Tourenplanung & Orientierung - B gschule - Bergwelten

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Tourenplanung & Orientierung - B gschule - Bergwelten
GWELTE
                      ER

               Bergschule

                             N
                  B

                 MODUL 4

   Tourenplanung
   & Orientierung
Wer sich noch nie verlaufen hat, war nicht oft am
 Berg: Warum Tourenplanung, Orientierung im
Gelände und eine realistische Selbsteinschätzung
  die Basis für ein gelungenes Bergerlebnis ist,
erklärt Bergführer-Ausbildner Jürgen Reinmüller.
Modul 4 | Tourenplanung & Orientierung                               ER
                                                                       GWELTE

                                                               Bergschule

                                                                            N
                                                                 B
Inhalte des Moduls

 1     Die Karte
 2     Das Smartphone
 3     Die Tourenplanung
4      Das Tourenziel
                                         Jürgen
 5     Detailplanung                     Reinmüller
                                         Beruf
                                         Bergführer, Alpinschul-
                                         Leiter, Sachverständiger

                                         Werdegang
                                         Seit seiner Jugend
                                         ­sammelt Jürgen in
                                          den Gesäusewänden
                                          Erfahrung beim Alpin-
                                          klettern. Während
                                          ­seines Studiums der
                                           Umweltsystemwissen-
                                           schaften gründet er die
                                           Alpinschule Alpinstil.
                                           Seine Expertise als Kurs-
                                           leiter bei der Ausbildung
                                           österreichischer Berg-
                                           führer und als Gerichts-
                                           sachverständiger für
                                           Alpinistik wird weit über
                                           die steirischen Grenzen
                                           hinaus geschätzt.

FOTO: JÜRGEN REINMÜLLER                  Mehr von Jürgen:
ILLUSTRATIONEN: JULIA SCHINZEL           alpinstil.at

                                                                                2
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                                                                          Bergschule

                                                                                       N
                                                                            B
Geht es um die Besteigung eines hohen Berges, so hat
dies viel mit Planung zu tun: Der Blick in die Karte (aus
Papier oder am Handy), das Einholen des Wetterberichts
und die Verwendung eines Tournplanungsformular sollte
zur Selbstverständlichkeit werden, bevor es losgeht.

  1
Die Karte

Die Bedeutung der Tourenplanung           turen (Bäche, Straßen, Forststraßen,
und des gekonnten Umgangs mit der         Wege und Wanderwege, Hochtou­
Karte zeigt die Alpinunfallstatistik:     ren) und Punktsignaturen (Gebäude,
fünfzig Prozent der unverletzt Ge­        Hütte, Höhenkoten, Wegweiser, Brü­
borgenen haben sich verirrt oder im       cke) bis hin zu Höhenschichtlinien
Gelände verstiegen.                       (Höhe, Exposition, Steilheit, Gelände
  Das ist eine starke Motivation, dar­    mit Moräne).
an zu arbeiten. So heißt „Orientie­          Wichtig ist die Aktualität der Kar-
rung im Gelände“, auch ständig zwei       te, da sich die Gegebenheiten im Ge­
Fragen beantworten zu können: Wo          birge immer wieder ändern.
bin ich? Wohin will ich?
                                          Das Einnorden
Was ist zu sehen?                         Wenn du unterwegs bist und dich mit
Eine gebirgstaugliche Karte hat den       der Karte orientieren möchtest, wirst
Maßstab 1:25.000. Es gibt sie in Som­     du im ersten Schritt die Karte „ein­
mer- und Winter-Ausführungen, und         orden“ müssen. Das bedeutet, dass
sie verfügt über eine Fülle an Details,   die Karte und die Himmelsrichtung
die in der Legende erklärt werden –       im Gelände aufeinander abgeglichen
von Flächensignaturen (Wiese, Wald,       werden. Das ist die Basis, um mit der
Latsche, Gletscher, Spalten, Serac,       Orientierung im Gelände überhaupt
Geröll, Felswände) über Liniensigna-      beginnen zu können.

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                                                                        Bergschule

                                                                                       N
                                                                            B
Die Karte kannst du mit diesen
drei Möglichkeiten einnorden:
                                             Der Bergschul-Tipp:
 1   Du brauchst einen Kompass               Kauf dir für deinen Hausberg
                                             eine topografische Karte im
     oder deine Armbanduhr (falls
                                             Maßstab 1:25:000. Du wirst
     diese einen elektronischen              beim Vergleich der Karte mit
     Kompass hat) oder deine Alpen­          dem Gelände schnell besser
     vereinaktiv-App.                        werden und die Orientierung
                                             macht auch Spaß.
2    Du drehst die Karte so lange
     bis das Gelände auf der Karte
     mit der Natur übereinstimmt.

3    Siehst du die Sonne, dann weißt
     du, dass die bei Sommerzeit
     um 13 Uhr im Süden steht.
     Gegenüber liegt Norden.

     2
Das Smartphone

Die Karten des Smartphone lassen         aber mindestens 20 Zentimeter vom
sich auch offline zur Orientierung       LVS-Gerät entfernt aufbewahrt, da es
verwenden. Ausreichend Energie           sonst Störungen geben kann.
muss aber trotzdem vorhanden sein.
                                         2   Flugmodus
Sieben Bergschul-Tipps, wie man          Das Telefon schaltet man auf Flug-
den Handy-Akku am Berg schont:           zeugmodus oder ganz aus, wenn es
                                         nicht gebraucht wird. Sonst sucht das
 1   Kälte vermeiden                     Gerät nämlich permanent ein Signal
Das Handy sollte nah am Körper ge­       und vor allem in entlegenen Gebieten
tragen werden. Im Winter wird es         ist dies ein veritabler Akkufresser.

                                                                                           4
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                                                                          Bergschule

                                                                                       N
                                                                            B
Alle Apps mit Hintergrundsynchro-
nisation und automatischen Updates
                                             Gut zu wissen:
werden ausgeschalten.
                                             ❘ Auch bei Handy-Nutzung
3   Helligkeit                                 muss die Karte mit ihren
                                               Symbolen richtig inter­
Die Display-Helligkeit wird reduziert          pretiert werden können.
und das Handy immer nur ganz kurz
aktiviert.                                   ❘ Da schlechte Sicht und
                                               drohendes Verirren an sich
                                               Stress erzeugen, ist viel
4   Netz                                       Übung im Vorfeld wichtig.
Das Netz schaltet man auf 2G/GSM
um, Datenverbindung, GPS & Blue­
tooth ganz aus.

                                         5   Apps
                                         Nur Premium-Apps verwenden:
                                         Wenn die Wetter-App viel Werbung
                                         mitladen muss, verbraucht das Daten
                                         und somit auch Strom.

                                         6   Länger unterwegs?
                                         Bei Mehrtagestouren nimmt man
                                         ­einen zweiten Akku oder eine mobile
                                          Ladeeinheit mit. Akkupacks sind kos­
                                          tengünstig und liefern Smartphone-
    Empfehlenswerte                       Energie für viele Stunden, bedeuten
    Outdoor-Apps:                         aber auch Zusatzgewicht.
    ❘ Alpenvereinaktiv
      alpenvereinaktiv.com               7   Stromspar-App
                                         „Stromsparhilfen“ sorgen in Form von
    ❘ Komoot
      komoot.de
                                         eigenen Apps mit automatisierten
                                         Einstellungen dafür, dass der Akku
    ❘ Bergfex                            möglichst lange hält, und können oft
      bergfex.at
                                         auch standortbezogen programmiert
                                         werden.

                                                                                           5
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                                                                      Bergschule

                                                                                   N
                                                                        B
  3
Die Tourenplanung

Mit dem Tourenplanungsformular
sammeln wir die Informationen zum
Wetter und zu unserem konkreten
Tourenziel. Das Formular dient uns
als Leitfaden und wirft die wichtigs­
ten Fragen für die geplante Unter­
nehmung auf.
   Im Folgenden vermitteln wir
Schritt für Schritt, wie man dieses
vor der Tour ausfüllt und über die
Antworten die Grundlage für die Be­
steigung bekommt.
   Das Formular findet ihr am Ende
dieses E-Books, und hier ist es auch
zum Downloaden, damit ihr Übung
bekommt und es für die nächsten
Bergziele nützt:                         ❘ Ganz oben finden wir die Wochen-
bergwelten.com/tourenformular              prognose. Dort wählen wir den
                                           jeweiligen Tag aus, und wenn wir
                                           weiter nach unten scrollen, sehen
Die Vorgehensweise:                        wir die Wettersymbole für die
                                           Prognose tagsüber und während
❘ Wir beginnen in dem Formular             der Nacht. Wir sehen die Lufttem-
  ganz oben mit den Informatio­            peratur und darunter die gefühlte
  nen zur Wetterprognose: Wenn             Temperatur, das ist der „Wind-
  wir das Große Wiesbachhorn in            chill“. Er beschreibt den Unter­
  Salzburg besteigen wollen, ge­           schied zwischen der gemessenen
  ben wir auf meteoblue.­c om bei          Lufttemperatur und der gefühl­
  der Ortssuche „Wiesbachhorn“             ten Temperatur in Abhängigkeit
  ein und wählen das „Große Wies­          von der Windgeschwindigkeit.
  bachhorn“ aus. Wir erhalten dann         Wir sehen, die Windrichtung,
  die Prognose für die Gipfelhöhe          die Wind­geschwindigkeiten, die
  auf 3.564 Metern.                        Nieder­schlagsmenge und die

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                                                                       Bergschule

                                                                                    N
                                                                         B
 Wahrscheinlichkeit für Nieder­          ❘ Für die Angaben zur Temperatur
 schlag. Etwas weiter unten sehen          in dreitausend Meter Höhe und
 wir die Zeiten für Sonnenauf-             für Infos, wo die Nullgradgrenze
 und Untergang. Die Dämmerung              liegt, gehen wir auf die Wetter­
 setzt etwa eine halbe Stunde vor          seite des Alpenvereins oder auf
 dem Sonnenaufgang ein. Ab da ist          das Kachelmannwetter.
 im Gebirge eine Begehung eines
 ­Weges ohne Stirnlampe machbar.
                                            Empfehlenswerte
❘ Was mich immer interessiert, ist
                                            Wetterseiten:
  das Multimodell. Hier wird uns ein
  Vergleich der unterschiedlichen           ❘ Meteoblue
                                              meteoblue.com
  Wettermodelle gezeigt. Hier sehen
  wir, ob sich die Modelle einig sind       ❘ Windy
  oder nicht. Bei großer Uneinigkeit          windy.com
  werden wir defensiver planen.             ❘ Bergfex
                                              bergfex.at
❘ Wenn wir weiter nach unten                ❘ Alpenvereinswetter
  ­scrollen, können wir anhand des            alpenverein.at
   Meteogramms einen Überblick              ❘ Kachelmannwetter
   zur Bewölkung und den Sicht­               kachelmannwetter.com
   verhältnissen erhalten.

 4
Das Tourenziel

Nach dem Überblick zur Wetter­           tale im Internet. Empfehlenswert ist
prognose geht es jetzt darum, dass       alpenvereinaktiv.com, das Touren­
wir die konkreten Informationen          portal der Alpenvereine Deutschland,
zur geplanten Tour herausfinden.         Österreich und Südtirol.
Diese bekommen wir über Bücher           Dort können wir auch die Infos über
wie „Hochtouren Ostalpen“ (Rother        die Tour auf das Große Wiesbachhorn
Bergverlag) oder über Tourenpor­         sammeln.

                                                                                        7
Modul 4 | Tourenplanung & Orientierung                                          ER
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                                                                       Bergschule

                                                                                       N
                                                                            B
Die Vorgehensweise:

❘ Wir klicken den Menüpunkt „Tou­
  ren“ an, gehen auf „alle Touren“,
                                         Wie schwer
  und im Filter unter Hochtouren
                                         ist „schwer“?
  gelangen wir zu den veröffent­
  lichten Hochtouren. Je nach            Bei alpenvereinaktiv.com
                                         werden sämtliche Touren
  Zoom-Stufe der Karte werden
                                         einer der drei Kategorien
  die auf der Karte ersichtlichen        „leicht“, „mittel“ oder
  Ziele eingeblendet. Wir wählen         „schwer“ zugeteilt. Diese
  in unserem Fall die Tour vom           grobe Zuordnung nach ihrer
  ­Heinrich-Schwaiger-Haus auf das       Schwierigkeit ist naturgemäß
                                         recht subjektiv. Zwei Fakto­
   3.564 Meter hohe Große Wies­          ren nehmen auf die Bewer-
   bachhorn in der Glocknergruppe.       tung Einfluss: die technische
                                         Schwierigkeit und die Länge
❘ Wir füllen das Formular aus: Der       der Tour. Es ist dabei wichtig,
                                         zu wissen, dass eine sehr
  Berg ist das Große Wiesbach-           ­lange, aber technisch wenig
  horn mit 3.564 Metern in der            anspruchsvolle Tour genauso
  Glocknergruppe. Die Route ist der       als „schwer“ bewertet sein
  „Kaindlgrat“. Die Schwierigkeit         wie eine kurze, jedoch tech-
                                          nisch schwierige Tour.
  liegt laut alpenvereinaktiv.com
  bei „mittel“ und 2 –, PD.              „2 –“ bezeichnet den Kletter-
                                         Schwierigkeitsgrad nach
                                         UIAA und „PD“ ist der Hoch-
❘ Im Reiter „Anreise“ finden wir den
                                         tourenskala des SAC, des
  Ausgangpunkt im Tal. Das wäre der      Schweizer Alpen-Clubs,
  Parkplatz Kesselfall-Alpenhaus         ­entnommen und steht für
  im Kapruner Tal auf 1.033 Meter.        „peu difficile“ (also wenig
                                          schwierig). Allerdings ist eine
  Dem Text entnehmen wir auch,
                                          „Hochtour“ dieser Bewertung
  dass der erste Teil mit dem Bus         immer noch deutlich schwie-
  zum Stausee Mooserboden führt.          riger als fast alle Berg- und
  Der Endpunkt entspricht, weil wir       Alpinwanderungen.
  über denselben Weg absteigen,
  dem Ausgangspunkt.                     Die vollständige Hochtouren-
                                         skala findet ihr hier:
❘ Im Reiter „Wegbeschreibung“            bergwelten.com/
                                         hochtourenskala
  ­sehen wir, dass es eine Schutz­
   hütte gibt: und zwar das Heinrich-    Das ist die Bergwanderskala:
                                         bergwelten.com/
   Schwaiger-Haus auf 2.773 Metern.
                                         wanderskala
   Die hier vorgestellte Tour beginnt
   genau dort. Das sehen wir auf der
   Kartendarstellung rechts.

                                                                                           8
Modul 4 | Tourenplanung & Orientierung                                       ER
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                                                                       Bergschule

                                                                                    N
                                                                         B
❘ Im Formular können wir damit die       ❘ Uns fehlen noch die Höhenmeter,
  767 Höhenmeter im Aufstieg sowie         die Wegstrecke und die Zustiegs-
  im Abstieg und die Wegstrecke            zeit zur Hütte vom Ende der Bus­
  bereits eintragen. Die Wegstrecke        fahrt beim Bergrestaurant Mooser­
  von 3,8 Kilometer bezieht sich auf       boden. Das können wir mit der
  den Auf- und Abstieg. Das ist am         Kartenansicht und dem Planungs­
  Pfeil erkennbar. Wir halbieren da­       tool herausfinden: Wir klicken auf
  her auf 1,9 Kilometer für den Auf­       die Kartenansicht und oben auf
  stieg. Im Aufstieg benötigen wir         die drei Punkte und wählen „Tour
  2 Stunden und 15 Minuten.                hierher planen“. Wir sehen am
                                           Profil den Ausgangpunkt auf etwa
❘ Für den Abstieg nimmt man etwa           2.000 Metern und den Endpunkt
  zwei Drittel der Aufstiegszeit an.       auf etwa 2.800 Metern: Es ist
  Das wäre beim Großen Wiesbach­           also eine Wegstrecke von 3,9 Kilo­
  horn 1 Stunde und 30 Minuten.            metern mit etwa 800 Höhen­
                                           metern und 2 Stunden Gehzeit.
❘ Wir rechnen eine halbe Stunde an
  Pausen ein und kommen damit auf        ❘ In Abhängigkeit vom Wetter oder
  eine Gesamtzeit von 4 Stunden            des Abendessens könnten wir uns
  und 15 Minuten.                          noch überlegen, wann wir starten,
                                           damit sich das ausgeht.

    Wie weit ist es noch?
    Standardwerte für normale
    Gehzeiten sind 300 Höhen­
    meter im Aufstieg und
    500 Höhenmeter im Abstieg
    sowie eine Wegstrecke von
    4 Kilometern pro Stunde.

                                                                                        9
Modul 4 | Tourenplanung & Orientierung                                          ER
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                                                                          Bergschule

                                                                                       N
                                                                            B
  5
Detailplanung

Wir haben die Wetterprognose und            er allerdings unangenehm sein.
die harten Fakten zur jeweiligen Tour    ❘ Einen guten Überblick über das
in unserem Formular einge­tragen.           Gelände bekommen wir auf der
Jetzt geht es um die Planung der Teil-      Fatmap (fatmap.com). Wir sehen
abschnitte und die Überlegung, ob es        die Staumauer, den Weg zum
Gefahren für mich oder meine Part­          Heinrich-Schwaiger-Haus und
ner geben könnte.                          dass der Gipfelanstieg mittler­
                                           weile keinen Gletscher mehr
                                           aufweist. Gut erkennbar sind
Die Vorgehensweise:                        am Gipfel­aufbau kleinräumige
                                           ­Altschneefelder.

der erste abschnitt                      ❘ Am Tourenplanungsformular
                                           ­tragen wir beim ersten Abschnitt
❘ Wir teilen die Tour in Abschnitte         bei „Gelände“ ein: Markierter Weg
  ein. Vom Startpunkt geht es mit           mit Sicherung. Das Risiko können
  dem Bus zum Stausee Mooser­               wir für die einzelnen Gefahren­
  boden. Hier beginnt der Aufstieg          quellen in der Tabelle abschätzen:
  zum Heinrich-Schwaiger-Haus               Von 0 = keine Gefahr bis 3 = große
  über den „Haushoferweg“. Die              Gefahr.
  Gipfelbesteigung des Großen
  Wiesbachhorns über den „Kaindl­        ❘ Der technische Anspruch ist
  grat“ am folgenden Tag ist der           ­aufgrund des markierten Weges
  zweite Abschnitt.                         mit Sicherungen für einen tritt­
                                            sicheren und schwindelfreien
❘ Der Aufstieg zur Hütte führt              Wanderer gering. Wir tragen
  laut Karte über den markierten,           ­daher „1“ für geringe Gefahr in
  serpentinenreichen Steig mit               die Tabelle ein. Bachquerun­
  der Nummer 718. Der Literatur              gen gibt es keine. Daher „0“ für
  ­entnehmen wir, dass der Weg               ­keine Gefahr.
   ­einfach, allerdings kurz vor der
    Hütte drahtseilgesichert ist.        ❘ Die Absturzgefahr ist auf dem
    Bei Nässe oder Schnee könnte           markierten Weg an den glatten

                                                                                           10
Modul 4 | Tourenplanung & Orientierung                                       ER
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                                                                       Bergschule

                                                                                    N
                                                                         B
 Felspassagen für einen tritt­           ❘ Die Sonne ist an Sommertagen
 sicheren und schwindelfreien              im Hochgebirge ein großes The­
 Wanderer gering. Daher „1“.               ma. Der Aufstieg verläuft auf der
 Ohne Gletscher gibt es auch ­keine        Nordwestseite des Berges und
 Spaltensturzgefahr. Daher „0“.            ist mit entsprechendem Sonnen­
                                           schutz unproblematisch. Also „1“.
❘ Steinschlag ist im schrofigen            Wärme­gewitter sind in den Som­
  ­Felsgelände nie auszuschließen.         mermonaten sehr oft am Nachmit­
   In nicht besonders steilem Ge­          tag einzukalkulieren. Speziell bei
   lände ist die Steinschlaggefahr         nachmittäglichen Aufstiegen zur
   am markierten Wanderweg aber            Hütte muss man die Entwicklung
   eher gering. Ohne Eis kein Eis-         beobachten. Touren sollten nur bei
   schlag. Daher „1“. Bei „normalen“       stabilen Wetterverhältnissen ge­
   Begehungen im Hochsommer                plant werden. Je früher der Start,
   ist Lawinengefahr nicht gegeben.        desto geringer ist auch die Wahr­
   Daher „0“.                              scheinlichkeit für ein Wärme­
                                           gewitters. In diesem Fall: „1“.
❘ Wechten finden wir auf exponier­
  ten Graten. Die gibt es am Zustieg     Der erste Abschnitt stellt bei guter
  in der Flanke nicht. Daher „0“.        Wetterlage ohne Gewittergefahr
                                         und sommerlichen Bedingungen
❘ Die Orientierung ist aufgrund des      keine großen Schwierigkeiten dar.
  markierten Weges unproblema­           Der zweite Abschnitt vom Heinrich-
  tisch. Daher „1“ für geringe Gefahr.   Schwaiger-Haus zum Gipfel ist eine
  Sollte das Wetter Neuschnee oder       größere Herausforderung.
  Vereisung erahnen lassen, heißt es
  für Anfänger „stopp!“. Der Weg
  wäre nicht mehr sichtbar, die Ori­     der zweite abschnitt
  entierung sehr anspruchsvoll und
  damit die technischen Schwierig­       ❘ Wir verschaffen uns zu Beginn
  keiten ungleich höher. Wir gehen         wieder einen Überblick: Von der
  von einer Sommer­begehung bei            Hütte geht es über das „Klamml“
  guten Bedingungen aus. Dieser            und den Unteren und Oberen
  Wert muss bei unerfahrenen               ­Fochezkopf auf den „Kaindlgrat“
  ­Bergsteigern immer „0“ sein!             zum Gipfel.
                                            Über alpenvereinaktiv.com können
❘ Bei „normalen“ Begehungen im             wir uns diesen Abschnitt mit ver­
  Hochsommer sollte die Kälte be­          schiedenen Karten und dem Satel­
  ziehungsweise hoher Windchill            litenbild genauer ansehen: Dar­
  bis zur Hütte kein Problem dar­          gestellt wird die Region über die
  stellen. Daher „0“.                      Karten Outdooraktiv, die amtliche

                                                                                        11
Modul 4 | Tourenplanung & Orientierung                                         ER
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                                                                         Bergschule

                                                                                      N
                                                                           B
 österreichische Karte (BEV), die         Kamin (Klettersteig-Schwierigkeit
 Alpenvereinskarte oder auch              B/C, ca. 50 HM).“ Wir tragen beim
 das Satellitenbild.                      zweiten Abschnitt bei „Gelände“
                                          also ein: Gipfelgrat inklusive Klet-
❘ Für die Schlüsselstellen helfen uns     tersteig. Der technische Anspruch
  textliche Beschreibungen weiter:        ist aufgrund des Klettersteigs mit
  „Die bei schönem Wetter alpine          der Bewertung B/C nicht mehr
  Schlüsselstelle für diese Tour liegt    als „einfach“ einzustufen, für einen
  gleich am Einstieg, gut 300 Meter       versierten Wanderer aber gut
  hinter der Hütte: Beim Aufstieg         machbar. Wir tragen daher „2“ für
  auf den Fochezkopf muss man             mittlere Gefahr in die Tabelle ein.
  durch einen schmalen Kamin, der
  aber an den entscheidenden Stel­       ❘ Wir wissen, dass die Bewertung
  len mit Drahtseilen versichert ist.      PD bzw. WS laut Definition be­
  Man steigt eine steile Felsflanke        deutet, dass meist Gehgelände
  Richtung Osten hinauf auf den            vorherrscht. Bei felsigen Passagen
  ­Fochezkopf, umrundet diesen oben        ist erhöhte Trittsicherheit ­nötig.
   auf der Nordseite und folgt dann        Die Kletterstellen sind über­
   dem weiteren Wegverlauf immer           sichtlich und überschreiten den
   dem Grat. Am Anfang des Gipfel­         2. Schwierigkeitsgrad nicht.
   aufbaues gelangt man in leichtes
   Blockgelände. Schwierigkeitsgrad:     ❘ Einen guten Überblick und Erfah­
   PD (WS) II-, mittel; Schlüssel­         rungsberichten zu den Schlüssel­
   stelle: gleich am Anfang unweit der     stellen und das Gelände, finden wir
   Hütte ein seilversicherter Rinnen-      für fast jede Tour im Internet. Eine
                                           Google-Suche lohnt sich bei jeder
                                           Vorbereitung.

                                         ❘ Bachquerungen gibt es keine. Da­
                                           her „0“. Absturzgefahr ist aufgrund
                                           des Klettersteigs und der felsigen
                                           Passagen grundsätzlich gegeben,
                                           aber wegen der einfachen Passa­
                                           gen überschaubar.

                                         ❘ Erfolgt eine Begehung in den
                                           Sommermonaten, ist das Ge­lände,
                                           und auch der Kaindlgrat, meist
                                           ausgeapert, hat also nur wenige
                                           Stellen mit Altschnee. Sonst er­
                                           fordert eine Begehung den siche­

                                                                                          12
Modul 4 | Tourenplanung & Orientierung                                        ER
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                                                                        Bergschule

                                                                                     N
                                                                          B
 ren Umgang mit Steigeisen und           ❘ Die Orientierung ist bei guter
 eventuell mit Pickel. Wenn auch           Sicht und ohne Schneeauflage auf­
 in einfachem, nicht allzu steilem         grund der zahlreichen Begehungen
 Gelände. Von der Steilheit mit 35         einfach. Bei schlechter Sicht oder
 Grad wissen wir aus der textlichen        Neuschnee ist bei vergletscher­
 Beschreibung. Daher „2“ für mitt­         ten Hochtouren oder hochalpinen
 lere Gefahr. Da es am Gratanstieg         Touren ohne markante Fixpunkte
 keinen Gletscher mehr gibt, be­           und nur sporadischen Wegmarkie­
 steht keine Spaltegefahr. Also „0“.       rungen eine Umkehr oder ein Ver-
                                           zicht auf den Gipfel überlebens­
❘ Steinschlag ist im schrofigen Fels­      wichtig. Für diese Tour brauchen
  gelände nie ganz auszuschließen.         wir gute Sichtbedingungen. Daher
  In mäßig steilem Gelände ist die         sollte der Wert nicht größer „1“
  Gefahr gering, in hochalpinem            sein. Bei Wetterprognosen mit
  Gelände kann es aufgrund der             dichtem Nebel am Berg, wären wir
  Verwitterung mit Frostsprengung          schnell bei „3“ also großer Gefahr.
  jedoch dazu kommen. Unvorsichti­
  ge Bergsteiger können Steinschlag      ❘ Sollte das Wetter Neuschnee oder
  auslösen und uns gefährden. Ein          Vereisung versprechen, heißt es
  Helm ist sehr anzuraten. Aufgrund        am Gipfeltag für Anfänger „stopp!“.
  der Steinschlaggefahr schreiben          Die felsigen Passagen wären dann
  wir „2“ für mittlere Gefahr.             sehr anspruchsvoll und der Weg
                                           eventuell nicht mehr sichtbar. Die­
❘ Bei normalen Begehungen im               ser Wert muss bei unerfahrenen
  Hochsommer ist Lawinengefahr             Bergsteigern immer „0“ sein!
  nicht gegeben. Daher „0“.
                                         ❘ Am Gipfeltag kann Kälte durch
❘ Wechten finden wir auf exponier­         hohen Windchill-Faktor im Sinne
  ten Graten. Der Kaindlgrat ist           der gefühlten Temperatur in Kom­
  kein markanter Grat, sondern             bination mit Wind möglich sein.
  eher ein Gratrücken. Er weist            Generell sollte man im Gebirge
  aber im Frühsommer immer eine            immer mit Wind rechnen – selbst
  Firnschneide auf. Wechten sind           bei ruhigen Hochdrucklagen – und
  möglich, aber im Hochsommer am           an entsprechende Kleidung den­
  breiten Grat bereits stark zurück­       ken. 0 Grad Lufttemperatur beim
  gebildet. Überwechtung kann es           Start von der Hütte mit 50 km/h
  aufgrund der dominanten Nord­            Wind fühlt sich wie – 8 Grad an.
  west-Winde am Gipfel in Richtung         Bei einer Besteigung im Hoch­
  Osten geben. Hier ist durchaus           sommer mit wenig bis mäßigem
  Aufmerksamkeit gefragt. Das              Wind gehen wir von einem gerin­
  ­bedeutet „2“ für mittlere Gefahr.       gen Risiko, also „1“, aus.

                                                                                         13
Modul 4 | Tourenplanung & Orientierung                                          ER
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                                                                         Bergschule

                                                                                       N
                                                                            B
❘ Pro 1.000 Höhenmeter steigt die        Ist das unsere Tour?
  Intensität der UV-Strahlung um         Die vielen Informationen, die wir zur
  15 bis 20 Prozent. Zudem reflek­       Tour auf das Große Wiesbachhorn zu­
  tieren Gletscher und Eis bis zu        sammengetragen haben, lassen sich
  80 Prozent des Sonnenlichts. Mit       auf diese Kernaussagen verdichten:
  einem frühen Start beugen wir
  intensiver Strahlung um die Mit­       ❘ Aufgrund des kurzen Kletter­
  tagszeit vor. Mit dem geeignetem         steiges und der felsigen, aber ein­
  Sonnenschutz, Kopfbedeckung,             fachen Kletterpassagen erfordert
  entsprechender Kleidung, Sonnen­         die Tour Trittsicherheit und
  brille und Sonnencreme ist das           Schwindelfreiheit
  Risiko allerdings gering, daher „1“.
                                         ❘ Wegen der exponierten Lage sollte
❘ Wärmegewitter sind in den Som­           das Große Wiesbachhorn nur bei
  mermonaten, sehr oft am Nach­            gutem Wetter mit ausreichend
  mittag einzukalkulieren. Je früher       Sicht, wenig Wind und geringer
  du startest, desto geringer ist die      Gewittergefahr bestiegen werden.
  Wahrscheinlichkeit. Plane deine
  Touren nur bei geringer Gewitter­      ❘ Der Berg ist bei optimalen Bedin­
  gefahr. Das heißt „1“.                   gungen für Hochtouren-Anfänger
                                           geeignet, weil es keinen Gletscher­
❘ Nachdem der Abstieg über die             kontakt mit Spalten gibt und selb­
  Aufstiegsroute verläuft, brauchen        ständige Seilsicherungen nicht
  wir keine gesonderte Planung.            notwendig sind. Früh im Jahr und
                                           je nach Schneemenge im Winter
❘ Für die Nächtigung der Hütte             bis in den Hochsommer können
  machen wir eine Reservierung.            Steigeisen und Pickel nötig sein.
  Hier klicken wir auf „Hütten“ und
  geben bei der Suche das Heinrich-      ❘ Wetterstürze, große Restschnee­
  Schwaiger-Haus ein. Bei manchen          mengen oder Nebel können die
  Hütten genügt ein Anruf, andere          Tour sehr gefährlich und ernst
  müssen über ein Online-Reser­            werden lassen.
  vierungssystem gebucht werden –
  beim Heinrich-Schwaiger-Haus ist       Abschließend stellen wir uns die ehr-
  dies der Fall. Im Formular tragen      liche Frage, ob wirklich alle Teilneh­
  wir uns noch die Telefonnummer         mer dem Tourenziel gewachsen sind.
  der Hütte ein.                         Gibt es Alternativen, wenn wir vor
                                         Ort merken, dass unser Ziel zu hoch­
❘ Der letzte Abschnitt des Formulars     gesteckt ist? Wenn wir zu Hause eine
  beschäftigt sich mit Kleidung und      Alternative planen, haben wir vor Ort
  Ausrüstung (siehe Modul 2).            einen realistischen Plan B zur Hand.

                                                                                           14
GWELTE
                                                                                                ER

                                                                                          Bergschule

                                                                                                       N
                                                                                            B
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Projektmanagement Publishing:                     lierungs-GmbH. Anwendbare Vorschrift ist ins­
Dominik Debriacher                                besondere die Österreichische Gewerbeordnung
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Executive Creative Director: Markus Kietreiber    Gesetz). Diese können im Bundesgesetzblatt
Art Direction Bergwelten: Esther Räsänen          eingesehen werden.
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Peter Knehtl (Ltg.), Luana Baumann-Fonseca,      Informationen zum Medieninhaber finden Sie
Silvia Druml-Shams, Julia Schinzel,              in der Offenlegung nach § 25 Mediengesetz.
Stephan Zenz                                     Die Europäische Kommission stellt unter
                                                 http://ec.europa.eu/consumers/odr eine Platt-
Head of Distribution: Peter Schiffer             form zur außergerichtlichen Streitschlichtung
                                                 bereit. Darüber hinaus nimmt die Red Bull
Lektorat: Hans Fleißner (Ltg.)                   Media House GmbH an einem freiwilligen Streit-
Lithografie: Clemens Ragotzky (Ltg.)             beilegungsverfahren vor einer Verbraucher-
                                                 schlichtungsstelle nicht teil.
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