KFW-MITTELSTANDSATLAS 2018 - REGIONALE GESICHTER DES MITTELSTANDS: EIN BUNDESLÄNDERVERGLEICH
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KfW Research KfW-Mittelstandsatlas 2018 ∆Regionale Gesichter des Mittelstands: ein Bundesländervergleich
Impressum Herausgeber KfW Bankengruppe Abteilung Volkswirtschaft Palmengartenstraße 5-9 60325 Frankfurt am Main Telefon 069 7431-0, Telefax 069 7431-2944 www.kfw.de Autoren Dr. Michael Schwartz Telefon 069 7431-8695 Dr. Juliane Gerstenberger Telefon 069 7431-4420 Copyright Titelbild Quelle: KfW-Bildarchiv / Fotograf: Holger Peters Frankfurt am Main, März 2018
Regionale Gesichter des Mittelstands: ein Bundeslandvergleich Der deutsche Mittelstand hat viele Gesichter und trale Elemente für die Wettbewerbsfähigkeit eines Lan- entwickelt sich kontinuierlich weiter. Die Vielzahl an des. kleinen und mittleren Unternehmen sind zentrale Säulen der Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit des Das KfW-Mittelstandspanel informiert seit mittlerweile Wirtschaftsstandorts Deutschland. Mit dem KfW-Mit- 15 Jahren regelmäßig zur aktuellen Lage, zur Struktur telstandspanel informiert die KfW Bankengruppe seit und zu den relevanten Entwicklungen im Mittelstand 1 2002 jährlich zur aktuellen Lage, zur Struktur und zu mit all seinen Facetten. Der hier vorgelegte Bericht den relevanten Entwicklungen im Mittelstand mit all geht einen Schritt weiter und legt erstmals Mittelstands- seinen Facetten. fakten nach Bundesländern vor. Die Grundlage bilden die Daten des KfW-Mittelstandspanels der Jahre KfW Research vertieft diese Analyse, indem erst- 2012–2016. Deutlich wird dabei vor allem eines: Der mals eine Betrachtung nach Bundesländern vorge- Mittelstand hat viele Gesichter. legt wird. Dabei zeigen sich, abseits genereller struk- tureller Unterschiede, die verschiedenen regionalen Große Spannbreite: Die Unternehmenslandschaft Gesichter des Mittelstands in Deutschland. der Bundesländer im Kurzüberblick Die rund 3,7 Mio. kleinen und mittelständischen Unter- So schafften KMU aus Rheinland-Pfalz zwischen nehmen hier zu Lande stellen 99,95 % des gesamten 2012 und 2016 das größte Beschäftigungsplus, Un- Unternehmensbestandes. Sie sind daher auch eine ternehmen aus Hamburg sind am stärksten im Aus- tragende Säule des deutschen Arbeitsmarktes – zuletzt land präsent, während KMU aus Berlin deutlich loka- waren mit 30,9 Mio. erwerbstätigen Personen so viele ler verankert sind. Mittelständler aus Brandenburg Menschen in KMU beschäftigt wie nie zuvor. Davon sind Investitionsspitzenreiter, Unternehmen aus entfallen im Jahr 2016 etwas mehr als die Hälfte allein Mecklenburg-Vorpommern führen am häufigsten auf die drei größten Bundesländer Nordrhein-West- Kreditverhandlungen und die kräftigste Eigenmittel- falen, Bayern und Baden-Württemberg. Dort sind rund ausstattung können KMU in Sachsen-Anhalt aufwei- 15 Mio. Erwerbstätige in KMU beschäftigt, so viele wie sen. in den restlichen 13 Bundesländern zusammen (Gra fik 1). Die Unterschiede sind groß. So auch in den Füh- rungsetagen der Mittelständler: In Sachsen sind die Grafik 1: Verteilung der Erwerbstätigen im Mittel- Inhaber am jüngsten, in Schleswig-Holstein am älte- stand auf die Bundesländer sten – dort ist auch die Nachfolgeproblematik aus- Niedersachsen Hessen geprägt. Frauen sitzen vor allem in den norddeut- Nordrhein-Westfalen schen Bundesländern an der Unternehmensspitze. Migrantengeführte KMU sind häufig in den Stadt- staaten beheimatet. Der KfW-Mittelstandsatlas 2018 zeigt bislang unbe- Sachsen Berlin kannte Einblicke in die Struktur des deutschen Mit- Bayern telstands. Er bietet interessierten Personen aus Thüringen Mecklenburg-Vorpommern Wirtschaft, Wissenschaft und Wirtschaftspolitik er- gänzend zum KfW-Mittelstandspanel eine umfas- Rheinland-Pfalz sende Informationsquelle. Brandenburg Das mittelständische Rückgrat Deutschlands Baden-Württemberg Hamburg Bremen Mittelständische Unternehmen sind Motoren für Schleswig- Holstein Wachstum und Beschäftigung einer Volkswirtschaft Sachsen-Anhalt Saarland und stehen zu Recht im Fokus der deutschen wie eu- ropäischen Wirtschaftspolitik. Die Vielzahl an kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) – dazu zählen klei- Anmerkung: Die Fläche der Bundesländer-Vierecke entspricht ihrem ne Handwerksbetriebe genauso wie Selbstständige Anteil an allen Erwerbstätigen im Mittelstand. Bezugsjahr ist 2016. oder traditionsreiche Familienunternehmen – sind zen- Quelle: KfW Research Seite 1
KfW Research Grafik 2: KMU-Anteil an allen Erwerbstätigen Grafik 3: Mehr Großunternehmen in Westdeutschland Anteile in Prozent Anzahl Großunternehmen je 1 Mio. Erwerbstätige Schleswig-Holstein 93 Schleswig-Holstein 292 Thüringen 91 Thüringen 288 Mecklenburg-Vorpommern 91 Mecklenburg-Vorpommern 262 Brandenburg 84 Brandenburg 247 Sachsen 80 Sachsen 292 Bayern 76 Bayern 323 Sachsen-Anhalt 73 Sachsen-Anhalt 307 Hessen 71 Hessen 367 Rheinland-Pfalz 71 Rheinland-Pfalz 271 Hamburg 69 Hamburg 403 Baden-Württemberg 65 Baden-Württemberg 348 Nordrhein-Westfalen 64 Nordrhein-Westfalen 363 Niedersachsen 63 Niedersachsen 301 Berlin 58 Berlin 318 Quellen: KfW-Mittelstandspanel, Destatis, eigene Berechnungen. Anmerkungen: Großunternehmen definiert als Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern. Entspricht nicht der tatsächlichen Anzahl Vor allem in den vergangenen Jahren waren die mittel- der Großunternehmen. Stand 2015. ständischen Unternehmen der Antrieb des anhaltenden Quelle: Destatis, eigene Berechnungen. Beschäftigungsbooms in Deutschland. Die kräftigen Zuwächse in der Erwerbstätigkeit bei KMU haben ihre deutschen Bundesländern ist ein Erbe der deutschen Bedeutung für den Arbeitsmarkt zuletzt weiter zuneh- Teilung. Es zeigt sich auch darin, dass die DAX- und men lassen: Der Anteil KMU-Beschäftigter an allen Er- MDAX-Unternehmen ausnahmslos in Westdeutschland 3 werbstätigen überschritt im Jahr 2016 erstmals die beheimatet sind. 70 Prozent-Marke, und liegt bei 70,4 %. Kleinstunternehmen dominieren in allen Regionen In Abhängigkeit von der Größenstruktur und Branchen- Die grundsätzliche Größenstruktur des Mittelstands ist zusammensetzung der KMU variiert dieser Anteil zwi- in den einzelnen Bundesländern weit gehend ähnlich schen den Bundesländern (Grafik 2). Die höchste rela- (Grafik 4). Kleinstunternehmen mit weniger als 5 Voll- tive Bedeutung des Mittelstands für den Arbeitsmarkt zeitäquivalent-Beschäftigten (VZÄ) stellen in allen findet sich in Schleswig-Holstein (93 % KMU-Erwerbs- Bundesländern den überwiegenden Teil der KMU (im tätige) sowie Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern Durchschnitt 81 %). Besonders ausgeprägt ist die (jeweils 91 %). Die geringsten KMU-Anteile an der Er- Kleinteiligkeit des Mittelstands aber in Berlin; 83 % der werbstätigkeit eines Bundeslandes finden sich in Berlin KMU sind hier Kleinstunternehmen. Dies reflektiert un- sowie in Niedersachsen. Hier sind 58 bzw. 63 % aller ter anderem auch den hohen Bestand an Start-ups in Erwerbstätigen im Mittelstand beschäftigt. Das breite Berlin, die in der Regel nur wenige Mitarbeiter beschäf- Mittelfeld wird unter anderem besetzt von Sachsen tigen. Dagegen fällt Sachsen-Anhalt durch den mit Ab- (80 %), Sachsen-Anhalt (73 %), Rheinland-Pfalz und stand geringsten Anteil an Kleinstunternehmen auf Hessen mit jeweils 71 % KMU-Beschäftigten. (72 %). Die Spannweite des Segmentanteils von grö- ßeren Mittelständlern (50 und mehr VZÄ-Beschäftigte) Die durchgehend überdurchschnittlichen Mittelstands- ist moderat. Der Anteil liegt in allen Bundesländern anteile an den Erwerbstätigen in den ostdeutschen recht einheitlich zwischen 2 und 3 %. Bundesländern sind dabei unter anderem Ausdruck des geringen Besatzes mit Großunternehmen in diesen Etwas mehr Variation existiert bei der durchschnittli- 2 chen Unternehmensgröße (hier nicht abgebildet). An Regionen (Grafik 3). Während es beispielsweise in Brandenburg je 1 Mio. Erwerbstätige 247 Großunter- der Spitze stehen Unternehmen aus Hamburg mit im nehmen (mehr als 250 Beschäftigte) gibt, sind es in Mittel 8,9 VZÄ-Beschäftigten. Auch in Sachsen-Anhalt Hessen 367 oder in Hamburg sogar 403. Dieses noch und Nordrhein-Westfalen sind die Unternehmen im immer bestehende Ungleichgewicht in der Verteilung Durchschnitt vergleichsweise groß (8,6 und 8,0 VZÄ- der Großunternehmen zwischen ost- und west- Beschäftigte). Anders beispielsweise in Rheinland- Seite 2
KfW-Mittelstandsatlas Pfalz: Hier sind KMU mit durchschnittlich 6,1 VZÄ-Be- Grafik 4: Kleine stellen die Mehrheit schäftigten etwa um ein Drittel kleiner. Anteile für VZÄ-Größenklassen in Prozent 82 Berlin: Die Start-up-Hauptstadt macht ihrem Namen alle Ehre 2 80 Mit einem durchschnittlichen Betriebsalter von 17 Jah- Schleswig- 2 Holstein ren ist der Mittelstand in Mecklenburg-Vorpommern am Mecklenburg- 83 jüngsten. Aber auch die anderen ostdeutschen Bun- 79 78 Vorpommern desländer weisen eine vergleichsweise junge KMU- 2 3 Landschaft auf (Durchschnittsalter zwischen 19 und 2 Berlin Niedersachsen Hamburg 21 Jahren). Hier mussten sich kleinteilige, privatwirt- 72 76 schaftliche Strukturen (der vormals weit gehend in 3 2 Großbetrieben organisierten Wirtschaft) nach der deut- 79 Sachsen- Brandenburg schen Wiedervereinigung erst schrittweise etablieren. 3 Anhalt 81 Die Unternehmenshistorien sind daher naturgemäß Nordrhein- 78 Westfalen kürzer. Dennoch gibt es auch in den ostdeutschen 81 3 2 Sachsen Bundesländern auffällige Unterschiede in der Alters- Thüringen 81 2 struktur. Die Start-up-Hauptstadt Berlin weist mit 21 % Hessen deutschlandweit den höchsten Anteil an KMU auf die 2 jünger als 5 Jahre alt sind – Sachsen-Anhalt mit 6 % Rheinland-Pfalz den niedrigsten. 82 82 2 Den höchsten Anteil an KMU, die länger als 20 Jahre Bayern am Markt aktiv sind, gibt es in Baden-Württemberg und 2 Hessen (je 43 %). Die im Mittel „dienstältesten“ Mittel- Baden- Württemberg ständler (Durchschnittsalter 26 Jahre) sind in Baden- Württemberg angesiedelt. Hier finden sich zahlreiche mittelständische Traditionsunternehmen. Schleswig- Kleinstunternehmen Holstein hat mit 31 % den niedrigsten Anteil älterer Un- (
KfW Research Dienstleistungen prägen Mittelstand überall In den Stadtstaaten Berlin und Hamburg dominie- – dennoch große Unterschiede ren KMU der wissensintensiven Dienstleistungen (50 Auch bei der Branchenzusammensetzung gibt es zwi- bzw. 49 %), wie beispielweise Rechtsanwaltskanzleien, schen den Bundesländern einige Gemeinsamkeiten. Architektur- und Ingenieurbüros, PR-, Finanz- oder 4 So prägen in allen Teilen Deutschlands Dienstlei- Personalberatung. Diese Ballung von Dienstleistungen stungsunternehmen den Mittelstand. Dieser Umstand auf engem geografischen Raum lässt sich vor allem mit reflektiert die in allen entwickelten Volkswirtschaften zu den Bedürfnissen dieser Branchen erklären: Sie profi- beobachtende Verlagerung des wirtschaftlichen tieren von so genannten Urbanisierungsvorteilen wie Schwerpunktes hin zum Dienstleistungsbereich. Zum Diversifizierung, großen Kundengruppen, kurzen Di- einen spielt hier die Auslagerung bzw. Vergabe vor- stanzen und den Vorteilen eines effizienten Ideen- und 5 mals unternehmensintern durchgeführter Leistungen Informationsaustausches. Insgesamt betrifft dies an Fremdunternehmen eine Rolle (beispielsweise IT- Branchen mit einem hohen Akademikeranteil bzw. ei- Wartung, Datenspeicherung, Personalrekrutierung, Be- ner starken Technologieorientierung. Das Verarbeiten- reiche Recht und Steuern). Zum anderen erzeugen de Gewerbe wie auch das Baugewerbe sind in Berlin strukturelle Entwicklungen schon länger eine erhöhte und Hamburg dagegen kaum vertreten. Dienstleistungsnachfrage (beispielsweise im Zuge des demografischen Wandels). In den ostdeutschen Flächenländern stechen vor allem die weit überdurchschnittlichen Anteile von Bau- Gegenwärtig sind über 2,8 Mio. Dienstleister im Mittel- unternehmen hervor (13 bis 17 %). Ursache hierfür ist stand aktiv. Je nach Bundesland schwankt ihr Anteil unter anderem der Investitionsschub in Infrastruktur, zwischen 77 % und bemerkenswerten 95 % (Grafik 6). Wohnungs- sowie Industriebauten, der sich nach der Nicht zuletzt sind sie Hauptträger des Beschäftigungs- Wiedervereinigung in den ostdeutschen Bundesländern aufbaus der letzten Jahre: Alle mittelständischen einstellte. Dies hat den Bedarf an Bauunternehmen 6 Dienstleistungsunternehmen zusammen beschäftigen und Handwerksbetriebe hoch gehalten. Unternehmen aktuell 18,4 Mio. Erwerbstätige (ohne Handel). Zur der wissensintensiven Dienstleistungen sind dagegen Jahrtausendwende waren es „nur“ 12,7 Mio. unterrepräsentiert (26 bis 35 %). KMU im Bereich der sonstigen Dienstleistungen sind insbesondere in Bran- Ein genauer Blick auf die Zusammensetzung der Bran- denburg und Mecklenburg-Vorpommern präsent (52 chen in den Bundesländern verdeutlicht aber auch ei- bzw. 51 %). Darunter fallen unter anderem Unter- nige Unterschiede. Drei größere Ländergruppen treten hervor: Grafik 6: Branchenverteilung nach Bundesländern Unternehmensanteile in Prozent Berlin 3 7 50 40 Hamburg 31 49 46 Thüringen 9 13 33 44 Sachsen-Anhalt 7 15 35 42 Sachsen 8 14 33 45 Mecklenburg-Vorpommern 5 13 30 51 Brandenburg 4 17 26 52 Bayern 6 11 39 42 Baden-Württemberg 8 9 46 36 Rheinland-Pfalz 7 10 37 46 Hessen 5 11 45 38 Nordrhein-Westfalen 6 11 43 39 Niedersachsen 6 12 42 38 Schleswig-Holstein 5 13 39 41 Verarbeitendes Gewerbe Bau Wissensintensive Dienstleistungen Sonstige Dienstleistungen Anmerkung: Darstellung der Branchenverteilung aus methodischen Gründen ohne die Anteile für die Kategorie „Sonstige Branchen“. Quelle: KfW Research. Seite 4
KfW-Mittelstandsatlas nehmen aus den Bereichen Gesundheits- und Sozial- sten Zuwächse konnten Mittelständler aus Rheinland- wesen, Aus- und Weiterbildung, Gastronomie- und Ho- Pfalz verbuchen (3,2 %), dicht gefolgt von KMU aus telgewerbe oder Kultur und Sport. Hessen und Schleswig-Holstein. In diesen Bundeslän- dern ist die Zahl der Vollzeitäquivalent-Beschäftigten Recht einheitlich ist die Branchenverteilung auch in 7 um durchschnittlich rund 3 % gestiegen. Mit einem den westdeutschen Flächenländern. Auffällig ist, durchschnittlichen jährlichen Plus von 1,1 % bilden dass die Transformation der westdeutschen Wirt- KMU aus Sachsen-Anhalt das Schlusslicht beim Be- schaftsstruktur hin zu mehr Dienstleistungen – vor al- schäftigungszuwachs. Aber auch Unternehmen aus lem Unternehmensdienstleistungen – bereits weiter Sachsen, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern vorangeschritten ist als in Ostdeutschland. KMU im Be- verbuchen ein unterdurchschnittliches VZÄ-Wachstum. reich der wissensintensiven Dienstleistungen weisen hier mit 37 bis 46 % sehr hohe Anteile auf. Beim Umsatzwachstum führen Hamburg und Rhein- land-Pfalz die Rangliste an. Die Umsätze der dort an- Beschäftigungsaufbau und Umsatzwachstum sässigen Unternehmen stiegen durchschnittlich um in allen Regionen Deutschlands 4,1 % im Jahr. Bayern folgt dichtauf mit 3,7 %. Am un- Auf die Binnenkonjunktur in Deutschland war für den teren Ende rangieren KMU aus Sachsen-Anhalt, Sach- überwiegend inlandsorientieren Mittelstand in den ver- sen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein, die gangenen Jahren Verlass. Besonders zuletzt sorgten mit jährlichen Umsatzwachstumsraten von etwa 2 % al- privater Konsum und der kräftige Zuwachs im Woh- lerdings gute Steigerungen erzielen konnten. Insge- nungsbau für Rückenwind, von dem alle Regionen samt ist die länderspezifische Auswertung Spiegelbild Deutschlands profitieren konnten. Umsätze und Be- der in der Gesamtsicht soliden Wachstumsdynamik im schäftigung haben bei KMU in allen Bundesländern Mittelstand hier zu Lande. Zuletzt nahm die Dynamik zugelegt (Grafik 7). sogar leicht zu (3,7 % Wachstum 2016) – dies war das größte Plus seit fünf Jahren. Die gesamten Umsätze Deutschlandweit konnte der Mittelstand in den letzten beliefen sich dabei zuletzt auf knapp 4.500 Mrd. EUR Jahren ein jährliches Beschäftigungsplus von etwa (2016). 2,4 % vorweisen (Durchschnitt 2012–2016). Die stärk- Grafik 7: Wachstumsraten der Beschäftigung (links) und des Umsatzes (rechts) nach Bundesländern 2,9 % 2,1 % Schleswig- Schleswig- Holstein 2,2 % Holstein 2,8 % Mecklenburg- Mecklenburg- Vorpommern Vorpommern 2,4 % 4,1 % Hamburg Hamburg 2,5 % Berlin 3,3 % Berlin 2,8 % 2,5 % Niedersachsen 1,1 % 2,5 % Niedersachsen 2,0 % 3,4 % Sachsen- Sachsen- Brandenburg Brandenburg Anhalt Anhalt 2,5 % 2,1 % Nordrhein- Nordrhein- Westfalen Westfalen 1,2 % 2,1 % 1,8 % Sachsen 2,5 % Sachsen 2,9 % Thüringen 3,0 % Thüringen Hessen Hessen Mindestens 3,0 % Mindestens 4,0 % 3,2 % 2,5 bis unter 3,0 % 4,1 % 3,0 bis unter 4,0 % Rheinland- Rheinland- Pfalz 2,0 bis unter 2,5 % Pfalz 2,5 bis unter 3,0 % Unter 2,0 % Unter 2,5 % 2,4 % 3,7 % 2,5 % Bayern 2,8 % Bayern Baden- Baden- Württemberg Württemberg Quelle: KfW Research. Seite 5
KfW Research Große Unterschiede bei der Rentabilität weise hoch. Fast jedes fünfte Unternehmen in Berlin Für den Unternehmenserfolg ganz entscheidend ist muss Verluste verkraften. nicht nur das Umsatzwachstum, sondern auch welcher Anteil von den erzielten Umsätzen als Gewinn tatsäch- Eine hohe Umsatzrendite von 10 % und darüber wei- lich im Unternehmen verbleibt. Die Umsatzrendite – ei- sen Unternehmen in erster Linie in Hessen, Bayern ne wichtige Kennzahl der Unternehmensrentabilität – und Niedersachen auf. Überdurchschnittlich viele KMU zeigt, dass es dabei durchaus stärkere Unterschiede agieren in diesen Bundesländern sehr profitabel. 8 zwischen den Bundesländern gibt. Eine hohe und sta- bile Umsatzrendite ist nicht zuletzt von Bedeutung, da Standortfaktor Häfen: Mittelständler aus Hamburg diese neben der Eigenkapitalquote ein zentrales Be- stark im Auslandsgeschäft wertungskriterium von Kreditnehmern bei Kreditverga- Mit Umsätzen von rund 547 Mrd. EUR (im Jahr 2016) beentscheidungen ist. Entsprechend ist der Zugang zu spielt das Auslandsgeschäft eine wichtige Rolle für die Investitionskrediten für mittelständische Unternehmen Gesamtumsätze des Mittelstands. Die Bedeutung der stark an diese Kennziffer gekoppelt. internationalen Verflechtung für die KMU ist zwischen den Bundesländern aber höchst unterschiedlich (Gra- Die überdurchschnittlich hohen Umsatzzuwächse der fik 9). Mittelständler aus Rheinland-Pfalz verhelfen den Un- ternehmen dort auch zu hoher Rentabilität (Grafik 8). Mit deutlichem Abstand führt Hamburg die Rangliste Im Durchschnitt können die hier ansässigen KMU Um- an. Mehr als jedes dritte hier ansässige Unternehmen satzrenditen von 7,9 % vorweisen. Dies spricht für eine erzielt grenzüberschreitend Umsätze (38 %). Beson- hohe Wirtschaftlichkeit. Oberhalb des Bundesdurch- ders auffällig ist hier die über Europa hinausgehende schnitts von 6,3 % liegen auch die Renditen von KMU Aktivität. Mit 21 % aller KMU erzielen in Hamburg aus Hamburg, Thüringen, Nordrhein-Westfalen, Hes- enorm viele Mittelständler außereuropäische Umsätze. sen und Baden-Württemberg. Eine unterdurchschnittli- Jedes dritte mittelständische Unternehmen aus Ham- che Umsatzrendite haben KMU insbesondere in Meck- burg ist ferner zumindest auf europäischen Märkten ak- lenburg-Vorpommern (4,8 %) sowie Sachsen-Anhalt tiv. Hamburg profitiert dabei von seiner geografischen (4,6 %). Lage bzw. vom Hafen als entscheidendem Standortfak- tor (Containerschifffahrt, Anbindung an das Binnen- Der Anteil von Unternehmen, die Verluste erzielen (ei- wasserstraßennetz, Schienennetzanbindung, etc.). Die ne negative Umsatzrendite erzielen) ist vor allem in Rahmenbedingungen für Auslandsaktivitäten sind da- Thüringen, Baden-Württemberg und Mecklenburg- mit überdurchschnittlich vorteilhaft. Vorpommern gering (jeweils 11 % im Jahresdurch- schnitt); dagegen insbesondere in Berlin vergleichs- Grafik 8: Kennziffern zur Umsatzrendite nach Bundesländern Unternehmensanteile bzw. Umsatzrendite in Prozent Rheinland-Pfalz 14 7,9 13 Hamburg 16 6,9 8 Thüringen 11 6,7 9 Nordrhein-Westfalen 16 6,7 11 Hessen 12 6,6 16 Baden-Württemberg 11 6,3 13 Deutschland gesamt 14 6,3 13 Schleswig-Holstein 17 6,2 13 Bayern 17 6,1 16 Niedersachsen 12 6,1 15 Berlin 19 6,0 13 Brandenburg 16 5,5 7 Sachsen 14 5,4 11 Mecklenburg-Vorpommern 11 4,8 10 Sachsen-Anhalt 12 4,6 12 Anteil Unternehmen Durchschnittliche Anteil Unternehmen mit negativer Umsatzrendite Umsatzrendite mit hoher Umsatzrendite Quelle: KfW Research. Seite 6
KfW-Mittelstandsatlas Grafik 9: Anteil auslandsaktive KMU nach Bundesländern und Regionen Unternehmensanteile in Prozent Hamburg 38 33 21 Baden-Württemberg 25 24 9 Bayern 24 23 9 Berlin 23 24 7 Nordrhein-Westfalen 23 21 10 Deutschland 21 20 8 Hessen 20 18 8 Mecklenburg-Vorpommern 19 18 5 Niedersachsen 19 19 6 Rheinland-Pfalz 19 17 7 Brandenburg 18 16 7 Thüringen 17 16 6 Sachsen 17 14 6 Schleswig-Holstein 15 14 3 Sachsen-Anhalt 9 9 4 Ausland gesamt Europa Ausland ohne Europa Quelle: KfW Research. Weit unterdurchschnittlich auslandsaktiv sind KMU aus satz dazu liegt dieser Wert bei Unternehmen aus Bun- Sachsen-Anhalt – weniger als jedes zehnte Unterneh- desländern mit einem höheren Internationalisierungs- men erzielt grenzüberschreitend Umsätze (9 %). Die grad des Mittelstands unter 50 %. Wenig überraschend Unternehmen dort sind weitaus stärker regional ausge- weisen KMU aus Hamburg daher den niedrigsten Re- richtet bzw. binnenorientiert. Der Umsatzbeitrag, der im gionalanteil am Gesamtumsatz von 44 % auf – parallel engeren regionalen Umkreis erzielt wird, liegt für KMU aber mit 40 % den höchsten Auslandsanteil. In Sach- aus Sachsen-Anhalt bei 53 % (Grafik 10). Im Gegen- sen-Anhalt beläuft sich der Umsatzanteil, der im Grafik 10: Anteil des Auslandsumsatzes (links) und Anteil des lokal erzielten Umsatzes (rechts) Jeweils im Verhältnis zum Gesamtumsatz; Links: Nur Unternehmen mit Auslandsumsatz / Rechts: Nur Unternehmen mit lokalem Umsatz in- nerhalb eines 50km-Umkreises. 29 % 45 % Schleswig- Schleswig- Holstein 37 % Holstein 53 % Mecklenburg- Mecklenburg- Vorpommern Vorpommern 40 % 44 % Hamburg 38 % Hamburg 69 % Berlin Berlin 27 % 53 % Niedersachsen Niedersachsen 19 % 24 % 53 % 69 % Sachsen- Brandenburg Sachsen- 29 % Brandenburg Nordrhein- Anhalt 51 % Anhalt Westfalen Nordrhein- 26 % Westfalen 54 % 27 % Sachsen 53 % Sachsen 27 % Thüringen 56 % Thüringen Hessen Hessen 32% 30 % und mehr 54 % 60 % und mehr Rheinland- Zwischen 20 und 29 % Rheinland- Zwischen 50 und 59 % Pfalz Unter 20 % Pfalz Unter 50 % 26 % 49 % Bayern Bayern 33 % 47 % Baden- Baden- Württemberg Württemberg Quelle: KfW Research. Seite 7
KfW Research Ausland erzielt wird, nur knapp auf die Hälfte (19 %). bereitschaft der KMU ist recht nah beieinander (Gra- fik 11, links). Die Abweichungen vom gesamtdeutschen Den mit Abstand stärksten regionalen Fokus haben Wert von 42 % (durchschnittlicher Anteil investierender Unternehmen aus Berlin und Brandenburg – durch- KMU zwischen 2012–2016) sind meist moderat. Ledig- schnittlich jeweils 69 % der Umsätze erzielen die Mit- lich KMU aus Rheinland-Pfalz weisen eine stärker un- telständler dort im engeren regionalen Umfeld. Das terdurchschnittliche Investitionsneigung auf (-6 Pro- lässt sich zurückführen auf die hohe und breite Nach- zentpunkte Abweichung vom gesamtdeutschen Mittel- frage des Ballungsraumes Berlin. wert) – wohingegen KMU aus Brandenburg und Sach- sen-Anhalt im Durchschnitt häufiger Investitionen täti- Investitionsspitzenreiter? Brandenburg! gen (48 bzw. 49 %). Investitionen sind die entscheidende Stellschraube zur langfristigen Sicherung des Unternehmenserfolgs, in- Werden die Investitionen der KMU allerdings an der dem der Kapitalstock erneuert, Kapazitäten erweitert, jeweiligen Beschäftigtenzahl gemessen (Investitionsin- Kosten eingespart oder neue Geschäftsfelder und tensität in Euro je Vollzeitäquivalent-Beschäftigtem), Technologien erschlossen werden. Zudem trägt eine zeigen sich weitaus stärker ausgeprägte Länderdiffe- rege Investitionstätigkeit von KMU zur konjunkturellen renzen (Grafik 11, rechts). „Investitionsspitzenreiter“ Entwicklung bei, erhöht das gesamtwirtschaftliche Pro- sind danach KMU aus Brandenburg mit einer durch- duktionspotenzial und leistet einen bedeutsamen Bei- schnittlichen Investitionssumme je VZÄ-Beschäftigtem trag zum langfristigen Wirtschaftswachstum. von rund 9.900 EUR. Schon deutlich darunter liegen Mittelständler aus Niedersachen (rund 9.200 EUR je Die Bereitschaft mittelständischer Unternehmen, In- VZÄ-Beschäftigtem) sowie Hamburg und Baden- vestitionsvorhaben zu tätigen, hat allerdings seit den Württemberg mit jeweils rund 8.800 EUR. Zum Ver- Krisenjahren 2008 / 2009 abgenommen und stagniert gleich: Damit investieren Unternehmen aus Branden- seitdem auf geringem Niveau. Vor allem die Kleinstun- burg im Durchschnitt pro Vollzeitstelle etwa ein Drittel ternehmen halten sich mit Investitionsprojekten zurück. mehr in den Ausbau und den Erhalt ihrer Strukturen als Ein Blick auf die Bundesländer zeigt: Die Investitions- KMU aus Schleswig-Holstein oder Berlin. Grafik 11: Investitionstätigkeit der KMU nach Bundesländern Anteil Unternehmen mit Investitionen in Prozent (links) – Investitionsvolumen in Euro je VZÄ-Beschäftigtem (gesamt und verteilt auf Investitionsarten) 48 Brandenburg 5.853 3.274 9.920 40 Niedersachsen 4.036 4.495 9.173 41 Hamburg 4.327 4.151 8.831 42 Baden-Württemberg 4.411 3.969 8.821 44 Bayern 3.936 3.685 8.375 40 Thüringen 3.840 4.007 8.347 38 Mecklenburg-Vorpommern 4.027 3.222 8.054 49 Sachsen-Anhalt 3.941 3.538 8.042 42 Deutschland gesamt 3.896 3.578 7.952 43 Hessen 3.935 3.009 7.716 36 Rheinland-Pfalz 3.788 3.059 7.284 43 Nordrhein-Westfalen 3.589 3.374 7.178 43 Sachsen 3.633 3.206 7.124 41 Berlin 3.258 2.593 6.649 39 Schleswig-Holstein 2.690 3.459 6.405 Kapazitätserweiterung Ersatzinvestitionen Sonstiges Lesehilfe: In Brandenburg investieren 48 % aller Mittelständler. Das durchschnittliche Investitionsvolumen je Vollzeitäquivalent-Beschäftigtem beläuft sich dabei auf 9.920 EUR. Davon entfallen 5.853 EUR auf Erweiterungsinvestitionen (rund 59 %) und weitere 3.274 EUR auf Ersatzin- vestitionen (rund 33 %). Der Rest entfällt auf die Kategorie Sonstiges. Anmerkung: Mit dem Investitionsvolumen gewichtet. Sonstiges umfasst unter anderem Innovation, Rationalisierung, Sanierung und Reparatu- ren. Quelle: KfW Research. Seite 8
KfW-Mittelstandsatlas Bei der Unterscheidung nach Investitionsarten zeigt ihrer Investitionen überdurchschnittlich viele Eigenmit- sich (weit gehend) das folgende Muster: Wird mehr in tel (61 und 60 %). Kapazitätserweiterungen investiert (beispielsweise An- schaffung einer zusätzlichen Produktionsstraße, Aus- Spiegelbildlich setzen KMU in diesen Ländern in weit- bau der Transportkapazitäten, Auslandseintritt), fallen aus geringerem Ausmaß auf die Kreditfinanzierung ih- in der Regel die Gesamtinvestitionen ebenfalls höher rer Investitionen. Vor allem bei KMU in Hamburg ist der aus (gemessen an der Investitionsintensität). Beson- Anteil der Bankkredite am jährlichen Investitionsvolu- ders deutlich zeigt sich das für Brandenburg mit einem men mit 19 % so gering wie in keinem anderen Bun- Anteil der kapazitätserweiternden Investitionen von desland. Dazu passt, dass in diesen Ländern auch die 59 % – das sind 17 Prozentpunkte mehr als bei KMU grundsätzliche Neigung, Verhandlungen mit Banken aus Schleswig-Holstein mit 42 %. Aus früheren Unter- oder Sparkassen über Investitionskredite zu führen, ge- suchungen ist diesbezüglich bekannt, dass kapazitäts- ringer ausgeprägt ist (24–28 % der investierenden Un- erweiternde Investitionen eher von KMU mit positiven ternehmen). Geschäftserwartungen vorgenommen werden. Dage- gen konzentrieren sich tendenziell vorsichtige Inhaber Der geringe Fremd- sowie hohe Eigenmittelanteil spe- 9 stärker auf Ersatzinvestitionen. ziell in den Stadtstaaten dürfte unter anderem eng mit dem dort hohen Anteil der in freiberuflichen Tätigkeits- Investitionsfinanzierung: Stadtstaaten setzen auf feldern aktiven Dienstleistungen zusammenhängen. Eigenmittel Deren Investitionsprojekte sind in der Regel weniger Dass mittelständische Unternehmen den größten Anteil kapitalintensiv und können eher aus eigenen Mitteln der Investitionsfinanzierung über Eigenmitteleinsatz bestritten werden. Für die Realisierung eher großvolu- stemmen ist bekannt. Die Unternehmen haben Ge- miger Investitionen ist dagegen oftmals der Zugang zu winnzuwächse in den letzten Jahren weit gehend ein- externen Finanzierungsquellen von maßgeblicher Be- behalten und finanzielle Polster geschaffen. Vor allem deutung. am aktuellen Rand wurde stark darauf zurückgegriffen 10 – der Eigenmitteleinsatz erreichte ein Allzeithoch. Neigung zur Kreditfinanzierung bei KMU aus Ostdeutschland stärker ausgeprägt Den höchsten Eigenmittelanteil zur Finanzierung der Die stärkste Neigung zur Kreditfinanzierung haben Investitionen wenden KMU aus Berlin auf (Grafik 12). KMU aus den Bundesländern Mecklenburg-Vorpom- Im Durchschnitt haben die hier ansässigen mittelstän- mern, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Sie finanzierten dischen Unternehmen 62 % ihres jährlichen Investiti- etwa vier Zehntel ihres jährlichen Investitionsvolumens onsvolumens mit internen Mitteln finanziert. Auch KMU über Bankkredite – ein gegenüber Unternehmen aus in Hamburg und Brandenburg nutzen zur Finanzierung Hamburg doppelt so hoher Anteil. Entsprechend haben Grafik 12: Investitionsfinanzierung und Anteil KMU mit Kreditverhandlungen Anteil am Investitionsvolumen in Prozent (links) – Anteil KMU mit Kreditverhandlungen an den investierenden Unternehmen in Prozent (rechts) Berlin 62 5 4 29 24 Hamburg 61 8 12 19 25 Brandenburg 60 9 4 27 28 Baden-Württemberg 58 10 6 26 30 Rheinland-Pfalz 56 9 5 30 31 Schleswig-Holstein 56 7 2 35 32 Niedersachsen 52 8 4 36 32 Hessen 54 11 9 26 32 Bayern 53 13 6 28 33 Deutschland 53 10 7 30 34 Nordrhein-Westfalen 52 11 6 31 34 Thüringen 48 11 4 37 36 Sachsen 46 12 10 32 37 Sachsen-Anhalt 46 9 5 40 41 Mecklenburg-Vorpommern 44 10 6 40 43 Eigenmittel Fördermittel Sonstiges Bankkredite Quelle: KfW Research. Seite 9
KfW Research in diesen Bundesländern auch überdurchschnittlich vie- den in der Branchenstruktur kommt für diese ostdeut- le Unternehmen Kreditverhandlungen geführt: Wagt schen Länder die Besonderheit hinzu, dass der Anteil deutschlandweit im Durchschnitt rund jedes dritte inve- unselbstständiger Niederlassungen (westdeutscher Un- 13 stierende KMU den Gang zu einer Bank oder Sparkas- ternehmen) hoch ist. Dabei handelt es sich häufig um se, sind es in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen- Produktionsstätten mit im Durchschnitt höheren Eigen- 14 Anhalt jeweils mehr als 40 %. Hingegen werden dort kapitalquoten. Man spricht hier auch von so genann- 15 (sowie in Sachsen und Thüringen) mit Anteilen von je- ten „verlängerten Werkbänken“. weils unter 50 % vergleichsweise weniger Eigenmittel zur Investitionsfinanzierung eingesetzt. Diese im Vergleich sehr hohen Eigenkapitalquoten könnten einen Erklärungsbeitrag liefern, warum über- Eigenkapitalquoten der KMU zeigen große durchschnittlich viele KMU in diesen Bundesländern Spannweite Kreditverhandlungen geführt haben. Das günstige Fi- Für den externen Finanzierungszugang ganz entschei- nanzierungsumfeld der jüngsten Vergangenheit (weit 11 dend ist die Bonität eines Unternehmens. Die Eigen- gehend offener Kreditzugang, sinkende Zinsaufwen- 12 kapitalquote spielt dabei eine wichtige Rolle. Hier dungen) und die aufgrund der guten Eigenkapitalaus- schneiden Unternehmen aus den meisten ostdeut- stattung höheren Erfolgsaussichten einen Bankkredit schen Flächenländern besonders gut ab (Grafik 13). zu erhalten, könnte die Unternehmen motiviert haben KMU aus Sachsen-Anhalt können den höchsten Wert den Gang zur Bank zu wagen. Eigene liquide Mittel aufweisen, mit einer durchschnittlichen Eigenkapital- können so einbehalten werden, um für zukünftige In- quote von 42 %. Aber auch der Mittelstand in Thürin- vestitionsprojekte ein finanzielles Polster zu haben. gen und Sachsen kann mit rund 35 bzw. 34 % eine or- dentliche Eigenkapitalausstattung vorweisen. Demografie und Nachfolge vielerorts proble- matisch Grafik 13: Eigenkapitalquoten Der demografische Wandel hat Deutschland erfasst: Angaben in Prozent Die Bevölkerungszahlen sinken, das Durchschnittsalter steigt, auch die Erwerbsbevölkerung wird zunehmend Sachsen-Anhalt 42 älter. Dabei hat sich die allgemeine demografische Rheinland-Pfalz 40 Entwicklung in der Inhaberschaft der KMU rascher voll- Thüringen 35 16 zogen als in Deutschland insgesamt. Sachsen 34 Bayern 32 Im Jahr 2016 waren allein 39 % aller Unternehmensin- Hessen 30 haber 55 Jahre oder älter. Zum Vergleich: Im Jahr Niedersachsen 29 2002 waren es gerade einmal 20 %. Damit hat mehr Deutschland 29 als ein Drittel aller Unternehmenslenker – oder rund Baden-Württemberg 29 1,4 Mio. KMU-Chefs – ein Alter erreicht, in dem Er- Mecklenburg-Vorpommern 28 werbstätige Gedanken über den Ruhestand nachge- Hamburg 27 hen. Nordrhein-Westfalen 26 Schleswig-Holstein 23 Für mittelständische Unternehmen bergen die demo- Berlin und Brandenburg 19 grafischen Prozesse sowohl Chancen wie auch große 17 Anmerkung: Mit der individuellen Bilanzsumme gewichtete Mittelwer- Herausforderungen – vor allem rückt das erfolgreiche te der Eigenkapitalquote je Bundesland. Zur Berechnung werden nur Management der Unternehmensnachfolge mehr und bilanzierungspflichtige Unternehmen herangezogen. Zusammenfas- 18 mehr ins Zentrum. Allein in den kommenden beiden sung von Berlin und Brandenburg aus Gründen der Robustheit. Jahren planen 236.000 Inhaber den Rückzug aus ih- Quelle: KfW Research. rem Unternehmen – und wollen das Unternehmen in Die niedrigste Eigenkapitalquote weisen KMU in Berlin die Hände eines Nachfolgers legen. Das sind allein 19 und Brandenburg auf (im Durchschnitt 19 %). Aber 6 % aller KMU in Deutschland bis Ende 2019. auch bei KMU in Schleswig-Holstein besteht mit einer Eigenkapitalquote von durchschnittlich 23 % noch Ver- Parallel mangelt es an nachrückenden Existenzgrün- besserungspotenzial. dern. Deren Anzahl sinkt seit Jahren – von über 1,5 Mio. im Jahr 2001 auf nur noch 672.000 im Jahr 20 Die Ursachen für die vergleichsweise hohen Eigenkapi- 2016. Speziell für die Nachfolgersuche wirkt ver- talquoten in Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen schärfend, dass rund drei Viertel der Existenzgründer sind nicht eindeutig zu bestimmen. Neben Unterschie- lieber neu gründen anstatt auf bestehende Strukturen zurückzugreifen. Im Jahr 2016 haben sich nur rund Seite 10
KfW-Mittelstandsatlas 154.000 Existenzgründer durch eine Unternehmensbe- größeren strukturellen Herausforderungen. Nachfolge- 21 teiligung oder -übernahme selbstständig gemacht. prozesse müssen überdurchschnittlich häufig angesto- Das sind deutlich zu wenige, um den Bedarf an qualifi- ßen werden. In Schleswig-Holstein planen 21 % der zierten Nachfolgern zu decken. Mittelständler, die Übergabe oder den Verkauf des Un- ternehmens an einen Nachfolger in einem Dreijahres- Nicht überall in Deutschland sind die Alterung der zeitraum (entweder innerhalb oder außerhalb der Fami- KMU-Inhaber und anstehende Nachfolgen gleicherma- lie). Das ist mit Abstand der höchste Wert aller Bundes- ßen ein drängendes Problem (Grafik 14 und 15): Be- länder, gefolgt von Thüringen, Hessen und Baden- sonders ausgeprägt zeigt sich die Alterung der Inhaber Württemberg (je 17 %). in Schleswig-Holstein. Dort sind fast die Hälfte der KMU-Inhaber 55 Jahre oder älter – das Durchschnitts- Anders stellt sich die Situation in Hamburg, Rheinland- alter liegt bei 55 Jahren. Das liegt auch daran, dass Pfalz oder Mecklenburg-Vorpommern dar. Hier liegt der Schleswig-Holstein das einzige Bundesland ist, in dem Anteil der KMU-Inhaber, die kurzfristig eine Nachfolge- die Gründungsneigung älterer Personen die Grün- regelung anstreben, unter dem Durchschnitt. Insbe- 22 dungsneigung der Jungen übersteigt. Ein Nebenef- sondere in Hamburg dürften es übernahmewillige fekt: Mit steigendem Inhaberalter nimmt naturgemäß Gründer schwer haben – dort stehen lediglich 4 % der auch der Erfahrungsschatz der Unternehmenslenker zu KMU kurzfristig zur Nachfolge an. (Grafik 16). Nirgends sonst können die KMU-Inhaber so viel Berufs- und Branchenerfahrung vorweisen. Die im Mittel jüngsten Unternehmenslenker finden sich unter anderem in Sachsen. Das Durchschnittsalter liegt Auch in Thüringen (44 %) und Baden-Württemberg bei 48 Jahren, und ein vergleichsweise niedriger Anteil (41 %) ist der Anteil älterer Inhaber vergleichsweise von 14 % aller KMU, beschäftigt sich mit einer Unter- hoch. Speziell diese Bundesländer stehen damit vor nehmensnachfolge. Generell ist die Altersverteilung in den ostdeutschen Bundesländern vorteilhafter. Die In- haber sind im Durchschnitt vergleichsweise jung. Grafik 14: Inhaberalter nach Bundesländern Unternehmensanteile je Inhaber-Altersklasse in Prozent – Durchschnittliches Inhaberalter in Jahren (kursiv) / Absteigende Sortierung nach Durchschnittsalter Schleswig-Holstein 10 8 15 22 20 26 54 Baden-Württemberg 17 10 16 16 13 27 52 Sachsen-Anhalt 12 5 23 31 16 13 51 Nordrhein-Westfalen 13 11 21 19 15 21 51 Hessen 13 10 17 22 17 20 51 Thüringen 20 9 13 15 28 16 50 Niedersachsen 14 16 21 19 14 17 50 Hamburg 18 5 19 29 13 16 50 Rheinland-Pfalz 22 14 15 16 17 16 49 Bayern 21 13 16 17 16 17 49 Sachsen 24 13 17 18 12 16 48 Mecklenburg-Vorpommern 21 13 12 21 20 14 48 Brandenburg 21 11 21 23 10 14 48 Berlin 23 11 18 16 11 21 48 unter 40 zwischen 40 und 44 zwischen 45 und 49 zwischen 50 und 54 zwischen 55 und 59 60 und darüber Anmerkung: Ausschließlich im jeweiligen Befragungsjahr neu in den Datensatz aufgenommene Unternehmen werden berücksichtigt. Regel- mäßige Befragungsteilnehmer werden aufgrund eines per Definition zunehmendem Inhaberalter ausgeklammert. Quelle: KfW Research. Seite 11
KfW Research Grafik 15: Anteile Inhaber über 55 Jahre sowie Anteile KMU mit geplanter Nachfolge nach Bundesländern Links: Anteil der Inhaber an allen KMU mit 55 Jahren oder älter (Durchschnitt 2012–2016) / Rechts: Anteil der KMU mit einer geplanten Nach- folge innerhalb drei Jahren (Durchschnitt 2011–2015) 21 % 46 % Schleswig- Holstein Schleswig- Holstein 9% 34 % Mecklenburg-Vorpommern Mecklenburg-Vorpommern 4% 29 % Hamburg Hamburg 13 % 32 % 16 % Berlin 33 % Berlin Niedersachsen Niedersachsen 29 % 24 % 14 % 15 % Sachsen- Brandenburg 37 % Sachsen- Brandenburg 16 % Anhalt Anhalt Nordrhein-Westfalen Nordrhein-Westfalen 28 % 14 % Sachsen 44 % Sachsen 17 % 38 % 17 % Thüringen Thüringen Hessen Hessen 40 % und mehr 9% 17 % und mehr 33 % Zwischen 35 und 39 % Rheinland- Zwischen 11 und 16 % Rheinland- Pfalz Pfalz Zwischen 30 und 34 % Bis zu 10 % Unter 30 % 34 % 15 % 41 % Bayern 17 % Bayern Baden- Baden- Württemberg Württemberg Anmerkungen: Ausschließlich im jeweiligen Befragungsjahr neu in den Datensatz aufgenommene Unternehmen werden berücksichtigt. Re- gelmäßige Befragungsteilnehmer wurden aufgrund eines per Definition zunehmenden Inhaberalters ausgeklammert. Abbildung zur Unterneh- mensnachfolge (rechte Seite) basierend auf einer repräsentativen Regionalauswertung der Berichtsjahre 2011–2015 des KfW-Mittelstands- panels. Das jüngste Berichtsjahr 2016 (Erhebung im Jahr 2017) kann hier aufgrund der modifizierten Erhebungsmethodik nicht berücksichtigt werden. Quelle: KfW Research. Mehr Diversität eine Lösung? Wo stehen die Grafik 16: Erfahrung der Inhaber Länder? Angaben jeweils in Jahren Eine stärkere Mobilisierung von bislang nur unter- Schleswig-Holstein 21 30 durchschnittlich in der Inhaberschaft vertretenen Per- Baden-Württemberg 21 29 sonengruppen kann eine Option sein, um der demogra- Hessen 19 29 fischen Entwicklung und einer sich abzeichnenden Nordrhein-Westfalen „Nachfolgerlücke“ im Mittelstand entgegenzuwirken. 21 28 Speziell Bundesländer, die durch eine demografisch Rheinland-Pfalz 19 28 unvorteilhafte Altersverteilung in der KMU-Inhaber- Hamburg 18 28 schaft gekennzeichnet sind, sind gefordert. Thüringen 20 27 Sachsen-Anhalt 21 27 Besonderes Augenmerk liegt dabei auf zwei Bevölke- Bayern 20 27 rungsgruppen: Frauen und Migranten. So sitzt deutsch- Niedersachsen 19 27 landweit in den rund 3,7 Mio. mittelständischen Unter- 23 Mecklenburg-Vorpommern 17 26 nehmen bei rund 18 % eine Frau im Chefsessel. Brandenburg 19 26 Wenn der Zuwachs zuletzt auch ins Stocken geriet, mit Berlin 18 26 einer Zunahme ist künftig zu rechnen. Die Anreize sind Sachsen 18 26 hoch. Ähnliches gilt für Migranten, die bereits jetzt schon für jede fünfte Existenzgründung verantwortlich Branchenerfahrung 24 sind, mit steigender Bedeutung. Gegenwärtig werden Berufserfahrung deutschlandweit betrachtet rund 6 % aller mittelständi- Quelle: KfW Research. schen Unternehmen von einem Inhaber geführt, der bei Seite 12
KfW-Mittelstandsatlas Geburt nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besaß Die Unterschiede zwischen den Bundesländer im Hin- (im Folgenden Migranten genannt). blick auf den Migrantenanteil unter den mittelständi- schen Unternehmensinhabern ist Spiegelbild gesamt- Die Unterschiede zwischen den Bundesländern im An- gesellschaftlicher Strukturen (Grafik 17, rechts): Der teil frauengeführter Mittelständler sind erheblich (Gra- Anteil ist in denjenigen Bundesländer besonders hoch, fik 17, links). In Nordrhein-Westfalen (14 %) sowie Ber- die ohnehin einen hohen Ausländeranteil an der Bevöl- lin (13 %) und Thüringen (12 %) sind vergleichsweise kerung aufweisen. In den Stadtstaaten Berlin und wenig Mittelständler frauengeführt. Hamburg sind die Anteile mit jeweils 14 % am höch- sten. Diese Länder weisen auch generell den größten Dagegen werden in den nördlichen Bundesländern Ausländeranteil innerhalb der Bevölkerung auf (Berlin 26 Schleswig-Holstein (28 %), Mecklenburg-Vorpommern auf Platz 1 mit 16 %, Hamburg auf Platz 2 mit 15 %) . (27 %) und Hamburg (24 %) etwa ein Viertel der KMU Auch in den westdeutschen Flächenländern Baden- von einer Frau geführt. Dieses Bild lässt sich zum gro- Württemberg, Nordrhein-Westfalen sowie Hessen wer- ßen Teil mit der Branchenverteilung erklären (Grafik 6). den überdurchschnittlich viele KMU von Migranten ge- In diesen drei Bundesländern ist der Anteil der KMU im führt. Bereich der Sonstigen Dienstleistungen am höchsten. Genau dieses Segment besitzt nach Analysen von KfW In allen fünf ostdeutschen Flächenländern ist der Anteil 25 Research einen sehr hohen Anteil weiblicher Inhaber: migrantengeführter KMU mit Werten zwischen 1 und So steht beispielweise im Teilsegment Erziehung und 2 % sehr niedrig. Auch dies ist Ausdruck gesamtgesell- Unterricht bei nahezu jedem zweiten Mittelständler eine schaftlicher Strukturen. Der Ausländeranteil an der Be- Frau an der Unternehmensspitze bzw. ist selbstständig völkerung liegt in diesen Bundesländern jeweils bei mit ihrem eigenen Unternehmen tätig (46 %). Chefin- 4 %. nen finden sich darüber hinaus überproportional häufig im Gastronomie- und Hotelgewerbe, im Gesundheits-, Generell fällt auf, dass der Migrantenanteil an der In- Veterinär- und Sozialwesen sowie im Bereich Pflege, haberschaft der KMU in jedem Bundesland niedriger Aus- und Weiterbildung (je etwa ein Drittel). Grafik 17: Anteile frauengeführter KMU (links) und Anteil migrantengeführter KMU (rechts) nach Bundesländern 28 % 3% Schleswig- Schleswig- Holstein 27 % Holstein 1% Mecklenburg- Mecklenburg- Vorpommern Vorpommern 24 % 14 % Hamburg 13 % Hamburg 14 % Berlin Berlin 16 % 5% Niedersachsen Niedersachsen 16 % 19 % 2% 1% Sachsen- Brandenburg Sachsen- Brandenburg 14 % Anhalt 8% Anhalt Nordrhein- Nordrhein- Westfalen 22 % Westfalen 1% 12 % Sachsen 2% Sachsen 15 % Thüringen 7% Thüringen Hessen Hessen 16 % 20 % und mehr 4% 9 % und mehr Rheinland- Zwischen 15 und 19 % Rheinland- Zwischen 4 und 8 % Pfalz Pfalz Unter 15 % Unter 4 % 21 % 6% Bayern Bayern 16 % 11 % Baden- Baden- Württemberg Württemberg Anmerkungen: Die Bezeichnung Migrant umfasst im vorliegenden Kontext einen KMU-Inhaber, der bei seiner / ihrer Geburt nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besaß. Quelle: KfW Research. Seite 13
KfW Research ist, als der Ausländeranteil an der Bevölkerung gene- durchschnittlich ausbildungsaktiv. Die wenigsten Aus- rell. Eine Erklärung liegt in der höheren Abbruchwahr- bildungsunternehmen finden sich in den ostdeutschen scheinlichkeit der Migrantengründer innerhalb der er- Flächenländern Sachsen, Thüringen (jeweils 10 %) und 27 sten Jahre des Unternehmertums. Der KfW-Grün- Mecklenburg-Vorpommern (11 %) sowie in den Stadt- dungsmonitor weist hier auf die höhere Abhängigkeit staaten Berlin (10 %) und Hamburg (11 %). der Gründungsaktivität der Migranten vom Arbeitsmarkt hin. Sie sind häufiger Notgründer aus Mangel an Er- Verantwortlich dafür sind die unterschiedlichen Struktu- werbsalterativen, und geben das Unternehmen schnel- ren des Mittelstands in den Ländern: So dominieren in ler wieder auf, wenn sich ein attraktiver Arbeitsplatz den Stadtstaaten die Dienstleistungsunternehmen. bietet. Unterproportional viele migrantengeführte KMU Traditionell starke Ausbildungsbranchen (Verarbeiten- erreichen daher ein hohes Betriebsalter (zum Ver- des Gewerbe, Bau, Handwerk) mit Ausbilderanteilen gleich: Das Durchschnittsalter eines KMU beträgt von 20–30 % sind in Großstädten seltener vertreten. In 23 Jahre). Ostdeutschland sind Kleinstunternehmen besonders häufig. Allerdings mangelt es durch Bevölkerungsrück- Ausbildungsbeteiligung im Nordwesten am gang vielerorts auch an Nachfrage nach Ausbildungs- höchsten plätzen, nicht nur am Angebot. Etwa 90 % aller Auszubildenden in Deutschland absol- vieren ihre Ausbildung in einem mittelständischen Un- Ähnliche Herausforderungen für den Mittelstand ternehmen, und damit etwa 1,2 Mio. Auszubildende in bei unterschiedlicher Ausgangslage rund 440.000 KMU deutschlandweit (11,7 % aller Eine regional differenzierte Betrachtung mittelständi- KMU). scher Unternehmenstätigkeit ist wichtig und kann für wirtschaftspolitische Debatten auf Ländereben bedeu- Grafik 18: Anteil ausbildender KMU tende Beiträge liefern. Die vorliegende Untersuchung zeigt, dass der deutsche Mittelstand kein einheitliches Muster aufweist. So gibt es wesentliche landesspezifi- 12,7 % Schleswig- sche Besonderheiten hinsichtlich struktureller Merkma- Holstein 11,1 % le (Größen- und Branchenverteilung, Altersstruktur) Mecklenburg- Vorpommern sowie teils deutliche Unterschiede in den Führungseta- 10,7 % gen der KMUs. Damit lassen sich zum Teil auch die Hamburg 10,1 % von uns gefunden Unterschiede zentraler Mittelstands- Berlin kennziffern erklären. Diese regionalen Besonderheiten 16,8 % verlangen nach differenzierten wirtschaftspolitischen Niedersachsen 14,8 % 12,3 % Sachsen- Brandenburg Antworten. Anhalt 15,9 % Nordrhein- Westfalen 9,9 % Dennoch gibt es auch über die Ländergrenzen hinweg 10,1 % Sachsen einheitliche Trends und Herausforderungen. Dies ist 14,4 % Thüringen zum einen der demografische Wandel. Denn die zu- Hessen Über 15 % nehmende Alterung macht auch vor den Chefetagen 18,9 % Rheinland- 14 bis 15 % der KMU nicht Halt. In fast allen Regionen Deutsch- Pfalz 12 bis 13 % lands „bedrohen“ ungeklärte Unternehmensnachfolgen Unter 12 % 28 die Substanz der KMU. Aber auch die Sicherung von 12,7 % Fachkräften bei einer künftig schrumpfenden Erwerbs- 12,3 % Bayern Baden- bevölkerung wird für den Mittelstand in ganz Deutsch- Württemberg land zur Herausforderung. Viele KMU versuchen dem drohenden Fachkräftemangel u. a. durch ein stärkeres Engagement in der betrieblichen Ausbildung zu begeg- 29 nen. Hier sind aber vor allem Regionen mit einem hohen Anteil an Kleinunternehmen – die nicht allein Quelle: KfW Research. ausbilden können – im Nachteil. In den Bundesländern ist die Ausbildungsbeteiligung der KMU unterschiedlich (Grafik 18). Die nord- Will Deutschland trotz abnehmenden Erwerbspoten- westdeutschen Flächenländer liegen vorn: In Rhein- zials sein Potenzialwachstum auch in Zukunft auf ei- land-Pfalz bilden 18,9 % aller dort verankerten KMU nem angemessenen Niveau halten sind mehr Investi- aus. Auch Unternehmen aus Niedersachsen mit tionen notwendig. Trotz einiger positiver Ausreißer 16,8 % und Nordrhein-Westfalen mit 15,9 % sind über- nach oben halten sich die KMU in vielen Regionen mit Seite 14
KfW-Mittelstandsatlas Investitionen jedoch noch immer merklich zurück. Dies noch viel Potenzial, das es zu mobilisieren gilt. Aber gilt es auf breiter Front zu ändern – durch investitions- die Rahmenbedingungen müssen stimmen – denn aus freundliche Rahmenbedingungen sowie geeignete und Unternehmenssicht stehen dem verschiedene Hemm- hinreichende Finanzierungsangebote. Denn mehr In- nisse entgegen. Dazu zählen fehlende IT- vestitionen in den Kapitalstock können auch helfen, die Kompetenzen, ungelöste Fragen der Datensicherheit zuletzt größer gewordene Produktivitätslücke des und des Datenschutzes, Probleme bei der Anpassung Mittelstands zur Gesamtwirtschaft wieder zu schlie- der Unternehmens- und Arbeitsorganisation sowie eine 30 32 ßen. mangelnde Qualität der Internetverbindung. Daneben bietet auch die Digitalisierung große Chan- Zur Lösung der genannten Herausforderungen sind cen für zukünftiges Wachstum und Wettbewerbsfähig- Anstrengungen auf allen politischen Ebenen gefragt. ■ keit. Der Mittelstand partizipiert derzeit aber noch un- 31 terdurchschnittlich an den Möglichkeiten. Hier ist KfW-Mittelstandsatlas: Datenbasis und Methode Die repräsentative Regionalauswertung KfW-Mittelstandsatlas 2018 basiert auf Daten des KfW-Mittelstands- panels. Die Daten hierfür werden seit dem Jahr 2003 im Rahmen einer Wiederholungsbefragung der kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland durchgeführt. Mit einer Datenbasis von bis zu 15.000 Unternehmen pro Jahr ist das KfW-Mittelstandspanel die einzige repräsentative Erhebung im deutschen Mittelstand und damit die wichtigste Datenquelle für mittelstandsrelevante Fragestellungen. Das KfW-Mittelstandspanel liefert ein repräsentatives Abbild der gegenwärtigen Situation, der Bedürfnisse und der Pläne mittelständischer Unternehmen in Deutschland. Den Schwerpunkt bilden jährlich wiederkehrende In- formationen zum Unternehmenserfolg, zur Investitionstätigkeit, zur Finanzierungsstruktur und zur Inhaber- schaft. Zur Grundgesamtheit gehören mittelständische Privatunternehmen sämtlicher Wirtschaftszweige, de- ren jährlicher Umsatz die Grenze von 500 Mio. EUR nicht übersteigt. Ausgeschlossen sind der öffentliche Sek- tor, Banken sowie Non-Profit Organisationen. Die Stichprobe des KfW-Mittelstandspanels ist so konzipiert, dass repräsentative, verlässliche und möglichst genaue Aussagen generiert werden. Um von der Stichprobe auf die Grundgesamtheit schließen zu können, werden die Befragungsergebnisse gewichtet bzw. hochgerechnet. Die erstmalig durchgeführte regional differenzierte Betrachtung nutzt die fünf jüngsten jährlichen Erhe- bungswellen des KfW-Mittelstandspanels (Welle 11–15) – und umfasst damit die Berichtsjahre 2012–2016 (Erhebungsjahre 2013–2017). Basierend auf dieser Zusammenfassung können im besten Fall rund 50.000 Be- obachtungen für die Analyse berücksichtigt werden. Somit sind auch bei der nach Bundesländern vorgenom- menen regionalen Disaggregation hinreichend hohe Fallzahlen sichergestellt. Um ausschließlich robuste Er- gebnisse vorzulegen, muss im aktuellen Bericht auf Ergebnisse zu den Bundesländern Bremen und Saarland verzichtet werden. Künftig werden auch diese beiden Bundesländer berücksichtigt. Weiterführende Informationen finden Sie im Internet unter: www.kfw-mittelstandspanel.de Seite 15
KfW Research 1 15 Zur aktuellen Ausgabe siehe Schwartz, M. (2017), KfW-Mittelstandspanel Eine über dem Bundesdurchschnitt und am oberen Ende der Rangfolge lie- 2017: Rekordjagd im Inland geht ungebremst weiter – neue Herausforderun- gende Eigenkapitalquote für Unternehmen aus den ostdeutschen Bundeslän- gen durch sektoralen Wandel, KfW Research. Dazu wird jährlich ein ausführ- dern einerseits sowie eher schwach kapitalisierte Unternehmen in Berlin und licher Tabellenband begleitend veröffentlicht. Der Tabellenband zum Hamburg weisen auch andere Quellen nach: Creditreform Rating Agentur KfW-Mittelstandspanel ist abrufbar unter: https://www.kfw.de/KfW- (2015), Eigenkapitalpolster im deutschen Unternehmenssektor Konzern/KfW-Research/KfW-Mittelstandspanel.html# Dort finden sich zu- (https://www.creditreform-rating.de/fileadmin/user_upload/creditreform- dem sämtliche Jahresberichte zum KfW-Mittelstandspanel. rating.de/Dokumente/Fachpublikationen/15-11- 26_Creditreform_Rating_EKpolster_deutscher_Unternehmen.pdf) 2 Siehe Destatis (http://www.statistik-portal.de/Statistik- 16 Portal/de_inhalt23.asp) Größere Unternehmen sind danach Unternehmen Gerstenberger, J. und M. Schwartz (2014), Mittelstand altert im Zeitraffer, mit steuerbarem Umsatz aus Lieferungen und Leistungen und / oder mit sozi- Volkswirtschaft Kompakt Nr. 63, KfW Economic Research. alversicherungspflichtig Beschäftigten im Berichtsjahr 2014 mit 250 und mehr 17 Beschäftigten. Vgl. Leifels, A. (2015), Fachkräfterekrutierung im Mittelstand: Optimismus darf Blick auf Qualifikationsprobleme nicht verstellen, Fokus Volkswirtschaft 3 Vgl. http://www.boerse.de/aktien/dax-konzerne-deutschland/grafik (Ab- Nr. 100, KfW Research. Siehe ausführlich dazu Schwartz, M. und J. Gersten- ruf am 19.05.2017). berger (2015), Alterung im Mittelstand bremst Investitionen, Fokus Volkswirt- schaft Nr.85, KfW Research. – Gerstenberger, J. und M. Schwartz (2014), 4 Wissensintensive Dienstleistungen umfassen Dienstleistungs-Teilbranchen Mittelstand altert im Zeitraffer, Volkswirtschaft Kompakt Nr. 63, KfW Economic mit einem überdurchschnittlich hohen Akademikeranteil an der Gesamtbe- Research. schäftigung bzw. Dienstleistungen mit einer starken Technologieorientierung. 18 Darunter fallen beispielsweise Architektur- und Ingenieurbüros, Rechts-, KfW Research begleitet diesen Transformationsprozess im Mittelstand Steuer- und Unternehmensberatungen, Datenverarbeitung oder Fernmelde- schon länger. Um der wachsenden Bedeutung des Themas gerecht zu wer- dienste. Die Abgrenzung basiert auf der so genannten NIW / ISI-Liste wissens- den, wurde die Erhebung entsprechender Daten im Rahmen des KfW -Mittel- intensiver Industrien und Dienstleistungen, die wiederum auf der WZ2008- standspanels ab dem Jahr 2017 umgestellt und erheblich ausgeweitet. Nicht Systematik des Statistischen Bundesamtes fußt. alle in dieser Analyse ausgewiesenen Ergebnisse sind daher mit vorherigen Veröffentlichungen vergleichbar. Siehe zum Thema beispielsweise auch Lei- 5 Siehe hierzu die grundlegenden Arbeiten: Jacobs, J. (1969), The Economy fels, A. (2016), Alterung treibt Nachfolgerbedarf im Mittelstand: 620.000 of Cities. New York: Random House.- Isard, W. (1956), Location and Space- Übergaben bis 2018, Fokus Volkswirtschaft 132, KfW Research – Schwartz, economy; a General Theory Relating to Industrial Location, Market Areas, M. und J. Gerstenberger (2015), Nachfolgeplanungen auf Hochtouren: Halbe Land Use, Trade, and Urban Structure. Cambridge, MA: MIT. Einen generel- Million Übergaben bis 2017, Fokus Volkswirtschaft Nr. 91, KfW Research. len Überblick über die akademische Debatte bieten Beaudry, C. und 19 A. Schiffauerova (2009), Who’s Right, Marshall or Jacobs? The Localisation Vgl. Schwartz, M. (2018), Generationenwechsel im Mittelstand: Bis 2019 Versus Urbanisation Debate. Research Policy 38, pp. 318–337. werden 240.000 Nachfolger gesucht, Fokus Volkswirtschaft Nr. 197, KfW Research 6 Vgl. IAB (2015), Wandel der Betriebslandschaft in West- und Ostdeutsch- 20 land – Ergebnisse aus dem IAB-Betriebspanel 2014, IAB Forschungsbe- Metzger, G. (2017), KfW-Gründungsmonitor 2017: Beschäftigungsrekord richt 9/2015, Nürnberg. mit Nebenwirkung: So wenige Gründer wie nie, KfW Research. 7 21 Die Wachstumsrate der Beschäftigten wird auf Grundlage der Vollzeitäqui- Für eine detaillierte Analyse der Übernahmegründungen in Deutschland vgl. valenten (VZÄ oder Full-Time-Equivalent (FTE)) berechnet. Hierdurch wird Metzger, G. (2016), Dreimal mehr Übergabeplaner als Übernahmegründer, – im Gegensatz zum Erwerbstätigenkonzept – die tatsächliche Arbeitsnach- Fokus Volkswirtschaft Nr. 133, KfW Research. frage abgebildet. Die Vollzeitäquivalent-Beschäftigten errechnen sich aus der 22 Zahl der Vollzeitbeschäftigten (inklusive Inhaber) zuzüglich der Zahl der Teil- Vgl. Metzger, G. (2015), Deutschland einig Gründerland? Mitnichten! Ein zeitbeschäftigten multipliziert mit dem Faktor 0,5. Auszubildende werden nicht Bundesländervergleich, Fokus Volkswirtschaft Nr. 111, KfW Research. berücksichtigt. 23 Vgl. Schwartz, M. (2017), Chefinnen im Mittelstand: Zuwachs gerät ins 8 Die Umsatzrendite ist definiert als Quotient aus Vorsteuerertrag und Umsatz. Stocken, Volkswirtschaft Kompakt 127, KfW Research. Ausgewiesen werden jeweils mit dem Umsatz gewichtete Mittelwerte der Um- 24 satzrendite. Vgl. Metzger, G. (2017), Migranten gründen häufiger und größer: mehr W o- chenstunden, mehr Angestellte, Fokus Volkswirtschaft Nr. 165, KfW Rese- 9 Vgl. Gerstenberger, J. und M. Schwartz (2014), Unsicherheit kostet mittel- arch. ständische Investitionen: Sichere Rahmenbedingungen nötig, Fokus Volks- 25 wirtschaft Nr. 66, KfW Economic Research. – Schwartz, M. (2015), KfW-Mit- Vgl. Schwartz, M. (2015), Wie weiblich ist der Mittelstand? Frauen als Un- telstandspanel 2015: Mit steigender Zuversicht aus dem Investitionstief, ternehmenslenker, Fokus Volkswirtschaft Nr. 101, KfW Research. KfW Research, S. 13. 26 Siehe Destatis (2016), Bevölkerung und Erwerbstätigkeit: Bevölkerungsfort- 10 Schwartz, M. (2017), KfW-Mittelstandspanel 2017: Rekordjagd im Inland schreibung auf Grundlage des Zensus 2011, Fachserie 1 Reihe 1.3, Wiesba- geht ungebremst weiter – neue Herausforderungen durch sektoralen Wandel, den. KfW Research. 27 Vgl. Leifels, A. (2017), Migranten gründen häufiger und größer: mehr W o- 11 Vgl. Gerstenberger, J. und V. Zimmermann (2016), Unternehmensbonität – chenstunden, mehr Angestellte, Fokus Volkswirtschaft Nr. 165, KfW Rese- eine nicht zu vernachlässigende Größe, Studien und Materialien, KfW Rese- arch. arch. 28 Schwarz, M. (2018), Generationenwechsel im Mittelstand: Bis 2019 werden 12 Die Eigenkapitalquote ist definiert als Quotient aus Eigenkapital und Bilanz- 240.000 Nachfolger gesucht, Fokus Volkswirtschaft Nr. 197, KfW Research – summe. Ausgewiesen werden jeweils mit der Bilanzsumme gewichtete Mit- Leifels, A. (2016), Alterung treibt Nachfolgerbedarf im Mittelstand: 620.000 telwerte der Eigenkapitalquote. Zur Berechnungen werden nur bilanzierungs- Übergaben bis 2018, Fokus Volkswirtschaft Nr. 132, KfW Research – pflichtige Unternehmen herangezogen. Schwartz, M. und J. Gerstenberger (2015), Nachfolgeplanungen auf Hochtou- ren: Halbe Million Übergaben bis 2017, Fokus Volkswirtschaft Nr. 91, 13 Unsere Daten zeigen dazu, dass bei 19 % der KMU der ostdeutschen Flä- KfW Research. chenländer mindestens 25 % des Kapitals oder über 25 % der Stimmanteile 29 im Besitz anderer Unternehmen ist. In den westdeutschen Bundesländern Vgl. Leifels A. (2016) Mittelstand steht bei der Fachkräftesicherung in den sind es nur 14 %. Startlöchern, Fokus Volkswirtschaft Nr. 119, KfW Research. 14 Trautvetter, A.(2011), Bedeutung der Eigenkapitalausstattung für den Mit- telstand, HWWI Policy Paper 56, Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut. Seite 16
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