IM DRITTEN debüt AB 14. NOVEMBER - Presseportal

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IM DRITTEN debüt AB 14. NOVEMBER - Presseportal
debüt
    IM DRITTEN
                   AB 14. NOVEMBER

                             Ab 14.11. in der   Mediathek.

                                                          SWRFernsehen.de

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DEBÜT IM DRITTEN 2020
IM JAHR DER PANDEMIE

In dem Jahr der Lockdowns, Sperrstunden und Reisewarnungen, in dem schwie-
rigen Jahr, in dem die Redaktion Debüt im Dritten aufgrund der Pandemie nur
einen von sechs geplanten Nachwuchsfilmen koproduzieren konnte, in dem Jahr,
in dem sich der Blick der Menschen zwangsläufig eher nach innen als nach außen
richtet, präsentieren wir eine Staffel von Beziehungsdramen. Allerdings solche,
die nicht im Privaten steckenbleiben, sondern ihr jeweiliges gesellschaftliches
Umfeld und seine Auswirkungen stark im Blick behalten.

Eröffnet wird die Staffel am 14.11. um 20:15 Uhr mit dem historischen Bezie-
hungsdrama »A Gschicht über d’Lieb« von Peter Evers. Ein wuchtiges, großartig
ausgeführtes Panorama eines Dorfes, in dem eine Liebe wächst, die es nicht geben
darf: die, zwischen Bruder und Schwester. Im Jahr 1953 positioniert, ist es nicht
nur die Geschichte der Geschwisterliebe der Bauernkinder Gregor und Maria, die
hier im Vordergrund steht, sondern auch die Frage, wie in einem schwäbischen
Dorf der Nachkriegszeit damit umgegangen wird. Wie in der dörflichen Gemein-
schaft angesichts des Modernisierungsschubs in der Außenwelt umso heftiger an
den archaischen Haltungen festgehalten wird. Ausgesprochen plastisch, im Dia-
lekt inszeniert und in atmosphärischen Bildern von Pascal Schmitt gefilmt.

Im Anschluss folgt am gleichen Tag um 21:50 Uhr ein Drama der leiseren Töne:
»Der Weg nach Padulim« von Annette Friedmann. Die Beziehungskrise zwischen
Lisa und ihrem tschechischen Partner Jiri, nutzt Lisas Vater um den verhassten
Schwiegersohn aus der Familie zu treiben. Im Kampf um das Sorgerecht für den
Sohn Victor sieht Jiri sich schließlich gezwungen, mit dem Kind die Flucht nach
Tschechien zu wagen. Annette Friedmann hat mit dem idyllischen Landhaus der
Familie den idealen Schauplatz geschaffen, der die Verlustängste der Figuren sym-
bolisiert. Denn Padulim liegt nicht, wie Jiri Victor einzureden versucht, an einem
fernen, paradiesischen Ort hinter den Bergen, sondern ist der Sehnsuchtsort, den
sich Lisa und Jiri gemeinsam zu schaffen versuchten.

Am 18.11. um 23.00 Uhr erzählt der Film »Raus« von Philipp Hirsch in beeindru-
ckend variantenreicher Bildsprache von der Suche von fünf jugendlichen Aus-
steigern nach einem sozialen Neuanfang. Sie folgen dem Aufruf eines ominösen
Friedrich im Internet, der ihnen ein besseres Leben verspricht, sie trennen sich von
ihrer Vergangenheit, von ihren Handys. Doch während ihrer Wanderung, die einer
Schnitzeljagd durch die Natur und ins Gebirge gleicht, wird der Weg zum Ziel, und
die Frage, wie sie ihre Beziehungen untereinander gestalten wollen, wird wichti-
ger als die Suche nach der neuen Führungsfigur.

Auch in »Schwimmen« von Luzie Loose steht eine komplizierte Beziehung im Zen-
trum des Films, eine machtbasierte Freundschaft zwischen zwei sehr unterschied-
lichen Mädchen. Die 15-jährige Elisa wird in der Schule gemobbt und gerät dann
in die emotionale Abhängigkeit von Anthea. Um sich nicht als Opfer zu fühlen,
spielen die Mädchen mit Videos, die sie anonym online stellen, ihre Macht über
ihre Klassenkamerad*innen aus – ein Spiel, das schließlich außer Kontrolle gerät.
Der Film knüpft an das Phänomen des Internet-Mobbings unter Jugendlichen an,
ist aber aus der Perspektive der Jugendlichen ohne jede Didaktik, feinfühlig und
mit viel Sinn für Atmosphäre und visuelle Symbolik erzählt. 25.11., 22:00 Uhr.

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DEBÜT IM DRITTEN 2020
IM JAHR DER PANDEMIE

Das Kurzfilmprogramm versammelt in diesem Jahr drei Werke an der Grenze zum
mittellangen Film: »Masel Tov Cocktail« von Regisseur und Autor Arkadij Khaet,
Koautorin Merle Teresa Kirchhoff und Koregisseur Mickey Paatsch ist ein rasan-
ter, komischer und kluger Trip durch junges, jüdisches Leben in Deutschland, aus
der Perspektive von Dima, der cool entschlossen ist, sich nicht unterkriegen zu
lassen. »Käfigtiger« von Sarah Neumann spielt im Berliner Wedding, wo auf Da-
ves Weg zur, Fußball Karriere die dunkle Haut nur eines der Probleme ist. Und
zum Abschluss erzählt »Fünf nach zwölf« von Tarek Roehlinger von den zwiespäl-
tigen Gefühlen eines Sohns gegenüber seinem Vater, der ihn als Loser ablehnt.
Kurzfilme, 25.11. ab 23.35 Uhr

In Beziehungs- Abgründe führt uns am 02.12. um 23:00 Uhr die Tragödie »Kopf-
platzen« von Savaş Ceviz. Markus, ein attraktiver junger Architekt, liebt weder
Frauen noch Männer, sondern kleine Jungen. Er unterdrückt diese Neigung und
verachtet sich selbst dafür. Als die alleinerziehende Jessica mit ihrem achtjähri-
gen Sohn Arthur zu ihm ins Haus zieht, und eine Beziehung mit Markus beginnt,
scheint sich sein Traum zu erfüllen, immer in der Nähe eines Jungen zu leben.
Doch sein Verlangen wird immer stärker, während er dagegen ankämpft. Der pä-
dophile Protagonist ist so sympathisch und durchschnittlich gezeichnet, dass er
für die Zuschauer zur Identifikationsfigur werden kann. Es gelingt das gewagte
Experiment, den Zuschauer einzuladen, Markus‘ Sichtweise einzunehmen und da-
durch nachdenklich zu stimmen.

Das Roadmovie »Messi und Maud«, eine Kino- Koproduktion des Saarländischen
Rundfunks, spielt in Chile, wo die in Berlin lebende Niederländerin Marleen
Jonkman mit kleinem Team die Geschichte einer befreienden Reise erzählt. Ihre
Hauptfigur Maud muss akzeptieren, dass sie keine Kinder bekommen kann, und
während ihr das im Urlaub mit ihrem Freund Frank nicht gelingt, ermöglichen ihr
die intensive Begegnung mit der chilenischen Landschaft und die Freundschaft
mit dem Jungen Messi, mit dem Schmerz über ihre Unfruchtbarkeit umzugehen.
Messi und Maud, 09.12., 23:30 Uhr

Zum ersten Mal wird in diesem Jahr eine Staffel von Debüt im Dritten von einem
reinen Webprojekt begleitet. Ab dem 31.Oktober ist »Jessy.zip« in der ARD Media-
thek zu sehen. In neun kurzen Serienfolgen erzählen Autor Jan Krebs und Ko-Autor
und Regisseur Jonathan Behr nach einer Idee von Karl Heidelbach von dem Ge-
schehen rund um die Youtuberin Jessy. Sie lassen ihre Geschichte komplett in der
YouTube- Welt und der entsprechenden Ästhetik spielen: in Videoformaten wie
Vlogs, Streams und Video- Chats. Gemäß dem Slogan »Broadcast Yourself« bietet
YouTube jedem Menschen die Möglichkeit, sich einer breiten Öffentlichkeit zu prä-
sentieren. Mit dieser Selbstdarstellung begeben sich YouTuber aber auch in Ge-
fahr, ungewollt Kritiker ihrer Selbstdarstellung anzuziehen, die sich als anonyme
Masse der Hater über die lustig machen, gegen sie hetzen oder sie bedrohen. Einer
solchen Bedrohung sieht sich in unserer Webserie nicht nur Jessy ausgesetzt, son-
dern auch jeder, der ihr helfen will und sich auf die Suche nach ihr macht.

Stefanie Groß

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INHALT

                   2    DEBÜT IM DRITTEN 2020
                        IM JAHR DER PANDEMIE

                   5    SENDETERMINE IM
                        SWR FERNSEHEN

                   8    ONLINE ONLY IN DER
                        ARD MEDIATHEK
                        WEBPROJEKT: JESSY.ZIP

                        LANGFILME
                   13   A GSCHICHT ÜBER D’LIEB

                   21   DER WEG NACH PADULIM

                   28   RAUS

                   35   SCHWIMMEN

                   41   KOPFPLATZEN

                   47   MESSIE UND MAUD

                   55   KURZFILME
                   55   MASEL TOV COCKTAIL
                   56   KÄFIGTIGER
                   57   FÜNF NACH ZWÖLF

                   58   IMPRESSUM

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SENDETERMINE SWR FERNSEHEN
LANGFILME

               AB SO 31.10. ONLY IN DER ARD MEDIATHEK
               JESSY.ZIP
               Idee / Konzeption: Karl Heidelbach und Jan Krebs

               SA 14.11., 20:15 UHR
               A GSCHICHT ÜBER D’LIEB
               Buch und Regie: Peter Evers

               SA 14.11., 21:50 UHR
               DER WEG NACH PADULIM
               Buch und Regie: Annette Friedmann

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IM DRITTEN debüt AB 14. NOVEMBER - Presseportal
SENDETERMINE SWR FERNSEHEN
LANGFILME

               MI 18.11., 23:00 UHR
               RAUS
               Regie: Philipp Hirsch / Buch: Thomas Böltken und Philipp Hirsch

               MI 25.11., 22:00 UHR
               SCHWIMMEN
               Buch und Regie Luzie Loose

               MI 02.12., 23:00 UHR
               KOPFPLATZEN
               Buch und Regie: Savaş Ceviz

DEBÜT IM DRITTEN                                                                 6
IM DRITTEN debüt AB 14. NOVEMBER - Presseportal
SENDETERMINE SWR FERNSEHEN
LANGFILME

               SA 09.12., 23:30 UHR
               MESSIE UND MAUD
               Regie: Marleen Jonkman / Buch: Daan Gielis

SENDETERMINE SWR FERNSEHEN
KURZFILME

                                                            MI 25.11., 23:35 UHR
                                                            MASEL TOV COCKTAIL
                                                            30 Minuten

                                                            MI 25.11., 00:05 UHR
                                                            KÄFIGTIGER
                                                            37 Minuten

                                                            MI 25.11., 00:40 UHR
                                                            FÜNF NACH ZWÖLF
                                                            26 Minuten

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JESSY.ZIP

DEBÜT IM DRITTEN   8
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debüt IM DRITTEN

Als Vorbote für die 2020-er Staffel von Debüt im Dritten startet schon am 31. Ok-      AB 31.10. IN DER
tober »Jessy.zip« in der ARD Mediathek. Das Diplomprojekt an der Filmakademie          ARD MEDIATHEK
Baden-Württemberg entstand fürs Netz und erzählt eine Geschichte aus dem Netz.
Neun kurze Serienfolgen fügen sich zu einem mittellangen Film, in dem ein Hacker
                                                                                       JESSY.ZIP
im Darknet Spuren einer verschollenen Youtuberin findet und beginnt, nach ihr zu
suchen. »Jessy.zip« spielt in der Youtubewelt und ist in der Ästhetik und mit den      IDEE UND KONZEPTION
Mitteln dieser Welt erzählt: In Video-Formaten wie Vlogs, Streams und Video-Chats      KARL HEIDELBACH
entfaltet sich eine spannend erzählte Geschichte über Cybermobbing, in der eine
junge Frau ihre Privatheit aufgibt, um Gemeinschaft im virtuellen Raum zu finden.
                                                                                       UND JAN KREBS
Hacker Zarb0x stößt im Darknet auf einen Ordner mit der Bezeichnung »JESSY.zip«.
Darin findet er mysteriöses Foto-, Audio- und Video-Material, auf dem eine verschol-
lene YouTuberin zu sehen ist. Wer ist die junge Frau, deren Fotos, Dateien und Vlogs
hier gesammelt wurden? Und warum finden sich zu ihr im frei zugänglichen Netz
keine weiteren Informationen? Wurde ihre Identität aus dem Internet gelöscht?
Um Jessys Geheimnis zu ergründen und Nutzer zu finden, die etwas über ihren
Verbleib wissen könnten, wendet sich der Hacker an die Youtube-Community.
Er postet die gefundenen Videos, in denen zu sehen ist, wie Jessy ohne ihr Wissen
durch ihre Laptop-Kamera ausspioniert wurde, wie sich der Kontakt zu ihrem Pub-
likum von einem freundlichen Dialog zu einer wütenden Anklage wendete und wie
ihre YouTube-Karriere einen düsteren Verlauf nahm. Doch je beharrlicher Zarb0x
versucht, das Rätsel um Jessys Verschwinden zu lösen, desto mehr gerät er selbst
in Gefahr..

Jessy Linda Rohrer

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Jessy Linda Rohrer

                               Jessy Linda Rohrer

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Jessy Linda Rohrer

          Zarb0x Christopher Bertram

                   Jessy Linda Rohrer

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STAB UND BESETZUNG

Jessy			             Linda Rohrer                  Jessy Linda Rohrer
Zarb0x			Christopher Bertram
Frau Schultheiß		    Monika Goll
Polizist Herr Müller Hassan Lazouane

Regie			              Jonathan B. Behr
Drehbuch und Co-Regie Jan Krebs
Kamera			             Maximilian Föll
Schnitt			            Sam Aron Handel und
			Andrea Grumbt
Producer		            Karl Heidelbach und
			Mina Smajic
Idee & Konzeption     Karl Heidelbach und
			Jan Krebs
Redaktion		           Jan Berning, Stefanie Groß

                                                   Eine Produktion der Filmakademie
                                                   Baden-Württemberg

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A GSCHICHT ÜBER D’LIEB

DEBÜT IM DRITTEN         13
debüt IM DRITTEN

Sankt Peter, ein kleines Dorf in Baden-Württemberg in den frühen 1950er Jahren.         SA 14.11., 20:15 UHR
Gregor und Maria sind Geschwister und die Kinder des Bacherbauern. Ihr Vater            A GSCHICHT ÜBER D’LIEB
geht davon aus, dass Gregor, sein einziger Sohn, einmal den Hof übernimmt. Doch         Buch und Regie: Peter Evers
der hat einen ganz anderen Traum: Er will an der künftig am Dorf vorbeiführenden
Bundesstraße eine Tankstelle errichten. Dazu braucht er aber die finanzielle Hilfe
des Vaters. Obwohl Maria zu vermitteln versucht, können die Männer ihren Streit
lange nicht beilegen. Schließlich lenkt der Vater ein: Er ist bereit, seinen Sohn zu
unterstützen, wenn Maria bald heiratet und so für eine ordentliche Fortführung
des Familienhofs sorgt. Das Ultimatum stellt die Geschwister vor die wichtigste
Entscheidung ihres Lebens. Denn die beiden verknüpft ein besonderes Band …

Geradlinig und ohne Kitsch hat Autor und Regisseur Peter Evers sein großangelegtes
Panorama eines württembergischen Dorfes im Jahr 1953 erzählt. Im Vordergrund
steht nicht nur die Geschichte einer Geschwisterliebe, sondern auch die Frage, wie in
der Nachkriegszeit damit umgegangen wurde. Bemerkenswert sind die atmosphä-
rischen Bilder von Pascal Schmitt (Kamera) und das großartige naturalistische Spiel
von Svenja Jung und Merlin Rose.

Maria Bacher Svenja Jung
Gregor Bacher Merlin Rose

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Maria Bacher Svenja Jung
                                                  Gregor Bacher Merlin Rose

                                                  Maria Bacher Svenja Jung
                                                  Badnerin Eleonore Weisgerber

                   Badnerin Eleonore Weisgerber

DEBÜT IM DRITTEN                                                                 15
PETER EVERS AUTOR UND REGISSEUR

Peter Evers wuchs zunächst in und bei München auf, später in Stuttgart. Auf Abi-
tur und Zivildienst folgten eine Ausbildung zum Fotografen und erste berufliche
Erfahrungen im Stuttgarter Staatstheater und als Kameraassistent bei Filmpro-
duktionen. Nach einem einjährigen Arbeitsaufenthalt als Fotograf in Ecuador be-
gann Evers sein Regie- und Drehbuchstudium an der Wiener Filmhochschule. Par-
allel zum Studium arbeitete er als 2nd Unit Director, Assistant Director, Caster und
Aufnahmeleiter für nationale und internationale Film- und Fernsehproduktionen.
Seinen Abschluss an der Filmhochschule machte er mit dem Film »Cziemny Czas«.
Noch während des Studiums gründete er die Filmfest-Vienna Film Support, eine
Filmsupportagentur mit den Schwerpunkten Serviceproduktion, Studiobetrieb
und Casting. Um sich mehr den eigenen Projekten und dem Schreiben widmen zu
können, verkaufte Evers sein Studio im Jahr 2013. Für das Drehbuch zu »A Gschicht
über d’Lieb« erhielt er 2014 den Thomas Strittmatter Preis, den Drehbuchpreis
der MFG. 2019 wurde der Film beim Filmfestival Max Ophüls Preis uraufgeführt.
Evers’ Drehbuch »Ausgebremst« wurde von der Satel Film Wien verfilmt, »Lotto-
sieger wider Willen« von der Monafilm Wien angekauft. 2019 inszenierte er eine
Miniserie fürs SWR Fernsehen mit dem Arbeitstitel »How to make Swabia great
again oder Spätzle arrabiata«.

Maria Bacher Svenja Jung Vater Bacher Thomas Sarbacher
Badnerin Eleonore Weisgerber

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GESPRÄCH MIT PETER EVERS

Wie entstand die Idee zum Film, was war Ihr Ausgangpunkt – und wie hat sich der
Stoff bzw. die Geschichte bis zum Dreh verändert?

Der Grundgedanke war, einen Liebesfilm zu machen. Basis und Grundrecht jeder
menschlichen Existenz ist die Liebe. Aber leider setzten und setzen gesellschaft-
liche, sexuelle und moralische Regeln diesem Grundrecht Schranken. Ich bin aber
der Meinung, dass Liebe, solange sie von allen Beteiligten gleich empfunden und
nicht in Anhängigkeiten oder gar Gewalt ausgeübt wird, doch in erster Linie Sache
der Liebenden ist. Wie aber, wenn es sich um ein Tabuthema handelt? Ich suchte
einen Grundkonflikt, der selbst in unserer eher aufgeklärten Gesellschaftsform
noch immer ein Tabu ist. Idee war, den Zuschauer dazu zu bringen, sein Urteil
selbst zu hinterfragen: Kann es nicht doch sein? Der Film soll kein Plädoyer für
Inzest sein, sondern für das Recht, lieben zu dürfen, wen man will. Mit dieser Prä-
misse ging ich die Geschichte an.

Es gibt vielerlei Arten von Liebe in »A Gschicht über d’Lieb«. Nicht nur die wah-
re Liebe zwischen Gregor und Maria, sondern auch die versteckte Liebe Werners,
die verschmähte Liebe Annas, die ausgehandelte Liebe Thomas’, die ausnützende
Liebe Hannes’, die naive Liebe des Dirndls. Jede davon verflicht die Dorfbewohner     Peter Evers
miteinander, ist Grundlage ihres Handelns. Die Geschichte in ein kleines Dorf zu
verlegen, erschien mir als probates Mittel, unsere Gesellschaft auf ein begreifba-
res Maß zu verkleinern. Aus anonymer Masse wurden Personen. Ein kleiner Kos-
mos, der den gleichen Zwängen unterworfen ist, die die Gesellschaft an sich vor-
gibt. Nur dass hier die Zwänge Gesichter haben.

Die Fünfziger Jahre empfinde ich als eine sehr spannende Zeit, da dort große ge-
sellschaftliche Umbrüche ihre Wurzeln haben. Jahrhundertelang sind die meisten
Menschen nie aus ihrem direkten Umfeld herausgekommen, Rollenverteilungen
waren klar festgelegt und wurden auch nie hinterfragt. Es gab zwei Strömungen,
die einander entgegengesetzt liefen: Status quo und Tradition um jeden Preis auf
der einen, der Wunsch nach Veränderung und Entwicklung auf der anderen Seite.
Dies war in ländlichen Gebieten noch wesentlich ausgeprägter und zieht sich zum
Teil bis in die Jetztzeit hinein. Als mein Drehbuch auf der Berlinale den von der
MFG finanzierten Thomas Strittmatter Preis erhielt, war auch klar, dass ich den
Film in Baden Württemberg spielen lassen konnte – jenem Bundesland, in dem
ich seit meinem zwölften Lebensjahr beheimatet bin, und das mir deswegen auch
persönlich sehr nah ist.

Ihr Film hat viele Elemente eines klassischen Heimatfilms – die Landidylle, die eng
verschworene Dorfgemeinschaft, die Kernfamilie als unzerstörbare Einheit, ein von
Traditionen geprägtes Leben. Nach und nach zerbröckelt diese heile Welt aber. Woll-
ten Sie einen ehrlicheren Heimatfilm machen?

Ich sehe diesen Film nicht als Heimatfilm, sondern als Liebesfilm. Der Begriff Hei-
matfilm ist zu sehr durch die filmischen Ausprägungen der Nachkriegszeit und sei-
ner Sehnsucht nach Heile-Welt-Romantik festgelegt, die oftmals in Kitsch endete.
Etwas, von dem ich mich klar abgrenzen möchte. Ich hatte nicht den Anspruch, ein
Genre wiederzubeleben, das nur oberflächlich zu passen scheint. Zwar mag sich die-
ses Genre aufdrängen, doch im ersten Moment, in dem die Zuschauer mit den Fi-
guren den Hof betreten, merken sie, welch zwischenmenschliche Beziehungen und

DEBÜT IM DRITTEN                                                                                    17
GESPRÄCH MIT PETER EVERS

Spannungen dort herrschen. Von Romantik oder gar Idylle ist nichts zu spüren, trotz
der schönen Landschaft und der pittoresken Ansicht. Die Enge, die Unmöglichkeit
eines Ausweges, die Verhaftung in angestammten Rollenbildern ist stets vorhan-
den. Das gilt nicht nur für den Hof, das gilt für das ganze Dorf. Das Leben ist hart.
Ein Bauer ist ein Bauer, eine Magd eine Magd, und der Hofhund auch kein Strei-
chelviech! Klare einfache Regeln. Wer sich daran hält, kann gut leben. Dass Maria
dem Hund Zärtlichkeiten zukommen lässt, macht sie schon zu etwas Besonderem.
Es ist das sich Nicht-unterordnen-wollen, das Aufbegehren gegen starre Traditio-
nen, das Maria und Gregor sich abheben lässt. Ein Bauer gehört auf den Hof, eine
Frau schafft das nicht alleine. Es ist das Prinzip des Vaters, das seine Kinder sich
nicht zu eigen machen wollen. Gregor schreit am Ende des Films: »Warum habt
ihr uns nicht einfach in Ruhe gelassen?« Alles wäre gut gewesen. Doch man lässt
sie nicht in Ruhe, jeder einzelne zerrt an ihnen und möchte sie in die Richtung
bringen, die er für das Richtige hält. Wie schon gesagt, dienen das Dorf und seine
Bewohner nur als verkleinertes Abbild der Gesellschaft der 50er Jahre und ihrer
Strukturen, die sich teilweise bis in die Jetztzeit fortgeschrieben haben.

Ihr Film wirkt in Bezug auf die Lebens- und Arbeitsrealität im Dorf sehr realistisch.
Und es wird Dialekt gesprochen. Wie haben Sie die DarstellerInnen vorbereitet?

Es gab hier zwei große Herausforderungen: zum einen die Sprache, zum ande-
ren die bäuerlichen Handhabungen und Fertigkeiten. Die Figuren und die dörf-
liche Gemeinschaft in klarem Hochdeutsch reden zu lassen, wäre albern gewesen.
Einerseits war uns eine rurale sprachliche Glaubwürdigkeit wichtig, andererseits
musste der Dialekt auch für ein breiteres Publikum verständlich sein. Familie und
Dorfgemeinschaft sollten als glaubhafter abgeschlossener Kosmos erscheinen, in
dem nicht jeder einen anderen Dialekt spricht. Das war eine echte Herausforde-
rung, zumal nahezu unser gesamter Cast aus Berlinern bestand. In Zusammen-
arbeit mit der Dialekt-Trainerin Anne Weinknecht analysierten wir die Dialekte
im näheren und weiteren Umfeld und entwickelten daraus eine Art Kunstdia-
lekt, der stark auf den realen Dialekten beruht und trotzdem auch für Nicht-Lo-
kale verständlich war. Was die bäuerlichen Fähigkeiten angeht, zeigten sich die
Schwäbisch Haller als äußerst hilfsbereit. Unser Cast wurde von den Bauern in der
Umgebung mit offenen Armen empfangen und, soweit notwendig, vom Traktor-
fahren bis zum Entmisten perfekt unterwiesen. Dass Merlin Rose dann gleich an
seinem ersten Tag für eine Szene als Geburtshelfer bei einer Kälbergeburt zum
Einsatz kam, war sicher einer seiner stärksten Eindrücke bei den Dreharbeiten.

Auch visuell wirkt der Film sehr erdig und rustikal. Wie haben Sie das visuelle Kon-
zept des Films entwickelt?

DEBÜT IM DRITTEN                                                                        18
GESPRÄCH MIT PETER EVERS

Da wir das Glück eines sehr spannenden Casts hatten, konzentrierte ich mich ganz
auf die Möglichkeit, den Figuren in die Augen schauen zu können. Wir wollten
klare und angemessene Bilder, die die Arbeit des Schauspielers in den Mittelpunkt
stellen und ihn nicht zur Staffage eines optischen Effektes werden lassen. Kamera-
fahrten verwendeten wir nur, wenn es den Zuschauer in die jeweilige Szene führt,
und Landschaftsaufnahmen nur dann, wenn sie den Geschichtsablauf unterstütz-
ten. Das Prinzip haben wir auch im auditiven Bereich angewendet. Wir wollten
wenige bis keine akustischen Effekte zur Spannungssteigerung. Dies gilt auch für
die Musik. Das Miterleben mit den Figuren ist um so vieles feiner, wenn man den
Zuschauer dicht an die Figuren heranführt. Deswegen gibt es nur wenige Musik-
einsätze. Um dennoch einen besonderen Akzent zu setzen, haben mein Kompo-
nist Bob Gutdeutsch und ich als Leitinstrument ein altes und heute unbekanntes
Instrument herangezogen: die Drehleier.

Gregor Bacher Merlin Rose
Vater Bacher Thomas Sarbacher

DEBÜT IM DRITTEN                                                                     19
STAB UND BESETZUNG

Maria Bacher		   Svenja Jung                         Gregor Merlin Rose Werner Lucas Englander
Gregor Bacher		  Merlin Rose                         Anna Fanny Krausz Maria Svenja Jung
Badnerin		 Eleonore Weisgerber
Vater Bacher		   Thomas Sarbacher
Werner			        Lucas Englander
Anna			          Fanny Krausz
Alter Zeiserer		 Walter Kreye
Hannes			        Rafael Gareisen
Thomas			        Ludwig Blochberger

Buch und Regie		   Peter Evers
Kamera			          Pascal Schmit
Schnitt			         Silvia Schönhardt
Musik			           Bob Gutdeutsch
Szenenbild		       Désirée Salvador
Kostüm			          Alexander Beck
Produzenten		      Rüdiger Heinze, Stefan Sporbert
Redaktion 		       Stefanie Groß                     Eine Produktion der Zum Goldenen
                                                     Lamm Filmproduktion in Koproduktion
                                                     mit dem SWR. Gefördert von
                                                     MFG Baden-Württemberg und DFFF.

                                                     Deutschland 2019, 90 Minuten

                                                     Bayerischer Filmpreis 2019 als
                                                     beste Nachwuchsdarstellerin für
                                                     Svenja Jung.

DEBÜT IM DRITTEN                                                                                 20
DER WEG NACH PADULIM

DEBÜT IM DRITTEN       21
debüt IM DRITTEN

Nach der Trennung von seiner Lebensgefährtin Lisa muss der aus Tschechien             SA 14.11., 21:50 UHR
stammende Künstler Jiri darum kämpfen, seinen Sohn Victor nicht zu verlieren.         DER WEG NACH PADULIM
In seiner Verzweiflung weiß er sich nicht anders zu helfen als ihn zu entführen.      Buch und Regie: Annette Friedmann
Dem Kind gegenüber verkauft er die Flucht als eine Abenteuerreise nach einer ge-
meinsam erfundenen Geschichte um zwei Tierchen auf dem Weg ins Zauberland
Padulim. Der Kleine macht mit, wünscht sich aber, dass seine Mutter auch dorthin
kommt. Am Ende kommt es zu einer Konfrontation, in der beide Eltern gefordert
sind, für ihr Kind die beste Lösung zu finden.

Sensibles Familiendrama mit leisen Tönen. Regiedebütantin Annette Friedmann
setzt große Konflikte mit kleinen Mitteln um und erzeugt so erzählerische Feinheit.
Die beiden Hauptfiguren sind stark (auch stark interpretiert von Annika Blendl und
Roman Knižka) und bieten – trotz ihrer unterschiedlichen Agenden – beide großes
Identifikationspotential.

Jiri Roman Knižka
Victor Maximilian Sterk

DEBÜT IM DRITTEN                                                                                                          22
Lisa Annika Blendl
                   Jiri Roman Knižka

               Victor Maximilian Sterk

                                          Jiri Roman Knižka
                                         Klaus Walter Kreye

DEBÜT IM DRITTEN                                         23
ANNETTE FRIEDMANN AUTORIN UND REGISSEURIN

Annette Friedmann studierte zunächst Kunst/Visuelle Kommunikation und Na-
turwissenschaften an der Universität Bremen und danach bis 1998 AV-Medien-
wissenschaften an der Hochschule für Film und Fernsehen »Konrad Wolf« in Ba-
belsberg. Sie arbeitete im Anschluss als Ausstellungskuratorin am Filmmuseum
in Frankfurt am Main und war von 2004 und 2011 künstlerisch-wissenschaftliche
Mitarbeiterin an der Hochschule »Konrad Wolf«. Seit 2012 ist sie freie Drehbuch-
autorin und Lehrbeauftragte für Storytelling an der University of Applied Sciences
Europe, seit 2013 Projektbetreuerin in der Kinderfilmförderung beim Kuratorium
junger deutscher Film. Annette Friedmann schrieb mit Marc Rensing den Film
»Die Frau, die sich traut« und schrieb und inszenierte 2015 den Kurzfilm »Fauler
Zauber«.

Lisa Annika Blendl Jiri Roman Knižka

DEBÜT IM DRITTEN                                                                     24
GESPRÄCH MIT ANNETTE FRIEDMANN

Mit»Der Weg nach Padulim« haben Sie zum ersten Mal eines Ihrer Drehbücher selbst
inszeniert. War das Regieführen schon länger ein Wunsch oder war es gerade diese
Geschichte, die Sie unbedingt selbst umsetzen wollten?

Beim Drehbuchschreiben laufen ja immer Bilder im Kopf ab, man inszeniert den
Film in seiner Vorstellung schon beim Schreiben. Je intensiver man sich mit der
Geschichte auseinandersetzt, desto lebendiger werden die Figuren, desto mit-
reißender ihre Erlebnisse. Man fühlt mit ihnen mit, hört, sieht und erlebt sie in
ihren Höhen und Tiefen. In diesem emotionalen Strudel, in den ich beim Schreiben
immer wieder gerate, kam zunehmend der Wunsch auf, stärker darüber entschei-
den zu können, wer die Figuren spielt, die mir so nah geworden sind, und wie sie
gespielt werden sollen – in welchen Stimmungen, in welchen Locations, welchen
Schattierungen, welchen Farben. »Der Weg nach Padulim« ist eine Geschichte, die
ich schon lange mit mir herumgetragen habe. Meine Eltern haben sich getrennt,
als ich vier Jahre alt war. Mein Bruder und ich wuchsen in einer Zeit und einer
Umgebung auf, in der sich früher oder später fast alle Eltern in unserem Freun-
deskreis trennten. Wir blieben mit unserem Vater in unserem Haus, während sich
unsere Mutter eine Wohnung suchte. Ich empfinde es heute als großes Glück, dass
meine Eltern keine festen Regelungen über Besuchs- oder Urlaubszeiten ausge-
macht haben, sondern dass wir damals einfach zu meiner Mutter gehen und bei
ihr bleiben konnten, wann immer wir wollten. Es geht mir immer sehr nahe, zu              Annette Friedmann
sehen, wie viel Druck und Stress auf Kinder ausgeübt wird, wenn Gerichte ein-
geschaltet werden und Mediatoren dafür sorgen müssen, dass Vater und Mutter
noch halbwegs miteinander kommunizieren, da sie vom Kind ja beide geliebt und
gebraucht werden.

»Der Weg nach Padulim« ist die Geschichte einer Trennung und des Streits ums Kind,
das aber in einer speziellen Konstellation. Jiri ist Künstler und hingebungsvoller Va-
ter, aber vielleicht auch auf der Flucht vor Lisas Erwartungen? Und sie umgekehrt in
ihrem Beruf erfolgreich, aber auch ein wenig neidisch auf Jiris Freiheiten? Hilft diese
Variante der Geschlechterrollen, das zu erzählen?

Wir leben ja in einer Zeit, in der sich die klassische Rollenverteilung innerhalb
der Familie geändert hat. Frauen sind heute wie Männer berufstätig, und nur in
einer idealen Welt kümmern sich Väter und Mütter zu gleichen Teilen um Kinder
und Haushalt. In manchen Familien holt man sich Hilfe von Dritten, in anderen
kümmern sich die Frauen auch neben ihrem Job um Haushalt und Kinder. Und
manchmal ergibt es sich auch, dass ein Mann seine beruflichen Aktivitäten zu-
rückstellt und zum Vollzeit-Vater und Hausmann wird. In meinem Freundes- und
Bekanntenkreis habe ich dreimal miterlebt, welche Probleme dieses Vollzeit-Vater-
Modell mit sich bringen kann. Zwei dieser Familien sind mittlerweile zerbrochen.
Wenn eine Frau ihre beruflichen Ambitionen zugunsten der Kinder zurückstellt
oder aufgeben muss, ist das möglicherweise für sie persönlich ein Problem. Wenn
aber ein Mann seine beruflichen Ambitionen aufgibt oder gar keine hat, kommt
früher oder später oft der Vorwurf ins Spiel, dass er sich auf Kosten seiner arbei-
tenden Frau einen »faulen Lenz« macht. Was passiert, wenn es dann zur Trennung
kommt? Darf ein Mann, der beruflich »versagt« hat, die Kinder trotzdem behalten
und dabei auch noch verlangen, von der Mutter finanziell unterstützt zu werden?
Diese Frage aufzuwerfen, war der Anstoß für den Film, auch wenn er dann zuneh-
mend auslotet, wie es dazu kommen kann, dass Menschen in einer eskalierenden
Trennung das Wohl ihres über alles geliebten Kindes und Enkelkindes zu verges-
sen scheinen.

Wie war es denn, mit einem doch noch ziemlich kleinen Kind zu drehen?

DEBÜT IM DRITTEN                                                                                              25
GESPRÄCH MIT ANNETTE FRIEDMANN

Kinder sind beim Drehen wunderbar, weil sie vor der Kamera eine so unverstellte
Natürlichkeit bewahren können. Kinder sind beim Drehen aber auch die Hölle, weil
sie eigensinnig darüber entscheiden, ob sie in dem Moment, in dem die Kamera
läuft, spielen wollen oder nicht. Das war beim Drehen schwieriger als gedacht und
beim Filmschnitt dann wieder leichter, weil wir natürlich auch dank des Kuleschow-
Effekts wunderbare Szenen hinbekommen haben. Max, der den kleinen Viktor ge-
spielt hat, war toll, weil er unglaublich diszipliniert war und mit jedem der zwanzig
Drehtage besser wurde. Auch hatten wir zwei sehr gute Kindercoaches und Betreue-
rinnen, denen es natürlich auch zu verdanken ist, dass Max, der zum ersten Mal in
einem Film mitgewirkt hat, den kleinen Viktor so überzeugend spielt.

Zum Schluss: wie kamen Sie auf den Namen Padulim, versteckt sich dahinter etwas
bestimmtes?

Padulim symbolisiert den Ort vollkommenen Glücks. Tatsächlich stand ein Ort, mit
dem ich ein solches Glücksgefühl verbinde, für die Namensgebung Pate – Palolem,
ein Strand im Süden Goas in Indien. Dass dieser Ort dieses Glück für mich reprä-
sentiert, hat persönliche Gründe: Ich war mit meinem Vater in einem Nachbarort
und wusste, dass er nicht mehr lange zu leben hatte. Dieser Ort war eigentlich
schön, wurde aber wenige Tage vor unserer Ankunft mit einem Jahrhundert-Fisch-
fang beglückt. Die große Menge an Fischen konnten die Fischer dann aber gar
nicht verkaufen und ließen sie einfach am Strand liegen. Um uns herum stanken
die verwesenden Fische, über uns kreisten und kreischten die Krähen. Mein Vater
meinte, bleiben zu müssen, weil das Hotel ja schon bezahlt war. Dann machten
wir einen Ausflug nach Palolem, wo das Meer glitzerte und die Menschen fröhlich
waren. Wir blieben, und selten zuvor habe ich eine solche Schönheit empfunden,
ein so großes Glück, das auch mit dem Gefühl verbunden war, meinen Vater zu-
mindest für diese paar Tage wieder zurück ins Leben geholt zu haben. Padulim
klingt ähnlich wie Palolem, aber kindlicher, denn in meinem Film denkt Viktor sich
den Namen aus. Für Viktor bedeutet Glück, mit beiden Eltern zusammen zu sein.
Solange er darauf vertraut, dass auch seine Mutter nach Padulim kommt, ist es für
ihn der Ort, an dem er mit seinen Eltern wieder glücklich sein kann.

Lisa Annika Blendl Jiri Roman Knižka

DEBÜT IM DRITTEN                                                                        26
STAB UND BESETZUNG

Jiri		             Roman Knižka                    Jiri Roman Knižka
Lisa		             Annika Blendl
Victor		           Maximilian Sterk
Klaus		            Walter Kreye
Uta		              Sabine Wegner
Uwe Matthes        Sebastian Mirow

Buch und Regie     Annette Friedmann
Kamera		           Wedigo von Schultzendorff
Schnitt		          Matthias Scharfi
Musik		            Christine Aufderhaar
Szenenbild         Holger Köppen und Peter Weiss
Kostüm		           Henrike Luz
Produzenten        Milena Maitz
Redaktion          Stefanie Groß

                                                   Eine Produktion der studio.tv.film
                                                   GmbH und Eikon Media GmbH in
                                                   Koproduktion mit dem SWR. Gefördert
                                                   von der MFG Baden-Württemberg

                                                   Deutschland 2019, 88 Minuten

DEBÜT IM DRITTEN                                                                         27
RAUS

DEBÜT IM DRITTEN   28
debüt IM DRITTEN

»Unsere Welt ist am Arsch, weil die Falschen am Drücker sind!« Das ist Glockes         MI 18.11., 23:00 UHR
Sicht auf die Dinge. Zumindest im Moment. Vielleicht auch ein wenig, weil er selbst    RAUS
ganz und gar nicht am Drücker ist. Er versucht sich als Aktivist – gegen Kapitalis-    Regie: Philipp Hirsch
mus, gegen Ungerechtigkeit in der Welt, für Naturschutz und gegen Tierversuche.        Buch: Thomas Böltken und Philipp Hirsch
Doch im Grunde geht es ihm vor allem darum, ein Mädchen zu beeindrucken. Zum
Beispiel, als er einen protzigen Luxuswagen anzündet … Leider wird Glocke dabei
erwischt und gefilmt. Er kann fliehen, aber die Bilder seiner missglückten Helden-
tat gehen sofort durchs Netz. Spontan schließt er sich einer Gruppe Fremder an,
die sich im Netz verabredet haben. Sie folgen dem Ruf eines gewissen Friedrich,
der in den Bergen lebt und in der Rückbesinnung zur Natur den Weg in die Zu-
kunft sieht. Sie alle wollen die Welt zu einem besseren Ort machen, möchten ihre
Vergangenheit hinter sich lassen und aus dem System ausbrechen. Das ist ihr Ziel.
Die jungen Rebellen Glocke, Judith, Steffi, Elias und Paule erleben die Härte eines
Trips in die Berge, aber auch Tage der Freiheit und des Glücks. Immer auf der Su-
che nach dem geheimnisvollen Friedrich und der neuen Gemeinschaft. Doch dann
wendet sich das Blatt…

In »Raus« wirft Autor und Regisseur Philipp Hirsch die Frage auf, ob ein Neuanfang
auf der Basis einer Lüge möglich ist. Nach einem rasanten und provokant geschnit-
tenen Einstieg entwickelt die Geschichte der Jugendlichen, die versuchen, der Hektik
und Amoralität der modernen kapitalistischen Zivilisation zu entkommen, eine ru-
hige Dynamik. Erzählt in schön fotografierten Naturaufnahmen und mit Dialogen,
die die Sprechweise und das Zeitgefühl heutiger Jugendlicher einfangen. Am Ende
steht die überraschende Erkenntnis, dass es der Autorität des ominösen »Friedrich«
gar nicht bedarf, dass sie sich selbst organisiert haben.

Glocke Matti Schmidt-Schaller
Judith Milena Tscharntke

DEBÜT IM DRITTEN                                                                                                           29
Glocke Matti Schmidt-Schaller
                   Judith Milena Tscharntke
                   Paule Enno Trebs Steffi Matilda Merkel
                   Elias Tom Gronau

                              Glocke Matti Schmidt-Schaller
                              Elias Tom Gronau

DEBÜT IM DRITTEN                                            30
PHILIPP HIRSCH REGISSEUR UND KOAUTOR

Philipp Hirsch wurde 1973 in Crimmitschau (Sachsen) geboren. Von 1993 – 1998
studierte er Produktdesign an der Bauhaus-Universität Weimar. Darüber hinaus
erhielt er von der Bauhaus-Universität von 1999 – 2003 ein Stipendium im Fach-
bereich Animationsfilm. Seit 1997 ist Philipp Hirsch selbstständig tätig im Bereich
Video/Animation. Er realisierte bereits zahlreiche international ausgezeichnete
Kurz- und Experimentalfilme sowie Musikdokumentationen und -videos für inter-
national agierende Bands. »Raus« ist Philipp Hirschs Spielfilmdebüt. Das Dreh-
buch zum Film entstand in enger Zusammenarbeit mit Autor Thomas Böltken.

Glocke Matti Schmidt-Schaller Steffi Matilda Merkel
Paule Enno Trebs Judith Milena Tscharntke Elias Tom Gronau

DEBÜT IM DRITTEN                                                                      31
GESPRÄCH MIT PHILIPP HIRSCH

»Raus« ist Ihr erster Spielfilm – was hat Sie am Format des Spielfilms gereizt?

Mein Ur-Reiz in Sachen Spielfilm kommt natürlich vom selber Filme schauen. Seit
meiner Kindheit liebe ich Film. Er bescherte mir ungeahnte Momente des Stau-
nens, Erkennens, des lustvollen Nicht-Verstehens, des Mitfieberns, des Mitleidens
und Mitfreuens.
Spielfilm ist vielleicht das ultimative Kunstformat der letzten 120 Jahre. Er vereint
Literatur, Theater, Gestaltung, Musik, Spektakel, Fotografie, auch Wissenschaft &
Philosophie und schafft daraus unglaubliche Geschichten. Und wir sitzen heu-
lend, lachend, fassungslos im Kino. Mehr geht nicht (zumindest bislang - Serie,
aber auch Computerspiel und Social Media formieren sich ja mehr denn je als
mögliche Thronfolger).
Ich hatte schon früh gelegentliches Interesse am Filmemachen gehabt. Ich erinne-
re mich z. B. an einen nicht zu Ende gebrachten Trickfilmversuch mit Filzstiftzeich-
nung und Kinderfotoapparat. Meine Frühversuche waren damals recht spontan
und nicht nachhaltig. Sie konnten von mir als Kind - speziell zu DDR-Zeiten ohne
Equipment – nicht zu einem ergiebigen Hobby ausgebaut werden. Selbst nach Ab-
schluss meines Designstudiums (und mit ersten Kurzfilmen auf Festivals) hatte
ich noch nicht daran gedacht, irgendwann einmal einen Spielfilm zu realisieren.
Wirklich konkrete Ambitionen kamen erst deutlich später auf.

Was war der Ausgangspunkt für den Film?

Jugend, die in Richtung Natur verschwindet, stand als Grundidee bereits durch ein
früheres Drehbuch/Projekt im Raum. Dieser ursprüngliche Ansatz hatte kaum Be-
rührungspunkte zu naturalistischen oder ökologischen Themen. Ich hatte schlicht
keine Lust auf die urbane Alltäglichkeit, die in unserer Filmlandschaft recht prä-
sent ist. Egal ob mahnende Plattenbauten, Ikea-Realität oder hippe Designerlofts
- diese Spielwelten, diese Kulissen wollte ich umgehen.
Durch die Elemente Jugend und Natur ergab sich die Einbindung gesellschafts-
politischer und -kritischer Aspekte dann fast von selbst. Auf dieser Basis wurde die
»Raus«-Geschichte als eine Art abenteuerliche Reise weiter ausgearbeitet.

»Raus« wurde größtenteils im Wald, in der Natur gedreht, wieso haben Sie sich den
Wald als Schauplatz ausgesucht? Sind Sie selbst sehr naturverbunden?

Wald (und Natur generell) schätze ich ganz pragmatisch als dankbare Kulisse für
filmische Arbeiten. Natur ist da und kann ohne großes Zutun wirkungsvolle Bilder
und Geräusche liefern.
Bei »Raus« ist die Natur einiges mehr als allein der Schauplatz. Sie ist der konkrete
Raum, den die Jugendlichen bewusst aufsuchen, entdecken und auch ein Stück
weit verstehen wollen. Die Natur in »Raus« ist Kulisse, Metapher, Prüfung und
Sehnsuchtsziel in einem.
Ich selber bin kein großer Globetrotter, habe kaum Fernweh, bin durchaus ein Stu-
benhocker. Aber ich habe meine Kindheit an einem waldähnlichen Stadtrand ver-
lebt. Ich war mit meinem Bruder und Freunden zu Hause und in Urlauben bereits
ab Kindergartenalter stundenlang unbeobachtet in Wald und Natur unterwegs
gewesen. Eine innige Verbindung zur Natur habe ich also schon, auch zu dem
meisten, was da kreucht und fleucht.

DEBÜT IM DRITTEN                                                                        32
GESPRÄCH MIT PHILIPP HIRSCH

Was war die größte Herausforderung beim Dreh?

Der ganze Dreh in seiner Summe war die eigentliche Herausforderung. Achtzig
Prozent der Drehzeit spielten alle fünf Hauptdarsteller zusammen als Gruppe. Das
war keine einfache Situation, so permanent mit allen fünf Darstellern zu arbeiten.
Dazu kamen die sicherlich üblichen Kuriositäten und Pannen, die einen Dreh nicht
gerade erleichtern. Ein Drehort wurde zum Beispiel vor unseren Augen im Laufe
des Drehtages ganz allmählich überschwemmt. Der Wasserspiegel stieg um be-
stimmt zwei Meter, wir mussten durchgehend improvisieren.
Im Rückblick waren das alles längst keine Katastrophen, aber im Moment des
Drehs sorgte so manches davon für Hektik und Verunsicherung.

Wie sind Sie zum Stil Ihrer Filmbilder gekommen, die zwischen düsterer Weltunter-
gangsstimmung im Wald und hellen, romantischen Szenen schwanken?

Kameramann Ralf Noack und ich hatten uns vor dem Dreh auf Hauptpunkte der
Bildgestaltung und Kameraarbeit geeinigt. »Natürlichkeit« war eines der zentra-
len Ziele, das wir mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln erreichen wollten.
Ralf filmte ausschließlich mit Handkamera, oft mit Unterstützung eines Gim-
bal zur Bildstabilisierung. Aufnahmen bei Tag entstanden oft ohne zusätzliches
Kunstlicht. Für positive Momente setzten wir gelegentlich Slow Motion ein. Jeden
Drehtag mussten wir uns mit dem jeweiligen Wetter arrangieren. Oft hatten wir
Glück und es passte grundsätzlich zu den Szenen. Manchmal mussten wir durch
die Wahl der Cadrage, z.B. durch ganz nahe Einstellungen, auf unpassendes Wet-
ter/Licht oder auch auf problematische Drehorte reagieren.
Die unterschiedlichen Stimmungen unserer Bilder sind nicht automatisch mit
gänzlich unterschiedlichen Mitteln erzeugt worden. Die unterschiedlichen Bild-
stimmungen resultieren natürlich auch aus den jeweiligen Szenenhandlungen,
den Drehorten und der Inszenierung.

Wie begründen Sie das Weglaufen der Jugendlichen als Rebellion? Steht Weglaufen
nicht genau entgegengesetzt zur Rebellion?

»Rebellion« habe ich nicht wirklich mit »Raus« in Verbindung gebracht. Mich inte-
ressiert es auch nicht sonderlich, ob das gemeinsame Losziehen und der Weg der
Jugendlichen als Rebellion zu bezeichnen ist oder nicht. Gleiches gilt für »Weglau-
fen«, was Glocke anfangs natürlich eindeutig macht (im Verlauf des Filmes wird
es mehr ein Hinlaufen – hin zu einem diffusen Gruppenziel). Besser umschreiben
aus meiner Sicht »Suchen« und »Versuchen« die Situation der fünf Jugendlichen.
Ihre Orientierungslosigkeit, ihr Zweifel lässt sie alle etwas Neues und Unbekann-
tes versuchen.
»Raus« versucht als Film ein Gedankenspiel: Jugendliche wagen unter guten Vor-
sätzen einen riskanten Schritt. Sinn, Nachhaltigkeit und Ausgang ihrer Suche sind
ungewiss.

Gibt es etwas gegen das Sie gerne rebellieren würden?

Ja. Die Liste ist lang und kompliziert. Mit wenig Aussicht auf Umsetzung und Erfolg.

DEBÜT IM DRITTEN                                                                       33
STAB UND BESETZUNG

Glocke		           Matti Schmidt-Schaller              Glocke Matti Schmidt-Schaller Paule Enno Trebs
Judith		           Milena Tscharntke                   Elias Tom Gronau Judith Milena Tscharntke
Elias		            Tom Gronau                          Steffi Matilda Merkel
Steffi		           Matilda Merkel
Paule		            Enno Trebs

Regie		            Philipp Hirsch
Buch		             Thomas Böltken und Philipp Hirsch
Kamera		           Ralf Noack
Schnitt		          Jan Ruschke
Musik		            Johannes Lehniger, ComixXx
Szenenbild         Stephan von Tresckow
Kostüm		           Grit Hildenbrand                    Eine Produktion der ostlicht Filmpro-
Producer           Claritta Kratochwil                 duktion in Koproduktion mit Lightburst
Produzenten        Marcel Lenz, Guido Schwab           Entertainment und dem SWR.
Redaktion          Stefanie Groß                       Gefördert von der Mitteldeutschen
                                                       Medienförderung (MDM), der
                                                       nordmedia – Film- und Mediengesell-
                                                       schaft Niedersachsen/Bremen, dem
                                                       Deutscher Filmförderfonds (DFFF) sowie
                                                       der IDM Südtirol / Film Fund & Com-
                                                       mission

                                                       Deutschland 2018, 95 Minuten

                                                       Publikumspreis bei den Biberacher
                                                       Filmfestspielen 2018

DEBÜT IM DRITTEN                                                                                        34
SCHWIMMEN

DEBÜT IM DRITTEN   35
debüt IM DRITTEN

»Schwimmen« erzählt die Geschichte von Elisa und Anthea, zwei 15-jährigen Mäd-      MI 25.11., 22:00 UHR
chen, deren ungleiche Freundschaft ihnen in einer schwierigen Phase ihres Lebens    SCHWIMMEN
Halt und Orientierung gibt. Um ihren Zusammenhalt aufrechtzuerhalten, entwi-        Buch und Regie Luzie Loose
ckeln sie ein unheilvolles Spiel, das eine zerstörerische Dynamik annimmt: Nach
einem körperlichen Zusammenbruch Elisas, der von ihren Mitschüler*innen gna-
denlos mit ihren Handys gefilmt wird, drehen die beiden Mädchen die Kameras aus
Rache einfach um. Sie werden von Opfern zu Täterinnen...

Die Symbolik des Titels wird von Autorin und Regisseurin Lucie Loose thematisch
ausgespielt und visuell sehr stark von Kamerafrau Anne Bolick – auch mit den pri-
vaten Videoaufnahmen als zweite Erzählebene – umgesetzt. Luzie Loose gelingt ein
sensibles und glaubwürdiges Porträt zweier Mädchen an der Schwelle zum Erwach-
sensein. Sie stellt mit dem immer aggressiver werdenden Machtspiel der Freundin-
nen, mit dem sie versuchen, Kontrolle über andere auszuüben, letztlich aber nur
Kontrolle über ihr eigenes Leben zurückerlangen wollen, auf berührende Weise die
existenzielle Suche mach Liebe und Geborgenheit in den Mittelpunkt.

Anthea Lisa Vicari
Elisa Stephanie Amarell

DEBÜT IM DRITTEN                                                                                                 36
Elisas Mutter Alexandra Finder
                Elisa Stephanie Amarell

                    Anthea Lisa Vicari

                    Elisa Stephanie Amarell und Anthea Lisa Vicari

DEBÜT IM DRITTEN                                                     37
LUZIE LOOSE AUTORIN UND REGISSEURIN

Luzie Loose wurde 1989 an der Ostsee geboren und ist in Berlin aufgewachsen. Sie
studierte an der Universität der Künste in Berlin und arbeitete als Regieassisten-
tin am Theater sowie für deutsche Kino- und TV-Produktionen und verwirklicht
eigene Filmprojekte. Über das Filmemachen entdeckte sie die Welt und arbeitete
bereits in Paris, Istanbul, Tokio und Berlin. Bis Frühling 2018 studierte sie Regie an
der Filmakademie Baden-Württemberg. Ein Stipendium führte sie außerdem an
die renommierte Fémis in Paris, wo ihr Kurzfilm »Nouveau Monde« entstand. Mit
»Schwimmen« realisierte Luzie Loose ihren ersten abendfüllenden Spielfilm, mit
dem sie auf dem Busan International Filmestival Weltpremiere feierte und auf
den Hofer Filmtagen mit dem Goldpreis ausgezeichnet wurde.

Elisa Stephanie Amarell

DEBÜT IM DRITTEN                                                                         38
LUZIE LOOSE ZU IHREM FILM

In »Schwimmen« erleben Elisa und Anthea die erste wirklich bedeutende Freund-
schaft – ihre erste große Liebe. Für mich als Autorin und Regisseurin geht es um
noch viel mehr als das. Ich setze mich intensiv und leidenschaftlich damit aus-
einander, wie Kinder und Jugendliche heute aufwachsen. Ich beobachte, dass sie
in unserer sich immer schneller drehenden Welt immer schneller erwachsen wer-
den. Sie sind unabhängig, gebildet und weltgewandt – sie sind aber auch über-
fordert und orientierungslos.
Elisa und Anthea gehören zu der ersten Generation, die mit dem Internet, digi-
talen Bildern und der Selbstdarstellung im Netz groß geworden ist. Aktiv an der
Bilderflut teilzunehmen, die im Netz verbreitet wird, ist ein wichtiger Bestandteil
im Leben der Mädchen, daher lassen wir ihre Handyvideos in das Material unseres
Films einfließen. Wir kreieren so einen sehr subjektiven Stil, voller Auslassungen
und Perspektivwechsel – nah dran und ungeschliffen.
Elisa und Anthea leben wie viele Jugendliche in ihrem Alter in einer absoluten
Parallelwelt, in der eigene Regeln, Werte und eine eigene Skala von Emotionen
existieren. In ihrem Alter können die kleinsten Dinge eine riesengroße Bedeutung
bekommen, und was in der Welt der Erwachsenen gilt, gilt hier noch lange nicht.
Die Probleme in den Familien wie Leistungsdruck im Job, Entfremdung den Kin-
dern gegenüber oder Trennungen rücken dadurch komplett in den Hintergrund.            Luzie Loose
In unserem Film gehen Elisa und Anthea so weit, ein eigenes System der Selbst-
justiz zu erfinden. Sie tun ihren Mitschüler*innen schreckliche Dinge an, doch in
ihrer Wahrnehmung ist das vollkommen gerechtfertigt. Sie erfinden ihre eigenen
Werte, geben einander Halt und Orientierung. Diese eigenartige und einzigartige
Wahrnehmung möchte ich für den Zuschauer erfahrbar machen (oder wieder in
Erinnerung rufen), indem ich die Geschichte der beiden auf Augenhöhe und nah
am echten Leben erzähle.

Anthea Lisa Vicari

DEBÜT IM DRITTEN                                                                                    39
STAB UND BESETZUNG

Elisa		            Stephanie Amarell                       Elisa Stephanie Amarell Anthea Lisa Vicari
Anthea		           Lisa Vicari                             Pierre Jonathan Berlin
Elisas Mutter      Alexandra Finder
Pierre		           Jonathan Berlin
Consti		           Bjarne Meisel
Antheas Mutter     Deborah Kaufmann
Antheas Vater      Christian Heiner Wolf

Buch und Regie Luzie Loose
Kamera		       Anne Bolick
Montage        Marco Rottig
Musik		        Andreas Pfeiffer
Szenenbild     Leonie Lieberherr
Kostümbild     Melanie Salfert
Producer       Philipp Maurice Raube und Lennart Lenzing   Eine Produktion der kurhaus production
Produzenten    Daniel Reich und Christoph Holthof          in Koproduktion mit dem SWR und der
Redakteurin    Stefanie Groß                               Filmakademie Baden-Württemberg
                                                           und Unterstützung der MFG Film-
                                                           förderung Baden-Württemberg

                                                           Deutschland 2018, 95 Minuten.

                                                           Hofer Goldpreis für die beste Regie bei
                                                           den Internationalen Hofer Filmtagen
                                                           an Luzie Loose, Preis für die beste
                                                           Kamera an Anne Bolick beim
                                                           15. achtung berlin – new berlin film
                                                           award

DEBÜT IM DRITTEN                                                                                        40
KOPFPLATZEN

DEBÜT IM DRITTEN   41
debüt IM DRITTEN

Markus ist 29, Single und als Architekt beruflich angekommen. Niemand in seiner     MI 02.12., 23:00 UHR
Familie und seinem Arbeitsumfeld weiß, dass er pädosexuell ist. Körper von klei-    KOPFPLATZEN
nen Jungs erregen ihn. Er hasst sich dafür und kämpft jeden Tag gegen sein Ver-     Buch und Regie: Savaş Ceviz
langen an. Als die alleinerziehende Mutter Jessica mit ihrem achtjährigen Sohn
Arthur in die Nachbarswohnung einzieht, verliebt sie sich in den hilfsbereiten
Markus. Der kleine Arthur mag es, wenn Markus auf ihn aufpasst, und sieht in ihm
eine Vaterfigur. Doch Markus ahnt, dass er sein Verlangen auf Dauer nicht unter
Kontrolle haben wird. Er kämpft darum, den lauter werdenden Rufen in seinem
Kopf zu widerstehen.

Savaş Cevics Ansatz, seinen Film aus der Perspektive seiner pädophilen Hauptfigur
zu erzählen, im Konflikt zwischen seiner sexuellen Neigung und dem gesellschaft-
lichen Tabu, ist ein Wagnis und eine Gratwanderung. Der langsam inszenierte und
doch spannende und aufwühlende Film wird getragen von der mitreißenden Per-
formance des Schauspielers Max Riemelt.

Arthur Oskar Netzel
Markus Max Riemelt

DEBÜT IM DRITTEN                                                                                                  42
Markus Max Riemelt

                     Jessica Isabell Gerschke
                     Arthur Oskar Netzel
                     Markus Max Riemelt

Markus Max Riemelt

DEBÜT IM DRITTEN                                43
SAVAŞ CEVIZ AUTOR UND REGISSEUR

Nach Studium der BWL an der Uni Köln mit Abschluss als Dipl.-Kfm. arbeitete
Savaş Ceviz mehrere Jahre als Producer und Redakteur bei RTL, zwischendurch als
Productmanager bei EMI Electrola. Anschließend war er als Director Development
& Production bei Saban Entertainment in Köln verantwortlich für die TV-Movie-
Koproduktionen. Anfang 1998 wechselte er zu Studio Babelsberg, wo er bis 2001
zuletzt als Leiter Int. Co-Production tätig war. Danach war er bis 2002 Vice Presi-
dent Content für den Londoner Internet-TV-Sender IchooseTV in Berlin. Er absol-
vierte die New York Film Academy in New York (1996), den Frank Daniels Producers
Workshop (1998) sowie das Robert-Mc-Kee-Story-Seminar (1999) in Berlin. Savaş
Ceviz ist als Regisseur, Autor und Producer tätig. Er schrieb und inszenierte u. a.
die Kurzfilme »Laundry Day« und »Alemanya«, den Dokumentarfilm »Der mit den
Fingern sieht« und eine Episode in »GG19«.

Arthur Oskar Netzel
Markus Max Riemelt

DEBÜT IM DRITTEN                                                                      44
STAB UND BESETZUNG

Markus		           Max Riemelt                             Arthur Oskar Netzel
Arthur		           Oskar Netzel                            Jessica Isabell Gerschke
Jessica		          Isabell Gerschke
Stefanie		         Luise Heyer
Tim		              Joel Basman
Dr. Jawad          Ercan Durmaz
Svenja		           Odine Johne
Mustafa		          Mehmet M. Yilmaz

Buch & Regie       Savaş Ceviz
Kamera A           nne Bolick
Montage            Frank Brummundt und Savaş Ceviz
Musik		            Jens Südkamp und Savaş Ceviz
Szenenbild         Uli Friedrichs und Madeleine Schleich
Kostümbild         Teresa Grosser
Produzenten        Christoph Holthof und Daniel Reich
Redaktion          Stefanie Groß

                                                           Eine Produktion der kurhaus produc-
                                                           tion in Koproduktion mit dem SWR und
                                                           gefördert von der MFG Filmförderung

                                                           Deutschland, 2018, 91 Minuten

                                                           Preis für den besten Debütfilm bei den
                                                           Biberacher Filmfestspielen 2019

DEBÜT IM DRITTEN                                                                                    45
MESSIE UND MAUD

DEBÜT IM DRITTEN   46
debüt IM DRITTEN

Maud und Frank wollen nach einer langen Krise ihrer Beziehung wegen eines un-          SA 09.12., 23:30 UHR
erfüllten Kinderwunsches einen Neuanfang auf einer Reise durch Chile wagen.            MESSIE UND MAUD
Doch nachdem ein Streit eskaliert, reist Maud alleine ziellos weiter. Sie trifft auf   Regie: Marleen Jonkman
Messi, einen kleinen chilenischen Jungen, mit dem sie zusammen durch das Land          Buch: Daan Gielis
reist. Durch die Begegnung mit Messi findet Maud immer mehr zu sich selbst, bis
sie schließlich Frieden schließen kann und die Enttäuschungen der letzten Jahre
hinter sich lässt.

Messi Cristóbal Farias
Maud Rifka Lodeizen

DEBÜT IM DRITTEN                                                                                                47
Messi Cristóbal Farias
                   Maud Rifka Lodeizen      Maria Bacher Svenja Jung
                                            Gregor Bacher Merlin Rose

                                                               Maud Rifka Lodeizen

DEBÜT IM DRITTEN                                                                48
MARLEEN JONKMAN AUTORIN UND REGISSEURIN

Marleen Jonkman, 1979 geboren, erzählt seit ihrer Kindheit Geschichten und il-
lustrierte die Bücher, die ihre Schwester geschrieben hat. Sie studierte Film an
der Universität Amsterdam und Regie an der Niederländischen Filmakademie,
gefolgt vom Binger Filmlab. Sie machte ihren Abschluss an der Filmschule 2005
mit ihrem Film »Dochter«. Mehrere Kurzfilme folgten: »Dao« (2008), »Iedereen
die iets betekent« (2009) und »Verre Vrienden« (2010).
Marleen arbeitet als Gastdozentin in der Niederländischen Filmakademie und
führte Regie bei Werbespots. »Messi and Maud« ist ihr Spielfilmdebüt. Sie lebt
in Berlin.

Messi Cristóbal Farias
Maud Rifka Lodeizen

DEBÜT IM DRITTEN                                                                   49
GESPRÄCH MIT MARLEEN JONKMAN

Warum wollten Sie diesen Film machen?

Der Wunsch nach einem Kind kann sehr tief verwurzelt sein. Und es ist schwer
zu akzeptieren, dass es etwas ist, dass du nicht kontrollieren kann. Ich kann mir
leicht vorstellen, dass es für manche Frauen zur Besessenheit wird. Das Drehbuch
ließ Raum für Verlustgefühle, aber auch für Wiederermächtigung, also Trost und
Resignation. Kinderlosigkeit ist nur ein Auslöser in der Geschichte. Das eigentliche
Thema liegt in der Wiederentdeckung der eigenen Person, in der Reise. Man muss
keine Mutter sein, um sich vollständig zu fühlen. Ein Roadmovie ist eine großarti-
ge Metapher für das Leben.

Beschreiben Sie Mauds Reise?

Maud muss durch die Phasen der Trauer und des Verlustes gehen; durch Verleug-
nung, Wut, Isolation, Verhandlungen, Depressionen und schließlich Akzeptanz.
Wenn sie Messi trifft, kümmert sie sich zuerst nicht um das Kind, er ist ein Hinder-
nis in ihrer Phase der Isolation. Aber langsam erfährt sie, wie sie ihm eine Mutter
sein kann. In dieser Phase beschließt sie, weiter mit dem Jungen zu reisen, anstatt
zurück zu Frank zu gehen. Wenn sie bemerkt, dass sie sich selber täuscht, setzt die      Marleen Jonkman
Depression ein. Sie merkt, dass sie sich verabschieden muss. als sie anfängt, den
Jungen zu lieben. Endlich allein öffnet sie sich und akzeptiert, dass es das ist: Sie
wird nie eine Mutter sein, aber sie kann sich wieder lebendig fühlen.

Es ist eine lineare Geschichte, haben Sie auch in chronologischer Reihenfolge gedreht?

Ja! Wir starteten im Süden Chiles, in Patagonien, und endeten 4500 km nördlich
in der Wüste von Atacama. So konnten die Schauspieler wirklich in die Geschichte
hineinwachsen und die sich ändernden Landschaften, das sich ändernde Klima in
Chile spüren und atmen. Ich glaube an authentische Darbietungen, also je näher
sie der Realität kommen, desto besser.

Warum Chile?

Chiles Landschaften sind nicht nur atemberaubend schön, sie enthalten auch eine
heilende Kraft. Etwas, das ich während meiner ersten Recherchereise gründlich
erfahren habe. Wenn sie die 4500 km von Süden nach Norden fahren, geht es von
kalt, windig, eisig, nass und grauenvoll zu warm, offen und einladend. Schon in
der Drehbuchphase waren die Landschaften wie eine Figur im Film.

Am Anfang erlebt Maud die Natur vor allem als Gegner. Sie wehrt sich dagegen,
so wie sie auch gegen sich selbst kämpft. Allmählich wirkt die Natur auf sie reini-
gend und hilft ihr, eine Verbindung zu spüren, die sie sich durch die Mutterschaft
erhoffte. Nicht nur die Landschaft, sondern auch die chilenische Kultur bietet eine
andere Perspektive. Die chilenische Gesellschaft ist nicht individualistisch, wie es
einige der westlichen (europäischen) Länder sind. Gemeinsam Zeit zu verbringen
und der Austausch von Erfahrungen sind wichtiger als das »perfekte Leben«.. In
der Nähe von Menschen zu sein, die so offen, sozial und entspannt sind, ist wirk-
lich herzerwärmend. Und jede Begegnung im Film, die Maud hat, hilft ihr einen
Schritt weiter.

DEBÜT IM DRITTEN                                                                                           50
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