UHZ aktuell - HTX - Ausgabe 36 Oktober 2021 - Universitäts-Herzzentrum Freiburg
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UHZ aktuell Ausgabe 36 • Oktober 2021 Beiträge • MICS-CABG • Rhythmologie • Perkutane Koronar intervention • Pädiatrische HTX • Implementierung IMC-Einheit Empfang eines Herzpatienten im UHZ in Bad Krozingen Foto: Christina Dages
EDITORIAL Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Leserinnen und Leser, noch immer leben wir in bewegten Zeiten. Nach einem Prof. Dr. Dr. h. c. F. Beyersdorf etwas ruhigeren Sommer blicken wir nun aufmerksam, aber Klinik für Herz- und Gefäßchirurgie gut vorbereitet in die kalte Jahreszeit. Das Engagement und der Einsatz im Bereich der Intensivmedizin wurde im August in besonderer Weise durch einen Besuch der Wissenschafts- ministerin Frau Theresa Bauer gewürdigt – mit einer Führung über unsere Intensivstationen in Freiburg und Gesprächen Prof. Dr. Dr. h. c. Ch. Bode mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Ein weiteres Thema Klinik für Kardiologie und Angiologie I ihres Besuches war die Digitalisierung und künstliche Intel- ligenz in der Medizin – ein sich immer schneller entwickeln- des Feld. Am Beispiel des Herzkatheter-Roboters wurde der Ministerin die Zukunft der interventionellen Kardiologie demonstriert. Prof. Dr. P. Kohl Institut für Experimentelle Kardiovaskuläre Medizin Aber auch weitere Themen finden Sie in dieser Ausgabe – mit den neuesten Daten aus dem Bereich der Koronar chirurgie, Einblicken in neue Positionspapiere und ESC- Leitlinien, der Lebensqualität von Kindern nach Herztrans- plantation und vielem mehr. Prof. Dr. F.-J. Neumann Klinik für Kardiologie und Angiologie II Ich wünsche Ihnen viel Freude bei der Lektüre! Mit allen guten Wünschen bin ich Ihr Frau Prof. Dr. B. Stiller Christoph Bode Klinik für Angeborene Herzfehler/Kinderkardiologie P. Bechtel Pflegedirektion 2
INHALT MICS-CABG – Minimal-invasive Bypasschirurgie....................................................................................................................4 Physiologische Herzstimulation (His-Bündel- & Linksschenkel-Stimulation) und neue ESC-Leitlinien .....................................6 Behandlung chronischer Koronarverschlüsse – Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie..........................8 Lebensqualität von Kindern und Jugendlichen nach orthotoper Herztransplantation............................................................10 Pflege: Implementierung einer IMC-Einheit auf der Herz- und Gefäßchirurgischen Intensivstation in Freiburg – ein Rückblick auf die Anfangsphase.....................................................................................................................................12 Forschung: Plötzlicher Herztod bei asymptomatischen Patient*innen mit Aortenstenose......................................................14 Leitlinien: „2021 ESC/EACTS Guidelines for the Management of Valvular Heart Disease“: Was ist neu?..............................16 Wir über uns: Klinisches Wahlfach Notfallsonographie – Sono4Students Freiburg................................................................18 Rückblick: 20. Freiburg · Bad Krozinger Herz-Kreislauf-Tage 2021.......................................................................................20 Presse..................................................................................................................................................................................22 Ausgezeichnete Mitarbeiter*innen/Termine...........................................................................................................................23 Partner am Universitätsklinikum Freiburg • Allgemein- und Viszeralchirurgie • Institut für Umweltmedizin und • Plastische und Handchirurgie • Anästhesiologie und Krankenhaushygiene • Pneumologie Intensivmedizin • Klinische Chemie • Psychiatrie und Psychotherapie • Orthopädie und Unfallchirurgie • Mikrobiologie und Hygiene • Radiologie • Dermatologie und Venerologie • Nephrologie • Thoraxchirurgie • Frauenheilkunde • Neurologie und Neurophysiologie • Transfusionsmedizin • Herzkreislauf-Pharmakologie • Nuklearmedizin • Transplantationszentrum IMPRESSUM Herausgeber: Konzept und Gestaltung: UNIVERSITÄTSKLINIKUM FREIBURG H. Bahr, F. Schwenzfeier Universitäts-Herzzentrum Druck: Verantwortlich: Hofmann Druck, Emmendingen Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. M. Zehender Anschrift: Redaktionsleitung: UNIVERSITÄTSKLINIKUM FREIBURG Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. M. Zehender, Universitäts-Herzzentrum Prof. Dr. J. Minners Standort Freiburg Hugstetter Str. 55 ∙ D-79106 Freiburg Redaktion: E-Mail: uhzaktuell@ H. Bahr, Frau G. Huber, Dr. R. Kubicki, uniklinik-freiburg.de Frau M. Roth, Dr. D. Schibilsky, Frau C. Spitz-Köberich, Frau Dr. J. Verheyen 3
MINIMAL-INVASIVE BYPASSCHIRURGIE MICS-CABG – Minimal-invasive Bypasschirurgie Albi Fagu, Dr. Tim Berger, PD Dr. Wolfgang Bothe und Prof. Dr. Matthias Siepe Seite dargestellt und präpariert. Dahin- mittels RIMA (als sogenannter T-Graft) Einleitung gegen ist die Präparation der rechten oder unter Verwendung von anderen Arteria mammaria wesentlich anspruchs- geeigneten Gefäßen (Arteria radialis, Vena Die minimal-invasive Bypasschirurgie ist voller. Mit Hilfe eines Gewebestabilisa saphena magna) bypassiert werden eine weniger invasive Form der koronaren tors wird das anteriore mediastinale Fett (Abb.1). Eine stärkere Luxation des Her- Bypassoperation über eine links antero- gewebe nach posterior verlagert und zens ist für den Zugang zu der lateralen laterale Thorakotomie. Dieses Verfahren somit der Zugang in die rechte Pleura und posterioren Wand nötig. Hierfür wird kann sowohl mit als auch ohne Verwen- ermöglicht. ein spezielles apikales Saugsystem (Star- dung der Herz-Lungen-Maschine (HLM) Abhängig von der Revaskularisations- fish NS) über die subxyphoidale Inzision erfolgen. Im Folgenden werden wir die strategie kann zeitgleich die Entnahme eingebracht. Während dieses Vorgangs verschiedenen Revaskularisationstech- der Arteria radialis oder der Vena saphena könnte die Hämodynamik des*der niken genauer vorstellen. magna durchgeführt werden. Patient*in beeinträchtigt werden. Um dies Nachdem das Bypassmaterial entnom- zu verhindern, ist eine gute Zusammen- men wurde, wird der*die Patient*in für die arbeit mit der Kardioanästhesie von abso- MICS-CAGB-Technik Revaskularisation vorbereitet. Das Peri- luter Wichtigkeit, um normale Perfusions- kard wird eröffnet und die Koronararterien drücke zu erhalten. Dies kann mittels Der*die Patient*in wird in einer 30°-Rechts werden identifiziert und inspiziert. Volumensubstitution, Schrittmachersti- seitenlage gelagert. Die linke und rechte MICS-CABG kann: (I) ohne HLM (MICS- mulation und Katecholamintherapie Leiste sollten gut erreichbar sein, falls die OPCAB), (II) mit HLM (beating-heart MICS- erreicht werden. Über die laterale Thora- Verwendung der HLM notwendig ist. Als CABG), (III) mit HLM und kardioplegem kotomie lässt sich ebenfalls eine proximale alternatives arterielles Zugangsgefäß kann Kreislaufstillstand oder als (IV) Hybrid Anastomose an der Aorta durchführen. auch die rechte Arteria subclavia verwen- revaskularisationskonzept (HCR) durch- det werden. Eine Einlungenventilation ist geführt werden. Technische Aspekte zumindest für Teile der Operation not- • Linke anterolaterale Thorakotomie wendig. Die Schnittführung erfolgt am 4. MICS-OPCAB erfolgt ohne HLM und 4. oder 5. ICR oder 5. Interkostalraum, abhängig von nach den gleichen Prinzipien wie eine • Präparation der LIMA, RIMA, der Lokalisation des Apex. Dieser Zugang OPCAB-Prozedur in voller Sternotomie. Radialis kann sowohl medial als auch lateral der Die Hilfsmittel zur Positionierung und Sta- • Verwendung eines Gewebe vorderen Axillarlinie durchgeführt werden, bilisierung des Herzens erlauben eine stabilisators und Herzpositionierers je nach Dimension des linken Ventrikels. gute Darstellung, ohne die Sicht des Chi- für eine gute Exposition Ein MICS-Retraktor (Thoratrac. IMAgate, rurgen einzuschränken. Die Reihenfolge marTract) wird eingebracht und die Rip- der Revaskularisation erfolgt ebenfalls pen werden vorsichtig gespreizt um Rip- wie bei dem konventionellen OPCAB- Beating-Heart MICS-CABG penfrakturen zu verhindern. Die Interkos Verfahren, beginnend mit der Vorderwand talmuskulatur wird lateral und medial über die laterale zur posterioren Wand. Die Verwendung der HLM während der getrennt, um die mechanische Bean- Die zu revaskularisierenden Gefäße wer- Operation verhindert die hämodyna- spruchung auf die Rippen zu reduzieren. den identifiziert und mit dem Gewebe- mische Kompromittierung durch die Zwei weitere Hilfsinzisionen (im 6. Inter- stabilisator stabilisiert (Abb.2). Luxation des Herzens. Der Anschluss kostalraum und unterhalb des Xyphoids) Das Gefäß wird inzidiert und ein Shunt der HLM erfolgt über die Leistengefäße zum Einbringen des Stabilisators ermög- wird zur Sicherstellung der kontinuierlichen oder alternativ über die Arteria subclavia lichen eine bessere Übersicht durch die Perfusion während des Nähens der Ana- als arterielles Zugangsgefäß. Dies ermög- Hauptinzision. In der minimal-invasiven stomose eingebracht. Dieser Shunt licht dem*der Chirurg*in eine ausge Bypasschirurgie können verschiedene ermöglicht eine adäquate Perfusion und dehntere Luxation des Herzens, um eine Revaskulationsstrategien durchgeführt ein klares Sichtfeld für den*die Opera vollständige Revaskularisation durch werden. Die linke Arteria mammaria wird teur*in. Die Anastomose wird in üblicher zuführen. Im Falle einer Beating-Heart ebenfalls von der linken Seite dargestellt Technik durchgeführt. Die Sicht durch MICS-CABG-Prozedur wird eine Voll und präpariert. den kleinen Schnitt an der Brustwand auf heparinisierung benötigt. Die Anastomo- Nach dem Darstellen der IMA kann die das Zielgebiet der Vorderwand ist in der sen werden in der gleichen Technik wie Präparation in pedikel- oder skelettierter Regel sehr gut. Diagonal- und hohe bei dem OPCAB-Verfahren angelegt Form erfolgen. Hierbei wird die linke Arte- Marginaläste können ebenfalls ohne grö- (Shunt, Stabilisierungshilfen). ria mammaria ebenfalls von der linken ßere Luxation des Herzens erreicht und 4
Abb. 1: Durchführung der T-Graft-Anastamose Abb. 2: Stabilisierung des R.Marginalis MICS-CABG mit kardioplegem Kreis- lente mittelfristige Ergebnisse im Sinne Minimal-invasive koronare Bypasschir- laufstillstand wird ebenfalls mittels HLM von einer kürzeren Krankenhausaufent- urgie ist eine Alternative zu den her- durchgeführt. Die hierfür notwendige haltsdauer, nicht vorhandener Wund kömmlichen Verfahren. Man kann hier- Aortenklemme wird über eine kleine Hilfs infekte und einer vergleichbaren Über bei auf eine Sternotomie verzichten, inzision eingeführt. Die antegrade Kardio lebensrate verglichen mit herkömmlichen was zu einer kürzeren Krankhausauf- plegie wird über die Hauptinzision direkt Verfahren zeigen. enthaltsdauer und einer früheren Mobi- in die Aorta eingebracht. Die Vorteile von lisation führt. Im Fall des MICS-CABG- MICS-CABG mit kardioplegem Kreislauf- Pro Verfahrens wird das Schlaganfallrisiko stillstand sind die Möglichkeit der vollen • Weniger Invasivität signifikant reduziert. Darüber hinaus Revaskularisation und die hämodyna- – Kleiner Schnitt kann mit entsprechender Erfahrung mische Stabilität während des Verfahrens. – Vermeidung von CPB jede Revaskularisationsstrategie (voll- Auf der anderen Seite ist das Schlag • Kein Risiko für Mediastinitis arteriell, proximale Anastomosen) an- gewandt werden. Hierbei ist das Über- anfallrisiko höher als bei dem MICS- • Kürzerer Krankenhausaufenthalt leben und die Offenheitsrate der OPCAB-Verfahren. Bypasse vergleichbar mit den her- Eine Hybridrevaskularisation besteht kömmlichen Verfahren. aus der chirurgischen Revaskularisation Kontra der Vorderwand (RIVA, R. diagonalis) mit- • Technische Komplexität tels Bypass und der interventionellen • Vollständige Revaskularisierung Behandlung mittels Stentimplantation der nicht immer möglich verbleibenden Stenosen. • Reduzierte LV-Funktion und erweiterter Ventrikel • Reoperation Klinische Ergebnisse Ruel et al konnten bei ihren 91 Patient*in Aktuell gibt es nur kleine Studien, die die nen eine sehr gute Offenheitsrate der klinischen Ergebnisse von Patient*innen, Bypässe belegen. Zum aktuellen Zeitpunkt Kontaktadresse die mittels MICS-CABG behandelt wur- haben nur wenige Zentren weltweit eine Albi Fagu UNIVERSITÄTSKLINIKUM FREIBURG den, evaluiert haben. Im Allgemeinen kann große Erfahrung mit MICS-CABG. Aller- Universitäts-Herzzentrum eine kürzere Krankhausaufenthaltsdauer dings kann angenommen werden, dass Klinik für Herz- und Gefäßchirurgie Hugstetter Straße 55 79106 Freiburg • und eine frühere Mobilisation erwartet minimal-invasive Bypassoperationen die Tel.: 07633-402-2606 werden. McGinn et al. konnten in ihrer herkömmlichen Verfahren bis zu einem E-Mail: albi.fagu@ Serie von 800 Patient*innen bereits exzel- gewissen Maß ersetzen werden. uniklinik-freiburg.de 5
RHYTHMOLOGIE Physiologische Herzstimulation (His-Bündel- & Linksschenkel-Stimulation) und neue ESC-Leitlinien Dr. Johannes Steinfurt und PD Dr. Thomas Faber Prozedurdauer wie Sharma et al. sowie Resynchronisation (CRT) und eine IIb- Hintergrund Studien aus den Herzzentren Leipzig und Indikation bei Patient*innen mit schlankem Bad Oeynhausen zeigen konnten. In QRS-Komplex und geplanter AV-Knote- Die konventionelle Herzstimulation über Freiburg können wir hierfür das CARTO- nablation zur Verhinderung einer tachy- eine Elektrode in der rechtsventrikulären System nutzen (Abb.1). karden AV-Überleitung bei therapie Herzspitze führt zu einer unphysiologisch refraktärem Vorhofflimmern „pace-and- verzögerten, linksschenkelblockartigen ablate“ (Abb. 2). Die His-Bündel-Stimu Ventrikelaktivierung, die in Studien bei Leitlinien lation stellt zudem in beiden Leitlinien einem Stimulationsanteil von >20 % mit bereits eine Alternative zur konventionellen dem Auftreten von Vorhofflimmern, der Die His-Bündel-Stimulation wurde erst- RV-Stimulation bei Patient*innen mit Entstehung einer Herzinsuffizienz und mals 2018 in den amerikanischen Leitli- hohem Stimulationsanteil und leicht- bis einer erhöhten Mortalität assoziiert ist. nien und aktuell auch erstmals in den mittelgradig reduzierter LV-Funktion (USA neuen europäischen Leitlinien von 2021 IIa, Europa IIb) oder permanenten AV- verankert. Demnach hat die His-Bündel- Block und erhaltener LV-Funktion dar. Bei Physiologische Herzstimulation Stimulation eine IIa-Indikation als Bailout- schrittmacherabhängigen Patient*innen Strategie nach erfolgloser Implantation wird von den Autoren die Implantation Bereits im Jahr 2000 konnten Deshmukh einer Koronarsinuselektrode zur kardialen einer Backup-Elektrode empfohlen. et al. bei Patient*innen mit Herzinsuffizienz und Vorhofflimmern zeigen, dass es tech- nisch möglich ist, das Reizleitungssystem direkt über eine im His-Bündel implantierte Schrittmachersonde dauerhaft zu stimu- lieren und so eine physiologische Ventri- kelaktivierung nach AV-Knotenablation zu bewahren. Huang et al. konnten 2017 bei einem Patienten mit Herzinsuffizienz und Linksschenkelblock (LSB) eine Schrittmacherelektrode durch das Septum bis zum linken Schenkel vorbringen und durch direkte Stimulation eine LSB-Kor- rektur mit Normalisierung der linksvent- rikulären Pumpfunktion erzielen. Insbe- sondere in den letzten drei Jahren haben positive Registerstudiendaten zur His- und Linksschenkel-Stimulation, technische Fortschritte (z. B. spezielle Schleusen für die His-Elektrode) und die Verbreitung über das Internet (#dontdisthehis) zu einer Renaissance der physiologischen Herz- stimulation geführt. 3D-Mapping Die rein fluoroskopie-gestützte Implanta- tion einer His-Elektrode kann mit einer relativ hohen Strahlenexposition einher- gehen. Durch Einsatz von 3D-Mapping- Systemen (CARTO u. EnSite) kann diese Abb. 1: 3D-elektroanatomisches Mapping mit integrierter Fluoroskopie zur präzisen und strahlungsarmen His-Markierung und Implantation der His-Elektrode mit dem CARTO- Strahlenbelastung auf ein Bruchteil redu- System. Distale His-Bündel-Stimulation mit LSB-Korrektur ziert werden bei gleicher oder kürzerer 6
Abb. 2: „Pace-and-ablate“: bradykarder His-junktionaler Ersatzrhythmus (nach AV-Knotenablation bei Vorhofflimmern mit TAA) und selektive His-Bündel-Stimulation (identischer QRS-Komplex). In der Ableitung der His-Bündel-Elektrode (HBP) ist vor dem Ventrikel signal das His-Bündel-Potential zu erkennen. His- oder Linksschenkel- Kardiale Resynchronisation Die physiologische Herzstimulation ist Stimulation? eine neue, vielversprechende Stimu Upadhyay et al. konnten erstmals invasiv lationsform, die eine physiologische Die breite klinische Anwendung der nachweisen, dass ein LSB im EKG in 2/3 Ventrikelaktivierung erhalten oder bei His-Bündel-Stimulation außerhalb von der Fälle durch einen Leitungsblock meist Patient*innen mit Schenkelblock wie- derherstellen kann. Patient*innen mit Zentren ist aktuell durch die technisch im linksseitigen His-Bündel oder im pro- Bradykardie und einem Stimulations- anspruchsvolle Implantation und in ximalen linken Schenkel verursacht wird, anteil von >20 % sowie Patient*innen einigen Fällen hohe Reizschwellen (akut dass aber in 1/3 der Fälle eine intakte mit Herzinsuffizienz und LSB scheinen oder im Verlauf) limitiert. Die direkte septale Purkinje-Aktivierung besteht. Mit besonders von dieser neuen Therapie- Stimulation des linken Schenkels ist der His-Stimulation konnte nur ein LSB form zu profitieren. technisch einfacher, zeigt niedrig-nor- aufgrund Leitungsblock im His und sel- male, stabile Reizschwellen und kann tener im linken Schenkel korrigiert werden. häufiger einen LSB korrigieren, indem Bei intakter Purkinje-Aktivierung war eine Literatur beim Verfasser das betroffene Segment (s. nächster LSB-Korrektur mittes His-Stimulation Abschnitt) umgangen wird. In einigen naturgemäß nicht möglich. Um dennoch Zentren wird daher pragmatisch nach eine möglichst synchrone Aktivierung des einem initialen Versuch der His-Stimu- linken Ventrikels zu erreichen, kann die lation bei suboptimalem Ergebnis His- oder Linksschenkel-Stimulation mit anschließend die Linksschenkel-Stimu- einer Koronarsinuselektrode kombiniert lation getestet. Die His-Markierung mit werden (His-/Leftbundle Optimized-CRT, Kontaktadresse 3D-Mapping erleichtert hierbei auch HOT-/LOT-CRT). In zwei Beobachtungs- Dr. Johannes Steinfurt UNIVERSITÄTSKLINIKUM FREIBURG das Auffinden der optimalen Implanta- studien führte dies zu einer größeren Universitäts-Herzzentrum tionsstelle zur Linksschenkel-Stimulation Reduktion der QRS-Dauer verglichen mit Klinik für Kardiologie und Angiologie I Hugstetter Straße 55 • 79106 Freiburg (ca. 1,5 cm unterhalb des His-Bündels der biventrikulären CRT und einer signi- Tel.: 0761 270-35601 Richtung RV-Apex). fikanten Verbesserung echokardiographi- E-Mail: johannes.steinfurt@ scher und klinischer Parameter. universitaets-herzzentrum.de 7
PERKUTANE KORONARINTERVENTION Behandlung chronischer Koronarverschlüsse – Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie PD Dr. K. Mashayekhi Einleitung Indikationstellung für die CTO-PCI 1) Typische Angina Pectoris oder Dyspnoe trotz optimaler medikamentöser Therapie. Die perkutane Koronarintervention (PCI) 2) Nachweis von Vitalität: durch den Nachweis von Wandbewegung/Kinetik in der trans von chronischen Koronarverschlüssen thorakalen Echokardiographie. (CTO-PCI) ist mittlerweile in spezialisierten Zentren ein etabliertes Verfahren. Ziel der 3) Beurteilung des transmuralen Narbenanteils im Kardio-MRT (
von Symptomen und Verbesserung der Patient*innen mit erfolgreicher CTO-PCI Lebensqualität nachweisen. Die multizen- mit einer geringeren Gesamtmortalität Erfolgsaussichten, Risiken trische Euro-CTO-Studie zeigte eine signi- nach fünf Jahren assoziiert. Auch anhand und Komplikationsmanage- fikante Verbesserung der Angina-Häufig- der United Kingdom Central Cardiac Audit ment bei der CTO-PCI keit zwölf Monate nach CTO-PCI im Database konnte ein eindeutiger Überle- Vergleich zur medikamentös-konservativen bensvorteil bei 14.439 CTO-Patient*innen Daten aus dem weltweit größten Register, Therapie. Die kleinere IMPACTOR-Studie durch die CTO-PCI (70,6 %) innerhalb dem europäischen Euro-CTO-Register zeigte zudem, dass die CTO-PCI im Ver- von 2,65 Jahren gezeigt werden. Unklar mit über 17.000 behandelten CTO- gleich zur medikamentösen Therapie die bleibt, ob es sich hierbei tatsächlich um Patient*innen, zeigen einen Anstieg der myokardiale Ischämielast gemessen im einen Behandlungseffekt oder einen prozeduralen Erfolgsrate von 79,7 % auf Adenosin-Kardio-MRT signifikant innerhalb Selektionseffekt handelt. 89,3 % zwischen 2008 und 2015. Die von zwölf Monaten senkte. Inzidenz von Komplikationen wurde im Über den prognostischen Nutzen der Komplett-Revaskularisation bei koro PROGRESS-CTO-Register am genau- CTO-PCI existieren derzeit noch immer narer Mehrgefäßerkrankung mit CTO: esten untersucht. Hierbei lag die periin- keine prospektiv randomisierten Daten, perkutane Koronarintervention ver- terventionelle kombinierte Komplikati- jedoch eine Fülle nicht randomisierter sus aortokoronarer Bypassoperation onsrate, bestehend aus Tod (in 0,9 %), Studien. In diesen werden in der Regel (PCI versus ACB) Myokardinfarkt (in 1,1 %) und Re-Inter- Patient*innen mit erfolgreicher gegenüber Es gibt ausreichend viele Hinweise, dass vention, bei 3,0 %. erfolgloser CTO-PCI hinsichtlich verschie- Patient*innen mit einer koronaren Mehr dener prognostischer Endpunkte evaluiert. gefäßerkrankung von einer kompletten Zusammenfassend kann gesagt werden, Im bereits erwähnten SCAAR-Register Myokardrevaskularisation unabhängig dass sich die interventionelle Behand- waren insgesamt 54,2 % der 6.442 CTO- des Revaskularisationsverfahrens profi- lung chronischer Koronarverschlüsse in tieren. Dabei sollte der letzten Dekade stetig weiterentwi- das Vorhandensein ckelt hat und mittlerweile mit hohen Er- einer CTO per se folgsraten von über 85 % einhergeht. nicht als einziges Hauptindikation ist der symptomatische Nutzen der CTO-PCI. Die Ausbildung Entscheidungskrite- zum*zur selbstständigen CTO-Opera rium im Hinblick auf teur*in dauert oft mehrere Jahre und Be- PCI oder ACB heran- darf neben institutionellen Voraussetzun- gezogen werden. gen eines hohen Eigenengagements zur Entsprechend der ständigen Weiterbildung. Zielführend er- aktuellen europä- scheint eine bundesweite Etablierung ischen Leitlinien von spezialisierten CTO-Zentren. Nur da- sollte das Revasku- durch können diese hochkomplexen larisationsverfahren Prozeduren unseren Patient*innen mit priorisiert werden, einem niedrigen und somit vertretbaren mit dem die prognos- Risiko angeboten werden. tisch vorteilhafte Komplett-Revasku- Literatur beim Verfasser larisation tatsächlich erreicht werden kann, also entweder die Bypass-Opera- Kontaktadresse tion, die PCI oder ein PD Dr. Kambis Mashayekhi Hybdrid-Verfahren in UNIVERSITÄTSKLINIKUM FREIBURG Abb. 1: Behandlung eines Patienten mit chronischem Verschluss- Universitäts-Herzzentrum Abhängigkeit von aller drei Nativgefäße und schwer reduzierter linksventrikulärer Klinik für Kardiologie und Angiologie II Funktion unter hämdoynamischem Support während eines LIVE A u s p r ä g u n g u n d Freiburg • Bad Krozingen Cases für EuroPCR 2021. Komplexität der KHK Südring 15 • 79189 Bad Krozingen A) Koronarangiographische Darstellung vor der Intervention. (Empfehlungsklasse Tel.: 07633 402-2105 B) Angiographie nach erfolgreicher Rekanalisation des R. interven- IIa, Evidenzlevel B). Fax: 07633-402-2409 E-Mail: kambis.mashayekhi@ trikularis anterior und des R. circumflexus. universitaets-herzzentrum.de 9
LEBENSQUALITÄT NACH PÄDIATRISCHER HTX Lebensqualität von Kindern und Jugendlichen nach orthotoper Herztransplantation PD Dr. Thilo Fleck von Fallzahlen mit Historie der Herztransplan mehr als zehn tation bei Kindern Transplantationen pro Jahr. Das Uni- Die erste Kinderherztransplantation bei versitätsherzzen- einem 19 Tage alten Baby, das ansonsten trum Freiburg ist an einem schweren angeborenen Herz- mit zwölf erfolg- fehler verstorben wäre, führte Adrian Kan- reichen Kinder- trowitz am 6. Dezember 1967 in New York herztransplanta- durch. Dies war nur vier Tage nach der tionen im Jahr ersten Herztransplantation (HTX) bei einem 2019 eines dieser Erwachsenen durch Christiaan Barnard Zentren mit in Kapstadt. Leider überlebte das Baby großen Fallzahlen. nur sechs Stunden. Auch der Patient in Laut dem Jah- Abb.: Fünf Jahre alte Patientin mit schwerem angeborenen Herzfehler Kapstadt verstarb 18 Tage nach der Ope- resbericht der kurz vor Herztransplantation (links) und vier Monate nach HTX (rechts). ration an einer Lungenentzündung. Die Deutschen Ge- gefäßchirurgische Ausführung der Herz- sellschaft Organtransplantation (DSO) die Wartelistensterblichkeit deutlich transplantation wurde seither nur gering- wurden 2019 in Deutschland 44 Herz- gesenkt werden, jedoch steigt die Anzahl fügig verändert, jedoch gab es seit den transplantationen durchgeführt, bei denen der potentiellen Empfäng*innen. 1970 er Jahren massive Fortschritte in der die Empfänger*innen unter 16 Jahre alt medikamentösen Transplantationsmedizin. waren. Dabei lag die mediane Wartezeit Hierbei geht es vor allem darum, das neu von der Aufnahme auf die Liste bis zur Ergebnisse nach pädiatrischer implantierte Spenderherz vor einer Absto- HTX in der Altersgruppe der 0 –15-Jährigen HTX ßungsreaktion zu schützen. Dies geschieht, zwischen zwei bis vier Monaten. Der stei- indem das Abwehrsystem (Immunsystem) gende Organmangel bei fehlend er Primäres Organversagen, akute Absto- durch Medikamente so unterdrückt wird Spenderbereitschaft ist eines der größ- ßungsreaktionen, Infektionen, Transplant- (Immunsupression), dass das fremde ten Probleme der Transplantations vaskulopathien und die Entwicklung Gewebe nicht angegriffen wird. Allerdings medizin. Die Nachfrage der Herzen über- maligner Erkrankungen sind die Haupt- darf das Abwehrsystem auch nicht so weit steigt die Anzahl der verfügbaren Organe, todesursachen nach der Transplantation. geschwächt sein, dass keine Immunab- sodass bis zu einem Drittel der Patient*innen Vor allem das erste Jahr nach der Trans- wehr gegen Infektionserreger wie z. B. auf der Warteliste versterben. plantation ist von entscheidender Bedeu- Viren, Bakterien oder Pilze stattfinden kann, tung. Das Risiko zu sterben ist in der da die Patient*innen sonst Gefahr laufen, frühen Posttransplantationsphase am an einer Infektion zu versterben. Indikationen zur HTX höchsten. Die Fünfjahresüberlebensrate im Kindesalter liegt heutzutage weltweit bei 80–83 %. Diesen Überlebensraten gegenüber steht Herztransplantation bei Die häufigsten Indikationen für eine Herz- eine 50 %-Wahrscheinlichkeit, ohne HTX Kindern heute transplantation im Kindesalter stellen eine in den nächsten fünf Jahren an einer Herzmuskelerkrankung (Kardiomyopathie) schweren Herzschwäche zu versterben. Seit diesen ersten Meilensteinen machte (ca. 60 %), gefolgt von komplexen ange- die Transplantationsmedizin enorme Fort- borenen Herzfehlern (ca. 30 %) dar. Je schritte. Im letzten Jahrzehnt wurden nach Alter des Kindes zum Zeitpunkt der Herztransplantation bei Kindern weltweit insgesamt circa 4.000 bis 5.000 Transplantation gibt es hierbei Unter- und Patient*innen mit angebo HTX pro Jahr durchgeführt. Dabei liegt der schiede: Angeborene Herzfehler sind bei renen Herzfehlern am Univer Anteil der Transplant-Empfänger*innen Kleinkindern mit 57% die häufigste Indi- sitäts-Herzzentrum Freiburg ∙ unter 18 Jahren gleichbleibend bei circa kation, wohingegen eine Kardiomyopathie Bad Krozingen (UHZ) 10 %. Auch die Anzahl der Zentren, die als Ursache mit dem Alter zunimmt. Auch Transplantationen bei Kindern durchführen, die Anzahl an Patient*innen, die eine Am UHZ wurde im Jahr 2008 die erste ist konstant bei weltweit 120 Zentren, die mechanische Kreislaufunterstützung als Säuglingsherztransplantation in Baden- mindestens eine Transplantation durch- Überbrückung bis zur Transplantation Württemberg durchgeführt. Die heute 13 führten. Nur 10% dieser Zentren berichten erhalten, steigt. Hierdurch konnte zwar Jahre alte Patientin geht heute regulär in 10
die Schule, treibt Sport und freut sich 2. Emotionale Funktionsfähigkeit: schlechter eingeschätzt (74,5 vs. 80 dieses Jahr wieder auf den regulären Prä- Gefühle (u. a. Sorgen, Ängste, emoti- Punkte). Bereits vorangehende Studien senzunterricht. Seither wurden in Freiburg onale Schwierigkeiten). haben gezeigt, dass die elterliche Ein- insgesamt 76 Kinder und Patient*innen 3. Soziale Funktionsfähigkeit: schätzung des funktionellen Gesundheits- mit angeborenen Herzfehlern herztrans- Soziale Interaktion mit anderen Kindern. zustandes ihrer Kinder deutlich schlechter plantiert. Das mittlere Alter zum Zeitpunkt 4. Schulische Funktionsfähigkeit: ausfällt als die Selbsteinschätzung der der HTX lag bei 10,1 Jahren, wobei die Erinnerungsvermögen, Handlungspla- Kinder. Häufig sind die Eltern traumatisiert jüngste Patientin zum Zeitpunkt der HTX nung, Steuerung der Aufmerksamkeit, durch die lebensbedrohliche Situation, in eineinhalb Monate alt war. 21% unserer Gründe für mögliches Fernbleiben des der sich ihre Kinder befanden und haben jungen Patient*innen litten zum Zeitpunkt Unterrichts. daher berechtigte Sorgen um die weitere der HTX an einem schweren angeborenen Entwicklung ihrer Kinder. Dennoch ist die Herzfehler, oftmals fehlte sogar eine der Bei den Fragebögen sollten die Pro gesundheitsbezogene Lebensqualität eine beiden Herzkammern. Hier konnte durch band*innen für den Zeitraum des letzten subjektive, emotionale Einschätzung des unsere exzellenten Kinderherzchirurgen Monats rekapitulieren, wie häufig die eigenen Gesundheitszustands und sollte bei der HTX ein normaler „Zwei-Kammer- genannten Probleme jeweils eingetreten daher möglichst vom betroffenen Men- Kreislauf“ hergestellt werden, was die sind. Eine Beispielfrage zur physischen schen selbst durchgeführt werden. Überlebensprognose der betroffenen Funktionsfähigkeit wäre zum Beispiel: Insgesamt bestätigte diese systema- Menschen deutlich verbessert. Trotz die- „Es ist mir schwergefallen, an sportlichen tische Studie unseren subjektiven Eindruck, ser zum Teil hochkomplexen Patient*innen Aktivitäten teilzunehmen.“ Die Antwort- dass die meisten unserer herztransplan- liegt die Fünf-Jahres-Überlebensrate am möglichkeiten lauten: 0= nie, 1= fast nie, tierten Kinder und Jugendlichen mit beiden UHZ bei 86,6 % und ist damit auch im 2= manchmal, 3= häufig, 4= fast immer. Beinen im Leben stehen und eine gute internationalen Vergleich überdurchschnitt- In zahlreichen Studien konnte gezeigt wer- Lebensqualität nach HTX aufweisen. lich gut. Jedoch ist uns nicht nur das den, dass gesunde Kinder höhere Werte Überleben unserer Patient*innen wichtig, (bessere Lebensqualität) auf den PedsQL- Am UHZ wurde seit 2008 bei 76 Kinder sondern auch die Lebensqualität nach HTX. Skalen erreichen als chronisch oder akut und Jugendlichen mit zum Teil komplexen Herzfehlern eine Herztransplantation durch- kranke Kinder. Daher kann man von einer geführt. Die Fünf-Jahres-Überlebensrate guten Konstruktvalidität ausgehen. Gesundheitsbezogene Lebens- von 86,6% ist auch im internationalen Ver- Die Ergebnisse der Selbstbeurteilung gleich überdurchschnittlich gut. Die syste- qualität nach pädiatrischer HTX unserer HTX-Patient*innen ergab einen matische Erfassung der gesundheitsbezo- mittleren Punktewert der Gesamtbeurtei- genen Lebensqualität unserer Kinder Um die gesundheitsbezogene Lebens- lung von 81,6. Dies entspricht dem Ver- nach Herztransplantation ergab Punkte- qualität der Kinder nach HTX systematisch gleichswert einer großen Befragung von werte, die denen von gesunden Kindern zu erfassen, haben wir eine Befragung 2.435 gesunden Kindern und Jugendlichen, und Jugendlichen entsprechen. unserer Patient*innen mit Hilfe eines eva- bei der der Gesamtpunktwert bei 80,6 im luierten und standardisierten Fragebogens Mittel lag [1]. Auch die Selbsteinschätzung Literatur durchgeführt. Mit Hilfe dieses PedsQL- der Kinder in Bezug auf die physische 1. James W. Varni et al. (2006) The PedsQL TM-4.0-Fragebogens erfolgt die alters- Leistungsfähigkeit war mit 83,7 Punkten TM 4.0 as a school population health mea- spezifische Messung der gesundheits- vergleichbar mit dem gesunden Kontroll- sure: Feasibility, reliability, and validity. Quality of Life Research (2006) 15: 203–215 bezogenen Lebensqualität von Kindern kollektiv (85,2 Punkte). Der Punktewert für 2. L ambert LM, et al. (2009) Parent- vs. child- und Jugendlichen (5 – 18 Jahre) in drei die emotionale Belastbarkeit mit 80 Punk- reported functional health status after the verschiedenen Selbstversionen. Gleich- ten lag sogar etwas höher als beim gesun- Fontan procedure. Pediatrics 124: e942-949 zeitig wurden Elternversionen entwickelt, den Vergleichskollektiv (78,2 Punkte). mit welchen die Lebensqualität von 2- bis Interessanterweise war die Fremdein- Kontaktadresse 18-jährigen Patient*innen fremdbeurteilt schätzung der gesundheitsbezogenen PD Dr. Thilo Fleck werden kann. Die Lebensqualität wird Lebensqualität durch die Eltern schlech- UNIVERSITÄTSKLINIKUM FREIBURG anhand der folgenden vier Funktionsklas- ter als die Selbsteinschätzung mit einem Universitäts-Herzzentrum Klinik für Angeborene Herzfehler sen abgefragt: Gesamtpunktwert von 76,3 vs. 81,6 und Pädiatrische Kardiologie 1. Physische Funktionsfähigkeit: Punkten. Mathildenstraße 1 • 79106 Freiburg Tel.: 0761-270-46380 körperliche und sportliche Performanz, Vor allem bei der Einschätzung der Fax: 0761-270-44680 Schmerzen, Level der körperlichen emotionalen Belastbarkeit wurden die E-Mail: thilo.fleck@ Energie. Kinder hier durch ihre Eltern deutlich uniklinik-freiburg.de 11
PFLEGE Implementierung einer IMC-Einheit auf der Herz- und Gefäßchirurgischen Intensiv- station in Freiburg – ein Rückblick auf die Anfangsphase Karolin Garbe Die Corona-Pandemie hatte 2020 deut- Einschlusskriterien liche Auswirkungen auch auf die Herz- und Die Vorbereitung Gefäßchirurgie des Departments UHZ in i.v.-Medikamente: Niedrig dosierte Katecho Freiburg. Elektive Herzoperationen muss- Die IMC-Einheit wurde in die Herz- und lamin-Therapie mit Norepinephrin oder Dobu ten abgesagt werden, dafür wurden nach- Gefäßchirurgische Intensivstation inte- tamin mit festgelegter maximaler Laufrate; folgend viele Patient*innen mit dringlicher griert. Aufgrund der dortigen personellen Kreislaufwirksame Medikamente (Milrinon, bzw. Notfall-OP-Indikation aufgenommen. Situation waren vier Betten nicht belegt, Levosimendan); Antiarrhythmika (Amiodaron, Da diese Patient*innen häufig einen kom- diese wurden in einem Raum zur IMC- Verapamin, Flecainid); Blutdrucksenker plikationsreicheren Verlauf haben, erhöhte Einheit deklariert. Für die Betreuung der (Ebrantil, Nepreson, Nitroprussidnatrium) sich die Anzahl an schwerstkranken Patient*innen bedarf es einer examinierte Zu- und Abgänge: ZVK, Arterie, venöse Patient*innen auf der Herz- und Gefäß- Pflegefachperson pro Schicht notwendig, Schleuße, Shaldon, PDK, BDK chirurgischen Intensivstation mit verlän- welche*r von der Normalstation rekrutiert Erhöhter Überwachungsaufwand und gerter Liegedauer, längerer intensiver werden sollte. Im Rahmen einer Informa- pflegerischer Aufwand Überwachungspflicht und höherer Pfle- tionsveranstaltung, bei der die pflege- gebedürftigkeit. Eine zeitnahe Verlegung rischen Abteilungsleitungen von Intensiv- Delirante oder verwirrte Patient*innen auf Normalstation war nicht oder nur mit und Normalstationen sowie Oberärzte, Externe Schrittmacherstimulation dem Risiko einer Rückverlegung bei Ver- der Ärztliche Direktor und Pflegedienst- schlechterung möglich, was zu einem leiter anwesend waren, wurde über die Dauerdialyse Mangel an Intensivbetten für zu operie- Pläne berichtet und interessierte Pflege- rende Patient*innen führte. Ein Teufelskreis. fachpersonen konnten sich anschließend Ausschlusskriterien für die Mitarbeit auf der IMC-Einheit mel- i.v.-Medikamente: Epinephrin den. Es bildete sich ein Team aus Pfle- Der Ausweg Zu- und Abgänge: Liquordrainage gefachpersonen und Hilfskräften aus den eigenen Reihen, wofür aber die Betten- Patient*innen mit nicht-invasiver Beatmung Gespräche zwischen den pflegerischen anzahl auf der Normalstation reduziert mit Beatmungsgerät Führungskräften der Intensiv- und Nor- werden musste. Als Teil des Ausfallkon- Tab. 1: Auszug aus den IMC-Kriterien malstation mit den leitenden Oberärzten zeptes erklärten sich die Pflegefachper- über die unbefriedigende Situation führten sonen zu einem Hintergrunddienst bereit dazu, dass man den akuten Handlungs- und der Springerpool des Universitäts- Für die Umwandlung des Raumes in eine bedarf erkannte und die Entscheidung klinikums steht ebenfalls zur Verfügung IMC-Einheit gemäß den Kriterien wurden traf, eine IMC-Einheit aufzubauen. Die Zu Beginn erhielten die rekrutierten unter anderem Beatmungsgeräte entfernt Idee dahinter war es, Patient*innen mit Pflegefachpersonen ein auf sie zuge- und die Anzahl der Spritzen- und Infusi- noch hohem, aber nicht mehr intensivem schnittenes Fortbildungsprogramm, Ein- onspumpen reduziert (siehe Abb.). Überwachungs- und Pflegebedarf dort weisung in das elektronische Dokumen- zu betreuen und noch nicht auf die Nor- tationssystem der Intensivstation, welches malstation zu verlegen. Gestützt durch auch für die IMC-Einheit genutzt werden Start des Projektes Empfehlungen aus der Literatur und nach sollte, sowie Geräteeinweisungen. Das Absprache mit dem Ärztlichen Direktor Fortbildungsprogramm beinhaltete unter Am 31.05. 2021 startete die IMC-Einheit und der Pflegedienstleitung der Abteilung anderem Schulung zu speziellen Medi- und wurde mit den ersten IMC- wurde das Projekt „Aufbau und Imple- kamenten, ZVD- und arterieller Druck- Patient*innen belegt. Zu Beginn lagen mentierung einer IMC-Einheit in der Herz- messung (inkl. Aufbau der Systeme), maximal 3 Patient*innen in dem 4-Bett- und Gefäßchirurgie“ beschlossen. Formen der nichtinvasiven Beatmung Zimmer. Im ersten Monat unterstützten Als Projektleitung wurde die pflegefach- ohne Beatmungsgerät (z.B. nasale High- fachlich hochqualifizierte und langjährig liche Abteilungsleitung der Herz- und Flow-Therapie), Interpretation der BGA- erfahrene Pflegefachpersonen der Inten- Gefäßchirurgischen Normalstation Befunde und spezielle Reanimationsschu- sivstation die Mitarbeiter*innen der IMC- benannt. Die dazugehörige Projektgruppe, lung. Einheit zur Einarbeitung. Die pflegefach- bestand aus einer Oberärztin, sowie pfle- In diesem Zusammenhang wurden IMC- liche Leitung/Projektleitung IMC war gerischer Leitung von Intensiv- und Nor- Kriterien festgelegt, in denen geregelt ist, anfangs täglich vor Ort zur Koordination, malstation und dem zuständigen Pflege- welche Patient*innen für die IMC-Einheit Klärung von Fragen und punktueller Unter- dienstleiter. geeignet sind und somit nicht mehr als stützung. Ebenfalls zur Unterstützung war intensivpflichtig gelten (Tab.1). der Pflegefachperson in der Tagschicht 12
Vorteile der IMC Keine leerstehenden Intensivbetten Entlastung der Normalstation mit intensiv überwachungspflichtigen und pflegeauf wändigen Patient*innen Keine Absage von OPs wegen nicht zu belegenden Intensivbetten Zusammenwachsen des Teams von Nor malstation und Intensivstation Weiterentwicklungsmöglichkeit für das Personal der Normalstation Kleinere Patientenanzahl von Patient*innen Abb.: Bettplatz in der IMC-Einheit mit erhöhtem Betreuungsbedarf für eine Pflegefachpersonen ein*e Krankenpflegehelfer*in oder erfah- Längere intensive Überwachungsmöglich rene Pflegehilfskraft zur Seite gestellt. Evaluation der ersten Monate keit für kritische, aber nicht mehr intensiv Außerdem waren zu jeder Zeit die Schicht- pflichtige Patient*innen leitung der Intensivstation, der stellver Wie bei jeder Umstrukturierung kam es tretende Stationsleiter, alle andere Mit auch bei diesem Projekt immer wieder Kontinuierliche Anwesenheit der Ärzt*innen arbeiter*innen der Intensivstation und die mal zu Diskussionen. Thema war z.B. Kurze Wege bei Verschlechterung des zuständigen ärztlichen Mitarbeiter*innen die Einhaltung der IMC-Kriterien, die zu Zustandes des Patient*innen der Station ansprechbar. Die Zusammen- Verzögerungen der Verlegung der Tab. 2: Vorteile der IMC-Einheit für die Herz- arbeit funktionierte vom ersten Tag an sehr Patient*innen oder auch zu Rückverle- und Gefäßchirurgie des UHZ gut, die IMC-Einheit war in den täglichen gungen in den Intensivbereich führten. Ablauf der Intensivstation sofort integriert. Ebenso kam es zu Beginn hin und wie- Morgens fand eine Besprechung statt, der durch Verortung der IMC-Einheit auf (Tab. 2) eine Entlastung sowohl auf der bei der unter anderem besprochen wurde, der Intensivstation dazu, dass bei sich Intensivstation als auch auf der Normal- welche Patient*innen zur Verlegung von verschlechternden Patient*innen von station zeigt. der IMC-Einheit auf Normalstation und von Seiten des Intensiv-Teams der Wunsch der Intensivstation bzw. ggf. Normalstation geäußert wurde, nicht den*die Patient*in Aufgrund der intensiven gemeinschaft in den IMC-Bereich geplant werden. in ein anderes Zimmer zu verlegen, son- lichen Vorbereitungen der Verantwort Es wurde darauf geachtet, dass nur dern das notwendige Equipment am lichen und Mitarbeiter*innen konnte das Patient*innen, die keine verstärkte Über- Bettplatz aufzurüsten. Alle diese Themen Projekt erfolgreich starten. Bereits nach wachung benötigten und keinen hohen konnten aber durch Gespräche und kurzer Zeit bestätigte sich die Notwendig pflegerischen Aufwand aufwiesen, auf die Verweis auf die vorab festgelegten Kri- keit einer IMC-Einheit in der Herz- und Normalstation verlegt wurden und bis dahin terien und Rahmenbedingungen geklärt Gefäßchirurgie, welche auch Entlastung im IMC-Bereich verblieben. Diese Ent werden. für die Intensiv- sowie Normalstation mit lastung war auf der Normalstation spürbar. Die Pflegefachpersonen des IMC- sich bringt und eine angepasste adäquate Versorgung der Patient*innen sicherstellt. Nach dem ersten Monat reduzierte sich Bereiches konnten sich durch die ange- die enge Begleitung; die Ansprechbarkeit botenen Fortbildungen und die enge der Ärzt*innen und der Schichtleitung Begleitung durch die Projektleitung sowie Kontaktadresse blieb aber bestehen. Der stellvertretende dem interdisziplinären Team der Inten- Karolin Garbe pflegerische Leiter der Intensivstation und sivstation sehr schnell einarbeiten und UNIVERSITÄTSKLINIKUM FREIBURG Universitäts-Herzzentrum die pflegefachliche Leitung waren weiter- ihr Wissen und ihre Erfahrung in der Klinik für Herz- und Gefäßchirurgie hin punktuell, aber zeitlich reduzierter vor Versorgung der Patient*innen ausbauen, Station Blalock /Zenker Ort. Das pflegerische Team der IMC blieb so dass sich rückblickend sagen lässt, Hugstetter Straße 55 • 79106 Freiburg Tel.: 0761-270-26700 konstant und nahm mit Begeisterung die dass das Projekt bisher sehr erfolgreich E-Mail: karolin.garbe@ neue Herausforderung an. läuft und dass sich aufgrund der Vorteile uniklinik-freiburg.de 13
FORSCHUNG Plötzlicher Herztod bei asymptomatischen Patient*innen mit Aortenstenose PD Dr. Nikolaus Jander Die Aortenklappenstenose ist eine im ersatz erreicht hatten. Ausgeschlossen Analyse der potentiellen Prädiktoren für Alter häufige, zwangsläufig progrediente wurden deshalb auch sieben Pati einen plötzlichen Herztod. Nur Alter, Erkrankung, die durch einen Aortenklap- ent*innen, die eine Indikation zum AKE niedriger BMI und linksventrikuläre Masse penersatz (AKE) behandelt werden muss, hatten, aber auf der Warteliste oder nach waren mit dem plötzlichen Herztod asso- sobald Beschwerden auftreten oder das Spontanrisiko das Risiko des Eingriffs übersteigt. Hierbei spielt die Abwägung Alter (pro Jahr) des Risikos eines plötzlichen, unerwar- Weiblich teten Todes eine herausragende Bedeu- Männlich Body mass index tung. Kein Zweifel besteht, dass Pati Blutdruck ent*innen, die aufgrund einer Aorten systolisch (pro mmHg) Blutdruck stenose symptomatisch werden, diastolisch (pro mmHg) unverzüglich einem Klappenersatz zuge- Bluthochdruck Kein Bluthochdruck führt werden müssen, da bereits mittel- Herzfrequenz fristig ein hohes Risiko für Tod und Kom- EjekEonsfrakEon plikationen besteht. Die vorliegende LVED (pro mm) Studie untersucht die Häufigkeit eines LVES (pro mm) plötzlichen unerwarteten Herztods bei LVM index (pro 10g/m²) Spitzengeschwindigkeit (noch) asymptomatischen Patient*innen (pro m/s) mit Aortenstenose und versucht Risiko- Spitzengeschwindigkeit > 3 m/s ≤ 3 m/s faktoren hierfür zu identifizieren. MiRlerer Druckgradient (pro mmHg) Aortenöffnungsfläche (pro cm²) SEAS-Studie Mul$variate Analyse Alter (pro Jahr) Body mass index Für die vorliegende Arbeit [1] wurden LVM index Daten der SEAS-Studie analysiert [2], für die das UHZ etliche Patient*innen rekrutieren konnte. 1.873 asymptoma- tische Patient*innen mit leicht- bis mit- telgradiger Aortenstenose waren rando- Abbildung: Univariate (oben) und multivariate (unten) Cox-Regression-Analysen für misiert worden zu intensiver Lipidsenkung plötzlichen Herztod (Follow-up 14 ± 15 Monate) in der SEAS-Studie. Die Zahl der oder Placebo. Patient*innen mit bekann- Ereignisse ist in den dunkelblauen Balken links gezeigt (für kontinuierliche Variablen ter koronarer Herzkrankheit, Diabetes mit Separation am Median). Rechts eine Forst-Plot-Darstellung der Hazard Ratios für plötzlichen Herztod. LVED enddiastolischer Durchmesser des linken Ventrikels; oder Niereninsuffizienz waren ausge- LVES endsystolischer Durchmesser des linken Ventrikels; LVM linksventrikuläre schlossen worden. Die klinischen Visiten Masse. fanden halbjährlich, echokardiogra- phische Untersuchungen jährlich statt. Das primäre Studienergebnis war nega- Ablehnung des Eingriffs verstarben und ziiert, mittlerer Druckgradient und Aor- tiv, d.h. es konnte kein Effekt einer lipid- vier Patient*innen, die nach dem Klap- tenöffnungsfläche hingegen nicht. senkenden Therapie auf die klappenbe- penersatz einen plötzlichen Herztod Bei den Patient*innen, die im Verlauf dingten Endpunkte oder die Progression erlitten. Während eines mittleren Follow- eine schwere Aortenstenose (max. Dopp- der Erkrankung gezeigt werden. ups von 46 ± 15 Monaten traten 27 lergeschwindigkeit > 4 m/s) entwickelt plötzliche Herztode nach im Mittel 28 hatten (n=650), ergab sich ein ähnlicher ±17 Monaten bei weiterhin asymptoma- Trend wie in der Gesamtgruppe: Fünf Studienergebnisse tischen Patient*innen auf (entsprechend Personen erlitten einen plötzlichen Herz- einer jährlichen Rate von 0,39 %); dies tod (jährliche Rate 0,6 %), was sich nicht Die aktuelle Analyse [1] umfasst 1.849 ist vergleichbar mit der Inzidenz des unterschied von der Rate derer, die wei- Patient*innen mit ausreichenden Echo plötzlichen Herztodes in der Allgemein- terhin eine allenfalls mittelschwere Aor- daten, die in den Verlaufsuntersuchungen bevölkerung (0,29 % pro Jahr). Die Abbil- tenstenose hatten (0,46 %). Kein*e keine klaren Kriterien für einen Klappen- dung zeigt die uni- und multivariate Patient*in erreichte die Gruppe einer sehr 14
schweren Aortenstenose (max. Doppler- Sehr schwere Stenosen (max. Doppler- • Der plötzliche Herztod ist bei asympto- geschwindigkeit > 5 m/s). Die Progression geschwindigkeit > 5 m/s) wurden aller- matischer Aortenklappenstenose bis der Erkrankung vor dem Ereignis war bei dings nicht beobachtet. Diese waren in hin zum schweren Bereich (Spitzen Patient*innen mit plötzlichem Herztod im vorangegangenen, auch aktuellen Studien geschwindigkeit über 4 m/s) nicht häu- Vergleich zur Kontrollgruppe nicht unter- mit dem Risiko für einen plötzlichen Herz- figer als in der Allgemeinbevölkerung. schiedlich (Druckanstieg 0,16 vs. 0,17 m/s tod assoziiert [3,4]. Hier besteht bereits • Die seltenen Ereignisse sind vermut- pro Jahr). in den aktuellen Leitlinien die Indikation lich eher auf Begleiterkrankungen Die Operationsmortalität betrug 2,6% für einen Aortenklappenersatz. zurückzuführen. (15/545 Patient*innen); in der postope Zusammenfassend ergibt die vorge- • Das in der Studie gewählte Vorgehen rativen Nachbeobachtungsphase über stellte Analyse keinen Hinweis darauf, mit halbjährlichen bis jährlichen Kon 22 ±15 Monaten ergab sich zusätzlich dass asymptomatische Aortenklappen- trolluntersuchungen erscheint sicher. • Bei sehr schwerer Aortenstenose eine Rate des plötzlichen Herztodes von stenosen wegen des Risikos eines plötz- (Spitzengeschwindigkeit 5 m/s) gibt 0,42 % pro Jahr. lichen Herztodes früher interveniert wer- es – aus anderen Studien – Hinweise den sollten als bisher in den Leitlinien für den Vorteil eines frühzeitig invasi- empfohlen. Die Operationsmortalität ven Vorgehens. Diskussion betrug das Achtfache der jährlichen Inzi- denz des plötzlichen Herztodes; auch der Literatur Die Analyse zeigt bei asymptomatischen postoperative Verlauf war nicht frei von 1. Minners J, et al… Jander, N. Sudden Patient*innen mit Aortenstenose ein nied- plötzlichen Herztod-Ereignissen. Gleich- cardiac death in asymptomatic Patients riges Risiko für einen plötzlichen Herztod, wohl kann aus der Studie abgeleitet wer- with aortic stenosis. Heart 2020; 106: das sich nicht wesentlich von dem in der den, dass, um plötzliche Herztode zu 1646 Allgemeinbevölkerung unterscheidet. Die vermeiden, Begleiterkrankungen sorgfäl- 2. Rossebø AB, et al. Intensive Lipid Low- Erkrankung scheint deshalb per se nicht tig erfasst werden müssen, es unbedingt ering with Simvastatin and Ezetimibe in Aortic Stenosis (SEAS) New England mit einem erhöhten Risiko für plötzlichen gewährleistet sein muss, dass die Journal of Medicine 2008; 359: 1343 Herztod einherzugehen. Die hier betrach- Patient*innen regelmäßig untersucht wer- 3. Taniguchi T, et al. Sudden Death in Pa- teten Studienteilnehmer*innen hatten bei den können, und dass beim Auftreten tients With Severe Aortic Stenosis: Ob- Einschluss eine leichte bis mittelschwere von Symptomen der Eingriff unverzüglich servations From the CURRENT AS Reg- Aortenstenose, und Begleiterkrankungen durchgeführt wird; zum Zeitpunkt der istry. J Am Heart Assoc 2018; 7: 1 (außer Hypertonie) waren weitgehend Studie (vor 2008) verstarben offensichtlich 4 Kang, D-H, et al. Early Surgery or Con- ausgeschlossen. Dies erklärt die Diskre- immer noch Menschen auf der Warteliste servative Care for Asymptomatic Aortic panz zu anderen diesbezüglichen Studien. an einem plötzlichen Herztod. Stenosis. New England Journal of Medi- Kürzlich wurde in einem großen Register Die regelmäßigen, je nach Schwere- cine 2020; 382: 111 eine Inzidenz des plötzlichen Herztodes grad halbjährlichen bis jährlichen Kon- von 1,4 % pro Jahr beobachtet [3]. Ein trolluntersuchungen erscheinen deshalb erhöhtes Risiko wurde bei Patient*innen als eine sichere Option bei der Betreuung mit Hämodialyse, vorangegangenem der Patient*innen mit asymptomatischer Herzinfarkt, Body-Mass-Index < 22 und Aortenklappenstenose. Da Symptome verminderter Ejektionsfraktion in Verbin- häufig nicht adäquat berichtet werden, dung gebracht, also Begleiterkrankungen, ist wichtig darauf hinzuweisen, dass die in der SEAS- Studie weitgehend aus- heute nur noch Patient*innen als asym- geschlossen waren. Trotzdem verstarben ptomatisch gelten, die eine altersgemäße auch im Verlauf der SEAS-Studie Leistung ohne Beschwerden erbringen Patient*innen an Begleiterkrankungen, können. Deshalb spielt der Belastungs- vor allem einer koronaren Herzkrankheit, test neben der Echokardiographie eine Kontaktadresse wie durch Obduktion bei Einzelnen nach- entscheidende Rolle bei diesen Kontroll- PD Dr. Nikolaus Jander gewiesen wurde. terminen. UNIVERSITÄTSKLINIKUM FREIBURG Universitäts-Herzzentrum Der plötzliche Herztod war in der vor- Klinik für Kardiologie und Angiologie II liegenden Untersuchung nicht mit dem Südring 15 • 79189 Bad Krozingen Tel.: 07633-402-0 Schweregrad der Aortenstenose assozi- Fax: 07633-402-4409 iert, obwohl ein Drittel im Verlauf Kriterien E-Mail: nikolaus.jander@ einer schwere Aortenstenose entwickelte. universitaets-herzzentrum.de 15
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