Transfermulch in Bio-Gewächshäusern - Greenresilient Factsheet

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Transfermulch in Bio-Gewächshäusern - Greenresilient Factsheet
Greenresilient
      Factsheet

Transfermulch in
Bio-Gewächshäusern
Samuel Hauenstein, Armelle Rochat, Patricia Schwitter

Im Gewächshausanbau ist die Fruchtfolge im Allgemei-         Vorteile von Transfermulch
nen sehr intensiv, wenig abwechslungsreich und Grün-
düngungen finden darin nur selten Platz. Ebenfalls ist die   Das Ausbringen von organischem Mulchmaterial ist be-
Produktion im gedeckten Anbau in vielen Fällen stark ab-     züglich Unkrautbekämpfung eine interessante Alternati-
hängig von externen Inputs wie Handelsdünger, Pflanzen-      ve zum Einsatz von Mulchfolien in Bio-Gewächshauskul-
schutzmittel, Nützlingen oder Mulchfolien. Nicht selten      turen. In der gedrängten Gewächshausfruchtfolge hat
führt dieses intensive Anbausystem zu Problemen mit          Transfermulch diverse positive Effekte auf den Boden
bodenbürtigen Krankheiten, einseitigem Nährstoffent-         und kann eine Gründüngung teilweise ersetzen. Die
zug und Versalzung. Mit dem Einsatz von Transfermulch        wichstigsten Vorteile sind:
lassen sich einige dieser Probleme verhindern oder zu-       • Erhalt und Aufbau des Humusgehalts und der
mindest reduzieren. Dieses Merkblatt zeigt die Vorteile,        Bodenstruktur
Risiken und Herausforderungen von Transfermulch auf          • Erhöhung der Artenvielfalt von Bodenorganismen
und gibt Empfehlungen für die ­Praxisanwendung.              • Steigerung der biologischen Aktivität des Gewächs­
                                                                hausbodens
                                                             • Reduzierte Verdunstung, homogenere Boden­
                                                                feuchtigkeit und geringerer Bewässerungsbedarf
Transfermulch in Bio-Gewächshäusern - Greenresilient Factsheet
• Beugt Versalzung vor
                                                                    • Pufferung von Temperaturextremen in der obersten
                                                                      Bodenschicht
                                                                    • Kurz- bis mittelfristige Düngewirkung des
                                                                      Mulchmaterials

                                                                    Risiko und Herausforderungen von
                                                                    Transfermulch
                                                                    Neben den zahlreichen Vorteilen gibt es auch einige Risi­
                                                                    ken und Herausforderungen bei der Anwendung von
                                                                    Mulch in Gewächshäusern, wie z.B.:
                                                                    • Mögliches Risiko von Mäusen und/oder
                                                                       Schneckenbefall
                                                                    • Einschleppung von Unkraut-Samen über das
                                                                       Mulchmaterial
                                                                    • Mehrjährige- bzw. Wurzelunkräuter lassen sich
                                                                       weniger gut unterdrücken
                                                                    • Stickstoffblockade bei zu kohlenstoffreichem
                                                                       Mulchmaterial (nachträgliche Düngung schwierig).
                                                                    • verzögerte Mineralisierung durch tiefere
                                                                       Bodentemperatur im Frühjahr (siehe Foto 1 und 2).
                                                                    • Blattverbrennungen durch Ausgasungen aus dem
                                                                       Mulchmaterial (siehe Foto 3).
                                                                    • Eventuell ist Handjäten, oder Nachmulchen bei
                                                                       rascher Zersetzung des Mulchmaterials nötig.
Foto 1 und 2: Die Aufhellungen im unteren Bereich der jungen        • Arbeitsaufwand beim Mulchen ca. 5-10 mal höher
Tomatenpflanzen weisen auf Stickstoffmangel hin. Ursache ist eine      als beim Einsatz von Mulchfolien.
verzögerte Stickstoffmineralisierung aufgrund von niedrigeren
Bodentemperaturen unter der Mulchschicht.
Quelle: Patricia Schwitter, FiBL.                                   Anwendung in der Praxis
                                                                    Wahl des Mulchmaterials
                                                                    Bei der Wahl des geeigneten Mulchmaterials sind mehre-
                                                                    re Faktoren zu berücksichtigen:
                                                                    • Kohlenstoff-Stickstoff-Verhältnis (C:N): wird
                                                                        beeinflusst durch die Zusammensetzung des
                                                                        Mulchmaterials und dessen Stadium.
                                                                       • C:N 25: Sehr langsame Zersetzung des
                                                                           Mulchmaterials und Gefahr von
Foto 3: Blattverbrennungen durch Ausgasungen aus der Mulch-                Stickstoffblockade (Stroh, verholztes Material)
schicht. Quelle: Patricia Schwitter, FiBL.                          • Struktur: Wird beeinflusst durch Schnittlänge und
                                                                        Erntestadium.
                                                                       • Getreide-Leguminosen-Mischungen bzw. Gras-
                                                                           Leguminosen-Mischungen sind oft ideal
                                                                       • Zu junges und kurzes Material führt zu
                                                                           Verdichtung und anaeroben Bedingungen
                                                                       • Die optimale Schnittlänge beträgt ca. 10 cm
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Tabelle 1: Übersicht verschiedener Ausgangsmaterialien und ihrer Eigenschaften

  Mulchmaterial    Erforderliche       Optimaler       Nährstoff­gehalt und   Vorteile               Nachteile
                   Menge Frisch­       Ernte­zeit­     -verfüg­bar­keit
                   material (kg/m2)    punkt
  Kleegras im      7–9                 Anfang          • Hoher Nährstoff-     • In den meisten       • Sehr grosse Menge
  ­Verhältnis                          Blütezeit         eintrag durch          Regionen leicht        an Mulchmaterial
   (30:70)                             Klee, Ähren­      grosse Menge           verfügbar              erforderlich
                                       schieben von      Mulchmaterial                               • Neigt bei zu
                                       Gräsern         • Relativ hohe N-                               frühem Schnitt zur
                                                         Verfügbarkeit                                 Verdichtung
                                                                                                     • Relativ schnelle
                                                                                                       Zersetzung
  Hülsenfrüchte,   3–4                 Blüte           • Hohe                 • Relativ wenig        • Relativ schnelle
  z.B. Saubohne                                          N-Verfügbarkeit        Mulchmaterial          Zersetzung
                                                       • Niedrige               erforderlich
                                                         P-Gehalte
  Getreide, z.B.   4–6                 Ähren­          • Höchster             • Langsame             • Relativ hoher
  Winterroggen                         schieben,         P-Gehalt               ­Zersetzung            P-Gehalt
                                       ­frühe Kopf-    • Geringe              • Zeitige Ernte im     • Mögliche
                                        phase            N-Verfügbarkeit         Frühjahr möglich      N-Blockierung bei
                                                                                                       zu spätem Schnitt
  Getreide-        3–5                 Anfang Blüte-   • Relativ geringer     • Gute Struktur        • Vergleichsweise
  Leguminosen-                         zeit              Nährstoffimport      • Ausgewogenes           später Erntezeit-
  Mischungen                                           • Relativ hohe N-         C:N-Verhältnis        punkt
  (70:30),                                               Verfügbarkeit        • Wenig Mulch­
  z.B. Roggen-­                                                                  material
  Wicke                                                                         ­erforderlich
  Silage           Je nach ­Erntegut   Zu Beginn der   • Abhängig vom         • flexibler Applika-   • Starke Ausgasung
  (verschiedene                        Blütezeit         Rohmaterial            tionszeitpunkt         (Gefahr von Blatt-
  Mischungen                                                                  • Unkrautsamen           verbrennungen)
  möglich)                                                                      sind grösstenteils
                                                                                nicht keimfähig

• Nährstoffgehalt: Die Nährstoffgehalte des Mulch­             der Mulchapplikation abgestimmt wird. Der Schnittzeit-
  materials sollten bei der Düngeberechnung                    punkt der Gründüngung sollte optimalerweise auf eine
  berücksichtigt werden.                                       möglicht hohe Biomasse und ein günstiges C:N-Verhältnis
  • Stickstoff: je nach Ausgangsmaterial wird ca.              abzielen. Um das Mulchmaterial frei von Unkrautsamen
     10-40% des totalen Stickstoffgehalts                      zu halten, ist eine Unkrautbekämpfung nach der Aussaat
     pflanzenverfügbar                                         (z.B. Striegeln) empfohlen. Gegebenenfalls kann auch
  • Phosphor und Kalium: Die Nährstoffeinträge durch           ein Säuberungsschnitt mit hoher Schnitthöhe zu Beginn
     die Zufuhr von Mulchmaterial können kurz- und             der Unkrautblütezeit durchgeführt werden. Die meisten
     langfristig erheblich sein. Die P- und K-Gehalte des      Mulchkulturen werden zu Beginn der Blütezeit geerntet,
     Boden und des Mulchmaterials sollten bei der              was das Risko der Unkrautversamung ebenfalls reduziert.
     Düngeberechnung berücksichtigt werden.                        Die optimale Schnittlänge beträgt ca. 10 cm, da kurzes
                                                               Schnittgut zur Verdichtung neigt und längeres Material
Herstellung Mulch                                              die Ausbringung erschwert. Die gewünschte Schnittlänge
Idealerweise baut man die Gründüngung für das Mulch-           lässt sich beispielsweise mit einem mit der maximalen
material auf dem eigenen Betrieb an, um ungewollte             Anzahl an Schnittmessern ausgerüsteten Heulader er-
Nährstoffimporte zu vermeiden. Bei der Planung ist es          reichen. Durch leichtes Anwelken lässt sich das Mulch-
wichtig, dass der Aussaattermin gut auf den Zeitpunkt          material besser verteilen.
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Abbildung 1. Schematische Darstellung der Mulchung. Quelle: Samuel Hauenstein

       Boden aufwärmen,                      Gewächshaus                         evtl. Nachmulchen
        Lüftung schliessen                  ausgiebig lüften
            (3–7 Tage)                        (7–14 Tage)

                                    Bodenorganismen

       Vorbereitung              Mulchen                              Vegetationszeit                            Mulch einarbeiten

  Vorkultur        Boden-      Bodentemperatur           Pflanzung       Zersetzung                Bei Bedarf
  entfernen      bearbeitung       > 15°C                               Mulchmaterial             nachmulchen

       0               3        7                14
Tage                                                                                    Komprimierte Zeitachse

Aufwandmenge                                                         Ausgasungen. Aus diesem Grund sollte das Gewächs-
Die Aufwandmenge an Mulchmaterial hängt von ver-                     haus nach dem Verteilen des Mulchmaterials während
schiedenen Faktoren ab, so etwa von der Kulturdauer                  1-2 Wochen gut gelüftet werden. Mit der Pflanzung von
der Gewächshauskultur, Art und Schnittlänge des Mulch-               wärmebedürftigen Pflanzen sollte entsprechend zuge-
materials sowie vom verwendeten Bewässerungssystem                   wartet werde, da auch bei kühlem Wetter gelüftet wer-
(Tropfbewässerung vs. Sprinklerbewässerung). Normaler-               den muss. Bei der Verwendung von frischem Mulchma-
weise ist zum Ausbringezeitpunkt eine Mulchschicht von               terial kann dieses alternativ einige Tage außerhalb des
ca. 10-15 cm Frischmaterial erforderlich, um die Unkraut-            Gewächshauses vorgelüftet werden.
unterdrückung bis zum Ende der Saison zu gewährleisten.                 Bei genügend dicker Mulchschicht reicht im Ge-
In der Regel wird für eine entsprechende Mulchschicht                wächshaus normalerweise eine einmalige Applikation
auf der gewünschte Gewächshausfläche etwa die drei-                  aus, um die Unkrautunterdrückung bis zum Kulturende
fache Fläche an Gründüngung als Mulchmaterial benötigt.              zu gewährleisten. Wenn sich die Mulchschicht jedoch
                                                                     zu schnell zersetzt oder die Unkrautunterdrückung un-
Mulch ausbringen                                                     zureichend ist, ist eine zweite Mulchausbringung wäh-
Vor dem Ausbringen von Mulch in Gewächshäusern                       rend der Kulturzeit möglich. Die Verwendung von Über-
sollte sich der Boden ausreichend erwärmt haben, ide-                kopfbewässerung sorgt generell für eine gleichmäßigere
alerweise auf über 15°C. Um die Bodenerwärmung zu                    Bodenfeuchtigkeit, aber auch für eine schnellere Zerset-
beschleunigen, kann das Gewächshaus während 1-2 Wo-                  zung des Mulchmaterials. Mit Tropfschläuchen baut sich
chen komplett geschlossen werden, wenn dies mit der                  das Mulchmaterial langsamer ab und es werden weniger
Vorkultur vereinbar ist. Eine gleichmässige Mulchschicht             Nährstoffe aus dem Mulch pflanzenverfügbar.
gelingt am einfachsten, wenn das Mulchmaterial vor der
Pflanzung flächig ausgebracht wird. Falls die Bodentem-              Mulch einarbeiten
peratur noch zu tief sein sollte, kann die Mulchausbrin-             Am Ende der Saison kann die Mulchschicht bei ausrei-
gung auch erst nach der Pflanzung erfolgen. Dabei muss               chender Zersetzung vollständig in den Boden eingearbei-
allerdings auf mögliche Blattverbrennungen durch Aus-                tet werden. Falls sich das Material nur wenig zersetzt hat,
gasungen geachtet werden, insbesondere bei der Ver-                  kann der Mulch weggeführt und kompostiert werden.
wendung von Silage als Mulchamterial.                                Dies ist insbesondere bei bereits hohen P- und K-Vorrä-
    Sowohl bei frischem Material als auch bei Silagemulch            ten im Boden sinnvoll. Abbildung 1 stellt die Mulchtech-
entstehen in den ersten Tagen nach der Ausbringung                   nik in Gewächshäusern schematisch dar.
Referenzen                                                            Über Greenresilient: Dieses Merkblatt wurde im Rahmen des
                                                                      Projekts Greenresilient – Organic and bio-dynamic vegetable
Hugh Riley, Anne-Kristin Løes, Sissel Hansen & Steinar Dragland       production in low-energy GREENhouses – sustainable, RESILIENT
(2003) Yield Responses and Nutrient Utilization with the Use of       and innovative food production Systems – erarbeitet, das von 2018
Chopped Grass and Clover Material as Surface Mulches in an Or-        bis 2021 läuft. Das Hauptziel von Greenresilient ist es, zu zeigen,
ganic Vegetable Growing System, Biological Agriculture & Horticul-    dass ein agrarökologischer Ansatz für die Gewächshausproduktion
ture, 21:1, 63-90, DOI: 10.1080/01448765.2003.9755250                 machbar ist und die Etablierung von resilienten Agrarökosystemen
Heuwinkel, Hauke et al., (2007) Synchronisation der N-Mineralis-      in verschiedenen europäischen Regionen ermöglicht.
ierung aus Mulch mit der N-Aufnahme von Freilandgemüse durch
                                                                       Projektpartner: Agroscope, Schweiz; AU-FOOD – Aarhus Univer-
optimiertes Management einerLeguminosengründüngung. Technis-
                                                                       sity, Department of Food Science, Denmark; CREA – Consiglio
che Universität München , Wissenschaftszentrum Weihenstephan,
                                                                       per la ricerca in agricoltura e l’analisi dell’economia agraria, Italy;
Lehrstuhl für Pflanzenernährung.
                                                                      FiBL – Forschungsinstitut für biologischen Landbau, Schweiz;
Heckenberger A. (2018), Alternative Anbausysteme: Bedeckung
                                                                      GRAB – Groupe de Recherche en Agriculture Biologique, France;
mit pflanzlichem Mulch. Gemüse, 9/2018, pp. 44-47.
                                                                      HBLFA – Horticultural College and Research Institute, Austria;
Koller M. (2019), Was ist im Gras drin. Ökomenischer Gärtnerrund-
                                                                      ILVO – Institute for Agricultural and Fisheries Research, Bel-
brief, 2/2019, pp 55-57.
                                                                       gium; La Colombaia – Società Agricola Semplice LA COLOMBAIA,
                                                                      ­Italy; PCG – Vegetable Research Centre Kruishoutem, Belgium;
                                                                      SLU – Swedish University of Agricultural Sciences, Sweden;
Impressum                                                             UvA – Institute for Biodiversity and Ecosystem Dynamics, Nether-
                                                                       lands; WUR – Stichting Wageningen Research, research institute
Herausgeber: Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL,        Wageningen Plant Research, Netherlands
Schweiz, +41 62 865 72 72, info.suisse@fibl.org, www.fibl.org
Layout: Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL, Schweiz,    About: Das Projekt «Greenresilient – Organic and bio-dynamic
+41 62 865 72 72, info.suisse@fibl.org, www.fibl.org                  vegetable production in low-energy GREENhouses – sustainable,
Autoren: Samuel Hauenstein, Armelle Rochat, Patricia Schwitter,       RESILIENT and innovative food production systems» ist eines der
FiBL                                                                  Projekte, die im Rahmen des Horizon 2020 Projektes CORE Organic
Permalink: https://orgprints.org/39053                                Co-fund (https://projects.au.dk/coreorganiccofund/) initiiert
Cover picture: Tomatenkultur auf Kleegrasmulch. Patricia Schwitter,   wurden und wird von den Geldgebern finanziert, die gleichzeitig
FiBL                                                                  Partner dieses Projektes sind (Finanzhilfevereinbarung Nr.: 727495).
                                                                      Die in diesem Merkblatt geäußerten Meinungen und verwendeten
                                                                      Argumente spiegeln nicht notwendigerweise die offiziellen Ansicht-
                                                                      en der CORE Organic Cofund Funding Bodies oder der Europäis-
                                                                      chen Kommission wider. Diese sind nicht verantwortlich für die
                                                                      Verwendung der in diesem Merkblatt enthaltenen Informationen.
                                                                      www.greenresilient.net          © 2021
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