Unter der Lupe: Land- und Forstwirtschaft von heute - Produktionsprozesse verstehen, Verbesserungspotenzial erkennen, Versorgungssicherheit ...
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
an tw äen. FAC TSH f ra g e n s orte E ET N n ern te R. 2 n. Unter der Lupe: Land- und Forstwirtschaft von heute Produktionsprozesse verstehen, Verbesserungspotenzial erkennen, Versorgungssicherheit nachhaltig stärken Im Auftrag von:
© shutterstock/ Nadezda Boltaca Worum geht‘s? Was erwartet Sie? Das letzte Factsheet hat aufgezeigt, dass das Land- und Forstwirtschaften in den vergangenen Jahren zu- nehmend herausfordernd wurde. Ob Biodiversitätsverlust, Klimawandel, der einhergehende Verlust von Bo- denfruchtbarkeit oder neue Konsumtrends: Vieles hat sich in den letzten Jahren verändert. Land- und Forst- wirtschaft müssen Wege finden, die trotz allem eine stabile Versorgung mit Lebensmitteln, nachwachsenden Rohstoffen und erneuerbaren Energieträgern sicherstellen. All diesen Wegen ist eines gemein: Sie müssen in Richtung gestärkter Nachhaltigkeit führen. Denn hochwertige Produkte in ausreichender Menge sollen uns ja nicht nur heute, sondern auch morgen und übermorgen zur Verfügung stehen. Versorgungsleistung und Qualität einerseits, Nachhaltigkeit und Umweltschutz andererseits: Damit Land- und Forstwirtschaft diese Anforderungen unter einen Hut bekommen, braucht es eine ressourceneffiziente Acker, Wiese, Stall und Wald: So wird in Österreich gewirtschaftet Seite 6 Wirtschaftsweise. Also mehr Lebensmittel, Rohstoffe und Energieträger müssen bei gleichbleibendem oder abnehmendem Einsatz von Fläche, Futtermitteln, Arbeit oder Betriebsmitteln und auch verringerten Umwelt- eingriffen sowie Abfällen erzeugt werden. Kurz und gut: Mit möglichst wenig Ressourcen soll möglichst viel möglichst nachhaltig produziert werden. Und das möglichst kostengünstig, damit die heimischen Betriebe Da geht noch was: am globalen Markt mithalten und folglich überleben können. Verbesserungspotenzial entlang der Produktionsprozesse Seite 12 Um all das zu erreichen, gilt es, die aktuelle Produktion genau zu kennen. Vom Anfang der Wertschöpfungs- kette bis zum Schluss – von der Saatguterzeugung bis zum fertigen Erzeugnis mitsamt allen eingesetzten Betriebsmitteln, erzeugten (Zwischen-)Produkten und unzähligen Querströmen. Nur wenn wir die höchst ver- So läuft es rund: netzten Produktionsprozesse bis ins letzte Detail verstehen, verstehen wir auch, wie wir unsere Ressourcen in Das Verbesserungspotenzial mit Kreislaufwirtschaft nutzen Seite 21 Zukunft gezielter einsetzen und optimal nutzen können. Eine große Aufgabe, die die Agrar- und Forstwissen- schaftlerinnen und -wissenschaftler aktuell bewältigen müssen. Mit dem vorliegenden Factsheet nehmen wir für Sie folgende Fragen, die uns am Weg zu mehr Ressourcen- effizienz begleiten, unter die Lupe: Ein Blick in die Forschung Seite 28 Wie wird aktuell in Österreich gewirtschaftet? Wo liegt Verbesserungspotenzial entlang der Produktionsprozesse? Wie können wir dieses Verbesserungspotenzial nutzen, um die Zukunftsfitness der Land- und Forst- wirtschaft zu stärken? Ausgewählte Forschungsprojekte am Ende des Factsheets geben Ihnen darüber hinaus Einblicke, welche ein- schlägigen Forschungsfragen gerade gesät werden. Und welche Antworten die land- und forstwirtschaftliche Praxis, die Verwaltung und letztlich auch die Gesellschaft schon ernten kann. Denn eines ist ganz klar: Wie ressourcenffizient der Sektor werden kann, wird nicht nur von den Land- und Forstwirtinnen und -wirten oder der öffentlichen Hand bestimmt. Wir alle entscheiden bei jeder einzelnen Kaufentscheidung, wie viel Nachhaltigkeit möglich ist. Das heißt: Wir alle haben es tagtäglich in der Hand, unsere Grundversorgung zu- kunftsfit zu machen. Seite 2 Seite 3
© pexels/andrea-piacquadio ©BMLRT/Paul Gruber ©Wilhelm Windisch Wir suchen Antworten und Kreislaufwirtschaft: Lösungen für Zukunftsthemen Ein Wegweiser in die Zukunft Elisabeth Köstinger Wilhelm Windisch Das vergangene Jahr hat es deutlich gezeigt: Forschung spielt eine zentrale Rolle bei der Bewältigung neuer Klimawandel und seine möglichen Folgen auf die Versorgungssicherheit, Verlust an Biodiversität, stark (über-) Herausforderungen. Das gilt nicht nur für die aktuelle Gesundheitskrise, sondern für alle Bereiche unseres Le- beanspruchte Ressourcen und schwindende Resilienz zwingen uns in der Land- und Forstwirtschaft zum Blick bens und unserer Zukunft. Die wohl grundlegendste Herausforderung ist es, für einen gesunden, resilienten aufs Ganze. Das Konzept der systembezogenen Kreislaufwirtschaft (auch „Circular Economy“ oder „Bioöko- und nachhaltigen Planeten Erde zu sorgen. nomie“) spricht unmittelbar die materiellen Lebensgrundlagen unsere Gesellschaft an: die Erzeugung von biologischen Ressourcen und ihre Nutzung im Rahmen eines zukunftsfähigen Wirtschaftssystems. Österreichs Forschungslandschaft wird von den Universitäten mit ihren Forschungseinheiten, von außeruni- versitären Forschungseinrichtungen ebenso wie von forschenden Unternehmen geprägt. Auch das Bundes- Dies geht weit über die Bereitstellung von menschlicher Nahrung und von Konsumgütern auf der Basis von ministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus (BMLRT) betreibt und unterstützt Forschung und Biomasse hinaus. Es geht vielmehr um das komplexe Netzwerk an Stoffströmen, Energie und Information, das Entwicklung in seinem gesamten Kompetenzbereich. Unsere Aktivitäten decken ein breites Spektrum an durch Nutzung unbelebter Produktionsfaktoren in Kombination mit Lebewesen unter der Kontrolle des Men- wirtschaftlich und gesellschaftlich relevanten Fragen ab. Wir suchen Lösungen für zentrale Zukunftsthemen: schen in Gang gehalten wird und mit der Natur in Wechselwirkung steht. Wertschöpfung auf allen Ebenen, intelligente Ressourcennutzung und nachhaltiger Umgang mit begrenzt verfügbaren Produktionsfaktoren Wie gewährleisten wir – auch im Klimawandel – Ernährungssicherheit für alle? sind die wichtigsten Motivationen: Nichts soll ungenutzt bleiben und alles muss sich in seiner Gesamtwir- Wie gelingt uns der Übergang zu einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft? kung auf den Erhalt der unbelebten und belebten Umwelt sowie auf das Wohlergehen der Gesellschaft in Wie gestalten wir unsere Land- und Forstwirtschaft zukunftsfit? einem verträglichen Miteinander rechtfertigen. Wie schützen wir unsere Regionen vor Biodiversitätsverlusten? Es reicht nicht mehr, einfach nur den traditionellen Pfaden zu folgen. Wir brauchen mehr Wissen über die Ein Erfolgsrezept unserer Forschungsaktivitäten ist die Zusammenarbeit von nationalen und internationa- komplexen Zusammenhänge und die limitierenden Faktoren des Netzwerks, mehr innovative Forschung zur len Partnerinnen und Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft mit der Praxis. Dazu braucht es engagierte Öffnung von Flaschenhälsen und mehr Wissenschaft zur ganzheitlichen Bewertung von Veränderungen, die Forscherinnen und Forscher sowie zukunftsorientierte Bäuerinnen und Bauern, die neueste Erkenntnisse in jede Maßnahme zur Kontrolle des Systems unvermeidlich nach sich zieht. Hier ist die Gesellschaft in ihrer ihren Betrieben umsetzen. Gesamtheit gefordert. Diese Arbeit sichtbar zu machen und interessierten Menschen einen Überblick über die aktuelle Forschungs- arbeit zu geben, ist das Ziel des Forschungs-Updates und des Factsheets des Ökosozialen Forums. Das Koope- rationsprojekt mit dem BMLRT zeigt Engagement, Knowhow und Ideen auf, die auch für Sie wichtig sind. Wilhelm Windisch ist Professor an der Technischen Universität München und Vorsitzender des Elisabeth Köstinger ist Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus (BMLRT). Agrar- und Forstwissenschaftlichen Beirats, der dieses Projekt inhaltlich begleitet. Seite 4 Seite 5
Acker, Wiese, Stall und Wald: Forstwirtschaft Die Baumarten in unseren Wäldern Quelle: BMLRT (2019) So wird in Österreich gewirtschaftet 300.000 Menschen sind in Österreich an der gesamten Forst-Holz-Papier-Wertschöpfungskette 2 Fichte beteiligt – und nutzen nicht nur die Ressourcen, sondern schützen sie gleichzeitig. Dank dieser Fichte nachhaltigen Bewirtschaftung – es wird weniger Holz geerntet als nachwächst –, nimmt der Holz- Tanne vorrat in den Wäldern weiter und weiter zu. Auch die Waldfläche wächst – jährlich entspricht die- Tanne 11,2 4,7 10,7 ser Größenzuwachs einer Fläche von etwa 4.8003 Fußballfeldern. Damit umfasst der 11,2 Wald 4,7 bereits 10,7 Lärche Lärche Biomasse ist die gesamte Masse aller Lebewe- 48 %4 unserer Gesamtfläche. Während in den letzten Jahrzehnten vor allem Fichten in LagenSumme ge-2019: 26,6 Summe sen und der von2019: ihnen26,6gebildeten Materialien. pflanzt wurden, die nicht ihren natürlichen Lebensräumen entsprechen, werden seit mehr als 30 Weißkiefer Weißkiefer Land- und Forstwirtschaft liefern wertvolle Rohstoffe, die uns in vielen Berei- Ob bewusst kultivierte Pflanzen oder wild le- Jahren verstärkt wieder Laubbäume – oft auch in Form von Mischwäldern – kultiviert (siehe dazu Buche chen unseres täglichen Lebens dienen – oder gar unverzichtbare Grundlage bende Tiere, ob Bäume, Pilze, Bakterien, Wir- auch unten). Diese entsprechen den heutigen Standort-Gegebenheiten und -Anforderungen meist 0 5 10 15 20 25 30 Buche für unser Leben sind. Landwirtinnen und Landwirte, Forstwirtinnen und Forst- beltiere oder Insekten, ob Stroh oder Holz: All besser. Die heutigen Wälder tragen damit nicht nur zu Schutz und Entwicklung der heimischen Eiche Eiche wirte erzeugen und veredeln Biomasse in hochwertige Produkte, etwa durch 0 5 10 das 15 zählt zur 20 Biomasse.25 30 Artenvielfalt bei, sondern vertragen auch eher klimatische Veränderungen. Sie sind auch viel resis- 0 Sonstiges Bodenbearbeitung, Saat, Düngung, Pflanzenschutzmaßnahmen, Verfütterung, 11,2 4,7 10,7 tenter gegen Schädlingsbefall, Hitze und Trockenheit. Sonstiges Betreuung der Tierbestände, Aufforstung, Ernte, Schlachtung und viele weitere 20 Summe 2019: 26,6 Arbeitsschritte. Ob mit Nahrungsmitteln, Baustoffen, Gebrauchsgütern oder er- Quelle: BMLRT sowie BFW (2019) 2,3,4 40 neuerbaren Energieträgern: Fast 9 Millionen Menschen werden österreichweit 11,2 4,7 0 10,7 Der Begriff „Nachhaltigkeit“ passt nicht nur gut zur 60 von 162.0001 land- und forstwirtschaftlichen Betrieben direkt – und auch indi- 0 5 10 Summe 15 26,6 2019: 20 25 30 österreichischen Waldbewirtschaftung. Er kommt rekt über die weitere Verarbeitung in Gewerbe und Industrie – versorgt. Im Vergleich: 4.000.000 Hektar 80 Jährlicher Holzzuwachs Gesamte Waldfläche auch aus der Waldbewirtschaftung. Das erste Mal Das österreichische34.000 Hektar / Jahr 20 wurde er von Carl von Carlowitz im 18. Jahrhundert 100 verbleibt im Wald (12%) Waldgebiet ist fast 0 Quelle: Statistik Austria (2017) 1 verwendet. Zu dieser Zeit wurden die Wälder inten- 0 5 10 15 20 25 30 Im Vergleich: 40 wird genutzt (88%) genauso groß wie siv zur Gewinnung von Grubenholz im Bergbau, 20 In Summe ist das die gesamte Schweiz. energetische Nutzung jedes Jahr rund 47x 60 0 40 als Brennstoff und Baumaterial genutzt – denn (Verbrennung zur Wärme- und Stromgewinnung) mehr als das größte 60 nach dem 30-jährigen Krieg wuchsen Industrie und stoffliche Nutzung (z.B. Möbelbau, Papier-, Schiff der Welt voll- Städte enorm. Um eine Übernutzung der Wälder zu 20 Textilindustrie) Die Land- und Forstwirtschaft mit all ihren 4.000.000 Hektar beladen wiegt. 4.000.000 Hektar vermeiden, plädierte von Carlowitz dafür, dass nur 80 80 Jährlich erzeugte Biomasse in Österreich 40 Gesamte Waldfläche (verwandten) Branchen, vom Obstbau über Gesamte Waldfläche 34.000 Hektar / Jahr 100 Millionen m3 1. so viel Holz geerntet wird, wie wieder nachwächst. (in Millionen Tonnen Trockenmasse) die Grünlandwirtschaft bis hin zur Jagd oder 34.000 Hektar / Jahr 60 Quelle: BMLRT (2019) 100 zur Fischerei, ist der einzige Wirtschaftssektor 3. 4.000.000 Hektar 80 in Österreich, der Primärproduktion Gesamte Waldfläche an Bio- 6. 4,7 10,7 energetische Nutzung 11,2 Arten der Holznutzung masse betreibt. Das heißt: Die gesamte34.000 Hektar / Jahr Erzeu- (Verbrennung zur Wärme- Ackerflächen und Dauerkulturen Grünland Forstwirtschaft 100 und Stromgewinnung) Deutschalnd 32% gung von Lebensmitteln und anderweitig ver- stoffliche Nutzung 10. Niederlande 9% (z.B. Möbelbau, Papier-, 15. Slowenien 58% Textilindustrie) 27. Summe 2019: 26,6 Finnland 66% wendeten nachwachsenden Energieträgern, rund Österreich 46% energetische Nutzung Griechenland 30% 20% (Verbrennung zur Wärme- Rohstoffen oder anderen Materialien hängt Bulgarien 35% energetische Nutzung 18. (Verbrennung zur Wärme- und Stromgewinnung) © pexels/dominika_roseclay und Stromgewinnung) unmittelbar davon ab. Auch die Energiewen- stoffliche Nutzung stoffliche Nutzung rund Malta 1,5% (z.B. Möbelbau, Papier-, Die Trockenmasse entspricht der Biomasse nach Abzug der enthaltenen Wassermasse. de sowie die Abschwächung der Klimakrise 80% (z.B. Möbelbau, Papier-, Textilindustrie) sind eng mit der Verwendung der in Land- Textilindustrie) 25. Quelle: Biomasseverband (2019) zitiert nach Kalt und Amtmann (2014) und Forstwirtschaft erzeugten Biomasse ver- knüpft. Quelle: klimaaktiv (2020) Waldanteil an der Gesamtfläche der EU-Mitgliedsstaaten // EU-Schnitt: 38 % 0 5 10 15 20 25 30 Quelle: Eurostat (2019) /// Österreich: gemäß aktuellsten Zahlen bereits 48 % (siehe oben) Seite 6 Seite 7
© pexels/tomas_anunziat Struktur der österreichischen Landwirtschaft in Im Vergleich: Landwirtschaft den letzten Jahrzehnten Die Spezialisierung nimmt im EU-Schnitt 20 250.000 Doch nicht nur die Spezialisierung der Betriebe schreitet voran. Auch die Struk- In rund 130.0005 Betrieben werden in Österreich land- stärker zu als in Betriebe tur der österreichischen Landwirtschaft hat sich in den letzten Jahren stark ver- wirtschaftliche Produkte hergestellt. Zwar unterschei- Österreich. ändert. In Summe wird immer weniger landwirtschaftliche Fläche bewirtschaf- den sich die Betriebe von Ost nach West und von Nord tet und weniger Tiere werden gehalten. Noch stärker abgenommen hat jedoch nach Süd aufgrund der geografischen Gegebenheiten 200.000 die Anzahl der Betriebe. Damit geht ein Anstieg der durchschnittlichen Betriebs- ha/Betrieb stark. Doch das Prinzip ist immer dasselbe: Die Basis der größe einher. Mittlerweile liegt sie über dem europäischen Durchschnitt. We- Landwirtschaft bilden fruchtbare Böden, auf denen ge- niger, aber dafür größere Betriebe: Die verbleibenden Betriebe bewirtschaften zielt Pflanzen kultiviert werden. Einerseits können diese pro Betrieb immer mehr Fläche oder halten mehr Tiere. Denn: Zahlreiche land- Kulturpflanzen den Menschen direkt als pflanzliche Le- 150.000 wirtschaftliche Betriebe müssen ihre Bewirtschaftung nicht nur spezialisieren, bensmittel zur Verfügung gestellt werden. Andererseits sie müssen sie auch intensivieren, um so – zumindest kurzfristig – ihr Einkom- können sie an die Nutztiere verfüttert werden, die uns men erhöhen und wirtschatlich überleben zu können. Der wirtschaftliche Druck anschließend wiederum mit tierischen Lebensmitteln 100.000 einerseits mitsamt den schlechten Zukunftsperspektiven sowie das schlechte 2016 versorgen. 15 1995 1999 2003 2005 2007 2010 2013 2016 36% Österreich 55% 9% Image andererseits, das oft mit Spezialisierung und Intensivierung einhergeht, landwirtschaftlich genutzte werden auch als häufige Gründe für die fortschreitende Betriebsaufgabe an- 2005 Aufgrund des Bevölkerungswachstums und des wirt- Betriebe 34% Österreich 54% 11% Fläche pro Betrieb (in ha/Betrieb) geführt. Rest schaftlichen Drucks erfolgte in der Landwirtschaft – ob in Österreich oder der EU – eine zunehmende Spezial- Quelle: Statistik Austria (2017) 2016 52% EU-Schnitt 25% 21% isie-rung. Landwirtinnen und Landwirte haben so die Pflanzenbau Möglichkeit, sich auf einen Betriebszweig konzentrieren, 2005 43% EU-Schnitt 25% 30% mehr produzieren, mehr Menschen versorgen und auch Landwirtschaftliche Betriebsgröße in der EU 2016 36% Niederlande 58% 6% Tierhaltung selbst wirtschaftlich überleben zu können. War es vor ei- nigen Jahrzehnten noch üblich, sowohl tierische als auch Große Betriebe 2005 Niederlande 58% pflanzliche Lebensmittel zu erzeugen, entschieden sich 4% 2% 34% 7% Gemischtbetriebe ( >100 ha landwirtschaftlich genutzte Fläche) in den letzten Jahren immer mehr Betriebe entweder für Mittlere Betriebe 2016 79% Griechenland 9% 11% das eine oder das andere. Die Zahl der Gemischtbetrie- 28% ( >20 und
Pflanzeneiweiß © pexels/julia-kuzenkov Lebensmittelversorgung in Österreich im Zeitvergleich Verbrauch 15.000.000 (in Tonnen Getreideeinheiten) Produktion Veränderung der österreichischen Bewirtschaftung (in Tonnen Getreideeinheiten) 12.000.000 2017 Trotz des Strukturwandels in der österreichischen 2000 Landwirtschaft mit einem Rückgang der Betriebs- zahlen und der bewirtschafteten Fläche hat die 9.000.000 Ackerfläche -4% Ackerbaubetriebe: -50% Versorgungsleistung nicht abgenommen. Im Ackerfläche/Betrieb: +93% Gegenteil: Sie zeigt sogar Zuwächse. Möglich ist dies durch die Steigerung der Erträge auf den ver- 6.000.000 bleibenden Betrieben – also durch Spezialisierung und Intensivierung. Viele Landwirtinnen und Landwirte konzentrieren sich auf wenige Aktivitä- io. 3.000.000 M gehaltene Rinder -17% ,3 che ,6 he rinderhaltende Betriebe: -48% ten, betreiben diese dafür aber sehr professionell n d 3 Flä d 2 Fläc ru ha n gehaltene Rinder/Betrieb: +60% und entsprechend intensiv. Das heißt, sie stecken ru ha viel Arbeit, Betriebsmittel und Co in die Produk- io. 0 M tion und erzeugen dadurch große Mengen an hochqualitativen Lebensmitteln zur Versorgung gehaltene Schweine: -22% der Menschen. Trotz der guten Versorgungsleis- schweinehaltende Betriebe: -75% tung können jedoch nicht alle Lebensmittel in der gehaltene Schweine/Betrieb: +211% nachgefragten Menge in Österreich produziert werden. Durch die Spezialisierung auf die Tier- Quelle: eigene Aufbereitung nach Statistik Austria (2017) haltung trifft das ganz besonders auf pflanzliche Lebens- und Futtermittel zu. Besonders bei Soja- bohnen und Sojaschrot sind wir trotz nationaler Anstrengungen, den Soja-Anbau voranzutreiben, 1 Arbeitskraft in der 1 Arbeitskraft in der von Importen abhängig. Landwirtschaft ernährte Landwirtschaft ernährte 62 Menschen 96 Menschen In Österreich kann man häufig auch nachhaltige In- tensivierung beobachten: Die Produktions- und Versor- gungsleistung steigt, während der Ressourceneinsatz gleichbleibt. Der Grund: Das vorhandene natürliche Er- Eine Getreideeinheit entspricht dem Energiegehalt von 100 kg Getreide. Liefert ein Be- tragspotenzial wird besser genutzt – nicht zuletzt dank trieb beispielsweise 200 Getreideeinheiten in Form von Kartoffeln oder Mais, stellt er innovativer Technologien (siehe dazu auch unten). damit so viel Energie bereit, wie in 200 x 100 kg Getreide enthalten ist. Quelle: Grüner Bericht 2020 (2020) // Flächenangabe: Schätzungen Seite 10 Seite 11
Da geht noch was: Verbesserungspotenzial entlang der Produktionsprozesse Heute sind die Kreisläufe auch auf Gemischtbetrie- Für das Pflanzenwachstum braucht es zahlreiche Nährstoffe wie etwa Stick- ben meist teilweise offen, da mit den immer größe- stoff (N) und Phosphor (P), die in ausreichender Menge zur Verfügung stehen ren Mengen an Lebensmitteln, die den Betrieb ver- müssen. Die Nährstoffe werden von den Pflanzen beim Wachstum überwie- Die Landwirtschaft lassen, auch immer größere Mengen an Nährstoffen gend aus dem Boden aufgenommen. Durch das Abführen der Pflanzen bei den Betrieb verlassen. Während die Exkremente der der Ernte gehen dem Boden diese Nährstoffe verloren. Durch verschiedene Die Landwirtschaft konnte die Produktions- und damit die Versor- Esserinnen und Esser früher direkt am Betrieb anfie- OFFENER KREISLAUF Formen der Düngung müssen sie immer wieder zugeführt werden, damit gungsleistung in den letzten Jahren stark ausbauen – in Österreich, len, landen sie heute mitsamt den wertvollen Nähr- auf reinem PFLANZENBAUBETRIEB Pflanzen wieder gut wachsen können. aber auch in der EU. So viele Menschen wie noch nie können von we- stoffen in der Kläranlage. niger Betrieben denn je ernährt werden. Zwar ist der Selbstversor- gungsgrad für einzelne Nahrungsmittel gesunken, doch was nicht im Inland produziert wird, kann aus dem Ausland zugekauft werden. Zukauf von BODEN Auf spezialisierten Betrieben – also jenen Betrieben, die überwiegend entweder Der Außenhandel mit der Ein- und Ausfuhr von landwirtschaftlichen Mineraldünger Tierhaltung oder Pflanzenbau betreiben – braucht es neue Strategien, um trotz Erzeugnissen stellt so nicht nur wirtschaftlichen Wohlstand, sondern offener Betriebskreisläufe auch nach mehreren Jahren ergiebig wirtschaften zu eine umfassende Versorgung sicher. Für die Gesellschaft bedeutet können. Zuerst der Blick auf die Pflanzenbaubetriebe, wo besonders die ausrei- das in Summe Sicherheit, Lebensmittel in hoher Qualität und vor GESCHLOSSENER KREISLAUF auf GEMISCHTBETRIEB chende Düngung, also die ausreichende Zufuhr von Nährstoffen für die Böden allem in ausreichenden Mengen zu erhalten. Doch auch diese Ent- Gründünge-Pflanzen Zukauf von und Stickstoff-Fixierung im Fokus steht: Zwar werden einige Nährstoffe – etwa Stickstoff und Schwefel wicklungen haben ihre Kehrseite(n): Einerseits kann die Versorgung Wirtschaftsdünger anderer Betriebe – in kleineren Mengen auch immer wieder aufs Neue aus der Luft eingetragen von Nahrungsmitteln mit geringem Selbstversorgungsgrad bei Ein- BODEN (hier spricht man von „atmosphärischer Deposition“). Um die Nährstoffvorräte schränkungen im internationalen Warenverkehr – etwa in (Gesund- Anlegen & Pflegen der Pflanzenkulturen der Böden aber wieder vollständig aufzufüllen, müssen Nährstoffe auch ganz heits-)Krisenzeiten – rasch gefährdet sein. Andererseits sind die land- (Acker & Grünland) gezielt zugeführt werden: Möglich sind etwa der Zukauf von Wirtschaftsdünger wirtschaftlichen Betriebskreisläufe aufgrund der Intensivierung und anderer (tierhaltender) Betriebe, die Gründüngung und der Anbau von Legumi- der Spezialisierung, die wesentlich zur hohen Versorgungsleistung Gründünge-Pflanzen nosen, die Einarbeitung von Pflanzenrückständen nach der Ernte oder die Zu- beitragen, immer weniger geschlossen. und Stickstoff-Fixierung PFLANZEN fuhr von fossilen bzw. synthetisch gewonnenen Düngemitteln, den sogenann- Geschlossene Betriebskreisläufe sind ein jahrtausendealtes Grund- Rückführung von Nähr- stoffen über tierische Pflanzliche ten „Mineraldüngern“. Letztere werden vor allem von Betrieben verwendet, die prinzip in der Landwirtschaft. Was den Böden durch die Ernte an Ausscheidungen (Wirtschaftsdünger) PFLANZEN Lebensmittel keinen oder nicht ausreichend viel Wirtschaftsdünger zur Verfügung haben. Nährstoffen entnommen wird, soll ihnen vor allem über betriebs- eigene Reststoffe, sogenannte „Wirtschaftsdüngemittel“, wieder zurückgegeben werden. So kann sichergestellt werden, dass die Bö- den fruchtbar bleiben, Pflanzen wachsen und Menschen ernährt Pflanzliche Bei der Gründüngung werden nach der Ernte von Getreide, Kartoffeln und werden können. Auf Betrieben, wo Pflanzen angebaut und Tiere ge- Futteraufnahme auf Wiese Lebensmittel Co bestimmte Pflanzen(-mischungen) angebaut, die die Bodenstruktur ver- oder durch Fütterung mit halten werden, lässt sich das Prinzip im Idealfall besonders gut ver- Getreide & Co bessern, vor Erosion schützen und den Boden mit Nährstoffen anreichern. TIERE wirklichen: Die geernteten Pflanzen ernähren als Lebensmittel die Sie werden teilweise geerntet, teilweise in den Boden eingearbeitet. Legu- Menschen und als Futtermittel die Tiere. Ihre Ausscheidungen füh- ©shutterstock/justone minosen sind dabei besonders beliebt: Sie können Stickstoff aus der Luft bin- ren den Böden wiederum jene Nährstoffe zurück, die neue Pflanzen den, der dann den nächsten Kulturpflanzen zur Verfügung steht. Durch die zum Wachsen benötigen. Die Zufuhr von Nährstoffen – als Futter- Gründüngung ist das Feld einige Monate lang „besetzt“, bevor es wieder gut oder Düngemittel – von außen ist nicht oder nur in kleinen Mengen mit Nährstoffen versorgt ist und genutzt werden kann. notwendig. Die vorhandenen Ressourcen werden also ideal und im tierische Lebensmittel Kreislauf immer und immer wieder genutzt. ©shutterstock/justone Seite 12 Seite 13
biolog. Fixierung in Leguminosen-Ernterü Wirtschaftsdünger Mineraldünger OFFENER KREISLAUF auf reinem TIERHALTUNGSBETRIEB Phosphoreintrag Phosphoreintrag gesamt pro Hektar und Jahr: 16,8 kg in der Landwirtschaft BODEN Betriebe, die überwiegend Tierhaltung betreiben, stehen vor der umgekehrten Herausforderung: Zwar müssen tierhaltende Betriebe in Österreich selbst einen Der (fossile) Phosphorvorrat schrumpft. Teil des Futters herstellen. Sie können aber die großen Mengen an Wirtschafts- In nur vier Staaten der Welt befinden sich 85 %6 aller Phosphor- dünger, die durch die Ausscheidungen der vielen Nutztiere anfallen, nicht zur gesteine, aus denen der weithin eingesetzte Phosphor-Mineral- Gänze auf den oft zu kleinen Futterflächen ausbringen. Andernfalls würde der dünger gewonnen wird. Während diese fossilen Phosphorvorräte Boden überdüngt. Außerdem müssen sie fehlende Futtermittel von Betrieben wissenschaftlichen Schätzungen zufolge in 50, spätestens aber in Phosphoreintrag gesamt pro Hektar und Jahr: 16,8 kg Rückführung von Nähr- aus der Umgebung oder aus Kostengründen von weither – anderen Ländern 300 Jahren zur Neige gehen7, steigt der Phosphorbedarf in vielen Saatgut stoffen über tierische Ausscheidungen oder gar anderen Kontinenten – zukaufen. Durch die Futtermittelimporte wer- Entwicklungsländern8. In Gebieten ohne nennenswerte Phosphor- Summe pro (Wirtschaftsdünger) PFLANZEN den die Ressourcen in den exportierenden Staaten genutzt – und teils stark vorräte wie etwa in Europa oder Österreich ist die Versorgung mit Hektar & Jahr: Wirtschaftsdünger übernutzt. dem herkömmlichen Phosphor-Mineraldünger daher langfristig 16,8 kg ttel kritisch. Doch auch die aktuelle Versorgungslage von Phosphor rmi Im Sinne der Nachhaltigkeit wird zunehmend klar, dass man nicht unendlich im Boden bereitet bereits Sorgen: Im Marchfeld, einem der wich- Mineraldünger tte Saatgut Fu ge n lange so weiterwirtschaften kann. Die Gründe dafür sind ganz verschieden – tigsten Getreide- und Gemüseanbaugebiete Österreichs, nehmen e ei m i n d. 50% und werden nun für die beiden am meisten gedüngten Nährstoffe und den Zu- die Phosphorgehalte in den Böden merkbar ab9. Auch diese Böden Wirtschaftsdünger TIERE kauf von Futtermitteln beleuchtet. Egal ob Nährstoffvorräte, eine gesunde Um- müssen wieder gut genährt werden, um uns Menschen langfris- l itt e welt oder der „Import“ von Ressourcen – eines ist ihnen allen gemein: Das, was tig ernähren zu können. Größtenteils setzt man dazu, vor allem Mineraldünger Überschuss an schon vorhanden ist, muss besser und effizienter genutzt werden. wenn auch Tierhaltung betrieben wird, auf phosphorreichen Wirt- rm tte tierischen u schaftsdünger. Mineraldünger spielen aber auch hierzulande eine F ft e Ausscheidungen bedeutende Rolle (siehe Grafik). Quelle: Umweltbundesamt, 2019 t e i l s z u g e ka u tierische 6 Quelle: RISE Foundation (2016) // 7Quelle: BMEL (2019) / Ulrich (2013) so- Lebensmittel wie BLE (2021) // 8Quelle: Heckenmüller et al. (2014) nach IFAdata (2013) // ©shutterstock/justone 9 Quelle: AGES (2019, Live-Vortrag) Mineraldünger helfen dabei, die Erträge und somit die Versorgungssicher- heit zu erhöhen. Doch nicht nur die Verfügbarkeit und Verfügbarmachung Als Faustregel gilt: Den Böden sollen nur so viele Nährstoffe zugeführt wer- stellen uns vor Herausforderungen: Werden laufend (zu) große Mengen an den, wie für das Pflanzenwachstum nötig sind. Werden die Böden überdüngt, Düngemitteln zugeführt und auf den Böden regelrechter Raubbau betrie- kann die Umwelt Schaden nehmen. Einerseits leidet dann die natürliche ben, leiden langfristig Produktivität und Fruchtbarkeit der Böden – etwa Vielfalt auf den Flächen, da sich die Lebensbedingungen stark verändern. aufgrund von verstärkter Versalzung. Sie können dann häufig nur mit gro- Andererseits können überschüssige Nährstoffe in das Grund- oder Fließwas- ßem Aufwand wiederhergestellt werden. Um dem vorzubeugen, wird in ser gelangen. Auch das kann zu einem ökologischen Ungleichgewicht oder Österreich auf Anleitungen zur sachgerechten Düngung und auf die Bera- gar zu Gesundheitsschäden bei Tier und Mensch führen. tung und Weiterbildung der Landwirte und Landwirtinnen gesetzt. Seite 14 Seite 15
© pexels/markus_spiske Stickstoffeintrag Stickstoffeintrag gesamt pro Hektar und Jahr: 133 kg in der Landwirtschaft Die Stickstoffgewinnung braucht große Mengen an Energie. Ganz anders stellt sich die Situation rund um den Stickstoff dar: Wir sehen ihn Die Eiweißlücke wächst. zwar nicht, aber er ist (fast) überall. Alleine unsere Umgebungsluft besteht zu Viele Tierhaltungsbetriebe produzieren einen Teil der Futtermittel nicht selbst 78 % aus diesem Element10. Und doch stellt auch das Stickstoff-Management Saatgut am eigenen Betrieb, sondern kaufen sie zu. Damit können sie sich besser auf die die Landwirtschaft vor Herausforderungen. In gewissen Regionen, wo sich viele Veredelung spezialisieren – also die Umwandlung von pflanzlichen Stoffen in Betriebe auf Tierhaltung spezialisiert haben und große Mengen an stickstoffrei- tierische Lebensmittel. Besonders gefragt sind dabei proteinreiche Futtermittel. chem Wirtschaftsdünger anfallen, belasten Stickstoffüberschüsse das Trinkwas- aus der DieseLuft können im tierischen Organismus rasch in Muskelfleisch oder Milch um- ser und die Luft (Ammoniakemissionen). In anderen Regionen, wo der Ackerbau Summe pro gewandelt werden – und bringen damit nicht nur hohe Erträge, sondern auch dominiert, kann zwar über die Fruchtfolge Stickstoff eingebracht werden – aber Eigenschaften, die die Konsumentinnen und Konsumenten besonders schätzen. nur teilweise. Auch in Österreich wird daher rund ein Drittel des Stickstoffbe- Hektar & Jahr: biolog. Fixierung in Leguminosen-Ernterückständen In der Europäischen Union werden jährlich 27 Millionen Tonnen Pflan-zeneiweiß darfs über Mineraldünger gedeckt (siehe Grafik). Hier ist nicht die langfristige 133 kg nachgefragt – 93 % davon alleine für den Futtermittelmarkt14 (Achtung: Ohne Verfügbarkeit die wesentliche Herausforderung, sondern die Verfügbarma- Grünland-Eiweiß). Zwar werden auch in der Europäischen Union sogenannte Wirtschaftsdünger chung des Stickstoffs. Denn aus Luftstickstoff muss erst eine pflanzenverfügba- Stickstoffeintrag gesamt pro Hektar und Jahr: 133 kg Eiweißpflanzen angebaut und produziert – also Pflanzen, deren Früchte beson- re Stickstoffverbindung wie Ammoniak gewonnen und als Mineraldünger be- ders hohe Eiweißgehalte aufweisen. Doch der Großteil der Eiweißfuttermittel reitgestellt werden. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts kam zwar der Durchbruch wird importiert. Soja ist EU-weit eine besonders wichtige Energie- und Eiweiß- Mineraldünger für die synthetische Herstellung großer Mengen an Stickstoffdüngemitteln, als quelle. Grund dafür ist der mit 40 %15 ausgesprochen hohe Eiweißgehalt. Die das Haber-Bosch-Verfahren entwickelt wurde. Doch für dieses Verfahren müs- Saatgut heimische Produktion von Sojafuttermitteln kann aber mit der Nachfrage bei sen große Mengen an Energie eingesetzt werden, um den für die Umwandlung Weitem nicht mithalten. Man spricht daher von einer Eiweißlücke – sowohl in nötigen Druck und die nötigen hohen Temperaturen zu erreichen. Dieser Pro- aus der Luft der EU als auch in Österreich. Die Europäische Union ist mit 13 Millionen Tonnen zess ist weltweit sogar einer der größten industriellen Energieverbraucher – mit Roheiweiß aus Soja (das entspricht rund 30 Millionen Tonnen Sojabohnen) mitt- 1-3 % des weltweiten Energiebedarfs11. Und das ist noch nicht alles: Die Gewin- biolog. Fixierung in Leguminosen-Ernterückständen lerweile die weltweit zweitgrößte Importeurin von Sojafuttermitteln – direkt nung von 1 Tonne Ammoniak setzt 2 Tonnen Kohlenstoffdioxid (CO )12 frei – ein nach China16. 2 Treibhausgas, das wesentlich zum Klimawandel beiträgt. Werden weltweit pro Wirtschaftsdünger Jahr weiterhin 150 Mio. Tonnen Ammoniak13 über das Haber-Bosch-Verfahren Quelle: Europäische Kommission (2018) // 15Quelle: FAO (1992) nach Cheftel et al. (1985) 14 gewonnen, werden so pro Jahr auch weiterhin 300 Mio. Tonnen CO freigesetzt. Mineraldünger // 16 Martin Schlatzer und Thomas Lindenthal/FiBL (2019) nach Netherlands Environ- 2 Im Vergleich: mental Assessment Agency, (2011) und Kolar (2011)// nach Kolar: sowie Europäische Kom- Quelle: Europäische Kommission (2013) // 11,12Quelle: Deutscher Bundestag (2018) nach 10 Quelle: Umweltbundesamt, 2019 300 Mio. t CO entspre- mission (2018) Kugler et al. (2015) // 13Quelle: Smith et al. (2020) 2 chen dem jährlichen CO -Ausstoß von rund 2 200 Millionen Phosphoreintrag gesamt pro Hektar und Jahr: 16,8 kg durchschnittlichen Neuwägen. Seite 16 Seite 17 Phosphoreintrag gesamt pro Hektar und Jahr: 16,8 kg
© pexels/cottonbro Die Forstwirtschaft So läuft es rund: Das Verbesserungspotenzial In der Industrie ist die Fichte aufgrund der Auch in der Forstwirtschaft kann man an den Produktionsprozessen weiter- vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten im- mit intelligenter Kreislaufwirtschaft nutzen feilen. Hier sind es aber nicht wie in der Landwirtschaft die Betriebskreisläufe, mer noch sehr beliebt. Und da die Verarbei- die es zu schließen gilt. Hier sind es größere natürliche Kreisläufe – etwa der tungstechnologie lange auf diese Baumart Kohlenstoffkreislauf –, die mit Hilfe der Forstwirtschaft genutzt und optimiert ausgerichtet wurde, kann nicht von heute Kreisläufe möglichst schließen und Reststoffe statt „neuer“ Rohstoffe nutzen: Mit dem Prinzip der Kreislauf- werden können. Denn auch dank der forstlichen Biomasse können fossile, nicht- auf morgen umgerüstet werden. wirtschaft sollen Ressourcen länger im System bleiben und dank unterschiedlicher Anwendungsmöglichkei- nachwachsende durch erneuerbare, nachwachsende Rohstoffe ersetzt werden. ten langfristig und vor allem dort genutzt werden, wo sie gerade benötigt werden. Auch nicht-nachwach- Die Nutzungsmöglichkeiten der vielfältigen Ressource Holz können in diesem sende Materialien sollen durch nachwachsende (Roh- und Rest-)Stoffe ersetzt werden. Für viele mag das wie Sinne aber noch ausgebaut, Ressourcen noch umfassender genutzt oder auch die Rückkehr zu einer Land- und Forstwirtschaft, wie sie vor Jahrhunderten praktiziert wurde, klingen. Doch bislang weniger beliebte Ressourcen besser verwertet werden. Ressourcen wie Kreislaufwirtschaft ist keine Rückkehr zu einer Landbewirtschaftung wie vor Zeiten der Industrialisierung etwa das Laubholz oder auch das Schadholz, das vor allem in den Nadelwäldern oder Mechanisierung. Kreislaufwirtschaft ist zwar ein Ansatz, bei dem Kreisläufe geschlossen werden. Dies in immer größeren Mengen anfällt. geschieht aber unter Einsatz technologischer Innovationen, die es ermöglichen, nachhaltig zu intensivieren Lange Zeit hat man in Europa und in Österreich auf Nadelgehölze gesetzt – al- und die Ressourceneffizienz zu erhöhen. Oder anders ausgedrückt: Innovationen, die es ermöglichen, weniger len voran auf die Fichte. Dank eines relativ schnellen Wachstums, einer hohen Ressourcen und Arbeitskraft einzusetzen, damit aber gleich viel oder sogar mehr Ertrag zur Versorgung von Nachfrage und dementsprechend stabilen Verkaufspreisen war diese Baumart uns Menschen zu erwirtschaften. Um welche Innovationen handelt es sich hierbei beispielsweise? besonders beliebt. Ganz besonders unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg und der auftretenden „Holznot“. Heute kultiviert man zwar wieder vermehrt Chemische, biologische oder physikalische Prozesse wandeln Rohstoffe in teils einfacheren, teils komple- (Laub-)Mischwälder und kann nur noch im Berggebiet weiterhin auf die Fichte xen Verfahren zu Alternativen für nicht-nachwachsende Stoffe um – oder machen aus Reststoffe wieder als wichtigste Wirtschaftsbaumart setzen. Lange Zeit wurde sie jedoch auch in neue Wertstoffe. Je nachdem, welche Eigenschaften die Reststoffe nach ihrer jeweils vorangegangenen Regionen, wo sie bislang nicht in natürlicher Form gewachsen ist, gepflanzt. Das Nutzung noch haben, werden diese in immer anderen Formen wieder und wieder dem Kreislauf zuge- Problem: Mit der zunehmenden Klimaerwärmung konnten sich ihre wichtigs- Die österreichischen Bundesforste, die die führt. ten Schädlinge, die Borkenkäfer, massiv vermehren. Diese finden nun viele, nicht Wälder des österreichischen Staats bzw. Im Sinne von Smart oder Precision Farming und Digitalisierung wird von bestens ausgebildeten Land- an den Standort angepasste und somit von Trockenheit und Hitze geschwächte jeden zehnten Quadratmeter des Landes und Forstwirtinnen und -wirten mittels Sensoren und anderer digitaler Tools genauestens erhoben, Bäume vor, unter deren Rinde sie sich ungehindert ernähren und vermehren bewirtschaften, meldeten für das Jahr wo tatsächlich Handlungsbedarf für land- und forstwirtschaftliche Einsätze besteht. Krankheiten oder können. Die Bäume sterben in der Folge ab oder werden zunehmend anfälliger 2020 sogar einen Schadholzanteil von Mangelerscheinungen werden ganz gezielt und frühzeitig entdeckt – noch bevor große oder weitflächi- für verschiedene Naturereignisse. Die mit dem Klimawandel einhergehenden über 80 %! 80 ge Eingriffe notwendig sind. So können Arbeitskraft, Nährstoffe, Wasser, Medikamente und Co treffsiche- Extremwetterereignisse tun dann ihr Übriges: Im Jahr 2019 waren österreich- 70 rer und folglich sparsamer eingesetzt werden. weit fast zwei Drittel26 des geernteten Holzes Schadholz. Also Holz, das nicht mehr den vollen Wert und alle wünschenswerten Eigenschaften aufweist. Der 60 Die aktuelle Züchtung vermag es, Pflanzen und Tiere zu züchten, die etwa spezielle, für eine mehrfa- Holzmarkt leidet aufgrund der großen Mengen an Schadholz zusehends. Der Schadholzanteil in Österreich in % che Nutzung besonders geeignete Eigenschaften aufweisen, wenig krankheitsanfällig oder besonders 50 standortangepasst sind. So können die gewonnenen tierischen und pflanzlichen Produkte nicht nur Grund: Meist fallen große Mengen an Schadholz gleichzeitig an, die auf die Schnelle nicht in vollem Umfang abgenommen werden können. Für viele An- 40 umfassender eingesetzt werden. Die Tiere und Pflanzen können auch umweltschonender gehalten bzw. wendungsgebiete – etwa den Möbelbau – ist es nicht zuletzt aufgrund der in kultiviert werden, da sie besonders robust sind und folglich weniger Bewirtschaftungseingriffe notwen- 30 Folge verzögerten Verarbeitung außerdem qualitativ nur noch eingeschränkt dig werden. geeignet. Große Mengen der Ressource fallen also zwingend und ungewollt an. 20 Diese bleiben entweder ungenutzt oder müssen weit unter ihrem eigentlichen 10 Kreislaufwirtschaft ist also das Beste aus allen Zeiten: Geschlossene Kreisläufe wie gestern dank des techno- Wert und Potenzial als Reststoff verwertet werden. logischen Fortschritts von heute für eine leistungsstarke Land- und Forstwirtschaft von morgen. 1 ha Körnermais mit 18,4 t Trockenmasse kann den 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 0 Jahresbedarf eines Haushaltes für Energie, Wärme, Quelle: BMLRT (2020) 26 Strom und Mobilität vollständig decken: Quelle: BMLRT (diverse Jahre) Seite 20 Seite 21 liefert den Kühen als Kraftfutter Energie für die Milchproduktion 3,6 Millionen kcal (Bedarf eines Haushalts: 2 Millionen kcal) (und die Kühe liefern
© pexels/cottonbro © pexels/markus_spiske Aber wie genau funktioniert die Kreislaufwirtschaft in der Landwirtschaft? Ein Beispiel aus der Praxis: Rapsöl ist ein Öl, das dank seines hohen Ge- Die Hauptprodukte aus der landwirtschaftlichen Erzeugung – ob Milch, Fleisch halts an Omega-3-Fettsäuren als besonders gesund gilt. Bei seiner Pro- oder pflanzliche Lebensmittel – dienen der menschlichen Ernährung. Die Rest- duktion fallen pro Liter 2 kg Rapsextraktionsschrot an. Für uns Menschen stoffe aus dem Pflanzenbau hingegen werden zur Bodenverbesserung, als Fut- ist es zwar nicht essbar, doch für die Tiere ist es heutzutage nach Soja termittel sowie zur Erzeugung von Bio-Kunststoffen oder Energie und Kraft- das zweitwichtigste Eiweißfuttermittel weltweit. stoffen in Biogas- oder -dieselanlagen eingesetzt. Ganz egal, ob sie aus dem Gartenbau, der Ackerbewirtschaftung oder der Nahrungsmittelindustrie stam- (Quelle: Windisch – eigene Berechnung) men. Die Reststoffe und Rückstände aus der Tierhaltung werden wiederum als Wirtschaftsdünger verwendet, um den Boden zu düngen und so die nächsten Pflanzen ernähren zu können. Damit die Reststoffe in der Tier- und Pflanzener- nährung überhaupt eingesetzt werden können, müssen sie nicht nur gesund- heitlich absolut unschädlich sein, sie müssen auch weiter aufbereitet werden. Dazu werden teils einfache, teils hochkomplexe Recyclingverfahren und Um- welttechnologien – oftmals basierend auf innovativer Sensorik und Robotik Und wie genau funktioniert die Kreislaufwirtschaft in der – eingesetzt. Nur so kann das Maximum an Nährstoffen aus den Reststoffen Forstwirtschaft? rausgeholt werden. Und Ressourceneffizienz einerseits und ein höherer Selbst- versorgungsgrad andererseits unter einen Hut gebracht werden. In der Forstwirtschaft steht im Sinne der Kreislaufwirtschaft die umfassende In der Landwirtschaft werden – wie oben beschrieben – große und innovative Verwendung der Ressource Holz im Fokus. Bevor Holz am Ende Mengen an Biomasse erzeugt. Ein Fünftel davon sind pflanz- Da die landwirtschaftlichen Betriebe laufend gewachsen sind und zunehmend seines Lebenszyklus verbrannt und zur Wärme- oder Energieerzeugung („ener- liche Lebensmittel, der Rest sind Koppel- und Nebenprodukte, mehr Menschen ernähren, verlassen große Mengen an Lebensmittel den Hof. getisch“) verwendet wird, soll es stofflich – etwa als Bau- und Möbelholz, in der entfällt auf die Fruchtfolge oder das Grünland. Diese Biomasse Und damit gehen dauerhaft mehr und mehr Nährstoffe für den Betriebskreis- Papier- oder Faserproduktion – und kaskadisch, also mehrfach, genutzt werden. muss im Sinne der Ressourceneffizienz weiterverarbeitet oder lauf verloren. Vor allem Phosphor, der immer knapper wird, landet nach dem Dank moderner Recyclingprozesse ändert das Holz dabei immer wieder seine veredelt werden. Verzehr der Lebensmittel und der menschlichen Ausscheidung ungenutzt in der Form. So ersetzt es – von vielen Menschen unerkannt – Stoffe und Materialien Kläranlage. Die Kreislaufwirtschaft denkt Kreisläufe über den betrieblichen Tel- aus nicht-nachwachsenden Quellen. Auch in Anwendungsgebieten des tägli- (Quelle: Windisch – eigene Berechnung) lerrand hinaus: Dank einer hygienischen Aufbereitung des Klärschlamms – ob chen Bedarfs. Ob Baustoff, Kunststoff, Brenn- und Treibstoff oder Strom: Vieles in Hinblick auf Schwermetalle, Rückstände aus Medikamenten und Co – kann ist dank modernster Technologien bereits möglich – und fällt hierbei unter den Phosphor wiedergewonnen und der Landwirtschaft zur Düngung bereitgestellt Begriff „Bioökonomie“. werden. Damit kann auch dieser Kreislauf – und somit die Nährstofflücke – ge- schlossen werden. Schätzungen gehen davon aus, dass alleine die Aufbereitung Der Begriff „Bioökonomie“ beschreibt ein Wirtschaftssystem unter dem Mot- unserer Abwässer und des Klärschlamms – vor allem in Ballungsräumen mit to „Raus aus Erdöl“, in dem nachwachsende Rohstoffe nicht-nachwachsende hohen Nährstoffkonzentrationen – einen wesentlichen Teil27 des österreichweit Substanzen ersetzen. Basierend auf innovativem Wissen und unter Nutzung eingesetzten Phosphor-Mineraldüngers ersetzen können. Abwässer und Klär- von Biomasse in unterschiedlichsten Formen arbeiten alle Sektoren daran, Pro- schlamm, die bislang meist als klassischer „Abfall“ nicht mehr genutzt wurden dukte, Verfahren und Dienstleistungen im Rahmen eines zukunftsfähigen Wirt- und dank innovativer Forschung und Entwicklung wieder zu unbedenklichen, schaftssystems bereitzustellen. wertvollen Stoffen werden können. Quelle: Egle (2019) 27 Seite 22 Seite 23
© pexels/anete_lusina Wie oben dargestellt liefert die Land- und Forstwirtschaft nicht nur Nahrungsmittel oder Heiz- und Baumaterial. Der Sektor liefert auch die nötigen Rohstoffe für Auch in der österreichischen Land- und Forstwirt- die Umsetzung der Bioökonomie und nimmt etwaige anfallende Rest- und Abfallstoffe wieder in seine natürlichen Kreisläufe auf. Damit stellen Land- und Forst- schaft wird der Ansatz der Kreislaufwirtschaft be- wirtschaft eine Grundlage für die nachhaltigere Gestaltung unseres Wirtschaftssystems dar. Folgende Beispiele sollen dies verdeutlichen: reits ganz gezielt gefördert. Das Österreichische Programm zur Förderung einer umweltgerech- ten, extensiven und den natürlichen Lebensraum schützenden Landwirtschaft (ÖPUL28) etwa setzt auf eine nachhaltige Nutzung der landwirtschaft- Landwirtschaft Forstwirtschaft lichen Flächen. Durch die Förderung einer mög- 1 ha Körnermais mit 18,4 t Trockenmasse kann den Jahresbedarf lichst langen Begrünung von Ackerflächen durch 100 Magazine den Anbau von Zwischenfrüchten oder Feldfutter eines Haushaltes für Energie, Wärme, Strom und Mobilität vollstän- 30 Versandkartons wird damit etwa die Gründüngung unterstützt. dig decken. Denn er liefert... 100 Bücher Durch die Reduktion und den Verzicht auf che- 100 Lebensmittelverpackungen misch-synthetische Düngemittel werden Betriebe ...den Kühen als Kraftfutter Energie für die Produktion von Milch im 4 Sport-T-Shirts darüber hinaus unterstützt, organisch zu düngen Ausmaß von 3,6 Millionen kcal (Bedarf eines Haushalts: 2 Millionen und auf Kreislaufwirtschaft umzustellen. Damit 100 kg Holz Essig für 10 Gläser Essiggurken kcal) (und die Kühe liefern wiederum den Dünger für den Körner- soll die Kreislaufwirtschaft in der österreichischen bei mehrmaliger 150 Briefe mais). Landwirtschaft weiter gestärkt werden. 60cm (kaskadischer) 12 Obststeigen Zur Belebung der Bioökonomie in Österreich wur- Nutzung im Kreis- 360 Milchkartons den mittlerweile zudem einige politische Doku- ...durch die Vergärung Alkohol (sogenannter „Bio-Ethanol“) bzw. lauf liefern Grund- 100 Stück Küchenrollen mente erarbeitet. Die Bioökonomie-Strategie29 Treibstoff für 32.010 PKW-Kilometer (Bedarf eines Haushalts: materialien für: 300 Stück Tageszeitungen aus dem Jahr 2019 etwa zeigt konkrete Hand- 20.000 PKW-Kilometer). Vanillegeschmack für 5 kg Vanillekipferl lungsfelder für den Ersatz nicht-nachwachsender 60cm Stoffe und Materialien auf und stellt einen Akti- ...durch die Verbrennung in einer Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlage 50 Stück Schulhefte onsplan bereit. Das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz 12,3 MWh Strom und 24,6 MWh Wärme (Bedarf eines Haushalts: und ausreichend Energie (Strom und (EAG) 30 soll demnächst beschlossen werden, um 4,4 MWh für Strom und 24,6 MWh für Wärme). Wärme) für mehr als 2 Wochen in einem die Stromerzeugung bis 2030 in der Bilanz auf er- 4-Personen-Haushalt neuerbare Beine zu stellen. Und die Österreichi- Quelle: Biomasseverband (2019) Quelle: Austropapier (2021) sche Waldstrategie 2020+31 setzt wiederum auf Bioökonomie, um den Erfolg der Forstwirtschaft langfristig zu sichern. Alternativ kann das Holz auch für den Möbelbau genutzt 28 ÖPUL // 29 Bioökonomie-Strategie // 30 EAG werden. Das im Holz gebun- // Österreichische Waldstrategie 31 dene CO2 wird der Atmosphä- re dann langfristig entnom- men. Und das Möbel kann am Ende seines Lebens immer noch weiterverwertet werden. Seite 24 Seite 25
Verbindung von Nachhaltigkeit und Versorgungssicherheit in Land- und Forstwirtschaft: Die Kreislaufwirtschaft macht‘s möglich! Basierend auf der kaskadischen Nutzung Der Klimaschutz kann durch die Kreislaufwirt- der land- sowie forstwirtschaftlichen Pro- schaft ebenso gestärkt werden: Dank klimaneu- dukte und Rohstoffe bleiben bereits ge- traler Ersatzstoffe werden Treibhausgase ver- nutzte Ressourcen länger im System und mieden; durch die Verarbeitung in langlebigen werden umfassender verwendet. Dank der Produkten werden sie dauerhaft gebunden. Da vollständigen Verwertung von Reststoffen (fast) keine synthetischen Betriebsmittel wie Mi- Zur Umsetzung der Kreislaufwirtschaft müssen und der Vermeidung von Abfall sowie von neraldünger produziert werden müssen, werden viele innovative Geräte, Anwendungen oder Ge- umweltschädlichen Schad- und Reststof- die Treibhausgasemissionen außerdem reduziert. samtkonzepte wie Precision Farming entwickelt fen wird der Erhalt einer intakten Umwelt werden. Dabei entsehen vielfältige und vielzäh- mit all ihren Ökosystemdienstleistungen lige neue Arbeitsplätze, die für wirtschaftlichen sichergestellt. Aufschwung sorgen – in Stadt und Land. Auch die Energie, die zur Herstellung von synthetischen Betriebsmitteln wie Mine- raldünger eingesetzt werden muss, kann Dank innovativer, nachhaltig spezialisierter und intensi- künftig weitgehend eingespart werden. vierter Land- und Forstwirtschaftsbetriebe, die ideal an den Standort angepasst sind, wird die langfristige Ver- sorgungssicherheit für eine wachsende Bevölkerung ge- stärkt. Aufgrund des Ersatzes von Rohstoffen und Nährstoffen fossilen Ursprungs – etwa Erdöl oder Phosphorgestein – durch nach- wachsende Rohstoffe und recyclete Rest- stoffe sind wir langfristig nicht mehr von versiegenden Quellen abhängig. © pexels/ iconcom Seite 26 Seite 27
© HBLFA Raumberg-Gumpenstein „Mit dieser Methode konnte für die österreichischen Betriebe erstmals berechnet werden, wo die eigene Bewirtschaftung schon sehr umweltfreundlich ist – oder wo Verbesserungspotenzial be- steht. Und nur wer sein/ihr Verbesserungspotenzial kennt, kann Farmlife: Über die Ökobilanzen der landwirtschaftlichen Be- © Christine es auch nutzen.“ triebe als Grundlage für nachhaltigeres Wirtschaften © Andreas Markus Herndl Wurnig Forscher im Bereich Ökoeffizienz landwirtschaftlicher Produk- Forschungsfrage: Wie kann festgestellt werden, wie effizient einzelne Maier tionssysteme, Höhere Bundeslehr- und Forschungsanstalt Raum- berg-Gumpenstein Betriebe wirtschaften und wo Verbesserungspotenzial besteht? Ein Blick in die Forschung Vom Input bis zum Output, von der Aussaat bis zum fertigen einem Betrieb ausfiel, desto besser die betriebliche Ökobilanz. Forschungseinrichtung: Produkt: Es müssen zahlreiche Bearbeitungs- und Verarbei- Höhere Bundeslehr- und tungsschritte getan und Betriebsmittel eingesetzt werden, bis Erstes Ergebnis der Studie: Die Umweltwirkungen der Betriebe Kreislaufwirtschaft klingt nach einem guten Ansatz – doch wie machen wir die- Forschungsanstalt wir letztlich unser Essen in den Händen halten. Wie das funk- unterscheiden sich in Österreich ganz wesentlich. Der Energie- sen Ansatz praxistauglich? Einiges ist schon heute möglich – und einiges muss Raumberg-Gumpenstein tioniert, wissen die Landwirte und Landwirtinnen ganz genau – bedarf pro Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche war beim noch erforscht werden. Ganz am Anfang der Forschung steht: Untersuchen, was darauf können wir uns guten Gewissens verlassen. Wie effizient energieeffizientesten Betrieb etwa acht Mal höher als beim mit der Biomasse passiert, bis sie auf unseren Teller oder in unsere Hände ge- diese Bearbeitungs- und Verarbeitungsschritte aus ökologischer energieineffizientesten Betrieb. Die Wirkung von Pestiziden langt. Welche Umwandlungsprozesse müssen in der Land- und Forstwirtschaft Forschungsrichtung: Sicht ablaufen, ist am Einzelbetrieb häufig noch eine Blackbox. und Schwermetallen auf den Boden unterschied sich zwischen Agrarwissenschaften, ganz generell in Gang gesetzt werden? Und wo könnte man dabei Energie oder Veterinärmedizin Also ein Bereich, über den wir am einzelnen Betrieb nicht all- einzelnen Betrieben sogar um das 94-fache. Zweites Ergebnis: Betriebsmittel sparen und nicht-nachwachsende Inputs durch nachhaltigere, zu viel wissen. Wo fallen konkret wie viele Treibhausgase an? Große Unterschiede zeigen für manche Betriebe großes Verbes- erneuerbare Ressourcen ersetzen? Wie kann man die Reststoffe – gefahrlos – in Wo geht in meiner eigentlichen Produktion welche Menge an serungspotenzial. Basierend auf der Untersuchung, welche Be- die Kreisläufe rückführen? Wo produzieren wir Abfall, der nicht weiterverwen- Projektleiter: Energie verloren? Oder wo stößt meine Bewirtschaftung welche wirtschaftungsentscheidungen – von der Düngung bis hin zum Stoffe in welchem Umfang aus, die umliegende Gewässer und Maschineneinsatz – welche Umweltwirkung wie beeinflussen, det werden kann? Und wo lassen wir Ressourcen gänzlich ungenutzt liegen? Markus Herndl Böden schädigen? konnte auch Licht in unsere Blackbox gebracht werden. Damit Fragen über Fragen, die die Agrar- und Forstwissenschaft tagtäglich für uns kann festgestellt werden, welche Aktivitäten sich am eigenen beantwortet. Wozu aktuell geforscht wird und wo kürzlich spannende Ergebnisse Status: Das Projekt „Farmlife: Einzelbetriebliche Ökobilanzierung land- Betrieb besonders stark auf die Umwelt auswirken. Oder wo gewonnen wurden, dürfen wir beispielhaft auf den folgenden Seiten präsentieren. bereits abgeschlossen – März 2016 wirtschaftlicher Betriebe in Österreich“ versucht, diese Blackbox ganz konkrete Verbesserungsmaßnahmen gesetzt werden kön- zu öffnen und die Umweltwirkungen der landwirtschaftlichen nen. Produktion vom ersten Schritt bis zum letzten zu erfassen. Dazu Forschungsgebiet: wurde die Methode der „einzelbetrieblichen Ökobilanzierung“ Die Erkenntnisse dieses Projekts sind aber nicht nur für die 51 Österreich aus der Schweiz übernommen, angepasst und auf 51 unter- Test-Betrieben ein Wegweiser zu mehr Nachhaltigkeit. Dank des schiedlich wirtschaftenden Betrieben getestet. Für 30 biologisch Praxistests kann die Methode – etwa von Betriebsberaterinnen Förderung durch: und 21 konventionell bewirtschaftete Betriebe aus dem Acker- und -beratern – nun auf weiteren Betrieben angewandt werden. Bundesminsterium für bau, Weinbau, der Fleisch- und der Milchproduktion wurde mit Auch dort kann aufgezeigt werden, mit welchen Bewirtschaf- Landwirtschaft, Regionen folgenden Indikatoren dargestellt, wie umweltfreundlich ihre tungsanpassungen die Landwirtinnen und Landwirte einfach und Tourismus Lebensmittelproduktion ist: Bedarf an nicht erneuerbaren Ener- und wirtschaftlich vertretbar einen nächsten Schritt in Richtung gieressourcen, Treibhauspotenzial, Stickstoff- und Phosphorein- Umweltverträglichkeit, Naturschutz und Ressourceneffizienz trag in das Wasser, Phosphorverbrauch, Wirkung von Pestiziden gehen können. und Schwermetallen auf den Boden, Abholzung und Flächen- bedarf. Dabei gilt: Je geringer der Wert dieser Indikatoren auf Weitere Informationen zum Forschungsprojekt finden Sie hier. Seite 28
Sie können auch lesen