Leitfaden für Beschäftigte, Arbeitgeber und Betriebsräte
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Inhalt 2 Vorwort 3 Übersicht 4 1. Was ist sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz? 7 2. Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: Zahlen und Fakten 11 3. Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: Ursachen und Folgen 14 4. Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: Rechte, Pflichten und Handlungsstrategien 14 4.1. Betroffene 19 4.2. Arbeitgeber 27 4.3. Betriebsrat 30 5. Good Practice 6. Verweise 33 7. Quellen 34 8. Anhang 36
Übersicht Sexuelle Belästigung kommt in Betrieben in Der Leitfaden informiert über Rechte und Bera- Deutschland immer wieder vor. Das kann schwere tungsmöglichkeiten und gibt Antworten auf die Folgen für die Betroffenen haben und dem Unter- folgenden Fragen: —— nehmen nachhaltig schaden. Problematisch sind die Ergebnisse einer Umfrage der Antidiskrimi- as ist sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz? W nierungsstelle des Bundes aus dem Jahr 2015: Welche Formen sexueller Belästigung gibt Die Hälfte der befragten Beschäftigten gab an, am es? Was sagt das Allgemeine Gleichbehand- Arbeitsplatz eine nach dem Allgemeinen Gleich- lungsgesetz? —— behandlungsgesetz verbotene sexuelle Belästi- gung selbst erlebt zu haben. Aber: Mehr als 80 er ist in Arbeitskontexten von sexueller W Prozent der Befragten wussten nicht, dass Arbeit- Belästigung betroffen? Wer belästigt? —— geber dazu verpflichtet sind, ihre Beschäftigten aktiv vor sexueller Belästigung zu schützen. elche Ursachen und Folgen hat sexuelle W Belästigung am Arbeitsplatz? —— ntsprechend wenige Präventions- und Schutz- E maßnahmen sind bekannt. Jede zweite Person ie können Betroffene gegen sexuelle W hat angegeben, überhaupt keine Maßnahmen Belästigung am Arbeitsplatz vorgehen? Was zu kennen, die im eigenen Unternehmen gegen müssen sie beachten? Wo finden sie Hilfe sexuelle Belästigung ergriffen wurden. Insgesamt und Beratung? —— fehlt es an Informationen über Maßnahmen zur Durchsetzung eines aktiven Schutzes vor sexuel- elche Schutzpflichten, Präventions- und W ler Belästigung am Arbeitsplatz. Sanktionsmöglichkeiten haben Arbeitgeber? Der Leitfaden richtet sich deshalb an: —— elche Aufgaben und Pflichten hat der W —— Betriebsrat im Umgang mit sexueller Belästi- v on sexueller Belästigung am Arbeitsplatz gung am Arbeitsplatz? —— Betroffene, —— ie sehen vorbildliche Schutzmaßnahmen W Arbeitgeber, aus? —— Personal- und Betriebsräte, —— leichstellungsbeauftragte und andere G Handlungsverantwortliche, —— Menschen, die sexuelle Belästigung beobach- tet haben und —— enschen, die sich allgemein über das Thema M sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz infor- mieren möchten.
1. Was ist sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz? Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) spricht von sexueller Belästigung, wenn „[…] ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuel- len Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornografischen Darstellungen gehören, bezweckt oder be- wirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbe- sondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Ernied- rigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.“ § 3 Abs. 4 AGG Bei einer sexuellen Belästigung handelt es sich Rechte, um sich gegen sexuelle Belästigung zur also um eine unerwünschte Verhaltensweise, Wehr zu setzen. Gleichzeitig bestimmt das AGG die sexualisiert und geschlechtsbezogen ist.1 Das eine deutliche Schutzpflicht für Arbeitgeber. können vor allem sexuelle Anspielungen oder unangemessene körperliche Berührungen sein. In den meisten Fällen sind Frauen von sexueller Die Unerwünschtheit besteht aber auch dann, Belästigung betroffen. Das Gesetz verbietet sexu- wenn eine Person unter Druck gesetzt wurde, eine elle Belästigung aber grundsätzlich und schützt sexuelle Handlung zu erdulden oder zu erwidern. somit auch Männer, Trans*-Personen2 und inter Eine sexuelle Belästigung geht mit einer Wür- geschlechtliche Menschen sowie alle anderen deverletzung der belästigten Person einher. Das AGG-Merkmale. —— heißt, das Verhalten beleidigt, erniedrigt oder beschämt die andere Person. Es geht dabei nicht S exuelle Belästigung ist durch Würdeverlet- darum, ob die Würdeverletzung beabsichtigt ist, zung und Unerwünschtheit bestimmt. sondern um die Auswirkung auf die belästigte Person. Sexuelle Belästigung ist also nicht aus- schließlich sexuelle Gewalt, sondern bezieht sich —— J ede sexuelle Belästigung ist am Arbeitsplatz verboten, egal ob die verursachende Person die Belästigung beabsichtigt hat und die Be- auf alle Formen solcher Belästigungen. lästigung erkennbar abgelehnt wurde. Das AGG verbietet sexuelle Belästigung insbeson- dere in beruflichen Zusammenhängen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 – 4 AGG). Das Gesetz gibt Beschäftigten
1.1. Formen sexueller Belästigung Das Gesetz nennt einige Beispiele sexueller Beläs- Belästigung können drei Kategorien unterschie- tigung wie etwa Bemerkungen sexuellen Inhalts den werden: verbale, non-verbale und physische oder Aufforderungen zu sexuellen Handlungen. Belästigung.3 Es gibt noch einige weitere Formen. Bei sexueller Art der sexuellen Beschreibung Belästigung4 Verbal ———— sexuell anzügliche Bemerkungen und Witze aufdringliche und beleidigende Kommentare über die Kleidung, ———— das Aussehen oder das Privatleben sexuell zweideutige Kommentare —— Fragen mit sexuellem Inhalt, z. B. zum Privatleben oder zur Intimsphäre ufforderungen zu intimen oder sexuellen Handlungen, A —— z. B. „Setz dich auf meinen Schoß!“ sexualisierte oder unangemessene Einladungen zu einer Verabredung Non-verbal ———— aufdringliches oder einschüchterndes Starren oder anzügliche Blicke ———— Hinterherpfeifen unerwünschte E-Mails, SMS, Fotos oder Videos mit sexuellem Bezug nangemessene und aufdringliche Annäherungsversuche in sozialen u ———— Netzwerken Aufhängen oder Verbreiten pornografischen Materials unsittliches Entblößen Physisch —— jede unerwünschte Berührung (Tätscheln, Streicheln, Kneifen, Umarmen, —— Küssen), auch wenn die Berührung scheinbar zufällig geschieht wiederholte körperliche Annäherung, wiederholtes Herandrängeln, wieder- —— holt die übliche körperliche Distanz (ca. eine Armlänge) nicht wahren k örperliche Gewalt sowie jede Form sexualisierter Übergriffe bis hin zu Vergewaltigung 1.2. F lirt oder sexuelle Belästigung? Wo ist die Grenze? Im Alltagsverständnis wird sexuelle Belästigung nen wird unterstellt, dass sie überempfindlich auf oft mit physischer Gewalt gleichgesetzt. Sexuell einen Witz oder Flirtversuch reagieren. Ein Flirt übergriffiges und belästigendes Verhalten beginnt zum Beispiel hat nichts mit sexueller Belästigung aber viel früher, auch wenn viele Formen sexuel- zu tun. Er ist auch am Arbeitsplatz nicht verboten. ler Belästigung im Alltag nicht strafbar sind. Vor Aber: Flirts entstehen in beiderseitigem Einver- allem verbale und non-verbale Belästigungen ständnis. Übergriffiges Verhalten geschieht ohne werden immer wieder verharmlost. Den Betroffe- das Einverständnis der anderen Person.
Das Verhalten ist damit grenzüberschreitend. Vor Beispiel aus der Rechtsprechung: allem dann, wenn die betroffene Person Ableh- nung signalisiert oder durch das Verhalten gede- Einem Produktmanager wird aufgrund mehrfa- mütigt oder beschämt wird. Außerdem handelt es cher verbaler sexueller Belästigung einer Kollegin sich um eine sexuelle Belästigung, wenn z. B. einer außerordentlich gekündigt. Der Mann klagt gegen Beschäftigten berufliche Nachteile angedroht die Kündigung. Die Begründung: Es habe sich seiner werden, falls sie sexuelle Handlungen verweigert. Meinung nach nicht um eine sexuelle Belästigung, Oder wenn beispielsweise einem Mitarbeiter be- sondern um bloßes ‚Necken‘ gehandelt. rufliche Vorteile dafür versprochen werden, dass er sich auf sexuelle Handlungen einlässt. Das Gericht weist die Klage ab. Es bestätigt, dass das Verhalten des Belästigers die Würde der Mitarbeite- rin verletzt hat. Flirt = sexuelle Belästigung? Die Grenzen sind klar markiert! Der Mann hat bereits einige Jahre zuvor eine Ab- —— mahnung wegen sexueller Belästigung erhalten. Unerwünschtheit Er hatte einer Kollegin gezielt auf das Gesäß ge- —— Erniedrigung und Abwertung schlagen. Das Gericht kommentierte diesbezüglich, —— dass der Angestellte schon für diesen Vorfall eine Einseitigkeit Kündigung hätte erhalten können. Auch die langjäh- —— Grenzüberschreitung rige Betriebszugehörigkeit des Mannes wirkte sich —— nicht mildernd auf das Urteil aus. ersprechen beruflicher Vorteile bei sexuel- V lem Entgegenkommen Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil v. 09.06.2011 – —— ndrohen beruflicher Nachteile bei Verwei- A gerung AZ: 2 AZR 323/10 1.3. Was ist das Besondere am Schutz im AGG? Das AGG verbietet jede Form der sexuellen Beläs- Das Gesetz schützt Beschäftigte über das Straf- tigung am Arbeitsplatz. Deshalb sind in den und Zivilrecht hinaus. Denn: Sexuell belästigen- meisten Fällen Arbeitgeber verantwortlich, Maß- des Verhalten ist vor allem im Arbeitskontext nahmen gegen sexuell belästigendes Verhalten gravierend. Am Arbeitsplatz kann man der beläs- zu ergreifen. Erst bei strafrechtlich relevanten tigenden Person nicht aus dem Weg gehen. Der Formen von sexuellen Übergriffen wie etwa einer Arbeitsplatz muss deshalb für alle Beschäftigten sexuellen Nötigung sind auch die Polizei oder die ein sicheres Umfeld sein. Staatsanwaltschaft zuständig. Der Schutz ist nicht auf das Büro, das Unterneh- Anders als in anderen Lebensbereichen ist sexu- mensgebäude oder die Arbeitszeit beschränkt. elle Belästigung am Arbeitsplatz immer verboten. Das Gesetz verbietet jede Form der sexuellen Im Strafrecht ist dieser Schutz nicht so umfas- Belästigung, die innerhalb eines Arbeitsverhält- send: Zum Beispiel ist es im Alltag nicht verboten, nisses stattfindet. Dazu zählen: Dienstreisen, einer Frau offensichtlich auf die Brüste zu starren, Arbeitswege, Firmenfeiern, Betriebsausflüge, am Arbeitsplatz ist dieses Verhalten aber eindeu- Pausen sowie SMS, E-Mails oder Anrufe. tig gesetzeswidrig. ! Jede Form der sexuellen Belästigung ist am Arbeitsplatz verboten.
2. Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: Zahlen und Fakten Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz wird oft Viele Beschäftigte wissen nicht, dass jede Form unterschätzt. Das zeigt eine repräsentative Umfra- der sexuellen Belästigung im Arbeitskontext ge der Antidiskriminierungsstelle des Bundes aus verboten ist. Das bedeutet, viele Betroffene kön- dem Jahr 2015. Fragt man Beschäftigte nach ihrem nen sich auch nicht richtig zur Wehr setzen. Verständnis von sexueller Belästigung, fällt auf: Zum Beispiel weiß nur ein Fünftel der Beschäf- Viele Formen sexueller Belästigung werden nur tigten, dass Arbeitgeber alle Angestellten vor von rund zwei Dritteln der Befragten als solche sexueller Belästigung schützen müssen (§ 12 AGG). verstanden (Abbildung 1).5 Konkrete Rechte wie das Leistungsverweigerungs- recht (§ 14 AGG) oder das Maßregelungsverbot (§ 16 AGG) sind ebenfalls kaum bekannt.6 Abbildung 1: Was verstehen Sie unter sexueller Belästigung? Aufforderung zu unerwünschten sexuellen Handlungen 93 95 90 Explizite Aufforderungen wie „Setz dich auf meinen Schoß“ 89 92 87 Unerwünschte Berührungen 75 84 75 Anzügliche Bemerkungen oder Witze 67 74 60 Anbringen aufreizender oder pornografischer Bilder 63 72 55 Unerwünschtes Anstarren 64 67 64 Gesamt Frauen Männer
2.1. Wer wird belästigt? Grundsätzlich gilt: Jede Person kann Opfer sexu- ben oder Aussehen gestellt bekommen zu haben. eller Belästigung werden. Das AGG schützt alle 19 Prozent haben am Arbeitsplatz unerwünschte Menschen vor sexueller Belästigung am Arbeits- körperliche Annäherungen erlebt.9 platz. Am häufigsten erleben Frauen sexuelle Belästi- gung durch Kollegen auf der gleichen Hierarchie- Frauen stufe, aber auch durch Vorgesetzte und Kunden (Abbildung 2).10 In der überwältigenden Mehrheit der bekannten Fälle sind Frauen von sexueller Belästigung be- Eine repräsentative Untersuchung aus dem troffen.7 Das macht eine Untersuchung deutlich, Jahr 2004 zur „Lebenssituation, Sicherheit und in der mehr als 700 Gerichtsurteile und -beschlüs- Gesundheit von Frauen“ im Auftrag des Bun- se ausgewertet wurden. In der Untersuchung desministeriums für Familie, Senioren, Frauen wurden alle gerichtlichen Entscheidungen zu und Jugend (BMFSFJ) hat außerdem gezeigt, sexuellen Übergriffen im Arbeitskontext berück- dass bestimmte Gruppen besonders gefährdet sichtigt, die zwischen den Jahren 1980 und 2014 sind, sexuell belästigt zu werden.11 Dazu gehören zugänglich waren: Mit Ausnahme von 25 Fällen beispielsweise junge Frauen. Andere Studien ver- ging es um die sexuelle Belästigung von Frauen.8 weisen darauf, dass außerdem Frauen in Ausbil- dungsverhältnissen und Frauen, die in männlich Die Beratungsanfragen der Antidiskriminierungs- dominierten Betrieben oder Bereichen arbeiten, stelle des Bundes zeichnen ein ähnliches Bild: ebenfalls häufig von sexueller Belästigung betrof- Neun von zehn Beratungsanfragen zum Thema fen sind.12 sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz stellten Frauen. Männer Die Beschäftigtenumfrage der Antidiskriminie- rungsstelle hat ergeben, dass 17 Prozent der be- Auch Männer können Opfer sexueller Belästi- fragten Frauen nach eigener Einschätzung bereits gung am Arbeitsplatz sein. In der Umfrage der sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz erlebt haben. Antidiskriminierungsstelle haben sieben Prozent Fragt man konkret nach einzelnen Situationen, der befragten Männer angegeben, schon einmal sind die Zahlen noch höher. Zum Beispiel haben am Arbeitsplatz sexuell belästigt worden zu sein. 22 Prozent der Frauen angegeben, unangemesse- Fragt man konkret nach einzelnen Situationen, ne Fragen mit sexuellem Bezug zu ihrem Privatle- sind die Zahlen noch höher. Zum Beispiel haben Abbildung 2: Von wem werden Frauen am Arbeitsplatz sexuell belästigt? Von Kolleg_innen auf gleicher Hierarchiestufe 65 Von Kund_innen oder von Besucher_innen 36 Von Vorgesetzten auf höherer Hierarchiestufe 31 Von Kolleg_innen auf höherer Hierarchiestufe 31 Von Mitarbeiter_innen auf niedrigerer Hierarchiestufe 23 Von Kolleg_innen auf niedrigerer Hierarchiestufe 20 Mehrfachnennungen möglich
19 Prozent der befragten Männer angegeben, un- besondere auch sexuelle Belästigung, wie z. B. un- angemessene Fragen mit sexuellem Bezug gestellt angenehme Fragen zum Privatleben, Verbreitung bekommen zu haben. Zwölf Prozent haben am sexueller Gerüchte oder sexuelle Anspielungen Arbeitsplatz unerwünschte körperliche Annähe- eine Rolle spielen.16 An die Beratung der Anti rungen erlebt. Insgesamt lassen die Umfrageer- diskriminierungsstelle wenden sich zudem im- gebnisse der Antidiskriminierungsstelle darauf mer wieder lesbische Frauen, die im Zusammen- schließen, dass Männer im Gegensatz zu Frauen hang mit sexueller Belästigung von sogenannten häufiger von leichteren und verbalen Formen Mehrfachdiskriminierungen berichten. sexueller Belästigung betroffen sind.13 Der Begriff Mehrfachdiskriminierung bezeich- net eine Ungleichbehandlung aufgrund meh- Trans* rerer Diskriminierungsmerkmale. In diesem Fall werden die betroffenen Personen also gleichzeitig Eine Studie der Agentur der Europäischen Union aufgrund ihres Geschlechts und ihrer sexuellen für Grundrechte (FRA) zeigt, dass transgender, Identität benachteiligt. transsexuelle und transidente Menschen in allen Lebensbereichen überdurchschnittlich von Dis- Insgesamt gibt es nur wenige Daten zum Thema kriminierung und Belästigung betroffen sind. sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz. Vor allem Für Deutschland haben 33 Prozent angegeben, im Zusammenhang mit sexueller Identität, dass sie in den vergangenen fünf Jahren kör- Trans*, Inter* und Mehrfachdiskriminierung ist perlich oder sexuell angegriffen oder bedroht das problematisch. Hier ist nämlich von einer wurden. Gleichzeitig geht aus zahlreichen Studien erhöhten Betroffenheit auszugehen, die sich auch hervor, dass Trans*Personen insbesondere am in Präventions- und Beratungsangeboten spiegeln Arbeitsplatz besonders häufig Diskriminierung sollte. und Belästigung erleben.14 Es gibt keine Studie, die konkret sexuelle Belästi- Beispiel aus der Rechtsprechung: gung von Trans*-Personen am Arbeitsplatz unter- sucht. Aber: Vor dem Hintergrund der vorhanden Eine gehörlose und stumme Arbeitnehmerin wird Daten ist zu vermuten, dass Trans*-Personen in einem Secondhand-Geschäft von ihrem Kollegen besonders durch sexuelle Belästigung am Arbeits- gegen ihren Willen angefasst. Sein Verhalten ist sehr platz gefährdet sind. zudringlich. Die Frau muss sich körperlich wehren, um den Belästiger zurückzudrängen. Homo- und bisexuelle Der Leiter des Geschäfts beobachtet den Angestell- Menschen ten zufällig bei der Tat und kündigt ihm fristlos. Die Arbeitnehmerin teilt später mit, dass es sich bei In der Studie der Grundrechteagentur haben für dem Verhalten des Mitarbeiters um keine Einzeltat Deutschland 22 Prozent der lesbischen Frauen, gehandelt hat. Der Angestellte klagt gegen die Kün- 21 Prozent der schwulen Männer, 17 Prozent der digung, doch das Arbeitsgericht weist die Klage mit bisexuellen Frauen und 14 Prozent der bisexuel- dem Verweis auf die sexuelle Belästigung ab. len Männer angegeben, dass sie in den vergange- nen zwölf Monaten am Arbeitsplatz wegen ihrer Das Gericht bewertet zu Lasten des Klägers, dass sexuellen Identität diskriminiert wurden.15 er sich die Behinderung der Frau und die damit verbundene verbale Wehrlosigkeit zunutze gemacht Homo- und bisexuelle Menschen sind dabei hat. häufig gefährdet, sexuell belästigt zu werden. Eine andere Studie zeigt in diesem Zusammenhang, ArbG Frankfurt/M., Urteil v. 11.02.2002 – AZ: dass bei Diskriminierungserfahrungen von homo- 15 Ca 7402/01 und bisexuellen Männern am Arbeitsplatz ins
Mehrfachdiskriminierung und sexuelle Belästigung Beispiel 1: Behinderung unsicheren Arbeitsverhältnissen. Dazu kommt, dass Beratungs- und Schutzangebote häufig nicht barrie- Oft wird ausgenutzt, dass Menschen mit Behinde- refrei sind und viele sie nicht nutzen können. rungen eine geringe Fähigkeit zur Gegenwehr haben oder ihnen diese unterstellt wird.17 Frauen mit Behin- Beispiel 2: Ethnische Herkunft derung sind dabei in besonderem Maße von sexueller Belästigung betroffen. Auch von Menschen mit Migrationshintergrund wird oft vermutet, dass diese eine geringere Fähigkeit Eine Studie des Bundesministeriums für Familie, zur Gegenwehr haben. Tatsächlich stellen auch hier Senioren, Frauen und Jugend aus dem Jahr 2012 hat verschiedene Studien eine überdurchschnittliche gezeigt, dass zwischen 68 und 87 Prozent (abhängig Betroffenheit von sexualisierter Gewalt und sexueller von der Art der Behinderung) der befragten Frauen Belästigung fest.20 Häufig befinden sich Menschen mit Behinderung schon einmal sexuelle Belästigung mit Migrationshintergrund in prekären Arbeitssituati- erlebt haben.18 13 – 39 Prozent (abhängig von der Art onen. Das kann auch sie – trotz fehlender detaillierter der Behinderung) der Befragten gaben an, bereits am wissenschaftlicher Untersuchungen – in besonde- Arbeitsplatz sexuell belästigt worden zu sein.19 Men- rem Maße zu Opfern von sexueller Belästigung am schen mit Behinderung arbeiten außerdem häufig in Arbeitsplatz machen. Abbildung 3: Sexuelle Belästigung – wer wird belästigt, wer ist besonders gefährdet? Männer- Behinderung dominierte Branche Geschlecht (insbeson- Junges Alter Homo- und dere Frauen/ Bisexualität Trans*) Maßgeblicher Faktor Migrations- Ausbildung Verstärkende Faktoren hintergrund 2.2. Wer belästigt? Sexuelle Belästigung von Frauen geht überwie einzigen Fall, in dem eine Frau belästigt hat.22 gend von Männern aus. Aus der erwähnten Trotzdem belästigen nicht nur Männer. Belästi- Umfrage der Antidiskriminierungsstelle geht gungen, bei denen Frauen Täterinnen sind, kom- hervor, dass 81 Prozent der sexuellen Belästigung men durchaus vor.23 Auch Gruppenkonstellatio- von Frauen durch Männer verübt wurde.21 Das nen sind denkbar. Sexuelle Belästigung kann von bestätigt auch die bereits genannte Untersuchung einer Gruppe ausgehen und nur Einzelne betref- deutscher Gerichtsentscheidungen zu sexueller fen. Umgekehrt kann auch eine einzelne Person Belästigung am Arbeitsplatz. Dort gab es keinen mehrere Menschen gleichzeitig belästigen.
3. Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: Ursachen und Folgen 3.1. Was sind die Ursachen von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz? Sexuelle Belästigung hat in erster Linie nichts mit Beispiele aus der Rechtsprechung: Kontaktanbahnung oder Sexualität zu tun. Sie Sexuelle Belästigung als … hat auch nichts mit der subjektiven Attraktivität einer belästigten Person zu tun. Im Arbeitskon- Machtdemonstration text steht sie in der Regel im Zusammenhang mit Machtausübung und Hierarchien.24 Vor allem —— Der Vorstandsvorsitzende belästigt die befristet Beschäftigte.25 —— zwei Ursachen bzw. Absichten können dabei un- terschieden werden: Der Ausbildungsleiter belästigt die Auszu bildenden.26 Einerseits werden hierarchische Arbeitsbeziehun- —— Der Aufsichtsrat belästigt die Managerin.27 —— gen ausgenutzt, um sexuell zu belästigen und die eigene Macht zu demonstrieren. Bereits beste- Der Angestellte belästigt die Praktikantin.28 hende Ungleichheiten werden dadurch gefestigt. Sexuelle Belästigung ist aber oft auch ein Mittel, Konkurrenz/Respektlosigkeit —— mit dem z. B. Konkurrenz ausgeschaltet oder die Autorität einer vorgesetzten Person untergraben er Arbeitskollege erzählt einen sexistischen D werden soll. Witz, der Vergewaltigung verharmlost. ! S exuelle Belästigung hat nichts mit —— Der Angestellte fordert eine Kollegin auf, einen Minirock zu tragen.29 —— Kontaktanbahnung, Sex oder der Attraktivität einer Person zu tun. Der Bauarbeiter drängt die Bauleiterin gewaltsam in eine Ecke und fasst ihr an die ! urch sexuelle Belästigung wird Macht D Brust.30 demonstriert, Konkurrenz ausgeübt oder Respektlosigkeit zum Ausdruck gebracht. 3.2. Schuldumkehr Sexuelle Belästigung wird im Job oft nicht als hang mit sexueller Belästigung kommt es deshalb solche erkannt. An viele diskriminierende Verhal- immer wieder zu einer sogenannten Schuldum- tensweisen, Begriffe oder Bemerkungen hat man kehr. Das bedeutet, die belästigte Person wird sich im Alltag offenbar gewöhnt. Im Zusammen- beschuldigt, etwas missverstanden zu haben oder
den Vorfall zu ernst zu nehmen. Sexuelle Belästi- Beispiel aus der Beratung der Antidiskriminie- gung wird dann fälschlicherweise als Flirtversuch rungsstelle: verharmlost. Am Arbeitsplatz kann das so weit gehen, dass der belästigten Person üble Nachrede Eine Frau wendet sich an die Beratung der Antidis- oder Mobbing unterstellt wird. kriminierungsstelle, weil ihr mit einer Kündigung gedroht wird. Sie hat sich an ihren Vorgesetzten Für die Betroffenen wird sexuelle Belästigung gewandt, nachdem sie von zwei Kollegen unange- dann zum doppelten Nachteil: Ihnen wird einer- messen angefasst worden ist. Statt der Beschwerde seits vollkommen ungerechtfertigt eine Mit- nachzugehen, unterstellt der Vorgesetzte der Frau, schuld zugesprochen. Andererseits wird ihnen dass sie lügt. Er hat sie deshalb aufgefordert, die die Möglichkeit genommen, sexuelle Belästigung Anschuldigungen in einer Mail an alle Beschäftigten als solche zu benennen. Damit werden belästigte zurückzunehmen. Sie weigert sich, die E-Mail zu Personen davon abgebracht, sich zu wehren. Sie schreiben, weshalb ihr mit der Kündigung gedroht werden ein zweites Mal zum Opfer.31 wird. Sowohl für Betroffene als auch für Arbeitgeber ist Im Beratungsgespräch berichtet die Frau von ihrer es wichtig zu wissen: Beschäftigte haben immer Wut und gleichzeitigen Verunsicherung. Eine Kün- das Recht, sich gegen sexuelle Belästigung zu digung kann sie finanziell nicht überbrücken. Die wehren. Die Verantwortung für belästigendes Beraterin der Antidiskriminierungsstelle bietet der Verhalten tragen immer diejenigen, die belästigen Betroffenen an, eine Stellungnahme des Unterneh- – niemals die Leidtragenden. mens anzufragen. Die Frau lehnt das zunächst ab. Kurze Zeit später wird sie freigestellt und dann gekündigt. Die Frau wendet sich erneut an die Beratung. Die Beraterin klärt sie auf, dass eine Stellungnahme nach der Kün- digung nichts mehr bewirkt. Nach der Kündigung ist es für die Betroffene nur noch möglich, eine Kün- digungsschutzklage einzureichen. Die Klage muss spätestens drei Wochen nach Erhalt der schriftli- chen Kündigung eingereicht werden. 3.3. Wie wirkt sich sexuelle Belästigung auf die Betroffenen und den Betrieb aus? Sexuelle Belästigung wirkt sich sowohl auf die tigte Personen nicht trauen, sich zu beschweren physische als auch auf die psychische Gesundheit oder ihre Beschwerde nicht ernst genommen von Betroffenen aus. Das kann von Angst, Scham wird. Das führt oft dazu, dass betroffene Personen und Ekel bis hin zu Schlafstörungen und Depres- sich gezwungen sehen zu kündigen oder arbeits- sionen reichen.32 Dabei kann zwischen kurzfris- unfähig werden.33 tigen und langfristigen Folgen unterschieden werden. Sexuelle Belästigung hat aber nicht nur indivi- duelle Folgen. Sexuelle Belästigung schadet dem Sexuelle Belästigung kann dazu führen, dass die Betriebsklima insgesamt und kann die gesamte Arbeitsmotivation von Betroffenen beeinträchtigt Belegschaft sowie den Ruf des Betriebs negativ wird, sie unkonzentriert sind oder krank werden. beeinflussen. Das ist vor allem dann der Fall, wenn sich beläs-
Psychische und physische Folgen von sexueller Belästigung Kurzfristige Folgen Langfristige Folgen ———— Ärger und Aggression ———— Gefühl der Minderwertigkeit ———— ———— Schlaflosigkeit Verlust des Selbstvertrauens Migräne Beziehungsschwierigkeiten ———— ———— Magenschmerzen Angstzustände Verlegenheit und Scham Schlafstörungen ———— ———— Angst und Hilflosigkeit Konzentrationsschwierigkeiten Schock und Ohnmacht Arbeitsunfähigkeit —— —— Schuld Depression Ekel Panikattacken ! S exuelle Belästigung kann auf die Betroffenen schwere Auswirkungen bis hin zur Arbeits unfähigkeit haben. ! S exuelle Belästigung kann sich negativ auf das Betriebsklima und den Ruf des Unternehmens auswirken.
4. Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: Rechte, Pflichten und Handlungsstrategien 4.1. Betroffene Jeder Mensch reagiert anders auf sexuelle Beläs- Beschwerderecht nach § 13 AGG tigung. Jeder Vorfall von sexueller Belästigung ist unterschiedlich. Deshalb gibt es keine Verhal- Alle Beschäftigten haben das Recht, im Betrieb tenstipps, die immer anwendbar sind. Vor allem bei der zuständigen Stelle Beschwerde einzulegen, am Arbeitsplatz herrscht viel Unsicherheit darü- wenn sie das Gefühl haben, nach dem AGG be- ber, wie mit sexueller Belästigung umgegangen nachteiligt worden zu sein. Das gilt also auch für werden soll. Viele Betroffene gehen nicht gegen sexuelle Belästigung. Die Beschwerdestelle muss sie vor. Viele haben Angst, die Situation falsch im Betrieb bekannt gemacht werden (§ 12 Abs. einzuschätzen oder durch eine Beschwerde 5 AGG). Die Beschwerdestelle muss sich mit der Nachteile zu erfahren. Beschwerde auseinandersetzen, sie prüfen und die betroffene Person über das Ergebnis der Prüfung In der akuten Situation hilft es in vielen Fällen, informieren. Beschäftigten, die eine Beschwerde der belästigenden Person deutlich zu machen, eingelegt haben, dürfen daraus keine Nachteile dass man sich sexuell belästigt fühlt. Das geht entstehen. Abmahnungen oder Kündigungen sowohl mündlich als auch schriftlich. Auch die wegen einer Beschwerde sind also verboten (§ 16 Ankündigung von Konsequenzen, falls das beläs- Abs. 1 AGG). Außerdem haben Beschäftigte den tigende Verhalten nicht aufhört, ist legitim. Aber: Anspruch auf vorbeugende und unterbindende Eine direkte und unmittelbare Reaktion ist nicht Schutzmaßnahmen durch den Arbeitgeber (§ 12 immer möglich. Betroffene dürfen sich auch Abs. 1 – 4 AGG). nachträglich beschweren. 4.1.1. Rechte von Betroffenen ! ei Beschwerden gilt: Je früher die sexuelle B Belästigung gemeldet wird, desto besser. Für Beschwerden selbst gibt es aber keine Fristen. Fristen sind aber dann zu berücksichtigen, Das AGG sieht für Betroffene drei zentrale Rechte wenn betroffene Personen Ansprüche auf vor: Schadensersatz oder Entschädigung geltend —— machen wollen. Beschwerderecht (§ 13 AGG) —— Leistungsverweigerungsrecht (§ 14 AGG) ! ei sexueller Belästigung ist es für Betroffene B —— nspruch auf Entschädigung und Schadens- A ersatz (§ 15 AGG) sinnvoll, jeden einzelnen Vorfall zu dokumentieren. ! s kann sinnvoll sein, sich vertrauensvoll an E Kolleginnen oder Kollegen zu wenden. Hier ist jedoch eine gewisse Vorsicht geboten: Die Verschwiegenheit der Vertrauensperson ist eine wichtige Voraussetzung.
Ihre Beschwerde können Betroffene darüber hinaus gemäß Betriebsverfassungsgesetz auch an den Betriebsrat richten (§ 84 BetrVG). In man- ! ür Beschäftigte ist nicht immer erkennbar, ob F eine Maßnahme ungeeignet ist. Im Zweifelsfall müssen Beschäftigte die Rechtfertigung für die chen Fällen ist die Beschwerdestelle ohnehin dort Leistungsverweigerung beweisen. eingerichtet und keine gesonderte Stelle. In jedem ! Fall muss der Arbeitgeber dafür sorgen, dass die S ind die Voraussetzungen für eine Leistungs sexuelle Belästigung in Zukunft unterbleibt. verweigerung nicht gegeben, sind Arbeitgeber ggf. zu einer Kündigung berechtigt. Leistungsverweigerungsrecht nach § 14 AGG ! eschäftigte sollten sich deshalb auf jeden Fall B juristisch beraten lassen, bevor sie die Arbeit niederlegen. Wenn der Arbeitgeber keine wirksamen Maßnah- men ergreift, um die betroffene Person zu schüt- zen, kann man als „letztes Mittel“ der Arbeit fern bleiben und weiterhin das volle Gehalt verlangen, Ansprüche auf Schadensersatz um weiteren sexuellen Belästigungen zu entge- und Entschädigung nach § 15 AGG hen. Das gilt aber nur dann, wenn der Arbeitgeber nichts zum Schutz vor sexueller Belästigung Von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz Betrof- unternimmt oder die Maßnahmen ungeeignet fene haben in einigen Fällen ihrem Arbeitgeber sind. In jedem Fall sollte der Arbeitgeber vor der gegenüber einen Anspruch auf Schadensersatz bzw. Leistungsverweigerung schriftlich und unter Entschädigung. Das heißt zum Beispiel: Arzt- oder Angabe der Gründe informiert werden. Therapiekosten, die wegen der sexuellen Belästi gung entstanden sind, müssen übernommen wer- Sonderfälle und Schutzlücken I: Was passiert, wenn … … die sexuelle Belästigung vom Arbeitgeber ausgeht? … die belästigte Person freiberuflich beschäftigt ist? Wenn die sexuelle Belästigung von der Geschäfts- Das AGG schützt freie Mitarbeiterinnen und Mitar- führung oder dem Inhaber bzw. der Inhaberin der beiter, Honorarkräfte oder Beschäftigte auf Werkver- Firmen ausgeht, läuft der Rechtsschutz teilweise ins tragsbasis nicht vor sexueller Belästigung während Leere. Der Arbeitgeber wird sich nicht selbst sankti- des Auftragsverhältnisses. Das AGG schützt freibe- onieren. Betroffene Personen haben zwar weiterhin rufliche Beschäftigte nur dann, wenn z. B. ein Auf- einen Schadensersatz- bzw. Entschädigungsanspruch, traggeber sexuelle Handlungen zur Bedingung für die mittelfristig bleibt der belästigten Person aber oft nur Erteilung eines Auftrags macht. die Kündigung, wenn eine weitere Zusammenarbeit nicht möglich ist. Das bedeutet aber nicht, dass freiberuflich Beschäftig- te völlig schutzlos sind. Die zivil- und strafrechtlichen … die sexuelle Belästigung vom Ausbilder oder der Bestimmungen im Zusammenhang mit Beleidigung Ausbilderin ausgeht? bzw. (sexueller) Nötigung gelten selbstverständlich trotzdem. Auszubildende müssen genauso geschützt werden wie alle anderen Beschäftigten. Verletzen Arbeitgeber ihre Für freie Mitarbeiter, die sich in einem arbeitneh- Schutzpflicht, kann je nach Betrieb die Gewerbeauf- merähnlichen Verhältnis befinden (sog. feste freie sicht oder die Berufskammer eingeschaltet werden. Mitarbeiter), gilt der AGG-Schutz wie für alle anderen Dem Betrieb kann dann die Ausbildungseignung aber- Beschäftigten. kannt werden (vgl. § 33 Berufsausbildungsgesetz BBiG). Das gilt vor allem auch dann, wenn die mit der Ausbil- dung betraute Person gleichzeitig Arbeitgeber ist.
den (Schadensersatz). Auch ein Schmerzensgeld Beispiel aus der Beratung der Antidiskriminie- ist möglich (Entschädigung). Hier sind die kurzen rungsstelle: Fristen von zwei Monaten zu berücksichtigen. Arbeitgeber haften für eine sexuelle Belästigung, Eine Arbeitnehmerin wird über einen mehrmonati- wenn die sexuelle Belästigung von einer Person gen Zeitraum von ihrem Kollegen sexuell belästigt. ausgeht, die Arbeitgeberfunktionen wahrnimmt Sie spricht darüber mit ihrem Teamleiter. Daraufhin oder Weisungsrecht hat: Vorgesetzte, Personal wird ein Gespräch zwischen dem Teamleiter, der leitungen, Geschäftsführung oder Vorstandsmit- Betroffenen und dem Belästiger eingeleitet. Das glieder. Bei sexueller Belästigung durch Kollegin- Gespräch führt jedoch zu keinem Ergebnis. Die Frau nen oder Kollegen haften Arbeitgeber nur, wenn informiert den Personalrat. Dessen Hinweis lautet, sie keine Schutzmaßnahmen ergriffen haben und dass sie dem Kollegen ihre Ablehnung deutlicher es erneut zu einem Vorfall kommt. kundtun soll. Weiter unternimmt der Personalrat nichts. ! ie Ansprüche müssen innerhalb von zwei D Monaten schriftlich beim Arbeitgeber geltend gemacht werden. Ihre Höhe muss einzeln beziffert Da sie betriebsintern keine Handlungsmöglichkeiten mehr sieht, meldet sich die Frau bei der Beratung werden. Dabei genügt eine ungefähre Zahl. Die der Antidiskriminierungsstelle. Der Berater macht Frist gilt ab dem Zeitpunkt des Vorfalls. ihr deutlich, dass es sich bei dem Verhalten ihres Kollegen um einen Verstoß gegen das AGG handelt. ! Außerdem erklärt der Berater, dass sowohl Teamlei- Nachdem die Ansprüche beim Arbeitgeber ter als auch Personalrat falsch mit der Beschwerde geltend gemacht wurden, haben Betroffene der Beschäftigten umgegangen sind. Weder Gegen- drei Monate Zeit, um die Ansprüche beim überstellungen noch Schuldumkehr sind im Zusam- Arbeitsgericht einzuklagen. menhang mit sexueller Belästigung am Arbeitsplatz angemessen. 4.1.2. Hilfe und Beratung Der Berater rät der Frau, sich direkt bei ihrem Ar- beitgeber zu beschweren. Dieser hat die gesetzliche Es kann viel Energie kosten, gegen sexuelle Beläs- Pflicht, ihrer Beschwerde nachzugehen. Zur Unter- tigung am Arbeitsplatz vorzugehen. Aber: Sexuelle stützung sollte sie außerdem die Gleichstellungs Belästigung zu erdulden und sich nicht zu weh- beauftragte hinzuziehen. Weiter wird ihr der Hin- ren, kann langfristig noch höhere gesundheitliche weis gegeben, sich anwaltlich beraten zu lassen. und berufliche Kosten nach sich ziehen. Hilft eine Die Betroffene hat unter Umständen einen An- direkte Intervention nicht, sollten Betroffene spruch auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld. deshalb unbedingt eine Beschwerde in Betracht ziehen. Juristischen Rat holen sich betroffene Personen Grundsätzlich gibt es Stellen, die Betroffenen am besten schon, bevor die Beschwerde beim Hilfe und Unterstützung anbieten. Innerhalb des Arbeitgeber eingereicht wird. Denn: Es ist wichtig, Betriebs sind das der Personal- oder Betriebsrat, dass sich Betroffene über mögliche Fallstricke be- Gleichstellungsbeauftragte, direkte Vorgesetzte wusst sind. Kostenlose Erstberatung bekommen oder die Personalabteilung. Außerhalb des Be- sie zum Beispiel bei der Antidiskriminierungs- triebs können Gewerkschaften, Anwältinnen und stelle des Bundes oder beim Hilfetelefon Gewalt Anwälte, Frauenberatungsstellen oder die Anti gegen Frauen. Dort werden Betroffene außerdem diskriminierungsstelle des Bundes weiterhelfen. über regionale Hilfs- und Beratungsangebote in ihrer Nähe informiert und auf Wunsch dorthin vermittelt.
Welche Aufgaben haben Gleichstellungs- und Frauenbeauftragte im Belästigungsfall? Im Belästigungsfall beraten und begleiten in den meisten Fällen Gleichstellungs- und Frauenbeauf- —— Hinweise für die Beschwerde geben: z. B. Mobbingtagebuch führen, Arztbesuche als tragte die betroffene Person. Sie sollen ausschließlich Beweismittel die Interessen der Betroffenen vertreten und sind zur Verschwiegenheit verpflichtet. Konkret können Gleichstellungsbeauftragte: —— e rmitteln, ob es weitere Betroffene gibt oder jemand die Belästigung bezeugen kann (wegen Verschwiegenheitspflicht nur in Rücksprache —— Betroffene dabei unterstützen, ihre Glaubwür- digkeit zu stärken —— mit der betroffenen Person) räventive Maßnahmen und Verfahrensver- p besserungen initiieren Was können Beschäftigte tun, wenn sie sexuelle Belästigung beobachten? Auch für Beschäftigte, die sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz beobachten, ist ein Eingreifen nicht —— sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz themati- sieren immer einfach. Selbst wenn jemand nicht direkt von —— direkte Intervention während eines Vorfalls —— der Belästigung betroffen ist: Es ist immer schwierig, das Fehlverhalten anderer zu thematisieren. Dies egleitung anbieten, wenn die belästigte Per- B gilt gerade dann, wenn die sexuelle Belästigung von son Beratung aufsucht Vorgesetzten ausgeht. Aktives Einschreiten ist nicht immer möglich. Man kann Betroffene aber auf ver- —— Unterstützung anbieten, wenn sich die betrof- fene Person zur Wehr setzt —— schiedene Arten unterstützen: —— als Zeugin oder Zeuge zur Verfügung stehen g rundsätzliche Aufmerksamkeit gegenüber belästigendem Verhalten Verschwiegenheit ist bei Kolleginnen und Kollegen —— ilfe anbieten, wenn es Anzeichen für eine H sexuelle Belästigung gibt besonders wichtig. Sonst kann der belästigten Person üble Nachrede unterstellt werden. Hilfe- und Beratungstelefon der Antidiskriminie- Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen rungsstelle des Bundes Rund um die Uhr. Bei Bedarf mit Dolmetscherin. Mo. 13–15 Uhr, Mi. und Fr. 9–12 Uhr Tel.: 030/185551855 Weitere Hilfs- und Beratungsangebote unter: www.antidiskriminierungsstelle-datenbanken.de
4.1.3. Nach der Beschwerde Grundsätzlich gilt: Nicht bei jeder Form der se- xuellen Belästigung ist eine Kündigung oder eine Der Schutz von Betroffenen vor sexueller Beläs- Versetzung verhältnismäßig. Außerdem können tigung am Arbeitsplatz ist leider nicht überall Kündigungen nicht immer fristlos ausgesprochen selbstverständlich. Es passiert immer wieder, dass werden. Versetzungen müssen arbeitsorgani- Beschwerden verharmlost werden oder sich sogar satorisch und räumlich möglich sein. In vielen negativ auf die Belästigten auswirken. Das sollte Fällen muss die betroffene Person also weiter mit Betroffene nicht davon abhalten, eine Beschwerde der belästigenden Person zusammenarbeiten. Ist einzureichen. Es lohnt sich aber, sich über mögli- sie hierzu psychisch nicht in der Lage, ist für die che Konsequenzen bewusst zu sein. betroffene Person oft der einzig gangbare Weg, sich selbst in eine andere Abteilung versetzen zu lassen. Weitere Zusammenarbeit mit der belästigenden Person Nach einer Beschwerde besteht häufig der nach- vollziehbare Wunsch, der belästigenden Person im Arbeitsalltag nicht mehr zu begegnen. Bis zur Klärung des Vorfalls sind Sanktionen oder Verset- zungen aber unverhältnismäßig. Das kann vorü- bergehend gelöst werden, indem die betroffene Person freigestellt oder krankgeschrieben wird, bis der Vorfall der sexuellen Belästigung aufge- klärt ist. Allerdings besteht kein Rechtsanspruch auf eine solche Freistellung. Sonderfälle und Schutzlücken II: Was passiert, wenn … … der belästigten Person üble Nachrede unterstellt beschäftigung. Den gibt es nur, wenn der Arbeitgeber wird? nachweisbar eine Weiterbeschäftigung zugesagt hat oder andere eindeutige Indizien einen Zusammen- Der Vorwurf der üblen Nachrede kann eine Kündi- hang zwischen Beschwerde und der Nichtverlänge- gung wegen Störung des Betriebsfriedens zur Folge rung des Arbeitsverhältnisses nahelegen. In solchen haben. In diesem Fall muss die betroffene Person in- Fällen sollten sich Betroffene auf jeden Fall juristisch nerhalb von drei Wochen eine Kündigungsschutzklage beraten lassen. erheben. Im Zusammenhang mit sexueller Belästi- gung sind solche Kündigungen in der Regel unwirk- … die belästigte Person nach der Beschwerde sam. Arbeitgeber müssen in diesem Fall nachweisen, gemobbt wird? dass die betroffene Person die Unwahrheit gesagt hat. Das ist vor Gericht nur sehr schwer nachzuweisen. Betroffene berichten immer wieder, dass sie gemobbt Das Gleiche gilt für Unterlassungs- und Verleum- werden. Die Gründe dafür sind verschieden: Zum Bei- dungsklagen seitens der belästigenden Person. spiel kann es sein, dass die beschuldigte Person, sich wegen der Beschwerde an der betroffenen Person … das Arbeitsverhältnis nicht verlängert wird? rächen will. Vor der Beschwerde kann Mobbing das Ziel haben, die betroffene Person einzuschüchtern. Es kommt vor, dass ein befristetes Arbeitsverhältnis In jedem Fall sind Arbeitgeber auch in Mobbingfällen der belästigten Person nicht verlängert wird. Ähn- zum Schutz ihrer Beschäftigten verpflichtet. Für Be- lich wie bei der Kündigung wird hier die belästigte troffene empfiehlt sich deshalb auch hier, die Vorfälle Person fälschlicherweise beschuldigt. In der Regel zu dokumentieren. besteht in solchen Fällen kein Anspruch auf Weiter-
4.2. Arbeitgeber 4.2.1. Allgemeine Pflichten Zeiten der Anlaufstellen) müssen allen Beschäf- tigten bekannt gemacht werden. Die Informati- on sollte mindestens über einen Aushang oder Schutzpflicht eine E-Mail erfolgen. Die Beschwerdestelle ist verpflichtet, jeder Beschwerde nachzugehen. Sie Nach dem AGG hat jeder Arbeitgeber seinen ist auch verpflichtet, den Arbeitgeber über jede Beschäftigten gegenüber eine Schutzpflicht (§ 12 Beschwerde zu informieren. AGG). Demnach sind Arbeitgeber dazu verpflichtet, sexuelle Belästigung zu verhindern. Das bedeutet Gleichzeitig gilt das Maßregelungsverbot (§ 16 einerseits, dass durch Information und Prävention AGG): Beschäftigten, die eine Beschwerde ein sexuelle Belästigung verhindert wird. Anderer- reichen, dürfen dadurch keine Nachteile ent- seits muss nach einem Vorfall durch Sanktionen stehen, unabhängig davon, ob die Beschwerde und andere Maßnahmen der künftige Schutz der begründet oder unbegründet ist. betroffenen Person gewährleistet werden. Beschwerdestelle und ! Die Beschwerdestelle muss allen Beschäftigten bekannt gemacht werden. Informationspflicht Alle Arbeitgeber sind verpflichtet, eine Beschwer- destelle für betroffene Beschäftigte einzurichten. ! J eder Beschwerde muss nachgegangen werden. Beschäftigten, die eine Beschwerde einreichen, dürfen daraus keine Nachteile entstehen. Die Stelle bzw. Person (einschließlich Orte und Einrichtung der Beschwerdestelle Das AGG schreibt die Bestimmung einer Beschwer- Denn: Die Beschwerdestelle übernimmt destelle vor, um das Beschwerderecht von Beschäf- mit der Prüfung und Ergebnismitteilung bei tigten zu gewährleisten. Arbeitgeber können eine AGG-Beschwerden Arbeitgeberfunktionen. konkrete Person als Beschwerdestelle benennen oder Die Stelle muss also nach eigenem Ermessen eine eigene Stelle einrichten. z. B. Akten einsehen oder Zeuginnen bzw. Zeugen anhören können und sie muss objektiv Die konkrete Ausgestaltung der Stelle und des handeln.) Beschwerdeverfahrens werden grundsätzlich den Arbeitgebern überlassen. Bei der Einrichtung sollten jedoch folgende Hinweise berücksichtigt werden. —— Der Zugang zur Beschwerdestelle sollte mög- lichst niedrigschwellig und vor allen Dingen barrierefrei sein. Außerdem sollten die Belan- ge von Teilzeitbeschäftigten miteinbezogen Hinweise zur Organisation: —— werden. In der Praxis wird die Beschwerdestelle oft beim Betriebsrat, bei Gleichstellungs- oder bei Behindertenbeauftragten angesiedelt. (Hier ist —— ei sexueller Belästigung sollte es möglich B sein, die Beschwerde bei einer Person des eigenen Geschlechts vorbringen zu können. —— zu prüfen, ob keine persönlichen oder organi satorischen Interessenkonflikte entstehen. Die Mitglieder der Beschwerdestelle sollten Sie können z. B. im Zusammenhang mit Arbeit- das Vertrauen der Beschäftigten haben. geberfunktionen entstehen.
4.2.2. Im Beschwerdefall: Vorgehen und Erstgespräch ! rbeitgeber müssen jede Beschwerde ernst A nehmen, prüfen und dafür sorgen, dass belästigendes Verhalten aufhört. ! Arbeitgeber müssen bei einer Beschwerde auf ertraulichkeit ist eine wichtige Voraussetzung V jeden Fall handeln. Sexuelle Belästigung sollte für den Umgang mit sexueller Belästigung. nicht als Problem von Einzelpersonen, sondern Gerüchte sollten unbedingt vermieden werden: als Problem des gesamten Betriebs verstanden zum Schutz der Betroffenen und zum Schutz werden. Sie schadet dem Betriebsklima und der des Betriebsklimas. Beschäftigte, die vertraulich Produktivität der Beschäftigten. Ein geregeltes befragt werden und trotzdem Informationen Beschwerdeverfahren ist eine wichtige Vorausset- weitergeben, können entsprechend sanktioniert zung für einen verantwortungsvollen Umgang werden. mit Vorfällen von sexueller Belästigung. Im Beschwerdefall stellt neben allgemeinen Ver- fahrensregeln vor allem auch die praktische 4.2.3. Nach der Beschwerde: Handhabe der Beschwerde eine Herausforderung Vorgehen und Personalgespräch für Arbeitgeber dar. Der Umgang und die Prüfung einer Beschwerde sollten deshalb praxisnah und detailliert geregelt bzw. vorbereitet sein. Doppelrolle bei der Schutzpflicht Das Erstgespräch Grundsätzlich befinden sich Arbeitgeber in einer Doppelrolle. Sie haben eine Schutz- und Fürsor- Im Erstgespräch sollten Arbeitgeber darauf achten, gepflicht gegenüber allen Beschäftigten. Im Falle den Vorfall so gut wie möglich zu erfassen. Das einer Beschwerde bedeutet das: Schützen Arbeit- Gespräch sollte transparent sein und der betrof- geber die betroffene Person nicht, machen sie fenen Person Sicherheit geben. Es ist sehr un- sich schadenersatzpflichtig. Sind die Sanktionen wahrscheinlich, dass Menschen eine Beschwerde gegenüber der belästigenden Person unverhält- einreichen, nur um anderen zu schaden. Denn: nismäßig, haften Arbeitgeber gegenüber diesen Beschwerden über sexuelle Belästigung kosten die Beschäftigten. Betroffenen viel Energie. Allgemeine Hinweise zum Beschwerdeverfahren: —— ie Beschwerde muss vom Arbeitgeber D geprüft werden. Die Bearbeitung kann grund- —— as Ergebnis der Prüfung ist der beschwerde- D führenden Person mitzuteilen. Das Ergebnis sätzlich an die Beschwerdestelle delegiert soll begründet werden, insbesondere bei einer werden. Der Arbeitgeber muss aber trotzdem Zurückweisung der Beschwerde. weiterhin die Möglichkeit haben, selbst ab- schließend über den Sachverhalt zu entschei- den. —— as Ergebnis sollte innerhalb einer angemesse- D nen Zeit (zwei Wochen) mitgeteilt werden. —— Die Vorgänge sollten dokumentiert, aber Die Beschwerde muss mit sämtlichen Mitteln getrennt von den Personalakten aufbewahrt aufgeklärt werden, die dem Arbeitgeber bzw. werden. Eine Beispielvorlage zur Dokumenta der Beschwerdestelle zur Verfügung stehen. tion einer Beschwerde sowie zur Mitteilung des Das heißt beispielsweise, dass alle betroffenen Ergebnisses an die beschwerdeführende Per- Parteien angehört werden sollen. son befindet sich im Anhang dieser Broschüre.
Anleitung für das Erstgespräch: Wie sollen Personalverantwortliche mit einer Beschwerde zu sexueller Belästigung umgehen? 1. Zu Gesprächsbeginn: 3. Unterstützung zusichern: —— Die betroffene Person sollte ausreichend Zeit haben, den Vorfall zu schildern. —— Signalisieren, dass der Vorfall ernst genommen wird. —— Am Anfang wenige Fragen stellen und so we- nig wie möglich unterbrechen. —— Weiteren Gesprächstermin vereinbaren, um nächste Schritte bzw. Ergebnisse zu bespre- —— Für Notizen vorher die Erlaubnis einholen bzw. erklären, wofür sie benötigt werden. —— chen. Nächste Schritte transparent machen: Welche Informationen bekommt die beschuldigte 2. Im Gesprächsverlauf: Person? Welche Maßnahmen sind möglich —— Vertraulichkeit thematisieren: Wie wird mit der Beschwerde umgegangen? Wer muss —— und beabsichtigt? ur Maßnahmen zusichern, die eingehalten N informiert werden? werden können. —— Die eigene Rolle (Arbeitgeber, Betriebsrat, Gleichstellungsbeauftragte) sollte verständlich —— uf externe Unterstützung durch Beratungs- A stellen, Familie und Nahestehende, Ärztinnen erklärt werden. und Ärzte und therapeutische Fachkräfte —— Den Vorfall so umfangreich wie möglich erfassen. hinweisen. —— 4. Nach dem Gespräch: Eigene Fragen und Nachfragen erklären. Transparenz ist wichtig, damit nicht der Ein- —— Alle Verfahrensschritte nur in Rücksprache mit der betroffenen Person durchführen. —— druck eines Verhörs und keine Missverständ- nisse entstehen. ie betroffene Person sollte in jedem Fall D —— Deutlich machen, dass detaillierte Angaben informiert werden, bevor die beschuldigte Person mit den Vorwürfen konfrontiert wird. —— über Zeuginnen und Zeugen oder Gedächt- nisprotokolle wichtig sind. I nsbesondere wenn Dritte einbezogen werden: Einverständnis der betroffenen Person einholen. —— Gegenüberstellungen sind kein geeignetes Mit- tel und sollten unbedingt vermieden werden. In der Praxis kann das dazu führen, dass Arbeit- geber nichts tun, um keine Fehler zu machen. Das ist rechtlich aber immer falsch. Um die ! I m Beschwerdefall nichts zu tun, ist rechtlich immer die falsche Entscheidung. ! Verhältnismäßigkeit von Sanktionen zu gewähr- aßnahmen müssen die Situation der M leisten, müssen Arbeitgeber das mildeste Mittel Betroffenen verbessern. Gleichzeitig müssen ergreifen. Das heißt: Maßnahmen und Sanktionen Sanktionen angemessen sein. einleiten, die sexuelle Belästigung beenden und eine gute Zusammenarbeit im gesamten Betrieb sichern. ! weifel an einer Beschwerde sind nur berechtigt, Z wenn die beschuldigte Person glaubhaft ihre Unschuld vermittelt.
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