Fundgeschichten aus Wald und Flur - Oberflächennahe archäologische Funde aus dem Landkreis Eichstätt - Jura-Bauernhof-Museum

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Fundgeschichten aus Wald und Flur - Oberflächennahe archäologische Funde aus dem Landkreis Eichstätt - Jura-Bauernhof-Museum
Sonderausstellung Hofstetten

Fundgeschichten aus Wald und Flur
  Oberflächennahe archäologische Funde
       aus dem Landkreis Eichstätt

                Bauernwehr
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Eine Bauernwehr erzählt ...                             Bauernwehr, auch Hauswehr
In zeitgenössischen Quellen oft schlicht als „Messer“ bezeichnet, galt es im 15. und
16. Jahrhundert als Waffe des Volkes und wurde teilweise ikonographisch zu
Darstellungen von Ständen und Berufen, wie Bauern und Fuhrleuten, verwendet,
wohingegen Dolche und Schwerter als Standeszeichen von Adligen und
Patriziern galten. Gleichwohl gab es sehr kostbar ausgestattete Exemplare, die sich
auch im Besitz Hochadliger finden. Die Grenze zum Werkzeug ist bei der Bauernwehr
fließend.
Charakteristisch sind eine einschneidige, gerade oder säbelförmige Klinge und
ein breites Heft, auf das Griffschalen aus Bein, Holz oder Horn genietet
wurden. Als Handschutz diente häufig ein einfacher Bügel zwischen Angel und
Klinge, der zeitgenössisch als Nagel bezeichnet wurde. Es konnte aber auch eine
waagrechte Parierstange vorhanden sein.
Bauernwehren waren besonders im Bauernkrieg von 1525 beliebt und konnten
Längen von 40 bis zu 80 cm erreichen. Mit diesen Waffen verwandt sind auch die
so genannten „Langen Messer“, die in der Fechtkunst der Renaissance eine wichtige
Rolle spielten.
Als  „Bauernwehren“    bezeichnet    man   oft  auch    andere                              einfache
Bauernwaffen, wie Kriegssensen, Kriegsgabeln und Kriegsflegel.

Quellen:
    –   de.wikipedia.org/wiki/Bauernwehr (19.04.2019)

    –   www.leo-bw.de/web/guest/detail/-/Detail/details/DOKUMENT/lmw_museumsobjekte/1956/Bauernwehr
        (19.04.2019)

    –   bawue.museum-digital.de/index.php?t=objekt&oges=10931 (19.04.2019)

    –   www.landesarchiv-bw.de/web/62235 (19.04.2019)

    –   Foto: www.messerzeug.de/wp-content/uploads/2015/09/00107_Bauernwehr_d.jpg (19.04.2019)

Ausstellungsobjekt: K. Richter, Ortsheimatpfleger Stammham
Autor: N. Ströhla, Student (April/Mai 2019)
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               Deutscher Bauernkrieg (1524-1526)
Als Deutscher Bauernkrieg (auch Revolution des gemeinen Mannes) wird die Ausweitung
lokaler Bauernaufstände ab 1524 in weite Teile des süddeutschen Sprachraumes (Süddeutschland,
Thüringen, Österreich und Schweiz) bezeichnet, wobei die Bauern mit ihren Zwölf Artikeln von
Memmingen erstmals Forderungen aufstellten, die durchaus als frühe Formulierung von
Menschenrechten angesehen werden können.

In Schwaben, Franken*, dem Elsass und Thüringen wurden die Aufstände 1525, im
Kurfürstentum Sachsen und Tirol 1526 niedergeschlagen.

Diesem Bauernkrieg gingen Aufstände in Livland***, Ungarn, England und der Schweiz voraus.

Der Bauernkrieg kann als die erste Revolution auf deutschem Boden bezeichnet werden. Vor
dem Hintergrund einer religiösen Umwälzung (Reformation) erheben sich Untertanen gegen
ihre Herren, die Fürsten. Doch diese Fürsten ertränken den Aufstand mit Billigung Luthers
1525 im Blut.

* Regierungsbezirke Ober-/Unter-/Mittelfranken, nordöstlicher Bereich der Region Heilbronn-Franken ** in Baden-
Württemberg sowie Südthüringen und kleinere Teile Hessens.

**  Zur Region Heilbronn-Franken gehören die Stadt Heilbronn, der Landkreis Heilbronn, der Hohenlohekreis, der
Main-Tauber-Kreis und der Landkreis Schwäbisch Hall.

***   Historische Landschaft, bestehend aus dem heutigen Estland und dem größten Teil des heutigen Lettlands.

Quellen:
   – de.wikipedia.org/wiki/Deutscher_Bauernkrieg (20.04.2019)
   – www.br.de/radio/bayern2/sendungen/radiowissen/geschichte/deutscher-bauernkrieg-gemeiner-mann-100.html
        (20.04.2019)
   – www.planet-wissen.de/geschichte/neuzeit/der_bauernkrieg/ (20.04.2019)
   – stadtarchiv.memmingen.de/quellen/vor-180203/zwoelf-bauernartikel-1525.html (20.04.2019)
   – www.renchen.de/kultur-stadtgeschichte/stadtgeschichte/ (20.04.2019)
   – de.wikipedia.org/wiki/Zwölf_Artikel (20.04.2019)
   – stadtarchiv.memmingen.de/quellen/vor-180203/zwoelf-bauernartikel-1525.html (20.04.2019)
   – www.memmingen.de/fileadmin/Allgemeine_Dateiverwaltung/Bereich_Amt16_Stadtinformation/Prospekte/Ba
        uernartikel.pdf (20.04.2019)

       Autor: N. Ströhla (April/Mai 2019)
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                Warum werden große Teile Bayerns
            (sowie die nord- und westdeutschen Gebiete)
         vom Deutschen Bauernkrieg weitgehend verschont?
Mit dem Protestantismus stellten auch bayerische Bauern das bestehende System in Frage, ihre
eingeschränkten Rechte, obwohl sie hohe Steuern zu zahlen hatten. Allgäuer Bauernbünde
präsentieren 1525 „Die zwölf Bauernartikel von Memmingen“ mit Forderungen, die sich dann
schnell verbreiteten. Weil der bayerische Kanzler Leonhard von Eck sie nicht anerkennen will,
kommt es zu Kämpfen, an denen sich auch die fränkischen Bauern beteiligen. Burgen werden
verwüstet, nach kurzer Zeit müssen die Bauern jedoch kapitulieren.

Dass dennoch große Teile Bayerns von Unruhen weitgehend verschont blieben, liegt
hauptsächlich an der gesicherten Stellung der dortigen Bauern. Im Herzogtum Bayern ist die
Bauernschaft vergleichsweise gut integriert. Hinzu kommt, dass die bayerische Führung sehr
früh gegenreformatorische Maßnahmen ergreift; Bauernproteste und Reformationsbestre-
bungen werden bereits im Keim erstickt.

Zur Beruhigung der Lage trägt auch bei, dass die bayerischen Bauern gegen Willkür geschützt
sind. Die bayerische Regierung unter Leonhard von Eck* (1480-1550) hat ihnen die Möglichkeit
eingeräumt, gegen Grundherren vor einem landesherrlichen (und nicht mehr vor einem
grundherrlichen) Gericht zu klagen. Zudem greift der bayerische Herzog Wilhelm IV.** immer
wieder als Schiedsrichter zugunsten der Bauern ein und entschärft soziale Sprengsätze.
So kommt es nur im Pfaffenwinkel (westliches Oberbayern) zu einer Krise. Hier fallen im
Mai 1525 Aufständische aus dem Allgäu ein. Die einheimischen Bauern verschanzen sich auf
dem Hohen Peißenberg - mit der Absicht, Widerstand gegen die Eindringlinge zu leisten.
Damit zeigen sie unmissverständlich, dass sie hinter den regierenden Herzögen Ludwig X.
(1495-1545)** und Wilhelm IV. von Bayern (1493-1550)*** stehen.

* Leonhard von Eck: Herzog Wilhelm IV. von Bayern berief ihn 1514 in seine Regierung. Dort war der Hofrat als
engster Berater des Herzogs die wichtigste Figur am bayerischen Hofe. Er prägte in der ersten Hälfte des 16.
Jahrhunderts über 35 Jahre das politische, wirtschaftliche, religiös-geistige und soziale Leben Bayerns entscheidend
mit. Leonhard von Eck schuf erste Ansätze von Zentralbehörden in Bayern und legte den Grundstein für die Stellung
Bayerns als bedeutende katholische Macht in den folgenden Jahrzehnten.

** Ludwig X.: bis 1508 regierender Herzog von Bayern und Bruder von Wilhelm IV. Unter Ludwig X. durften die
Schriften Martin Luthers zunächst auch in Bayern gedruckt und verbreitet werden. Die päpstlichen Bannbullen von
1520 gegen Martin Luther wurden in Bayern zunächst kaum beachtet.

Erst nach dem Reichstag zu Worms (17./18.04.1521) und dem Wormser Edikt (08.05.1521) gelang es Kaiser Karl
V., Wilhelm und Ludwig auf seine Seite zu ziehen. Mit der Grünwalder Konferenz, die im Februar 1522 auf der
Burg Grünwald (bei München) stattfand, gewann ein Ereignis in der Grünwalder Geschichte europäische Bedeutung.
Auf dieser Konferenz vereinbarten die Brüder Wilhelm IV. und Ludwig X., dass Bayern auch künftig dem „alten
Glauben“ zugehörig sein solle, die Kirche aber zu reformieren sei. Dieser Beschluss wird heute als Beginn der
Gegenreformation verstanden.

*** Wilhelm IV. von Bayern war von 1508 bis 1550 Herzog von Bayern. Seine Herrschaft begründete die Stellung
Bayerns als Bollwerk der Gegenreformation in Deutschland, woher auch sein Beiname Wilhelm der Standhafte
herrührt, und war ebenso bedeutsam für die Anfänge der Kunst der Renaissance in Bayern (Grundstein für die Alte
Pinakothek München).
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        Hohe Abgaben und Aberkennung von Rechten
          als Ursache des Deutschen Bauernkrieges
Im frühen 16. Jahrhundert sorgt das Bestreben der Grundherren, alte Bauernrechte abzuschaffen
und das Römische Recht einzuführen, in manchen Gegenden des Reiches für Unruhe.

Zu Beginn des 16. Jahrhunderts besteht die Bevölkerung
   –   zu 80 % aus Bauern,
   –   zu 3 % aus Adel und
   –   zu 17 % aus Stadtbewohnern.

Die größte Bevölkerungsgruppe muss die Last des Staates tragen. Die Bauern finanzieren
mit ihren Abgaben den Adel und die Geistlichkeit, sind aber gleichzeitig politisch völlig
bedeutungslos.

Zu dieser Zeit verschlechtert sich die wirtschaftliche Situation. Nach 1450 erholt sich die
Bevölkerung von der großen Pest, das heißt, die Bevölkerungszahl wächst. Da es aber nicht mehr
als vorher zu verteilen gibt, werden die Leute ärmer. Missernten verschärfen noch die Lage.
Nutznießer sind die Herren, die weiterhin die hohen Abgaben von den Bauern verlangen.
Um ihre Söldnerheere zu finanzieren, schrecken die Landesherren nicht vor einer Erhöhung der
Abgaben nicht zurück. Zudem werden den Bauern Holzeinschlag, Jagd und Fischfang - Symbole
für alte Rechte und Freiheiten - untersagt. Die aus den Wäldern verdrängten Bauern müssen
ohnmächtig zusehen, wie Kirche und Adel den Holzhandel an sich reißen.
Überdies beanspruchen Grundherren immer mehr Land für ihre Schafhaltung und
verdrängen die Untertanen vom Markt. Der Grund: Das boomende Textilgewerbe in den
Städten benötigte dringend Wolle, den Wollproduzenten winken beträchtliche Gewinne. Der
Frühkapitalismus ist nun auch auf dem Land angekommen.
Durch die hohen Abgaben und Dienste, zu denen die Bauern verpflichtet sind, bleibt ihnen immer
weniger zum Leben übrig.
Eine ganz perfide Abgabe ist die "Abgabe im Todesfall". Hier sind die Angehörigen beim Tod des
Bauern verpflichtet, das beste Gewand und das beste Stück Vieh an den Herrn abzugeben. Diese
Belastung allein kann schon eine bäuerliche Existenz zerstören. Viele Bauern leben in
Leibeigenschaft.
Das hat zur Folge, dass sie den Wohnsitz nur mit Erlaubnis des Herrn wechseln dürfen, sie dürfen
auch nicht einfach heiraten, wen sie wollen.
Im Gerichtswesen ziehen die Bauern ebenfalls den Kürzeren, sie finden bei Gericht kein Gehör.
Und ihre Gemeinde dürfen sie auch nicht selbst verwalten.
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                   Wo kommt es zu Aufständen und
               wer beteiligt sich außer den Bauern noch?
Im Jahr 1524 beginnt der Aufstand der Bauern im Schwarzwald und am Bodensee und
dehnt sich auf schwäbische und fränkische Gebiete, auf Tirol, Salzburg, Württemberg und
Thüringen aus.
An der Revolte der Bauern beteiligen sich auch einige Adelige wie die Reichsritter Florian Geyer
und Götz von Berlichingen. Auch Bergleute, Vertreter des niederen Klerus, Handwerker,
Bewohner kleiner Orte und Angehörige der Unterschichten größerer Städte schließen sich dem
Bauernkrieg an.
Im März 1525 treffen sich Vertretungen von Bauernschaften aus dem Allgäu, Oberschwaben
und dem Bodenseeraum in Memmingen. Die Freie Reichsstadt gilt als Hochburg der
Reformation.

Die Vertreter der Bauernschaft wollen das "göttliche Recht" einführen. Sie fassen ihre
Beschwerden in einer anonymen Flugschrift zusammen, die unter dem Namen Zwölf
Bauernartikel von Memmingen bekannt wird, die sie mit der Obrigkeit verhandeln wollen.
Verfasser sind u. a. der Theologe Christoph Schappeler, ein Schüler Zwinglis, und der
reformatorische Vorkämpfer und Laienprediger Sebastian Lotzer.
Im Frühjahr 1525 wird in Memmingen das Revolutionsmanifest der „Zwölf Bauernartikel“
proklamiert. Ein zentraler Punkt der "Zwölf Memminger Bauernartikel" ist die Aufhebung
der Leibeigenschaft.

Die Zwölf Memminger Bauernartikel sind Anklagen der Bauern gegen herrschaftlichen Zwang
und Gewalt.
Sie beklagen die Leibeigenschaft, willkürliche Rechtsprechung, Enteignung von Gemeindeland
und die Schutzlosigkeit, weil sie im Sterbefall mit Abgaben belegt werden.
Dagegen soll das christliche Liebesgebot von nun an verpflichtende soziale Norm werden.
Leibeigenschaft soll es nicht mehr geben, weil sie der Freiheit widerspricht, die Christus allen
Menschen zugesichert hat.
In kommunaler Selbstverwaltung wollen die Bauern eigene Verantwortung übernehmen.
Ausdrücklich betonen sie den Verzicht auf Gewalt. Sie setzen vielmehr auf eine einvernehmliche
Lösung bei den beklagten Missständen im Rahmen christlicher brüderlicher Liebe und auf die
Akzeptanz ihrer Menschenwürde.
Die Bauern wollen aber auch ihren Pfarrer frei wählen dürfen, um sicher zu sein, dass er auch
wirklich ihre Interessen vertritt.
Sie fordern bessere Lebensbedingungen, indem sie das Recht auf Jagd und Fischfang erlangen,
sie möchten an der Abholzung der Wälder teilhaben, und die Frondienste an die Herren sollen
reduziert werden.
Die Herren reagieren mit Unverständnis und Ironie. Im Bewusstsein ihrer Stärke ziehen sie sich
auf das alte Recht zurück und zeigen sich nicht im Geringsten kompromissbereit.
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    Aus Unruhen werden militärische Auseinandersetzungen
Die Verhärtung der Fronten macht eine gewaltsame Auseinandersetzung unausweichlich.
Der militärische Feldzug beginnt.
Die Bauern organisieren sich in sogenannten "Haufen": Der Begriff "Haufe" kommt aus dem
Militär. Es handelt sich um eine Einheit mit klaren Regeln, auch da gibt es unterschiedliche
Dienstgrade wie Oberst oder Fähnrich. Jeder Haufe hat auch seine Fahne.
Zuerst ziehen die Haufen der Bauern durch das Land. Sie plündern zu Versorgungszwecken
Klöster und stürmen Burgen; es gibt aber zunächst keine Gewalt gegen Personen.
Das ändert sich am 16. April 1525. An diesem Tag töten aufständische Bauern in
Weinsberg/Württemberg den Grafen Ludwig von Helfenstein* und seine Begleiter vor den
Toren der Stadt (Weinsberger Bluttat, auch Weinsberger Blut-Ostern). Inzwischen haben die
Herren gerüstet. Auf der einen Seite stehen die Heere der Landesfürsten und das Heer des
Schwäbischen Bundes unter der Führung von Truchsess Georg von Waldburg.
Auf der anderen Seite stehen die Haufen der Bauern. Bei Leipheim bei Günzburg kommt es zur
ersten Schlacht, in der der Leipheimer Haufen besiegt wird. Die Stadt Leipheim muss ein
Strafgeld zahlen und die Führer des Haufens werden hingerichtet.
In Frankenhausen/Thüringen kommt es am 14. Mai 1525 zu einer der bedeutendsten
Schlachten während des Bauernkrieges. Hier werden die Aufständischen unter Thomas
Müntzer durch ein Fürstenheer vollständig besiegt.

* Weinsberger Bluttat, auch Weinsberger Blut-Ostern: Graf Ludwig von Helfenstein und rund ein
Dutzend weitere Adlige wurden gefangen genommen und von den Bauern unter Führung des
Bauernanführers Jäcklein Rohrbach zum Tode verurteilt – gegen den Willen anderer, gemäßigterer
Bauernanführer, wie Wendel Hipler. Das Urteil wurde vor den Toren Weinsbergs vollstreckt, indem die
Bauern die Adligen durch die Spieße laufen ließen („Spießrutenlauf“). Diese Strafe war eine besondere
Herabwürdigung der Verurteilten, wurde sie doch ansonsten nur gegen Landsknechte, nicht aber gegen
Ritter verhängt.
8

                Gründe für die Niederlagen der Bauern
Ein Charakteristikum dieses Krieges ist seine Ungleichzeitigkeit. In manchen Regionen ist der
Bauernkrieg schon beendet, während er woanders erst beginnt.
Ein Beispiel: Die Schlacht von Böblingen findet am 12. Mai 1525 statt, aber erst am 24. Mai
1525 wird Freiburg gezwungen, den Bauern beizutreten. Diese Ungleichzeitigkeit ist eine der
Ursachen für die Niederlage der Bauern. Die Herren mit ihren gut gerüsteten Söldnerheeren
können nacheinander die militärisch unerfahrenen Bauernhaufen angreifen und besiegen.
Die Unterlegenheit der Bauern hat aber auch noch andere Gründe. Sie sind nicht erfahren
im Kampf, sie sind den Rittern auch in ihrer Ausrüstung hoffnungslos unterlegen.

Mit umgearbeiteten Feldarbeitsgeräten ziehen sie in den Krieg: Kriegsflegel,
Kriegssensen, Bauernwehre, Sauspieße und Handrohre (kleines Kanonenrohr
auf Holzstab montiert) gegen Rüstungen, Schwerter und Kanonen.

                   Folgen des Deutschen Bauernkrieges

Die ersten Reaktionen der Herren sind fürchterlich. Viele Bauern werden hingerichtet oder
verstümmelt. Sie müssen ihre Waffen abgeben und werden zu Schadenersatz verpflichtet.
Etwa 70'000 Bauern verlieren während des Bauernkriegs ihr Leben.
Weil die Herren aber auch Angst vor neuerlichen Aufständen haben, erfahren die Bauern in
einigen Regionen nicht nur Repressionen. So kommen die Herren am 25. Mai 1525 im
sogenannten "Renchener Vertrag", auch „Renchener Vertrag“ (Renchen ist eine Kleinstadt bei
Offenburg/Baden) den Bauern entgegen. Dort wird die Leibeigenschaft aufgehoben, die
Heiratsfreiheit wird möglich gemacht und die Todfallabgabe wird abgeschafft.
Die Forderungen der "Zwölf Bauernartikel von Memmingen" werden, etwas gemildert,
umgesetzt.
So ist der Krieg nicht ganz vergeblich. Bis zur ihrer endgültigen Befreiung müssen die
Bauern aber noch bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts warten.
Im Königreich Bayern wird die Leibeigenschaft am 31.08.1808 abgeschafft.
9

         Die Lehren der Reformatoren Luther und Zwingli
In diese Zeit der Bauernkriege fällt Martin Luthers (1483-1546) Angriff gegen
Verfallserscheinungen der Kirche.
Luthers Verkündigung der christlichen Freiheit deuten Teile der Landbevölkerung politisch.
Forderungen nach der Abschaffung "unbiblischer" Lasten werden laut und radikale
Anhänger der Reformation fordern - unter Berufung auf das Evangelium - eine soziale
Revolution.
Doch Martin Luther will und kann die Gesellschaft nicht revolutionieren. Für den
Reformator ist die Obrigkeit sehr wohl göttlich legitimiert (Monarchien von Gottes Gnaden),
zudem betrachtet er die Fürsten als stärkste Kraft im Reich und sucht ihren Rückhalt. Als
sich die Bauern erheben, verlangt Luther ein hartes Vorgehen gegen die Aufständischen.
Im Jahre 1520 erscheint die Schrift Martin Luthers "Von der Freyheith eines Christenmenschen".
Die Bauern fühlen sich unterstützt in ihrem Ansinnen, sich von der Leibeigenschaft zu befreien.
"Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemand untertan", so ist in
Luthers Schrift zu lesen, tragischerweise hat er seine These aber nicht auf das Diesseits
bezogen.
Luther ist der Meinung, dass weltliche Forderungen nicht mit der Bibel begründet werden dürfen.
Er sieht die Missstände, aber dennoch sollen die Bauern der Obrigkeit gehorchen.
Luther bezieht seine Thesen auf das Leben im Jenseits, er meint mit Freiheit die Freiheit des
Menschen, der von seinen Sünden erlöst wird. Er meint nicht die Befreiung von der
Obrigkeit.

Anders sieht das der Reformator Ulrich Zwingli (1484-1531). Die Bibel ist für ihn die Grundlage
für ein christliches Leben auf Erden und im Jenseits. Er sieht die Obrigkeit zwar auch von Gott
eingesetzt, aber dennoch an die Vorschriften der Bibel gebunden. Verstößt die Obrigkeit allerdings
gegen die Regeln, haben die Menschen durchaus das Recht, die Obrigkeit abzusetzen.
Dieses Denken kommt mehr aus der schweizerischen Tradition und Zwingli hat die Bauern
in Süddeutschland sehr beeinflusst.
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Die Zwölf Bauernartikel von Memmingen (20. März 1525)
1.   Jede Gemeinde soll das Recht haben, ihren Pfarrer zu wählen und ihn zu entsetzen [=
     abzusetzen], wenn er sich ungebührlich verhält. Der Pfarrer soll das Evangelium lauter
     und klar ohne allen menschlichen Zusatz predigen, da in der Schrift steht, dass wir
     allein durch den wahren Glauben zu Gott kommen können.

     Hintergrund: Pfarrstellen wurden im Mittelalter durch den Bischof besetzt.

2.   Von dem großen Zehnten sollen die Pfarrer besoldet werden. Ein etwaiger Überschuss
     soll für die Dorfarmut und die Entrichtung der Kriegssteuer verwandt werden. Der kleine
     Zehnt soll abgetan [= aufgegeben] werden, da er von Menschen erdichtet ist, denn Gott
     der Herr hat das Vieh dem Menschen frei erschaffen.

     Hintergrund: Der Zehnt teilte sich in einen Großzehnt (auf Getreide, Großvieh) und in einen
     Kleinzehnt (auf Obst,Gemüse, Kleinvieh).

3.   Ist der Brauch bisher gewesen, dass man uns für Eigenleute [= Leibeigene] gehalten hat,
     welches zu Erbarmen ist, angesehen, dass uns Christus alle mit seinen kostbarlichen
     Blutvergießen erlöst und erkauft hat, den Hirten gleich wie den Höchsten, keinen
     ausgenommen. Darum erfindet sich mit der Schrift, dass wir frei sind und sein wollen.

     Hintergrund: Bauern waren unmündige und rechtlose Sklaven. Auch ihren Wohnsitz konnten sie
     nicht frei wählen. Für Eheschließungen benötigten sie die Zustimmung ihrer weltlichen oder
     geistlichen Herren.

4.   Ist es unbrüderlich und dem Wort Gottes nicht gemäß, dass der arme Mann nicht Gewalt
     hat, Wildbret, Geflügel und Fische zu fangen. Denn als Gott der Herr den Menschen
     erschuf, hat er ihm Gewalt über alle Tiere, den Vogel in der Luft und den Fisch im
     Wasser gegeben.

5.   Haben sich die Herrschaften die Hölzer [= Wälder] alleine angeeignet. Wenn der arme
     Mann etwas bedarf, muss er es um das doppelte Geld kaufen. Es sollen daher alle Hölzer,
     die nicht erkauft sind [= ehemalige Gemeindewälder, die sich viele Herrscher angeeignet
     hatten], der Gemeinde wieder heimfallen [= zurückgegeben werden], damit jeder seinen
     Bedarf an Bau- und Brennholz daraus decken kann.

     Hintergrund: Jagd und Fischerei waren Vorrechte der Obrigkeit. Die Bauern beklagten vielfach
     erheblichen Wildflurschaden auf ihren landwirtschaftlichen Nutzflächen. Zudem wurde ihnen die
     Nutzung der Wälder für die Beschaffung von Bau- und Brennholz beschränkt.

6.   Soll man der Dienste [= Frondienste] wegen, welche von Tag zu Tag gemehrt werden und
     täglich zunehmen, ein ziemliches Einsehen haben [= sie ziemlich reduzieren], wie unsere
     Eltern gedient haben, allein nach Laut des Wortes Gottes.

7.   Soll die Herrschaft den Bauern die Dienste nicht über das bei der Verleihung festgesetzte
     Maß hinaus erhöhen. [Eine Anhebung der Fron ohne Vereinbarung war durchaus üblich.]

8.   Können viele Güter die Pachtabgabe nicht ertragen. Ehrbare Leute sollen diese Güter
     besichtigen und die Gült nach Billigkeit neu festsetzen, damit der Bauer seine Arbeit
     nicht umsonst tue, denn ein jeglicher Tagwerker ist seines Lohnes würdig.
Hintergrund: Im Rahmen der Leibeigenschaft waren die Bauern ihren Grundherren zur
           Entrichtung von Abgaben verpflichtet, die vertraglich vereinbart wurden. Da Frondienste schwer
           zu bemessen waren, kam es vielfach zu Streitigkeiten.

     9.    Werden der große Frevel [= Gerichtsbußen] wegen stets neue Satzungen gemacht. Man
           straft nicht nach Gestalt der Sache, sondern nach Belieben [ = Erhöhungen von Strafen und
           Willkür bei der Verurteilung waren üblich]. Ist unsere Meinung, uns bei alter geschriebener
           Strafe zu strafen, darnach die Sache gehandelt ist, und nicht nach Gunst.

           Hintergrund: Die Leibeigenen unterlagen der Gerichtsbarkeit ihrer Grundherren. Die
           Strafbemessung erfolgte oft willkürlich.

     10.   Haben etliche sich Wiesen und Äcker, die einer Gemeinde zugehören [= Gemeindeland,
           das ursprünglich allen Mitgliedern zur Verfügung stand], angeeignet. Die wollen wir
           wieder zu unseren gemeinen Händen nehmen.

           Hintergrund: Die Aneignung von Weideflächen, Wäldern und Fischgewässern durch die
           Obrigkeiten war eines der wichtigsten Beschwernisse der Bauern.

     11.   Soll der Todfall [= eine Art Erbschaftssteuer] ganz und gar abgetan werden, und
           nimmermehr sollen Witwen und Waisen also schändlich wider Gott und Ehre beraubt
           werden.

           Hintergrund: Beim Tod eines Hofinhabers mussten die Erben eine besondere Abgabe an die
           Herrschaft leisten, den sog.Todfall.

     12.   Ist unser Beschluss und endliche Meinung, wenn einer oder mehr der hier gestellten
           Artikel dem Worte Gottes nicht gemäß wären …, von denen wollen wir abstehen,
           wenn man es uns auf Grund der Schrift erklärt. Wenn man uns schon etliche Artikel jetzt
           zuließe und es befände sich hernach, dass sie Unrecht wären, so sollen sie von Stund
           an tot und ab sein. Desgleichen wollen wir uns aber auch vorbehalten haben, wenn
           man in der Schrift noch mehr Artikel fände, die wider Gott und eine Beschwernis des
           Nächsten wären.

           Hintergrund: Alle Forderungen ergeben sich aus dem Wort Gottes. Sollten sie sich durch die
           Heilige Schrift als unberechtigt erweisen, sollen sie hinfällig sein.

Quellen:
   – de.wikipedia.org/wiki/Deutscher_Bauernkrieg (20.04.2019)
   – www.br.de/radio/bayern2/sendungen/radiowissen/geschichte/deutscher-bauernkrieg-gemeiner-mann-100.html
        (20.04.2019)
   – www.planet-wissen.de/geschichte/neuzeit/der_bauernkrieg/ (20.04.2019)
   – stadtarchiv.memmingen.de/quellen/vor-180203/zwoelf-bauernartikel-1525.html (20.04.2019)
   – www.renchen.de/kultur-stadtgeschichte/stadtgeschichte/ (20.04.2019)
   – de.wikipedia.org/wiki/Zwölf_Artikel (20.04.2019)
   – stadtarchiv.memmingen.de/quellen/vor-180203/zwoelf-bauernartikel-1525.html (20.04.2019)
   – www.memmingen.de/fileadmin/Allgemeine_Dateiverwaltung/Bereich_Amt16_Stadtinformation/Prospekte/Ba
        uernartikel.pdf (20.04.2019)

           Autor: N. Ströhla (April/Mai 2019)
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