Trumps Eisbrecher - PI-NEWS

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Trumps Eisbrecher

Von DANIELL PFÖHRINGER | Er war die Hassfigur der US-Linken,
seine Radiosendung erreichte regelmäßig 15 Millionen Zuhörer,
Trump zeichnete ihn zuletzt noch mit der Medal of Freedom aus:
Nun ist eine starke Stimme des konservativen Amerikas für
immer verstummt. Ein Nachruf auf Rush Limbaugh.

Der Grundsatz „De mortuis nil nisi bene“ („Über Verstorbene
ist nichts außer Gutes zu sagen“) gilt offenbar nicht für
deutsche Mainstream-Medien. Diesen Eindruck muss man
jedenfalls gewinnen, wenn man die heutigen „Nachrufe“ (besser:
Nachtritte) auf den legendären US-Radiomoderator Rush Limbaugh
liest, der am Mittwoch in Palm Beach, Florida, im Alter von 70
Jahren seinem schweren Krebsleiden erlag.

Der Spiegel nennt Limbaugh einen „Brandstifter“ und schreibt:

„Die heutige Bedrohung Amerikas durch Propaganda,
Pseudopopulisten und Politkultisten ist sein Nachlass.
Limbaugh juxte, bevor einem das Lachen verging, er zündelte,
bevor es brannte, er war QAnon, bevor es QAnon gab. Vor Fox
News, vor Trump, vor dem Angriff aufs Kapitol, den er, längst
von Krankheit gezeichnet, herunterspielte.“

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung sekundiert: „Er bereitete
der Spaltung Amerikas den Weg.“ Limbaugh habe „Rassismus und
Hass getarnt als Humor“ verbreitet.

Nicht besser die Linksmedien in den USA: „Rush Limbaugh machte
Amerika schlechter“, meint The New Republic, er sei „ein
Schandfleck“ gewesen, schreibt Esquire, er habe für „schamlose
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Toxizität“ gestanden, ätzt die Washington Post, die New York
Times macht ihn mitverantwortlich für den „Hass des rechten
Lagers“. Lediglich Breitbart, Fox News und The American
Conservative von Pat Buchanan veröffentlichten angemessene
Nachrufe.

Donald Trump, der Limbaugh erst im Februar 2020 mit der
Presidential Medal of Freedom – der höchsten zivilen
Auszeichnung der Vereinigten Staaten – geehrt hatte, würdigte
den Verstorbenen am Mittwoch als „fantastischen Mann“. Der
Radiomoderator habe ein unglaubliches Gespür für Politik
gehabt und ihn von Anfang an unterstützt, so der Ex-Präsident.
„Er ist eine Legende.“ Zudem hob Trump hervor: „Rush war der
Meinung, dass wir gewonnen haben. Ich auch.“ Er sei „ziemlich
wütend deswegen“ gewesen. Das habe Limbaugh mit vielen
Menschen in den USA, die sich wegen den Wahlbetrugs über den
Tisch gezogen fühlen, gemein gehabt.

Ehrung: Melania Trump legt einem sichtlich bewegten Limbaugh
die Presidential Medal of Freedom an.
Feind der „Feminazis“

Rush Limbaugh erblickte 1951 in Cape Girardeau im US-
Bundesstaat Missouri das Licht der Welt. Sein Vater war
Kampfflieger im Zweiten Weltkrieg, sein Onkel Stephen ein Top-
Jurist, der später von Ronald Reagan zum Bundesrichter ernannt
wurde. Schon früh ging Limbaugh zum Radio, zu einer der
bekanntesten Medienpersönlichkeiten in der USA wurde er
schließlich durch seine Rush Limbaugh Show, die täglich für
drei Stunden auf mehreren Frequenzen ausgestrahlt wurde und
regelmäßig bis zu 15 Millionen Zuhörer an die Geräte lockte.
Hierzu muss man wissen: Die Radiokultur ist in den USA
ausgeprägter als bei uns, populäre Moderatoren („Hosts“)
avancieren dort zu landesweit bekannten Stars, die
Filmschauspielern   und   Showbiz-Größen   das   Wasser   reichen
können.

In der Tat teilte Limbaugh in seinen Shows kräftig aus, war
eher ein Mann fürs Grobe, kein Florettfechter, sondern ein
rechter Haudegen. Dem linksliberalen Establishment stand er
feindselig gegenüber, die meisten Intellektuellen strafte er
mit Verachtung, er selbst sah sich als Stimme des kleinen
Mannes. Von den einfachen, hart arbeitenden Amerikanern wurde
er dafür geliebt.

Mit großer Freude attackierte Limbaugh die Heiligen Kühe der
amerikanischen Linken, etwa der Feministinnen, die er als
„Feminazis“ titulierte. Ein Beispiel: 2012 wandte er sich
wegen einer Washingtoner Jura-Studentin namens Sandra Fluke an
seine    Hörer.    Die   junge    Frau    hatte   vor    einem
Parlamentsausschuss beklagt, dass an ihrer Hochschule, der
katholischen Universität Georgetown, keine kostenfreien
Verhütungsmittel verfügbar seien. Sie und ihre Kommilitoninnen
müssten daher 1.000 Dollar pro Jahr für die Pille ausgeben.

Limbaugh kommentierte dies in seiner Weise:

 „Fluke sagt im Grunde, dass sie dafür bezahlt werden muss,
dass sie Sex hat. Was macht das aus ihr? Es macht doch eine
 Schlampe aus ihr, oder? Es macht eine Prostituierte aus ihr.
 Sie will Geld dafür, dass sie Sex hat. Sie hat soviel Sex,
 dass sie die Verhütungsmittel nicht mehr bezahlen kann. Sie
 verlangt von Ihnen, von mir und den Steuerzahlern, dass wir
 sie dafür bezahlen, dass sie Sex hat.“

Tabubrüche hatten bei Limbaugh Methode. Der überzeugte
Lebensschützer     und   Gegner    der   Homo-Ehe   verglich
Abtreibungskliniken mit „Todeslagern“, Sozialarbeiter nannte
er „Mitleidsfaschisten“, die These vom menschengemachten
Klimawandel war für ihn „Schwindel“, der von „einem Haufen
Wissenschaftler“ verbreitet werde, „die sich um eine
politische Aussage herum organisiert haben“. Zuletzt zweifelte
er auch am offiziellen Corona-Narrativ: Die Maßnahmen gegen
diese „gewöhnliche Erkältung“ fand er überzogen.

Haudrauf mit Herz

Ronald Reagan nannte Limbaugh den „Konservativen Nummer eins“,
er selbst sah sich als „nominellen Parteivorsitzenden“ der
Republikaner. Am liebsten legte er sich mit denen an, die vom
Washingtoner Establishment verhätschelt werden: Schwulen- und
Lesben-Aktivisten, Migranten-Initiativen, Gender-Ideologen.
Die Schwarzen-Bewegung Black Lives Matter bezeichnete er als
„Terrorgruppe“: „Die haben Autobahnen übernommen, die haben
ganze Städte übernommen“, schimpfte er in einer seiner letzten
Sendungen. Die Demonstranten vorm Kapitol nahm er in Schutz.

Im vergangenen Februar – einen Tag vor der Verleihung der
Presidential Medal of Freedom – machte Limbaugh seine
unheilbare Lungenkrebserkrankung öffentlich. Schon seit 1990
hatte er jedes Jahr in seiner Radiosendung zur Unterstützung
der Leukemia & Lymphoma Society aufgerufen, die sich um
Leukämie- und Lymphdrüsenkrebserkrankte kümmert. Limbaugh
selbst spendete der Gesellschaft mehrfach größere Beträge,
insgesamt wohl an die eine Million Dollar. Außerdem engagierte
er sich für die Marine Corps–Law Enforcement Foundation, die
Kinder von Marines-Soldaten und Polizeibeamten unterstützt,
die bei ihrem Einsatz ums Leben kamen. Das war die andere
Seite des Haudraufs – er war ein Konservativer mit Herz.

Nach seiner letzten Sendung am 2. Februar sagte Limbaugh: „Wir
kommen bald wieder!“ Damit meinte er die America-First-
Bewegung um Donald Trump, den Limbaugh von Anfang an
leidenschaftlich unterstützte. Tatsächlich wäre das Phänomen
Trump ohne die populären Radiosendungen des knorrigen
Rechtskonservativen vielleicht gar nicht möglich gewesen. Er
war ein Eisbrecher, der tiefe Schneisen schlug – und vieles
vorwegnahm, was Trump später in politische Erfolge ummünzen
konnte.

(Dieser Text ist im Original erschienen auf compact-online.de)
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