Synergien aus zwei Netzen effizient nutzen
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56 ENERGIE ewz: Wärmeverbund Herrliberg Synergien aus zwei Netzen effizient nutzen In Herrliberg entsteht derzeit eine einzigartige Fernwärme n Oben und unten: In Herrliberg am Zürichsee entsteht derzeit eine einzigartige Fernwärmever- versorgung: Auf Basis zweier Netze werden künftig sorgung: (Bilder: ewz) Gemeinde- und private Liegenschaften mit umweltfreund- licher Wärme und Kälte versorgt. Die Nutzung von Abwär- me und dadurch entstehender Synergien bringt maximale Energieeffizienz. Seit Januar 2019 liefen in der Gemeinde Ort entfernt. Diese Umplatzierung brachte Heizen und kühlen übers Erdreich Herrliberg die Bauarbeiten auf Hochtou- den Vorteil, dass das ursprüngliche Versor- Herzstück des Niedertemperaturnetzes ist ren. An verschiedenen Orten im Quartier gungsgebiet nahezu verdoppelt werden die Anergiezentrale bei der Schulanlage rund um das Schulhaus Rebacker sowie im konnte, so dass künftig mehr Haushalte Rebacker. Als Energiequelle für die «kalte Dorf wurde an einer Infrastruktur gebaut, in den Genuss einer wirtschaftlichen und Fernwärme» mit Temperaturen zwischen mit der ab dem 1. Dezember die ersten umweltfreundlichen Versorgung mit Fern- 6 °C und 25 °C dient Erdwärme. Diese wird Liegenschaften mit Fernwärme und Kälte wärme respektive zum Teil auch mit Kälte auf dem Sportplatz der Schulanlage über versorgt werden können. kommen. 45 Erdwärmesonden in einer Tiefe von 300 Nach dem Zuschlag auf Basis einer öffentli- chen Ausschreibung hat ewz Energielösun- gen in enger Zusammenarbeit mit der Ge- meinde die Planung und Realisierung des neuen Wärmeverbunds übernommen und ist auch für dessen Betrieb verantwortlich. Einzigartiges Konzept mit zwei Wärmenetzen «Das Konzept, zwei Netze zu realisieren – eines für Hochtemperatur und eines für Niedertemperatur – war bereits Teil des Projektes, als wir von ewz ins Spiel ka- men», erzählt David Füllemann, Projekt- leiter bei ewz Energielösungen. Ausge- hend von dieser Vorgabe hat ewz mit den Gemeindeverantwortlichen den Wärme- verbund weiterentwickelt und die Details ausgearbeitet. Im Verlauf der Planung stellte sich her- aus, dass der ursprüngliche Standort der Heizzentrale für das Hochtemperaturnetz nicht ideal war. Nach eingehender Evalua- tion liess sich ein neuer Standort finden, ein paar hundert Meter vom geplanten Spektrum GebäudeTechnik – SGT 4/2019
ENERGIE 57 Metern erschlossen. Wärmepumpen in den zung. Die Nutzung der lokalen Ressource angeschlossenen Liegenschaften heben war ebenfalls eine Vorgabe der Gemeinde. Technische Daten Wärmeverbund die dem Erdreich entzogene Wärme auf Über dieses Netz werden Liegenschaften Herrliberg • Anzahl versorgte Gebäude Hochtempera- das für Raumheizung und Warmwasser er- älterer Bauart innerhalb des Versorgungs- turnetz: aktuell 15, im Endausbau bis zu 30. forderliche Temperaturniveau an. Geheizt perimeters mit Wärme versorgt, etwa die • Anzahl versorgte Gebäude Niedertempe werden auf diese Weise Gemeindeliegen- Schulanlage oder die Vogtei, ein vor rund raturnetz: 5. • Wärmebedarf: 5500 MWh/a (inkl. Brauch- schaften neueren Datums wie etwa das 600 Jahren erbautes Landgut, das heute warmwasser). Alters- und Pflegezentrum und der Neubau unter anderem ein Restaurant, eine Trotte • Kältebedarf: rund 300 MWh/a. mit Alterswohnungen. und ein Wohnhaus beherbergt. Die Hack- • Installierte Leistung Wärmeerzeuger im Endausbau: 700 kW und 240 kW Holz, Doch das Energienetz kann mehr als nur hei- schnitzel stammen vom nahen Pfannen- 1600 kW Gas. zen: «Besonderes Augenmerk galt auch dem stiel, was den Vorteil sehr kurzer Transport- • Leistungen Abgaskondensation: 190 kW Kühlbedarf, der künftig klar an Bedeutung wege mit sich bringt. (Holz) und 316 kW (Gas). gewinnen wird», erklärt David Füllemann. Laut Füllemann reichen im Winter die gut • Gesamtleistungen der versorgten Liegen- schaften im Endausbau: 1780 kW (Hoch So lassen sich die fünf an das Niedertempe- 180 m3 Schnitzel, die das Lager fassen temperatur) und 540 kW (Niedertempe raturnetz angeschlossenen Liegenschaften kann, für zwei bis drei Wochen. Der recht- ratur). der Gemeinde im Sommer über die Erdson- zeitige Nachschub ist mit dem Lieferanten • CO2-Reduktion: 1000 Tonnen pro Jahr. • Einsparung fossile Brennstoffe: 4900 MWh den auch kühlen. Die Bewohnenden der vertraglich geregelt. Um Spitzenlasten im (im Vergleich Wärmeerzeugung mit Erd- neu gebauten Alterswohnungen sowie die Winter abzudecken oder zur Notversor- gas). Nutzerinnen und Nutzer des Kinderbetreu- gung bei einem Ausfall der Holzheizung • Inbetriebnahme: 2019/2020. ungshauses profitieren so das ganze Jahr steht zudem eine Gasheizung bereit. Intelligente, ganzheitliche über von angenehmem Raumklima. Eine Das Innovative dieser Anlage liegt aber Energielösungen – sicher – einfach – Kälteversorgung des Alters- und Pflegezen- nicht in der Wärmeerzeugung selber, umweltfreundlich trums wird derzeit noch geprüft. sondern in der Art der Abwärmenutzung. ewz ist einer der grössten Anbieter von integralen Energielösungen in der Schweiz Über eine Abgaskondensationsanla- und hat über 1500 Projekte für diverse Ge- ge wird den Abgasen der Holzfeuerung bäudearten – von Wohnbauten und ganzen Abgaswärme im Anergienetz nutzen Wärme entzogen. Der Wärmeertrag der Siedlungen über Büro- und Dienstleistungs- gebäude bis hin zu grossen Sport- und Frei- Die Wärmeproduktion für das Hochtempe- Schnitzelheizung lässt sich so laut Fülle- zeitanlagen – realisiert. ewz übernimmt die raturnetz mit Temperaturen bis maximal mann um etwa 20 % steigern. Gelangen Planung, Finanzierung, Realisierung und 85 °C erfolgt mit einer Holzschnitzelhei- ohne Kondensation Abgase mit 160 °C in den Betrieb von energietechnischen Anla- gen. Als erfahrender Partner begleiten sie die Umgebungsluft, wird deren Tempera- die Kunden über den gesamten Lebenszyk- n Grafik Funktionsweise Wärmeverbund Herrli- tur hier bis auf bis zu 15 °C gesenkt. Dies ist lus ihrer Gebäude und Areale. Dabei werden berg. Durch die intelligente Kombination zweier möglich, weil die Eintrittstemperaturen in Wirtschaftlichkeit, Versorgungssicherheit, Netze werden private wie Gemeindeliegenschaf- Energieeffizienz und Ökologie in Einklang die Abgaskondensation (ab dem Anergie- gebracht. Wo immer möglich, werden lokale ten mit umweltfreundlicher Wärme und Kälte netz) in einem ungewohnt tiefen Bereich Ressourcen genutzt. versorgt. Als Energiequellen dienen hauptsächlich lokal verfügbare Ressourcen wie Holz und Erd von 6 bis 25 °C liegen. wärme. Wärmeverbund Herrliberg Vogtei Alters- und In enger Zusammenarbeit mit der Gemeinde Herrliberg übernimmt Pflegezentrum ewz die Planung, Realisierung und den Betrieb des neuen Wärmever- bunds. Durch die intelligente Kombination zweier Netze werden Liegenschaft mit künftig zahlreiche Gebäude im Versorgungsperimeter mit umwelt- Wärmeübergabestation freundlicher Wärme und Kälte versorgt. Als CO₂-neutrale Energiequel- Solarthermieanlage len dienen dabei hauptsächlich Holz aus der Region sowie Erdwärme. Anergiezentrale Schulanlage Rebacker tz Versorgungsperimeter r tpla Sp o Anergienetz Hochtemperaturnetz Auswahl angeschlossener Gebäude Erdsondenfeld Heizzentrale Feuerwehr Zwei Anschlussvarianten Energiequelle für Anergienetz Wärmeproduktion für Hochtemperaturnetz (jeweils in den angeschlossenen Gebäuden) Anergienetz zur Hochtemperaturnetz zur Versorgung der Kunden Wärmeversorgung der Anschluss an das Hochtemperaturnetz (6 °C bis 25 °C) Kunden (max. 85 °C) Wärmerückgewinnung durch Abgaskondensation Heizung Gasheizung zur Spitzendeckung Gereinigte Brauchwarmwasser Kamin Hochtemperaturnetz und Redundanz Abgase max. 85 °C Wärmeregeneration (15 °C) Erdsondenfeld durch Wärmetauscher Speicher Solarthermie (optional) Anschluss an das Anergienetz (Niedertemperatur) Ungereinigte Gereinigte Wärmeregeneration Abgase Abgase Erdsondenfeld (160 °C) direkte Kühlung Biomasse (Holzhack- Heizung schnitzel) Asche- Feinstaub- container container Wasserbad Anergienetz Brauchwarmwasser Ableitung in die 6 °C bis 25 °C Kanalisation Wärmepumpe Speicher Erdsondenfeld Feuerung Elektrofilter Abgaskondensation SGT 4/2019 – Spektrum GebäudeTechnik
58 ENERGIE Konventionelle Abgaskondensations- anlagen können die Abgastemperatu- ren nur auf etwa 60 °C senken. Feuchtes Holz ist in der Anlage willkommen. Denn die nass angelieferten Schnitzel werden während der Verbrennung getrocknet, wodurch viel Wasserdampf freigesetzt wird. Die mittels Kondensation gewon- nene Wärme lässt sich entweder für die Regeneration der Erdsonden verwenden oder via Anergienetz direkt von den Kun- den nutzen. Diese Konstellation ist über die Landesgrenzen hinaus einzigartig. Doch was auf der einen Seite nützlich ist, schafft Herausforderungen an ande- ren O rten. So steigen Abgase mit hoher Temperatur aufgrund ihres Auftriebs bei der Mündung des Kamins rasch auf. Ganz anders, wenn die Temperaturen niedrig sind. Um ein Absinken der Abgase zu ver- hindern, muss Frischluft in den Kamin eingeblasen werden, die die Mündungs- geschwindigkeit hoch genug halten, dass die Abgase problemlos aufsteigen. «Mit der derzeitigen Infrastruktur versor- gen wir fünfzehn Gemeindeliegenschaf- ten mit CO2-neutraler Wärme über das Hochtemperaturnetz», hält Füllemann n Übersichtsplan des Wärmeverbundes Herrliberg. fest. Das System lässt sich bei Bedarf weiter ausbauen, so dass bis zu dreissig Gebäude angeschlossen werden kön- kondensation zurückgewonnen werden. ger Wärmeverbund berge durchaus das nen. Bereits bestehen Verträge mit fünf Dies entspricht dem Jahresenergiebedarf Potenzial, auch in anderen Gemeinden Anwohnern, mit weiteren ist ewz im Ge- von etwa 100 Wohnungen. zur Anwendung zu kommen, findet der spräch. Für Füllemann kann die in Herrliberg Projektleiter. n ewz realisierte Fernwärmelösung durchaus Vorbild sein für andere Wärmeverbünde. Wertvolle Synergien «Die Kombination von Heizen und Kühlen Das Zusammenwirken von Hoch- und über zwei Netze und die Nutzung sämt- Weitere Informationen: Niedertemperaturnetz ermöglicht wert- licher möglicher Synergien hat zu einer volle Synergien, die sich nicht nur aus äusserst effizienten Lösung mit Leucht- ewz Energielösungen ökologischer, sondern auch aus wirt- turmcharakter geführt». Rund 1000 Standorte in Zürich, Sils (GR) und Rolle (VD) schaftlicher Sicht lohnen. So kann über Tonnen CO2 können im Endausbau jähr- Tel. 058 319 47 12 800 MWh Wärme pro Jahr über die Abgas- lich eingespart werden. Der Herrliber- www.ewz.ch, energieloesungen@ewz.ch
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