Unfallstatistik zu den posttraumatischen Arthrosen an Schulter und Knie

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Unfallstatistik zu den posttraumatischen
Arthrosen an Schulter und Knie

Dr. Stefan M. Scholz-Odermatt                Compte tenu du vieillissement de la popu-
Teamleiter Versicherungstechnik Statistik    lation, l’importance de ce thème ira crois-
Sammelstelle für die Statistik der Unfall­   sant dans les années à venir. On va en
versicherungen UVG (SSUV)                    effet assister d’un côté à la poursuite de
Fluhmattstr. 2, 6002 Luzern                  l’augmentation liée à l’âge des principaux
                                             traumatismes déclenchants et, de l’autre,
Dr. med. Bruno Soltermann                    à l’accroissement du risque relatif d’arth-
Chefarzt                                     rose post-traumatique avec l’âge. La pro-
Schweizerischer Versicherungsverband (SVV)   gression disproportionnée de l’arthrose
C.F. Meyer-Strasse 14, 8022 Zürich           qui en résulte continuera par conséquent
                                             à peser lourd dans la médecine des assu-
                                             rances au cours des prochaines années.
Résumé
Les incapacités de travail consécutives
à une arthrose apparue à la suite d’un       Zusammenfassung
accident sont probablement plus fré-         Arbeitsunfähigkeiten in Folge von Arth-
quentes qu’on ne le suppose d’ordinaire.     rosen nach Unfallschäden sind mögli-
Pour les personnes accidentées, l’arth-      cherweise häufiger als vielfach ange-
rose constitue une séquelle tardive inva-    nommen. Arthrosen sind für den
lidante, désagréable et assurément dou-      Verunfallten eine unangenehme, ja
loureuse, pour les assureurs une             schmerzvolle, invalidisierende Spät-
hypothèque coûteuse et de longue durée.      folge und für die Versicherer eine kos-
En ce qui concerne le genou et l’épaule,     tenintensive langlaufende Hypothek.
on retiendra tout particulièrement           Bezogen auf Knie und Schulter sind ins-
comme traumatismes déclencheurs les          besondere die akuten Meniskusläsionen
lésions aiguës du ménisque et les rup-       und Rupturen der Rotatorenmanschette
tures de la coiffe des rotateurs. La fré-    als auslösende Traumata zu nennen. So-
quence des lésions est fortement corré-      wohl die verschiedenen auslösenden
lée à l’âge, aussi bien pour les divers      Momente als auch die primären und se-
facteurs déclenchants que pour l’arth-       kundären Arthrosen zeigen eine stark
rose primaire et secondaire.                 altersabhängige Verteilung.

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     Der demografische Effekt der zunehmen-        cherheit fest. Trotzdem lässt sich aus ih-
     den Alterung der Gesellschaft wird dem        nen dennoch nur mit beschränkter Ge-
     Thema in den kommenden Jahren weiter          nauigkeit vorhersagen, welchen weiteren
     steigende Bedeutung verschaffen. Denn         Verlauf der jeweilige Fall wohl nehmen
     einerseits wird sich die altersbedingte       wird (1). Die Vorhersagekraft für beispiels-
     Zunahme bei den wichtigsten auslösen-         weise die Dauer der Arbeitsunfähigkeit
     den Traumata fortsetzen; andererseits         oder die zu erwartenden Heilkosten mit
     steigt auch das relative Risiko einer post-   Hilfe der traumatischen Hauptdiagnose
     traumatischen Arthrose mit dem Alter          allein liegt nur bei ungefähr 30 Prozent.
     an. Die resultierende, überproportionale
     Zunahme der Arthrosen wird daher ein          Die grosse Varianz innerhalb einer Dia-
     Schwerpunkt für die Versicherungsme-          gnosegruppe ist natürlich zusätzlichen
     dizin der nächsten Jahre bleiben.             Einflussgrössen geschuldet, zuvorderst
                                                   etwa dem Alter der verunfallten Person,
                                                   das im weiteren Sinne für deren allge-
     Einleitung                                    meine Konstitution steht. Genauer wer-
     Durch die Unfallmechanik wird beim Ver-       den statistische Beschreibungen von
     unfallenden ein Schaden, im Allgemei-         Fallgruppen, je mehr relevante Informa-
     nen organischer Natur, hervorgerufen.         tionen herangezogen werden können.
     Diesen zu begrenzen und so weit als           Konkret sind Komorbiditäten und Kom-
     möglich zu beheben, ist die Aufgabe,          plikationen, die zusätzlich zu den Trau-
     die Mediziner und Versicherungen ge-          mata auftreten, von grösster Bedeutung.
     meinsam zu erfüllen versuchen. Für die        Eine wichtige – und kostenintensive! –
     Unfallstatistik ist die Erfassung der me-     Gruppe solcher Diagnosen sind die Ar-
     dizinischen Diagnosen daher ein zent-         throsen.
     rales Element, um Ärzte und Case Ma-
     nager bei dieser Arbeit zu unterstützen.
                                                   Methodik von Erfassung
     Welche Art von Trauma eine verunfallte        und Auswertung
     Person erlitten hat, steht oft schon wenige   In den Daten der Sammelstelle für die
     Minuten nach dem Unfall mit einiger Si-       Statistik der Unfallversicherungen UVG

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sind die Diagnosen in ICD-Systematik              sind daher bei nicht berenteten Fällen
abgelegt (2). Während Traumata sehr               deutlich unterrepräsentiert.
gut abgebildet werden, ist die Unfallsta-       Letzteres gilt besonders für Diagnosen,
tistik methodisch bezüglich vorbeste-           die das Entstehen eines Rentenan-
hender Diagnosen und Komplikationen             spruchs überhaupt erst begründen, was
aus zwei Gründen nur mit Einschränkun-          bei Arthrosen oft der Fall ist. Es liegt
gen verwendbar:                                 also – anders als bei den Traumata –
• Erstens kann eine Statistik, die auf der      keine Vollständigkeit der Daten in epi-
  Grundlage der Unfallakten erstellt wird,      demiologischem Sinne vor. Trotz dieser
  nur das abbilden, was in den Unfallak-        Dunkelziffer können die Daten metho-
  ten auch enthalten ist. Wenn eine al-         disch sauber für verschiedene Analysen
  lenfalls vorbestehende Schädigung             verwendet werden, die im Folgenden
  nicht von Bedeutung für den Schaden-          kurz umrissen werden:
  verlauf ist, wird sie nicht in den Dossiers
  erwähnt, und wenn sie den                     Als Grundgesamtheit ausgewertet wird
  ­Schadenverlauf nicht massgeblich be-         in dieser Analyse nicht die Menge aller
   einflusst, wird sie nicht statistisch er-    Unfälle, sondern nur die Menge jener
   fasst. Daher kann eine Unfallstatistik       Schadenfälle mit bekannten Arthrosen.
   bezüglich dieser Diagnosen nicht den         Die Begriffe «sekundär» und «posttrau-
   Anspruch auf Vollständigkeit erheben.        matisch» werden in diesem Zusammen-
• Zweitens spielt der Erhebungszeit-            hang aus praktischen Gründen synonym
   punkt eine wichtige Rolle. Auf Grund         verwendet.
   des Stichprobenverfahrens, auf das
   die Unfallstatistik der SSUV beschränkt      Allen erfassten sekundären Arthrosen
   ist, wird der Status eines Schadens          wurde zunächst die jeweils ursächliche
   wenige Monate nach dem Unfall abge-          traumatische Diagnose zugeordnet.
   bildet; nur bei Berentungen erfolgt          Diese ursächlichen Diagnosen werden
   eine spätere Erfassung oder Nacher-          dann als Vergleichskollektiv herangezo-
   fassung (3). Komplikationen, die erst        gen und können beispielsweise nach
   erhebliche Zeit nach dem Unfall über-        demografischen Merkmalen oder Kos-
   haupt in Erscheinung treten können,          tengrössen mit den arthrotischen Ge-

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     schwisterfällen verglichen werden. Wir        ginn des Beobachtungszeitraumes ist
     beschränken uns auf anerkannte Un-            seither etwa jeder Vierte mit einer Inva-
     fälle, welche UVG-weit in den Jahren          lidenrente versehen worden. Für die we-
     2000–2009 registriert wurden.                 niger lang zurückliegenden Registrie-
                                                   rungsjahre kann noch keine Aussage
                                                   über die Berentungsquote gemacht wer-
     Gonarthrosen                                  den, weil der Prozess der Rentenfestset-
     In der Zeit von 2000 bis 2009 wurden          zung noch am Laufen sein dürfte.
     hochgerechnet rund 850 Fälle pro Jahr
     mit posttraumatischen oder sekundären         Mehr als die Hälfte aller erfassten Gon-
     Gonarthrosen registriert. Diese Zahl un-      arthrosen sind durch akute Meniskus-
     terschätzt die wahre Zahl der Gonarth-        risse verursacht. Weitere Traumata, wel-
     rosen wegen der oben beschriebenen            che die Entstehung von sekundären
     Dunkelziffern. Von den Fällen vom Be-         Gonarthrosen zur Folge haben können,

     Grafik A: Verursachende Traumata zu sekundären Gonarthrosen

                                                       S72 Fraktur des Femurs
                                                       S800 Prellung des Knies
                      5%   2% 4%
                                   2%                  S8200 Fraktur der Patella: geschlossen
              10%
                                                       S8210 Fraktur des proximalen Endes der Tibia:
                                        10%            geschlossen

         5%
                                                       übrige S82 Fraktur des Unterschenkels ein-
                                              2%       schliesslich des oberen Sprunggelenkes
        2%
       1%
                                                       S832 Meniskusriss, akut
                                                       S833 Riss des Kniegelenkknorpels, akut
                                                       S834 Verstauchung und Zerrung des Knie­
                                                       gelenkes mit Beteiligung des Seitenbandes
                                                       S835 Verstauchung und Zerrung des Knie­
                                                       gelenkes mit Beteiligung des Kreuzbandes
                                                       übrige S83 Luxation, Verstauchung und Zer-
                                                       rung des Kniegelenkes und von Bändern des
                           57%                         Kniegelenkes
                                                       übrige

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sind Verstauchungen und Zerrungen des                In den verschiedenen Altersklassen sind
Kniegelenkes (mit und ohne Beteiligung               primäre und sekundäre Gonarthrose und
der Kreuzbänder) und Unterschenkelfrak-              die verschiedenen traumatischen Diag-
turen, vor allem Tibia proximal (Grafik A).          nosen deutlich unterschiedlich stark
                                                     vertreten. Während bei den Verstau-
Die laufenden Kosten von Fällen mit                  chungen und Zerrungen das Durch-
­Gonarthrosen betrugen 83 Millionen                  schnittsalter der Verunfallten in den
 Franken im Jahre 2009. Auch wenn man                Dreissigern liegt, wandert es bei den
 nicht davon ausgehen kann, dass diese               Meniskusrissen und Tibiafrakturen in
 Kosten ausschliesslich wegen der Arth-              die Vierziger. Noch höher liegt das
 rose angefallen sind, so zeigt ein Ver-             Durchschnittsalter der Verunfallten, bei
 gleich mit den viel niedrigeren Fallkosten          denen posttraumatische Gonarthrosen
 bei den gewöhnlichen, durchschnittli-               beobachtet werden; am höchsten ist es
 chen Distorsionen und Frakturen des                 – nicht unerwartet – bei Verunfallten,
 Kniegelenks (4), dass die Entstehung                wo eine primäre Gonarthrose ins Spiel
 von Arthrosen sehr grossen Einfluss auf             kommt (Grafik B).
 die Fallkosten haben muss.

Grafik B: Anteil der Altersklassen an Unfällen mit ausgewählten Diagnosen im Bereich
des Kniegelenkes

45 %
40 %                                                                 Verstauchung und Zerrung Knie
35 %                                                                 mit Beteiligung Kreuzband
30 %                                                                 Fraktur Tibia proximal
25 %
20 %                                                                 Meniskusriss akut

 15 %
                                                                     Postraumatische Gonarthrose
10 %
  5%
                                                                     Primäre Gonarthrose
  0%
        unter 20 20 bis 29 30 bis 39 40 bis 49 50 bis 59 60 plus

                                                        ASA | SVV Medinfo 2011/1 Bewegungsapparat
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     Grafik C: Anteil der Schadenfälle mit ausgewählten Diagnosen als Komorbidität
     zu posttraumatischen Gonarthrosen

              M2576 Osteophyt Unterschenkel

                           M2566 Gelenksteife

             M239 Binnenschädigung des
         Kniegelenkes, nicht näher bezeichnet
             M235 Chronische Instabilität des
                      Kniegelenkes
     M234 Freier Gelenkkörper im Kniegelenk

       M233 Sonstige Meniskusschädigungen

       M232 Meniskusschädigung durch alten
             Riss oder alte Verletzung
               M224 Chondromalacia patellae

                       M2116 Varusdeformität

                      M2106 Valgusdeformität

                   M171 Primäre Gonarthrose

            M1256 Traumatische Arthropathie
                     Unterschenkel
      M1126 Chondrokalzinose Unterschenkel

                                                0%    5%       10 %      15 %        20 %

     Die Auswertung der Komorbiditäten der           hinzukommenden Diagnosen unter-
     Fälle mit sekundären Gonarthrosen kann          scheiden. Sie zeigt aber den Einfluss
     nicht immer einwandfrei zwischen vor-           und die Wechselwirkung mit anderen
     bestehenden und komplikationsmässig             Krankheitsbildern:

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• Chondromalazie der Patella als häu-      überwiegen aber bei den posttraumati-
  figste Begleitdiagnose der sekundären    schen Arthrosen erfahrungsgemäss
  Gonarthrose deutet auf die Druckmiss-    deutlich, während Arthrosen des Akro-
  verhältnisse in allen Kniegelenkskom-    mioklavikular-Gelenks oft eine mögli-
  partimenten hin. Oft handelt es sich     cherweise degenerative Komponente
  um eine Vorstufe zur eigentlichen Ar-    zeigen. Das Sternoklavikular-Gelenk ist
  throse, oft auch um einen durch den      nur seltener betroffen.
  Unfall zusätzlich traumatisierten Vor-
  zustand; diese Sachverhalte können       Die Aussage zur steigenden Tendenz ist
  in der vorliegenden Studie nicht von-    zwar wegen der Dunkelziffer nicht wirk-
  einander unterschieden werden.           lich belastbar, aber ein möglicher Grund
• Zahlreiche andere Meniskusschädi-        könnte sein, dass vor einigen Jahren die
  gungen begleiten oft die sekundäre       Rechtsprechung dazu überging, selbst
  Gonarthrose.                             bei relativ klar degenerativ veränderten
• Primäre Gonarthrosen, die beispiels-     Rotatorenmanschetten eine Sehnenrup-
  weise durch das Trauma «aktiviert»       tur als unfallähnliche Körperschädigung
  oder verschlimmert wurden, stellen       anzuerkennen. Voraussetzung hierfür
  mit weniger als 5 Prozent nur einen      ist, ein sinnfälliges Ereignis geltend zu
  eher kleinen Anteil dar (Grafik C).      machen, womit die Unfallversicherer
                                           sich gezwungen sehen, den Fall zu über-
                                           nehmen.
Arthrosen im Schulterbereich
Posttraumatische und sekundäre Arth-       Die Zahl der bisher gesprochenen Renten
rosen im Schulterbereich wurden im be-     bei Fällen mit dieser Diagnose lässt er-
trachteten Jahrzehnt rund 500 Mal pro      warten, dass etwa jeder sechste Fall mit
Jahr registriert, mit steigender Tendenz   Schulterarthrose rententrächtig wird.
vor allem am Beginn der Auswertungs-       Mit laufenden Kosten von 55 Millionen
periode. Bei der Codierung kann nicht      Franken im Jahre 2009 ist auch diese
zwischen den verschiedenen Arthrosen       Form der Arthrose ein kostenmässiges
des Schultergürtels differenziert wer-     Schwergewicht.
den; Omarthrosen des Schultergelenks

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     Grafik D: Verursachende Traumata zu sekundären Arthrosen der Schulter

                        5%      10%
                                                               S400 Prellung der Schulter und des Oberarmes
             15%
                                        8%
                                                               S42 Fraktur im Bereich der Schulter und des
                                                               Oberarmes
                                             8%                S43 Luxation, Verstauchung und Zerrung
                                                               von Gelenken und Bändern des Schultergürtels
                                                               S460 Verletzung einer Sehne der
                                                               Rotatorenmanschette
                                                               S461 Verletzung des Muskels und der Sehne
                                                               des Caput longum des M. biceps brachii

                                                               übrige
                      54%

     Grafik E: Anteil der Altersklassen an Unfällen mit ausgewählten Diagnosen im Bereich
     des Schultergelenkes
     45 %

                                                                           S43 Luxation, Verstauchung und
     40 %
                                                                           Zerrung von Gelenken und
                                                                           Bändern des Schultergürtels
     35 %
                                                                           S42 Fraktur im Bereich der
     30 %                                                                  Schulter und des Oberarmes

                                                                           übr S46 Verletzung von Muskeln
     25 %                                                                  und Sehnen in Höhe der Schulter
                                                                           und des Oberarmes
     20 %
                                                                           S460 Verletzung einer Sehne der
                                                                           Rotatorenmanschette
     15 %
                                                                           Postraumatische Arthrose
     10 %                                                                  Schulterregion

      5%                                                                   Primäre Arthrose Schulterregion

      0%
            unter 20 20 bis 29 30 bis 39 40 bis 49 50 bis 59 60 plus

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Wodurch werden die Arthrosen der           Schlussfolgerungen
Schulter hervorgerufen? Die erwähnte       Auswirkungen, die der demografische
Verletzung an Sehnen der Rotatoren-        Wandel für die UVG-Versicherungen mit
Manschette ist in mehr als der Hälfte      sich bringen kann, werden von den Ver-
der Fälle verantwortlich zu machen,        sicherern bereits heute aufmerksam ver-
gefolgt von der verwandten Ruptur der      folgt (6). Im Vordergrund steht dabei der
Bizeps-Sehne. Weiter sind Frakturen        sich verändernde, im Vergleich zu früher
und Luxationen im Schulterbereich          aktivere Lebensstil der «neuen Alten».
kausal. Selbst einfache Schulterprel-      Die vorliegende Analyse bringt nun den
lungen werden als ursächlich für se-       zusätzlichen Aspekt auf, dass sich die
kundäre Arthrosen der Schulter ver-        körperliche Belastbarkeit der Älteren
antwortlich gemacht; ein Umstand, der      trotz jugendlichen Verhaltens von der
medizinisch und gutachterlich sehr         Belastbarkeit der Jungen zum Teil deut-
umstritten ist (5) (Grafik D).             lich unterscheidet.

Bei der Altersstruktur der verschiedenen   In den letzten 20 Jahren ist eine Verdop-
Diagnosen sind ähnlich deutliche Ein-      pelung der Unfälle mit Meniskusrissen
flüsse wie schon bei der Gonarthrose zu    und ein ebenso beeindruckender An-
beobachten. Bei jüngeren Leuten über-      stieg bei den Rotatorenmanschetten-
wiegen die Luxationen, später Fraktu-      Rupturen zu beobachten gewesen. Bei
ren, in mittleren Jahren Sehnenverlet-     den akuten Meniskusverletzungen ist
zungen, und mit dem Alter nimmt die        es besonders deutlich, dass diese Zu-
Häufigkeit der unfallinduzierten und       nahme zum allergrössten Teil bei den
degenerativen Arthrosen zu (Grafik E).     älteren Versicherten stattfand. Deren
                                           Anteil am versicherten Kollektiv wuchs
                                           – und wächst weiter, so dass eine er-
                                           neute Verdoppelung auf lange Sicht
                                           durchaus nicht unwahrscheinlich ist.

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     Gleichzeitig wird der Anteil der mit einer   Referenzen
     primären Arthrose vorbelasteten Perso-       1. S.M. Scholz-Odermatt: «Die UVG-Medizin-
     nen steigen, ebenso der Anteil derer, die       statistik im Internet», Medizinische Mittei-
     posttraumatische Arthrosen entwickeln.          lungen Nr. 79, p. 124 (2008)
                                                  2. International Statistical Classification of
     Wenn also die fortschreitende Alterung          Diseases and Related Health Problems,
     der Bevölkerung für die kommenden               10th Revision, WHO (2007) in: http://apps.
     Jahre eine weitere Verschiebung hin zu          who.int/classifications/apps/icd/icd10on-
     Meniskusläsionen und Rotatorenman-              line/
     schetten-Rupturen erwarten lässt und         3. B. Lanfranconi: «Stichprobenmethode»,
     gleichzeitig das Risiko einer sekundären        Unfallstatistik UVG 2003–2007, ISBN 978-
     Arthrose ebenfalls altersabhängig ist,          3–9521826–4–8, Suva (Hrsg.), p.39–42
     muss man sogar mit deren überpropor-            (2009)
     tionaler Zunahme rechnen.                    4. http://www.unfallstatistik.ch/d/neuza/
                                                     med_stat/med_stat_d.htm
     Für die Baby-Boomer-Generation fällt         5. V.Grosser: Handbuch der «Orthopädisch-
     der Zeitpunkt, an dem sich die Spätfol-         unfallchirurgischen Begutachtung», Fi-
     gen früherer Schädigungen manifestie-           scher-Verlag, 2009, S 75 ff.
     ren, zusammen mit dem alterstypisch          6. Expertenstudie «Zukunftsstudie 2029»,
     verstärkten Auftreten von Verletzungen,         Suva (Hrsg.), p. 33 (2009)
     die ebenfalls arthrotische Komplikatio-
     nen nach sich ziehen. Das macht Arth-
     rosen zu einem der wichtigen Themen
     im Bereich der Unfallversicherung für
     die kommenden Jahre.

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