Tricky Realities Didaktisches Begleitmaterial zur Kurzfilmsammlung gegen Gewalt und Sexismus - Stadt Wien

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Tricky Realities Didaktisches Begleitmaterial zur Kurzfilmsammlung gegen Gewalt und Sexismus - Stadt Wien
Tricky Realities
            Didaktisches Begleitmaterial
            zur Kurzfilmsammlung gegen
            Gewalt und Sexismus

Frauenservice Wien
Tricky Realities Didaktisches Begleitmaterial zur Kurzfilmsammlung gegen Gewalt und Sexismus - Stadt Wien
IMPRESSUM

Medieninhaberin Frauenservice Wien,
Friedrich-Schmidt-Platz 3, 1082 Wien
Abteilungsleiterin Marion Gebhart
Projektleitung Claudia Throm
Filmrecherche Tricky Women/Tricky Realities
Didaktik Katharina Maly und Mona Aglan
Filmbeschreibungen Tricky Women/Tricky Realities,
Marie Ketzscher
Lektorat Antonia Barboric
Grafik Nele Steinborn
Coverfoto Shutterstock | Unai Huizi
Druck Druckerei der Stadt Wien
ISBN 978-3-902845-53-5

© Wien, März 2021
Tricky Realities Didaktisches Begleitmaterial zur Kurzfilmsammlung gegen Gewalt und Sexismus - Stadt Wien
Inhalt
Vorwort                              ..............................................................................................................................                                                                                                             3

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

Glenn, the Great Runner                                                                                 ..........................................................................................                                                                              8
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Übungen                                  ............................................................................................................................                                                                                                       10

Nie masz dystansu – You are overreacting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
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Übungen                                  .............................................................................................................................                                                                                                       16

Me-LOG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
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Übungen                                  ............................................................................................................................                                                                                                      20

Zu zahm!                                 ...........................................................................................................................                                                                                                       22
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Übungen                                  ............................................................................................................................                                                                                                      24

Les Culottées – BRAZEN: Hedy Lamarr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
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Sinna Mann/Angry Man                                                                                    .......................................................................................                                                                            30
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Butoyi                        .................................................................................................................................                                                                                                            36
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Übungen                                  ............................................................................................................................                                                                                                      38

Wanda                           ...............................................................................................................................                                                                                                           40
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Übungen                                  ............................................................................................................................                                                                                                      42

Kurzbiografien der Filmemacherinnen                                                                                                                               .......................................................                                                  44
Tricky Realities Didaktisches Begleitmaterial zur Kurzfilmsammlung gegen Gewalt und Sexismus - Stadt Wien
Tricky Realities Didaktisches Begleitmaterial zur Kurzfilmsammlung gegen Gewalt und Sexismus - Stadt Wien
© David Bohmann

                  Vorwort
                  Mädchen zu stärken und veraltete Rollenbilder zu hinterfragen
                  und aufzubrechen: Das sind auch 2021 wichtige Themen.

                  Die Kurzfilmsammlung »Tricky Realities« zeigt Sexismus, Gewalt
                  gegen Frauen und festgefahrene Rollenbilder auf und macht
                  wichtige frauenpolitische Anliegen sichtbar.

                  Über Trickfilme lassen sich andere und neue Zugänge finden, um
                  Themen anzusprechen. Trickfilm gewinnt in unserer digitalen Welt
                  immer mehr an Bedeutung.

                  Wir alle sind im Alltag mit einer Flut an Informationen konfrontiert.
                  Gerade deshalb ist es umso wichtiger, Frauenthemen auch mit
                  neuen Darstellungsformen zu beleuchten – und dadurch auch
                  eine neue Form der Auseinandersetzung anzuregen.

                  Wir freuen uns, TrainerInnen und MultiplikatorInnen mit dieser
                  Sammlung ausgewählter Filme und dem didaktischen Begleit-
                  material ein Angebot zu machen. Unterrichtende sollen die Filme
                  zielgruppengerecht in Workshops einsetzen können. Die vor-
                  geschlagenen Übungen regen mit Sicherheit zu Diskussionen –
                  und zum Nachdenken – an.

                  Ich wünsche allen Interessierten eine spannende Auseinander-
                  setzung mit frauenpolitischen Fragestellungen! Film ab!

                  Kathrin Gaál
                  Vizebürgermeisterin und Frauenstadträtin

                                                                                          3
Tricky Realities Didaktisches Begleitmaterial zur Kurzfilmsammlung gegen Gewalt und Sexismus - Stadt Wien
© Evelyn Rois

                    Grußworte
                    Tricky Women/Tricky Realities richtet seit 2001 den Fokus als
                    einziges Filmfestival weltweit auf die Filme von Animationsfilm-
                    Künstlerinnen* und verschafft den Werken und Filmerinnen* die
                    Aufmerksamkeit, die ihnen zweifellos gehört. – mit Filmen, die
                    Augen öffnen, Unsichtbares sichtbar, Unsagbares vermittelbar
                    und fremde Standpunkte nachvollziehbar machen.

                    Fünf Tage Festival pro Jahr reichen nicht aus, um die Fülle an außer-
                    gewöhnlichen Animationsfilmen von Frauen* zu zeigen. Die Zusam-
                    menarbeit mit Frauen*organisationen und Einrichtungen der Zivil-
                    gesellschaft sind uns ein besonderes Anliegen. Animationsfilme
                    bringen komplexe Themen in wenigen Minuten buchstäblich auf
                    den Punkt. Deshalb ist es unser Ziel auch außerhalb des Kinos
                    Animationsfilme in neuen Zusammenhängen für Informations- und
                    Bildungsarbeit zur Verfügung zu stellen.

                    Was haben eine Siegerehrung, Fake News und die Erfinderin des
                    Frequenz Hopping miteinander zu tun? Auf den ersten Blick gar
                    nichts. Auf den zweiten Blick jedoch sehr viel. Denn in fast allen
                    Lebensbereichen findet sich eines wieder: Frauen* und Mädchen,
                    - ob im Beruf, im Privaten, in der Gesellschaft – sind nach wie vor
                    vielfältiger Diskriminierung, stereotypen Rollenbildern und Alltags-
                    sexismus ausgesetzt. Das aufzuzeigen und sichtbar zu machen –
                    darum geht es in den acht Filmen dieser Compilation.

                    Die ausgewählten Trickfilme zeigen, wie verdeckt und verkleidet
                    Gewalt gegen Frauen ist und unterstützen dabei das Bewusstsein
                    für die vielen Formen von Gewalt zu schärfen.

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Tricky Realities Didaktisches Begleitmaterial zur Kurzfilmsammlung gegen Gewalt und Sexismus - Stadt Wien
Jeder der Filme zeigt Wege zu Autonomie und Selbstbestimmung
auf und wie Empowerment stattfinden kann. Persönliches Glück
hängt nicht nur vom individuellen Lebensstil ab, sondern ist vielfach
mit gesellschaftlichen Rahmenbedingungen verknüpft. Denn
Gleichstellung ist kein Frauenthema, sondern geht uns alle an und
alle Geschlechter profitieren davon.

Wir freuen uns, wenn interessante Diskussionen und neue Impulse
durch diese Filme entstehen können.

Wir bedanken uns sehr herzlich bei Frau Vizebürgermeisterin
und Stadträtin für Wohnen, Wohnbau, Stadterneuerung und Frauen,
Kathrin Gaál, dem Frauenservice der Stadt Wien, dem Team des
Grundlagenreferats der Frauenabteilung der Stadt Wien
(Claudia Throm und Laura Wimmer) für die Ermöglichung dieser
filmischen Sammlung, die nun für Multiplikator*innen als Material
für Seminare, Schulungen und Kurse »for educational use«
zur Verfügung steht!

Waltraud Grausgruber
Direktorin Tricky Women/Tricky Realities Festival
www.trickywomen.at

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Tricky Realities Didaktisches Begleitmaterial zur Kurzfilmsammlung gegen Gewalt und Sexismus - Stadt Wien
Einleitung

    Die Kurzfilmsammlung Tricky Realities: Kurzfilmsammlung gegen Gewalt und
    Sexismus versammelt acht Trickfilme zwischen drei und zwanzig Minuten, in
    denen Gewalt gegen Frauen, Rollenbildern und Sexismus und die Frage, was
    es heißt ein Mädchen in dieser Gesellschaft zu sein, behandelt werden. Die
    Kurzfilme bedienen sich unterschiedlicher Stile/Stilmittel und adressieren
    unterschiedliche Altersgruppen. Sie alle regen zum Nachdenken an, emp-
    owern und stellen Konventionen in Frage und eröffnen neue Perspektiven.
    Die vorliegende Didaktisierung soll Unterrichtende dabei unterstützen, die
    Filme in Gruppen zielgruppengerecht einzusetzen. So werden für jeden Film
    die entsprechende Zielgruppe ausgewiesen und Übungen zur Verfügung
    gestellt, die vor, während und nach dem Schauen gemacht werden können.

    Zusammengestellt wurde die Filmsammlung von den MacherInnen des
    Filmfestivals Tricky Women / Tricky Realities. Dieses Animationsfilmfestival
    in Wien zeigt seit über 20 Jahren einmal jährlich die Arbeiten von Trickfilm-
    Künstlerinnen. Die Filmbranche, wie auch die Trickfilmbranche, ist bis
    heute stark männlich dominiert. Tricky Women ist es gelungen in Wien
    ein Gegengewicht zu schaffen und den Trickfilm weiblich zu besetzen.
    Einmal im Jahr organisieren sie rund um den 8. März, den internationalen
    Frauentag, ein mehrtägiges Festival an mehreren Kinos in Wien bzw. seit
    Corona auch digital, das weiblichen TrickfilmkünstlerInnen gewidmet ist.
    Das ganze Jahr sind sie im Einsatz um die kreative Arbeit von Frauen in
    der Branche bekannter zu machen und entsprechend zu würdigen.

    Folgende Filme wurden ausgewählt und mit entsprechenden Übungen
    aufbereitet, um sich den Themenfeldern Rollenbilder, Sexismus, Mädchen
    und Gewalt gegen Frauen anzunähern:

    Um das Glück geht es etwa in dem Publikumshit Glenn the Great Runner,
    in dem eine Frau ihre ganzen Ressourcen ihrem Mann, einem erfolgreichen
    Marathonläufer widmet, damit er endlich bei der Siegerehrung die ersehnte
    Medaille gewinnt - klassische Rollenbilder auf den Punkt gebracht.

    You are overreacting thematisiert frauenfeindliche Original-Zitate
    von Politikern, weltweit verbreitet über Medien wie etwa jene Aussage
    von Donald Trump »Just grab them by the pussy« – no comment!

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Tricky Realities Didaktisches Begleitmaterial zur Kurzfilmsammlung gegen Gewalt und Sexismus - Stadt Wien
MeLog - ein visueller Poetry Slam, entlarvt mit Textcollagen mediale
Identitäten, manipuliert Oberflächen und zeigt die tausenden Ansprüche
an Frauen auf – smile honey, zu schön, zu hässlich, zu alt, zu gescheit …

Stereotypien und Klischees sind tief verankert. Zu zahm! befreit sieben
ProtagonistInnen und erlaubt ihnen, ihre eigenen Handlungsmuster zu
verschieben und neue Erfahrungen zu machen – humorvoll und bewegt!

Die Erfinderin des Frequenz Hopping, das den Grundstein für das heutige
WLAN gelegt hat, war niemand geringerer als der österreichische
Hollywood-Star Hedy Lamarr. Eine Episode der Comicserie Les Culottées –
Hedy Lamarr zeigt, wie schwer es war, trotz ihrer Schönheit auch als
wegweisende Erfinderin anerkannt zu werden.

Dass Geheimnisse nicht immer geheim bleiben sollen, darum geht es im
oftmals prämierten Sinna Mann/Angry Man. Diese Geschichte von
häuslicher Gewalt zeigt Handlungsoptionen auf und wie ein kleiner Bub
mit Hilfe des schönsten Trickfilmhundes der Trickfilmgeschichte die
Gewaltspirale auflöst. Der norwegische König spielt dabei auch eine Rolle.

Butoyi thematisiert wie unterschiedlich Mädchen und Buben aufwachsen
und dass nach wie vor der Zugang zu Bildung ungerecht verteilt ist.
In der mit 12 jungen Frauen in Burundi realisierten Produktion, die auch
das Thema sexuelle Gewalt aufgreift, gelingt es mit den von den Frauen
gezeichneten Papierfiguren ihre Version des Lebens zu erzählen.
Empowerment mittels Animation pur!

Empowerment findet auch in Wanda statt: Wir sind dabei wie eine junge
Schülerin ihren Weg aus Angst, Mobbing und Gewalt findet und mit Hilfe
ihrer Fantasie und dem Vertrauen in ihre Talente in ihr Leben sprintet.

Die didaktischen Begleitmaterialien zu Tricky Realities: Kurzfilmsammlung
gegen Gewalt und Sexismus richten sich an verschiedene jugendliche und
erwachsene Zielgruppen und können sowohl im Unterricht an Schulen und
in der Erwachsenenbildung als auch in Workshops eingesetzt werden.
Die Zielsetzungen können als Auseinandersetzung mit den Themen Gewalt
gegen Frauen*, Intersektionalität, stereotype Rollenbilder und Alltags-
sexismus zusammengefasst werden. Die Didaktisierungen bieten unter
anderem einen Perspektivenwechsel und das Ausprobieren verschiedener
Handlungs- und Reaktionsmöglichkeiten.

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Tricky Realities Didaktisches Begleitmaterial zur Kurzfilmsammlung gegen Gewalt und Sexismus - Stadt Wien
Glenn, the Great Runner
Anna Erlandsson, SE 2004, 3’, ohne Dialog

         ZIELGRUPPE
         Erwachsenenbildung, TeilnehmerInnen von Sprachkursen,
         Jugendliche ab 14 Jahren

         LERNZIELE
         Sensibilisierung für das Thema geschlechtsspezifische
         Diskriminierung; Bewusstmachung und Abbau von Stereotypen

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INHALT
Glenn ist Marathonläufer und die Coolness in Person. Er fährt im
schicken Auto vor, dehnt sich noch ein bisschen und reicht dann seiner
Frau Sonnenbrille und Trainingsgewand, um an den Start zu gehen.
Seine Frau, im schicken roten Kleid und mit Täschchen in der Hand, hält
nicht nur seine Sachen, sie feuert ihn auch an – und läuft am Rand mit.
Außerdem hält sie Wasser und Schwamm bereit. Schließlich ist sie sogar
die Erste im Ziel – um ihren Mann zu beglückwünschen und ihn zum
Siegertreppchen zu begleiten, versteht sich. Anna Erlandssons Film
Glenn, the Great Runner bringt mit viel Witz die Ungleichbehandlung
von Männern und Frauen auf den Punkt. Er zeigt sehr deutlich, wie
Frauen trotz ihres Einsatzes und ihrer oft gleichwertigen oder höheren
Qualitäten oft in der zweiten Reihe stehen oder sich (laut Regisseurin
Erlandsson) manchmal auch bewusst hinten einreihen, weil sie ihren
Männern den Vortritt lassen wollen. Interessant sind vor allem die
stereotypen Charaktere und Rollenbilder des Films, die mittels redu-
zierter 2-D-Animation herausgearbeitet werden. Neben dem Mara-
thonläufer Glenn, der in keiner Sekunde wahrnimmt, dass ihm seine
Frau eigentlich überlegen ist, sind das vor allem die weiblichen Charak-
tere: Die Sportlerfrauen sind schön und kompetent, aber sie bilden nur
die Accessoires der Männer. Zugleich sind die Frauen im anfeuernden
Publikum ausschließlich Mütter, die Kinderwägen hin- und herschie-
ben. Beide Gruppen sind also zum Zuschauen verdonnert, während die
Männer Karriere machen. Wird je eine von ihnen auf dem Siegertrepp-
chen stehen? Mit Glenn, the Great Runner gewann Anna Erlandsson
2004 den Schwedischen Filmpreis in der Kategorie »Bester Kurzfilm«.

                                                        Filmstills aus:
                                                        »Glenn, the
                                                        Great Runner«

                                                                           9
VOR DEM ANSCHAUEN

     Zum kreativen Einstieg (diese Übung richtet sich primär an jugend-
     liche TeilnehmerInnen (ab 14 Jahren) oder TeilnehmerInnen von
     Sprachkursen):

     Die TeilnehmerInnen werden gebeten, sich die Abbildung (Still aus dem
     Film, S. 8) > Abb.1 anzusehen und sich einen Einstieg in eine Geschichte
     zu überlegen, die sich um die dargestellte Protagonistin dreht. Während-
     dessen teilen Sie an jeder/jedem TeilnehmerIn ein Blatt Papier aus.

     Nun werden die TeilnehmerInnen gebeten, die ersten zwei Sätze dieser
     Geschichte aufzuschreiben, indem sie beide Sätze jeweils mit etwas
     Abstand untereinander setzen. Danach falten sie das Blatt so, dass nur der
     zweite Satz lesbar bleibt. Jetzt wird das Blatt an die/den rechte/rechten
     SitzbachbarIn weitergegeben, die/der den Satz liest und zwei neue Sätze
     darunterschreibt. Danach faltet sie/er das Blatt wiederum so, dass nur noch
     der letzte Satz auf der Vorderseite zu lesen ist.
     Nachdem das Blatt ein paar Mal weitergegeben wurde und die Teilnehmer-
     Innen ungefähr das Seitenende erreicht haben, wird das Blatt noch ein
     letztes Mal weitergereicht, und alle dürfen jene Geschichte, die sie nun in
     Händen halten, »aufrollen«. Wer will, darf die Geschichte vorlesen.

     WÄHREND DER VORFÜHRUNG

     Vertonung
     Der Film kommt weitgehend ohne Worte und Dialoge aus. Nach dem
     ersten Anschauen von »Glenn, the Great Runner« bitten Sie die Teilnehmer-
     Innen, in Kleingruppen nach Worten und Sätzen zu suchen, die die Frau
     oder das Publikum dem Mann während des Rennens zurufen könnte.
     Anschließend werden die Gruppen aufgefordert, den Film während des
     wiederholten Ansehens live zu vertonen.

10
NACH DEM ANSCHAUEN

Silhouetten
Für die Arbeit in Kleingruppen werden jeweils zwei Silhouetten von
Menschen vorbereitet (alternativ können sich auch in jeder Gruppe zwei
TeilnehmerInnen auf ein großes Plakat auf dem Boden legen, worauf die
anderen deren Umrisse nachzeichnen). Die beiden Silhouetten symbolisie-
ren jeweils einen Mann und eine Frau. Die TeilnehmerInnen entscheiden,
wie viel Zeit die beiden Personen an einem »durchschnittlichen Tag« für
bestimmte Tätigkeiten (z.B. Arbeit, Kochen, Schlafen, Putzen, Kinder in die
Schule bringen, Hobbys) aufbringen. Ebenso können die TeilnehmerInnen
beschließen, ob sie sich dafür an gesellschaftlichen Zuschreibungen
orientieren wollen oder nicht.
Nun malen die TeilnehmerInnen die beiden Silhouetten jeweils mit ver-
schiedenen Farben aus; jeder Tätigkeit wird eine Farbe zugewiesen.
Anschließend werden die Silhouetten an die Wand geheftet, und alle
Gruppen können im Raum herumgehen und sehen, wie ein durchschnitt-
licher Tag im Leben der anderen Silhouetten-Männer und -Frauen aussieht.
Im Plenum kann nachbesprochen werden, warum bestimmte Entscheidun-
gen getroffen wurde, welche überraschend waren etc.

Rollenspiel »Bewerbungsgespräch«

Material: Rollenspielkarten
Dauer: 45 Minuten

Vorbereitung
Die TeilnehmerInnen werden in Gruppen von jeweils drei Personen
unterteilt. Eine Person übernimmt die Rolle der/des Bewerberin/Bewer-
bers, eine der/des Personalverantwortlichen, die dritte Person wählt eine
Beobachtungsperspektive (falls es eine Zweiergruppe gibt, kann die dritte
Rolle entfallen). Nachdem sich die TeilnehmerInnen entschieden haben,
wer welche Rolle einnimmt, erhalten sie die vorbereiteten Rollenspielkarten
für die erste Runde.

Rollenspiel
Zu Beginn überlegt die Gruppe gemeinsam, für welchen Job das Bewer-
bungsgespräch erfolgen soll. Nachdem die TeilnehmerInnen die Beschrei-
bungen für ihre Rolle durchgelesen haben, überlegen sie kurz, welche
Äußerungen, Körperhaltung, Stimmlage etc. dazu passen.

                                                                         11
Runde 1

     BewerberIn
     Du wirst gleich als BewerberIn ein Vorstellungsgespräch für einen Job
     führen, den du wirklich gerne hättest. Du erfüllst zwar alle Vorausset-
     zungen, tust dir aber schwer, anderen zu zeigen, was du wirklich kannst.
     Außerdem bist du dir nicht sicher, ob du das richtige Outfit für diesen
     Anlass gewählt hast.

     PersonalverantwortlicheR
     Als PersonalverantwortlicheR einer großen Firma führst du gleich ein
     Gespräch mit einer/einem BewerberIn. Du bereitest dich auf kritische
     Fragen zu ihrem/seinem bisherigen beruflichen Werdegang, zu ihren/
     seinen Qualifikationen, Stärken und Schwächen vor. Du weißt, dass es
     eigentlich gesetzlich verboten ist, Fragen zum persönlichen Hintergrund
     der BewerberInnen zu fragen, aber du stellst sie trotzdem. Immerhin musst
     du wissen, ob sie eventuell wegen Kinderbetreuungszeiten ausfallen
     könnten oder nicht.

     Runde 2

     (die TeilnehmerInnen bleiben in ihrer Rolle als BewerberIn oder
     PersonalverantwortlicheR)

     BewerberIn
     Du führst gleich als BewerberIn ein Vorstellungsgespräch. Du hast zwar
     aktuell einen Job, der dir gefällt, doch wer weiß, vielleicht bietet dieser Job
     ja noch ein paar Vorteile. Zwar erfüllst du nicht alle Qualifikationen, die in
     der Jobausschreibung gelistet waren, aber du bist sehr selbstbewusst und
     weißt, dass du schnell lernst. Ein mutiges Auftreten, indem du dein Können
     unter Beweis stellen kannst, stellt für dich eine willkommene Herausforde-
     rung dar. Zufällig hat sich auch ein männlicher Bekannter von dir beworben
     und dir verraten, welches Gehalt ihm angeboten wurde.

12
PersonalverantwortlicheR
Als PersonalverantwortlicheR einer großen Firma führst du gleich ein
Gespräch mit einer Bewerberin. Der nächsten Bewerberin, einer Frau,
bietest du ein Gehalt an, das deutlich unter dem der männlichen Mitbe-
werber liegt. (Schließlich liegt es in deiner Verantwortung, auf die Finanzen
der Firma zu achten.)

Die/der BeobachterIn notiert sich, was ihr/ihm auffällt.

Im Anschluss findet im Plenum ein Erfahrungsaustausch statt. In welchen
Rollen haben sich die TeilnehmerInnen wohlgefühlt, in welchen weniger,
welche waren vertraut, welche vielleicht ungewohnt?

Selbst digitale Comics produzieren

In Kleingruppen können TeilnehmerInnen mithilfe von Online-
Programmen/Apps (z.B. https://www.makebeliefscomix.com/) selbst
kurze Comicstrips kreieren (zu einem vorgegebenen oder frei gewählten
Thema) und Dialoge entwerfen. Anschließend kann jede Gruppe ihren
Strip ausdrucken und an der Wand aufhängen. Nun können alle im Raum
herumgehen und die Geschichten der anderen lesen.

                                                                           13
Nie masz dystansu –
You are overreacting
Karina Paciorkowska, PL 2018, Orig./engl. UT, 3’57

         ZIELGRUPPE
         Erwachsenenbildung,
         Jugendliche ab 16 Jahren

         LERNZIELE
         Reaktionsmöglichkeiten auf
         sexistische Aussagen erarbeiten

14
INHALT
Eine junge Frau zappt ungeduldig durch die Fernsehprogramme.
Politiker sprechen über Frauen, die vergewaltigt werden müssten,
laszive Werbereklamen zeigen Frauen in aufreizenden Posen, Rapper
fordern die Frauen im Publikum auf, sexy zu sein, und Autoritäts-
personen aus Religion und Gesellschaft behaupten, dass Frauen
Männern unterlegen sind und weniger verdienen sollten. Die junge
Frau schaltet den Fernseher aus und steigt ins Auto, doch auch aus
dem Autoradio ertönen abwertende, sexistische Äußerungen.
Entnervt steigt sie wieder aus und geht zur U-Bahn, aber selbst dort
ist das Thema Sexismus/Misogynie allgegenwärtig.
Mit ihrem Animationsfilm Nie masz dystansu | You are overreacting –
was man sinngemäß auch als »Ach komm, übertreib doch nicht«
übersetzen könnte – zeigt Karina Paciorkowska, dass die alltäglichen
Erfahrungen von (polnischen) Frauen mit Sexismus und wertkonserva-
tiven Erwartungen eben nicht so trivial und selten sind, wie sie gern
verharmlost werden. Frauen, so veranschaulicht Paciorkowska, werden
vorrangig als Objekte gesehen und folglich nicht ernst genommen –
keine einzige Filmszene legt nahe, dass man über das weibliche
Geschlecht auch wertschätzend sprechen kann. Außerdem demons-
triert die Regisseurin mit Nie masz dystansu, dass Sexismus und
Ungleichbehandlung nicht nur ein männergemachtes Phänomen sind:
So werden nicht nur Männer zitiert, die verächtlich über Frauen reden,
der Film findet seinen Höhepunkt in der Situation, als eine ältere und
eine jüngere Frau abwertend über die »jüngeren Generationen«
sprechen, deren freizügiger Kleidungsstil doch schuld daran sei, dass
sich Männer nicht beherrschen könnten.
Indem Karina Paciorkowska nicht nur polnische Personen des öffent-
lichen Bereichs zitiert, sondern auch internationale MeinungsführerIn-
nen wie Donald Trump, verweist sie darauf, dass es sich hier um ein
universelles und kein spezifisch polnisches Problem handelt. Um die
Omnipräsenz dieses Alltagssexismus sowie seine breite Akzeptanz in
der Gesellschaft einzufangen, wechselt Paciorkowska rasch zwischen
Sprechenden und Orten; die handgezeichnete Animation ist entspre-
chend skizzenhaft und flüchtig gehalten. Die von ihr gewählte Farb-
palette – die fast wie bunte Neonkreide auf schwarzem Hintergrund
wirkt – verleiht den Ereignissen eine signalhafte, mitunter beklem-
mend-klaustrophobische Atmosphäre, die suggeriert: Sexismus ist
überall. Nie masz dystansu ist Karina Paciorkowskas Abschlussfilm an
der Staatlichen Hochschule für Film, Fernsehen und Theater Łódź.

                                                                         15
NACH DEM ANSCHAUEN

     Recherchetätigkeit
     Einige Aussagen im Kurzfilm stammen von berühmten Persönlichkeiten.
     • Wer sind diese Personen?
     • Wann/in welchem Kontext wurden diese Aussagen getätigt?
     • Die TeilnehmerInnen werden gebeten, drei Aussagen aus dem Kurzfilm
       zu notieren und in Kleingruppen Reaktionsmöglichkeiten zu überlegen.

     Material: Internetzugang
     Dauer: 30 Minuten

     Ideen für Rollenspiele
     Bitten Sie die TeilnehmerInnen, sich in Zweiergruppen zusammenzufinden.
     Nun teilen Sie jeder Gruppe das Handout mit den vorgegebenen Prota-
     gonistInnen aus und lassen Sie ein Rollenspiel vorbereiten. Nach einer Zeit
     von 15 bis 20 Minuten bitten Sie die Gruppen, ihr Rollenspiel vor dem
     Plenum aufzuführen.

     Material: zwei Stühle, die zwei nebeneinanderliegende Sitze in der U-Bahn
     symbolisieren, Bildmaterial der Wiener Linien-Kampagne gegen
     Manspreading
     Dauer: 20 Minuten

     Rollenspiel 1: Manspreading
     Das Setting dieses Rollenspiels bildet wie im Film »You are overreacting«
     die U-Bahn.

     TeilnehmerIn 1
     Die Wiener Linien haben gerade eine Kampagne gegen Manspreading
     veröffentlicht. Du fährst in der U-Bahn und möchtest dich hinsetzen, doch
     der einzige freie Sitzplatz ist neben einem Manspreader. Du hättest ebenso
     gern ausreichend Platz zum Sitzen. Mit welchen Argumenten konfrontierst
     du ihn?

     TeilnehmerIn 2
     Du sitzt in der U-Bahn. Du kommst von der Arbeit/Schule und willst es dir
     so gemütlich wie möglich machen. Eine möglichst breitbeinige Sitzposition
     gehört natürlich dazu. Auf einmal bemerkst du, dass sich eine Frau neben
     dich setzen möchte.

16
Rollenspiel 2: You are overreacting!

TeilnehmerIn 1
Du schaust dir mit deiner/deinem PartnerIn ein Hip-Hop-Video an.
Du findest es sexistisch und fühlst dich angegriffen und möchtest den
Fernseher ausschalten. Deine/dein PartnerIn meint, dass du überreagierst.

TeilnehmerIn 2
Du schaust dir mit deiner/deinem PartnerIn ein neues Hip-Hop-Video an.
Du findest es absolut genial. Die Musik, die Stimmung – alles stimmt. Auf
einmal fängt deine/dein PartnerIn an zu kritisieren, dass sie/er das Video
sexistisch findet. Das nervt dich! Du findest, dass sie/er überreagiert, und
verdeutlichst ihr/ihm das auch.

Im Anschluss an die Präsentation erfolgt eine Reflexion, z.B.
zu folgenden Fragen:
• Wie war es, diese Rolle einzunehmen?
• Auf welche Argumente war es leicht, eine Antwort zu finden,
  auf welche schwierig?
• Inwiefern kennen die TeilnehmerInnen solche Situationen?
• War es im Rollenspiel möglich, andere Positionen einzunehmen
  als im Alltag?
• etc.
• Filmkritik.

Die TeilnehmerInnen erhalten den Auftrag, für eine Zeitung eine Filmkritik
zu schreiben, nachdem sie den Film bei einem Festival gesehen haben.
Die Kritik könnte folgende Elemente enthalten:
• Kurze Darstellung des Inhalts
• Beschreibung der filmischen Stilmittel
• Wie wird in dem Film auf das Geschlecht Bezug genommen?
• Wen spricht der Film an?
• Gesellschaftliche Relevanz
• Persönliche Meinung
• etc.

                                                                               17
Me-LOG
Eni Brandner, AT 2018, 6’52

         ZIELGRUPPE
         Erwachsenenbildung,
         Jugendliche ab 16 Jahren

         LERNZIELE
         Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Erwartungshaltungen;
         Strategien, um auf Alltagssexismus zu reagieren

18
INHALT
               Eine streng gekleidete Frau (gespielt von Isabella Jeschke) spricht
               direkt in die Kamera über Selbst- und Fremdbild, während sich ihr
               eigenes Erscheinungsbild beständig verändert. So bekommt sie
               riesenhafte Augen, als sie thematisiert, dass sie als Frau immer hübsch
               sein müsse, oder erhält einen Instagram-Filter aus roten Lippen und
               blauem Lidstrich, als sie darüber spricht, wie wichtig ein gepflegtes
               Äußeres ist. Die Veränderungen sind manchmal subtil, dann augen-
               scheinlich – am offensichtlichsten werden sie durch die »Verwandlun-
               gen« in großbrüstige Avatare oder Donald Trump. Indem Eni Brandner
               aktuelle Technologien wie Motion Capture, Gesichtserkennung und
               künstliche Intelligenz nutzt und damit die Hauptfigur verändert,
               verunstaltet und schließlich sogar in einzelne Pixel zerlegt verschwinden
               lässt, spiegelt die Protagonistin einerseits, wie sich Menschen beispiels-
               weise mit Smartphone-Apps beständig inszenieren und optimieren.
               Andererseits artikuliert sie die gesellschaftlichen Erwartungshaltun-
               gen, mit denen Frauen in Bezug auf Schönheits- und Verhaltensnormen
               tagtäglich konfrontiert werden. In dem Fall spricht sie nicht mehr aus
               der Ich-Perspektive, sondern wechselt zum »Du«: »Du musst ... du
               sollst ... Schlampe.« Diese Mischung aus persönlicher technischer
               Selbstinszenierung und gesellschaftlicher Normierung berücksichtigt
               Brandner auch im Titel ihres Films Me-Log, den man/frau als Logbuch
               oder Logdatei fragmentarischer Einträge und Prozesse verstehen
               kann – oder als das widersprüchliche Tagebuch einer Frau, die versucht,
               sich selbst in der heutigen Zeit zu verorten.

Filmstills aus: »Me-LOG«

                                                                                            19
WÄHREND DES ANSCHAUENS

     Die TeilnehmerInnen werden gebeten, beim ersten oder zweiten
     Anschauen des Kurzfilms jeweils drei Aussagen zu notieren, die ihnen
     bekannt vorkommen. In Kleingruppen wird besprochen, warum die
     TeilnehmerInnen die jeweiligen drei Statements gewählt haben.
     Welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten gibt es?
     In einer zweiten Runde ergänzen die TeilnehmerInnen Aussagen, mit
     denen sie selbst tatsächlich konfrontiert waren. Dafür wird jede Aussage
     auf ein eigenes Post-it geschrieben. Nun können Plakate gestaltet, für
     die einzelne Aussagen zu bestimmten Themenblöcken zusammengefasst
     werden. Den Abschluss bilden eine gemeinsame Präsentation und
     Diskussion.
     Tipp für die Arbeit mit gemischten Gruppen: Mädchen und Burschen
     können sich in getrennten Gruppen entweder mit stereotypen
     Vorstellungen zu Weiblichkeit oder Männlichkeit beschäftigen.

     Dauer: 45 Minuten

     NACH DEM ANSCHAUEN

     Online-Dating
     Ein Mann, den du auf einer Online-Dating-Plattform kennengelernt hast,
     schreibt dir eine Nachricht mit sexistischen Anmerkungen und Fragen.
     Verfasse gemeinsam mit deiner/deinem PartnerIn eine Antwort.

     • Online-Match (A): Attraktiver Mann, sehr gebildet, spricht mehrere
       Sprachen, postet Fotos von seiner Weltreise – du freust dich, dass ihr ein
       Match habt, weil du sein Profil außergewöhnlich und interessant findest.

       Er schreibt Folgendes:
       Hey, Süße, normalerweise warte ich, bis die Frauen als Erste schreiben,
       aber bei dir mache ich gerne eine Ausnahme. Ich finde dich nämlich
       wahnsinnig scharf, vor allem mit diesem roten Lippenstift. Will mir gar
       nicht ausmalen, was du mit deinen Lippen alles machen kannst … oder
       vielleicht doch W Hast du Lust auf Sex?

     • Online-Match (B): Ein gutaussehender Mann, scheint viele
       Verehrerinnen zu haben und ein richtiger Party-Tiger zu sein, auf keinem
       seiner Profilfotos trägt er ein T-Shirt, immer hat er mindestens zwei

20
Frauen im Arm. Der einzige Grund, warum du sein Profil gelikt hast, war,
  dass er auf seinem Profil einen deiner Lieblingsdichter zitiert hat. Aber
  abgesehen davon findest du sein Profil ganz und gar nicht ansprechend.

  Er schickt dir folgende Nachricht:
  Hallo, Sabine! Vielen Dank, dass du mein Profil gelikt hast. Als ich dein
  Profil gesehen habe, wusste ich sofort, dass ich dich wahnsinnig gerne
  näher kennenlernen würde. Auf einem deiner Bilder trägst du ein T-Shirt
  von Amnesty International. Ich habe fünf Jahre lang ehrenamtlich dort
  gearbeitet. Ich habe das Gefühl, wir könnten sehr viel gemeinsam haben.
  Hättest du Lust, dich auf einen Kaffee zu treffen?

• Online-Match (C): Du hattest vor einer Woche ein Match mit einem
  Mann, der dir sehr gut gefällt. Er ist charmant, höflich, hat viele
  Interessen und scheint sich vor allem wirklich für dich zu interessieren.
  Du genießt es, mit ihm zu schreiben, es wird nie langweilig, und ihr habt
  immer viel zu lachen. Er fängt an, dir Komplimente zu machen und mit dir
  zu flirten, und ihr habt endlich ein Date für die folgende Woche
  vereinbart. Du freust dich schon sehr, ihn persönlich zu treffen. Doch
  plötzlich (noch vor dem Date) schickt er dir unaufgefordert ein Nacktfoto
  von sich. Du wunderst dich sehr über sein Verhalten, da du das nicht von
  ihm erwartet hättest. Du fandest seine Aktion nicht Ordnung und
  möchtest ihm das mitteilen. Wie reagierst du?

Alternative/Erweiterung
Du antwortest ihm, möchtest ihm aber lieber persönlich sagen, was du
denkst, und bietest ihm ein Date an (Rollenspiel)

Material: zwei Stühle, ein Tisch (Café-/Bar-Szenario)
Dauer: 15 Minuten

ÜBUNG: Recherchetätigkeit
Die TeilnehmerInnen werden gebeten, in Kleingruppen geläufige weibliche
und männliche Schönheitsideale aus verschiedenen historischen/regiona-
len Kontexten zu recherchieren und präsentieren. Im Plenum findet eine
Abschlussdiskussion statt.

Material: Plakate, Stifte
Dauer: 60 Minuten

                                                                          21
Zu zahm!
Rebecca Blöcher, DE 2017, 6’41, ohne Dialog

         ZIELGRUPPE
         Erwachsenenbildung,
         Jugendliche ab 13 Jahren

         LERNZIELE
         Sensibilisierung für das Thema geschlechtsspezifische
         Diskriminierung; Bewusstmachung und Abbau von Stereotypen

22
INHALT
Sieben ProtagonistInnen sind in ihren Klischees und immer gleichen
Abläufen gefangen: Ein Mann im Muskelshirt, der den Bizeps anspannt;
eine introvertierte Frau, die Nägel kaut; eine schicke Frau im Kostüm,
die konzentriert auf ihr Handy schaut; ein älterer Mann, der nervös
auf- und abgeht; eine überdrehte Frau, die erst tanzt und dann sichtlich
ausflippt; eine alte Frau, in einem Schaukelstuhl, und ein Mann mit
Bierbauch vor dem Fernseher, der ein Bier nach dem nächsten leert.
Sie alle erscheinen erst separat, in Einzelbildern, doch die Kamera
wechselt in die Totale, und plötzlich sehen wir alle auf einmal in ihren
jeweiligen Handlungen – ganz so, als wären sie die Bilder und Symbole
auf den Walzen eines einarmigen Banditen. Und als würde jemand den
Banditen betätigen, ändern sich regelmäßig die Walzen, sodass sich die
ProtagonistInnen in den Handlungsabläufen der anderen wiederfinden:
Der Mann im Muskelshirt beißt Nägel, die alte Frau tanzt und flippt
dann aus und so weiter. Rebecca Blöchers Film spielt mit dem Konzept
der Individualität und Originalität, die wir alle für uns in Anspruch
nehmen – und entlarvt sie als Produkt des Zufalls und Kontexts.
Das unterstreicht sie, indem sie den Spielautomaten mit dem Schriftzug
»The Equalizer« versieht (zu Deutsch: »Der Gleichmacher«), der
Menschen und Lebensentwürfe durcheinanderwürfelt. Mit dem Film
Zu zahm! inszeniert Blöcher aber nicht nur das Leben als Glücksspiel,
sondern verwirft auch einen deterministischen Identitätsbegriff: Ihre
Charaktere verharren nicht in ihren »naturgegebenen« Individualitäten,
sondern eignen sich verschiedene Geschlechterrollen und Stile an und
zeigen so, dass es möglich ist, sich die jeweilige Identität spielerisch zu
erschließen. Der Joker oder das Gewinnerblatt ist dennoch der Mann
im Muskelshirt, dessen zur Schau gestelltes Muskelprotzen am Ende
alle Charaktere gleichzeitig imitieren. Sie drücken und pumpen, bis die
Muskeln ins Unermessliche wachsen und schließlich sogar platzen,
sodass nur noch die zerfetzten Muskelshirts in den Walzen hängen.
Das Konzept der männlichen Stärke hat sich also gegen alle anderen
Daseinsformen durchgesetzt, jedoch zum Preis der Selbstvernichtung.
Mit Zu zahm! gewann Rebecca Blöcher unter anderem den DEFA-
Förderpreis in der Kategorie »Animation – Nationaler Wettbewerb«
beim Filmfest Dresden.

                                                                              23
VOR DEM ANSCHAUEN

     Mindmap
     Die TeilnehmerInnen erhalten von Ihnen die Information, dass gleich der
     Film mit dem Titel »Zu zahm!« gezeigt wird, in dem es um Geschlechterrollen
     geht, und werden vorab eingeladen, Ideen zu sammeln, welches Thema der
     Film behandeln könnte. Auf einer Tafel/einem Whiteboard oder Plakat kann
     dazu ein Mindmap gestaltet werden.

     Voraktivierung: Typisch …!
     Die TeilnehmerInnen werden in zwei Gruppen geteilt. Eine Gruppe sammelt
     typisch weiblich assoziierte Eigenschaften/Erwartungshaltungen an Frauen,
     die andere typisch männlich assoziierte Eigenschaften/Erwartungshaltun-
     gen an Männer.

     Anschließend: Diskussion im Plenum oder in der Gruppe

     Material: Karteikarten oder Plakat
     Dauer: 30 Minuten

24
NACH DEM ANSCHAUEN

             Wechselnde Charaktere
             In die Mitte des Raumes werden vier Stühle gestellt. Auf jedem Stuhl nimmt
             in Anlehnung an den Film ein Charakter (z.B. Muskelprotz, Nägel kauende
             Frau, alte Frau, schicke Dame) Platz. Gemeinsam in der Gruppe werden
             Attribute für jeden Charakter definiert (z.B. Auf diesem Stuhl sitzt ein
             muskulöser Mann, der immer »Hey Baby« sagt; Auf diesem Stuhl sitzt eine
             Frau, die immer an den Nägeln kaut, etc.). Es werden auch Körperhaltun-
             gen der einzelnen Charaktere definiert. Nun nehmen vier freiwillige
             TeilnehmerInnen auf den Stühlen Platz und beginnen ein Gespräch zu
             einem vorgegebenen Thema (dafür können vorab Themen gesammelt,
             jeweils auf ein Stück Papier geschrieben und aus einem Sack/Hut gezogen
             werden). Nach einiger Zeit (z.B. drei Minuten) klatscht die anleitende
             Person, worauf alle vier Personen nach rechts rutschen und in die nächste
             Rolle schlüpfen. Nun wird dasselbe Gespräch so lange weitergeführt, bis
             die anleitende Person erneut klatscht (die Intervalle können im Spielverlauf
             ggf. verkürzt werden).

             Material: vier Stühle
             Dauer: 20 Minuten

             ÜBUNG: Drei Knöpfe
             Allen TeilnehmerInnen werden drei Knöpfe (alternativ: Murmeln, Steine
             etc.) ausgeteilt. In Gruppen von zwei bis vier TeilnehmerInnen erhalten
             sie die Aufgabe, anhand von jedem der Knöpfe ein Erlebnis zu teilen, bei
             dem ihr Geschlecht eine Rolle gespielt hat.

Filmstills aus: »Zu zahm!«

                                                                                        25
Les Culottées
BRAZEN: Hedy Lamarr
Phuong Mai Nguyen & Charlotte Cambon
de Lavalette, FR 2020, 3’30

        ZIELGRUPPE
        Erwachsenenbildung, Jugendliche ab 16 Jahren,
        TeilnehmerInnen von Englischkursen

        LERNZIELE
        Errungenschaften von Frauen in Technik und Naturwissenschaften,
        Bewusstmachung und Abbau von geschlechtsspezifischen Stereotypen

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INHALT
  Hedy Lamarr ist eine von 30 Folgen der französischen TV-Serie Brazen.
  Brazen porträtiert 30 einzigartige berühmte oder in Vergessenheit
  geratene Frauen, die auf ihre Art die Welt verändert haben. Die Serie
  basiert auf den Bestseller-Comics Culottées von Pénélope Bagieu, die in
  elf Sprachen übersetzt und mit dem Will Eisner Comic Industry Award
  ausgezeichnet wurden, dem Oscar-Äquivalent der Comicbranche. Im
  Film Hedy Lamarr dreht sich alles um den gleichnamigen aus Österreich
  stammenden Hollywoodstar, deren wissenschaftliche Erfindungen
  oft im Schatten ihrer legendären Schönheit standen. Der Film zeigt
  das Problem ganz plastisch: Als Hedy Lamarr die Funktionsweise eines
  Riesenrads bewundert, bekommt sie beispielsweise ungefragt eine
  Eintrittskarte geschenkt; als sie die Raffinesse einer Filmkamera
  erkundet, wird sie gleich vor selbige gezogen. Diese Reduktion auf ihr
  Äußeres führte dazu, dass sich heute noch viele Menschen vor allem an
  ihr Gesicht in Filmen wie »Algiers« und »Samson und Delilah« erinnern.
  Tatsächlich erfand sie gemeinsam mit George Antheil das Frequenz-
  sprungverfahren für die drahtlose Datenübertragung, das ursprünglich
  zu militärischen Zwecken gegen die Nationalsozialisten im Zweiten
  Weltkrieg eingesetzt werden sollte und heute als Technik bei WLAN und
  Bluetooth verwendet wird, wie die Folge von Brazen zeigt.
  Die Regisseurinnen von Hedy Lamarr haben sich analog zu den Comics
  für einen vignettenhaften Stil entschieden, der Hedy Lamarrs Leben
  und Errungenschaften in Schnappschüssen anekdotenhaft abbildet.
  Die reduzierte 2-D-Animation erinnert unter anderem an humorvolle
  Erklärvideos, die Informationen auf kurzweilige Art und Weise
  vermitteln.

Filmstill aus: »Les culottées – BRAZEN: Hedy Lamarr«

                                                                        27
VOR DEM ANSCHAUEN

     Wissensquiz zum Einstieg: Frauen und Technik/Erfindungen
     Als Einstieg in das Thema wird ein Wissensquiz rund um Frauen und
     Technik/Erfindungen veranstaltet. Dafür wird eine Reihe von Fragen mit
     jeweils drei bis vier Antwortmöglichkeiten (Multiple Choice) vorbereitet.
     Je nach Unterrichtssetting gibt es verschiedene Möglichkeiten, das Quiz zu
     gestalten. Eine Möglichkeit besteht darin, die Fragen und Antwortmöglich-
     keit vorzulesen, worauf alle TeilnehmerInnen gebeten werden, sich – à la
     ZDF-Spielshow »1, 2 oder 3« – entsprechend ihrer Antwortentscheidung
     aufzustellen. Alternativ können sich die TeilnehmerInnen in mehrere
     Kleingruppen aufteilen und sich mittels Fahrradglocke, Trillerpfeife etc.
     bemerkbar machen, sobald sie eine Frage beantworten wollen.

     Material: Im Raum werden Schilder mit den Ziffern 1, 2 und 3 (alternativ:
     Fahrradglocken, Trillerpfeifen etc.) vorbereitet und eventuell ein Platz mit
     einem Seil eingezäunt.
     Dauer: zehn bis 15 Minuten

     Die Auswahl der Quizfragen sollte idealerweise auf die jeweilige Gruppe
     ausgerichtet werden und eventuell Vorwissen aktivieren.
     Im Anhang finden Sie Quizfragen:

     1. Wofür wurde Baronin Ada Lovelace (1815–1852) berühmt?
      als erste Programmiererin (richtige Antwort)
      als Suffragette (Verfechterin des Wahlrechts für Frauen)
      für ihren Kampf für die allgemeine Schulpflicht in England

     2. Welche Nobelpreise erhielt die berühmte Wissenschafterin
     Marie Curie nicht?
      Nobelpreis für Chemie
      Nobelpreis für Literatur (richtige Antwort)
      Nobelpreis für Physik

     3. Welche Rolle spielte eine Frau bei der Apollo-11-Mission zum Mond?
      als erste Frau, die als Astronautin den Mond betrat
      Flugsoftware (Margarete Hamilton) (richtige Antwort)
      als psychologische Beraterin

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4. Auf wen geht der Tag der ErfinderInnen in Österreich und
             Deutschland zurück?
              Albert Einstein
              Hedy Lamarr (richtige Antwort)
              Christian Doppler

             NACH DEM ANSCHAUEN

             Rechercheaufgabe: Jede/jeder TeilnehmerIn recherchiert und verfasst
             einen Steckbrief (in Form eines Plakates, mit Foto) über eine Frau, die in
             einem meist männerdominierten Berufsfeld Großartiges geleistet hat
             (z.B. NobelpreisträgerInnen, ErfinderInnen etc.). Die Steckbriefe werden
             im Plenum präsentiert und anschließend im Raum aufgehängt.

             Material: Plakate, Internet (evtl. Drucker für das Foto)
             Dauer: 45 Minuten

Filmstill aus: »Les culottées – BRAZEN: Hedy Lamarr«

                                                                                          29
Sinna Mann – Angry Man
Anita Killi, Trollfilm AS, NO 2009, 20’
basierend auf dem Buch Sinna Mann
von Gro Dahle und Svein Nyhus

          ZIELGRUPPE
          Jugendliche und junge Erwachsene ab 12 Jahren, Workshops
          zum Thema Gewaltprävention, Rechte von Kindern

          LERNZIELE
          Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Gewaltformen (u.a. häuslicher
          Gewalt), Diskussion von TäterInnen- und Opferrollen, Analyse von Gewalt-
          darstellungen in Medien und Filmen

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INHALT
  Einmal ein großer, glücklicher, sanfter Papa werden – diesen innigen
  Kinderwunsch hat der kleine Boj, der in Sinna Mann den eigenen Vater
  ganz und gar nicht sanft erlebt. Regelmäßig wird der Vater gewalttätig,
  zerlegt die Wohnung und schlägt Bojs Mutter, die ihn zu schützen
  versucht. Als Boj nicht mehr weiterweiß, beschließt er, nicht mehr
  länger über die Situation zu Hause zu schweigen – und schreibt einen
  Brief an den norwegischen König.
  Der Film Sinna Mann greift die Komplexität des Themas häusliche
  Gewalt auf, indem gezeigt wird, wie gern sich alle Charaktere trotz der
  väterlichen Wutausbrüche haben, und wie schwer es sowohl für den
  Sohn als auch für die Mutter ist zu erkennen, dass man mit Liebe und
  Zuneigung allein keinen Menschen ändern kann. Um diese emotionale
  Komplexität abzubilden, nutzt die Regisseurin Anita Killi das aufwen-
  dige analoge Animationsverfahren des Multiplanverfahrens mit
  Legetrick und handgezeichneter Animation, das unglaublich viel Detail
  und Räumlichkeit erzeugt. Anita Killi arbeitet außerdem mit Elementen,
  die Sinna Man auch jungen ZuschauerInnen zugänglich machen, zum
  Beispiel mit einem kuscheltierartigen Hund, der den Brief zum König
  bringt, oder kleinen Vögeln, die »Vertrau dich jemandem an« zwit-
  schern. Auch der König, der den Vater schließlich zu sich holt, damit er
  den wütenden Mann in sich zu besänftigen lernt, lässt den Film
  märchenhaft und kindgerecht erscheinen.
  Sinna Mann gewann weltweit diverse Preise bei wichtigen Animations-
  filmfestivals und ist eine Adaption des gleichnamigen norwegischen
  Bilderbuchs aus dem Jahr 2003, das von Gro Dahle geschrieben und
  von Svein Nyhus illustriert wurde. Das Buch wurde von einer Stiftung in
  Auftrag gegeben, die sich gegen häusliche Gewalt einsetzt, und in
  zahlreiche Sprachen übersetzt. Auch der Animationsfilm Sinna Mann
  wird international in der Zusammenarbeit mit von häuslicher Gewalt
  betroffenen Frauen und Kindern eingesetzt. Es wird allerdings
  empfohlen, mit Kindern vor und nach der Präsentation intensiv über
  die im Film vorkommenden Gewaltszenen zu sprechen.

Filmstill aus: »Sinna Man – Angry Man«

                                                                             31
VOR DEM ANSCHAUEN

     Vorentlastung zum Einstieg
     Die TeilnehmerInnen erfahren, dass sie gleich einen Film sehen werden,
     der Sinna Mann/Angry Man heißt. Sie zeigen ihnen den Screenshot
     (Abb. 2, S. 30). Die TeilnehmerInnen raten, worum es in dem Film gehen
     könnte. Welche Stimmung vermittelt das Bild?

     Dauer: zehn Minuten

     WÄHREND DES ANSCHAUENS

     Und stopp!
     Stoppen Sie den Film bei Minute 13’12, nachdem Boj den Brief abgeschickt
     hat, und bitten Sie die TeilnehmerInnen, in Kleingruppen eine Fortsetzung
     zu überlegen, die sie entweder für realistisch oder für wünschenswert
     halten. Gleich darauf werden die unterschiedlichen Ausgänge der
     Geschichte präsentiert.

     Dauer: 20–30 Minuten (je nach Gruppengröße)

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NACH DEM ANSCHAUEN

Filmanalyse

Nach dem Anschauen werden die TeilnehmerInnen für eine Analyse in
mehrere Kleingruppen aufgeteilt, die jeweils eine Fragengruppe bearbei-
ten. Um diese Fragegruppen aufzuteilen, kann z.B. im Raum eine Schnur
(Wäscheleine etc.) aufgehängt oder können Karten mit den jeweiligen
Themenblöcken mithilfe von Wäscheklammern befestigt werden. Nun
können die TeilnehmerInnen in Zweier- oder Dreiergruppen die Themen
und dazugehörigen Fragen gemeinsam ansehen und auswählen. Wenn
aufgrund der TeilnehmerInnenzahl ein Fragenblock von mehreren Gruppen
bearbeitet werden soll, wird eine entsprechende Anzahl von Karten
aufgehängt.

Frageblöcke beinhalten:
• Darstellung von Gewalt: Welche Gewaltformen werden gezeigt
  (physische, psychische, häusliche, in der öffentlichen Sphäre statt-
  findende, beabsichtigte, strukturelle Gewalt), welches Ausmaß nimmt
  die Gewalteinwirkung an? etc.

• Hintergründe der Gewalt: Welche Beweggründe haben die TäterInnen
  für die von ihnen ausgeübte Gewalt; wie wird diese von ihnen/gesell-
  schaftlich legitimiert? Welche ideologischen, sexuellen, religiösen
  Motive gibt es? etc.

• Realitätsnähe: Wird die Gewalt »realitätsnah« oder fiktional präsentiert?
  Wie wird dieser Versuch umgesetzt bzw. durch welche Effekte wird das
  Ziel erreicht?

• Auswirkungen: Gegen wen richtet sich die Gewalt? Welche Folgen bringt
  die Gewalt im Leben der ProtagonistInnen mit sich; was löst sie bei den
  ZuschauerInnen aus? Mit welchen Stilmitteln werden die Folgen der
  Gewalt filmisch repräsentiert?

• Opfer/TäterInnen: Wie werden die TäterInnen dargestellt (ausschließlich
  negativ, positiv, teils/teils)? Wie werden Opfer gezeigt (ausschließlich
  hilflos, oder haben sie auch Handlungsmacht)? Erleben sie eine Entwick-
  lung im Lauf der Geschichte, die der Film erzählt? Worin besteht diese?

                                                                          33
• Sanktionen: Auf welche Art und Weise werden die Taten und die
       TäterInnen beurteilt oder verurteilt? Falls es Sanktionen gibt, von wem
       gehen diese aus (rechtliche, persönliche Vergeltungsmaßnehmen)?
       Welchem Zweck dienen diese?

     • Geschlechterkonstruktionen: Welche Rollen nehmen Männer bzw. Frauen
       ein? Wie verhält sich die Aufteilung von Opfer/TäterInnen hinsichtlich
       ihres Geschlechts?

     • Botschaft des Films: Welche Message will der Film hinsichtlich der
       Darstellung von Gewalt vermitteln? Ist es Kritik, Legitimierung oder
       gar Verherrlichung? Ist die Botschaft eindeutig oder mehrdeutig?
       In welcher Hinsicht?

     Quelle: Medien_und_Gewalt.pdf (saferinternet.at, S. 54)

     Im Anschluss
     Diskussion im Plenum, auch Aufnahme der Emotionen, die der Film
     bei den TeilnehmerInnen ausgelöst haben

     Material: Karten, Wolle oder dicker Zwirn, Wäscheklammern
     Dauer: 40 Minuten

34
Filmstill aus: »Sinna Man – Angry Man«

             Brief schreiben
             Die TeilnehmerInnen schreiben in Kleingruppen einen Brief aus der
             Perspektive der Mutter (sucht euch eine/einen Adressatin/Adressaten aus,
             zum Beispiel an die beste Freundin), in dem sie ihre Gefühle beschreibt.
             Dann werden die Briefe untereinander getauscht. Nun werden Antwort-
             briefe mit Handlungsmöglichkeiten (eventuell Recherchetätigkeit zum
             Thema Gewaltschutzeinrichtungen) verfasst, schreibt der Mutter, was sie
             tun kann, auch wenn sie sich noch nicht traut, zur Polizei zu gehen.

             Material: Papier & Stifte
             Dauer: 40 Minuten

                                                                                   35
Butoyi
Camera-etc collectif, BE 2013, 10’03

         ZIELGRUPPE
         Jugendliche ab 14 Jahren und junge Erwachsene,
         TeilnehmerInnen von Englischkursen

         LERNZIELE
         Sensibilisierung für das Thema Chancengleichheit/Teilhabe von
         Frauen im Bildungssystem, Auseinandersetzung mit sexualisierter
         Gewalt, familiärer Umgang mit dem Thema

36
INHALT
Butoyi wurde mit einfachsten Mitteln, nämlich mit zweidimensionalen
Papierfiguren und vor Ort vorgefundenen Materialien, als Stop-
Motion-Film gedreht und erzählt anhand der Geschichte von Butoyi,
wie unterschiedlich Mädchen und Buben in Burundi aufwachsen:
Während Butoyis Brüder allesamt zur Schule gehen, muss Butoyi –
obwohl sie die Klügste in der Klasse ist – daheim bleiben und der
Mutter bei der Hausarbeit helfen. Als sie einmal Wasser holt, wird sie
vergewaltigt und glaubt, dass sie nun wie viele andere Mädchen
verstoßen wird oder den Vergewaltiger ehelichen muss. Doch das ist
nicht der Fall: Butoyis Familie geht zur Polizei, der Vergewaltiger kommt
ins Gefängnis, und Butoyi lässt die aus der Vergewaltigung entstande-
nen Kinder, einen Buben und ein Mädchen, gleichermaßen in die Schule
gehen. Butoyi wurde von zwölf Mädchen aus Burundi im Rahmen des
Projekts »Tam.Tam.Mobile« erarbeitet, das jungen Menschen Gelegen-
heit bietet, sich zu wichtigen Themen zu äußern.
Das handwerkliche Knowhow für die Umsetzung des Films vermittelte
das Kollektiv Camera-etc, das international Workshops organisiert, die
den TeilnehmerInnen neue Ausdrucksmittel bieten, um sich künstle-
risch zu entfalten und eigene Geschichten zu erzählen.
Für den Film Butoyi griffen die jungen Mädchen die Themen Bildung für
Frauen und Mädchen sowie sexuelle Gewalt auf, weil diese ganz konkret
ihre eigene Lebenswelt berührten. Um die teilweise sehr schwer
erträglichen Szenen etwas abzumildern, entschieden sich die Regis-
seurinnen gegen menschliche Charaktere: So ist Butoyis Familie eine
Schafsfamilie, und der Vergewaltiger erscheint als Löwe. Dass der
Hauptfigur Butoyi Gerechtigkeit widerfährt und sie in der Folge ihre
Kinder gleichberechtigt erzieht, vermittelt den Optimismus, den die
zwölf Filmemacherinnen spürten: Dass Veränderung möglich ist,
vielleicht mithilfe der Kunst. Das entspricht auch der Ausrichtung des
Projekts »Tam.Tam.Mobile«, das darauf zielt, gemeinsam entwickelte
Handlungsoptionen bestenfalls noch lange nach dem Filmprojekt
nachwirken zu lassen.

                                                                            37
VOR DEM ANSCHAUEN

     ÜBUNG: Aktivierung von Vorwissen: Quiz zum Thema Geschlecht im
     Bildungswesen
     Zum Einstieg in das Thema bereiten Sie ein Quiz zum Thema Geschlechter-
     diskriminierung im Bildungswesen vor (siehe S. 28, Hedy Lamarr).
     Mögliche Fragen beinhalten: Wann wurde in Österreich die Schulpflicht
     eingeführt? Seit wann dürfen Frauen (in Österreich) die Universität
     besuchen? Angabe von Prozentsätzen weiblicher und männlicher
     Absolventen von bestimmten Schulabschlüssen, Beteiligung von Frauen
     in naturwissenschaftlichen Studien etc.

     WÄHREND DES ANSCHAUENS

     Wie geht es weiter?
     Während der ersten Vorführung wird der Film nach dem sexuellen
     Übergriff bei Minute 05’19 gestoppt.

     In Kleingruppen oder Paararbeit werden Vermutungen zum
     weiteren Handlungsablauf aufgestellt.
     • Erzählt Butoyi jemandem, was passiert ist? (wenn ja, wem?)
     • Wie reagiert Butoyis Familie?
     • Was passiert nun mit Butoyi?
     • Was passiert mit dem Löwen?

     Filmstill aus: »Butoyi«

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