Jun-
ken Gräber irgendeine Form von Xolo-Figur.            ge).
Zum Nachteil der Tiere bedeutete diese Auf-                Doch trotz ihrer legendären Vergangen-
gabe als früher Blindenhund allerdings, dass          heit und der Tatsache, dass sich berühmte
immer auch einer hingerichtet wurde, um               Künstlerinnen und Künstler wie Diego Rive-
seine Menschen ins Jenseits begleiten zu              ra und Frida Kahlo für sie begeisterten, wären
können. Manchmal wurden Xolos sogar ge-               Xolos im 20. Jahrhundert fast ausgestorben.
gessen, etwa bei Hochzeiten und Beerdigun-            Zum Glück gab es ein regelrechtes Revival
gen. Aber lassen wir das lieber.                      der indigenen Kultur in Mexiko, das für ei-
     Neben seinen Aufgaben im Jenseits wur-           ne Bewahrung jenes Kulturerbes sorgte, dass
den dem Xolo von den Azteken auch heilen-             durch die europäischen Eroberer fast zerstört
de Kräfte zugesprochen – und damit lagen sie          worden war. Und es gab einige besondere
gar nicht so falsch. Wer schon mal mitten in          Auftritte des Xolo in der Populärkultur – man
der Nacht total durchgeschwitzt aufgewacht            erinnere sich nur an Dante, den bueno perro
ist, weil der eigene Hund sich entschieden            im Pixarfilm Coco: ein echter Xolo! Jedenfalls
hat, es sich auf einem gemütlich zu machen,           wurde der Xolo 2011 zu einer offiziellen AKC-
der weiß, was ich meine. Und da sie kein Fell         Hunderasse. Da soll nochmal jemand sagen,
haben, sind Xolos quasi natürliche Wärmfla-           es käme nur aufs Aussehen an.

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PANHU HOLT BRAV
         KÖPFCHEN
                 Der Urahn der chinesischen Mythologie

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In vielen Mythen und Überlieferungen aus               Magie verwandelte sich der Käfer in einen
den unterschiedlichsten Kulturen spielen               fünffarbigen Hund, dem der Kaiser den Na-
Hunde eine große Rolle. Im griechischen Ha-            men Panhu gab – »Hu« heißt Kürbis und
des findet sich der Zerberus, in Irland gibt es        »Pan« bedeutet »Teller«. Wenn ich ein Hun-
den Fáil Inis, einen Hund, dem seine Beute             degott wäre, hätte ich es mit meinem Namen
niemals entkommt und der das Wasser, in                irgendwie anders gedreht, aber klar, deine Sa-
dem er badet, in Wein verwandelt (#lebens-             che, Kürbisteller.
ziel), und bei den Inuit finden wir Amaguq,                 Die Regierungszeit von Kaiser Ku war von
den hinterhältigen Wolfsgott. Doch die Ge-             seinen Kämpfen mit barbarischen Invasoren
schichte von Panhu, einem märchenhaften                beherrscht, die von einem ruchlosen General
Hund, hat mich bei meinen Recherchen be-               angeführt wurden, den manche der dama-
sonders fasziniert. Er ist vor allem im südli-         ligen Quellen als General Wu bezeichneten.
chen China bekannt, und manche der indige-             Kaiser Ku war es leid, immer gegen General
nen Völker, wie etwa die Miao, die Yao und die         Wu zu verlieren, also ließ er ausrufen, dass
She, glauben sogar, von ihm abzustammen.               derjenige, der ihm den Kopf von General Wu
    Wie alle Mythen hat auch dieser eine               brächte, seine Tochter zur Frau erhalten solle.
Vielzahl von Varianten. Aber der Ursprung                   Kurze Zeit später erschien Panhu am Ho-
von Panhu ist in allen Versionen entzückend            fe, im Maul den Kopf des Generals. Wie jeder
seltsam:                                               brave Hund hatte er einfach das gebracht,
    Es war einmal eine alte Frau, die im Palast        was ihm befohlen worden war.
des Kaisers Ku lebte. Sie dachte, sie leide an              Und Kaiser Ku so: »I’ve made a huge mis-
einem Tinnitus, doch als ein Arzt sie unter-           take.« Natürlich war er nicht besonders an-
suchte, holte er einen Käfer aus ihrem Ohr,            getan von der Idee, seine Tochter mit einem
und das Geräusch hörte auf. Die alte Frau              Hund zu verheiraten. Doch die machte ihm
legte den Käfer in einen ausgehöhlten Kür-             klar, wie wichtig es sei, als Herrscher sein
bis und verschloss diesen mit einem Teller,            Wort zu halten, und überredete ihn. Ich fin-
um den Käfer als Haustier zu halten – meine            de das ziemlich nachvollziehbar, denn, um
Mutter würde es hundertprozentig genau-                ehrlich zu sein: Einen Hund zu lieben und zu
so machen. Dank irgendwelcher mythischer               ehren, in guten wie in schlechten Zeiten, bis

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dass der Tod uns scheidet, das ist eigentlich         der Menschen zum Hund je nach Region,
 schon mein Traum. Auch wenn es natürlich              und mit ihr die Haltung zu Hundefleisch. In
 einige logistische Probleme mit sich bringt im        Hongkong wurde am 6. Januar 1950 von den
 Bereich der, sagen wir, ehelichen Intimität.          Briten die Dogs and Cats Ordinance einge-
 Vor allem natürlich, wenn es für die Prinzes-         führt, die das Schlachten von Hunden und
 sin und ihren Angetrauten darum geht, einen           Katzen zu Ernährungszwecken verbot. Tai-
 Nachfolger fürs Königreich zu produzieren.            wan, Indien und Singapur haben ähnliche
    Aber! Ein bisschen Magie, und alles war            Gesetze. Trotzdem wird Hundefleisch bei
 gut. Dem Herrscher wurde eröffnet, dass               bestimmten kulturellen Festivals weiterhin
 Panhu in einen Menschen verwandelt wer-               serviert.
 den könne, indem man ihn für sieben Tage
 und sieben Nächte unter eine große, goldene
 Glocke setzt. Allerdings wäre der Zauber nur          DAS VOLK DER YAO
 wirksam, wenn ihn in dieser ganzen Zeit nie-          VEREHRT PANHU ALS
 mand ansähe. Doch die Prinzessin machte
                                                       IHREN URAHN,
 sich irgendwann Sorgen um ihren Hund bzw.
 Mann (alles etwas verwirrend) und schaute             ENTSPRECHEND GEHEN
 am sechsten Tag unter die Glocke – und Pan-           SIE SEHR RESPEKTVOLL
 hus Verwandlung war vorbei. Er hatte zwar             MIT HUNDEN UM.
 schon einen menschlichen Körper, aber sein
 Kopf war noch immer der eines Hundes. Die
 Prinzessin darauf: »Kriegen wir hin«, und sie         Also: Ja, es werden weiterhin Hunde gegessen.
 heirateten. Ja, tatsächlich.                          Und wie immer ist diese Frage relativ kom-
     Das Volk der Yao verehrt Panhu als ihren          plex, und unterschiedliche Leute haben ver-
 Urahn, entsprechend gehen sie sehr respekt-           schiedene Ansichten dazu.
 voll mit Hunden um. Sie essen auch kein                   Unabhängig vom Verbot, Hundefleisch zu
 Hundefleisch – darüber muss ich sowieso               essen, ist die Geschichte von Panhu für vie-
 kurz sprechen. Bei einigen ethnischen Grup-           le Bevölkerungsgruppen im südlichen China
 pen in China wie auch in anderen Teilen               auch heute noch ein wichtiger Teil ihres Le-
­Asiens stellt Hundefleisch bereits seit etwa          bens und ihres Alltags. Viele Haushalte be-
 500 v. Chr. eine Nahrungsquelle dar. Manche           sitzen kleine Hundealtäre, und auch in der
 Forscherinnen und Forscher glauben sogar,             traditionellen Bekleidung finden sich Ab-
 dass das eines der Hauptziele der Domesti-            bildungen von Panhu und anderen Hunden
 kation des Hundes in China war. Heutzutage            wieder.
 unterscheidet sich in China die Einstellung

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