Transnationale Bildung - Ankerpunkte im Ausland - DAAD

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Transnationale Bildung - Ankerpunkte im Ausland - DAAD
Transnationale Bildung –
 Ankerpunkte im Ausland
Transnationale Bildung - Ankerpunkte im Ausland - DAAD
Inhalt                                                           Editorial

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ZAHLEN UND FAKTEN:
Die Welt der Transnationalen Bildung

INTERVIEW: DAAD-Generalsekretärin
Dr. Dorothea Rüland – „Neue Möglich­
keiten zur globalen Zusammenarbeit“          6
TAGUNGSBERICHT: Neue   Rollen                     Liebe Leserinnen und Leser,
für die Transnationale Bildung               8    STARKE VERBINDUNGEN wurden in den vergangenen         Anfang an ein prägendes Merkmal transnatio-
                                                  Jahren durch Transnationale Bildung (TNB) zwi-        naler Bildungsangebote aus Deutschland. Einen
PORTRÄTS:Absolventinnen                           schen deutschen Hochschulen und ihren interna-        entscheidenden Anteil daran haben die deutschen

und ­Absolventen transnationaler
                                             16
                                                  tionalen Partnern geknüpft. Als „Ankerpunkte im       Hochschulen für Angewandte Wissenschaften.
                                                  Ausland“ hat die große Berliner TNB-Tagung des        Die abschließende Podiumsdiskussion der Berliner
­Hochschulpräsenzen                               DAAD im November 2018 die im Ausland aufge-           Tagung machte deutlich, welches Internationalisie-
                                                  bauten deutschen Studienangebote, Exzellenz- und      rungspotential TNB gerade für Fachhochschulen
                                                  Fachzentren sowie binationalen Hochschulen            birgt.
TAGUNGSBERICHT: Fachhochschulen –
­Internationalisierung in viele Richtungen   18   benannt. Sie stehen für viel mehr als einen reinen
                                                  „Bildungsexport“. Die deutschen Hochschulen
                                                  gehen ihr Auslandsengagement mit einem partner-
                                                                                                        Transnationale Bildung eröffnet wertvolle Perspek-
                                                                                                        tiven – gerade in Krisenzeiten. In der Türkei und
                                                  schaftlichen Ansatz an, der auch die Bildungsinter­   im Nahen Osten haben sich binationale Hochschulen

GASTBEITRAG: Zeit  für bewusste                   essen und -traditionen der Sitzländer einbezieht.
                                                  Nur dadurch ist es möglich, dass die transnationa-
                                                                                                        für geflüchtete Studierende geöffnet, aber auch in
                                                                                                        anderen Weltregionen stehen TNB-Präsenzen für
­Entscheidungen – Dr. Muriel Helbig
 über die Digitalisierung                    22   len Präsenzen der Hochschulen vielfältige Rollen
                                                  einnehmen und so über ihre Kernaufgaben in der
                                                  Lehre hinaus einen Mehrwert erzeugen.
                                                                                                        einen Dialog, der angesichts von Konflikten nicht
                                                                                                        abreißt. Transnationale Bildung bedeutet immer
                                                                                                        auch Arbeit an der Zukunft: von den jungen Absol-
                                                                                                        venten bis zu den neuen technischen Möglichkeiten

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                                                  So dient etwa an etablierten TNB-Einrichtungen        der Digitalisierung. Das vorliegende DUZ Special
                                                  der erfolgreiche Aufbau des Lehrbetriebs als Basis    bringt Ihnen mit seinen Beiträgen die Themen
Impressum                                         für die Schaffung von Forschungsstrukturen. Bei       näher, die auch in den kommenden Jahren die Ar-
                                                  den Exzellenzzentren für Forschung und Lehre ist      beit der deutschen Hochschulen prägen werden.
                                                  die grenzüberschreitende Netzwerkbildung durch
                                                  gemeinsame Forschung ohnehin Programm. Eben-          Eine anregende Lektüre wünscht Ihnen
                                                  so wesentlich ist die Vernetzung für das Zusam-       Ihre
                                                  menwirken von Bildung und Wirtschaft. Praxis­
                                                  orientierte Lehre, die die Anforderungen deutscher
                                                  Unternehmen vor Ort ebenso in den Blick nimmt         Univ.-Prof. Dr. Margret Wintermantel
                                                  wie die der nationalen Arbeitsmärkte, war von         Präsidentin des Deutschen Akademischen Austauschdienstes

                                                                                                                                                                   3
Transnationale Bildung - Ankerpunkte im Ausland - DAAD
ZAHLEN UND FAKTEN                                                                                                                                                                                                                  ZAHLEN UND FAKTEN

     Standorte transnationaler
    Bildungsprojekte deutscher
    Hochschulen und binationa-
    ler Hochschulen im Ausland                                                                                                 St. Petersburg
                                                                                                                                       Jaroslawl
     mit aktueller und früherer                                                                                Warschau Moskau               Kasan Nowosibirsk      Krasnojarsk
                                                                                                                    Lodz       Minsk                            Barnaul
       DAAD-Förderung 2018                                                                                   Krakau        Kiew Sumy
                                                                                                               Prag                  Charkiw
                                                                                                           Bratislava Ternopil Donezk
                                                                                                             Budapest         Cluj-Napoca                   Almaty
                                                                                                             Szeged        Brasov         Tiflis
                                                                                                        Temeschwar Sofia                      Baku   Bischkek                   Qingdao
                                                                                                                      Istanbul Ankara Eriwan                                             Busan
                                                                                                          Meknès                    Beirut                                Nanjing          Beppu
                                                                                                                                    Amman                                   Hefei
                                                                                                                         Kairo                                                       Shanghai
                                                                                                                                                                         Hangzhou
                                                                                                                                  El Gouna Abu Dhabi
                                                                 San Luis Potosí                                                                     Maskat                             Hanoi
               Wichtige Sitzländer deutscher TNB-Angebote
                         (Studierendenzahl 2018)                                                                                                   Bangalore              Bangkok
                                                                                                                                         Addis Abeba                                        Ho-Chi-Minh-Stadt
                                                                                                                                                                      Kuala Lumpur Kuantan
               SITZLÄNDER     ANZAHL
                                                                                                                                                                              BangiSingapur
               Ägypten         12.963                                                                                                                                                 Semarang
               Jordanien        4.345
                                                                                                                                                                   Bumi Serpong Damai   Surabaya
               China            3.373
               Oman             1.962                                                  Rio de Janeiro
               Türkei           1.502                                                  Curitiba
               Vietnam          1.285                              Santiago de Chile
                                                                                                             Kapstadt
               Rumänien          705
                                                                               Buenos Aires
               Singapur          666
               Kirgisistan       627
               Kasachstan        620
                                                                                                                       Regionale Verteilung der                                              Studierende in TNB-
                                                                                                                       TNB-Studierenden 2018                                          Angeboten nach Fächergruppen 2018
                                                                                                                                 0,4% 0,1%                                                      1.427 I 4,4%     401 I 1,2%
                                                                                                                         8,0%

                                                                                                                                                                                3.571 I 11,1%
                                                                                                               10,7%

                 Die Welt der                                                                                                                              61,1%

           ­Transnationalen Bildung                                                                         19,7%                                                           9.875 I 30,6%

                                                                                                                                                                                                                                   16.975 I 52,6%
                      Aktuelle Statistiken zu den weltweiten transnationalen
                    Präsenzen deutscher Hochschulen zeigen ein vielschichtiges                                Nordafrika und Nahost      Osteuropa und Zentralasien                             Ingenieurwissenschaften

                                                                                                                                                                                                                                                    Quelle: Wissenschaft weltoffen 2018
                                                                                                                                                                                                Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
                                         globales Netzwerk.                                                   Asien und Pazifik
                                                                                                              Mittel- und Südosteuropa
                                                                                                                                         Lateinamerika
                                                                                                                                         Subsahara-Afrika                                       Mathematik, Naturwissenschaften
                                                                                                                                                                                                Kunst, Musik
                                                                                                                                                                                                Sprach- und Kulturwissenschaften

4                                                                                                                                                                                                                                                          5
Transnationale Bildung - Ankerpunkte im Ausland - DAAD
INTERVIEW                                                                                                                                                                                                                             INTERVIEW

                                                                                                                        Aber gerade angesichts solcher Krisensituationen ha-      Und natürlich wird die Digitalisierung auch in der
                                                                                                                        ben sich transnationale Hochschulpräsenzen bewährt,       Transnationalen Bildung durch neue Möglichkeiten die
                                                                                                                        etwa, indem sie junge syrische Geflüchtete in der Nähe    Zusammenarbeit rund um den Globus verändern.
                                                                                                                        ihres Heimatlands auf ein Studium vorbereiten oder
                                                                                                                        bereits als Studierende aufgenommen haben. Zugleich       Auch die Empfehlungen des Wissenschaftsrats zur
                                                                                                                        haben Klimaveränderungen und extreme Wetterereig-         Internationalisierung von Hochschulen betonen die
                                                                                                                        nisse in den letzten Jahren besonders deutlich gemacht,   Chancen von Auslandspräsenzen für die deutschen
                                                                                                                        dass der Klimawandel eine globale Bedrohung darstellt,    Hochschulen für Angewandte Wissenschaften. Wie
                                                                                                                        deren Folgen sich auch nur global werden mildern las-     nutzen diese bislang die Fördermöglichkeiten des
                                                                                                                        sen – und das bedeutet: durch internationale Zusam-       DAAD für ihre TNB-Aktivitäten?
                                                                                                                        menarbeit, auch und gerade in der Wissenschaft. Für       Wenn man die Beteiligung der verschiedenen Hoch-
                                                                                                                        den Wert dieser internationalen Zusammenarbeit lie-       schularten an den Förderprogrammen des DAAD
                                                                                                                        ßen sich noch weitere Beispiele aufzählen. Diese Zu-      betrachtet, dann setzen gerade die Fachhochschulen
                                                                                                                        sammenarbeit entsteht jedoch nicht von selbst, dazu       und HAW die TNB-Förderung für ihre Internationali-
                                                                                                                        braucht es Menschen, die gelernt haben, ihr fachliches    sierung ein. Während der Anteil der Fachhochschulen
                                                                                                                        Wissen über kulturelle und politische Grenzen hinweg      in den meisten DAAD-Programmen noch unter dem
                                                                                                                        zusammen mit anderen einzusetzen. Und es braucht          Anteil der deutschen Universitäten liegt, sind sie unter
                                                                                                                        Strukturen, die die Entwicklung der dazu erforder-        den Förderungen für TNB-Aktivitäten überproportio-
                                                                                                                                                                                  nal vertreten. Fachhochschulen haben mit dieser Un-

      „Neue Möglichkeiten zur
                                                                                                                        lichen Kompetenzen möglich machen. Der Wissen-
                                                                                                                        schaftsrat hat bei der Bekanntgabe seiner Empfehlun-      terstützung erfolgreich eine große Anzahl von Studien-
                                                                                                                        gen zur Internationalisierung von Hochschulen im Juli     angeboten im Ausland aufgebaut.

    ­globalen Zusammenarbeit“
                                                                                                                        2018 die Notwendigkeit weltoffener Strukturen präg-
                                                                                                                        nant auf den Punkt gebracht: „Internationalisierung –     Welche Zukunftsperspektiven sehen Sie für den Auf-
                                                                                                                        Jetzt erst recht!“                                        bau weiterer Standorte der Transnationalen Bildung?
                                                                                                                                                                                  Deutsche Hochschulen und Universitäten, die sich in-
                                                                                                                        Wie verändern sich Rollen und Themenfelder in             ternational durch eine eigene Präsenz strategisch positi-
     DAAD-Generalsekretärin Dr. Dorothea Rüland über transnationale                                                     Transnationaler Bildung sonst noch?                       onieren wollen, wird der DAAD weiterhin beim Aufbau
                                                                                                                        Die deutsche Hochschullandschaft ist grundsätzlich        neuer TNB-Standorte unterstützen. Die Empfehlungen
     ­Präsenzen deutscher Hochschulen, deren neue Rollen – und die                                                      sehr forschungsgetrieben; das prägt langfristig auch      des Wissenschaftsrats, aber auch die Erfahrungen des
      Stärke des Fachhochschulmodells.                                                                                  die transnationalen Hochschulpräsenzen. An der be-        DAAD aus langjähriger Förderpraxis lassen insbeson-
                                                                                                                        reits 2002 gegründeten German University in Cairo,        dere ein anhaltendes Engagement der Fachhochschu-
                                                                                                                        einem Pionierprojekt Transnationaler Bildung „made        len und Hochschulen für Angewandte Wissenschaften
     Frau Dr. Rüland, als „Ankerpunkte im Ausland“ hat         aufgaben im internationalen Hochschulbetrieb hinaus      in Germany“, wird zum Beispiel mittlerweile auch viel-    erwarten. Das gilt für einzelne Studiengänge, aber auch
     der Titel der Tagung zur Transnationalen Bildung          anschlussfähig für Kooperationen auf weiteren Gebie-     fältig geforscht, oft gemeinsam mit den deutschen Part-   für die Gründung weiterer binationaler Hochschulen,
     (TNB) im November 2018 in Berlin die weltweiten           ten. Das bietet einen großen Mehrwert und wertvolle      nern. Aber zuvor wurden dort Bachelor-, Master- und       an denen im Ausland ein großes Interesse besteht und
     deutschen TNB-Präsenzen bezeichnet. Was macht             Synergien für die Wissenschaft, aber auch für Unter-     Promotionsprogramme aufgebaut – dieser Prozess be-        die der DAAD mit seinem Netzwerk bei der Vorberei-
     diese Studiengänge, Exzellenz- und Fachzentren so-        nehmen, Gesellschaft und Politik.                        nötigt immer Zeit.                                        tung unterstützt. Finanziell engagiert sich der DAAD
     wie binationalen Hochschulen zu derart wichtigen                                                                   Auch der Austausch mit der Wirtschaft gewinnt weiter      dabei aus Erfahrung erst dann, wenn die Rahmenbe-
     Elementen des internationalen Austauschs?                 Nun ist die internationale Kooperation in Bildung        an Bedeutung, nicht zuletzt aufgrund der international    dingungen auf beiden Seiten stimmen.
     Zunächst einmal sind diese transnationalen Studienan-     und Wissenschaft zuletzt unter Druck geraten; popu-      zunehmend intensiven Suche nach qualifizierten Fach-      Mit der Regierung Kenias reden wir aktuell über den
     gebote und Institutionen Aushängeschilder der deut-       listische und nationalistische Stimmen sind weltweit     kräften. TNB-Präsenzen bieten der deutschen Export­       Aufbau einer Hochschule für Angewandte Wissen-
     schen Hochschulen im Ausland. Durch ihre bedeuten-        lauter geworden. Was bedeutet das für das Engage-        industrie, aber auch der lokalen Wirtschaft Möglich-      schaften in Ostafrika. In Ägypten hat Professor Ashraf
     den Beiträge zur Ausbildung junger Akademiker und         ment der deutschen Hochschulen im Ausland?               keiten einer ähnlichen Zusammenarbeit zwischen            Mansour, der mit der German University in Cairo be-
     Akademikerinnen stellen sie auch die Stärken des deut-    Wir dürfen nicht vergessen: Hürden für die internati-    Hochschulen und Unternehmen, wie sie in Deutschland       reits sehr erfolgreich eine Universität nach deutschem
     schen Hochschul- und Wissenschaftssystems insge-          onale Zusammenarbeit im Hochschulbereich sind kein       üblich ist. Das bedeutet anwendungsorientierte For-       Vorbild aufgebaut hat, starkes Interesse an der Grün-
     samt unter Beweis. Das Bild des Halt gebenden Ankers      neues Phänomen. Seit bald drei Jahren beschäftigen       schung und Ausbildung, die sich nach den Bedürfnissen     dung einer privaten Hochschule nach dem deutschen
     verweist auf ein weiteres wesentliches Merkmal solcher    uns die unklaren Konsequenzen aus dem britischen         der Arbeitgeber vor Ort richten und so einen schnellen    FH-Modell und treibt dies mit einem Konsortium deut-
     fester Auslandspräsenzen: Durch die stabile Einbettung    Brexit-Votum. Der Konflikt in Syrien und seine Folgen    Transfer von Wissen und Impulsen zwischen Hoch-           scher Hochschulen für Angewandte Wissenschaften
     an ihren jeweiligen Standorten sind sie über ihre Kern-   für die gesamte Region sind noch längst nicht beendet.   schule und lokal engagierter Industrie ermöglichen.       voran.

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Transnationale Bildung - Ankerpunkte im Ausland - DAAD
TAGUNGSBERICHT

                                                                                                                                                                                                                                                                N AT I O N A L E
                                                                                                                                                                                                                                                          ANS                      DO
                                                                                                                                                                                                                                                     TR                                 PP
                                                                                                                                                                                                                                                                                             E

                                                                                                                                                                                                                                                                                             LA
                                                                                                                                                                                                                                                                                                 BS
                                                                                                                                                                Globaler Wandel, kommende Heraus-

                                                                                                                                                                                                                                                                                                 CH
                                                                                                                                                                forderungen: Transnationale Bildungs-

                                                                                                                                                                                                                                                                                                  LU S
                                                                                                                                                                                                                                                                                                  SPROGR A MM
                                                                                                                                                                angebote deutscher Hochschulen sind
                                                                                                                                                                international zunehmend gefragt. Dabei
                                                                                                                                                                begegnen ihnen anspruchsvolle Anfor-
                                                                                                                                                                derungen aus Wissenschaft, Wirtschaft

                                                                                                                                                                                                                                                                                                  E
                                                                                                                                                                und Politik.

                                                                                                                                                                 D
                                                                                                                                                                                                                                       EXPERTE
                                                                                                                                                                                                                                       Prof. Dr. Heinz-Peter Höller
                                                                                                                                                                                                                                       von der Hochschule Schmalkalden ist auf deutscher
                                                                                                                                                                                    ie Zeiten ändern sich. „Die Welt ist               Seite der Projektleiter für die Deutsch-Kasachische
                                                                                                                                                                                    sehr viel komplexer, komplizierter, wi-            ­Universität (DKU).
Podiumsrunde „Internationale Ankerpunkte: Neue Rollen für die Transnationale Bildung in Wissenschaft, Wirtschaft, Politik“                                                          dersprüchlicher und herausfordernder
am 28. November 2018 in der Kalkscheune Berlin                                                                                                                                      geworden“, sagt Heidrun Tempel, Be-                „Transnationale Doppelabschluss- und Joint
                                                                                                                                                                    auftragte im Auswärtigen Amt (AA) für Außenwissen-                 Degree-Programme gelten als Königsdisziplin der
                                                                                                                                                                    schafts-, Bildungs- und Forschungspolitik sowie Auswär-            Hochschulzusammenarbeit. Eine günstige Situation
                                                                  F O R U M                                                                                         tige Kulturpolitik. Davon bleibt Transnationale Bildung            für entsprechende Vereinbarungen ist bereits der

                      Neue Rollen für die
                                                                                                                                                                    (TNB) nicht unberührt. Aber sie ist immer wieder ein               Beginn neuer TNB-Projekte. Wenn sich, wie im
                                                                                                                                                                    wertvoller Brückenbauer, der internationale Beziehun-              Fall der Deutsch-Kasachischen Universität (DKU),
                                                                                                                                                                    gen nachhaltig prägt. Das brachte auch der Titel der gro-          mehrere unterstützende Hochschulen für eine

                    Transnationale Bildung
                                                                                                                                                                    ßen DAAD-Tagung am 28. und 29. November 2018 in                    Flying Faculty zusammenfinden, sollte man den
                                                                                                                                                                    Berlin zum Ausdruck: „Ankerpunkte im Ausland: Erfol-               Gründergeist unbedingt auch für die Anbahnung
                                                                                                                                                                    ge, neue Rollen und bleibende Herausforderungen der                von Doppelabschlussprogrammen nutzen. Von
                                                                                                                                                                    Transnationalen Bildung“.                                          Vorteil ist es aus unserer Erfahrung zudem, sich im
                                                                                                                                                                                                                                       Folgenden bald mit allen Beteiligten auf die Details
                                                                                                                                                                    WELTWEIT GROSSE NACHFRAGE                                          zu verständigen.“
                                                                                                                                                                    Transnationale Bildungsangebote deutscher Hochschu-
                                                                                                                                                                    len – von einzelnen Studiengängen über Fach- und Ex-        Als Schaufenster der deutschen Hochschul- und Wis-
                                                                                                                                                                    zellenzzentren bis hin zu binationalen Hochschulgrün-       senschaftslandschaft bieten insbesondere etablierte
                                                                                                                                                                    dungen – kommen einer weltweit großen Nachfrage             TNB-Präsenzen über ihre primären Funktionen hinaus
                                                                                                                                                                    nach akademischer Ausbildungsqualität entgegen. Sie         Anknüpfungspunkte für weitere Felder der transnatio-
                                                                                                                                                                    stärken gleichzeitig die Internationalisierung und in-      nalen Kooperation. Das gilt in und außerhalb der Wis-
                                                                                                                                                                    ternationale Sichtbarkeit der deutschen Hochschulen.        senschaft, etwa durch den Aufbau neuer Strukturen für
                                                                                                                                                                                                                                gemeinsame Forschung oder die Einbindung von Ar-
                                                                                                                                                                                                                                beitgebern in die Entwicklung von Curricula. So ermög-
                                                                                                                                                                                                                                lichen die Auslandspräsenzen Brückenschläge zwischen
                                                                                                                                                                       „Wir wollen, dass unsere                                 Lehre und Forschung, Wissenschaft und Politik sowie
                                                                                                                                                                                                                                zwischen Hochschulen, Gesellschaft und Wirtschaft.
                                                                                                                                                                        deutschen Hochschulen
                                                                                                                                                                                                                                INTERNATIONALE BRÜCKENBAUER
                                                                                                                                                                           Partner im Ausland                                   Peter Greisler, Leiter der Unterabteilung Hochschulen
                                                                                                                                                                                                                                im Bundesministerium für Bildung und Forschung
                                                                                                                                                                             haben und sich                                     (BMBF), betont bezüglich des internationalen Aus-
                                                                                                                                                                                                                                tauschs den Wert des sensiblen Blicks für Unterschie-
                                                   Die Zukunft der Transnationalen Bildung im Blick (v. l.): Heidrun Tempel (Auswärtiges Amt),
                                                                                                                                                                         ­internationalisieren“                                 de wie Verbindendes: „Wir bauen Brücken – und man
                                                   Peter Greisler (Bundesministerium für Bildung und Forschung), Angela Ittel (Technische Universität Berlin)                                                                   muss auf beiden Seiten immer schauen, auf welchem
                                                   und ­Moderator Mathias Pätzold, Generalsekretär der Wissenschaftlichen Kommission Niedersachsen                                    Peter Greisler, BMBF                      Boden man diese Brücken baut.“ Starke, verbindende

   8                                                                                                                                                                                                                                                                                                            9
Transnationale Bildung - Ankerpunkte im Ausland - DAAD
TAGUNGSBERICHT

                                                                                                                                                                                                                                 S O N A LG E W I N N
                                                                                                                                                                                                                           PER                          UN
                                                                                                                                                                                                                                                             G
                                                                                                                                                                                                                                                                 F

                                                                                                                                                                                                                                                                 Ü
                                                                                                                                                                                                                                                                     R
                                                                                                                                                                                                                                                                     TN
                                                                                                                                                                                                                                                                     B-A
                                                                                                                                                schaftssysteme. „Die Frage ist: Was lässt das jeweilige

                                                                                                                                                                                                                                                                         N G E B OT E
                                                                                                                                                System zu?“ Dieses müsse mit dem deutschen System
                                                                                                                                                zur Deckung gebracht werden, auch in Rechts- und Ver-
                                                                                                                                                waltungsfragen. Das mache „die ersten fünf sehr span-
                                                                                                                                                nenden Jahre“ des Aufbaus einer TNB-Präsenz aus. „Die
                                                                                                                                                Rahmenbedingungen sind in jedem Land anders“, sagt
                                                                                                                                                Dorothea Rüland. Nur wenn darauf Rücksicht genom-
                                                                                                                                                men werde, könnten sich die in Angriff genommenen
                                                                                                                                                Projekte erfolgreich entwickeln. Die Ausschreibung
                                                                                                                                                des TNB-Programms des DAAD sei bewusst offen for-
                                                                                                                                                muliert, um unterschiedliche Regionen gleicherma-             EXPERTIN
                                                                                                                                                ßen anzusprechen. „Die Bedingungen in der Türkei              Dr. Monica Heitz
                                                                                                                                                sind andere als, zum Beispiel, in Jordanien“, führt die       leitet an der Hochschule Magdeburg-Stendal das Pro-
                                                                                                                                                DAAD-Generalsekretärin aus. Und in unterschiedlicher          jektbüro der German Jordanian University (GJU).
                                                                                                                                                Weise sind auch die beiden binationalen Hochschulen
                                                                                                                                                mit deutscher Beteiligung in diesen Ländern gewach-           „Immer wieder aufs Neue in Deutschland Personal
                                                                                                                                                sen. Die Deutsch-Jordanische Hochschule (GJU) nahm            für Auslandsdozenturen zu finden, ist eine Heraus-
Auf dem Podium (v. l.): Dietrich Möller (Siemens Russland), Heidrun Tempel (Auswärtiges Amt), Peter Greisler (Bundes-                           bereits zum Wintersemester 2005/06 mit rund 120 Stu-          forderung. An der German Jordanian University
ministerium für Bildung und Forschung), Angela Ittel (Technische Universität Berlin), Mathias Pätzold (Wissenschaft­liche                       dierenden den Lehrbetrieb auf. Heute zählt sie neun           (GJU) helfen uns dabei die Fachnetzwerke der GJU
Kommission Niedersachsen), Dorothea Rüland (DAAD) und Ashraf Mansour (German University in Cairo)
                                                                                                                                                Fakultäten – von Architektur bis zu den Angewandten           sehr, zum Beispiel in Logistik, Management und
                                                                                                                                                Medizinwissenschaften – mit 33 Studiengängen und              Accounting oder in Deutsch als Fremdsprache. Diese
                                  EDITI ERU NG V
                              KKR
                                                                                    Ziele gebe es mehrere: „Wir wollen, dass unsere deut-       rund 4.300 Studierenden.                                      Fachnetzwerke verfügen über vielfältige, weitrei-
                          A                           ON
                                                           TN                       schen Hochschulen Partner im Ausland haben und sich                                                                       chende Kontakte. Besonders wertvoll ist auch das
                                                                                    internationalisieren. Und wir wollen natürlich, dass                                                                      Johann Gottfried Herder-Programm des DAAD,
                                                             B-

                                                                                    Studierende in beide Richtungen gehen und das jewei-                                                                      das Hochschullehrende im Ruhestand oder auch
                                                                ST
                                                                 UD

                                                                                    lige Land kennenlernen.“ Auch Debatten wie über die                                                                       ehemalige Führungskräfte aus Verwaltung und
                                                                   I EN

                                                                                    akademische Freiheit könnten Partner in TNB-Projek-         Konzentrierter Austausch: Die große DAAD-Tagung zur           Wirtschaft an Hochschulen im Ausland vermittelt.“
                                                                                                                                                ­Transnationalen Bildung hat sich in den vergangenen Jahren
                                                                     GÄNGEN

                                                                                    ten sinnvoll zusammenbringen. „Gerade dann, wenn es
                                                                                                                                                 zum etablierten Dialogformat entwickelt
                                                                                    Probleme gibt, stehen wir zu unseren Kooperationen.
                                                                                    Aber natürlich wollen wir über diese Themen sprechen.
                                                                                    Und ich glaube, wir haben einen positiven Einfluss.“
                                                                                    Akademische Freiheit, Selbstverwaltung, der Wert der
                                                                                    Partizipation – all dies zeichne das deutsche Wissen-
                                                                                    schafts- und Hochschulsystem aus und mache es inter-
                                                                                    national attraktiv. „Ich vertraue auf die Kraft des guten
                                                                                    Vorbilds“, sagt Greisler. Diese Kraft könne durch die
            EXPERTE                                                                 deutschen Präsenzen Transnationaler Bildung wirken.
            Prof. Dr. Michael Modigell                                              „Wir treiben den Dialog über die Zukunft Transnationa-
            leitet seit 2012 als Rektor die German University of                    ler Bildung voran. Es wird immer wieder neue Projekte
            Technology in Oman (GUtech).                                            geben, auch politisch motivierte.“

            „Alle Studiengänge der German University of                             WERTVOLLE ZUKUNFTSPERSPEKTIVEN
            Technology in Oman (GUtech) werden regel­                               Präsenzen der Transnationalen Bildung eröffneten „eine
            mäßig vom deutschen Akkreditierungs-, Certifizie-                       extrem zukunftsweisende Perspektive“, hebt Heidrun
            rungs- und Qualitätssicherungs-Institut ACQUIN                          Tempel hervor. Daraus ergibt sich eine klare Aufgaben-
            akkreditiert. Die RWTH Aachen unterstützt nach                          stellung: „Wir müssen uns überlegen, wie wir dieses
            wie vor den Aufbau der GUtech – und es liegt uns                        Netzwerk weiter ausbauen.“ Wie aber kann ein solches
            viel daran, das damit verbundene Qualitätsver-                          Netzwerk weiter wachsen? Wie kann es mit komplexen
            sprechen einzuhalten. Wir möchten sicherstellen,                        internationalen Entwicklungen Schritt halten?
            dass unsere Studierenden ihre Abschlüsse auf
            ­einem international anerkannten Niveau erlan-                          DAAD-Generalsekretärin Dr. Dorothea Rüland verweist
            gen können.“                                                            auf die weltweite Vielfalt der Hochschul- und Wissen-

   10                                                                                                                                                                                                                                                                                   11
Transnationale Bildung - Ankerpunkte im Ausland - DAAD
TAGUNGSBERICHT                                                                                                                                                                                                                                 TAGUNGSBERICHT

                                                                                                                                                                                                                                 E I N T E G R AT
                                                                                                                                                                                                                          ZIAL                      ION
                                                                                                                                                                                                                     SO                                   VO

                                                                                                                                                                                                                                                           N
                                                                                                                                                                                                                                                               TN
                                                                                                                                                                                                                                                               B -S
                                                                                                                                                                                                                                                                TU D
          „Wir müssen die indi­

                                                                                                                                                                                                                                                                    I EREN DEN
         viduellen Unterschiede
            der transnationalen
           ­Hochschulpräsenzen
              ernst nehmen“
                                                                                                                                                                                                        EXPERTIN
                  Prof. Dr. Angela Ittel, TU Berlin                                                                                                                                                     Olga Tautfest
                                                                                                                                                                                                        koordiniert an der Hochschule Osnabrück den
                                                                                                                                                                                                        ­transnationalen Studiengang Internationales
                                                                                                                                                                                                        ­Logistikmanagement in China (LOGinCHINA).
     Während bei der Gründung der GJU das deutsche Fach-
     hochschulmodell als Reformvorbild für eine praxisna-                                                                          Gelöste Runde, gemeinsame Ziele: Über den Wert der Transnationalen   „Hilfreich für die Integration der TNB-Studieren-
     he akademische Ausbildung diente, ist die ebenfalls                                                                           Bildung herrschte auf dem Podium Einigkeit                           den bei Aufenthalten in Deutschland ist ein gut
                                                                                           IN TN B
     staatliche, 2014 eröffnete Türkisch-Deutsche Universität
                                                                                   B   EIT                                                                                                              funktionierendes Buddy-Programm. Deutsche
     (TDU) in Istanbul als Forschungsuniversität angelegt.                  I   AR                                                                                                                      Studierende sollten mit den Kommilitonen aus
     Mittelfristig sollen sich an der TDU 5.000 Studierende             N                                                                                                                               dem Ausland schon vor deren Ankunft in Deutsch-
                                                                  UM

     und Doktoranden auf fünf Fakultäten verteilen: Ingeni-                                                                                                                                             land über die sozialen Medien in Kontakt kommen.
                                                                AL

     eurwissenschaften, Naturwissenschaften, Wirtschafts-                                                                                                                                               Mit hohen Studienanforderungen sinkt jedoch
     und Verwaltungswissenschaften, Rechtswissenschaft                                                                                                                                                  die Bereit­schaft, Buddy zu werden. Attraktiver
     sowie Kultur- und Sozialwissenschaften.                                                                                                                                                            wird ein Buddy-­Programm durch die Vergabe von
                                                                                                                                                                                                        Credits oder Zertifikaten. Grundsätzlich hilft immer
     STRATEGISCHE PARTNERSCHAFTEN                                                                                                                                                                       auch die Pflege von Kontakten in die jeweilige Stadt
     Der Blick nach Ägypten zeigt wiederum, wie erfolg-                                                                   Heidrun Tempel, Beauftragte im Auswärtigen Amt für                            – zum Beispiel für die Vermittlung von Sprach­
     reich eine private transnationale Hochschulgründung                                                                  ­Außenwissenschafts-, Bildungs- und Forschungspolitik sowie                   tandems oder die Kooperation mit Sportvereinen.“
     Akzente setzen kann. Die German University in Cairo                                                                   ­Auswärtige Kulturpolitik, verdeutlichte das Zukunftspotential
                                                                                                                            ­transnationaler Hochschulpräsenzen
     (GUC) ist eine private Non-Profit-Universität nach dem
     Modell deutscher Technischer Universitäten. Fachliche
     Schwerpunkte sind unter anderem Ingenieurwissen-
     schaften, Angewandte Naturwissenschaften, Pharma-          EXPERTIN
     zie und technisch orientiertes Management. Professor       Dr. Claudia Baumann
     Ash­raf Mansour, Gründer der GUC, macht deutlich, wie      koordiniert an der Universität Leipzig das Master- und
     vielfältig die Universität gewachsen ist: „Wir haben       Promotionsprogramm des Global and European Stu-
     heute 67 strategische Partnerschaften mit Hochschulen      dies Institute mit dem Institute for Peace and Security
     in Deutschland und 300 Kooperationspartnerschaften.“       Studies der Addis Ababa University in Äthiopien.
     Die Universität richtet auch ihre PhD-Programme nach
     deutschem Vorbild aus und vernetzt ihre Forschung zu-      „Die Herausforderung der Alumniarbeit in der
     nehmend international. Ashraf Mansour betont voller        Transnationalen Bildung besteht darin, die Alumni
     Elan: „Ich denke, wir bräuchten jedes Jahr zwei Neu-       zur Beteiligung, insbesondere an Veranstaltungen,
     gründungen Transnationaler Bildung mit deutscher           zu motivieren. Für den Aufbau unserer Alumni­
     Beteiligung.“                                              arbeit im Studiengang ‚Global Studies: Peace
                                                                and Security in Africa‘ haben wir ein dreitägiges
     INTENSIVE KOOPERATION                                      ­Auftakt-Event in Dakar organisiert und dabei
     Auf herausragende Einzelpräsenzen setzt dagegen Pro-       mehr angeboten als die reine Vernetzung unter-
     fessor Angela Ittel, Vizepräsidentin der Technischen       einander. Besondere Zugkraft hatte ein Weiterbil-
     Universität Berlin mit Verantwortung für die Bereiche      dungsangebot zum aktuellen Thema Terrorismus
     Strategische Entwicklung, Nachwuchs und Lehrkräfte-        und religiöser Extremismus in Westafrika, das wir
     bildung. Auch die TU Berlin ist in Ägypten in Trans-       dort für unsere Ehemaligen ermöglicht haben.“

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Transnationale Bildung - Ankerpunkte im Ausland - DAAD
TAGUNGSBERICHT

                                                                                                                                                                                                                                                     SI ERUNG
                                                                                                                                                                                                                                          I TA L I              SVO
                                                                                                                                                                                                                                    DIG                               RH
                                                      I M             F O K U S                                                                                                                                                                                            A

                                        Transnationale

                                                                                                                                                                                                                                                                           BE
                                                                                                                                                                                                                                                                               N
                                        Bildung konkret
                                                                                                                                                     nationaler Bildung aktiv: Auf ihrem Campus El Gou-
                                                                                                                                                     na am Roten Meer bietet sie energiewissenschaftliche
                                                                                                                                                     Studiengänge an. Das Besondere an Transnationaler
                                                                                                                                                     Bildung deutschen Zuschnitts sei ja, so Ittel, „dass wir
                                                                                                                                                     nicht einfach exportieren, sondern ganz intensiv mit
                                                                                                                                                     den Ländern zusammenarbeiten – und jedes Projekt ist
                                                                                                    Gesellschaft                                     anders. Diese individuellen Unterschiede müssen wir
     Forschung                                                                                                                                       ernst nehmen. Wenn wir zu viele Präsenzen gründen,
                                                                                                    AUF DEM HÖHEPUNKT der Fluchtbe-                  gehen wir über diese Unterschiede hinweg.“
     ES GIBT VIELE WEGE, auf denen sich in                                                          wegung aus den Kriegsgebieten im Nahen
                                                                                                    Osten 2015 begann das Netz deutscher
                                                                                                                                                                                                                       EXPERTE
     den transnationalen Hochschuleinrichtun-
     gen Forschungsaktivitäten entwickeln kön-                                                      Bildungsangebote im Ausland damit,               DAAD-Generalsekretärin Dorothea Rüland macht deut-                Prof. Dr. Rolf Granow
     nen. Von Beginn an integriert sind sie an den                                                  geflüchtete Studierende aufzunehmen.             lich, dass auch der Dialog über den rechtlichen Rah-              leitete bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand im
     vom DAAD weltweit geförderten Exzellenz-                                                       Mit Unterstützung des DAAD, finanziert
                                                                                                                                                     men von TNB-Projekten langfristig angelegt sein muss,             ­September 2018 das Institut für Lehrdienstleistungen
     zentren in Forschung und Lehre, zu denen                                                       vom Auswärtigen Amt, wurde etwa an der
                                                                                                    Türkisch-Deutschen Universität (TDU) in          etwa mit Blick auf einen eventuellen Staatsvertrag mit            der Technischen Hochschule Lübeck und deren Tochter-
     etwa das German-Russian Interdisciplinary
     Science Center (G-RISC) zählt. Das gemein­       Wirtschaft                                    Istanbul ein Förderprogramm aufgelegt,
                                                                                                    das syrische Studierende integrierte und
                                                                                                                                                     Ägypten. Erfolgsentscheidend für TNB-Projekte seien               gesellschaft oncampus GmbH.
     same Zentrum der Freien Universität Berlin                                                                                                      insbesondere die „human resources“: „Wir müssen die
     und der Staatlichen Universität St. Peters­                                                    über 100 von ihnen ein Bachelorstudium
                                                      WISSENSCHAFTLICHE EXPERTISE mit                                                                Menschen für die Projekte finden.“ Keine leichte Auf-             „Digitalisierung bietet die Chance, mit Online-­
     burg stärkt die interdisziplinäre Forschung in                                                 ermöglichte, vor allem an der ingenieurwis-
                                                      wirtschaftlichem Know-how zu verbinden
     Mathe­matik und den Naturwissenschaften.         ist für viele transnationale Hochschulprä-
                                                                                                    senschaftlichen Fakultät, wie TDU-Rektor         gabe, zumal Transnationale Bildung nicht zu den Kern­             Lehrangeboten eine Vielzahl von Studierenden
     Über G-RISC wurden seit 2009 bereits über                                                      Professor Halil Akkanat berichtet. „Ebenso       aufgaben einer Hochschule zähle. „Aber die klugen                 über Ländergrenzen hinweg zu erreichen und
                                                      senzen wesentlich. Der Westsächsischen
     4.000 Forschende im deutsch-russischen                                                         wie durch die Schaffung zusätzlicher Studi-
                                                      Hochschule Zwickau (WHZ) und ihren                                                             Hochschulen wissen: Sie können sich langfristig nur               gemeinsames, kollaboratives Lehren und Lernen
     Austausch gefördert, wie der wissenschaft­                                                     enplätze für Geflüchtete an GUC und GJU
                                                      kirgisischen Partnerhochschulen gelingt das
     liche Koordinator des Zentrums, Professor                                                      zeigt sich hier die gesellschaftliche Dimen-     in einem internationalen Umfeld behaupten.“ Deutsch-              zu ermöglichen. An der Technischen Hochschule
                                                      in Bischkek an der gemeinsam aufgebauten
     Eckart Rühl, berichtet.                                                                        sion transnationaler Bildungsprojekte, die       land profitiere noch mehr als andere Länder davon, Teil           Lübeck haben wir damit schon früh sehr gute Er-
                                                      Deutsch-Kirgisischen Fakultät für Ange-
                                                                                                    über die Kooperation in Forschung und Lehre
                                                      wandte Informatik. Ihr dichtes Netzwerk                                                        der weltweiten Wissensgesellschaft zu sein. „Wir leben            fahrungen im ‚Baltic Sea Virtual Campus‘ gemacht,
                                                                                                    hinausreicht“, sagt Dr. Stephan Geifes, Leiter
                                                      kleiner und mittelständischer Unternehmen
                                                                                                    des Bereichs Transnationale Bildung und          von unseren klugen Köpfen, von Innovation und Erfin-              die auch für unsere TNB-Angebote nutzbar waren.
                                                      vermittele Praktika und auch feste Jobs,
                                                      erläutert Professor Mario Neugebauer, der
                                                                                                    Kooperationsprogramme im DAAD.                   dungsgeist – die kommen nun einmal in erster Linie                Entscheidend ist die Vernetzung: So bündelt zum
                                                      das TNB-Projekt an der WHZ leitet.                                                             aus dem akademischen Bereich.“                                    Beispiel der E-Learning-Provider oncampus GmbH,
                                                                                                                                                                                                                       eine hundertprozentige Tochter der Lübecker
                                                      Die Türkisch-Deutsche Universität (TDU)
                                                      kooperiert nicht nur mit einem Konsortium
                                                                                                                                                     Ein Punkt, den auch Dr. Dietrich Möller, Vizepräsident            Hochschule, das Wissen von mehr
                                                      deutscher Hochschulen, sondern arbeitet                                                        von Siemens Russland und Mitglied des Board of Trus-              als 150 Professorinnen und Professoren, Unter­
                                                      auch eng mit türkischen und deutschen                                                          tees des German Russian Institute for Advanced Tech-              nehmen und Institutionen.“
                                                      Unternehmen zusammen, wie Professor
                                                                                                                                                     nologies (GRIAT), bestätigt. „Siemens macht – wie viele
                                                      Izzet Furgaç, Koordinator des deutschen
                                                      Konsortiums der TDU, betont. Im Oktober                                                        andere auch – sein Geschäft in erster Linie mit Innova-
                                                      2018 präsentierten TDU-Studierende der                                                         tionen. Wir tragen das Know-how der deutschen Inge-
     Gemeinsam mit ihren deutschen Hochschul­         Studienrichtungen Wirtschaftsingenieurwe-
                                                                                                                                                     nieurskunst in die Welt.“ Und auch für die Herausfor-      liche Masterstudiengänge nach deutschen Standards
     partnern gehe die German University in Cairo     sen und Technik Mechatronischer Systeme
     (GUC) die Zukunft mit dem ausdrück­lichen        ihre Praktikumserfahrungen aus nicht                                                           derung der Digitalisierung gelte: „Dafür braucht man in    an der Kasaner Staatlichen Technischen Forschungs-
     Anspruch an, ihre internationale Sichtbarkeit    weniger als 32 verschiedenen Unternehmen.                                                      der gesamten Welt die besten Köpfe.“ Das GRIAT wird        universität zu etablieren. Die Technische Universität
     in der Forschungslandschaft zu verstärken,       Zentrales Ziel der Chinesisch-Deutschen       Die Brandenburgische Technische Univer-          vom DAAD und der Republik Tatarstan in der Russi-          Ilmenau als Konsortialführer bringt gemeinsam mit
     macht Professor Frank Kargl von der auf deut-    Hochschule für Angewandte Wissenschaf-        sität (BTU) Cottbus-Senftenberg und die
     scher Seite federführenden Universität Ulm       ten (CDHAW) an der Tongji-Universität in      ägyptische Helwan University organisierten       schen Föderation gefördert, um ingenieurwissenschaft-      der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg vierse-
     deutlich. Dabei setzt die GUC auf die Bildung    Shanghai ist die Integration von Elementen    im ­gemeinsamen Masterprogramm im                                                                           mestrige englischsprachige Studiengänge nach Kasan:
     von Forschungsclustern mit Hochschulen aus       der deutschen Fachhochschulausbildung         Bereich Kulturerhalt den internationalen                                                                    vom „Master of Science in Research in Computer and
     ganz Deutschland. Vielfältige internationale
     Hochschulkontakte knüpft für die Forschung
                                                      in den Ingenieurwissenschaften in das
                                                      chinesische Hochschulwesen. So tragen zum
                                                                                                    Ausbildungszweig „Heritage in Conflict“ für
                                                                                                    Stipendiaten aus Syrien und Jemen. Ziel war
                                                                                                                                                        „Wir leben von u­ nseren                                Systems Engineering“ bis zum „Master of Science in In-
     das German Institute of Science and Tech-        Beispiel Unternehmen wie Siemens und Fes-     ihre Befähigung zum Wiederaufbau kriegs-                                                                    telligent Data Processing“.
     nology (GIST) – TUM Asia, die von Geschäfts­
     führer Dr. Markus Wächter geleitete Depen-
                                                      to dazu bei, dass die CDHAW-Studierenden
                                                      bei ihren Laborübungen mit modernsten
                                                                                                    zerstörter Kulturstätten, so Professor Mi-
                                                                                                    chael Schmidt von der BTU. Professor Dorit
                                                                                                                                                             klugen ­Köpfen,
                                                                                                                                                                                                                Peter Greisler vom BMBF bekräftigt den politischen
     dance der Technischen Universität München
     in ­Singapur. Sie kooperiert zum Beispiel mit
                                                      Technologien arbeiten können. Das ­große
                                                      Interesse der Unternehmen an international
                                                                                                    Schumann, Vizepräsidentin der Deutsch-Jor-
                                                                                                    danischen Hochschule (GJU), schildert eine            von ­Innovation und                                   Willen, erfolgreiche Präsenzen Transnationaler Bildung
     Forschungszentren der ETH Zürich oder des        erfahrenen Studierenden hebt ­Professor       weitere besondere Initiative: An der GJU ist                                                                auch künftig zu stärken. Dies könne zum Beispiel durch
     Massachusetts Institute of Technology (MIT)
     – und treibt gemeinsam mit der singapu-
                                                      Hans Wilhelm Orth hervor, Projektkoordina-
                                                      tor der CDHAW.
                                                                                                    im Rahmen der Sonderprogramme für Ge-
                                                                                                    flüchtete unter anderem ein komplett neuer
                                                                                                                                                           ­Erfindungsgeist“                                    die Potentiale der Digitalisierung geschehen oder durch
     rischen Nanyang Technological University                                                       Master für Soziale Arbeit eingeführt worden                                                                 die Steigerung des Anteils der deutschen Studierenden,
     ­Arbeiten zum Personennahverkehrssystem                                                        – eine in von Krieg gezeichneten Gesellschaf-                  Dr. Dorothea Rüland, DAAD                    die für Auslandssemester an die jeweilige Partnerhoch-
      der Zukunft voran.                                                                            ten dringend benötigte Expertise.                                                                           schule gehen. „Wir hängen sehr an den bestehenden
                                                                                                                                                                                                                Projekten und möchten diese weiterentwickeln.“

14                                                                                                                                                                                                                                                                                 15
Transnationale Bildung - Ankerpunkte im Ausland - DAAD
PORTRÄTS                                                                                                                                                                                                                                                                      PORTRÄTS

                     Karriere international
                           Sechs Absolventinnen und Absolventen transnationaler
                                      ­Hochschulpräsenzen im Porträt.
          DIE PERSÖNLICHE PERSPEKTIVE erweitern, internationa-          Bildung. „Die Absolventinnen und Absolventen stehen
          le Erfahrungen sammeln, Karrierechancen nutzen: Es            mit ihren Bildungswegen für ein außergewöhnlich
          gibt viele Gründe für junge Menschen, in einem trans-         breites Spektrum transnationaler Hochschulpräsen-                    Feben                                         Nam Long                                          Farah Nimri
          nationalen Angebot zu studieren. Sechs Alumni deut-
          scher Studienangebote im Ausland sprachen auf dem
                                                                        zen – und für vielfältige internationale Karrieren“, hebt­
                                                                        Dr. Anette Pieper hervor, Direktorin der Abteilung Pro-
                                                                                                                                             Makonnen Semu                                 Trinh Hoang
                                                                                                                                                                                                                                             „Die Alumni der Deutsch-Jordanischen
                                                                                                                                                                                                                                             Hochschule (GJU) sind aus meiner
          Podium der großen DAAD-Tagung zur Trans­nationalen            jekte im DAAD.                                                       „Die Aussicht auf eine international          „Ich kann zu einem TNB-Studium nur                Sicht selbstständiger und flexibler
                                                                                                                                             anerkannte akademische Ausbildung             ermutigen“, betont Nam Long Trinh                 als die Absolventen anderer jordani-
                                                                                                                                             hat mich zum TNB-Studium geführt“,            Hoang. Er kennt die Welt der Transnati-           scher Hochschulen“, sagt Farah Nimri.
                                                                                                                                             sagt Feben Makonnen Semu. Sie ist             onalen Bildung aus mehreren Perspek-              Wesentlicher Grund dafür sei das
                                                                                                                                             Alumna eines interdisziplinären               tiven: Nach seinem Masterabschluss in             vierte Studienjahr in Deutschland: Die
                                                                                                                                             Masterprogramms, das seit 2012 vom            Fertigungstechnik und Management an               GJU-Studierenden lernen nicht nur ein
                                                                                                                                             Global and European Studies Institute         der Vietnamesisch-Deutschen Univer-               Semester lang das deutsche Universi-
                                                                                                                                             (GESI) der Universität Leipzig und dem        sität (VGU) in Ho Chi Minh City arbei-            tätsleben kennen, sondern müssen sich
                                                                                                                                             Institute for Peace and Security Studies      tete er fünf Jahre in unterschiedlichen           für das zweite Halbjahr auch selbst-
                                                                                                                                             (IPSS) der Addis Ababa University in          Verwaltungs- und Managementpositio-               ständig um ein Praktikum in einem
                                                                                                                                             Äthiopien angeboten wird. Dass sie von        nen für die VGU, bevor er als Assistent           Unternehmen kümmern. Nimri startete
                                                                                                                                             äthiopischen wie deutschen Dozenten           in die Werksleitung von Schaeffler                nach ihrem Abschluss in Industrial
                                                                                                                                             gleichermaßen lernen konnte, hebt             Vietnam wechselte. Bei Auslandsauf-               Engineering bei der Deutschen Bahn
                                                                                                                                             Semu, die heute als Legal Advisor bei         enthalten von TNB-Studierenden gelte              ins Berufsleben, zunächst in Amman,
                                                                                                                                             einer privaten Kanzlei beschäftigt ist,       es nicht zuletzt, so Trinh, dass sich             danach im Bieter- und Projektmanage-
     Jiayun Shen                                    Dr. Tarek Zaki                                Tingjun Wang                               als besonders wertvoll hervor.                diese jenseits der Universität auf das            ment mit Schwerpunkt Mittlerer Osten
     „Die Zufriedenheit im Berufsleben ist          „Das TNB-Studium an der German Uni-           „In meinem ersten Vorstellungsge-                                                        jeweilige Land einließen – und somit              in Berlin. Aktuell strebt sie eine Lauf-
                                                                                                                                             FEBEN MAKONNEN SEMU ist Absolventin
     hoch unter den Absolventinnen und              versity in Cairo (GUC) hat meine beruf­       spräch bei BMW wurde ich gefragt:          des kooperativen Masterprogramms „Global      als Persönlichkeiten reifen könnten.              bahn im Social-Impact-Bereich an.
     Absolventen der Chinesisch-Deutschen           liche Laufbahn vielfältig geprägt“, sagt      ‚Haben Sie denn schon einmal               Studies: Peace and Security in Africa“ an
                                                                                                                                                                                           NAM LONG TRINH HOANG ist Absolvent                FARAH NIMRI ist Absolventin der
     Hochschule für Angewandte Wissen-              Dr. Tarek Zaki. So hätten zum Beispiel        praktisch gearbeitet?‘“, erzählt Tingjun   der Universität Leipzig und der Addis Ababa
                                                                                                                                                                                           der Vietnamesisch-Deutschen Universität           Deutsch-Jordanischen Hochschule (GJU).
                                                                                                                                             University.
     schaften (CDHAW)“, berichtet Jiayun            das Erlernen der deutschen Sprache            Wang. Die Frage konnte er bestens                                                        (VGU).
     Shen. Häufig würden sie von ihren              und die Fähigkeit, in interdisziplinären      beantworten: Für sein Doppelmas-
     Arbeitgebern als Experten und in lei-          und internationalen Teams zu arbei-           terstudium am Chinesisch-Deutschen
     tenden Positionen eingesetzt. Shen ist         ten, seinen weiteren Weg nach dem             Hochschulkolleg (CDHK) an der
     Vizepräsidentin und Schatzmeist­erin           Studium der Elektrotechnik an der             Tongji-Universität in Shanghai war
     des Vereins der CDHAW-Absolventen              GUC beeinflusst. Ein Masterstudium in         die Praxisorientierung grundlegend.
     und Mitglieder der Tongji-Universität          Informatik an der Universität Stuttgart       An den Fakultäten Elektrotechnik,
     (CAMT). Sie selbst hat sich nach ei-           schloss Zaki mit summa cum laude              Maschinenbau, Fahrzeugtechnik und
     nem Masterabschluss im Bereich ener-           ab, gefolgt von der Promotion. Mittler-       Wirtschaftswissenschaften bildet das
     gieeffizientes und nachhaltiges Bauen          weile arbeitet er als Projektmanager          CDHK bilingual und praxisorientiert
     zunächst für die wissenschaftliche Ver-        bei der Bosch Sensortec GmbH. Seine           aus. So leitete Wang zum Beispiel auch
     tiefung entschieden: Sie promoviert            Forschungen und Leistungen in der In-         ein eigenes Projekt zu Fahrzeugtüren.
     an der Eidgenössischen Technischen             dustrie wurden bereits mit zahlreichen        Das Vorstellungsgespräch beim
     Hochschule Lausanne (EPFL) zum                 Auszeichnungen prämiert, zum Bei-             deutschen Autobauer verlief seinerzeit
     Management von Technologien.                   spiel für das Design der weltschnellsten      erfolgreich – noch heute ist Tingjun
                                                    organischen Schaltkreise am Institut          Wang Entwicklungsingenieur bei der
     JIAYUN SHEN ist Absolventin der Chinesisch-­
     Deutschen Hochschule für Angewandte            für Mikroelektronik Stuttgart.                BMW AG.
     Wissenschaften (CDHAW) an der Tongji-­
                                                    DR. TAREK ZAKI ist Absolvent der German       TINGJUN WANG ist Absolvent des Chine-
     Universität in Shanghai.
                                                    University in Cairo (GUC).                    sisch-Deutschen Hochschulkollegs (CDHK)
                                                                                                  an der Tongji-Universität in Shanghai.
                                                                                                                                                                                           Feben Makonnen Semu und Tingjun Wang sprachen, wie auch vier weitere Alumni transnationaler
                                                                                                                                                                                           Hochschulpräsenzen, auf dem Podium der TNB-Tagung mit DAAD-Direktorin Anette Pieper

16                                                                                                                                                                                                                                                                                       17
Transnationale Bildung - Ankerpunkte im Ausland - DAAD
TAGUNGSBERICHT                                                                                                                                                                                                                                TAGUNGSBERICHT

                                                    F O R U M

        Fachhochschulen:                                                                                                           Die Internationalisierung wirkt also in viele Richtun-           „Internationalisierung ist zwingend geboten“, sagt mit

           Internationalisierung
                                                                                                                                   gen. Das lässt sich auch unter dem Dach des Deutschen            Blick auf die Fachhochschulen Professor Dieter Leon-
                                                                                                                                   Hochschulkonsortiums für Internationale Kooperati-               hard, der bis vor kurzem als Rektor der Hochschule
                                                                                                                                   onen (DHIK) beobachten. Das DHIK ist ein Verbund                 Mannheim, mittlerweile als Rektor der htw saar das

        in viele Richtungen
                                                                                                                                   von 28 deutschen Hochschulen und einer Schweizer                 DHIK führt. „Für die kleineren Hochschulen ist es
                                                                                                                                   Hochschule, die gemeinsam Austausch- und Doppelab-               aber leichter, sich dem Thema zu widmen, wenn man
                                                                                                                                   schlussprogramme mit ausländischen Universitäten in              sich die Aufgaben teilt.“ Diese Überlegung habe auch
                                                                                                                                   den angewandten Ingenieurwissenschaften durchfüh-                am Anfang der Chinesisch-Deutschen Hochschule für
                                                                                                                                   ren, derzeit in China und Mexiko. Die Programme ver-             Angewandte Wissenschaften (CDHAW) gestanden, die
                                                                                                                                   knüpfen dabei das deutsche Fachhochschulmodell mit               von der Tongji-Universität in Shanghai und dem DHIK
                                                                                                                                   den Hochschulsystemen der Partnerländer.                         getragen wird. In vier Ingenieurstudiengängen können
                                                                                                                                                                                                    chinesische und deutsche Studierende an der CDHAW
                                                                                                                                                                                                    einen Bachelorabschluss beider Partnerländer erlangen.
                                                                                                                                           „Das deutsche Fach-                                      Die erfolgreiche CDHAW dient mittlerweile als Vorbild
                                                                                                                                                                                                    für ein ähnliches Projekt des DHIK mit dem Tec de
                                                                                                                                         hochschulmodell ist in                                     Monterrey in Mexiko.

                                                                                                                                        ­Jordanien erfolgreich –                                    In China ist auch die Technische Hochschule (TH) Lü-
                                                                                                                                                                                                    beck aktiv. Am Sino-German College an der East China
                                                                                                                                            und ­wird es auch                                       University of Science and Technology (ECUST) betreibt
                                                                                                                                                                                                    die TH die beiden deutsch-chinesischen Bachelorstudi-
                Diskutierten in einer weiteren Podiumsrunde der Berliner TNB-Tagung (v. l.): Dieter Leonhard (Deutsches                      weiterhin sein“                                        engänge „Environmental Engineering“ und „Informa-
                ­Hochschulkonsortium für Internationale Kooperationen), Manar Fayyad (Deutsch-Jordanische Hochschule),                                                                              tion Technology“ gemeinsam mit dem chinesischen
                 Moderator Jan-Martin Wiarda, Dorothea Rüland (DAAD), Friederike zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein
                 ­(Wissenschaftsrat) und Frank Schwartze (Technische Hochschule Lübeck)                                                              Prof. Dr. Manar Fayyad, GJU

                                                                                                                                   Dieter Leonhard, links im Bild neben GJU-Präsidentin Manar
                                                                                                                                   ­Fayyad, sprach auf dem Podium auch die besondere S ­ ituation
                                                                                                                                    der „kleineren Hochschulen“ an
                                                                       allerdings noch größer: Schließlich profitieren von den
Das deutsche Fachhochschulmodell                                       Stärken der Fachhochschulen auch die internationa-
­bietet großes Potential für die Inter­                                len Partner. „Das deutsche Fachhochschulmodell ist
                                                                       in Jordanien erfolgreich – und wird es auch weiterhin
 nationalisierung. Dass es genutzt werden                              sein“, sagt Professor Manar Fayyad, Präsidentin der
 sollte, machen Wissenschaftsrat, Hoch-                                Deutsch-Jordanischen Hochschule (GJU).

 schulvertreter, Politik und DAAD deutlich.                            Die GJU in Jordanien ist eines dieser vom Wissenschafts-

     D
                                                                       rat angesprochenen transnationalen Bildungsangebote.
                                                                       Der staatlichen jordanischen Universität liegt das Fach-
                                                                       hochschulmodell zugrunde; federführend auf deutscher
                   ie deutschen transnationalen Bildungs-              Seite ist die Hochschule Magdeburg-Stendal. „Wir wollen,
                   angebote, in denen die Fachhochschu-                dass unsere Absolventen fit für den Arbeitsmarkt sind“,
                   len stark vertreten sind, können genutzt            betont Manar Fayyad. Das gelingt der GJU mit ihrem an-
                   werden, um die Mobilität von Fachhoch-              wendungsorientierten Schwerpunkt offensichtlich gut:
     schulstudierenden zu erhöhen und die Internationali-              Rund 85 Prozent der Absolventinnen und Absolventen
     sierung dieses Hochschultyps voranzubringen.“ Es ist              finden laut der Präsidentin in den ersten sechs Monaten
     nur eine von vielen Passagen aus den umfangreichen                nach ihrem Abschluss einen Arbeitsplatz. Das ist keine
     Empfehlungen des Wissenschaftsrats zur Internationa-              Selbstverständlichkeit in Jordanien. „Im Grundstudium
     lisierung von Hochschulen vom Juli 2018, in denen die             verbringt jeder Studierende ein Jahr in Deutschland: ein
     Fachhochschulen ausdrücklich angesprochen werden.                 Semester an einer unserer 120 Partnerhochschulen, das
     Der Satz benennt besonders deutlich das Potential der             andere halbe Jahr als Praktikantin oder Praktikant in ei-
     Transnationalen Bildung (TNB) für die Internationa-               nem deutschen Unternehmen. Die Studierenden werden
     lisierung in Deutschland. Tatsächlich ist das Potential           so aufgeschlossener und weltoffener.“

18                                                                                                                                                                                                                                                           19
TAGUNGSBERICHT

                                                                                                                                              Fachhochschulen sind ein zentraler Baustein der För-               len Partner, auch im politischen Raum, müssen häufig
                                                                                                                                              derung. Ergänzt wird das Programm durch ein umfas-                 dafür sensibilisiert werden, was eine gute Fachhoch-
                                                                                                                                              sendes Informations-, Beratungs- und Begleitangebot.               schule ausmacht. Diese Beratung werde der DAAD
                                                                                                                                              Das Bundesministerium für Bildung und Forschung                    „noch stärker ausbauen“, so Rüland. Auch die Unterstüt-
                                                                                                                                              (BMBF) plant, bis zum Jahr 2022 50 Millionen Euro für              zung der Wirtschaft bleibt wichtig, wie Dieter Leonhard
                                                                                                                                              das neue Programm zur Verfügung zu stellen.                        anmerkt. „Die Studierenden in ein Praxissemester zu
                                                                                                                                                                                                                 schicken, läuft ja nicht von selbst.“ In den Programmen
                                                                                                                                              „Für die Internationalisierung der Fachhochschulen                 des Deutschen Hochschulkonsortiums für Internationa-
                                                                                                                                              tut sich aktuell ein Fenster auf, das es zu nutzen gilt“,          le Kooperationen unterstütze deshalb ein Industriebei-
                                                                                                                                              betont DAAD-Generalsekretärin Dr. Dorothea Rüland.                 rat die Hochschulpartner dabei, die Praktikumsplätze
                                                                                                                                              Sie bestätigt das große Interesse an der Anwendungs-               zu sichern.
                                                                                                                                              orientierung der Hochschulen, das von ausländischen
                                                                                                                                              Lehrenden, Botschaftern und Ministern gleichermaßen                ZUFRIEDENE BILANZ
                                                                                                                                              geäußert werde. Rüland verweist auf die historisch ge-             „Wir müssen die Partner in der Industrie überzeu-
                                                                                                                                              wachsene Verbindung der Fachhochschulen mit klei-                  gen, dass nicht nur die Hochschulen, sondern auch sie
                                                                                                                                              nen und mittelständischen deutschen Unternehmen,                   profitieren“, berichtet GJU-Präsidentin Manar Fayyad
Vielfältige Perspektiven (v. l.): Moderator Jan-Martin Wiarda, DAAD-Generalsekretärin Dorothea Rüland, Friederike zu                          die sich in den vergangenen Jahrzehnten sehr stark in-             von ihrer Arbeit in Jordanien. Die GJU stärkt in der
­Sayn-Wittgenstein-Hohenstein, Professorin an der Hochschule Osnabrück und Mitglied des Wissenschaftsrats, sowie                              ternationalisiert hätten. Für die Fachhochschulen gelte            deutsch-jordanischen Zusammenarbeit auch die For-
 Frank Schwartze, Vizepräsident der Technischen Hochschule Lübeck
                                                                                                                                              es, Schritt zu halten. Hierbei wird der DAAD die Hoch-             schung und befördert den Lehrkräfteaustausch zwi-
                                                                                                                                              schulen unterstützen.                                              schen beiden Ländern. Fayyad zieht eine zufriedene
            Partner. In Hangzhou bietet die deutsche Hochschule                    den. Aber gerade die TNB-Präsenzen könnten mit dem                                                                            Bilanz: „Das alles bringt die Menschen zusammen. Ich
            als Partner des Chinesisch-Deutschen Instituts für An-                 Fachhochschulmodell die Internationalisierung stär-        Zugleich müssen im Ausland die Rahmenbedingungen                   glaube wirklich an das deutsche Modell der Zusammen-
            gewandte Ingenieurwissenschaften (CDAI) das Fach                       ken, hebt zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein hervor. Der      für die Fachhochschulen passen. Und die internationa-              arbeit.“
            Bauingenieurwesen an. Doch auch Professor Frank                        Wissenschaftsrat hält in seinen Empfehlungen fest: „Es
            Schwartze, Vizepräsident für Forschung und Internati-                  gibt im Ausland ein besonderes Interesse am deutschen
            onales der TH Lübeck, betont, auch mit Blick auf die                   Fachhochschulmodell. Daher sollten die Stärken dieses
            Herausforderungen des Strukturaufbaus für die Digita-                  Hochschultyps international bekannter gemacht wer-         Die Teilnehmenden der DAAD-Tagung zur Transnationalen Bildung nutzten die Gelegenheit,
                                                                                                                                              ­zahlreiche fachliche Fragen anzusprechen
            lisierung: „Wir müssen noch viel stärker im Netzwerk                   den. Hierzu sollten zentrale Beratungskapazitäten z. B.
            denken und so die Hochschulen von Aufgaben befreien,                   beim DAAD aufgebaut werden.“
            damit sich diese nicht gleich im Hochschulhaushalt nie-
            derschlagen. Die Hochschulen sollten sich bei der Inter-               Tatsächlich wird der DAAD die Internationalisierung
            nationalisierung auf die Lehre konzentrieren können.“                  der Fachhochschulen künftig noch stärker unterstüt-
                                                                                   zen. Das Programm „HAW.International“ bietet Studi-
            „Um die Internationalisierung der Fachhochschulen auf                  en-, Praktikums- und Forschungsstipendien. Modell-
            solide Füße zu stellen, verlangt es andere Rahmenbedin-                projekte für die Internationalisierung an deutschen
            gungen. Die Fachhochschulen sind in den Grundmitteln
            sehr gering ausgestattet und brauchen mehr Unterstüt-
            zung“, sagt Professor Friederike zu Sayn-Wittgenstein-Ho-
            henstein, Mitglied der Arbeitsgruppe „Internationalisie-                     „Gerade die TNB-­
            rung von Hochschulen“ des Wissenschaftsrats. Zudem
            sei die für die Fachhochschulen grundlegende Verbin-                      Präsenzen können mit
            dung von Anwendungsorientierung und Ausbildung
            nach wissenschaftlichen Standards „oftmals im Ausland                   dem ­Fachhochschulmodell
            nicht ausreichend bekannt“, so die Professorin von der
            Hochschule Osnabrück. Doch hätten in den Anhörungen                      die Internationalisierung
            der Wissenschaftsrat-Arbeitsgruppe Vertreter der Fach-
            hochschulen deutlich gemacht, dass Potential für eine                             ­stärken“
            stärkere Internationalisierung besteht.
                                                                                      Prof. Dr. Friederike zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein,
            Unter anderem historisch begründet sei Internationa-                                          Wissenschaftsrat
            lisierung sehr eng mit Forschungsaktivitäten verbun-

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GASTBEITRAG                                                                                                                                                                                                                                      GASTBEITRAG

 Digitalisierung: Zeit für
­bewusste Entscheidungen
                                                                                                                            digitale Lehrelemente abgefedert werden können. Di-
                                                                                                                            gitalisierung könnte bei der Vor- und Nachbereitung
                                                                                                                            von Austauschen unterstützen, einen Austausch mit
                                                                                                                            Hochschulen in Krisengebieten ermöglichen, die Nach-
                                                                                                                            haltigkeit der Kooperationen durch einen geringeren
     Nicht zuletzt in der Transnationalen Bildung bietet die ­Digitalisierung                                               Reiseaufwand stützen, einen Beitrag zum Klimaschutz
     ­wertvolle Chancen und neue P ­ erspektiven. Doch wie können                                                           leisten, um nur einige Beispiele zu nennen.

      die H
          ­ ochschulen die Möglichkeiten nutzen und den vielfältigen                                                        Wie kann Mobilität digital flankiert werden? Die Mög-
      ­Erwartungen gerecht werden?                                                                                          lichkeiten sind vielfältig, breit erprobt und reichen
                                                                                                                            beispielsweise von Videokonferenzen über betreute                   Dr. Muriel Helbig
                                                                                                                            Online-Lehre bis hin zu Prüfungen im Netz. Häufiges                 ist Präsidentin der Technischen Hochschule Lübeck.
     Die Digitalisierung durchdringt die unterschiedlichs-       virtuelles Studienbuch, in das ihre Leistungen einge-      Beispiel sind Studierende, die während eines Auslands-              Ihre Promotion in Psychologie absolvierte sie in einem
     ten Lebensbereiche, auch die an einer Hochschule. Alle      tragen werden, egal an welcher Hochschule diese Leis-      aufenthaltes Online-Module ihrer Heimathochschule                   internationalen DFG-Graduiertenkolleg der Fried-
     Hochschulmitglieder sollen die Digitalisierung mit-         tungen erbracht wurden. Diese Angaben werden dann          belegen, etwa wenn es mit der Anerkennung Schwierig-                rich-Schiller-Universität Jena; ihr Berufsweg führte
     gestalten – bei unterschiedlichem fachlichen Hinter-        nicht individuell geprüft, sondern automatisiert über      keiten gibt, sie an der Gasthochschule ohne Zeitverlust             sie über die Graduiertenförderung an der Universität
     grund, unterschiedlichem Kenntnisstand bezüglich der        „smart contracts“ verifiziert. Eine Herausforderung ist    gänzlich andere Kurse belegen wollen oder sie ein Prakti-           Jena an die Bauhaus-Universität Weimar, wo sie als
     Möglichkeiten der Digitalisierung und unterschiedlich       dabei die Standardisierung: Alle, die die gleiche Block-   kum im Ausland absolvieren und währenddessen an der                 Dezernentin für Internationale Beziehungen tätig war.
     ausgeprägter Begeisterung für diese. Zu dieser Mitge-       chain nutzen, müssen sich an die gleichen Datenforma-      Heimathochschule weiterstudieren möchten. Außerdem                  Der vorliegende Beitrag bündelt zentrale Aspekte ihres
     staltung der Digitalisierung gehört: Sich für eine der      te halten, beispielsweise in Bezug auf Name, Workload,     muss für Auslandsaufenthalte immer wieder geworben                  Vortrags zu Digitalisierung in Internationalisierung
     digitalen Möglichkeiten zu entscheiden (beispielswei-       Note, Fach, Aussteller, Gültigkeitsdauer.                  und Überzeugungsarbeit geleistet werden. Es gibt einen              und Transnationaler Bildung während der Tagung „In-
     se für eine Technologie, eine Lehrmethode oder ein                                                                     großen Informationsbedarf, der über soziale Medien und              ternationale Ankerpunkte: Neue Rollen für die Transna-
     Verwaltungssystem), deren Einführung – sofern Res-                                                                     übergreifende Plattformen bespielt werden kann.                     tionale Bildung in Wissenschaft, Wirtschaft, Politik“.
     sourcen vorhanden – mindestens zu begleiten und die             „Mobilität kann durch
     bisherigen Arbeitsweisen teilweise dramatisch anzu-                                                                    KOLLABORATIVES LERNEN UND LEHREN
     passen. Der „neueste Trend“ zu sein reicht da nicht als      ­digitale Elemente sinnvoll                               Anknüpfungspunkte gibt es auch für Lehrinhalte. Di-          Es gibt keinen Grund, warum Hochschulen, extrem er-
     Argument für eine solche Transformation, die schließ-                                                                  gital lassen sich völlig neue Formen des kollaborativen      folgreich in der Internationalisierung, nicht auch erfolg-
     lich viel Zeit, Kraft und Geld kostet. Stattdessen müssen          ergänzt werden“                                     Lernens und Lehrens einsetzen, was auch im Hinblick          reich in der Digitalisierung von Internationalisierung
     Vorteile aufgezeigt werden und braucht es konkrete Zie-                                                                auf die Frage interessant ist, welche Kompetenzen wir        sein sollten. Natürlich gehören dazu Voraussetzungen
     le, die mit der Digitalisierung erreicht werden können.                   Dr. Muriel Helbig, TH Lübeck                 unseren Studierenden vermitteln möchten, wenn wir            wie eine funktionierende Infrastruktur, zur jeweiligen
                                                                                                                            sie auf die Arbeitswelt der Zukunft vorbereiten.             Hochschule passende interne Strukturen – und vor al-
     Das gilt auch für den Bereich der Transnationalen Bil-                                                                                                                              lem auch unterstützende und finanzierende Strukturen,
     dung. Wie stellen wir uns diese in Zukunft vor, was         Nutzt die neue Technologie in diesem Fall der inter-       Drittes Beispiel: Ressourcennutzung. Grundsätzlich           wie wir sie in der Internationalisierung mit dem DAAD
     könnte sie verbessern oder erleichtern? Im besten Fall      nationalen Kooperation, oder engt sie diese durch die      ist Digitalisierung kein guter Weg, um Ressourcen zu         haben. Dazu gehört jedoch auch ein Plan und ein Ziel,
     folgt die digitale Weiterentwicklung diesen Zielen und      notwendige Standardisierung unverhältnismäßig ein?         sparen. Außer man teilt sie sich, und dafür ist die Digi-    damit nicht jedes Land, jedes Bundesland und jede
     Visionen, denn dann ist Digitalisierung tatsächlich kein    Dieses Beispiel zeigt, dass bei der Überlegung zur Di-     talisierung geradezu prädestiniert. Die Erstellung eines     Hochschule eigene Wege geht und das große Potential
     Selbstzweck, sondern eine Bereicherung. Beispielhaft        gitalisierung auf Augenhöhe zwischen den Technolo-         digitalen Moduls ist teuer und aufwändig, anschließend       der Digitalisierung – die Skalierbarkeit, die Kooperati-
     lassen sich drei Themen beleuchten, die im Zusammen-        gie-Anbietern und den Anwendern diskutiert werden          müssen die Studierenden betreut, die Inhalte aktualisiert    onsmöglichkeiten, die Flexibilität – somit ad absurdum
     hang mit internationalen Kooperationen immer wieder         müsste: Die einen erläutern, was es für Möglichkeiten      und die Infrastruktur bereitgestellt werden. Sie können      führt.
     diskutiert werden: die Fälschungssicherung und Aner-        gibt, die anderen entscheiden, ob dieser Lösungsansatz     diese Aufgaben aber auf mehrere Schultern verteilen
     kennung von im Ausland erbrachten Leistungen, Mobi-         hilfreich erscheint.                                       und vor allem: Sie können jedes Modul von mehreren           FREIHEIT UND PLANUNG
     litäten und eine effektive Ressourcennutzung. Können                                                                   Anbietern verwenden lassen. Wenn Sie beispielsweise          Projekte wie die Virtuelle Fachhochschule oder das
     hier digitale Ansätze hilfreich sein?                       Das zweite Beispiel betrifft Mobilität: Reisen ist unan-   ein Doppelabschlussprogramm mit einem oder gar mit           Deutsche Hochschulkonsortium für Internationale Ko-
                                                                 tastbares Kernelement der Internationalisierung. Doch      mehreren internationalen Partnern anbieten, können           operationen sind unter anderem deswegen so erfolg-
     VIRTUELLES STUDIENBUCH                                      kann es durchaus sinnvoll sein, Mobilität durch digitale   verschiedene Hochschulen das Modul erstellen, betreuen       reich, weil die Aufgaben, Aufwände und Kosten auf
     Bei der Fälschungssicherung und Anerkennung von im          Elemente zu ergänzen. So könnten zum Beispiel Perso-       und pflegen – und alle Hochschulen können es nutzen,         mehreren Schultern verteilt werden. Es mag paradox
     Ausland erbrachten Leistungen gibt es Überlegungen,         nen unterstützt werden, die nicht lange oder oft reisen    auch außerhalb des Doppelabschlussprogramms in ihren         klingen, dass gerade die freie, flexible, unkonventionel-
     einen Ansatz aus der Finanzwelt zu nutzen: die Block-       können, sei es aus gesundheitlichen, familiären oder       regulären Studiengängen. So werden die Hochschulen           le, von mir aus auch flippige Welt der Digitalisierung
     chain-Technologie mit ihren fälschungssicheren, verteil-    zeitlichen Gründen. Die Abwesenheit von Lehrenden          flexibler. Die Digitalisierung bietet uns die Möglichkeit,   eigentlich so konservativ einer konkreten, übergreifen-
     ten Datenstrukturen. Die Grundidee: Studienleistungen       während häufiger oder längerer Auslandsaufenthalte         internationale Studiengänge und auch transnationale          den, mindestens bundesweiten Planung und Anreizset-
     werden dezentralisiert. Für Studierende gibt es eine Art    stellt Hochschulen vor Herausforderungen, die durch        Bildungsprojekte kooperativ und digital anzubieten.          zung bedarf. Aber ich glaube, das braucht sie.

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