Unter der Lupe: Land- und Forstwirtschaft von heute - Produktionsprozesse verstehen, Verbesserungspotenzial erkennen, Versorgungssicherheit ...

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                                                                                       TSH

                                                                                    f ra g e n s

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                                                                                           E          ET N

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                  Unter der Lupe:
                  Land- und Forstwirtschaft von heute
                  Produktionsprozesse verstehen, Verbesserungspotenzial erkennen,
                  Versorgungssicherheit nachhaltig stärken

Im Auftrag von:
Unter der Lupe: Land- und Forstwirtschaft von heute - Produktionsprozesse verstehen, Verbesserungspotenzial erkennen, Versorgungssicherheit ...
© shutterstock/ Nadezda Boltaca
             Worum geht‘s?                                                                                                Was erwartet Sie?
          Das letzte Factsheet hat aufgezeigt, dass das Land- und Forstwirtschaften in den vergangenen Jahren zu-
          nehmend herausfordernd wurde. Ob Biodiversitätsverlust, Klimawandel, der einhergehende Verlust von Bo-
          denfruchtbarkeit oder neue Konsumtrends: Vieles hat sich in den letzten Jahren verändert. Land- und Forst-
          wirtschaft müssen Wege finden, die trotz allem eine stabile Versorgung mit Lebensmitteln, nachwachsenden
          Rohstoffen und erneuerbaren Energieträgern sicherstellen. All diesen Wegen ist eines gemein: Sie müssen in
          Richtung gestärkter Nachhaltigkeit führen. Denn hochwertige Produkte in ausreichender Menge sollen uns
          ja nicht nur heute, sondern auch morgen und übermorgen zur Verfügung stehen.
          Versorgungsleistung und Qualität einerseits, Nachhaltigkeit und Umweltschutz andererseits: Damit Land-
          und Forstwirtschaft diese Anforderungen unter einen Hut bekommen, braucht es eine ressourceneffiziente            Acker, Wiese, Stall und Wald: So wird in Österreich gewirtschaftet   Seite 6
          Wirtschaftsweise. Also mehr Lebensmittel, Rohstoffe und Energieträger müssen bei gleichbleibendem oder
          abnehmendem Einsatz von Fläche, Futtermitteln, Arbeit oder Betriebsmitteln und auch verringerten Umwelt-
          eingriffen sowie Abfällen erzeugt werden. Kurz und gut: Mit möglichst wenig Ressourcen soll möglichst viel
          möglichst nachhaltig produziert werden. Und das möglichst kostengünstig, damit die heimischen Betriebe            Da geht noch was:
          am globalen Markt mithalten und folglich überleben können.                                                        Verbesserungspotenzial entlang der Produktionsprozesse               Seite 12
          Um all das zu erreichen, gilt es, die aktuelle Produktion genau zu kennen. Vom Anfang der Wertschöpfungs-
          kette bis zum Schluss – von der Saatguterzeugung bis zum fertigen Erzeugnis mitsamt allen eingesetzten
          Betriebsmitteln, erzeugten (Zwischen-)Produkten und unzähligen Querströmen. Nur wenn wir die höchst ver-          So läuft es rund:
          netzten Produktionsprozesse bis ins letzte Detail verstehen, verstehen wir auch, wie wir unsere Ressourcen in     Das Verbesserungspotenzial mit Kreislaufwirtschaft nutzen            Seite 21
          Zukunft gezielter einsetzen und optimal nutzen können. Eine große Aufgabe, die die Agrar- und Forstwissen-
          schaftlerinnen und -wissenschaftler aktuell bewältigen müssen.
          Mit dem vorliegenden Factsheet nehmen wir für Sie folgende Fragen, die uns am Weg zu mehr Ressourcen-
          effizienz begleiten, unter die Lupe:
                                                                                                                            Ein Blick in die Forschung                                           Seite 28

                 Wie wird aktuell in Österreich gewirtschaftet?
                 Wo liegt Verbesserungspotenzial entlang der Produktionsprozesse?
                 Wie können wir dieses Verbesserungspotenzial nutzen, um die Zukunftsfitness der Land- und Forst-
                 wirtschaft zu stärken?

          Ausgewählte Forschungsprojekte am Ende des Factsheets geben Ihnen darüber hinaus Einblicke, welche ein-
          schlägigen Forschungsfragen gerade gesät werden. Und welche Antworten die land- und forstwirtschaftliche
          Praxis, die Verwaltung und letztlich auch die Gesellschaft schon ernten kann. Denn eines ist ganz klar: Wie
          ressourcenffizient der Sektor werden kann, wird nicht nur von den Land- und Forstwirtinnen und -wirten
          oder der öffentlichen Hand bestimmt. Wir alle entscheiden bei jeder einzelnen Kaufentscheidung, wie viel
          Nachhaltigkeit möglich ist. Das heißt: Wir alle haben es tagtäglich in der Hand, unsere Grundversorgung zu-
          kunftsfit zu machen.
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Unter der Lupe: Land- und Forstwirtschaft von heute - Produktionsprozesse verstehen, Verbesserungspotenzial erkennen, Versorgungssicherheit ...
© pexels/andrea-piacquadio
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                                                                                                                                                    ©Wilhelm Windisch
          Wir suchen Antworten und                                                                                                                                                                                                     Kreislaufwirtschaft:
          Lösungen für Zukunftsthemen                                                                                                                                                                                          Ein Wegweiser in die Zukunft
                                                                                                             Elisabeth Köstinger                                Wilhelm Windisch

          Das vergangene Jahr hat es deutlich gezeigt: Forschung spielt eine zentrale Rolle bei der Bewältigung neuer                               Klimawandel und seine möglichen Folgen auf die Versorgungssicherheit, Verlust an Biodiversität, stark (über-)
          Herausforderungen. Das gilt nicht nur für die aktuelle Gesundheitskrise, sondern für alle Bereiche unseres Le-                            beanspruchte Ressourcen und schwindende Resilienz zwingen uns in der Land- und Forstwirtschaft zum Blick
          bens und unserer Zukunft. Die wohl grundlegendste Herausforderung ist es, für einen gesunden, resilienten                                 aufs Ganze. Das Konzept der systembezogenen Kreislaufwirtschaft (auch „Circular Economy“ oder „Bioöko-
          und nachhaltigen Planeten Erde zu sorgen.                                                                                                 nomie“) spricht unmittelbar die materiellen Lebensgrundlagen unsere Gesellschaft an: die Erzeugung von
                                                                                                                                                    biologischen Ressourcen und ihre Nutzung im Rahmen eines zukunftsfähigen Wirtschaftssystems.
          Österreichs Forschungslandschaft wird von den Universitäten mit ihren Forschungseinheiten, von außeruni-
          versitären Forschungseinrichtungen ebenso wie von forschenden Unternehmen geprägt. Auch das Bundes-                                       Dies geht weit über die Bereitstellung von menschlicher Nahrung und von Konsumgütern auf der Basis von
          ministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus (BMLRT) betreibt und unterstützt Forschung und                                     Biomasse hinaus. Es geht vielmehr um das komplexe Netzwerk an Stoffströmen, Energie und Information, das
          Entwicklung in seinem gesamten Kompetenzbereich. Unsere Aktivitäten decken ein breites Spektrum an                                        durch Nutzung unbelebter Produktionsfaktoren in Kombination mit Lebewesen unter der Kontrolle des Men-
          wirtschaftlich und gesellschaftlich relevanten Fragen ab. Wir suchen Lösungen für zentrale Zukunftsthemen:                                schen in Gang gehalten wird und mit der Natur in Wechselwirkung steht. Wertschöpfung auf allen Ebenen,
                                                                                                                                                    intelligente Ressourcennutzung und nachhaltiger Umgang mit begrenzt verfügbaren Produktionsfaktoren
              Wie gewährleisten wir – auch im Klimawandel – Ernährungssicherheit für alle?                                                          sind die wichtigsten Motivationen: Nichts soll ungenutzt bleiben und alles muss sich in seiner Gesamtwir-
              Wie gelingt uns der Übergang zu einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft?                                                               kung auf den Erhalt der unbelebten und belebten Umwelt sowie auf das Wohlergehen der Gesellschaft in
              Wie gestalten wir unsere Land- und Forstwirtschaft zukunftsfit?                                                                       einem verträglichen Miteinander rechtfertigen.
              Wie schützen wir unsere Regionen vor Biodiversitätsverlusten?
                                                                                                                                                    Es reicht nicht mehr, einfach nur den traditionellen Pfaden zu folgen. Wir brauchen mehr Wissen über die
          Ein Erfolgsrezept unserer Forschungsaktivitäten ist die Zusammenarbeit von nationalen und internationa-                                   komplexen Zusammenhänge und die limitierenden Faktoren des Netzwerks, mehr innovative Forschung zur
          len Partnerinnen und Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft mit der Praxis. Dazu braucht es engagierte                                  Öffnung von Flaschenhälsen und mehr Wissenschaft zur ganzheitlichen Bewertung von Veränderungen, die
          Forscherinnen und Forscher sowie zukunftsorientierte Bäuerinnen und Bauern, die neueste Erkenntnisse in                                   jede Maßnahme zur Kontrolle des Systems unvermeidlich nach sich zieht. Hier ist die Gesellschaft in ihrer
          ihren Betrieben umsetzen.                                                                                                                 Gesamtheit gefordert.
          Diese Arbeit sichtbar zu machen und interessierten Menschen einen Überblick über die aktuelle Forschungs-
          arbeit zu geben, ist das Ziel des Forschungs-Updates und des Factsheets des Ökosozialen Forums. Das Koope-
          rationsprojekt mit dem BMLRT zeigt Engagement, Knowhow und Ideen auf, die auch für Sie wichtig sind.

                                                                                                                                                                           Wilhelm Windisch ist Professor an der Technischen Universität München und Vorsitzender des
                         Elisabeth Köstinger ist Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus (BMLRT).                                                            Agrar- und Forstwissenschaftlichen Beirats, der dieses Projekt inhaltlich begleitet.
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Acker, Wiese, Stall und Wald:                                                                                                                                                                                                         Forstwirtschaft                                                                                                                                                                                    Die Baumarten in unseren Wäldern
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Quelle: BMLRT (2019)
       So wird in Österreich gewirtschaftet                                                                                                                                                                                                  300.000 Menschen sind in Österreich an der gesamten Forst-Holz-Papier-Wertschöpfungskette
                                                                                                                                                                                                                                                       2
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    Fichte

                                                                                                                                                                                                                                             beteiligt – und nutzen nicht nur die Ressourcen, sondern schützen sie gleichzeitig. Dank dieser                                                                                              Fichte

                                                                                                                                                                                                                                             nachhaltigen Bewirtschaftung – es wird weniger Holz geerntet als nachwächst –, nimmt der Holz-                                                                                                          Tanne

                                                                                                                                                                                                                                             vorrat in den Wäldern weiter und weiter zu. Auch die Waldfläche wächst – jährlich entspricht die-                                                                                            Tanne

                                                                                                            11,2                                 4,7                    10,7                                                                 ser Größenzuwachs einer Fläche von etwa 4.8003 Fußballfeldern. Damit umfasst der 11,2 Wald
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     4,7 bereits      10,7                                                                                      Lärche
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        Lärche
                                                                                                                                                 Biomasse ist die gesamte Masse aller Lebewe-                                                48 %4 unserer Gesamtfläche. Während in den letzten Jahrzehnten vor allem Fichten in LagenSumme ge-2019: 26,6
                                                                                                                                                          Summe
                                                                                                                                                 sen und der  von2019:
                                                                                                                                                                  ihnen26,6gebildeten Materialien.                                           pflanzt wurden, die nicht ihren natürlichen Lebensräumen entsprechen, werden seit mehr als 30                                                                                                      Weißkiefer
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     Weißkiefer

Land- und Forstwirtschaft liefern wertvolle Rohstoffe, die uns in vielen Berei-                                                                  Ob bewusst kultivierte Pflanzen oder wild le-                                               Jahren verstärkt wieder Laubbäume – oft auch in Form von Mischwäldern – kultiviert (siehe dazu                                                                                                Buche
chen unseres täglichen Lebens dienen – oder gar unverzichtbare Grundlage                                                                         bende Tiere, ob Bäume, Pilze, Bakterien, Wir-                                               auch unten). Diese entsprechen den heutigen Standort-Gegebenheiten und -Anforderungen meist
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               0              5          10                15   20     25                     30
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        Buche

für unser Leben sind. Landwirtinnen und Landwirte, Forstwirtinnen und Forst-                                                                     beltiere oder Insekten, ob Stroh oder Holz: All                                             besser. Die heutigen Wälder tragen damit nicht nur zu Schutz und Entwicklung der heimischen                                                                                                        Eiche
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         Eiche
wirte erzeugen und veredeln Biomasse in hochwertige Produkte, etwa durch                0           5        10                                  das
                                                                                                                                                  15 zählt zur
                                                                                                                                                            20 Biomasse.25         30                                                        Artenvielfalt bei, sondern vertragen auch eher klimatische Veränderungen. Sie sind auch viel resis-                                                                                           0

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                Sonstiges
Bodenbearbeitung, Saat, Düngung, Pflanzenschutzmaßnahmen, Verfütterung,                                                                                                             11,2    4,7                   10,7                       tenter gegen Schädlingsbefall, Hitze und Trockenheit.                                                                                                                                                      Sonstiges
Betreuung der Tierbestände, Aufforstung, Ernte, Schlachtung und viele weitere
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          20

                                                                                                                                                                                                      Summe 2019: 26,6
Arbeitsschritte. Ob mit Nahrungsmitteln, Baustoffen, Gebrauchsgütern oder er-                                                                                                                                                                    Quelle: BMLRT sowie BFW (2019)
                                                                                                                                                                                                                                             2,3,4
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          40

neuerbaren Energieträgern: Fast 9 Millionen Menschen werden österreichweit                                                                                                   11,2   4,7
                                                                                                                                                                                                  0

                                                                                                                                                                                                        10,7                                                                                                                                                                                                                          Der Begriff „Nachhaltigkeit“ passt nicht nur gut zur
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          60

von 162.0001 land- und forstwirtschaftlichen Betrieben direkt – und auch indi-                                                                                           0    5      10
                                                                                                                                                                                           Summe
                                                                                                                                                                                            15
                                                                                                                                                                                                        26,6
                                                                                                                                                                                                 2019: 20         25              30
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      österreichischen Waldbewirtschaftung. Er kommt
rekt über die weitere Verarbeitung in Gewerbe und Industrie – versorgt.                                                                                                                                                                                                                                                                                              Im Vergleich:
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               4.000.000 Hektar
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          80

                                                                                                                                                                                                                                                Jährlicher Holzzuwachs                                                                                        Gesamte Waldfläche                                                      auch aus der Waldbewirtschaftung. Das erste Mal
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   Das österreichische34.000 Hektar / Jahr
                                                                                                                                                                                              20

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      wurde er von Carl von Carlowitz im 18. Jahrhundert
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          100

                                                                                                                                                                                                                                                                                                              verbleibt im Wald (12%)                              Waldgebiet ist fast
                                                                                                                                                                                                                                        0

Quelle: Statistik Austria (2017)
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                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      verwendet. Zu dieser Zeit wurden die Wälder inten-
                                                                                                                                                             0       5       10      15      20         25             30

                                                                                           Im Vergleich:                                                                                      40

                                                                                                                                                                                                                                                                                                         wird genutzt (88%)                                        genauso groß wie
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      siv zur Gewinnung von Grubenholz im Bergbau,
                                                                                                                                                                                                                                       20

                                                                                        In Summe ist das                                                                                                                                                                                                                                                          die gesamte Schweiz.                                                                                                                       energetische Nutzung

                                                                                       jedes Jahr rund 47x                                                                                    60
                                                                                                                                                                                                                             0
                                                                                                                                                                                                                                       40

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      als Brennstoff und Baumaterial genutzt – denn                          (Verbrennung zur Wärme-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             und Stromgewinnung)

                                                                                       mehr als das größte                                                                                                                             60                                                                                                                                                                                             nach dem 30-jährigen Krieg wuchsen Industrie und                       stoffliche Nutzung
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             (z.B. Möbelbau, Papier-,

                                                                                       Schiff der Welt voll-                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Städte enorm. Um eine Übernutzung der Wälder zu
                                                                                                                                                                                                                            20

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             Textilindustrie)

                                                                                                                      Die Land- und Forstwirtschaft    mit all ihren
                                                                                                     4.000.000 Hektar
                                                                                          beladen wiegt.
                                                                                                                                            4.000.000 Hektar
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      vermeiden, plädierte von Carlowitz dafür, dass nur
                                                                                                                                                                                                                                       80
                                                                                                                                                                                              80

    Jährlich erzeugte Biomasse in Österreich
                                                                                                                                                                                                                            40

                                                                                                                                           Gesamte Waldfläche
                                                                                                                                                 (verwandten) Branchen, vom Obstbau über
                                                                                                    Gesamte Waldfläche                                                                         34.000 Hektar / Jahr                    100

                                                                                                                                                                                                                                                                         Millionen m3
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   1.                                                                                 so viel Holz geerntet wird, wie wieder nachwächst.
    (in Millionen Tonnen Trockenmasse)                                                                                                           die Grünlandwirtschaft bis hin zur Jagd oder
                                                                                                                                                          34.000 Hektar / Jahr
                                                                                                                                                                                                                            60

                                                                                                                                                                                                                                             Quelle: BMLRT (2019)
                                                                                                                                                                                              100

                                                                                                                                                 zur Fischerei, ist der einzige Wirtschaftssektor                                                                                                                                                                                                                                                                       3.
                                                                                                                                                                     4.000.000 Hektar
                                                                                                                                                                                                                            80

                                                                                                                                                 in Österreich, der     Primärproduktion
                                                                                                                                                                    Gesamte Waldfläche    an Bio-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              6.
                                                          4,7                                  10,7
                                                                                                                                                                                                                                                                                    energetische Nutzung

                                       11,2                                                                                                                                                                                                     Arten der Holznutzung
                                                                                                                                                 masse betreibt. Das heißt: Die gesamte34.000 Hektar / Jahr
                                                                                                                                                                                            Erzeu-
                                                                                                                                                                                                                                                                                    (Verbrennung zur Wärme-

    Ackerflächen und Dauerkulturen             Grünland             Forstwirtschaft
                                                                                                                                                                                                                            100

                                                                                                                                                                                                                                                                                    und Stromgewinnung)

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                       Deutschalnd 32%
                                                                                                                                                 gung von Lebensmitteln und anderweitig ver-                                                                                       stoffliche Nutzung

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               10.

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         Niederlande 9%
                                                                                                                                                                                                                                                                                   (z.B. Möbelbau, Papier-,

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     15.

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            Slowenien 58%
                                                                                                                                                                                                                                                                                   Textilindustrie)

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             27.
                                                                          Summe 2019: 26,6

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               Finnland 66%
                                                                                                                                                 wendeten nachwachsenden Energieträgern,                                                                   rund

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              Österreich 46%
                                                                                                                                                                                                                                                                                  energetische Nutzung

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Griechenland 30%
                                                                                                                                                                                                                                                           20%                    (Verbrennung      zur Wärme-
                                                                                                                                                 Rohstoffen oder anderen Materialien hängt

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             Bulgarien 35%
                                                                                                                                                                                                                                                                            energetische Nutzung

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             18.
                                                                                                                                                                                                                                                                            (Verbrennung zur Wärme-
                                                                                                                                                                                                                                                                                  und Stromgewinnung)

                                                                                                                    © pexels/dominika_roseclay
                                                                                                                                                                                                                                                                            und Stromgewinnung)
                                                                                                                                                 unmittelbar davon ab. Auch die Energiewen-                                                                                        stoffliche Nutzung
                                                                                                                                                                                                                                                                            stoffliche Nutzung
                                                                                                                                                                                                                                                                  rund

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             Malta 1,5%
                                                                                                                                                                                                                                                                            (z.B. Möbelbau, Papier-,
    Die Trockenmasse entspricht der Biomasse nach Abzug der enthaltenen Wassermasse.                                                             de sowie die Abschwächung der Klimakrise                                                                         80%              (z.B. Möbelbau, Papier-,
                                                                                                                                                                                                                                                                            Textilindustrie)

                                                                                                                                                 sind eng mit der Verwendung der in Land-                                                                                         Textilindustrie)
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           25.
    Quelle: Biomasseverband (2019) zitiert nach Kalt und Amtmann (2014)                                                                          und Forstwirtschaft erzeugten Biomasse ver-
                                                                                                                                                 knüpft.                                                                                     Quelle: klimaaktiv (2020)
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        Waldanteil an der Gesamtfläche der EU-Mitgliedsstaaten // EU-Schnitt: 38 %
0                     5                 10                 15               20                 25                  30                                                                                                                                                                                                                   Quelle: Eurostat (2019) /// Österreich: gemäß aktuellsten Zahlen bereits 48 % (siehe oben)
Seite 6                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      Seite 7
Unter der Lupe: Land- und Forstwirtschaft von heute - Produktionsprozesse verstehen, Verbesserungspotenzial erkennen, Versorgungssicherheit ...
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                                                                                                                                                                                           Struktur der österreichischen Landwirtschaft in
                                                                                          Im Vergleich:        Landwirtschaft                                                              den letzten Jahrzehnten
                                                                                       Die Spezialisierung
                                                                                      nimmt im EU-Schnitt                                                                                      20                                                                                 250.000           Doch nicht nur die Spezialisierung der Betriebe schreitet voran. Auch die Struk-
                                                                                                               In rund 130.0005 Betrieben werden in Österreich land-
                                                                                        stärker zu als in                                                                                                                                                                         Betriebe          tur der österreichischen Landwirtschaft hat sich in den letzten Jahren stark ver-
                                                                                                               wirtschaftliche Produkte hergestellt. Zwar unterschei-
                                                                                           Österreich.
                                                                                                                                                                                                                                                                                                    ändert. In Summe wird immer weniger landwirtschaftliche Fläche bewirtschaf-
                                                                                                               den sich die Betriebe von Ost nach West und von Nord
                                                                                                                                                                                                                                                                                                    tet und weniger Tiere werden gehalten. Noch stärker abgenommen hat jedoch
                                                                                                               nach Süd aufgrund der geografischen Gegebenheiten                                                                                                                  200.000           die Anzahl der Betriebe. Damit geht ein Anstieg der durchschnittlichen Betriebs-

                                                                                                                                                                                           ha/Betrieb
                                                                                                               stark. Doch das Prinzip ist immer dasselbe: Die Basis der
                                                                                                                                                                                                                                                                                                    größe einher. Mittlerweile liegt sie über dem europäischen Durchschnitt. We-
                                                                                                               Landwirtschaft bilden fruchtbare Böden, auf denen ge-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                    niger, aber dafür größere Betriebe: Die verbleibenden Betriebe bewirtschaften
                                                                                                               zielt Pflanzen kultiviert werden. Einerseits können diese
                                                                                                                                                                                                                                                                                                    pro Betrieb immer mehr Fläche oder halten mehr Tiere. Denn: Zahlreiche land-
                                                                                                               Kulturpflanzen den Menschen direkt als pflanzliche Le-                                                                                                             150.000
                                                                                                                                                                                                                                                                                                    wirtschaftliche Betriebe müssen ihre Bewirtschaftung nicht nur spezialisieren,
                                                                                                               bensmittel zur Verfügung gestellt werden. Andererseits
                                                                                                                                                                                                                                                                                                    sie müssen sie auch intensivieren, um so – zumindest kurzfristig – ihr Einkom-
                                                                                                               können sie an die Nutztiere verfüttert werden, die uns
                                                                                                                                                                                                                                                                                                    men erhöhen und wirtschatlich überleben zu können. Der wirtschaftliche Druck
                                                                                                               anschließend wiederum mit tierischen Lebensmitteln
                                                                                                                                                                                                                                                                                  100.000           einerseits mitsamt den schlechten Zukunftsperspektiven sowie das schlechte
                          2016                                                                                 versorgen.                                                                        15        1995    1999       2003      2005     2007      2010    2013    2016
                                 36%    Österreich                  55%      9%                                                                                                                                                                                                                     Image andererseits, das oft mit Spezialisierung und Intensivierung einhergeht,
                                                                                                                                                                                                                                                landwirtschaftlich genutzte
                                                                                                                                                                                                                                                                                                    werden auch als häufige Gründe für die fortschreitende Betriebsaufgabe an-
                          2005                                                                                 Aufgrund des Bevölkerungswachstums und des wirt-                                                    Betriebe
                                 34%    Österreich                 54%      11%
                                                                                                                                                                                                                                                Fläche pro Betrieb (in ha/Betrieb)                  geführt.
                                                                                            Rest               schaftlichen Drucks erfolgte in der Landwirtschaft – ob
                                                                                                               in Österreich oder der EU – eine zunehmende Spezial-                        Quelle: Statistik Austria (2017)
                          2016   52%    EU-Schnitt           25%          21%
                                                                                                               isie-rung. Landwirtinnen und Landwirte haben so die
                                                                                            Pflanzenbau        Möglichkeit, sich auf einen Betriebszweig konzentrieren,
                          2005   43%    EU-Schnitt     25%           30%
                                                                                                               mehr produzieren, mehr Menschen versorgen und auch                          Landwirtschaftliche Betriebsgröße in der EU
                          2016   36%    Niederlande      58%                    6%          Tierhaltung        selbst wirtschaftlich überleben zu können. War es vor ei-
                                                                                                               nigen Jahrzehnten noch üblich, sowohl tierische als auch
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      Große Betriebe
                          2005          Niederlande      58%                                                   pflanzliche Lebensmittel zu erzeugen, entschieden sich                                                 4%                                                                       2%
                                 34%                                            7%          Gemischtbetriebe                                                                                                                                                                                                          ( >100 ha landwirtschaftlich genutzte Fläche)
                                                                                                               in den letzten Jahren immer mehr Betriebe entweder für
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      Mittlere Betriebe
                          2016   79%    Griechenland                     9% 11%                                das eine oder das andere. Die Zahl der Gemischtbetrie-                                                                                                                  28%                            ( >20 und
Unter der Lupe: Land- und Forstwirtschaft von heute - Produktionsprozesse verstehen, Verbesserungspotenzial erkennen, Versorgungssicherheit ...
Pflanzeneiweiß

                                                                                                                                                                                                                                                    © pexels/julia-kuzenkov
                                                                                                                                                      Lebensmittelversorgung in Österreich im Zeitvergleich

                                                                                                                                                                                             Verbrauch
                                                                                                                                                                      15.000.000             (in Tonnen Getreideeinheiten)

                                                                                                                                                                                             Produktion
                                      Veränderung der österreichischen Bewirtschaftung                                                                                                       (in Tonnen Getreideeinheiten)
                                                                                                                                                                      12.000.000                                  2017

                                                                                                 Trotz des Strukturwandels in der österreichischen                                    2000

                                                                                                 Landwirtschaft mit einem Rückgang der Betriebs-
                                                                                                 zahlen und der bewirtschafteten Fläche hat die                        9.000.000
                                                      Ackerfläche -4%
                                                      Ackerbaubetriebe: -50%                     Versorgungsleistung nicht abgenommen. Im
                                                      Ackerfläche/Betrieb: +93%                  Gegenteil: Sie zeigt sogar Zuwächse. Möglich ist
                                                                                                 dies durch die Steigerung der Erträge auf den ver-                    6.000.000
                                                                                                 bleibenden Betrieben – also durch Spezialisierung
                                                                                                 und Intensivierung. Viele Landwirtinnen und
                                                                                                 Landwirte konzentrieren sich auf wenige Aktivitä-                                                         io.
                                                                                                                                                                       3.000.000                         M
                                                              gehaltene Rinder -17%                                                                                                                    ,3 che                    ,6 he
                                                              rinderhaltende Betriebe: -48%      ten, betreiben diese dafür aber sehr professionell                                               n d 3 Flä                   d 2 Fläc
                                                                                                                                                                                                ru ha                       n
                                                              gehaltene Rinder/Betrieb: +60%     und entsprechend intensiv. Das heißt, sie stecken                                                                       ru ha
                                                                                                 viel Arbeit, Betriebsmittel und Co in die Produk-                                                                         io.
                                                                                                                                                                               0                                         M
                                                                                                 tion und erzeugen dadurch große Mengen an
                                                                                                 hochqualitativen Lebensmitteln zur Versorgung
                                                   gehaltene Schweine: -22%                      der Menschen. Trotz der guten Versorgungsleis-
                                                   schweinehaltende Betriebe: -75%               tung können jedoch nicht alle Lebensmittel in der
                                                   gehaltene Schweine/Betrieb: +211%             nachgefragten Menge in Österreich produziert
                                                                                                 werden. Durch die Spezialisierung auf die Tier-
                                     Quelle: eigene Aufbereitung nach Statistik Austria (2017)   haltung trifft das ganz besonders auf pflanzliche
                                                                                                 Lebens- und Futtermittel zu. Besonders bei Soja-
                                                                                                 bohnen und Sojaschrot sind wir trotz nationaler
                                                                                                 Anstrengungen, den Soja-Anbau voranzutreiben,                              1 Arbeitskraft in der              1 Arbeitskraft in der
                                                                                                 von Importen abhängig.                                                   Landwirtschaft ernährte            Landwirtschaft ernährte
                                                                                                                                                                                62 Menschen                       96 Menschen
  In Österreich kann man häufig auch nachhaltige In-
  tensivierung beobachten: Die Produktions- und Versor-
  gungsleistung steigt, während der Ressourceneinsatz
  gleichbleibt. Der Grund: Das vorhandene natürliche Er-
                                                                                                                                                      Eine Getreideeinheit entspricht dem Energiegehalt von 100 kg Getreide. Liefert ein Be-
  tragspotenzial wird besser genutzt – nicht zuletzt dank
                                                                                                                                                      trieb beispielsweise 200 Getreideeinheiten in Form von Kartoffeln oder Mais, stellt er
  innovativer Technologien (siehe dazu auch unten).
                                                                                                                                                      damit so viel Energie bereit, wie in 200 x 100 kg Getreide enthalten ist.

                                                                                                                                                      Quelle: Grüner Bericht 2020 (2020) // Flächenangabe: Schätzungen
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Unter der Lupe: Land- und Forstwirtschaft von heute - Produktionsprozesse verstehen, Verbesserungspotenzial erkennen, Versorgungssicherheit ...
Da geht noch was: Verbesserungspotenzial
    entlang der Produktionsprozesse                                                                             Heute sind die Kreisläufe auch auf Gemischtbetrie-                                                                                                          Für das Pflanzenwachstum braucht es zahlreiche Nährstoffe wie etwa Stick-
                                                                                                                ben meist teilweise offen, da mit den immer größe-                                                                                                          stoff (N) und Phosphor (P), die in ausreichender Menge zur Verfügung stehen
                                                                                                                ren Mengen an Lebensmitteln, die den Betrieb ver-                                                                                                           müssen. Die Nährstoffe werden von den Pflanzen beim Wachstum überwie-
Die Landwirtschaft                                                                                              lassen, auch immer größere Mengen an Nährstoffen                                                                                                            gend aus dem Boden aufgenommen. Durch das Abführen der Pflanzen bei
                                                                                                                den Betrieb verlassen. Während die Exkremente der                                                                                                           der Ernte gehen dem Boden diese Nährstoffe verloren. Durch verschiedene
Die Landwirtschaft konnte die Produktions- und damit die Versor-                                                Esserinnen und Esser früher direkt am Betrieb anfie-                                                    OFFENER KREISLAUF                                   Formen der Düngung müssen sie immer wieder zugeführt werden, damit
gungsleistung in den letzten Jahren stark ausbauen – in Österreich,
                                                                                                                len, landen sie heute mitsamt den wertvollen Nähr-                                               auf reinem PFLANZENBAUBETRIEB                              Pflanzen wieder gut wachsen können.
aber auch in der EU. So viele Menschen wie noch nie können von we-
                                                                                                                stoffen in der Kläranlage.
niger Betrieben denn je ernährt werden. Zwar ist der Selbstversor-
gungsgrad für einzelne Nahrungsmittel gesunken, doch was nicht
im Inland produziert wird, kann aus dem Ausland zugekauft werden.                                                                                                                           Zukauf von                         BODEN
                                                                                                                                                                                                                                                                            Auf spezialisierten Betrieben – also jenen Betrieben, die überwiegend entweder
Der Außenhandel mit der Ein- und Ausfuhr von landwirtschaftlichen                                                                                                                          Mineraldünger
                                                                                                                                                                                                                                                                            Tierhaltung oder Pflanzenbau betreiben – braucht es neue Strategien, um trotz
Erzeugnissen stellt so nicht nur wirtschaftlichen Wohlstand, sondern
                                                                                                                                                                                                                                                                            offener Betriebskreisläufe auch nach mehreren Jahren ergiebig wirtschaften zu
eine umfassende Versorgung sicher. Für die Gesellschaft bedeutet
                                                                                                                                                                                                                                                                            können. Zuerst der Blick auf die Pflanzenbaubetriebe, wo besonders die ausrei-
das in Summe Sicherheit, Lebensmittel in hoher Qualität und vor                                     GESCHLOSSENER KREISLAUF
                                                                                                      auf GEMISCHTBETRIEB                                                                                                                                                   chende Düngung, also die ausreichende Zufuhr von Nährstoffen für die Böden
allem in ausreichenden Mengen zu erhalten. Doch auch diese Ent-                                                                                                                                                           Gründünge-Pflanzen
                                                                                                                                                                                                Zukauf von               und Stickstoff-Fixierung                           im Fokus steht: Zwar werden einige Nährstoffe – etwa Stickstoff und Schwefel
wicklungen haben ihre Kehrseite(n): Einerseits kann die Versorgung                                                                                                                           Wirtschaftsdünger
                                                                                                                                                                                              anderer Betriebe                                                              – in kleineren Mengen auch immer wieder aufs Neue aus der Luft eingetragen
von Nahrungsmitteln mit geringem Selbstversorgungsgrad bei Ein-
                                                                                                               BODEN                                                                                                                                                        (hier spricht man von „atmosphärischer Deposition“). Um die Nährstoffvorräte
schränkungen im internationalen Warenverkehr – etwa in (Gesund-                                                                       Anlegen & Pflegen
                                                                                                                                    der Pflanzenkulturen                                                                                                                    der Böden aber wieder vollständig aufzufüllen, müssen Nährstoffe auch ganz
heits-)Krisenzeiten – rasch gefährdet sein. Andererseits sind die land-                                                              (Acker & Grünland)
                                                                                                                                                                                                                                                                            gezielt zugeführt werden: Möglich sind etwa der Zukauf von Wirtschaftsdünger
wirtschaftlichen Betriebskreisläufe aufgrund der Intensivierung und
                                                                                                                                                                                                                                                                            anderer (tierhaltender) Betriebe, die Gründüngung und der Anbau von Legumi-
der Spezialisierung, die wesentlich zur hohen Versorgungsleistung                                         Gründünge-Pflanzen                                                                                                                                                nosen, die Einarbeitung von Pflanzenrückständen nach der Ernte oder die Zu-
beitragen, immer weniger geschlossen.                                                                    und Stickstoff-Fixierung                                                                                              PFLANZEN                                     fuhr von fossilen bzw. synthetisch gewonnenen Düngemitteln, den sogenann-
Geschlossene Betriebskreisläufe sind ein jahrtausendealtes Grund-         Rückführung von Nähr-
                                                                           stoffen über tierische
                                                                                                                                                                       Pflanzliche                                                                                          ten „Mineraldüngern“. Letztere werden vor allem von Betrieben verwendet, die
prinzip in der Landwirtschaft. Was den Böden durch die Ernte an               Ausscheidungen
                                                                            (Wirtschaftsdünger)                                      PFLANZEN                         Lebensmittel                                                                                          keinen oder nicht ausreichend viel Wirtschaftsdünger zur Verfügung haben.
Nährstoffen entnommen wird, soll ihnen vor allem über betriebs-
eigene Reststoffe, sogenannte „Wirtschaftsdüngemittel“, wieder
zurückgegeben werden. So kann sichergestellt werden, dass die Bö-
den fruchtbar bleiben, Pflanzen wachsen und Menschen ernährt                                                                                                                                                                  Pflanzliche                                   Bei der Gründüngung werden nach der Ernte von Getreide, Kartoffeln und
werden können. Auf Betrieben, wo Pflanzen angebaut und Tiere ge-
                                                                                                                                       Futteraufnahme auf Wiese                                                              Lebensmittel                                   Co bestimmte Pflanzen(-mischungen) angebaut, die die Bodenstruktur ver-
                                                                                                                                        oder durch Fütterung mit
halten werden, lässt sich das Prinzip im Idealfall besonders gut ver-                                                                         Getreide & Co
                                                                                                                                                                                                                                                                            bessern, vor Erosion schützen und den Boden mit Nährstoffen anreichern.
                                                                                                             TIERE
wirklichen: Die geernteten Pflanzen ernähren als Lebensmittel die                                                                                                                                                                                                           Sie werden teilweise geerntet, teilweise in den Boden eingearbeitet. Legu-
Menschen und als Futtermittel die Tiere. Ihre Ausscheidungen füh-                                                                                                                                                                                   ©shutterstock/justone   minosen sind dabei besonders beliebt: Sie können Stickstoff aus der Luft bin-
ren den Böden wiederum jene Nährstoffe zurück, die neue Pflanzen                                                                                                                                                                                                            den, der dann den nächsten Kulturpflanzen zur Verfügung steht. Durch die
zum Wachsen benötigen. Die Zufuhr von Nährstoffen – als Futter-                                                                                                                                                                                                             Gründüngung ist das Feld einige Monate lang „besetzt“, bevor es wieder gut
oder Düngemittel – von außen ist nicht oder nur in kleinen Mengen                                                                                                                                                                                                           mit Nährstoffen versorgt ist und genutzt werden kann.
notwendig. Die vorhandenen Ressourcen werden also ideal und im                                             tierische
                                                                                                         Lebensmittel
Kreislauf immer und immer wieder genutzt.                                                                                                                          ©shutterstock/justone
Seite 12                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             Seite 13
Unter der Lupe: Land- und Forstwirtschaft von heute - Produktionsprozesse verstehen, Verbesserungspotenzial erkennen, Versorgungssicherheit ...
biolog. Fixierung in Leguminosen-Ernterü

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   Wirtschaftsdünger

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   Mineraldünger

                                    OFFENER KREISLAUF
                            auf reinem TIERHALTUNGSBETRIEB
                                                                                                                                                                                                                                                                                                            Phosphoreintrag
                                                                                                                                                                                                                                                                                                     Phosphoreintrag        gesamt pro Hektar und Jahr: 16,8 kg
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     in der Landwirtschaft

                                       BODEN                                                                                         Betriebe, die überwiegend Tierhaltung betreiben, stehen vor der umgekehrten
                                                                                                                                     Herausforderung: Zwar müssen tierhaltende Betriebe in Österreich selbst einen    Der (fossile) Phosphorvorrat schrumpft.
                                                                                                                                     Teil des Futters herstellen. Sie können aber die großen Mengen an Wirtschafts-   In nur vier Staaten der Welt befinden sich 85 %6 aller Phosphor-
                                                                                                                                     dünger, die durch die Ausscheidungen der vielen Nutztiere anfallen, nicht zur    gesteine, aus denen der weithin eingesetzte Phosphor-Mineral-
                                                                                                                                     Gänze auf den oft zu kleinen Futterflächen ausbringen. Andernfalls würde der     dünger gewonnen wird. Während diese fossilen Phosphorvorräte
                                                                                                                                     Boden überdüngt. Außerdem müssen sie fehlende Futtermittel von Betrieben         wissenschaftlichen Schätzungen zufolge in 50, spätestens aber in                               Phosphoreintrag gesamt pro Hektar und Jahr: 16,8 kg
 Rückführung von Nähr-
                                                                                                                                     aus der Umgebung oder aus Kostengründen von weither – anderen Ländern            300 Jahren zur Neige gehen7, steigt der Phosphorbedarf in vielen                                                                                         Saatgut
  stoffen über tierische
     Ausscheidungen                                                                                                                  oder gar anderen Kontinenten – zukaufen. Durch die Futtermittelimporte wer-      Entwicklungsländern8. In Gebieten ohne nennenswerte Phosphor-                                Summe pro
   (Wirtschaftsdünger)                                                                   PFLANZEN
                                                                                                                                     den die Ressourcen in den exportierenden Staaten genutzt – und teils stark       vorräte wie etwa in Europa oder Österreich ist die Versorgung mit                           Hektar & Jahr:
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               Wirtschaftsdünger
                                                                                                                                     übernutzt.                                                                       dem herkömmlichen Phosphor-Mineraldünger daher langfristig                                     16,8 kg

                                                                                                      ttel
                                                                                                                                                                                                                      kritisch. Doch auch die aktuelle Versorgungslage von Phosphor

                                                                                                      rmi
                                                                                                                                     Im Sinne der Nachhaltigkeit wird zunehmend klar, dass man nicht unendlich        im Boden bereitet bereits Sorgen: Im Marchfeld, einem der wich-                                                                                          Mineraldünger

                                                                                               tte
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     Saatgut

                                                                                        Fu
                                                                                  ge
                                                                                     n                                               lange so weiterwirtschaften kann. Die Gründe dafür sind ganz verschieden –       tigsten Getreide- und Gemüseanbaugebiete Österreichs, nehmen

                                                                                   e
                                                                             ei
                                                  m i n d.
                                                               50%                                                                   und werden nun für die beiden am meisten gedüngten Nährstoffe und den Zu-        die Phosphorgehalte in den Böden merkbar ab9. Auch diese Böden
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     Wirtschaftsdünger
                                      TIERE                                                                                          kauf von Futtermitteln beleuchtet. Egal ob Nährstoffvorräte, eine gesunde Um-    müssen wieder gut genährt werden, um uns Menschen langfris-
                                                  l
                                                      itt e                                                                          welt oder der „Import“ von Ressourcen – eines ist ihnen allen gemein: Das, was   tig ernähren zu können. Größtenteils setzt man dazu, vor allem
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     Mineraldünger
            Überschuss an                                                                                                            schon vorhanden ist, muss besser und effizienter genutzt werden.                 wenn auch Tierhaltung betrieben wird, auf phosphorreichen Wirt-
                                                              rm
                                                                   tte
              tierischen
                                                                         u
                                                                                                                                                                                                                      schaftsdünger. Mineraldünger spielen aber auch hierzulande eine
                                                                    F
                                                                         ft e

           Ausscheidungen
                                                                                                                                                                                                                      bedeutende Rolle (siehe Grafik).                                                                                                     Quelle: Umweltbundesamt, 2019
                                                                             t e i l s z u g e ka u

                                     tierische                                                                                                                                                                        6
                                                                                                                                                                                                                       Quelle: RISE Foundation (2016) // 7Quelle: BMEL (2019) / Ulrich (2013) so-
                                   Lebensmittel                                                                                                                                                                       wie BLE (2021) // 8Quelle: Heckenmüller et al. (2014) nach IFAdata (2013) //
                                                                                                             ©shutterstock/justone                                                                                    9
                                                                                                                                                                                                                       Quelle: AGES (2019, Live-Vortrag)
                                                                                                                                                                                                                                                                                                      Mineraldünger helfen dabei, die Erträge und somit die Versorgungssicher-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                      heit zu erhöhen. Doch nicht nur die Verfügbarkeit und Verfügbarmachung
                                                                                                                                     Als Faustregel gilt: Den Böden sollen nur so viele Nährstoffe zugeführt wer-                                                                                     stellen uns vor Herausforderungen: Werden laufend (zu) große Mengen an
                                                                                                                                     den, wie für das Pflanzenwachstum nötig sind. Werden die Böden überdüngt,                                                                                        Düngemitteln zugeführt und auf den Böden regelrechter Raubbau betrie-
                                                                                                                                     kann die Umwelt Schaden nehmen. Einerseits leidet dann die natürliche                                                                                            ben, leiden langfristig Produktivität und Fruchtbarkeit der Böden – etwa
                                                                                                                                     Vielfalt auf den Flächen, da sich die Lebensbedingungen stark verändern.                                                                                         aufgrund von verstärkter Versalzung. Sie können dann häufig nur mit gro-
                                                                                                                                     Andererseits können überschüssige Nährstoffe in das Grund- oder Fließwas-                                                                                        ßem Aufwand wiederhergestellt werden. Um dem vorzubeugen, wird in
                                                                                                                                     ser gelangen. Auch das kann zu einem ökologischen Ungleichgewicht oder                                                                                           Österreich auf Anleitungen zur sachgerechten Düngung und auf die Bera-
                                                                                                                                     gar zu Gesundheitsschäden bei Tier und Mensch führen.                                                                                                            tung und Weiterbildung der Landwirte und Landwirtinnen gesetzt.

Seite 14                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 Seite 15
Unter der Lupe: Land- und Forstwirtschaft von heute - Produktionsprozesse verstehen, Verbesserungspotenzial erkennen, Versorgungssicherheit ...
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                                                                                                                               Stickstoffeintrag
                                                                                                                      Stickstoffeintrag          gesamt pro Hektar und Jahr: 133 kg
                                                                                                                                        in der Landwirtschaft

Die Stickstoffgewinnung braucht große Mengen an Energie.
Ganz anders stellt sich die Situation rund um den Stickstoff dar: Wir sehen ihn                                                                                                         Die Eiweißlücke wächst.
zwar nicht, aber er ist (fast) überall. Alleine unsere Umgebungsluft besteht zu                                                                                                         Viele Tierhaltungsbetriebe produzieren einen Teil der Futtermittel nicht selbst
78 % aus diesem Element10. Und doch stellt auch das Stickstoff-Management                                                                                                           Saatgut
                                                                                                                                                                                        am eigenen Betrieb, sondern kaufen sie zu. Damit können sie sich besser auf die
die Landwirtschaft vor Herausforderungen. In gewissen Regionen, wo sich viele                                                                                                           Veredelung spezialisieren – also die Umwandlung von pflanzlichen Stoffen in
Betriebe auf Tierhaltung spezialisiert haben und große Mengen an stickstoffrei-                                                                                                         tierische Lebensmittel. Besonders gefragt sind dabei proteinreiche Futtermittel.
chem Wirtschaftsdünger anfallen, belasten Stickstoffüberschüsse das Trinkwas-                                                                                                       aus der
                                                                                                                                                                                        DieseLuft
                                                                                                                                                                                               können im tierischen Organismus rasch in Muskelfleisch oder Milch um-
ser und die Luft (Ammoniakemissionen). In anderen Regionen, wo der Ackerbau                                                                      Summe pro                              gewandelt werden – und bringen damit nicht nur hohe Erträge, sondern auch
dominiert, kann zwar über die Fruchtfolge Stickstoff eingebracht werden – aber                                                                                                          Eigenschaften, die die Konsumentinnen und Konsumenten besonders schätzen.
nur teilweise. Auch in Österreich wird daher rund ein Drittel des Stickstoffbe-                                                                 Hektar & Jahr:                      biolog. Fixierung in Leguminosen-Ernterückständen
                                                                                                                                                                                        In der Europäischen Union werden jährlich 27 Millionen Tonnen Pflan-zeneiweiß
darfs über Mineraldünger gedeckt (siehe Grafik). Hier ist nicht die langfristige                                                                      133 kg                            nachgefragt – 93 % davon alleine für den Futtermittelmarkt14 (Achtung: Ohne
Verfügbarkeit die wesentliche Herausforderung, sondern die Verfügbarma-                                                                                                                 Grünland-Eiweiß). Zwar werden auch in der Europäischen Union sogenannte
                                                                                                                                                                                    Wirtschaftsdünger
chung des Stickstoffs. Denn aus Luftstickstoff muss erst    eine pflanzenverfügba-
                                                        Stickstoffeintrag gesamt pro Hektar und Jahr: 133 kg                                                                            Eiweißpflanzen angebaut und produziert – also Pflanzen, deren Früchte beson-
re Stickstoffverbindung wie Ammoniak gewonnen und als Mineraldünger be-                                                                                                                 ders hohe Eiweißgehalte aufweisen. Doch der Großteil der Eiweißfuttermittel
reitgestellt werden. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts kam zwar der Durchbruch                                                                                                             wird importiert. Soja ist EU-weit eine besonders wichtige Energie- und Eiweiß-
                                                                                                                                                                                    Mineraldünger
für die synthetische Herstellung großer Mengen an Stickstoffdüngemitteln, als                                                                                                           quelle. Grund dafür ist der mit 40 %15 ausgesprochen hohe Eiweißgehalt. Die
das Haber-Bosch-Verfahren entwickelt wurde. Doch für dieses Verfahren müs-                               Saatgut                                                                        heimische Produktion von Sojafuttermitteln kann aber mit der Nachfrage bei
sen große Mengen an Energie eingesetzt werden, um den für die Umwandlung                                                                                                                Weitem nicht mithalten. Man spricht daher von einer Eiweißlücke – sowohl in
nötigen Druck und die nötigen hohen Temperaturen zu erreichen. Dieser Pro-                               aus der Luft                                                                   der EU als auch in Österreich. Die Europäische Union ist mit 13 Millionen Tonnen
zess ist weltweit sogar einer der größten industriellen Energieverbraucher – mit                                                                                                        Roheiweiß aus Soja (das entspricht rund 30 Millionen Tonnen Sojabohnen) mitt-
1-3 % des weltweiten Energiebedarfs11. Und das ist noch nicht alles: Die Gewin-                          biolog. Fixierung in Leguminosen-Ernterückständen                              lerweile die weltweit zweitgrößte Importeurin von Sojafuttermitteln – direkt
nung von 1 Tonne Ammoniak setzt 2 Tonnen Kohlenstoffdioxid (CO )12 frei – ein                                                                                                           nach China16.
                                                                          2
Treibhausgas, das wesentlich zum Klimawandel beiträgt. Werden weltweit pro                               Wirtschaftsdünger
Jahr weiterhin 150 Mio. Tonnen Ammoniak13 über das Haber-Bosch-Verfahren                                                                                                                 Quelle: Europäische Kommission (2018) // 15Quelle: FAO (1992) nach Cheftel et al. (1985)
                                                                                                                                                                                        14

gewonnen, werden so pro Jahr auch weiterhin 300 Mio. Tonnen CO freigesetzt.                              Mineraldünger                                                                  // 16 Martin Schlatzer und Thomas Lindenthal/FiBL (2019) nach Netherlands Environ-
                                                                            2
                                                                                                                                                        Im Vergleich:                   mental Assessment Agency, (2011) und Kolar (2011)// nach Kolar: sowie Europäische Kom-
 Quelle: Europäische Kommission (2013) // 11,12Quelle: Deutscher Bundestag (2018) nach
10
                                                                                                    Quelle: Umweltbundesamt, 2019                 300 Mio. t CO entspre-                mission (2018)
Kugler et al. (2015) // 13Quelle: Smith et al. (2020)                                                                                                           2
                                                                                                                                                   chen dem jährlichen
                                                                                                                                                  CO -Ausstoß von rund
                                                                                                                                                     2
                                                                                                                                                       200 Millionen
                                                                                                                                  Phosphoreintrag gesamt     pro Hektar und Jahr: 16,8 kg
                                                                                                                                                    durchschnittlichen
                                                                                                                                                         Neuwägen.

Seite 16                                                                                                                                                                                                                                                                            Seite 17
                                                            Phosphoreintrag gesamt pro Hektar und Jahr: 16,8 kg
Unter der Lupe: Land- und Forstwirtschaft von heute - Produktionsprozesse verstehen, Verbesserungspotenzial erkennen, Versorgungssicherheit ...
Mittlere Betriebe
                                                                                                                       Niederlande                                 Griechenland
                                                                                                                                                                                                  ( >20 und 20 und
© pexels/cottonbro
Die Forstwirtschaft                                                                                                                                                                                               So läuft es rund: Das Verbesserungspotenzial
                                                                                                     In der Industrie ist die Fichte aufgrund der
Auch in der Forstwirtschaft kann man an den Produktionsprozessen weiter-                             vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten im-                                                                     mit intelligenter Kreislaufwirtschaft nutzen
feilen. Hier sind es aber nicht wie in der Landwirtschaft die Betriebskreisläufe,                    mer noch sehr beliebt. Und da die Verarbei-
die es zu schließen gilt. Hier sind es größere natürliche Kreisläufe – etwa der                      tungstechnologie lange auf diese Baumart
Kohlenstoffkreislauf –, die mit Hilfe der Forstwirtschaft genutzt und optimiert                      ausgerichtet wurde, kann nicht von heute                                                                 Kreisläufe möglichst schließen und Reststoffe statt „neuer“ Rohstoffe nutzen: Mit dem Prinzip der Kreislauf-
werden können. Denn auch dank der forstlichen Biomasse können fossile, nicht-                        auf morgen umgerüstet werden.                                                                            wirtschaft sollen Ressourcen länger im System bleiben und dank unterschiedlicher Anwendungsmöglichkei-
nachwachsende durch erneuerbare, nachwachsende Rohstoffe ersetzt werden.                                                                                                                                      ten langfristig und vor allem dort genutzt werden, wo sie gerade benötigt werden. Auch nicht-nachwach-
Die Nutzungsmöglichkeiten der vielfältigen Ressource Holz können in diesem                                                                                                                                    sende Materialien sollen durch nachwachsende (Roh- und Rest-)Stoffe ersetzt werden. Für viele mag das wie
Sinne aber noch ausgebaut, Ressourcen noch umfassender genutzt oder auch                                                                                                                                      die Rückkehr zu einer Land- und Forstwirtschaft, wie sie vor Jahrhunderten praktiziert wurde, klingen. Doch
bislang weniger beliebte Ressourcen besser verwertet werden. Ressourcen wie                                                                                                                                   Kreislaufwirtschaft ist keine Rückkehr zu einer Landbewirtschaftung wie vor Zeiten der Industrialisierung
etwa das Laubholz oder auch das Schadholz, das vor allem in den Nadelwäldern                                                                                                                                  oder Mechanisierung. Kreislaufwirtschaft ist zwar ein Ansatz, bei dem Kreisläufe geschlossen werden. Dies
in immer größeren Mengen anfällt.                                                                                                                                                                             geschieht aber unter Einsatz technologischer Innovationen, die es ermöglichen, nachhaltig zu intensivieren
Lange Zeit hat man in Europa und in Österreich auf Nadelgehölze gesetzt – al-                                                                                                                                 und die Ressourceneffizienz zu erhöhen. Oder anders ausgedrückt: Innovationen, die es ermöglichen, weniger
len voran auf die Fichte. Dank eines relativ schnellen Wachstums, einer hohen                                                                                                                                 Ressourcen und Arbeitskraft einzusetzen, damit aber gleich viel oder sogar mehr Ertrag zur Versorgung von
Nachfrage und dementsprechend stabilen Verkaufspreisen war diese Baumart                                                                                                                                      uns Menschen zu erwirtschaften. Um welche Innovationen handelt es sich hierbei beispielsweise?
besonders beliebt. Ganz besonders unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg
und der auftretenden „Holznot“. Heute kultiviert man zwar wieder vermehrt                                                                                                                                          Chemische, biologische oder physikalische Prozesse wandeln Rohstoffe in teils einfacheren, teils komple-
(Laub-)Mischwälder und kann nur noch im Berggebiet weiterhin auf die Fichte                                                                                                                                        xen Verfahren zu Alternativen für nicht-nachwachsende Stoffe um – oder machen aus Reststoffe wieder
als wichtigste Wirtschaftsbaumart setzen. Lange Zeit wurde sie jedoch auch in                                                                                                                                      neue Wertstoffe. Je nachdem, welche Eigenschaften die Reststoffe nach ihrer jeweils vorangegangenen
Regionen, wo sie bislang nicht in natürlicher Form gewachsen ist, gepflanzt. Das                                                                                                                                   Nutzung noch haben, werden diese in immer anderen Formen wieder und wieder dem Kreislauf zuge-
Problem: Mit der zunehmenden Klimaerwärmung konnten sich ihre wichtigs-                                     Die österreichischen Bundesforste, die die                                                             führt.
ten Schädlinge, die Borkenkäfer, massiv vermehren. Diese finden nun viele, nicht                             Wälder des österreichischen Staats bzw.                                                               Im Sinne von Smart oder Precision Farming und Digitalisierung wird von bestens ausgebildeten Land-
an den Standort angepasste und somit von Trockenheit und Hitze geschwächte                                  jeden zehnten Quadratmeter des Landes                                                                  und Forstwirtinnen und -wirten mittels Sensoren und anderer digitaler Tools genauestens erhoben,
Bäume vor, unter deren Rinde sie sich ungehindert ernähren und vermehren                                      bewirtschaften, meldeten für das Jahr                                                                wo tatsächlich Handlungsbedarf für land- und forstwirtschaftliche Einsätze besteht. Krankheiten oder
können. Die Bäume sterben in der Folge ab oder werden zunehmend anfälliger                                    2020 sogar einen Schadholzanteil von                                                                 Mangelerscheinungen werden ganz gezielt und frühzeitig entdeckt – noch bevor große oder weitflächi-
für verschiedene Naturereignisse. Die mit dem Klimawandel einhergehenden                                                    über 80 %!                                              80                             ge Eingriffe notwendig sind. So können Arbeitskraft, Nährstoffe, Wasser, Medikamente und Co treffsiche-
Extremwetterereignisse tun dann ihr Übriges: Im Jahr 2019 waren österreich-
                                                                                                                                                                                    70                             rer und folglich sparsamer eingesetzt werden.
weit fast zwei Drittel26 des geernteten Holzes Schadholz. Also Holz, das nicht
mehr den vollen Wert und alle wünschenswerten Eigenschaften aufweist. Der                                                                                                           60                             Die aktuelle Züchtung vermag es, Pflanzen und Tiere zu züchten, die etwa spezielle, für eine mehrfa-
Holzmarkt leidet aufgrund der großen Mengen an Schadholz zusehends. Der
                                                                                                               Schadholzanteil in Österreich in %                                                                  che Nutzung besonders geeignete Eigenschaften aufweisen, wenig krankheitsanfällig oder besonders
                                                                                                                                                                                    50                             standortangepasst sind. So können die gewonnenen tierischen und pflanzlichen Produkte nicht nur
Grund: Meist fallen große Mengen an Schadholz gleichzeitig an, die auf die
Schnelle nicht in vollem Umfang abgenommen werden können. Für viele An-                                                                                                             40                             umfassender eingesetzt werden. Die Tiere und Pflanzen können auch umweltschonender gehalten bzw.
wendungsgebiete – etwa den Möbelbau – ist es nicht zuletzt aufgrund der in                                                                                                                                         kultiviert werden, da sie besonders robust sind und folglich weniger Bewirtschaftungseingriffe notwen-
                                                                                                                                                                                    30
Folge verzögerten Verarbeitung außerdem qualitativ nur noch eingeschränkt                                                                                                                                          dig werden.
geeignet. Große Mengen der Ressource fallen also zwingend und ungewollt an.                                                                                                         20
Diese bleiben entweder ungenutzt oder müssen weit unter ihrem eigentlichen                                                                                                          10                        Kreislaufwirtschaft ist also das Beste aus allen Zeiten: Geschlossene Kreisläufe wie gestern dank des techno-
Wert und Potenzial als Reststoff verwertet werden.                                                                                                                                                            logischen Fortschritts von heute für eine leistungsstarke Land- und Forstwirtschaft von morgen.
                                                1 ha Körnermais mit 18,4 t Trockenmasse kann den               2010   2011  2012   2013   2014   2015   2016   2017   2018   2019   0
                                                Jahresbedarf eines Haushaltes für Energie, Wärme,
 Quelle: BMLRT (2020)
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                                                Strom und Mobilität vollständig decken:        Quelle: BMLRT (diverse Jahre)
Seite 20                                                                                                                                                                                                                                                                                                            Seite 21
                                                 liefert den Kühen als Kraftfutter Energie für die
                                                Milchproduktion 3,6 Millionen kcal (Bedarf eines
                                                Haushalts: 2 Millionen kcal) (und die Kühe liefern
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                                                                                                                                                                                                                                                                                   © pexels/markus_spiske
                                                                                                 Aber wie genau funktioniert die Kreislaufwirtschaft in der
                                                                                                 Landwirtschaft?
                                                                                                                                                                                     Ein Beispiel aus der Praxis: Rapsöl ist ein Öl, das dank seines hohen Ge-
                                                                                                 Die Hauptprodukte aus der landwirtschaftlichen Erzeugung – ob Milch, Fleisch        halts an Omega-3-Fettsäuren als besonders gesund gilt. Bei seiner Pro-
                                                                                                 oder pflanzliche Lebensmittel – dienen der menschlichen Ernährung. Die Rest-        duktion fallen pro Liter 2 kg Rapsextraktionsschrot an. Für uns Menschen
                                                                                                 stoffe aus dem Pflanzenbau hingegen werden zur Bodenverbesserung, als Fut-          ist es zwar nicht essbar, doch für die Tiere ist es heutzutage nach Soja
                                                                                                 termittel sowie zur Erzeugung von Bio-Kunststoffen oder Energie und Kraft-          das zweitwichtigste Eiweißfuttermittel weltweit.
                                                                                                 stoffen in Biogas- oder -dieselanlagen eingesetzt. Ganz egal, ob sie aus dem
                                                                                                 Gartenbau, der Ackerbewirtschaftung oder der Nahrungsmittelindustrie stam-          (Quelle: Windisch – eigene Berechnung)
                                                                                                 men. Die Reststoffe und Rückstände aus der Tierhaltung werden wiederum als
                                                                                                 Wirtschaftsdünger verwendet, um den Boden zu düngen und so die nächsten
                                                                                                 Pflanzen ernähren zu können. Damit die Reststoffe in der Tier- und Pflanzener-
                                                                                                 nährung überhaupt eingesetzt werden können, müssen sie nicht nur gesund-
                                                                                                 heitlich absolut unschädlich sein, sie müssen auch weiter aufbereitet werden.
                                                                                                 Dazu werden teils einfache, teils hochkomplexe Recyclingverfahren und Um-
                                                                                                 welttechnologien – oftmals basierend auf innovativer Sensorik und Robotik          Und wie genau funktioniert die Kreislaufwirtschaft in der
                                                                                                 – eingesetzt. Nur so kann das Maximum an Nährstoffen aus den Reststoffen           Forstwirtschaft?
                                                                                                 rausgeholt werden. Und Ressourceneffizienz einerseits und ein höherer Selbst-
                                                                                                 versorgungsgrad andererseits unter einen Hut gebracht werden.                      In der Forstwirtschaft steht im Sinne der Kreislaufwirtschaft die umfassende
                                In der Landwirtschaft werden – wie oben beschrieben – große                                                                                         und innovative Verwendung der Ressource Holz im Fokus. Bevor Holz am Ende
                                Mengen an Biomasse erzeugt. Ein Fünftel davon sind pflanz-       Da die landwirtschaftlichen Betriebe laufend gewachsen sind und zunehmend          seines Lebenszyklus verbrannt und zur Wärme- oder Energieerzeugung („ener-
                                liche Lebensmittel, der Rest sind Koppel- und Nebenprodukte,     mehr Menschen ernähren, verlassen große Mengen an Lebensmittel den Hof.            getisch“) verwendet wird, soll es stofflich – etwa als Bau- und Möbelholz, in der
                                entfällt auf die Fruchtfolge oder das Grünland. Diese Biomasse   Und damit gehen dauerhaft mehr und mehr Nährstoffe für den Betriebskreis-          Papier- oder Faserproduktion – und kaskadisch, also mehrfach, genutzt werden.
                                muss im Sinne der Ressourceneffizienz weiterverarbeitet oder     lauf verloren. Vor allem Phosphor, der immer knapper wird, landet nach dem         Dank moderner Recyclingprozesse ändert das Holz dabei immer wieder seine
                                veredelt werden.                                                 Verzehr der Lebensmittel und der menschlichen Ausscheidung ungenutzt in der        Form. So ersetzt es – von vielen Menschen unerkannt – Stoffe und Materialien
                                                                                                 Kläranlage. Die Kreislaufwirtschaft denkt Kreisläufe über den betrieblichen Tel-   aus nicht-nachwachsenden Quellen. Auch in Anwendungsgebieten des tägli-
                                (Quelle: Windisch – eigene Berechnung)                           lerrand hinaus: Dank einer hygienischen Aufbereitung des Klärschlamms – ob         chen Bedarfs. Ob Baustoff, Kunststoff, Brenn- und Treibstoff oder Strom: Vieles
                                                                                                 in Hinblick auf Schwermetalle, Rückstände aus Medikamenten und Co – kann           ist dank modernster Technologien bereits möglich – und fällt hierbei unter den
                                                                                                 Phosphor wiedergewonnen und der Landwirtschaft zur Düngung bereitgestellt          Begriff „Bioökonomie“.
                                                                                                 werden. Damit kann auch dieser Kreislauf – und somit die Nährstofflücke – ge-
                                                                                                 schlossen werden. Schätzungen gehen davon aus, dass alleine die Aufbereitung       Der Begriff „Bioökonomie“ beschreibt ein Wirtschaftssystem unter dem Mot-
                                                                                                 unserer Abwässer und des Klärschlamms – vor allem in Ballungsräumen mit            to „Raus aus Erdöl“, in dem nachwachsende Rohstoffe nicht-nachwachsende
                                                                                                 hohen Nährstoffkonzentrationen – einen wesentlichen Teil27 des österreichweit      Substanzen ersetzen. Basierend auf innovativem Wissen und unter Nutzung
                                                                                                 eingesetzten Phosphor-Mineraldüngers ersetzen können. Abwässer und Klär-           von Biomasse in unterschiedlichsten Formen arbeiten alle Sektoren daran, Pro-
                                                                                                 schlamm, die bislang meist als klassischer „Abfall“ nicht mehr genutzt wurden      dukte, Verfahren und Dienstleistungen im Rahmen eines zukunftsfähigen Wirt-
                                                                                                 und dank innovativer Forschung und Entwicklung wieder zu unbedenklichen,           schaftssystems bereitzustellen.
                                                                                                 wertvollen Stoffen werden können.

                                                                                                  Quelle: Egle (2019)
                                                                                                 27
                     Seite 22                                                                                                                                                                                                                                           Seite 23
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Wie oben dargestellt liefert die Land- und Forstwirtschaft nicht nur Nahrungsmittel oder Heiz- und Baumaterial. Der Sektor liefert auch die nötigen Rohstoffe für     Auch in der österreichischen Land- und Forstwirt-
die Umsetzung der Bioökonomie und nimmt etwaige anfallende Rest- und Abfallstoffe wieder in seine natürlichen Kreisläufe auf. Damit stellen Land- und Forst-          schaft wird der Ansatz der Kreislaufwirtschaft be-
wirtschaft eine Grundlage für die nachhaltigere Gestaltung unseres Wirtschaftssystems dar. Folgende Beispiele sollen dies verdeutlichen:                              reits ganz gezielt gefördert. Das Österreichische
                                                                                                                                                                      Programm zur Förderung einer umweltgerech-
                                                                                                                                                                      ten, extensiven und den natürlichen Lebensraum
                                                                                                                                                                      schützenden Landwirtschaft (ÖPUL28) etwa setzt
                                                                                                                                                                      auf eine nachhaltige Nutzung der landwirtschaft-
                              Landwirtschaft                                                                      Forstwirtschaft                                     lichen Flächen. Durch die Förderung einer mög-
            1 ha Körnermais mit 18,4 t Trockenmasse kann den Jahresbedarf                                                                                             lichst langen Begrünung von Ackerflächen durch
                                                                                                                           100 Magazine                               den Anbau von Zwischenfrüchten oder Feldfutter
            eines Haushaltes für Energie, Wärme, Strom und Mobilität vollstän-
                                                                                                                           30 Versandkartons                          wird damit etwa die Gründüngung unterstützt.
            dig decken. Denn er liefert...
                                                                                                                           100 Bücher                                 Durch die Reduktion und den Verzicht auf che-
                                                                                                                           100 Lebensmittelverpackungen               misch-synthetische Düngemittel werden Betriebe
            ...den Kühen als Kraftfutter Energie für die Produktion von Milch im                                           4 Sport-T-Shirts                           darüber hinaus unterstützt, organisch zu düngen
            Ausmaß von 3,6 Millionen kcal (Bedarf eines Haushalts: 2 Millionen                                                                                        und auf Kreislaufwirtschaft umzustellen. Damit
                                                                                            100 kg Holz                    Essig für 10 Gläser Essiggurken
            kcal) (und die Kühe liefern wiederum den Dünger für den Körner-                                                                                           soll die Kreislaufwirtschaft in der österreichischen
                                                                                            bei mehrmaliger                150 Briefe
            mais).                                                                                                                                                    Landwirtschaft weiter gestärkt werden.
                                                                                     60cm   (kaskadischer)                 12 Obststeigen                             Zur Belebung der Bioökonomie in Österreich wur-
                                                                                            Nutzung im Kreis-
                                                                                                                           360 Milchkartons                           den mittlerweile zudem einige politische Doku-
            ...durch die Vergärung Alkohol (sogenannter „Bio-Ethanol“) bzw.                 lauf liefern Grund-
                                                                                                                           100 Stück Küchenrollen                     mente erarbeitet. Die Bioökonomie-Strategie29
            Treibstoff für 32.010 PKW-Kilometer (Bedarf eines Haushalts:                    materialien für:
                                                                                                                           300 Stück Tageszeitungen                   aus dem Jahr 2019 etwa zeigt konkrete Hand-
            20.000 PKW-Kilometer).
                                                                                                                           Vanillegeschmack für 5 kg Vanillekipferl   lungsfelder für den Ersatz nicht-nachwachsender
                                                                                                     60cm
                                                                                                                                                                      Stoffe und Materialien auf und stellt einen Akti-
            ...durch die Verbrennung in einer Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlage                                                 50 Stück Schulhefte
                                                                                                                                                                      onsplan bereit. Das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz
            12,3 MWh Strom und 24,6 MWh Wärme (Bedarf eines Haushalts:                                                     und ausreichend Energie (Strom und         (EAG) 30 soll demnächst beschlossen werden, um
            4,4 MWh für Strom und 24,6 MWh für Wärme).                                                                     Wärme) für mehr als 2 Wochen in einem
                                                                                                                                                                      die Stromerzeugung bis 2030 in der Bilanz auf er-
                                                                                                                           4-Personen-Haushalt
                                                                                                                                                                      neuerbare Beine zu stellen. Und die Österreichi-
            Quelle: Biomasseverband (2019)                                             Quelle: Austropapier (2021)                                                    sche Waldstrategie 2020+31 setzt wiederum auf
                                                                                                                                                                      Bioökonomie, um den Erfolg der Forstwirtschaft
                                                                                                                                                                      langfristig zu sichern.
                                                                                                                                 Alternativ kann das Holz auch
                                                                                                                                   für den Möbelbau genutzt           28
                                                                                                                                                                        ÖPUL // 29 Bioökonomie-Strategie //       30
                                                                                                                                                                                                                       EAG
                                                                                                                                  werden. Das im Holz gebun-          // Österreichische Waldstrategie
                                                                                                                                                                           31

                                                                                                                                 dene CO2 wird der Atmosphä-
                                                                                                                                  re dann langfristig entnom-
                                                                                                                                 men. Und das Möbel kann am
                                                                                                                                   Ende seines Lebens immer
                                                                                                                                 noch weiterverwertet werden.
Seite 24                                                                                                                                                                                                                     Seite 25
Verbindung von Nachhaltigkeit und Versorgungssicherheit in Land- und Forstwirtschaft:
Die Kreislaufwirtschaft macht‘s möglich!

                                                            Basierend auf der kaskadischen Nutzung                                                    Der Klimaschutz kann durch die Kreislaufwirt-
                                                            der land- sowie forstwirtschaftlichen Pro-                                                schaft ebenso gestärkt werden: Dank klimaneu-
                                                            dukte und Rohstoffe bleiben bereits ge-                                                   traler Ersatzstoffe werden Treibhausgase ver-
                                                            nutzte Ressourcen länger im System und                                                    mieden; durch die Verarbeitung in langlebigen
                                                            werden umfassender verwendet. Dank der                                                    Produkten werden sie dauerhaft gebunden. Da
                                                            vollständigen Verwertung von Reststoffen                                                  (fast) keine synthetischen Betriebsmittel wie Mi-                                               Zur Umsetzung der Kreislaufwirtschaft müssen
                                                            und der Vermeidung von Abfall sowie von                                                   neraldünger produziert werden müssen, werden                                                    viele innovative Geräte, Anwendungen oder Ge-
                                                            umweltschädlichen Schad- und Reststof-                                                    die Treibhausgasemissionen außerdem reduziert.                                                  samtkonzepte wie Precision Farming entwickelt
                                                            fen wird der Erhalt einer intakten Umwelt                                                                                                                                                 werden. Dabei entsehen vielfältige und vielzäh-
                                                            mit all ihren Ökosystemdienstleistungen                                                                                                                                                   lige neue Arbeitsplätze, die für wirtschaftlichen
                                                            sichergestellt.                                                                                                                                                                           Aufschwung sorgen – in Stadt und Land.

                                                                                                                                                                                                          Auch die Energie, die zur Herstellung von
                                                                                                                                                                                                          synthetischen Betriebsmitteln wie Mine-
                                                                                                                                                                                                          raldünger eingesetzt werden muss, kann
Dank innovativer, nachhaltig spezialisierter und intensi-                                                                                                                                                 künftig weitgehend eingespart werden.
vierter Land- und Forstwirtschaftsbetriebe, die ideal an
den Standort angepasst sind, wird die langfristige Ver-
sorgungssicherheit für eine wachsende Bevölkerung ge-
stärkt.
                                                                                                         Aufgrund des Ersatzes von Rohstoffen und
                                                                                                         Nährstoffen fossilen Ursprungs – etwa
                                                                                                         Erdöl oder Phosphorgestein – durch nach-
                                                                                                         wachsende Rohstoffe und recyclete Rest-
                                                                                                         stoffe sind wir langfristig nicht mehr von
                                                                                                         versiegenden Quellen abhängig.

                                                                                                                                                                                                                                                                                                    © pexels/ iconcom
Seite 26                                                                                                                                                                                                                                                                                        Seite 27
© HBLFA Raumberg-Gumpenstein
                                                                                                                                       „Mit dieser Methode konnte für die österreichischen Betriebe
                                                                                                                                       erstmals berechnet werden, wo die eigene Bewirtschaftung schon
                                                                                                                                       sehr umweltfreundlich ist – oder wo Verbesserungspotenzial be-
                                                                                                                                       steht. Und nur wer sein/ihr Verbesserungspotenzial kennt, kann                           Farmlife: Über die Ökobilanzen der landwirtschaftlichen Be-

                                                                                                                 © Christine
                                                                                                                                       es auch nutzen.“                                                                                triebe als Grundlage für nachhaltigeres Wirtschaften

                                                                                                                     © Andreas
                                                                                                                                       Markus Herndl

                                                                                                                             Wurnig
                                                                                                                                       Forscher im Bereich Ökoeffizienz landwirtschaftlicher Produk-                               Forschungsfrage: Wie kann festgestellt werden, wie effizient einzelne

                                                                                                                               Maier
                                                                                                                                       tionssysteme, Höhere Bundeslehr- und Forschungsanstalt Raum-
                                                                                                                                       berg-Gumpenstein
                                                                                                                                                                                                                                        Betriebe wirtschaften und wo Verbesserungspotenzial besteht?

    Ein Blick in die Forschung
                                                                                                                                                                                       Vom Input bis zum Output, von der Aussaat bis zum fertigen        einem Betrieb ausfiel, desto besser die betriebliche Ökobilanz.
                                                                                                                                                    Forschungseinrichtung:             Produkt: Es müssen zahlreiche Bearbeitungs- und Verarbei-
                                                                                                                                                    Höhere Bundeslehr- und             tungsschritte getan und Betriebsmittel eingesetzt werden, bis     Erstes Ergebnis der Studie: Die Umweltwirkungen der Betriebe
Kreislaufwirtschaft klingt nach einem guten Ansatz – doch wie machen wir die-                                                                          Forschungsanstalt               wir letztlich unser Essen in den Händen halten. Wie das funk-     unterscheiden sich in Österreich ganz wesentlich. Der Energie-
sen Ansatz praxistauglich? Einiges ist schon heute möglich – und einiges muss                                                                       Raumberg-Gumpenstein               tioniert, wissen die Landwirte und Landwirtinnen ganz genau –     bedarf pro Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche war beim
noch erforscht werden. Ganz am Anfang der Forschung steht: Untersuchen, was                                                                                                            darauf können wir uns guten Gewissens verlassen. Wie effizient    energieeffizientesten Betrieb etwa acht Mal höher als beim
mit der Biomasse passiert, bis sie auf unseren Teller oder in unsere Hände ge-                                                                                                         diese Bearbeitungs- und Verarbeitungsschritte aus ökologischer    energieineffizientesten Betrieb. Die Wirkung von Pestiziden
langt. Welche Umwandlungsprozesse müssen in der Land- und Forstwirtschaft                                                                             Forschungsrichtung:              Sicht ablaufen, ist am Einzelbetrieb häufig noch eine Blackbox.   und Schwermetallen auf den Boden unterschied sich zwischen
                                                                                                                                                      Agrarwissenschaften,
ganz generell in Gang gesetzt werden? Und wo könnte man dabei Energie oder                                                                              Veterinärmedizin
                                                                                                                                                                                       Also ein Bereich, über den wir am einzelnen Betrieb nicht all-    einzelnen Betrieben sogar um das 94-fache. Zweites Ergebnis:
Betriebsmittel sparen und nicht-nachwachsende Inputs durch nachhaltigere,                                                                                                              zu viel wissen. Wo fallen konkret wie viele Treibhausgase an?     Große Unterschiede zeigen für manche Betriebe großes Verbes-
erneuerbare Ressourcen ersetzen? Wie kann man die Reststoffe – gefahrlos – in                                                                                                          Wo geht in meiner eigentlichen Produktion welche Menge an         serungspotenzial. Basierend auf der Untersuchung, welche Be-
die Kreisläufe rückführen? Wo produzieren wir Abfall, der nicht weiterverwen-                                                                            Projektleiter:                Energie verloren? Oder wo stößt meine Bewirtschaftung welche      wirtschaftungsentscheidungen – von der Düngung bis hin zum
                                                                                                                                                                                       Stoffe in welchem Umfang aus, die umliegende Gewässer und         Maschineneinsatz – welche Umweltwirkung wie beeinflussen,
det werden kann? Und wo lassen wir Ressourcen gänzlich ungenutzt liegen?                                                                                 Markus Herndl
                                                                                                                                                                                       Böden schädigen?                                                  konnte auch Licht in unsere Blackbox gebracht werden. Damit
Fragen über Fragen, die die Agrar- und Forstwissenschaft tagtäglich für uns
                                                                                                                                                                                                                                                         kann festgestellt werden, welche Aktivitäten sich am eigenen
beantwortet. Wozu aktuell geforscht wird und wo kürzlich spannende Ergebnisse                                                                                  Status:
                                                                                                                                                                                       Das Projekt „Farmlife: Einzelbetriebliche Ökobilanzierung land- Betrieb besonders stark auf die Umwelt auswirken. Oder wo
gewonnen wurden, dürfen wir beispielhaft auf den folgenden Seiten präsentieren.                                                                       bereits abgeschlossen –
                                                                                                                                                             März 2016                 wirtschaftlicher Betriebe in Österreich“ versucht, diese Blackbox ganz konkrete Verbesserungsmaßnahmen gesetzt werden kön-
                                                                                                                                                                                       zu öffnen und die Umweltwirkungen der landwirtschaftlichen nen.
                                                                                                                                                                                       Produktion vom ersten Schritt bis zum letzten zu erfassen. Dazu
                                                                                                                                                       Forschungsgebiet:               wurde die Methode der „einzelbetrieblichen Ökobilanzierung“ Die Erkenntnisse dieses Projekts sind aber nicht nur für die 51
                                                                                                                                                           Österreich
                                                                                                                                                                                       aus der Schweiz übernommen, angepasst und auf 51 unter- Test-Betrieben ein Wegweiser zu mehr Nachhaltigkeit. Dank des
                                                                                                                                                                                       schiedlich wirtschaftenden Betrieben getestet. Für 30 biologisch Praxistests kann die Methode – etwa von Betriebsberaterinnen
                                                                                                                                                        Förderung durch:               und 21 konventionell bewirtschaftete Betriebe aus dem Acker- und -beratern – nun auf weiteren Betrieben angewandt werden.
                                                                                                                                                      Bundesminsterium für             bau, Weinbau, der Fleisch- und der Milchproduktion wurde mit Auch dort kann aufgezeigt werden, mit welchen Bewirtschaf-
                                                                                                                                                     Landwirtschaft, Regionen          folgenden Indikatoren dargestellt, wie umweltfreundlich ihre tungsanpassungen die Landwirtinnen und Landwirte einfach
                                                                                                                                                          und Tourismus                Lebensmittelproduktion ist: Bedarf an nicht erneuerbaren Ener- und wirtschaftlich vertretbar einen nächsten Schritt in Richtung
                                                                                                                                                                                       gieressourcen, Treibhauspotenzial, Stickstoff- und Phosphorein- Umweltverträglichkeit, Naturschutz und Ressourceneffizienz
                                                                                                                                                                                       trag in das Wasser, Phosphorverbrauch, Wirkung von Pestiziden gehen können.
                                                                                                                                                                                       und Schwermetallen auf den Boden, Abholzung und Flächen-
                                                                                                                                                                                       bedarf. Dabei gilt: Je geringer der Wert dieser Indikatoren auf Weitere Informationen zum Forschungsprojekt finden Sie hier.
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