TÄTIGKEITSBERICHT DES BUNDESRATES - Vorsitz Wien (2. Halbjahr 2013) und Burgenland (1. Halbjahr 2014) - Österreichisches Parlament
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TÄT I G K E I T S B E R I C H T D E S B U N D E S R AT E S Vorsitz Wien (2. Halbjahr 2013) und Burgenland (1. Halbjahr 2014)
Impressum: Herausgeberin, Medieninhaberin, Herstellerin: Parlamentsdirektion Adresse: Dr. Karl Renner-Ring 3, 1017 Wien, Österreich Redaktion: Susanne Bachmann, Barbara Blümel, Katharina König, Ute Krycha-Weilinger Bildredaktion: Ute Krycha-Weilinger, Bernhard Zofall Coverfotos: © media wien, Olga Posaškova, Parlamentsdirektion/Bildagentur Zolles KG/Jacqueline Godany, Leo Hagen, Mike Ranz, Parlamentsdirektion/HBF/Julia Weichselbaum, Parlamentsdirektion/Michael Buchner Grafische Gestaltung (Layout, Grafik, Fotobearbeitung): Dieter Weisser Druck: die 2gstelle Fulfillment OG Wien, im Juli 2014
Reinhard Todt Michael Lampel Dem Bundesrat als föderalistisches Das Burgenland hat seinen Vorsitz Instrument der Länder obliegt in der Landeshauptleutekonferenz die Aufgabe der Gesetzgebung, und im Bundesrat unter das in einem demokratischen Land Motto "Starke Regionen. Unsere wie Österreich eine wesentliche Zukunft!" gestellt. Starke Regionen Einrichtung, um Grundwerte und sind der Garant für eine bürgerna Grundrechte für alle BürgerInnen he Politik und für eine Demokratie zu gewährleisten und damit der Nähe – sie stehen auch für die Basis für ein gedeihliches © Parlamentsdirektion/WILKE eine Vielfalt, die es gerade in © Parlamentsdirektion/WILKE Miteinander zu fördern. einem Europa der Zukunft zu pfle Es war mir während meiner Präsidentschaft ein persönli gen und zu erhalten gilt. ches Anliegen, die Interessen aller Bundesländer in diesem Der Föderalismus ist ein fester Bestandteil der Sinne verstärkt weiter zu entwickeln und zu unterstützen. Erfolgsgeschichte der Zweiten Republik. Und ich bin Ein Schwerpunkt meiner Präsidentschaft hat sich aus mei davon überzeugt, dass der Föderalismus – verbunden ner beruflichen Tätigkeit im Dienste der älteren Generation mit den notwendigen Reformen – auch künftig wesent ergeben: Ich wollte und will mich vor allem dafür einsetzen, lich zu einer positiven Entwicklung Österreichs bei die Armut in dieser Bevölkerungsgruppe zu bekämpfen tragen wird. Der Bundesrat soll dabei, wie dies auch und existenzsichernde sozialpolitische Maßnahmen für die die Bundesregierung als Ziel formuliert hat, in seinen Pensionisten/innen zu fördern. Aufgaben gestärkt werden. Ein moderner Föderalismus Den föderalistischen Gedanken als Wiener, aber auch muss eine klare Aufgabenteilung zwischen Bund die Sicht der Österreicherin und des Österreichers, die und Ländern ebenso beinhalten wie die Möglichkeit aus ländlichen Bereichen in zentrale Ballungszentren zie einer effektiveren Mitwirkung des Bundesrates an der hen, habe ich einer intensiveren politischen Betrachtung Gesetzgebung des Bundes. Der Bundesrat hat auch unterzogen und Möglichkeiten der Integration in unseren seine Aufgaben als Europakammer im Zusammenhang Städten beleuchtet. Gerade diese Maßnahmen sollten mit den Subsidiaritätsverfahren sehr aktiv wahrgenom darauf abzielen, das Miteinander zu fördern und Barrieren men und damit wichtige Beiträge zur Umsetzung des abzubauen. Subsidiaritätsprinzips geleistet. Nationalratswahlkampf und Regierungsbildung haben Ein besonderer inhaltlicher Schwerpunkt des burgenländi meine Präsidentschaft natürlich beeinflusst; als Beitrag der schen Vorsitzes im Bundesrat ist das Thema Nachhaltigkeit Länderkammer habe ich eine Direktwahl der Mitglieder des und die Nutzung erneuerbarer Energie. 2013 hat das Bundesrates im Rahmen der jeweiligen Landtagswahlen Burgenland die Energiewende bei der Stromversorgung zur Diskussion gestellt. Nicht zuletzt waren und sind mir geschafft, womit das Burgenland eine europaweite die Rahmenbedingungen für die Tätigkeit des Bundesrates Modellregion ist. Ich sehe darin ein Musterbeispiel für die ein besonderes Anliegen, deren Verbesserung auch erfolgreiche Nutzung regionaler Stärken. Nachhaltigkeit Eingang in das Reformpapier der LandtagspräsidentInnen ist somit auch ein Schwerpunktthema in diesem und Landeshauptleute zum Bundesrat gefunden hat. Alles Tätigkeitsbericht, der darüber hinaus umfassend über die Gute für den Bundesrat als wichtiger Mediator zwischen Vielzahl an Aktivitäten, die der Bundesrat innerhalb eines Bundes- und Landespolitik! Jahres gesetzt hat, Auskunft gibt.
Statements der Fraktionsvorsitzenden BR als "Länderhebel" Föderalismus als Eckpfeiler bei EU-Mitgestaltung unserer Demokratie © Parlamentsdirektion/WILKE © Parlamentsdirektion/WILKE Die Debatten und Diskussionen Der mittlerweile dritte Tätig- über Reformen oder keitsbericht zeigt deutlich Abschaffung des Bundesrates den Umfang und die große in den vergangenen neun thematische Bandbreite im zig Jahren sind legendär. Bundesrat. Es wurde wieder Die letzte Debatte dieser Art viel bewegt, und auch in der wurde bemerkenswerter Weise Ländervertretung selbst fanden von NR-Präsidentin Barbara Gottfried Kneifel wichtige Veränderungsprozesse Christian Füller Prammer unmittelbar nach Vorsitzender der statt. Diese Reform ist absolut geschäftsführender SPÖ- der Nationalratswahl 2013 aus ÖVP-Bundesratsfraktion notwendig und muss daher Fraktionsvorsitzender im gelöst. Die darauffolgenden mit voller Kraft vorangetrie 2. Halbjahr 2013 Debattenbeiträge hatten eine andere Qualität als die meisten ben werden. Allen Tendenzen, vorherigen Artikel und Kommentare. Erstmals wurden die den Bundesrat in seinen BundesländervertreterInnen herausgefordert, zu erklären, wel Mitbestimmungsrechten einzu © Parlamentsdirektion/WILKE che Aufgaben der Bundesrat für die Bundesländer erfüllt – auch schränken oder ihn gar völlig innerhalb der Europäischen Union. abzuschaffen, müssen wir eine Europa als neue Aufgabe klare Absage erteilen. Denn Niemals zuvor wurde mehr über diese jüngste Kompetenz des dies hätte eine Schwächung Bundesrates – die indirekte und direkte Mitwirkung an der unseres Staatsgefüges zur EU-Rechtsetzung und EU-Willensbildung – diskutiert. Der sog. Folge. Der Bundesrat ist für Lissabon-Vertrag der EU hat die nationalen Parlamente, und unsere Demokratie unver Reinhard Todt damit auch den Bundesrat, mit völlig neuen Aufgaben und zichtbar, er ist die starke Kompetenzen ausgestattet. Die Länderkammer sichert damit Vertretung der Bundesländer, Vorsitzender der auch die Mitsprache der österreichischen Bundesländer im die Stimme der Regionen. Diese Bundesratsfraktion der SPÖ europäischen Gesetzwerdungsprozess. So kann der Bundesrat Mitbestimmung ist gelebter Föderalismus. Daher muss der innerhalb von acht Wochen nach Übermittlung des Entwurfes Bundesrat als gesetzgebendes Gremium weiter gestärkt, auf eines Gesetzgebungsaktes darlegen, weshalb der Entwurf gewertet und in der öffentlichen Wahrnehmung präsenter seines Erachtens mit dem Subsidiaritätsprinzip nicht vereinbar gemacht werden. Im Bundesratsreformgesetz wurde eine ist. Der Bundesrat hat von dieser Möglichkeit einer begründe Reihe von Vorschlägen zusammengefasst. Dieses muss nun ten Stellungnahme allein im Jahre 2013 sechs Mal Gebrauch gemeinsam, fraktionsübergreifend, in einem breiten Dialog gemacht. Er koordiniert auch die Länder-Stellungnahmen vorangetrieben werden. Denn eines steht fest: Der Bundesrat und kann Verletzungen des Subsidiaritätsprinzips beim ist bereit für Veränderungen, er ist bereit, Reformen zu wagen, Europäischen Gerichtshof in Luxemburg einklagen. Der aus denen er gestärkt hervorgehen kann. Wie unverzicht Bundesrat als verlängerter Arm der Länder nach Brüssel. Neue bar ein starker Bundesrat, und damit ein starkes Bekenntnis Arbeit für die MandatarInnen – aber besonders wichtig für ein zum Föderalismus für die Gesetzgebung, und damit für die besseres Europa näher bei den BürgerInnen! Demokratie, in Österreich ist, zeigt auch dieser Bericht.
Heimat – lokal Kritisches Selbstbild und in Europa und europäische Aufgabe © Parlamentsdirektion/WILKE © Parlamentsdirektion/WILKE Wo immer man hinschaut merkt Obwohl der Bundesrat nie auf man, wie wichtig den Menschen einmal neu gewählt wird, weil ihre engste Heimat ist. Der Platz, sich die Zusammensetzung an dem man geboren ist und an der Länderkammer durch dem man lebt, kommt immer die Landtagswahlen ergibt, zuerst. Alles, was weiter weg ist, hat eine Wahl der Schwester- kommt später. Bei der Enquete kammer, des Nationalrates, zum Thema "Zukunft Land: Monika Mühlwerth natürlich Auswirkungen auf Marco Schreuder Trends, Herausforderungen Vorsitzende der die Arbeit des Bundesrates. Vorsitzender der und Lösungen" wurde deut Bundesratsfraktion der FPÖ Wenn bundesweit Wahlkampf Bundesratsfraktion der Grünen lich, dass die Menschen weg- angesagt ist und nach der ziehen, wenn die Bedingungen wie Wohnen, Arbeit, Wahl eine Regierung erst gebildet werden muss, gibt es Kinderbetreuung, Schule, Freizeit nicht mehr im entsprechen kaum Gesetze, die zu beschließen wären. den Ausmaß vorhanden sind. Diese Entscheidung treffen v.a. Allerdings hört die Arbeit nicht auf und es fallen weiterhin Frauen. Es haben fast alle Teilnehmer festgestellt, dass, wenn zukunftsweisende Entscheidungen, etwa auf Europa- die Frauen weggehen, die Gemeinde stirbt. Ebene, an. Genau hier schlägt die Stunde des Bundesrates: Daher ist es so wichtig, dass die Politik nahe am Bürger ist Der EU-Ausschuss des Bundesrates ist enorm fleißig und und die Rahmenbedingungen stimmen. Die niedrige Wahl- schafft sich mittels Mitteilungen und Subsidiaritätsrügen beteiligung bei der letzten EU-Wahl lässt den Schluss zu, Gehör in Europa. Damit ist der österreichische Bundesrat dass für die Menschen Brüssel weit weg ist. Dort werden diesbezüglich die zweitfleißigste Kammer unter den 39 zwar wichtige Gesetze beschlossen, die ganz Europa betref parlamentarischen Kammern in der EU. So konnten auch fen, aber die meisten Menschen fühlen sich davon offen umstrittene Vorhaben wie etwa die Saatgutverordnung sichtlich nicht wirklich angesprochen. Und sie haben auch kritisch hinterfragt und sogar verhindert werden – außer nicht wirklich das Gefühl, mit ihrer Stimme mitentscheiden eine neue Kommission startet einen weiteren Versuch. zu können, was in Brüssel oder Straßburg geschieht. Womit der Bundesrat immer beschäftigt ist, ist seine eige Der EU-Ausschuss des Bundesrates hat sich sehr inten ne Rolle. Auch in diesem Arbeitsjahr war die Abschaffung siv mit Verordnungen und Entwürfen der Europäischen oder Reform der Länderkammer mediales Schlachtfeld. Kommission beschäftigt. Nach Schweden kamen die meisten Allerdings ist eine (berechtigte!) Institutionendiskussion Subsidiaritätsrügen aus unserem Bundesrat. In Zusammen- besser an das Ende einer viel wesentlicheren Debatte arbeit mit anderen EU-Ländern konnte so z.B. die Kon- zu stellen: Wie will Österreich zukünftig Föderalismus zessionsrichtlinie gekippt werden, die unter anderem vorgese effizient organisieren? Wenn diese Frage beantwortet hen hätte, dass unser Wasser privatisiert wird. Es ist wichtig, diese wurde, stellt sich auch die Frage über die Existenz des Arbeit den Menschen in den Ländern näher zu bringen, sie ent Bundesrates neu. sprechend zu kommunizieren. Als Politiker müssen wir darauf achten, Bedingungen zu schaffen, die es den Menschen mög lich machen, ihre engste Heimat als lebenswert zu betrachten.
Inhalt Grußworte der Präsidenten Statements der Fraktionen Aktives Altern BR-Enquete: Aktives Altern als gesamtgesellschaftlicher Gewinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Erneuerbare Energien Johann Binder Energiestrategie Burgenland 2020+ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Burgenländisches Landesentwicklungsprogramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Energiewende bei der Stromversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 BR-Enquete: Erneuerbare Energien und lokale Wertschöpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Wiener Präsidentschaft – Die Schwerpunkte Antrittsrede von BR-Präsident Reinhard Todt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Landtagspräsidentenkonferenz in Riegersburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 BR-Enquete zum Internationalen Tag der älteren Menschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Hearing zum "Österreichischen Städtetourismus" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Internationale Kontakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Buchpräsentationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Resümee über die Kernpunkte der Wiener Präsidentschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Stimmen aus Wien Brigitte Bailer Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Burgenländische Präsidentschaft – Die Schwerpunkte Michael Lampel Moderner Föderalismus als Modell für die Zukunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Zur Rolle des Bundesrates in der Europäische Union . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Internationale Kontakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Unterstützung für das Projekt "Verbindende Hände" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Gedenktag 5. Mai 2014 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 Jugendparlament 6. Mai 2014 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 BR-Enquete: Ein Blick Richtung Zukunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 Resümee über die Kernpunkte der burgenländischen Präsidentschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 Stimmen aus em Burgenland Hans Niessl Starke Regionen – unsere Zukunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 Vielfältige Kunst aus Neufeld an der Leitha . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Statistik
SCHWERPUNKTTHEMA AKTIVES ALTERN Aktives Altern als gesamtgesellschaftlicher Gewinn Wichtige Enquete des Bundesrates zum Thema stellen aber auch große Herausforderungen an Gesell- schaft, Politik und Wirtschaft. Um auf die Chancen und D er amerikanische Industrielle Henry Ford meinte: "Nimm die Erfahrung und die Urteilskraft der Menschen über 50 heraus aus der Welt, und es wird nicht genug übrigbleiben, um Herausforderungen, die sich durch den demographi schen Wandel ergeben, aufmerksam zu machen und um die spezifische Lebenssituation von älteren Menschen ihren Bestand zu sichern." Weise Worte, die dem unschätzba weltweit stärker in den Fokus zu bringen, haben die ren Wert der älteren Generation für die gesamte Gesellschaft Vereinten Nationen im Jahr 1990 den 1. Oktober zum treffend Ausdruck verleihen. Denn eines steht völlig außer Internationalen Tag der älteren Generation erklärt. Zweifel: Alle Generationen, unser ganzes Land profitiert vom Dementsprechend hielt der Bundesrat an diesem Tag eine Erfahrungsschatz und dem Wissen der älteren Generation. Es Enquete im Parlament ab mit dem Titel: "Der Anteil der älte vollzieht sich ein fundamentaler gesellschaftlicher Wandel. ren Menschen steigt in der österreichischen Gesellschaft Nicht nur durch die demographische Entwicklung, die stei stetig an – welche Auswirkungen hat dies auf die ver gende Lebenserwartung, sondern v.a. durch eine neue Form schiedenen Lebensbereiche der älteren Menschen, welche des Alterns. Die SeniorInnen des frühen 21. Jahrhunderts sind Herausforderungen stellen sich für die österreichische aktiver, gesünder und besser ausgebildet als alle Generationen Politik?". vor ihnen, und sie wollen und sollen auch eine immer größere Unser gemeinsames Ziel muss es sein, in unserem Land aktive Rolle in allen Lebensbereichen spielen. eine Kultur des aktiven Alterns zu schaffen. Aber auch Diese gewonnenen Jahre bergen unendlich viel Potenzial, jede/r einzelne ältere Mitbürger/in muss für sich seinen/ Der Vorsitzende der ÖGB PensionistInnen, Werner Thum, am Rednerpult © Parlamentsdirektion/Bildagentur Zolles KG/Mike Ranz 5
SCHWERPUNKTTHEMA AKTIVES ALTERN ihren eigenen Beitrag leisten. Aktivität und Prävention sind wichtiger Bestandteil der gesellschaftlichen Mitwirkung der Schlüssel, um ein langes, erfülltes Leben, ein Leben in und Mitbestimmung älterer BürgerInnen und müsse inten körperlicher und geistiger Fitness bis ins hohe Alter führen siv unterstützt werden. Deswegen sei das Stimmrecht die zu können. Durch bewusstes Fordern von Körper und Geist, ser Beiräte gesetzlich zu verankern, präzisierte Todt. Nicht durch moderate Bewegung, durch aktive Teilhabe an allen zuletzt sei es notwendig, das Verständnis zwischen der Lebensbereichen, durch Neugier und Weiterbildung kön jungen und der älteren Generation zu fördern. nen die späten Jahre erfüllt und sinnstiftend erlebt werden. Oder – wie uns ein weises Sprichwort zu lehren pflegt –: Beschäftigung, Pensionen, "Man ist nur einmal jung. Aber wie lange dieses eine Mal Pflege – Zukunftsfragen von großer Brisanz dauert, das ist die Frage." Sozialminister Hundstorfer beleuchtete in seinem Referat die Auswirkungen des demographischen Wandels v.a. Die Politik muss stärker auf die Interessen älterer auf die Bereiche Pensionen, Pflege und Beschäftigung. Generationen Bedacht nehmen, immerhin wird der Grundsätzlich sei es natürlich "ganz toll", in einem Land zu Anteil der über 65-Jährigen im Jahr 2030 auf 24% der leben, in dem die Lebenserwartung der Menschen ständig Gesamtbevölkerung angestiegen sein. steigt, sagte er. Durch diese Entwicklung ergäben sich aber Bundesratspräsident Todt betonte, es gelte, im Sozialstaat eine Reihe von Herausforderungen für die Politik und die Österreich gegen Altersarmut zu kämpfen und existenzsi Gesellschaft, die man offen ansprechen müsse. Viele wich chernde sozialpolitische Maßnahmen für PensionistInnen tige Maßnahmen seien bereits in den letzten Jahren einge durchzusetzen. "Das ist – zweifelsohne – eine der wichtigsten leitet worden – wie z.B. die Einführung des Pensionskontos politischen Aufgaben der Gegenwart". Vorrangiges Ziel sei oder die Abschaffung der befristeten Invaliditätspension –, dabei die noch bessere Einbeziehung des Seniorenrates in erinnerte Hundstorfer, aber es gebe noch Einiges zu tun. alle die ältere Generation betreffende Maßnahmen. Zudem Ab dem 1. Jänner 2014 werde zudem die Änderung der sei die Arbeit der Beiräte in den Sozialversicherungen ein Langzeitenversichertenregelung wirksam, die u.a. eine Staffelung des Antrittsalters bringt. Positiv vermerkte der Minister, dass die ÖsterreicherInnen im letzten Jahr erstmals später, und zwar um insgesamt fünf Wochen, in Pension gegangen sind. Auch wenn dieser Fortschritt relativ gering erscheine, so handle es sich dabei um eine echte Trendwende, die dazu geführt habe, dass um € 125 Mio. weniger Bundeszuschuss erforderlich war. Als eine der wichtigsten Aufgaben für die Zukunft sah Hundstorfer die Verringerung der Invaliditätspensionen an, da sie derzeit ein Drittel der insgesamt 96.000 Pensionsantritte pro Jahr (ohne BeamtInnen) ausmachen. Um dieser Entwicklung entgegenzusteuern, habe man bereits einige wichtige Projekte – z.B. "Fit to Work", die Gesundheitsstraße oder den Rechtsanspruch auf beruf Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf liche Rehabilitation – gestartet, zeigte der Minister auf, Hundstorfer am Rednerpult © Parlamentsdirektion/Bildagentur Zolles KG/ weitere müssen seiner Meinung nach folgen. Es müsse Mike Ranz alles getan werden, damit ältere ArbeitnehmerInnen 6
ken, dass dies Auswirkungen auf den Wettbewerb zwi schen den Nationen haben wird. Neben den offensichtlichen Herausforderungen, die sich dadurch ergeben, sollte man jedoch immer auch die potenziellen Chancen nutzen. Das Thema "alternde Gesellschaft" betreffe neben den bereits angesprochenen Bereichen Beschäftigung, Pflege oder Pensionen noch zahlreiche andere Gesellschaftsfelder, wie etwa die Mobilität, das Freizeitverhalten, den Tourismus ("barrierefreies Reisen"), den Wohnsektor ("altersgerechtes Wohnen"), die Bildung ("lebenslanges Lernen") oder den Konsum. Was sein Ressort im Konkreten betrifft, so würden im Rahmen der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft eine Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Reinhold Mitterlehner Reihe von Maßnahmen gefördert, die sich der altersgerech am Rednerpult © Parlamentsdirektion/Bildagentur Zolles KG/Mike Ranz ten Gesellschaftsentwicklung widmen. Als Beispiele nannte er Projekte aus den Bereichen Biotechnologie (Verbesserung länger in Beschäftigung bleiben. Der Sozialminister der Mobilität), Medizin (neue Diagnosemethoden, schlug in diesem Zusammenhang die Einführung eines Verknüpfung von Datenbanken), Pflege (neue Tools zur Bonus-Malus-Modells sowie – ähnlich wie bei der jun besseren Alltagsbewältigung) sowie Wirtschaft (Entwicklung gen Generation – einer Beschäftigungsgarantie für ältere und Vermarktung neuer Produkte). Mitterlehner wies wei ArbeitnehmerInnen vor. Beim Thema Pflege ging es dem ters darauf hin, dass der Pflegebereich ein ständig wach Minister vorrangig darum, weiterhin zu gewährleisten, sender Wirtschaftsfaktor sei, zumal von Bund, Ländern dass die Menschen möglichst lange selbstbestimmt und und Gemeinden jährlich € 4 Mrd. für die Betreuung älterer selbständig leben können. Österreich sei in diesem Bereich Menschen ausgegeben werden. Dadurch steige natürlich Weltmeister, denn rund 5,1 % der Bevölkerung erhalten auch der Personalbedarf, und zwar um insgesamt 17.000 Pflegegeld, hob Hundstorfer in diesem Zusammenhang Personen bis 2020. Da gerade in dieser Berufssparte die hervor. Angesichts der demographischen Entwicklungen Vereinbarkeit von Beruf und Familie oft sehr schwierig sei, sei es im Sinne des sozialen Friedens umso wichtiger, habe sein Ressort ein spezifisches Auditverfahren entwic die einzelnen sozialen Gruppen und Generationen nicht kelt, das auch sehr gut angenommen werde. Durch die gegeneinander auszuspielen, sondern deren Leistungen Einführung der Pflegekarenz und der Pflegeteilzeit wollte anzuerkennen, schloss der Minister. man zudem Lösungen schaffen, um die Angehörigen besser zu unterstützen und zu entlasten. Herausforderungen und Chancen für Auch der Wirtschaftsminister betonte, dass das faktische die gesellschaftliche Entwicklung Pensionsantrittsalter, das derzeit noch immer unter 60 Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner betonte die Jahren liegt, erhöht werden müsse. Als Lösungsansätze dafür Wichtigkeit des Themas. Derzeit sind 23,7 % der Bevölkerung konnte er sich eine Abflachung der Gehaltskurven oder die älter als 60 Jahre, so sein Hinweis, in rund 30 Jahren werde Einführung von flexiblen Arbeits- und Pensionsmodellen dieser Anteil aber auf 33 % steigen. Da es sich bei dieser vorstellen. Als Familienminister lag ihm zudem besonders am Entwicklung vorrangig um ein europäisches Phänomen Herzen, dass vier Jahre als Kindererziehungszeiten voll für die handle, müsse man aus wirtschaftlicher Sicht auch beden Pension angerechnet werden. Schließlich kam Mitterlehner 7
SCHWERPUNKTTHEMA AKTIVES ALTERN noch auf das Bundesseniorengesetz zu sprechen, dass v.a. im Hinblick auf den Ausbau der Mitbestimmungsrechte des Seniorenrates weiterentwickelt werden sollte. ÖsterreicherInnen leben länger und sind länger aktiv Konrad Pesendorfer, Generaldirektor der Statistik Austria, illustrierte die österreichische Bevölkerungsentwicklung im Zeitraum 2000 bis 2025. Die Einwohnerzahl Österreichs werde bis 2060 vermutlich um eine Million ansteigen, gleichzeitig steige der Altersdurchschnitt und der prozen tuelle Anteil der über Fünfundsechzigjährigen. Bis 2025 ist ein Anstieg der ÖsterreicherInnen über 65 Jahren von der zeit 1,55 Mio. bzw. 18 % der Bevölkerung, auf 1,91 Mio. (22 % Der Generaldirektor der Statistik Austria Konrad Pesendorfer am der Bevölkerung) zu erwarten. Pesendorfer wies darauf hin, Rednerpult © Parlamentsdirektion/Bildagentur Zolles KG/Mike Ranz dass aufgrund der Abwanderung der Altersdurchschnitt in strukturschwachen Regionen stärker ansteigen werde. da das Durchschnittsalter der österreichischen Bevölkerung Klar war auch, dass der wachsende Anteil älterer Menschen ansteigt. Daher müssten auch die österreichischen Betriebe Fragen der nachhaltigen Finanzierung des Pensions- und ihre Innovationsfähigkeit mit älteren Belegschaften sicher Gesundheitssystems und der Pflege aufwirft. Pesendorfer stellen. Die besonderen Anforderungen und Bedürfnisse unterstrich, dass man dabei die positiven Aspekte dieser älterer ArbeitnehmerInnen bei Arbeitsumgebung, Entwicklung nicht vergessen sollte. Das "subjektive" Alter Arbeitszeitgestaltung oder Leistungsanforderungen seien verändere sich, da mit der Lebenserwartung unter den dabei zu berücksichtigen. Gesundheitsförderung und älteren Menschen auch der Anteil derer, die sich weiterhin Prävention müssen als wichtige Investitionen in die Zukunft gesund fühlen, ansteige. Ältere Menschen stehen in ihrer begriffen werden. Aktivität in der Freizeit jüngeren kaum nach und werden zu Der ÖGB fordert ein Bonus-Malus-System in Form eines einem bedeutsamen Wirtschaftsfaktor. Die Nachfrage nach Quotenmodells, wonach ein bestimmter Prozentsatz der Pflegeunterstützung und intensivmedizinischen Kosten Beschäftigten in einem Betrieb der Altersgruppe 55+ ent v.a. in den letzten Lebensjahren wird zunehmen. Allerdings sprechen muss. Unternehmen sollten dadurch zumindest müssten die Kosten für Gesundheit und Pflege nicht unbe einen kleinen Betrag an die Gesellschaft leisten, wenn sie dingt im gleichen Ausmaß steigen wie die Zahl der älteren ArbeitnehmerInnen vor dem Regelpensionsalter kündigen. Bevölkerung, sondern könnten zum Teil durch richtigen Einsatz von Innovation und Technologie kompensiert wer Betriebe brauchen Unterstützung zur den. Schaffung altersgerechter Arbeitsplätze Der Vizepräsident der Wirtschaftskammer Österreich, Altersgerechte Arbeitsplätze sind notwendig Richard Schenz, stellte die demographische Entwicklung Über die Herausforderung älterer ArbeitnehmerInnen der EU 28 an den Beginn seiner Überlegungen: Habe 2012 aus Sicht des Österreichischen Gewerkschaftsbundes das Verhältnis von Erwerbstätigen gegenüber Menschen machte sich Werner Thum (Vorsitzender der ÖGB- im Alter 65+ noch 4:1 betragen, werde es 2060 nur mehr PensionistInnen) Gedanken. Ein Umdenken sei gefordert, 2:1 sein. Österreich erwarte ein Rückgang der Zahl der 8
Erwerbstätigen bis 2030 um etwa 100.000 Personen, ab auch die erfolgreiche Eingliederungsbeihilfe des AMS 2017 werden mehr Personen aus dem Beruf ausscheiden, für ältere ArbeitnehmerInnen. Schenz nannte als wei als ins Berufsleben eintreten. tere Forderungen der Wirtschaft die Abflachung der Die Anhebung des tatsächlichen Pensionsantrittsalters Einkommenskurve zugunsten jüngerer ArbeitnehmerInnen und der Erwerbsquote der ArbeitnehmerInnen zwischen und die Entwicklung von Altersteilzeitmodellen. 50 und 65 Jahren ist für ihn daher unumgänglich, um die Sozialsysteme tragfähig zu erhalten, das vorhande Gegen Horrormeldungen über ne Arbeitskräftepotenzial zu nützen und die öffentlichen Aussichten junger Menschen Haushalte zu entlasten. Ein längerer Verbleib Älterer im Die Wiener Stadträtin für Gesundheit und Soziales, Sonja Arbeitsleben schmälere die Chancen der Jugend auf einen Wehsely, bekannte sich vorweg zum Grundsatz der Diversität Eintritt ins Arbeitsleben – entgegen diesbezüglich verbrei in allen gesundheits- und pflegepolitischen Fragen. Ältere teter Auffassungen – nicht. Menschen haben unterschiedliche Bedürfnisse und Um zukunftsfähig zu sein, müsse sich die Führungs- brauchen unterschiedliche Problemlösungen, stellte sie und Unternehmenskultur in den Betrieben ändern. Es fest. Gesundes Altern sei eine soziale Frage, weil sozial sei auf altersgerechte Arbeitsorganisation und betriebli schwache Menschen bekanntlich einen schlechteren che Gesundheitsförderung zu achten. Qualifikation und Gesundheitszustand haben. Weiterbildung auch älterer ArbeitnehmerInnen seien Beim Thema Pflege betonte Wehsely die Qualitätssicherung zu fördern, und es müsse Unternehmensziel sein, den und die Notwendigkeit individueller Betreuungsangebote, Erhalt der Arbeitsfähigkeit zu unterstützen. Unterstützung denn "Wahlfreiheit" bedeute, zwischen mobilen und statio brauchten dabei v.a. kleinere und mittlere Unternehmen, nären Angeboten wählen zu können. Daher habe Wien sein sagte Schenz. Die geförderte Betriebsberatung für KMU Pflegeangebot wesentlich ausgebaut: Insgesamt stehen sollte daher auf jeden Fall weitergeführt werden, wie für 60.000 Menschen Pflege- und Betreuungsleistungen auch die Maßnahmen zur Senkung der Lohnnebenkosten zur Verfügung, 2013 werden dafür € 742 Mio. aufgewendet. für über Fünfzigjährige. Verlängert werden müsse Wehsely gab ihrer Überzeugung Ausdruck, dass die Betreuung und Pflege älterer Menschen eine Kernaufgabe des Staates darstelle. Da alle Menschen möglichst lange zu Hause bleiben wollen, werden 40.000 Menschen in Wien vom "Fonds Soziales Wien" zu Hause betreut, durch Heimhilfe und Hauskrankenpflege. Zugleich werden Tageszentren, wo derzeit 2.000 Menschen betreut werden, massiv ausgebaut. Sie befinden sich in der Nähe von Pflegeeinrichtungen und Kindergärten, weil es darum gehe, die Menschen nicht irgendwohin an den Stadtrand abzuschieben, sondern mitten im Leben zu halten. Für 22.500 WienerInnen stehen stationäre Betreuungseinrichtungen zur Verfügung, in die das Land € 500 Mio. investiert. Zudem unterstrich Wehsely die Bedeutung von Prävention und Gesundheitsförderung Die Stadträtin für Gesundheit und Soziales in Wien Sonja Wehsely am bei den älteren Menschen und erinnerte an die Rednerpult. © Parlamentsdirektion/Bildagentur Zolles KG/Mike Ranz Gesundheitsreform der letzten Gesetzgebungsperiode. 9
SCHWERPUNKTTHEMA AKTIVES ALTERN Abschließend reagierte Sonja Wehsely auf vielfach ver große Bedeutung. Mit einer Angebotssteuerung stelle breitete Horrormeldungen über angeblich schlechte es sicher, dass die Menschen bekommen, was sie tat Aussichten junger Menschen für deren Alter. Sie hielt sächlich brauchen. Als die großen Herausforderungen Pessimismus nicht für angebracht, sondern plädierte dafür, im Pflegebereich identifizierte Schmid Ausbildung und das Pensionssystem durch Steigerung der Erwerbsquote Rekrutierung von Personal, die Entwicklung eines durch zu sichern. Eine hohe Erwerbsquote hänge auch mit der lässigen Systems, die Sicherung der Finanzierung und Professionalisierung von Pflege und Kinderbetreuung und die Valorisierung des Pflegegelds. Wichtig sind ihr auch mit dem Ausbau der ganztägigen Betreuung in der Schule der Ausbau barrierefreien Wohnens, ambulant betreute zusammen, weil dies die Voraussetzungen für eine höhere Wohnungen und die Errichtung von Mehrgenerationen- Erwerbsquote der Frauen seien. Wohnanlagen. Menschen wollen in ihren Für eine bessere Anerkennung der eigenen vier Wänden alt werden produktiven Leistungen der SeniorInnen Die Vorarlberger Landesrätin Greti Schmid erläuterte die Andreas Khol, Präsident des Seniorenrates, wies auf die radi Pflegevorsorgestrategie ihres Bundeslandes, die eben kale Veränderung der Lebenswelt der älteren Generation falls von der Tatsache ausgehe, dass die Menschen in hin: 74 % würden sich heute einer aktuellen Studie zufol Selbstständigkeit zu Hause alt werden wollen. Aktuell ge als flotte Senioren bezeichnen, die das Internet nut können in Vorarlberg mehr als 80 % der älteren Menschen zen, viel reisen und in der Freiwilligenarbeit aktiv sind. ambulant betreut werden, berichtete sie, knapp 20% wer Demgegenüber würden nur noch 3 % in die Gruppe der den in stationären Einrichtungen gepflegt. zurückgezogen lebenden und vereinsamten Alten fallen. Die 60- bis 85-Jährigen wollen heute mehr, sie wollen als Nach dem Motto "aktivierend und selbstbestimmt" eigene, selbstbestimmte Generation anerkannt werden. fördert Vorarlberg die Eigeninitiative der Menschen in Es gehe daher darum, diesem Umstand Rechnung zu tra der Pflegevorsorge. Dazu gehören regional verfügba re ambulante, teilstationäre und stationäre Dienste, die Unterstützung pflegender Angehöriger und der Ausbau ehrenamtlicher Dienste. Die Landesrätin erläuterte die Besonderheit des 2001 gegründeten Betreuungs- und Pflegenetzes in ihrem Land. Vorarlberg setzt dabei schwer punktmäßig auf pflegende Angehörige, die durch ambu lante Dienste, Urlaubs- und Nachtbetreuung, Urlaub von der Pflege und durch einen besonderen Pflegezuschuss des Landes ab der Pflegestufe 5 unterstützt werden. Sie informierte auch über die Arbeit der 23 "Aktion-Demenz"- Modellgemeinden und über das flächendeckend ausge baute Hauskrankenpflegemodell, das quasi genossen schaftlich organisiert sei und bereits 61.000 Mitglieder sowie einen Eigenfinanzierungsbedarf von 40 % aufweise. Seniorenratspräsident Karl Blecha und Seniorenratspräsident Andreas Für den künftigen Ausbau des Pflegeangebots nach dem Khol am Rednerpult © Parlamentsdirektion/Bildagentur Zolles KG/Mike Motto "ambulant vor stationär" habe das Care-Management Ranz 10
gen und die Mitwirkung und Mitbestimmung der "jungen" ÖsterreicherInnen werden alt, Alten in der Gesellschaft zu unterstützen. Er forderte des hinken beim gesund Altern aber nach halb die volle Teilhabe der älteren Menschen im Sinne einer Richard Kühnel, Vertreter der EU-Kommission in Österreich, angemessenen Vertretung in allen Vertretungskörpern berichtete, dass sich die EU-Kommission drei Schwerpunkte der Republik und plädierte darüber hinaus v.a. für die im Bereich aktives und würdevolles Altern gesetzt habe. Es Anerkennung der produktiven Leistungen der über gehe insbesondere darum, älteren Menschen Chancen am 60-Jährigen, sei dies nun in ehrenamtlicher Form oder in Arbeitsmarkt zu geben, die Teilhabe älterer Menschen in der einer Erwerbstätigkeit. Gesellschaft sicherzustellen und ein unabhängiges Leben im Alter zu gewährleisten. Er verwies in diesem Zusammenhang Kultur des aktiven auf ein europäisches Pilotprojekt zum Thema gesund alt Alterns schaffen werden. Österreich habe im europäischen Vergleich zwar ein Karl Blecha, Präsident des Seniorenrates, setzte sich auch hohes durchschnittliches Lebensalter, beim gesund Altern mit der Rolle der älteren Menschen in der Gesellschaft hinke das Land anderen Staaten aber hinterher, skizzierte er. auseinander und rechnete angesichts der stark steigen den Lebenserwartung mit erheblichen Auswirkungen Erwerbstätigkeit und Pflege auf alle Bereiche des täglichen Lebens. Er sah darin eine müssen besser vereinbar sein Herausforderung v.a. für die Arbeitswelt, die Teilhabe Für Ingrid Moritz, Leiterin der Abteilung Frauen-Familie in der der SeniorInnen am sozialen Leben, die Sicherung der Bundesarbeitskammer, war die Frage der Vereinbarkeit von Pensionen und die Generationensolidarität. Es gelte, das Erwerbstätigkeit und Pflegearbeit besonders wichtig: 436.000 große Potenzial der Alten in den Vordergrund zu stel Personen im erwerbsfähigen Alter pflegen Angehörige. len und eine Kultur des aktiven Alterns zu schaffen. Mindestens 20.000 davon würden eine Arbeit aufnehmen Blecha brach in diesem Sinn eine Lanze für eine flexib bzw. 10.000 ihre Arbeitszeit ausweiten, wenn ein ausreichen lere Pensionierung, für Altersberufe und ehrenamtliche des Pflegeangebot vorhanden wäre. Moritz erachtet es als Tätigkeiten als Ausdruck des radikalen Wandels in der wichtig, den Ausbau der Pflegeinfrastruktur zu forcieren. Lebenssituation der älteren Generation. Klar war für ihn Josef Wöss, Abteilungsleiter Sozialpolitik in der Bundes- dabei, dass durch die neuen agilen, "jungen" Alten die arbeitskammer, kritisierte, dass in der Diskussion über den ganze Gesellschaft jünger werde. demographischen Wandel die Frage dominiere, wie sich Mit Nachdruck hob Blecha überdies die Bedeutung einzelne Altersgruppen zueinander entwickeln. Dabei werde einer von Gegenseitigkeit, verstärkter Verantwortung immer wieder unter den Tisch fallen gelassen, dass bei wei und Zuwendungsbereitschaft getragenen Generationen- tem nicht alle Menschen im erwerbsfähigen Alter tatsächlich gerechtigkeit hervor, wobei er betonte, der Gene- im Erwerbsleben stehen. Wenn es Österreich bis zu den rationenvertrag habe immer wieder seine ökonomische Jahren 2040/50 gelinge, die Erwerbsbeteiligung erwerbsfä und politische Stabilität bewiesen. higer Menschen an jene anderer europäischer Länder, wie etwa Dänemark, anzupassen, würde der demographisch Was die Pensionen betrifft, äußerte er die Überzeugung, bedingte Kostenanstieg für den Staat wesentlich geringer das umlagefinanzierte gesetzliche Pensionssystem ausfallen. Alle Anstrengungen seien darauf zu richten, die habe gerade in der Zeit der Krise seine Stärke bewiesen. Erwerbsintegration zu erhöhen und etwa ältere Menschen Österreich brauche keine Pensionsreform, sondern eine besser in den Arbeitsmarkt zu integrieren und Jüngere besser Reform der Arbeitswelt, die es den Menschen erlaubt, län auszubilden. ger im Erwerbsleben zu bleiben. (Quellen: PK-Meldungen Nr. 737 - 739, 1.10.2013) 11
SCHWERPUNKTTHEMA ERNEUERBARE ENERGIEN Energiestrategie Burgenland 2020+ Start mit dem "Energieteam Burgenland" Der erste Meilenstein, die bilanzielle Strom- 2 009 wurde von Landeshauptmann Hans Niessl das "Energieteam Burgenland" ins Leben gerufen, welches die Aufgabe hatte, sich mit Schlüsseltechnologien zu den autonomie, wurde im September 2013 tat sächlich erreicht und Schwerpunkten Energieeffizienz und Energieproduktion zu im Rahmen eines beschäftigen. Das Energieteam Burgenland hat in den letz Festaktes in Gols ent ten Jahren etwa vier Mal pro Jahr getagt und Vorschläge zu sprechend gefeiert. DI. Johann Binder den genannten Themen erarbeitet. © Binder 2012 In der Zwischenzeit Die Ergebnisse und Vorschläge des Energieteams Burgenland wird der Ausbau der führten schließlich zu den Inhalten und Eckpunkten der Windkraft ständig Energiestrategie Burgenland 2020. vorangetrieben. Zurzeit sind bereits Anlagen zur Produktion 2012 erstellte die Fachhochschule Burgenland als wei von erneuerbarer Energie mit einer Gesamtleistung von über tere Grundlagenarbeit für die gegenständliche Energie- 800 MW installiert. An windreichen Tagen wird bereits jetzt strategie drei Szenarien für die Energieentwicklung des die vierfache Menge des im Burgenland benötigten elektri Burgenlandes bis zum Jahr 2020. Von diesen Szenarien schen Stromes produziert. Der aktuelle Stromverbrauch und wurde das Referenzszenario, welches bis zum Jahr 2020 die Stromproduktion aus erneuerbarer Energie sind online einen Anteil von erneuerbarer Energie in der Höhe von auf der Homepage der Energie Burgenland AG für jeder 48% prognostiziert, übernommen und mit etwas ambi mann einsehbar. tionierteren Vorgaben versehen, sodass bis zum Jahr 2020 die Verwendung von über 50% erneuerbarer Energie im Wie sieht der Weg des Burgenlandes in Sachen erneuerbare Burgenland angestrebt wird. Die strategischen Ziele wer Energie bis zum Jahr 2020 aus? den bis zum Jahr 2050 fortgeschrieben, wobei spätestens Kurz gesagt, der Ausbau der Produktion von erneuerbarer 2050 für das Burgenland die vollständige Energieautonomie Energie wird stetig und konsequent vorangetrieben. Das Gros erreicht werden soll. der Anlagen wird natürlich den Ausbau der Windkraft betref fen, wobei in den nächsten Jahren eine installierte Leistung Energiestrategie Burgenland von über 1.000 MW angepeilt wird. Den Ausbau der Windkraft Der Weg des Burgenlandes geht gemäß Energiestrategie im Burgenland kann man wahrlich als Erfolgsstory bezeich von folgenden Meilensteinen aus: nen, die seinesgleichen sucht: Durch Einbezug aller relevan 1. 2013 erreicht das Burgenland die bilanzielle "Strom- ten "Stakeholder" (Gemeinden, Raumplanung, Investoren, autonomie". Dies bedeutet, es wird ab 2013 pro Jahr Wissenschaftler, NGOs zu den Themen Vogelschutz, Natura mehr elektrischer Strom produziert als verbraucht wird. 2000, WWF etc.) konnten in einer gemeinsamen Arbeit die 2. 2020 produziert das Burgenland über 50% (4,85 Mia. Windeignungszonen des Burgenlandes definiert und ausge kWh) seines gesamten Energieverbrauchs (35.000 TJ wiesen werden. Dies war der Grundstein eines gezielten und bzw. 9,7 Mia. kWh) aus erneuerbaren Ressourcen. auch verantwortungsbewussten Ausbaues der Windkraft im 3. In einem "visionären" Ausblick produziert das Burgenland Burgenland, welcher neben den Naturschutzgebieten und spätestens 2050 über 100% der benötigten Energie im dem aufstrebenden Tourismus im Nordburgenland teilweise eigenen Land (Energieautonomie). sogar in symbiotischer Koexistenz betrieben wird. 12
SCHWERPUNKTTHEMA ERNEUERBARE ENERGIEN Umwandlung, Logistik und Speicherung von Energie. Fragen wie die intelligente Speicherung von elektrischem Strom, die Umwandlung von Strom in Gas oder Treibstoff, die Umwandlung von biogenen Reststoffen in transportable und speicherbare Energieträger wie Gas, Treibstoff oder Kohle wird die Fachhochschule Burgenland - natürlich in Kooperation mit weiteren Partnern - intensiv beschäftigen. Das Burgenland als Land der Sonne und der Windkraft begrüßt natürlich die aufkommende Elektromobilität; denn Strom, der aus Wind, Sonne oder erneuerbaren bio genen Energieträgern produziert wird, verursacht weder Treibhausgase noch Feinstaub. Bundesrat Michael Lampel mit marokkanischer Delegation im Windpark Selbstverständlich wird das Burgenland bis 2020 auch Andau, Burgenland © Johann Binder eine Reihe von Maßnahmen zur Energieeffizienz und zum Energiesparen umsetzen. Das Potenzial bei der Langfristig (bis 2050) setzt das Burgenland aber auch auf Energiereduktion in Gebäuden ist bei weitem nicht aus weitere zur Verfügung stehende Ressourcen zur Produktion geschöpft. Erste Versuche mit Nullenergiehäusern bzw. von Erneuerbarer Energie. energieautarken Häusern werden bereits durchgeführt So wurde 2012 im Burgenland ein vollständiger, auf und erprobt - nicht nur im Burgenland, sondern in ganz Vektordaten basierender Solarkataster erstellt, welcher Österreich, und es ist jedenfalls davon auszugehen, dass sich allen BurgenländerInnen ebenfalls online im Internet der Energiebedarf in Gebäuden noch wesentlich vermindern kostenlos zur Verfügung steht. Dabei wurden über 50 Mio. wird. m² Dachflächen des Burgenlandes auf ihre Eignung für Zugegeben, mit einer Reduktion der Mobilität tut sich spe Strom- oder Wärmeproduktion untersucht. Als verblüffen ziell das dünn besiedelte Mittel- und Südburgenland sicher des Ergebnis stellte sich heraus, dass auf den geeigneten lich schwerer als dicht besiedelte und mit guter Ausstattung Dachflächen des Burgenlandes über 2,4 Mia. kWh Strom von öffentlichem Verkehr versehene Regionen in Österreich. produziert werden können; dies macht um 50% mehr Strom Hier wird man im Burgenland daher verstärkt auf Effizienz aus als das Burgenland derzeit pro Jahr verbraucht. Was der Fahrzeuge, Park-and-ride-Anlagen, den Umstieg auf das für das Burgenland gilt, wird für die anderen ländlichen Fahrrad bei Kurzstrecken sowie auf den Umstieg von fossilen Regionen Österreichs und ganz Mitteleuropas nicht falsch auf erneuerbare Energieträger setzen. sein: Wir haben gewaltige Potenziale zur Produktion von Die gerade in Ausarbeitung befindliche FTI (Forschung- Photovoltaik-Strom auf unseren Dächern. Technologie-Innovation)- Strategie des Burgenlandes Die weiteren Untersuchungen von sonstigen Ressourcen hat ebenfalls einen Schwerpunkt "nachhaltige Energie" erstrecken sich von der Verwertung von biogenen Abfällen implementiert und wird speziell zu den Themen Effizienz, oder Reststoffen (Ast-, Strauch-, Baumschnitt) über die geziel Produktion und Umwandlung von Energie aktiv werden. te Verwendung von Energiepflanzen bis hin zur Verwertung Wenn man bedenkt, dass das Burgenland vor wenigen von Klärschlamm. Jahrzehnten, mit Ausnahme des Brennholzes, noch ein Als konkrete Herausforderungen für die nähere Zukunft reiner Energieimporteur gewesen ist und 2014 bereits knap sehen wir im ländlichen Raum weniger die Ressourcen pe 40% seines Energiekonsums aus erneuerbarer Energie für die Produktion von erneuerbarer Energie als eher die produziert, so ist ersichtlich, welchen Aufholprozess das 13
Burgenland seit dem Beitritt Österreichs zur EU hinge Die in der Energiestrategie Burgenland 2020+ formulierten legt hat. Weise und umsichtige politische Entscheidungen Ziele sind mit Augenmaß gesteckt. Das bedeutet, dass die haben das Burgenland in mancherlei Hinsicht zu einer Ziele auch erreichbar sind, ja sogar übertroffen werden Vorzeigeregion in Europa geführt, wie auch schon mehrfach können. aus Brüssel bescheinigt wurde. Besonders die Konzentration Langfristig wird es das Ziel des Burgenlandes sein, auf nachhaltige Energie hat sich als weitsichtig erwiesen. Energielieferant zu werden. Dies bedeutet die Erhöhung Das Thema nachhaltige Energie wird Europa und die ganze der regionalen Wertschöpfung und die Schaffung neuer Welt in den nächsten Jahren beschäftigen. Es erfüllt uns Arbeitsplätze – Green Jobs. Der Weg hat bereits begonnen mit Genugtuung, dass im Burgenland frühzeitig auf dieses und die Weichen sind gestellt. Vor uns liegt die "Erneuerbare äußerst wichtige Thema gesetzt wurde und dass in einigen Energiezukunft!" Teilbereichen auch eine Vorreiterschaft erzielt werden konn te, wenn wir nur an die Windkraft, den Solarkataster oder an Wenn Sie Interesse an der Stromproduktion aus erneuer-barer die Biomasseforschung in Güssing und Pinkafeld denken. Energie oder am Solarkataster des Burgenlandes oder an der Jedenfalls ist das Burgenland für die "Energiezukunft" gerü Energiestrategie Burgenland 2020+ haben – Informationen stet. In der Forschung, der Infrastruktur der Stromnetze, sind unter folgenden Internet-Adressen zu finden: der Raumplanung, der öffentlichen Hand und auch bei der www.tobgld.at, www.eabgld.at Wirtschaftsförderung sind die Weichen in Richtung "nach * haltige Energie" bereits gestellt. Zum Autor: DI Johann Binder, Technologiebeauftragter des Landes Burgenland. EB Windpark Weiden © Energie Burgenland, Richard Neubauer 14
SCHWERPUNKTTHEMA ERNEUERBARE ENERGIEN "Mit der Natur zu neuen Erfolgen!" Mit dem Landesentwicklungsprogramm 2011 wurden im Burgenland die Eckpunkte, die Grundsätze und ein Fahrplan für die nachhaltige Entwicklung des Landes und auch der Gemeinden für die nächsten 10 bis 15 Jahre festgelegt. D as Burgenländische Raumplanungsgesetz sieht als wesentliches Instrument der überörtlichen Raumplanung die Erstellung eines Entwicklungsprogrammes Wesentliche Grundsätze der räumlichen Entwicklung Die wesentlichen Grundsätze der räumlichen Entwicklung des Burgenlandes sind: vor, das die Grundsätze und Ziele für die Entwicklung eine flächensparende und nachhaltige Raumnutzung, des Landes festlegt und damit die Grundlage für die um bestehende und zukünftige Potenziale in ihrer Vielfalt Landesplanung darstellt. Das per 1.1.2012 wirksam geworde und Eigenart optimal entwickeln zu können ne Landesentwicklungsprogramm des Burgenlandes besteht die Stärkung der regionalen Identitäten, aus der aus dem Leitbild "Mit der Natur zu neuen Erfolgen", der sich für jede Teilregion auch unterschiedliche Strategie Raumstruktur und dem Ordnungsplan. Entwicklungsmöglichkeiten ergeben Mit dem Landesentwicklungsprogramm wurde den tiefgrei eine verstärkte internationale Verflechtung, die sich aus fenden Veränderungen der vergangenen Jahre Rechnung der günstigen Lage im erweiterten Europa ergibt getragen. Mit der Ostöffnung, dem EU-Beitritt Österreichs Kooperationen zwischen den Gemeinden verstärkt auf und der EU-Erweiterung im Jahr 2004 ist das Burgenland zubauen, um eine faire, ressourcenschonende und the von einer Randlage in das Zentrum eines neuen Europas menübergreifende Raumnutzung zu fördern gerückt. Als Ziel 1-Gebiet hat das Burgenland maß geblich von EU-Fördergeldern profitiert und damit neue Standorte und Zonen Strukturen in Wirtschaft und Tourismus geschaffen. Die ver Standorte weisen die besonde gangenen zwei Jahrzehnte sind geprägt von einem kräfti re Eignung einer Gemeinde für gen Modernisierungsschub in allen Bereichen, wobei dar bestimmte Funktionen aus. Es auf geachtet wurde, dass das wirtschaftliche Wachstum werden Zentralitätsstandorte, im Einklang mit ökologischen Interessen erfolgt. Auf dem Betriebs-, Gewerbe- und Energiesektor hat das Land einen Paradigmenwechsel vollzo Industriestandorte sowie gen. All diese gravierenden Veränderungen finden im neuen Tourismusstandorte ausge Landesentwicklungsprogramm Berücksichtigung. wiesen. Zonen sind funktional Das neue Landesentwicklungsprogramm beinhaltet im abgegrenzte Gebiete, die ent Wesentlichen drei wichtige Bereiche: die Europäische Union, sprechend ihrer besonderen die gesellschaftlichen Veränderungen und die wirtschaft Beschaffenheiten, Eignungen liche Entwicklung. Die Schwerpunkte sind Arbeit, Bildung/ und/oder Potenziale bestimmte Forschung und soziale Infrastruktur, Energie und Rohstoffe, übergeordnete Nutzungs- und Wirtschaft, Infrastruktur und Mobilität, Natur und Umwelt, Ent wicklungsschwerpunk te Tourismus und Kultur sowie Siedlungsstruktur. bzw. Schutzinteressen auf © Richard Neubauer Das LEP 2011 wurde von Gemeinden, Interessenverbänden, weisen. Festgesetzt werden der Landesverwaltung und der Bevölkerung intensiv Tourismuseignungszonen, Windkrafteignungszonen sowie diskutiert. groß- und kleinflächige naturräumliche Schutzgebiete. 15
Energiewende bei der Stromversorgung Im Jahr 2013 feierte das Burgenland das "Jahr der Energiewende". Erstmals konnte das Land mehr Strom aus erneuerbarer Energie – vorwiegend Windkraft – erzeugen als es selbst verbraucht. A ls das Burgenland 1997 mit einem Windpark in Zurndorf auf den Zug der Windkraftproduktion aufstieg, begann eine burgenländische Erfolgsgeschichte. 2006 wurde im Der Weg zur Stromautarkie 1997 wird im nordburgenländischen Zurndorf der erste Windpark mit 6 Windkraftanlagen errichtet. Dieses burgenländischen Landtag beschlossen, dass im Jahr 2013 Pilotprojekt wird bis 2001 auf 13 Anlagen ausgebaut. soviel Strom produziert werden soll, wie das Burgenland 2002 kann die 50 Millionen kWh-Marke beim Strom aus verbraucht, damit das Bundesland stromautark wird. Dieses Windkraft überschritten werden. Ziel wurde im Vorjahr erreicht. Das Burgenland wird aus 2003 startet mit der Errichtung des Windparks schließlich mit Ökostrom versorgt und ist jenes Bundesland, Neusiedl/Weiden die erste große Wind-Initiative und in dem die meiste Windkraftleistung steht. Ende 2013 stehen der massive Ausbau der Windkraft. im Burgenland 332 Windräder mit einer Leistung von insge 2006 beschließt der Burgenländische Landtag, dass bis samt 775 MW, womit das Land bereits mehr erzeugt, als im 2013 der gesamte Strombedarf des Burgenlandes mit Burgenland benötigt wird. erneuerbarer Energie produziert werden soll. 2011 startet die zweite burgenländische Wind-Initiative Eignungszonen für Windparks mit der Errichtung der beiden weltweit leistungsstärk Vom Land Burgenland wurde in Zusammenarbeit mit sten Anlagen in Potzneusiedl. dem ÖIR (Österreichisches Institut für Raumplanung) ein 2012 wird in Halbturn, Mönchhof und Nickelsdorf "Regionales Rahmenkonzept für Windenergieanlagen” ent ein Windpark errichtet, der mit insgesamt 69 wickelt. Dabei wurden Eignungszonen definiert, die zur Windenergieanlagen eine Leistung von 207 MW auf Errichtung von Windparks genützt werden können. Dieses weist. Ebenfalls 2012 beginnt die Errichtung von Rahmenkonzept ist die Basis für den Ausbau der Windkraft Mitteleuropas größtem Windpark in den Gemeinden und für die Errichtung von Windparks im Burgenland. Andau und Halbturn. Die Standortauswahl der Windparks hängt von den land 2013 ist das Burgenland erstmals rechnerisch stromaut schaftlichen Gegebenheiten und den dort herrschenden ark – mehr als 100% des Strombedarfs wird im Land aus Windverhältnissen ab. Vor einer Standortentscheidung müs erneuerbarer Energie erzeugt. Und das Burgenland ist sen daher umfassende Analysen und Prüfungen durchge jenes Bundesland, in dem die meiste Windkraftleistung führt werden. steht. Die Auswahl der Standorte richtet sich strikt nach den von der Burgenländischen Landesregierung festgelegten Sauberer Strom und Arbeitsplätze Eignungszonen. Diese Eignungszonen werden auf Basis der Am Ausbau der Windenergie im Burgenland waren bis Studie des Österreichischen Instituts für Raumplanung (ÖIR) jetzt mehr als 4.500 Arbeitskräfte beteiligt. Weitere 400 definiert. Dabei werden alle Aspekte (Mensch, Tierschutz, Personen sind mit der Wartung und Betriebsführung Natur, Raum, Tourismus, Kultur) berücksichtigt und daraus beschäftigt. Durch den forcierten Windkraftausbau der Standortrichtlinien abgeleitet. So werden beispielsweise letzten drei Jahre konnten darüber hinaus auch Teile der auch die in die Studie eingeflossenen Empfehlungen von Windradproduktion ins Bundesland geholt werden. Der BirdLife Österreich umgesetzt. Windkrafthersteller Enercon beschäftigt in Österreich 16
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