Tourenplanung & Orientierung - Bergwelten
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MODUL 4 Tourenplanung & Orientierung Wer sich noch nie verlaufen hat, war nicht oft am Berg: Warum Tourenplanung, Orientierung im Gelände und eine realistische Selbsteinschätzung die Basis für ein gelungenes Bergerlebnis ist, erklärt Bergführer-Ausbildner Jürgen Reinmüller.
Modul 4 | Tourenplanung & Orientierung Inhalte des Moduls 1 Die Karte 2 Das Smartphone 3 Die Tourenplanung 4 Das Tourenziel Jürgen 5 Detailplanung Reinmüller 6 Tourenplanungsformular Beruf Bergführer, Alpinschul- Leiter, Sachverständiger Werdegang Seit seiner Jugend sammelt Jürgen in den Gesäusewänden Erfahrung beim Alpin- klettern. Während seines Studiums der Umweltsystemwissen- schaften gründet er die Alpinschule Alpinstil. Seine Expertise als Kurs- leiter bei der Ausbildung österreichischer Berg- führer und als Gerichts- sachverständiger für Alpinistik wird weit über die steirischen Grenzen hinaus geschätzt. FOTO: JÜRGEN REINMÜLLER Mehr von Jürgen: ILLUSTRATIONEN: JULIA SCHINZEL alpinstil.at 2
Modul 4 | Tourenplanung & Orientierung Geht es um die Besteigung eines hohen Berges, so hat dies viel mit Planung zu tun: Der Blick in die Karte (aus Papier oder am Handy), das Einholen des Wetterberichts und die Verwendung eines Tournplanungsformular sollte zur Selbstverständlichkeit werden, bevor es losgeht. 1 Die Karte Die Bedeutung der Tourenplanung turen (Bäche, Straßen, Forststraßen, und des gekonnten Umgangs mit der Wege und Wanderwege, Hochtou Karte zeigt die Alpinunfallstatistik: ren) und Punktsignaturen (Gebäude, fünfzig Prozent der unverletzt Ge Hütte, Höhenkoten, Wegweiser, Brü borgenen haben sich verirrt oder im cke) bis hin zu Höhenschichtlinien Gelände verstiegen. (Höhe, Exposition, Steilheit, Gelände Das ist eine starke Motivation, dar mit Moräne). an zu arbeiten. So heißt „Orientie Wichtig ist die Aktualität der Kar- rung im Gelände“, auch ständig zwei te, da sich die Gegebenheiten im Ge Fragen beantworten zu können: Wo birge immer wieder ändern. bin ich? Wohin will ich? Das Einnorden Was ist zu sehen? Wenn du unterwegs bist und dich mit Eine gebirgstaugliche Karte hat den der Karte orientieren möchtest, wirst Maßstab 1:25.000. Es gibt sie in Som du im ersten Schritt die Karte „ein mer- und Winter-Ausführungen, und orden“ müssen. Das bedeutet, dass sie verfügt über eine Fülle an Details, die Karte und die Himmelsrichtung die in der Legende erklärt werden – im Gelände aufeinander abgeglichen von Flächensignaturen (Wiese, Wald, werden. Das ist die Basis, um mit der Latsche, Gletscher, Spalten, Serac, Orientierung im Gelände überhaupt Geröll, Felswände) über Liniensigna- beginnen zu können. 3
Modul 4 | Tourenplanung & Orientierung Die Karte kannst du mit diesen drei Möglichkeiten einnorden: Der Bergschul-Tipp: 1 Du brauchst einen Kompass Kauf dir für deinen Hausberg eine topografische Karte im oder deine Armbanduhr (falls Maßstab 1:25:000. Du wirst diese einen elektronischen beim Vergleich der Karte mit Kompass hat) oder deine Alpen dem Gelände schnell besser vereinaktiv-App. werden und die Orientierung macht auch Spaß. 2 Du drehst die Karte so lange bis das Gelände auf der Karte mit der Natur übereinstimmt. 3 Siehst du die Sonne, dann weißt du, dass die bei Sommerzeit um 13 Uhr im Süden steht. Gegenüber liegt Norden. 2 Das Smartphone Die Karten des Smartphone lassen aber mindestens 20 Zentimeter vom sich auch offline zur Orientierung LVS-Gerät entfernt aufbewahrt, da es verwenden. Ausreichend Energie sonst Störungen geben kann. muss aber trotzdem vorhanden sein. 2 Flugmodus Sieben Bergschul-Tipps, wie man Das Telefon schaltet man auf Flug- den Handy-Akku am Berg schont: zeugmodus oder ganz aus, wenn es nicht gebraucht wird. Sonst sucht das 1 Kälte vermeiden Gerät nämlich permanent ein Signal Das Handy sollte nah am Körper ge und vor allem in entlegenen Gebieten tragen werden. Im Winter wird es ist dies ein veritabler Akkufresser. 4
Modul 4 | Tourenplanung & Orientierung Alle Apps mit Hintergrundsynchro- nisation und automatischen Updates Gut zu wissen: werden ausgeschalten. ❘ Auch bei Handy-Nutzung 3 Helligkeit muss die Karte mit ihren Symbolen richtig inter Die Display-Helligkeit wird reduziert pretiert werden können. und das Handy immer nur ganz kurz aktiviert. ❘ Da schlechte Sicht und drohendes Verirren an sich Stress erzeugen, ist viel 4 Netz Übung im Vorfeld wichtig. Das Netz schaltet man auf 2G/GSM um, Datenverbindung, GPS & Blue tooth ganz aus. 5 Apps Nur Premium-Apps verwenden: Wenn die Wetter-App viel Werbung mitladen muss, verbraucht das Daten und somit auch Strom. 6 Länger unterwegs? Bei Mehrtagestouren nimmt man einen zweiten Akku oder eine mobile Ladeeinheit mit. Akkupacks sind kos tengünstig und liefern Smartphone- Empfehlenswerte Energie für viele Stunden, bedeuten Outdoor-Apps: aber auch Zusatzgewicht. ❘ Alpenvereinaktiv alpenvereinaktiv.com 7 Stromspar-App „Stromsparhilfen“ sorgen in Form von ❘ Komoot komoot.de eigenen Apps mit automatisierten Einstellungen dafür, dass der Akku ❘ Bergfex möglichst lange hält, und können oft bergfex.at auch standortbezogen programmiert werden. 5
Modul 4 | Tourenplanung & Orientierung 3 Die Tourenplanung Mit dem Tourenplanungsformular sammeln wir die Informationen zum Wetter und zu unserem konkreten Tourenziel. Das Formular dient uns als Leitfaden und wirft die wichtigs ten Fragen für die geplante Unter nehmung auf. Im Folgenden vermitteln wir Schritt für Schritt, wie man dieses vor der Tour ausfüllt und über die Antworten die Grundlage für die Be steigung bekommt. Das Formular findet ihr am Ende dieses E-Books, und hier ist es auch zum Downloaden, damit ihr Übung bekommt und es für die nächsten Bergziele nützt: ❘ Ganz oben finden wir die Wochen- bergwelten.com/tourenformular prognose. Dort wählen wir den jeweiligen Tag aus, und wenn wir weiter nach unten scrollen, sehen Die Vorgehensweise: wir die Wettersymbole für die Prognose tagsüber und während ❘ Wir beginnen in dem Formular der Nacht. Wir sehen die Lufttem- ganz oben mit den Informatio peratur und darunter die gefühlte nen zur Wetterprognose: Wenn Temperatur, das ist der „Wind- wir das Große Wiesbachhorn in chill“. Er beschreibt den Unter Salzburg besteigen wollen, ge schied zwischen der gemessenen ben wir auf meteoblue.c om bei Lufttemperatur und der gefühl der Ortssuche „Wiesbachhorn“ ten Temperatur in Abhängigkeit ein und wählen das „Große Wies von der Windgeschwindigkeit. bachhorn“ aus. Wir erhalten dann Wir sehen, die Windrichtung, die Prognose für die Gipfelhöhe die Windgeschwindigkeiten, die auf 3.564 Metern. Niederschlagsmenge und die 6
Modul 4 | Tourenplanung & Orientierung Wahrscheinlichkeit für Nieder ❘ Für die Angaben zur Temperatur schlag. Etwas weiter unten sehen in dreitausend Meter Höhe und wir die Zeiten für Sonnenauf- für Infos, wo die Nullgradgrenze und Untergang. Die Dämmerung liegt, gehen wir auf die Wetter setzt etwa eine halbe Stunde vor seite des Alpenvereins oder auf dem Sonnenaufgang ein. Ab da ist das Kachelmannwetter. im Gebirge eine Begehung eines Weges ohne Stirnlampe machbar. Empfehlenswerte ❘ Was mich immer interessiert, ist Wetterseiten: das Multimodell. Hier wird uns ein Vergleich der unterschiedlichen ❘ Meteoblue meteoblue.com Wettermodelle gezeigt. Hier sehen wir, ob sich die Modelle einig sind ❘ Windy oder nicht. Bei großer Uneinigkeit windy.com werden wir defensiver planen. ❘ Bergfex bergfex.at ❘ Wenn wir weiter nach unten ❘ Alpenvereinswetter scrollen, können wir anhand des alpenverein.at Meteogramms einen Überblick ❘ Kachelmannwetter zur Bewölkung und den Sicht kachelmannwetter.com verhältnissen erhalten. 4 Das Tourenziel Nach dem Überblick zur Wetter tale im Internet. Empfehlenswert ist prognose geht es jetzt darum, dass alpenvereinaktiv.com, das Touren wir die konkreten Informationen portal der Alpenvereine Deutschland, zur geplanten Tour herausfinden. Österreich und Südtirol. Diese bekommen wir über Bücher Dort können wir auch die Infos über wie „Hochtouren Ostalpen“ (Rother die Tour auf das Große Wiesbachhorn Bergverlag) oder über Tourenpor sammeln. 7
Modul 4 | Tourenplanung & Orientierung Die Vorgehensweise: ❘ Wir klicken den Menüpunkt „Tou ren“ an, gehen auf „alle Touren“, Wie schwer und im Filter unter Hochtouren ist „schwer“? gelangen wir zu den veröffent lichten Hochtouren. Je nach Bei alpenvereinaktiv.com werden sämtliche Touren Zoom-Stufe der Karte werden einer der drei Kategorien die auf der Karte ersichtlichen „leicht“, „mittel“ oder Ziele eingeblendet. Wir wählen „schwer“ zugeteilt. Diese in unserem Fall die Tour vom grobe Zuordnung nach ihrer Heinrich-Schwaiger-Haus auf das Schwierigkeit ist naturgemäß recht subjektiv. Zwei Fakto 3.564 Meter hohe Große Wies ren nehmen auf die Bewer- bachhorn in der Glocknergruppe. tung Einfluss: die technische Schwierigkeit und die Länge ❘ Wir füllen das Formular aus: Der der Tour. Es ist dabei wichtig, zu wissen, dass eine sehr Berg ist das Große Wiesbach- lange, aber technisch wenig horn mit 3.564 Metern in der anspruchsvolle Tour genauso Glocknergruppe. Die Route ist der als „schwer“ bewertet sein „Kaindlgrat“. Die Schwierigkeit wie eine kurze, jedoch tech- nisch schwierige Tour. liegt laut alpenvereinaktiv.com bei „mittel“ und 2 –, PD. „2 –“ bezeichnet den Kletter- Schwierigkeitsgrad nach UIAA und „PD“ ist der Hoch- ❘ Im Reiter „Anreise“ finden wir den tourenskala des SAC, des Ausgangpunkt im Tal. Das wäre der Schweizer Alpen-Clubs, Parkplatz Kesselfall-Alpenhaus entnommen und steht für im Kapruner Tal auf 1.033 Meter. „peu difficile“ (also wenig schwierig). Allerdings ist eine Dem Text entnehmen wir auch, „Hochtour“ dieser Bewertung dass der erste Teil mit dem Bus immer noch deutlich schwie- zum Stausee Mooserboden führt. riger als fast alle Berg- und Der Endpunkt entspricht, weil wir Alpinwanderungen. über denselben Weg absteigen, dem Ausgangspunkt. Die vollständige Hochtouren- skala findet ihr hier: ❘ Im Reiter „Wegbeschreibung“ bergwelten.com/ hochtourenskala sehen wir, dass es eine Schutz hütte gibt: und zwar das Heinrich- Das ist die Bergwanderskala: bergwelten.com/ Schwaiger-Haus auf 2.773 Metern. wanderskala Die hier vorgestellte Tour beginnt genau dort. Das sehen wir auf der Kartendarstellung rechts. 8
Modul 4 | Tourenplanung & Orientierung ❘ Im Formular können wir damit die ❘ Uns fehlen noch die Höhenmeter, 767 Höhenmeter im Aufstieg sowie die Wegstrecke und die Zustiegs- im Abstieg und die Wegstrecke zeit zur Hütte vom Ende der Bus bereits eintragen. Die Wegstrecke fahrt beim Bergrestaurant Mooser von 3,8 Kilometer bezieht sich auf boden. Das können wir mit der den Auf- und Abstieg. Das ist am Kartenansicht und dem Planungs Pfeil erkennbar. Wir halbieren da tool herausfinden: Wir klicken auf her auf 1,9 Kilometer für den Auf die Kartenansicht und oben auf stieg. Im Aufstieg benötigen wir die drei Punkte und wählen „Tour 2 Stunden und 15 Minuten. hierher planen“. Wir sehen am Profil den Ausgangpunkt auf etwa ❘ Für den Abstieg nimmt man etwa 2.000 Metern und den Endpunkt zwei Drittel der Aufstiegszeit an. auf etwa 2.800 Metern: Es ist Das wäre beim Großen Wiesbach also eine Wegstrecke von 3,9 Kilo horn 1 Stunde und 30 Minuten. metern mit etwa 800 Höhen metern und 2 Stunden Gehzeit. ❘ Wir rechnen eine halbe Stunde an Pausen ein und kommen damit auf ❘ In Abhängigkeit vom Wetter oder eine Gesamtzeit von 4 Stunden des Abendessens könnten wir uns und 15 Minuten. noch überlegen, wann wir starten, damit sich das ausgeht. Wie weit ist es noch? Standardwerte für normale Gehzeiten sind 300 Höhen meter im Aufstieg und 500 Höhenmeter im Abstieg sowie eine Wegstrecke von 4 Kilometern pro Stunde. 9
Modul 4 | Tourenplanung & Orientierung 5 Detailplanung Wir haben die Wetterprognose und er allerdings unangenehm sein. die harten Fakten zur jeweiligen Tour ❘ Einen guten Überblick über das in unserem Formular eingetragen. Gelände bekommen wir auf der Jetzt geht es um die Planung der Teil- Fatmap (fatmap.com). Wir sehen abschnitte und die Überlegung, ob es die Staumauer, den Weg zum Gefahren für mich oder meine Part Heinrich-Schwaiger-Haus und ner geben könnte. dass der Gipfelanstieg mittler weile keinen Gletscher mehr aufweist. Gut erkennbar sind Die Vorgehensweise: am Gipfelaufbau kleinräumige Altschneefelder. der erste abschnitt ❘ Am Tourenplanungsformular tragen wir beim ersten Abschnitt ❘ Wir teilen die Tour in Abschnitte bei „Gelände“ ein: Markierter Weg ein. Vom Startpunkt geht es mit mit Sicherung. Das Risiko können dem Bus zum Stausee Mooser wir für die einzelnen Gefahren boden. Hier beginnt der Aufstieg quellen in der Tabelle abschätzen: zum Heinrich-Schwaiger-Haus Von 0 = keine Gefahr bis 3 = große über den „Haushoferweg“. Die Gefahr. Gipfelbesteigung des Großen Wiesbachhorns über den „Kaindl ❘ Der technische Anspruch ist grat“ am folgenden Tag ist der aufgrund des markierten Weges zweite Abschnitt. mit Sicherungen für einen tritt sicheren und schwindelfreien ❘ Der Aufstieg zur Hütte führt Wanderer gering. Wir tragen laut Karte über den markierten, daher „1“ für geringe Gefahr in serpentinenreichen Steig mit die Tabelle ein. Bachquerun der Nummer 718. Der Literatur gen gibt es keine. Daher „0“ für entnehmen wir, dass der Weg keine Gefahr. einfach, allerdings kurz vor der Hütte drahtseilgesichert ist. ❘ Die Absturzgefahr ist auf dem Bei Nässe oder Schnee könnte markierten Weg an den glatten 10
Modul 4 | Tourenplanung & Orientierung Felspassagen für einen tritt ❘ Die Sonne ist an Sommertagen sicheren und schwindelfreien im Hochgebirge ein großes The Wanderer gering. Daher „1“. ma. Der Aufstieg verläuft auf der Ohne Gletscher gibt es auch keine Nordwestseite des Berges und Spaltensturzgefahr. Daher „0“. ist mit entsprechendem Sonnen schutz unproblematisch. Also „1“. ❘ Steinschlag ist im schrofigen Wärmegewitter sind in den Som Felsgelände nie auszuschließen. mermonaten sehr oft am Nachmit In nicht besonders steilem Ge tag einzukalkulieren. Speziell bei lände ist die Steinschlaggefahr nachmittäglichen Aufstiegen zur am markierten Wanderweg aber Hütte muss man die Entwicklung eher gering. Ohne Eis kein Eis- beobachten. Touren sollten nur bei schlag. Daher „1“. Bei „normalen“ stabilen Wetterverhältnissen ge Begehungen im Hochsommer plant werden. Je früher der Start, ist Lawinengefahr nicht gegeben. desto geringer ist auch die Wahr Daher „0“. scheinlichkeit für ein Wärme gewitters. In diesem Fall: „1“. ❘ Wechten finden wir auf exponier ten Graten. Die gibt es am Zustieg Der erste Abschnitt stellt bei guter in der Flanke nicht. Daher „0“. Wetterlage ohne Gewittergefahr und sommerlichen Bedingungen ❘ Die Orientierung ist aufgrund des keine großen Schwierigkeiten dar. markierten Weges unproblema Der zweite Abschnitt vom Heinrich- tisch. Daher „1“ für geringe Gefahr. Schwaiger-Haus zum Gipfel ist eine Sollte das Wetter Neuschnee oder größere Herausforderung. Vereisung erahnen lassen, heißt es für Anfänger „stopp!“. Der Weg wäre nicht mehr sichtbar, die Ori der zweite abschnitt entierung sehr anspruchsvoll und damit die technischen Schwierig ❘ Wir verschaffen uns zu Beginn keiten ungleich höher. Wir gehen wieder einen Überblick: Von der von einer Sommerbegehung bei Hütte geht es über das „Klamml“ guten Bedingungen aus. Dieser und den Unteren und Oberen Wert muss bei unerfahrenen Fochezkopf auf den „Kaindlgrat“ Bergsteigern immer „0“ sein! zum Gipfel. Über alpenvereinaktiv.com können ❘ Bei „normalen“ Begehungen im wir uns diesen Abschnitt mit ver Hochsommer sollte die Kälte be schiedenen Karten und dem Satel ziehungsweise hoher Windchill litenbild genauer ansehen: Dar bis zur Hütte kein Problem dar gestellt wird die Region über die stellen. Daher „0“. Karten Outdooraktiv, die amtliche 11
Modul 4 | Tourenplanung & Orientierung österreichische Karte (BEV), die Kamin (Klettersteig-Schwierigkeit Alpenvereinskarte oder auch B/C, ca. 50 HM).“ Wir tragen beim das Satellitenbild. zweiten Abschnitt bei „Gelände“ also ein: Gipfelgrat inklusive Klet- ❘ Für die Schlüsselstellen helfen uns tersteig. Der technische Anspruch textliche Beschreibungen weiter: ist aufgrund des Klettersteigs mit „Die bei schönem Wetter alpine der Bewertung B/C nicht mehr Schlüsselstelle für diese Tour liegt als „einfach“ einzustufen, für einen gleich am Einstieg, gut 300 Meter versierten Wanderer aber gut hinter der Hütte: Beim Aufstieg machbar. Wir tragen daher „2“ für auf den Fochezkopf muss man mittlere Gefahr in die Tabelle ein. durch einen schmalen Kamin, der aber an den entscheidenden Stel ❘ Wir wissen, dass die Bewertung len mit Drahtseilen versichert ist. PD bzw. WS laut Definition be Man steigt eine steile Felsflanke deutet, dass meist Gehgelände Richtung Osten hinauf auf den vorherrscht. Bei felsigen Passagen Fochezkopf, umrundet diesen oben ist erhöhte Trittsicherheit nötig. auf der Nordseite und folgt dann Die Kletterstellen sind über dem weiteren Wegverlauf immer sichtlich und überschreiten den dem Grat. Am Anfang des Gipfel 2. Schwierigkeitsgrad nicht. aufbaues gelangt man in leichtes Blockgelände. Schwierigkeitsgrad: ❘ Einen guten Überblick und Erfah PD (WS) II-, mittel; Schlüssel rungsberichten zu den Schlüssel stelle: gleich am Anfang unweit der stellen und das Gelände, finden wir Hütte ein seilversicherter Rinnen- für fast jede Tour im Internet. Eine Google-Suche lohnt sich bei jeder Vorbereitung. ❘ Bachquerungen gibt es keine. Da her „0“. Absturzgefahr ist aufgrund des Klettersteigs und der felsigen Passagen grundsätzlich gegeben, aber wegen der einfachen Passa gen überschaubar. ❘ Erfolgt eine Begehung in den Sommermonaten, ist das Gelände, und auch der Kaindlgrat, meist ausgeapert, hat also nur wenige Stellen mit Altschnee. Sonst er fordert eine Begehung den siche 12
Modul 4 | Tourenplanung & Orientierung ren Umgang mit Steigeisen und ❘ Die Orientierung ist bei guter eventuell mit Pickel. Wenn auch Sicht und ohne Schneeauflage auf in einfachem, nicht allzu steilem grund der zahlreichen Begehungen Gelände. Von der Steilheit mit 35 einfach. Bei schlechter Sicht oder Grad wissen wir aus der textlichen Neuschnee ist bei vergletscher Beschreibung. Daher „2“ für mitt ten Hochtouren oder hochalpinen lere Gefahr. Da es am Gratanstieg Touren ohne markante Fixpunkte keinen Gletscher mehr gibt, be und nur sporadischen Wegmarkie steht keine Spaltegefahr. Also „0“. rungen eine Umkehr oder ein Ver- zicht auf den Gipfel überlebens ❘ Steinschlag ist im schrofigen Fels wichtig. Für diese Tour brauchen gelände nie ganz auszuschließen. wir gute Sichtbedingungen. Daher In mäßig steilem Gelände ist die sollte der Wert nicht größer „1“ Gefahr gering, in hochalpinem sein. Bei Wetterprognosen mit Gelände kann es aufgrund der dichtem Nebel am Berg, wären wir Verwitterung mit Frostsprengung schnell bei „3“ also großer Gefahr. jedoch dazu kommen. Unvorsichti ge Bergsteiger können Steinschlag ❘ Sollte das Wetter Neuschnee oder auslösen und uns gefährden. Ein Vereisung versprechen, heißt es Helm ist sehr anzuraten. Aufgrund am Gipfeltag für Anfänger „stopp!“. der Steinschlaggefahr schreiben Die felsigen Passagen wären dann wir „2“ für mittlere Gefahr. sehr anspruchsvoll und der Weg eventuell nicht mehr sichtbar. Die ❘ Bei normalen Begehungen im ser Wert muss bei unerfahrenen Hochsommer ist Lawinengefahr Bergsteigern immer „0“ sein! nicht gegeben. Daher „0“. ❘ Am Gipfeltag kann Kälte durch ❘ Wechten finden wir auf exponier hohen Windchill-Faktor im Sinne ten Graten. Der Kaindlgrat ist der gefühlten Temperatur in Kom kein markanter Grat, sondern bination mit Wind möglich sein. eher ein Gratrücken. Er weist Generell sollte man im Gebirge aber im Frühsommer immer eine immer mit Wind rechnen – selbst Firnschneide auf. Wechten sind bei ruhigen Hochdrucklagen – und möglich, aber im Hochsommer am an entsprechende Kleidung den breiten Grat bereits stark zurück ken. 0 Grad Lufttemperatur beim gebildet. Überwechtung kann es Start von der Hütte mit 50 km/h aufgrund der dominanten Nord Wind fühlt sich wie – 8 Grad an. west-Winde am Gipfel in Richtung Bei einer Besteigung im Hoch Osten geben. Hier ist durchaus sommer mit wenig bis mäßigem Aufmerksamkeit gefragt. Das Wind gehen wir von einem gerin bedeutet „2“ für mittlere Gefahr. gen Risiko, also „1“, aus. 13
Modul 4 | Tourenplanung & Orientierung ❘ Pro 1.000 Höhenmeter steigt die Ist das unsere Tour? Intensität der UV-Strahlung um Die vielen Informationen, die wir zur 15 bis 20 Prozent. Zudem reflek Tour auf das Große Wiesbachhorn zu tieren Gletscher und Eis bis zu sammengetragen haben, lassen sich 80 Prozent des Sonnenlichts. Mit auf diese Kernaussagen verdichten: einem frühen Start beugen wir intensiver Strahlung um die Mit ❘ Aufgrund des kurzen Kletter tagszeit vor. Mit dem geeignetem steiges und der felsigen, aber ein Sonnenschutz, Kopfbedeckung, fachen Kletterpassagen erfordert entsprechender Kleidung, Sonnen die Tour Trittsicherheit und brille und Sonnencreme ist das Schwindelfreiheit Risiko allerdings gering, daher „1“. ❘ Wegen der exponierten Lage sollte ❘ Wärmegewitter sind in den Som das Große Wiesbachhorn nur bei mermonaten, sehr oft am Nach gutem Wetter mit ausreichend mittag einzukalkulieren. Je früher Sicht, wenig Wind und geringer du startest, desto geringer ist die Gewittergefahr bestiegen werden. Wahrscheinlichkeit. Plane deine Touren nur bei geringer Gewitter ❘ Der Berg ist bei optimalen Bedin gefahr. Das heißt „1“. gungen für Hochtouren-Anfänger geeignet, weil es keinen Gletscher ❘ Nachdem der Abstieg über die kontakt mit Spalten gibt und selb Aufstiegsroute verläuft, brauchen ständige Seilsicherungen nicht wir keine gesonderte Planung. notwendig sind. Früh im Jahr und je nach Schneemenge im Winter ❘ Für die Nächtigung der Hütte bis in den Hochsommer können machen wir eine Reservierung. Steigeisen und Pickel nötig sein. Hier klicken wir auf „Hütten“ und geben bei der Suche das Heinrich- ❘ Wetterstürze, große Restschnee Schwaiger-Haus ein. Bei manchen mengen oder Nebel können die Hütten genügt ein Anruf, andere Tour sehr gefährlich und ernst müssen über ein Online-Reser werden lassen. vierungssystem gebucht werden – beim Heinrich-Schwaiger-Haus ist Abschließend stellen wir uns die ehr- dies der Fall. Im Formular tragen liche Frage, ob wirklich alle Teilneh wir uns noch die Telefonnummer mer dem Tourenziel gewachsen sind. der Hütte ein. Gibt es Alternativen, wenn wir vor Ort merken, dass unser Ziel zu hoch ❘ Der letzte Abschnitt des Formulars gesteckt ist? Wenn wir zu Hause eine beschäftigt sich mit Kleidung und Alternative planen, haben wir vor Ort Ausrüstung (siehe Modul 2). einen realistischen Plan B zur Hand. 14
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