Gewässer schützen - Wasserkraft nützen - Flüsse im Spannungsfeld der Interessen - Umweltdachverband
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Gewässer schützen – Wasserkraft nützen Flüsse im Spannungsfeld der Interessen MIT UNTERSTÜTZUNG VON BUND, LÄNDERN UND EUROPÄISCHER UNION
Diese Broschüre entstand im Rahmen des LE-Projekts »Gemeingut Wasser im Spannungsfeld der Interessen: Umsetzung des NGP: Wir informieren SIE – SIE bilden sich Ihre Meinung«. Ziel dieses Bildungsvorhabens ist es, mittels Information und Wissens- vermittlung sowie durch das Ermöglichen der Vernetzung und des Erfahrungsaustausches lokaler und internationaler AkteurInnen ein besseres Verständnis der EU-Wasserrahmenrichtlinie und der davon betroffenen Politikfelder zu schaffen und so einen Beitrag zur Erreichung der Ziele nach Wasserrahmenrichtlinie bzw. zur Umsetzung des Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplans zu leisten. Nähere Informationen zum Projekt auf www.umweltdachverband.at/themen/wasser/ gewaesser-im-spannungsfeld
GEWÄSSER SCHÜTZEN – WASSERKRAFT NÜTZEN Im Wasserschloss Europas 1 TERAWATTSTUNDE (1 TWh) = Bedingt durch die naturräumlichen Gegebenheiten unseres Landes – die Alpen werden zurecht als 1 Milliarde oder 10 9 Kilowattstunden »Wasserschloss Europas« bezeichnet –, ist die Nutzung (kWh) und entspricht der Energie aus Wasserkraft zentraler Bestandteil — der jährlichen Erzeugung des der österreichischen Energie- und Klimastrategie. Donau-Kraftwerks Freudenau oder Neben anderen Formen der erneuerbaren Energie wie — der Stromversorgung von über etwa aus Wind, Sonne, Erdwärme und Biomasse sowie 280.000 Haushalten. Maßnahmen zur Einsparung und effizienten Nutzung von Energie soll die Energiegewinnung aus Wasser- kraft e inen entscheidenden Beitrag zur Reduktion des Treibhausgasaustoßes durch die Verbrennung fossiler Energieträger liefern. Etwa 5.000 Wasserkraftanlagen decken derzeit mehr als die Hälfte des heimischen Strombedarfs, wobei rund 70 % des technisch-wirt schaftlichen Wasserkraft-Potenzials an Österreichs Fließgewässern bereits ausgebaut sind. Daraus folgt, dass rein technisch noch Spielraum besteht, unsere Flüsse zu weiterer Energiegewinnung zu nutzen. Der in der Energiestrategie Österreich angestrebte Ausbau von ca. 3,5 Terawattstunden bis 2015 steht je- doch – unter a nderem – in einem Spannungsverhältnis mit den von der Europäischen Union festgelegten Zielen des Gewässerschutzes (Wasserrahmenrichtlinie) sowie des Naturschutzes (Fauna-Flora-Habitat- und Vogelschutz-Richtlinie). Denn: Als bauliche Eingriffe in F lussökosysteme können Wasserkraftwerke den Wasserhaushalt nachhaltig beeinflussen, Lebensräume verändern und den Fortbestand bestimmter Tier- und Pflanzenarten beeinträchtigen. Nicht zuletzt prägen sie auch entscheidend das Landschaftsbild einer Re gion. Nach der EU-Wasserrahmenrichtlinie darf jedoch der ökologische Zustand eines Gewässers grundsätz- lich nicht verschlechtert werden. Im Gegenteil: Es gilt, bis spätestens 2027 für alle natürlichen Gewässer, den »guten ökologischen Z ustand« bzw. für alle erheblich veränderten und künstlichen Gewässer ein »gutes öko- logisches Potenzial« zu erreichen, um die Artenvielfalt zu erhalten, die Funktionsfähigkeit wertvoller Lebens- räume w iederherzustellen und die Wasserqualität – auch zum Wohl des Menschen – zu sichern.
VORWORT Inmitten dieses Spannungsfeldes zwischen Wasser- GEWÄSSERSCHUTZ UND NATUR- Naturschutz hat auf europäischer Ebene kraft und Energieversorgung einerseits sowie SCHUTZ — EU-WEIT UND NATIONAL den Schutz von Tier- und Pflanzenarten nachhaltigem Gewässerschutz und Naturschutz sowie von natürlichen Lebensräumen andererseits trägt Österreich in Zusammenhang mit Gewässerschutz bezeichnet die Gesamt- zum Ziel und leistet damit einen Beitrag dem Kampf gegen den Klimawandel eine große heit der Bestrebungen, die natürliche zum Erhalt der biologischen Vielfalt Verantwortung gegenüber der Umwelt und der Bevöl- Beschaffenheit unserer Gewässer (Biodiversität). Dabei bilden die Fauna- kerung. Doch damit nicht genug: Hinzu kommt die zu erhalten. Die Bestimmungen des Flora-Habitat-(FFH-) sowie die Vogel- immer dringlicher werdende Aufgabe, unsere Gewäs- Gewässerschutzes werden dabei inner- schutz-Richtlinie den rechtlichen Rahmen ser fit für die im Zuge des Klimawandels vermehrt halb Europas maßgeblich durch die seitens der EU. National obliegen EU-Wasserrahmenrichtlinie vorgegeben; Naturschutzaufgaben in Österreich den und in verstärktem Ausmaß auftretenden Hoch innerhalb Österreichs sind sie insbe einzelnen Bundesländern, d. h. jedes wasser-Ereignisse zu machen. Der Schlüssel zur Fin- sondere durch das Wasserrechtsgesetz Bundesland verfügt über sein eigenes dung einer Lösung, die alle Interessen an Österreichs (WRG 1959) geregelt. Naturschutzgesetz. Gewässern zufriedenstellt, ist ein möglichst hoher Die Gesetzgebung des WRG obliegt dem Wissensstand aller Beteiligten – von Kraftwerksbetrei- Bund (Bundesministerium für Land- Das österreichische Wasserrechtsgesetz benden über jeden und jede EnergieverbraucherIn bis und Forstwirtschaft, Umwelt und sowie die Naturschutzgesetze der hin zum/zur LandwirtIn, FischerIn oder Bürgermeis- Wasserwirtschaft). Mehr zur Umsetzung Bundesländer sind im Rechtsinforma terIn – über die Vor- und Nachteile der Wasserkraft des Gewässerschutzes in Österreich tionssystem des Bundeskanzleramts sowie ihre Auswirkungen auf Mensch und Umwelt. ab Seite 15. abrufbar: www.ris.bka.gv.at Diesem Bildungsauftrag hat sich auch das Projekt »Gemeingut Wasser im Spannungsfeld der Interessen« des Umweltdachverbandes in Kooperation mit dem Österreichischen Fischereiverband verschrieben. Als Teil dieses Projekts bringt die vorliegende Broschüre das umfangreiche Thema Wasserkraft mittels anschaulich und objektiv aufbereiteter Fakten und Daten einem breiten Leserkreis näher. Denn: Nur eine ausgewogene und breite Diskussionsbasis kann zukünftige Entscheidungsprozesse erleichtern, die Kommunikation auf Augenhöhe und die konstruktive Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Interessen- gruppen fördern und somit eine nachhaltige Energie versorgung bei gleichzeitigem Erhalt der letzten unberührten sowie der besonders wertvollen Fließge- wässerstrecken gewährleisten. Gestalten auch Sie die Zukunft unserer Gewässer mit! Alle Möglichkeiten, sich aktiv an der aktuellen Diskussion zu beteiligen, finden Sie im hinteren Teil dieser Broschüre! Wir wünschen eine spannende Lektüre!
Inhalt ÖSTERREICHS KRAFTWERKSLANDSCHAFT 7 Wie alles begann 7 Wasserkraftwerk ist nicht gleich Wasserkraftwerk 8 Wie funktioniert ein Wasserkraftwerk? 9 Der Beitrag der Wasserkraft zur Strom- und Energieerzeugung in Österreich 9 Wasserkraft: Vor- und Nachteile 12 Wasserkraftausbauziele in Österreich HERAUSFORDERUNGEN IM GEWÄSSERSCHUTZ 15 »Guter Zustand« für alle Gewässer – die Wasserrahmenrichtlinie 16 Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie in Österreich 18 Wie geht es Österreichs Gewässern? 19 Was ist bereits geschehen und was ist noch zu tun? GEWÄSSER SCHÜTZEN – WASSERKRAFT NÜTZEN: SIND KONFLIKTE VORPROGRAMMIERT? 21 Ein Kraftwerk zu bauen ist gar nicht so einfach … 22 Ausnahmen vom Verschlechterungsverbot 23 Mehrere Richtlinien – unterschiedliche Ziele WEGE ZU GEMEINSAMEN LÖSUNGEN 27 Präventive Konfliktvermeidung durch Einbeziehung der Öffentlichkeit 29 Außerstreitinstrumente: Umweltmediation und Flussdialoge 30 Vorausschauende Planung: Kriterienkataloge, Regionalprogramme & Co. 35 REDEN SIE ÜBER DIE ZUKUNFT UNSERER GEWÄSSER MIT!
ÖSTERREICHS KRAFTWERKSLANDSCHAFT 7 Österreichs Kraftwerkslandschaft Wie alles begann Wasserkraftwerk ist nicht Ende des 18. Jahrhunderts, in der Blütezeit der damals gleich Wasserkraftwerk noch leistungsschwachen Wasserkraftanlagen – Die Einteilung von Wasserkraftwerken kann die durchschnittliche Leistung betrug fünf bis sieben nach u nterschiedlichen Aspekten erfolgen: Pferdestärken, also drei bis fünf Kilowatt –, prägten nach der Maximalleistung der Wasserkraftanlage – Hunderttausende Wassermühlen die Gewässerläufe auch Engpassleistung genannt –, der Bauweise, Europas. Um 1830 wurden zum Beispiel alleine dem Speichervermögen, der Lage des Krafthauses, im Einzugsgebiet der Möll in Kärnten insgesamt der Fallhöhe oder der Betriebsweise. 750 Wassermühlen betrieben. Wasserräder mit einem In Abhängigkeit der Engpassleistung wird zwi- Durchmesser von bis zu mehreren Metern trieben schen Kleinwasserkraftwerken (bis zu 10 MW) und Mahl-, Säge-, Schleif-, Walk- und Hammermühlen Großwasserkraftwerken (über 10 MW) u nterschieden. an und nutzten die Kraft des fließenden W assers, um Die Aufteilung in Lauf-, Speicher- und Pumpspeicher- mechanische Arbeit zu verrichten. Im 19. Jahrhundert kraftwerke gibt Auskunft über die B auweise und lösten zahlreiche technische Entwicklungen – wie die das Speichervermögen der Anlage. Bei Laufkraft mit Kohle betriebenen Dampfmaschinen, aber auch werken unterscheidet man Flusskraftwerke und die Möglichkeit des Stromtransports – die Energie Ausleitungskraftwerke (siehe Abbildung auf Seite 8). erzeugung durch Wasserkraft für den E igenbedarf größtenteils ab und erleichterten die lokale Strom versorgung. Die erste moderne Wasserkraftanlage, die die Lage- und Bewegungsenergie des Wassers in elektri- sche Energie umwandelte, wurde Ende des 19. Jahr- hunderts in Nordengland in Betrieb genommen. Mit der Elektrifizierung zu Beginn des 20. Jahrhun- derts und der wachsenden Nachfrage nach Strom erlebte die Wasserkraft einen Aufschwung. Die Ent- LEISTUNG & ENERGIE Engpassleistung wicklung effizienterer und größerer Turbinen erhöhte schließlich die Leistung der Anlagen beträchtlich Die Einheit der Leistung ist das Watt (W). Unter Engpassleistung versteht man die (auf mehrere hundert Megawatt) und führte zum Die Leistung wird bei Kleinstwasserkraft- maximale Dauerleistung, die ein Wasser- weiteren Ausbau der Wasserkraft. anlagen üblicherweise in Kilowatt (kW), kraftwerk unter Normalbedingungen In Österreich bestehen derzeit etwa 2.900 Wasser- bei größeren Anlagen in Megawatt (MW) abgeben kann. Bei Speicher- und kraftwerke, die ins öffentliche Netz einspeisen. angegeben. Pumpspeicherkraftwerken z. B. ist sie Dazu kommen noch ca. 2.000 Kleinstanlagen, die für 1 kW = 1.000 W die höchste erreichbare Leistung bei den Eigenbedarf produzieren. 1 MW = 1 Million W maximaler Fallhöhe. Alle rund 160 Groß- Eine gebräuchliche Maßeinheit kraftwerke (> 10 MW Engpassleistung) für Energie ist die Wattstunde (Wh). Österreichs besitzen gemeinsam eine 1 Wh entspricht 3,6 kJ (Kilojoule). Engpassleistung von ca. 12.000 MW. 1 kWh (Kilowattstunde) = 1.000 Wh 1 GWh (Gigawattstunde) = 1 Milliarde Wh
8 GEWÄSSER SCHÜTZEN – WASSERKRAFT NÜTZEN Wie funktioniert ein bzw. klimatisch bedingt — schwankt. und wieder abgestellt werden und Wasserkraftwerk? Ein besonderer Typ des Laufkraftwerks werden daher vielfach zur Deckung des ist das Ausleitungskraftwerk. Dabei schwankenden Spitzenstrombedarfs Wasserkraftwerke nutzen die Energie wird das Wasser aus dem Fließgewässer eingesetzt. Speicherkraftwerke nutzen des Wassers, um elektrische Energie in einen künstlich angelegten Kanal oder den Höhenunterschied zwischen einem zu erzeugen. Dabei strömt Wasser einen Stollen abgeleitet und nach Durch- höher gelegenen Speichersee mit natür durch eine Kraftwerksturbine, die einen fluss durch die Turbinen wieder in das lichem Zulauf und dem tiefer liegenden Generator antreibt, welcher wiederum Gewässer eingeleitet. Dabei verbleibt im Krafthaus. Hierzu müssen Talsperren, die mechanische in elektrische Energie ursprünglichen Flussbett eine nicht Staumauern oder Staudämme errichtet umwandelt. Die Leistung, die dem genutzte Restwassermenge, die an die werden. Die bei dieser Betriebsweise Wasser dabei entnommen werden jeweiligen Anforderungen hinsichtlich unterhalb des Krafthauses verursachten kann, hängt im Wesentlichen von der Ökologie des Flusses abgestimmt künstlich erzeugten Schwankungen zwei Parametern ab: der Abflussmenge sein muss. der Wasserführung bezeichnet man als und der Fallhöhe des Wassers. Fast Im Gegensatz zu Ausleitungskraftwerken Schwall und Sunk. alle Wasserkraftwerke nutzen natürliche wird beim Laufkraftwerkstyp Fluss Beim Pumpspeicherkraftwerk wird das Höhenunterschiede zur Energie kraftwerk kein Wasser ausgeleitet; genutzte Wasser aus einem tiefer gelege- erzeugung. die Turbinen liegen direkt im genutzten nen (Zwischen-)Speicher unter Aufwen- Ein Laufkraftwerk ist ein Wasserkraft- Fließgewässer. dung von Energie wieder zurück in ein werk, das den Zufluss zeitgleich ab Bei einem Speicherkraftwerk kann der höher gelegenes Speicherbecken ge- arbeitet, ohne eine längere zeitliche nutzbare Zufluss über einen längeren pumpt und neuerlich zur Stromprodukti- Verlagerung des genutzten Wassers zu Zeitraum in ein Speicherbecken verlagert on verwendet. Diese Ausführung eines ermöglichen. Laufkraftwerke erzeugen werden. Die Energie steht somit dann zur Speicherkraftwerks verursacht aufgrund kontinuierlich Strom, auch wenn Verfügung, wenn sie im System dringend des Hin- und Herpumpens zwischen die p roduzierte Strommenge mit dem gebraucht wird. Speicherkraftwerke den Speicherbecken keine Schwall- und Wasserdurchfluss des Flusses — saisonal können schnell in Betrieb genommen Sunk-Ereignisse im Fließgewässer. Ausleitungskraftwerk Flusskraftwerk Speicherkraftwerk Pumpspeicherkraftwerk Beileitungen Oberbecken Wehr Speicherbecken Oberwasser- Staumauer Staubereich Druckrohrleitung kanal Druckrohrleitung Restwasser- strecke Krafthaus Krafthaus Krafthaus Krafthaus Unterwasser- kanal Unterwasserkanal Unterbecken
ÖSTERREICHS KRAFTWERKSLANDSCHAFT 9 Der Beitrag der Wasserkraft Wasserkraft: Vor- und Nachteile zur STROM- UND ENERGIEERZEUGUNG Dass die Nutzung der Wasserkraft eine weitgehend in Österreich CO2 -freie Energieerzeugung möglich macht, ist einer In Österreich spielt die Wasserkraft – bedingt durch die ihrer Vorteile. Dass Wasserkraftwerke Gewässerlebens- naturräumlichen Gegebenheiten des Landes (Stich- räume zum Teil negativ beeinflussen, zählt zu ihren wort »Wasserschloss Europas«) – seit jeher eine tragen- Schattenseiten. de Rolle und ist nach wie vor die wichtigste Säule der Stromerzeugung. Mit über 45.000 GWh machte 2013 die Energiewirtschaftliche Vorteile und Bedeutung jährliche Brutto-Stromproduktion 2/3 der nationalen der Wasserkraft Stromaufbringung aus. Im Vergleich dazu liegt der — Wasserkraft ist ein wichtiger erneuerbarer Anteil der Wasserkraft an der Stromproduktion welt- Energieträger, der wesentlich zur Erreichung der weit bei nur ca. 16 % und EU-weit bei 18,4 % . Für den von der EU vorgegebenen Ziele für erneuerbare Großteil der Stromproduktion sind Großkraftwerke Energien beiträgt. (> 10 MW) verantwortlich. — Strom aus Wasserkraft liefert einen Beitrag zum Betrachtet man den gesamten Brutto-Energie Klimaschutz, da die Stromerzeugung ohne direkte verbrauch Österreichs, stand Wasserkraft 2013 mit CO2 -Emission erfolgt. einem Anteil von 10,6 % hinter Öl, Gas und biogenen — Die heimische Wasserkraft stärkt die Unabhängig- Brenn- und Treibstoffen an vierter Stelle aller hier keit der österreichischen Stromversorgung, zulande g enutzten Energieträger. da die Energiequelle nachhaltig verfügbar und kostengünstig ist. Laufkraftwerke erzeugen rund um die Uhr Strom und decken dadurch die Grundversorgung mit elektrischer Energie. — Alpine Speicher- und Pumpspeicherkraftwerke liefern flexibel und leicht regelbar Strom, sobald er gebraucht wird. Dies ist gerade in Zeiten steigender Stromerzeugung aus Photovoltaik und Windkraft von großer Bedeutung, da diese Formen der erneuerbaren Energieerzeugung wetterbedingt starken Schwankungen unter liegen. — Wasserkraft stabilisiert das europäische Energie- netz durch Bereitstellung von Regelenergie. Kraftwerkstyp Anteil an Gesamtzahl Anteil an der (nach Leistung) an Kraftwerken Stromproduktion Großkraftwerke ( > 10 MW) 6% 88 % Kleinkraftwerke (1 — 10 MW) 10 % 8% Kleinstkraftwerke (
10 GEWÄSSER SCHÜTZEN – WASSERKRAFT NÜTZEN Wasserkraftwerke in Österreich Tschechien Engpassleistung (MW) Deutschland Slowakei Ungarn Schweiz Italien Slowenien Ca. 5.000 Wasserkraftwerke sind derzeit in Österreich für rund 2/3 der Stromproduktion verantwortlich. Quelle: Nach Habersack et al. 2012 N = 5.227 Kraftwerke Laufkraftwerke Speicherkraftwerke Pumpspeicherkraftwerke Fließgewässer k. A. k. A. k. A. und Grenzen 0 — 1 MW 0 — 1 MW 0 — 1 MW 1 — 5 MW 1 — 5 MW 1 — 5 MW 5 — 10 MW 5 — 10 MW 5 — 10 MW 10 — 100 MW 10 — 100 MW 10 — 100 MW 100 — 300 MW 100 — 300 MW 100 — 300 MW 0 20 40 80 120 Kilometer N > 300 MW > 300 MW > 300 MW
ÖSTERREICHS KRAFTWERKSLANDSCHAFT 11 Nachteile und ökologische Auswirkungen – Wehranlagen funktionieren als Geschiebe der Wasserkraft fallen, wodurch unterhalb eines Querbau- — Die Verfügbarkeit des Energieträgers Wasser werks ein Geschiebedefizit entsteht und unterliegt niederschlagsbedingten Schwankun- sich der Fluss kontinuierlich tiefer gräbt. Im gen. Tendenziell erzeugen Laufkraftwerke Staubereich lagern sich auch Feinsedimente aufgrund geringerer Abflüsse im Winter weniger (Schlamm) ab, die bei unkontrollierten Spei- Strom als im Sommer. cher- bzw. Stauraumspülungen zu kurzfristig — Bau und Betrieb von Wasserkraftanlagen können stark erhöhten Schwebstoffbelastungen mit erheblichen Auswirkungen für die betroffe- führen und u. a. den S auerstoffgehalt beein- nen sowie angrenzenden Flussabschnitte und trächtigen und vor a llem die Fauna eines die damit zusammenhängenden Feuchtgebiete Gewässers schädigen können. verbunden sein: – Starke Wasserführungsschwankungen infolge – Unterbrechungen des Fließgewässerkonti der bedarfsorientierten Stromerzeugung nuums durch Staumauern oder Wehranlagen durch Speicherkraftwerke haben eine Reihe beeinträchtigen die Durchgängigkeit von negativer ökologischer Auswirkungen: So Gewässern. Querbauwerke stellen v. a. werden z. B. beim raschen Anstieg des Wasser- ein Wanderhindernis für Fische und andere spiegels (Schwall) die Wasserorganismen Gewässerorganismen dar. Dies hat Aus abgeschwemmt; der plötzliche Rückgang wirkungen auf den Fischbestand und des Wasserspiegels (Sunk) bringt vor allem in Folge auch auf den Gewässerzustand. für Jungfischstadien ein Problem, die oft – Der Aufstau von Fließgewässern verändert nicht mehr rechtzeitig abwandern können den Gewässertyp in Richtung stehendes und in den Uferbereichen stranden. Gewässer. Mit der Verringerung der Fließ – Wasserentnahmen – v. a. für Ausleitungskraft- geschwindigkeit können u. a. auch Wasser werke oder Beileitungen in Speicherseen – temperatur und Sauerstoffverhältnisse verändern die gewässertypischen Bedingun- des Gewässers beeinflusst werden. gen hinsichtlich Abflussmenge und -dynamik des Fließgewässers.
12 GEWÄSSER SCHÜTZEN – WASSERKRAFT NÜTZEN Durch gesetzliche Anforderungen an Projektunter Wasserkraftausbauziele in Österreich lagen und durch die Vorschreibung von Auflagen Vom insgesamt in Österreich theoretisch verfügbaren ist bei der Bewilligung von Wasserkraftwerken u. a. (technisch-wirtschaftlich realisierbaren) Wasser- darauf zu achten, dass es zu keiner wesentlichen kraft-Potenzial von 56 Terawattstunden (TWh) sind Beeinträchtigung des ökologischen Zustands kommt. zirka 70 % bereits ausgebaut. Bedingt durch die Zum Beispiel muss bei Wasserausleitungen der öko Liberalisierung des Strommarktes und die Notwendig- logische Mindestabfluss garantiert werden. Zudem keit zur Integration neuer Formen erneuerbarer ist der Einbau von Fischaufstiegshilfen zur Sicher Energie (Wind, Photovoltaik) wurde in den ver stellung der Durchgängigkeit Stand der Technik bei gangenen J ahren vor allem die Errichtung neuer Kraftwerksanlagen. (Pump-)Speicherkraftwerke immer attraktiver: Ist ein Vorhaben dennoch mit Auswirkungen Von 2010 auf 2011 wuchs die Engpassleistung auf den ökologischen Zustand verbunden, wonach der Speicherkraftwerke um 241 MW, jene z. B. mit einer Verschlechterung des bestehenden der Laufkraftwerke nur um 40 MW. ökologischen Zustands zu rechnen ist, ist im Für den weiteren Ausbau der Wasserkraft in Zuge eines Verfahrens nach § 104a WRG zu prüfen, Österreich bestehen folgende Zielvorgaben: In der ob das Projekt trotzdem bewilligt werden kann Österreichischen Energiestrategie (2010) wurde ein (siehe Seite 15 und Seite 21). Ausbau der Wasserkraft um insgesamt 3,5 TWh/a Bei bereits bestehenden Wasserkraftanlagen ist Regelarbeitsvermögen (RAV) bis 2015 angeführt. ökologischer Sanierungsbedarf (Gewährleistung von Im Nationalen Aktionsplan für erneuerbare Energien ausreichendem Restwasser, Errichtung einer Fisch (NREAP-AT), der 2010 zur Erreichung der Ziele der aufstiegshilfe etc.) gegeben, wenn sich das Gewässer Erneuerbare Energien-Richtlinie der EU erstellt in keinem guten ökologischen Zustand bzw. guten wurde, ist ein Ausbau der Wasserkraftproduktion ökologischen Potenzial befindet. Konkrete zeitliche, um 3,5 TWh bis 2020 vorgesehen. räumliche und technische Vorgaben zur Ziel Mit Hilfe der Förderung durch das Ökostrom erreichung sind im Nationalen Gewässerbewirt gesetz soll im Zeitraum 2010-2020 unter der Einschrän- schaftungsplan festgelegt (mehr dazu ab Seite 15). kung, dass eine Verfügbarkeit der Standorte gegeben ist, ein Ausbau der Wasserkraft um 1.000 MW statt finden, was einer durchschnittlichen jährlichen Stromerzeugung von zusätzlich ca. 4 TWh entspricht. Als Zwischenziel bis 2015 sieht das Ökostromgesetz zur Anhebung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern die mengenmäßig wirksame Errich- tung von zusätzlich 700 MW Wasserkraft vor Regelarbeitsvermögen (mit einer auf das Regeljahr bezogenen zusätzlichen Stromerzeugung in der Höhe von insgesamt Das Regelarbeitsvermögen (RAV) ist ein 3.500 GWh inklusive den Effekten von Revitalisie- Maß für die Stromerzeugung. Es gibt an, rungsmaßnahmen und Erweiterungen bestehender wie viel elektrische Energie in einem Anlagen). Davon sollen 350 MW auf die Klein- und bestimmten Zeitraum (meist einem Jahr) mittlere Wasserkraft (mit einer auf das Regeljahr von einem Kraftwerk geliefert werden bezogenen zusätzlichen Stromerzeugung in der Höhe kann. von 1.750 GWh) entfallen.
ÖSTERREICHS KRAFTWERKSLANDSCHAFT 13 Darüber, was an Ausbau der Wasserkraft noch tat Quellenangaben & Weblinks sächlich realisierbar bzw. sinnvoll erscheint, bestehen – Austrian Energy Agency: www.energyagency.at – BMLFUW 2014. Erneuerbare Energie in Zahlen. Die Entwicklung unterschiedliche Angaben der einzelnen Interessen- erneuerbarer Energie in Österreich im Jahr 2013. Verfügbar auf gruppen: Laut Masterplan Wasserkraft der E-Wirt- www.bmlfuw.gv.at/umwelt/energiewende/erneuerbare_energie/ schaft (Pöyry 2008) ist im Lauf des nächsten zahlen.html – BMWFJ 2010. Nationaler Aktionsplan 2010 für erneuerbare Jahrzehnts durch den Ausbau der Wasserkraft ein Energien für Österreich (NREAP-AT). Verfügbar auf www.wifo.ac.at/ jährliches Regelarbeitsvermögen von 7 TWh – von ins- publikationen gesamt möglichen 13 TWh/a (technisch-wirtschaftli- – E-Control: www.e-control.at ches Potenzial unter Abzug der Nationalparks und – Egger G., Michor, K., Muhar, S. und B. Bednar 2009. Flüsse in Öster- reich: Lebensadern für Mensch, Natur und Wirtschaft. Studienverlag. der Weltkulturerbe) – zu erzielen. Diese Schätzungen – Habersack H., Wagner, B., Hauer, C. und E. Jäger. 2012. Wasserkraft beruhen auf dem Marktumfeld von 2008; die Markt in Österreich – aktueller Bestand und Decision Support System (DSS situation hat sich seither deutlich verschlechtert. WASSERKRAFT). In: Österreichische Wasser- und Abfallwirtschaft, Band 64, Ausgabe 5 – 6, Springer-Verlag, S. 336 – 343. Da die Zielvorgaben der Wasserrahmenrichtlinie – Ökostromgesetz (ÖSG 2012): www.ris.bka.gv.at und des N aturschutzes (u. a. FFH- und Vogelschutz- – Österreichische Energiestrategie: www.energiestrategie.at Richtlinie) die Standortauswahl für die Errichtung – Österreichische Kleinwasserkraft: www.kleinwasserkraft.at neuer, ökologisch verträglicher Wasserkraftwerks – Österreichs Energie: http://oesterreichsenergie.at – Pöyry Energy GmbH 2008. Wasserkraftpotentialstudie Österreich. anlagen stark einschränken, hält der Umweltdachver- Endbericht. Im Auftrag des VEÖ. Verfügbar auf www.energiestrategie.at/ band bis 2020 bestenfalls eine Erweiterung um 1 bis daten-fakten 2 TWh/a RAV für die Großwasserkraft (> 15 MW) und – Quaschning, V. 2008. Erneuerbare Energien und Klimaschutz. Carl Hanser Verlag. 0,5 bis 1 TWh/a RAV für die Kleinwasserkraft (< 15 MW) – Statistik Austria 2014. Energiebilanzen Österreich 1970 bis 2013. für realistisch. Der Umweltdachverband beobachtet Verfügbar auf www.statistik.at/web_de/statistiken/energie_und_ die Entwicklung der österreichischen Kraftwerksland- umwelt/energie/energiebilanzen schaft und veröffentlicht dazu jährlich eine Liste der – Verbund: www.verbund.com – Wasserkraftwerksliste des Umweltdachverbandes: www.umweltdach- aktuellen Kraftwerksplanungen. verband.at/wasser/wasserkraft/uwd-wasserkraftwerksliste 2% 12,8 % 36,2 % Öl 10,6 % Gas Kohle 1,8 % Holz und brennbare Abfälle 6,2 % Elektrischer Energie-Importüberschuss Wasserkraft 9,7 % 20,6 % Biogene Brenn- und Treibstoffe Andere Erneuerbare Wasserkraft macht den Großteil der inländischen Strom Basierend auf: BMLFUW 2014 produktion aus, deckt jedoch nur rund ein Zehntel des Datenquelle: Statistik Austria 2014 gesamten österreichischen Brutto-Energieverbrauchs von rund 400.000 GWh ab (Stand 2013), da der Großteil der Energie für Mobilität (Verkehr) und Wärmeerzeugung verbraucht wird.
Herausforderungen im Gewässerschutz 15 Herausforderungen im Gewässerschutz »Guter Zustand« für alle Gewässer – Die Wasserrahmenrichtlinie gibt den Mitgliedstaaten die Wasserrahmenrichtlinie auch vor, darauf zu achten, »eine Verschlechterung Gewässerschutz in Österreich wird maßgeblich des Zustands aller Oberflächenwasserkörper zu durch unionsrechtliche Bestimmungen vorgegeben: verhindern« (Artikel 4 Absatz 1 lit. a sublit. i WRRL). Als eines der zentralen Instrumente dabei gilt die Dieses sogenannte V erschlechterungsverbot umfasst 2000 in Kraft getretene EU-Wasserrahmenrichtlinie jedenfalls n achteilige Veränderungen, die zu einer (Richtlinie 2000/60/EG; WRRL). Sie gibt den Mitglied- Einstufung in eine niedrigere Zustandsklasse führen staaten vor, alle natürlichen Oberflächengewässer (z. B. Verschlechterung von »sehr gut« auf »gut«). (in Österreich sind das 88 % aller Gewässer) bis spätes- tens 2027 in einen »guten ökologischen Zustand« 1 zu bringen. Guter ökologischer Zustand & Für jene Gewässer, welche als künstlich gutes ökologisches Potenzial einzustufen sind, weil sie von Menschen- hand geschaffen wurden, sowie für jene Ein guter ökologischer Zustand ist laut natürlichen Gewässer, die durch massive Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) die Eingriffe des Menschen in ihrem Wesen zumindest zu erreichende Qualitäts nachhaltig verändert wurden (erheblich vorgabe für die natürlichen Oberflächen- veränderte Gewässer oder sogenannte gewässer der Mitgliedstaaten innerhalb »Heavily Modified Water Bodies«), eines fünfstufigen Klassifizierungs gilt als Qualitätsziel nach WRRL das schemas (sehr gut, gut, mäßig, unbe »gute ökologische Potenzial«. Bei diesen friedigend und schlecht). Die Bewertung Gewässern sind solche Maßnahmen zu basiert auf dem Vergleich des Status quo setzen, die eine Verbesserung der öko mit dem gewässertypspezifischen logischen Funktionsfähigkeit gewähr Referenzzustand (= sehr guter ökologi- leisten, ohne eine signifikante Einschrän- scher Zustand), der dem weitgehend kung der Nutzung des betroffenen natürlichen Gewässerzustand mit Gewässers nach sich zu ziehen. In Öster- 1 Neben dem guten ökologischen muss nach höchstens sehr geringfügigen Beein reich wurden ca. 10 % der Fließgewässer WRRL auch der gute chemische Zustand für alle Oberflächengewässer erreicht werden. trächtigungen entspricht. als erheblich verändert und ca. 2 % als Zudem ist auch beim Grundwasser das Ziel künstlich eingestuft. vorgegeben, einen flächendeckenden guten chemischen und m engenmäßigen Zustand zu erreichen. Da der chemische Zustand der Oberflächengewässer sowie der Z ustand des Grundwassers nicht vordergründig rele- vant für das Thema Wasserkraft sind, wird hier nicht näher darauf eingegangen. Nähere Informationen dazu auf der Website des BMLFUW: www.bmlfuw.gv.at/wasser/ wasser-eu-international/eu_wasserrecht/ Wasserrahmen-RL.html
16 GEWÄSSER SCHÜTZEN – WASSERKRAFT NÜTZEN Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie Aber auch sonstige neue Belastungsthemen wie in Österreich z. B. Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit des Die Wasserrahmenrichtlinie wurde in Österreich 2003 Gewässers durch invasive fremde Arten oder durch in nationales Recht umgesetzt (siehe insbesondere Folgen des Klimawandels (Temperaturerhöhung, Wasserrechtsgesetz 1959 und seine Änderung im veränderte Niederschlagsmengen etc.) werden behan- BGBl. I Nr. 82/2003). Alle sechs Jahre sind vom Bundes- delt. Darauf aufbauend wird die für die Entwicklung ministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt der Lebens- und Wirtschaftsverhältnisse der jeweili- und Wasserwirtschaft (BMLFUW) nationale Gewässer- gen Flussgebietseinheit anzustrebende »wasserwirt- bewirtschaftungspläne zu erstellen bzw. zu aktualisie- schaftliche Ordnung« – in Abstimmung der verschie- ren. Diese Pläne zeigen, basierend auf einer Zustands- denen Interessen an den Gewässern – dargestellt. bewertung der Gewässer (»Ist-Bestandsanalyse«), den Kernstück der Planung des NGP ist das Maßnah- Handlungsbedarf auf und enthalten ein Maßnahmen menprogramm zur Erhaltung bzw. (stufenweisen) programm zur Erreichung der Ziele nach WRRL. Verbesserung des Zustands der Gewässer und zum 2009 wurde in Österreich der erste »Nationale Schutz vor künftigen Beeinträchtigungen, also der Gewässerbewirtschaftungsplan (NGP)« veröffentlicht. Vermeidung einer Zustandsverschlechterung. Für den Die im NGP festgelegten Planungen haben sich in B ezug auf Österreichs Gewässer vorherrschenden nicht nur auf einzelne Gewässerabschnitte zu bezie- Hauptbelastungsfaktor »hydromorphologische hen, sondern betreffen gesamte Flusseinzugsgebiete. Belastungen« (siehe Seite 18) sind laut Entwurf zum Österreich hat Anteile an drei internationalen 2. NGP zum Beispiel folgende Sanierungsmaßnahmen Flusseinzugsgebieten: Donau (96 %), Rhein (3 %) und erforderlich: Elbe (< 1 %). Die Aktualisierung des 1. NGP aus dem — Vernetzung von Lebensräumen durch die Wieder- Jahr 2009 hat 2015 zu erfolgen. Am 21. Jänner 2015 herstellung der Durchgängigkeit (insbesondere wurde der Entwurf zum 2. NGP vom BMLFUW durch den Bau von Fischaufstiegshilfen) sowie die zum Auftakt einer sechsmonatigen Öffentlichkeits Anbindung von Zuflüssen und Nebengewässern; beteiligungsphase präsentiert; der fertige 2. NGP — Strukturierung von Stauwurzeln; erscheint am 22. Dezember 2015 und gilt für die — Erhöhung der Habitatvielfalt durch Planungsperiode 2015 – 2021. Restrukturierung der Gewässer Im NGP werden die Merkmale der Flussgebiets (z. B. durch lokale Aufweitungen); einheiten sowie die vorherrschenden signifikanten Belastungen und anthropogenen Einwirkungen auf die Gewässer beschrieben. Dazu zählen neben stoff lichen Belastungen (Emissionen aus kommunalen und industriellen Abwasserreinigungsanlagen, Nährstoffeinträge, Pestizide aus der Landwirtschaft etc.) auch hydromorphologische Veränderungen. Hydromorphologie Diese betreffen z. B. die Durchgängigkeit der Gewässer für Fische und andere Lebewesen, Veränderungen Hydromorphologie beschreibt die Struk- der Gewässerstrukturen und der Wasserführung. tur des Gewässers (Laufentwicklung, Tiefen- und Breitenverhältnisse, Beschaf- fung der Ufer, Substrat des Flussbetts), die Durchgängigkeit sowie den Wasser- haushalt (Strömungsgeschwindigkeit, Abflussmenge und -dynamik).
Herausforderungen im Gewässerschutz 17 — schrittweise Herstellung eines ökologischen maximal 2027 möglich. Die Mitgliedstaaten müssen Mindestabflusses in Restwasserstrecken; dafür im NGP im Einzelnen darlegen und erläutern, — Machbarkeitsstudien zu Maßnahmen der dass die WRRL-Ziele entweder aus Gründen der Schwalldämpfung. technischen Durchführbarkeit, wegen unverhältnis- mäßig hoher Kosten oder der natürlichen Gegeben Die Erreichung der Umweltziele der WRRL war zu- heiten nicht realisierbar waren. Alle EU-Mitglied nächst bis 2015, also 15 Jahre nach Inkrafttreten der staaten, so auch Österreich, haben von dieser WRRL, vorgesehen. Für den Fall, dass sich das Ziel Möglichkeit der Fristverlängerung Gebrauch eines »guten ökologischen Zustands« innerhalb dieses gemacht und verfolgen somit die Erreichung der Zeitraums nicht erreichen lässt, ist in der WRRL Zielvorgaben der WRRL in drei Planungsperioden: unter bestimmten Voraussetzungen eine stufenweise — 1. NGP: 2009 – 2015 Umsetzung mit einer Verlängerung der Zielerrei- — 2. NGP: 2015 – 2021 chungsfrist um zwei weitere Planungsperioden bis — 3. NGP: 2021 – 2027 Österreichischer Fahrplan zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie 1. Planungsperiode 2. Planungsperiode 3. Planungsperiode 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 22. Dezember: Ist-Bestandsanalyse 1. NGP * Aktualisierung 3. NGP — Veröffentlichung: Richtlinie Ist-Bestandsanalyse 22. Dezember tritt in Kraft Richtlinie wird Aktualisierung Entwurf des 2. NGP — Deadline für die in nationales Bestandsanalyse mit Veröffentlichung: Jänner; Zielerreichung Wasserrechtsgesetz Öffentlichkeitsbeteiligung Öffentlichkeitsbeteiligung: überführt bis 21. Juli 2. NGP (inkl. Maßnahmen programm) — Veröffentlichung: 22. Dezember * Nationaler Gewässerbewirtschaftungsplan
18 GEWÄSSER SCHÜTZEN – WASSERKRAFT NÜTZEN Wie geht es Österreichs Gewässern? Obwohl bereits seit 2009 viele ökologische Sanierungs- Laut Entwurf des 2. NGP befinden sich derzeit 37 % maßnahmen gesetzt wurden, zeichnet sich d aher für der Fließgewässer mit einem Einzugsgebiet > 10 km2 die kommenden Jahre noch großer Handlungsbedarf in einem guten oder sehr guten Zustand, 2 % erreichen ab. So findet sich z. B. derzeit im Schnitt noch auf je- als erheblich veränderte oder künstliche Gewässer dem einzelnen Flusskilometer ein Fischwanderhinder- das gute ökologische Potenzial. Mehr als die Hälfte nis (ca. 32.000). Ca. 10 % dieser Unterbrechungen des der natürlichen Gewässer weist aufgrund hydromor Fließgewässerkontinuums sind der Wasserkraftnut- phologischer Belastungen wie Hochwasserschutz zung zuzuschreiben, der Rest ist durch technische bauten, Regulierung, Wasserentnahmen, Stau, Hochwasserschutzmaßnahmen bedingt. Zudem stel- Wanderhindernisse oder Schwall ein sicheres oder len Eingriffe, welche die Gewässerstruktur maßgeblich mögliches Risiko auf, das Umweltziel bis zum Ende verändern (z. B. Flussbegradigungen oder harte Ufer- der Planungsperiode 2015 – 2021 zu verfehlen, sollten verbauungen) bei 30 % des G ewässernetzes eine Belas- keine Maßnahmen zur Verbesserung des Zustands tung für die Funktion der Gewässerökosysteme dar. gesetzt werden. 3 % der Gewässerstrecken sind zudem von Schwall betroffen, ca. 4 % von Stau. Außerdem gibt es aktuell über 3.000 Restwasserstrecken (hauptsächlich bedingt durch Ausleitungskraftwerke); nur ca. 1/3 davon weist den erforderlichen ökologischen Mindestwasserab- fluss auf. Darüber hinaus besteht bei nahezu allen erheblich veränderten Gewässern noch Handlungsbe- darf, um das gute ökologische Potenzial zu erreichen. 2% 15 % 10 % 2% 4% Sehr gut 13 % Gut 22 % Mäßig Unbefriedigend Schlecht Potenzial gut oder besser Potenzial mäßig oder schlechter 32 % Keine Bewertung 37 % der Fließgewässer > 10 km2 Einzugsgebiet befinden Quelle: Entwurf 2. Nationaler sich in einem guten oder sehr guten ökologischen Zustand, Gewässerbewirtschaftungsplan 2015 2 % erreichen als erheblich veränderte oder künstliche Gewässer das gute ökologische Potenzial.
Herausforderungen im Gewässerschutz 19 Was ist bereits geschehen und der (wieder-)hergestellten Durchgängigkeit in angren- was ist noch zu tun? zende Gewässerabschnitte ausstrahlen können. Die In der 1. Planungsperiode des Nationalen Gewässer Vernetzung von Lebensräumen soll die Wirksamkeit bewirtschaftungsplans (2009–2015) lagen die Sanie- lokaler morphologischer Maßnahmen erhöhen. rungsprioritäten im Bereich der Hydromorphologie In Zukunft gilt es zudem auch vermehrt, bei Maßnah- vor allem in der Herstellung der aufwärts gerichteten menplanungen im Bereich der Gewässersanierung Fischdurchgängigkeit (ca. 1.000 Querbauwerken die wachsenden Anforderungen an einen effektiven wurden fischpassierbar gemacht) sowie in der Hochwasserschutz mitzudenken und – sofern Flächen schrittweisen Restwassersanierung (bei ca. 200 Rest- zur Verfügung s tehen – einen »ökologischen« Hoch- wasserstrecken konnte der für die Durchgängigkeit wasserschutz zu gewährleisten (siehe Seite 25). erforderliche Basisabfluss hergestellt werden). Neben ökologischen Maßnahmen im Zuge von Hochwasser- schutzprojekten wurden auch rund 250 freiwillige lokale Maßnahmen zur Verbesserung der Gewässer- Prioritärer Sanierungsraum In der 2. Planungsperiode 2015 —2021 struktur durchgeführt und mit Mitteln des Umwelt- wird der Sanierungsraum in erster förderungsgesetzes (UFG) finanziell unterstützt. Aufgrund der großen Anzahl an struktu- Linie um Gewässerabschnitte mit einem Prioritärer Sanierungsraum des 1. NGP waren jene rellen Belastungen der heimischen Einzugsgebiet > 100 km2, die an den größeren Fließgewässer und Mündungsbereiche, Gewässer ist es nötig, Prioritäten für die Sanierungsraum des 1. NGP anschließen, welche w esentliche Lebensräume für die Mittel Inangriffnahme der Sanierung zu setzen. erweitert. Vereinzelt w urden auch streckenwanderfische Nase, Barbe und Huchen sind. Das BMLFUW hat die Umsetzung der kleinere Gewässer aufgenommen, die Die aktuellen Zustandsbewertungen machen Maßnahmen v. a. nach ökologischen v. a. für gefährdete Fischarten wie z. B. deutlich, dass in der zweiten Planungsperiode Kriterien gereiht. Seeforelle oder Perlfisch von Bedeutung 2015–2021 die im 1. NGP festgelegten Maßnahmen zur In der 1. Planungsperiode 2009 —2015 sind. wurden Sanierungen an den Unterläufen Verbesserung des Gewässerzustands weitergeführt der Fließgewässer begonnen, nämlich und intensiviert werden müssen. Ähnlich wie in der dort, wo Verbesserungen besonders hohe 1. Planungsperiode sollen bis 2021 vor allem gezielt ökologische Wirkungen — vor allem auf hydromorphologische Belastungen reduziert werden, gefährdete Fischarten wie Nase, Barbe insbesondere durch die Herstellung der Fisch und Huchen — erwarten ließen. Diese passierbarkeit bei Querbauwerken, die Erhöhung Gewässer wurden als »prioritärer Sanie- von Restwassermengen (zumindest auf einen Basis rungsraum« ausgewiesen. abfluss) und durch Maßnahmen zur Verbesserung der Gewässerstruktur. Mit der Maßnahmenkombi nation aus Lebensraumverbesserung (Restrukturie- rung) und Vernetzung von Lebensräumen durch Herstellung der Durchgängigkeit sollen lokal gut strukturierte Gewässerabschnitte geschaffen Quellenangaben & Weblinks werden, die als »Trittsteine« wirken und aufgrund – 2. Nationaler Gewässerbewirtschaftungsplan: http://wisa.bmlfuw.gv.at/fachinformation/ngp/ngp-2015.html – EU-Wasserrahmenrichtlinie (Richtlinie 2000/60/EG; WRRL): http://eur-lex.europa.eu – Ist-Bestandsanalyse 2013: www.bmlfuw.gv.at/wasser/ wasser-oesterreich/plan_gewaesser_ngp/nationaler_ gewaesserbewirtschaftungsplan-ngp/IBA2013.html – Umweltförderungsgesetz (UFG) und Wasserrechtsgesetz (WRG): www.ris.bka.gv.at
SIND KONFLIKTE VORPROGRAMMIERT? 21 Gewässer schützen – Wasserkraft nützen: Sind Konflikte vorprogrammiert? Entlang eines Flusses treffen viele Interessen – hörde einzuholen. Diese hat im Zuge des Bewilligungs- Energieproduktion, Hochwasserschutz, Naturschutz, verfahrens abzuwägen, ob dem Bau der Anlage keine Fischerei, Trinkwasserversorgung, Schifffahrt, Wasser- »öffentlichen Interessen« (vgl. § 105 WRG) entgegen sport, Tourismus und Erholung – aufeinander. Jede stehen, etwa weil eine wesentliche Beeinträchtigung hinter diesen Ansprüchen stehende Interessengruppe des ökologischen Zustands der Gewässer zu besorgen stellt andere Anforderungen an die Nutzung bzw. an wäre. Für den Fall, dass ein Bewilligungsantrag auf den Schutz der Fließgewässer und ihre längerfristige grund entgegenstehender öffentlicher Interessen als Entwicklung. unzulässig anzusehen wäre, hat die Behörde zu prüfen, Große Spannungen entstehen oftmals zwischen ob der Antrag dennoch unter entsprechenden Aufla Gewässerschutz und Wasserkraftnutzung, da durch gen und Nebenbestimmungen bewilligt werden kann. letztere z umeist mit wesentlichen Auswirkungen Für die Bewilligung von Wasserkraftanlagen bis auf die G ewässerökologie zu rechnen ist. 500 kW Höchstleistung ist der Bezirkshauptmann Im Rahmen eines modernen Gewässermanage- zuständig, über 500 kW der Landeshauptmann in ments gilt es, eine für alle Interessengruppen ver mittelbarer Bundesverwaltung. Der Bundesminister trägliche und nachhaltige Nutzung unserer Gewässer für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasser- sicherzustellen. Dabei sind jedoch verschiedenste wirtschaft ist zuständig für Anlagen an der Donau, rechtliche Vorgaben zu beachten, aufgrund derer sich bestimmte Großkraftwerke und Speicher mit einer die Abwägung der einzelnen Interessen – z. B. bei der Sperrenhöhe von über 30 m bzw. 5 Mio. m3 Inhalt. Planung und Bewilligung eines neuen Kraftwerks – Liegt die Engpassleistung des geplanten Kraft- nicht immer ganz einfach und für alle Beteiligten werks über einem bestimmten Schwellenwert (jeden- zufriedenstellend gestalten lässt. Um Konflikte von falls Wasserkraftanlagen mit einer Engpassleistung vornherein weitestgehend zu vermeiden, sind von mindestens 15 MW, in bestimmten Fällen auch umfassende Bewirtschaftungskonzepte, überregionale darunter, vgl. Anhang 1 Z 30 UVP-G), ist eine Umwelt Planungen und eine effektive Einbindung der Öffent- verträglichkeitsprüfung (UVP) von der jeweiligen lichkeit sinnvoll. Landesregierung durchzuführen. Eine umfassende Öffentlichkeitsbeteiligung durch NachbarInnen, Ein Kraftwerk zu bauen ist gar nicht Bürgerinitiativen, LandesumweltanwältInnen und so einfach … Umweltorganisationen ist nur im Umweltverträglich- Jede über den Gemeingebrauch hinausgehende Nut- keitsprüfungsverfahren s ichergestellt. Handelt es zung an öffentlichen Gewässern sowie die Errichtung sich um ein Kleinwasserkraftwerk, beschränkt sich oder Änderung von der Benutzung der Gewässer die Einbeziehung der Öffentlichkeit im Bauverfahren dienenden Anlagen bedarf einer Bewilligung durch auf die NachbarInnen, im wasserbehördlichen Bewilli- die zuständige Wasserrechtsbehörde (vgl. § 9 Absatz 1 gungsverfahren auf die betroffenen Wasser- und WRG). Will also z. B. ein Energieversorgungsunter Fischereiberechtigten sowie GrundeigentümerInnen, nehmen an einem öffentlichen Gewässer ein Wasser- im forstbehördlichen Bewilligungsverfahren auf kraftwerk errichten, hat es dafür – neben sonstigen die betroffenen LiegenschaftseigentümerInnen und Bewilligungspflichten aufgrund anderer gesetzlicher im naturschutzbehördlichen Verfahren auf die Vorgaben – auch die Bewilligung der Wasserrechtsbe- LandesumweltanwältInnen.
22 GEWÄSSER SCHÜTZEN – WASSERKRAFT NÜTZEN Übergeordnetes öffentliches Um den Abwägungsprozess, welches Ausnahmen vom Verschlechterungsverbot Interesse öffentliche Interesse im konkreten Fall Für bestehende Anlagen gilt nach WRRL die Verpflich- überwiegt, möglichst transparent zu tung, den guten Zustand oder das gute Potenzial zu Ist durch die Verwirklichung eines Kraft- gestalten, hat das BMLFUW per Erlass erreichen (= Verbesserungsgebot). Für Neuanlagen gilt werkbaus eine wesentliche Beeinträchti- vom 30. 01. 2012 den »Österreichischen grundsätzlich, wie im vorangegangenen Kapitel aus gung des öffentlichen Interesses an der Wasserkatalog« herausgegeben, welcher geführt, ein Verschlechterungsverbot für bestehende Bewahrung des ökologischen Zustands verpflichtend in Verfahren zur Ausnahme Gewässerzustände bzw. darf durch eine Anlage die eines Gewässers zu erwarten, so muss vom Verschlechterungsverbot anzu Zielerreichung eines guten Zustands oder guten ökolo- dies dennoch nicht notwendigerweise wenden ist. Der Wasserkatalog legt drei gischen Potenzials nicht verhindert werden. einer Bewilligung des Kraftwerkbaus ent- Prüffelder, nämlich »energiewirtschaftli- In bestimmten, klar geregelten Fällen kann gegenstehen, wenn ein übergeordnetes che und wasserkraftbezogene Kriterien«, jedoch eine Ausnahme vom Verschlechterungsverbot öffentliches Interesse nachgewiesen »ökologische Kriterien« und »sonstige gemacht werden. Ob die Voraussetzungen für eine werden kann. Wie der WRRL (Artikel 4 wasserwirtschaftliche Kriterien« fest Ausnahmegenehmigung erfüllt sind, ist immer dann Absatz 7 lit. c) entnommen werden kann, und gibt zugehörige Indikatoren zur zu prüfen, wenn die Auswirkungen des geplanten sind öffentliche Interessen als »über Beurteilung an. Der Wasserkatalog soll Kraftwerks so erheblich sind, dass eine Verschlechte- geordnet« einzustufen, wenn der Nutzen als Hilfestellung bei der Auswahl und der neuen Änderung (also des Vor Konkretisierung der Inhalte der Kriterien rung der Zustandsklasse oder bei einer bestehenden habens) für die menschliche Gesundheit, für die Interessenabwägung dienen Vorbelastung die Verhinderung der Zielerreichung die Erhaltung der Sicherheit der Men- (mehr dazu ab Seite 27). (guter Zustand oder gutes ökologisches Potenzial) schen oder die nachhaltige Entwicklung absehbar ist. den Nutzen übertrifft, den die Einhaltung der Umweltziele der WRRL für die Ausnahmen von diesem Verschlechterungsverbot – Umwelt und die Gesellschaft bringt. die auch für die Errichtung von Wasserkraftwerken Handelt es sich um ein Verfahren zur relevant sind – sind gemäß § 104a WRG dann zulässig, Bewilligung eines Kraftwerks, ist also wenn im Regelfall das öffentliche Interesse — alle praktikablen Vorkehrungen getroffen wurden, an der Erhaltung und Verbesserung des um die negativen Auswirkungen auf den Zustand ökologischen Zustands eines Gewässers des Wasserkörpers zu mindern; gegen das ö ffentliche Interesse an der — ein übergeordnetes öffentliches Interesse besteht Sicherstellung der Energieversorgung und und der Hebung des Anteils erneuerbarer — die nutzbringenden Ziele, denen diese Änderun- Energieträger abzuwägen. gen des Wasserkörpers dienen sollen, aus Gründen der technischen Durchführbarkeit oder aufgrund unverhältnismäßiger Kosten nicht durch andere Mittel, die eine wesentlich bessere Umweltoption darstellen, erreicht werden können. Die Gründe für die Änderungen sind im NGP darzulegen.
SIND KONFLIKTE VORPROGRAMMIERT? 23 Nicht jedes neue Wasserkraftwerk führt automatisch Mit der EERL der EU wurde Österreich verpflichtet, zu einer Verschlechterung der Gewässerzustands den Anteil von Energien aus erneuerbaren Quellen am klasse. Die ökologischen Auswirkungen hängen v. a. Brutto-Endenergieverbrauch von 23,3 % im Jahr 2005 von der Sensitivität des betroffenen Gewässerab- auf 34 % im Jahr 2020 zu erhöhen, den Energiever- schnitts und dem Kraftwerkstyp ab. Aber auch nicht brauch zu senken und die Effizienz der Energie jedes Kraftwerksprojekt, das eine Verschlechterung nutzung zu steigern. Damit soll eine Reduktion des des Gewässerzustands bedeuten würde, kann auto Anteils fossiler Energieträger mit schädlichem matisch mit einem übergeordneten öffentlichen Inter- CO2 -Ausstoß erreicht werden. Die EERL betrifft damit esse (der Energieerzeugung u. a.) argumentiert werden nicht nur die Energieaufwendungen für die Strom und eine Ausnahmebewilligung nach § 104a WRG er- erzeugung sondern v. a. auch die B ereiche Wärme halten, da dies die einheitliche Anwendung der WRRL erzeugung (Raumheizung) und Mobilität (Verkehr). aushöhlen würde. Vielmehr ist jedes Projekt auf Ein- Nationale Aktionspläne enthalten konkrete Planun- zelfallbasis zu prüfen und muss öffentlichen Interes- gen, legen Ausbauziele für die einzelnen erneuerbaren sen dienen, die schwerer wiegen als die Ziele der Energiequellen fest und schlagen geeignete Maß WRRL, worunter auch das Verschlechterungsverbot nahmenprogramme vor, die dafür sorgen sollen, dass zu zählen ist. D. h. konkret, dass die Wasserrechts die Ziele erreicht werden. Im Jahr 2013 betrug der behörde abwägen muss, ob der Nutzen aus der Strom Anteil erneuerbarer Energieträger bereits 32,5 %. erzeugung durch das betreffende Kraftwerk öffent Jedem EU-Mitgliedsland ist der Pfad zur Erreichung lichen I nteressen dient, welche höher zu bewerten des in der EERL festgelegten Anteils freigestellt; sind als der Nutzen aus der Zustandserhaltung. Österreich legt bei der Wahl von Vorgehen und Maßnahmen e inen starken Fokus auf den Ausbau Mehrere Richtlinien – der Wasserkraft (siehe Nationaler Aktionsplan 2010 unterschiedliche Ziele für erneuerbare Energie für Österreich). Die Entscheidung für oder gegen ein Kraftwerk Zielkonflikte zwischen dem in der EERL vor seitens der zuständigen Behörde ist also nicht einfach, gezeichneten erhöhten Anteil erneuerbarer Energien da sie dabei mehrere rechtliche Vorgaben bzw. öffent und dem durch die WRRL angestrebten Gewässer- liche Interessen zu berücksichtigen hat und ver schutz scheinen unvermeidlich, da Wasserkraft schiedene Ziele in Einklang gebracht werden müssen: neubauten mitunter zu einer Nichterreichung bzw. Neben der Einhaltung der Wasserrahmenrichtlinie Verschlechterung der Zielzustände nach WRRL gilt es auch, die Erneuerbare Energien-Richtlinie führen. (Richtlinie 2009/28/EG; EERL) als öffentliches I nteresse zu berücksichtigen, welche im Sinne des Klima schutzes das Ziel verfolgt, eine Verringerung der CO2 -Emissionen zu bewirken, die Versorgungssicher- heit mit Energie zu steigern sowie bestehende Importabhängigkeiten zu reduzieren. Die EERL verfolgt somit das Ziel, die Energieversorgung Europas nachhaltiger zu gestalten und nach dem Kriterium der Zukunftsfähigkeit umzubauen.
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