URINANALYSE EIN UNTERSCHÄTZTES DIAGNOSTIKUM - Biocontrol
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// POLYURIE/POLYDIPSIE, DYSURIE, STRANGURIE, POLLAKISURIE ... Es gibt viele Symptome bei Hund und Für die Interpretation der Befunde sind ZU 2. URIN-STICK Katze für die eine Urinuntersuchung detaillierte Informationen zum Urin Mittels Dipstick können verschiedene einen wichtigen diagnostischen Schritt essentiell: Handelt es sich um Morgen- biochemische Marker semiquantitativ darstellt. urin oder über den Tag gesammelten beurteilt werden. Eine starke Färbung Auch über den Harntrakt hinausgehend Urin? Steril gewonnenen Urin (Zystozen- des Urins kann das Ablesen erschweren. kann eine Urinuntersuchung bei der tese), aufgefangen oder Katheterurin? Eine korrekte Einhaltung der Hersteller- Abklärung von metabolischen Erkran- Die Methode der Uringewinnung sowie angaben (z. B. Zeit bis zum Ablesen der kungen (z. B. Diabetes mellitus) oder Datum und Uhrzeit sollten vermerkt Probe) ist essentiell, um Fehldiagnosen Hepatopathien hilfreich sein. werden, um eine adäquate Interpretation zu vermeiden. zu ermöglichen. Doch was gibt es aus labordiagnos- Parameter, die mittels Stick bestimmt tischer Sicht zu beachten und wie kann werden können, sind: Protein, pH, Glu- ich die Ergebnisse interpretieren? DIE KLASSISCHE URINUNTERSUCHUNG kose, Ketonkörper, Bilirubin, Blut bzw. UMFASST: Hämoglobin/Myoglobin und mit ein- geschränkter Aussagekraft auch Nitrit. PRÄANALYTISCHE 1. Makroskopie (Farbe, Trübung, Geruch) BESONDERHEITEN PROTEIN 2. Urin-Stick Idealerweise sollte Urin innerhalb von 30 Falsch positive Befunde können bei alka- Minuten nach der Probengewinnung 3. Urin-Protein-Creatinin Quotient lischem pH-Wert sowie bei falschem untersucht werden, da sich einige Fak- (UPC) Probenhandling (bei zu langer Kontakt- toren bei einer längeren Lagerungszeit 4. Spezifisches Gewicht zeit des Urins mit dem Teststreifen) auf- verändern können. Dies betrifft u. a. bio- treten. chemische Reaktionen auf dem Urin- 5. Sedimentuntersuchung Bence-Jones Proteine (Multiples Mye- Stick (v.a. Bilirubin, Glukose, seltener 6. Weitere Untersuchungen lom) sind in der Regel nicht mittels Stick pH). Weiterhin können sich bestimmte (Zytologie, bakteriologische nachweisbar. Kristalle bilden oder abbauen. Untersuchung, etc.) Weitere Informationen zu einer Protein- Auch der Nachweis von Bakterien kann urie finden Sie in unserer Fachinforma- je nach Lagerungszeit und Temperatur tion „Proteinurie“. verändert sein (vermehrtes Wachstum bei Lagerung bei Raumtemperatur, ggf. ZU 1. MAKROSKOPIE auch als Kontamination; falsch-negative PH Normaler Urin bei Hund und Katze ist Der pH-Wert des Urins von Hunden und Befunde bei Lagerungszeit über mehr hellgelb bis gelb und teils intensiv Katzen liegt in der Regel im sauren bis als 24 Stunden im Kühlschrank). riechend. Die Farbe des Urins ist abhän- neutralen Bereich. Dies steht in Zusam- Sofern eine zeitnahe Untersuchung nicht gig von seiner Konzentration (dunkelgelb menhang mit der Fütterung. Herbivoren möglich ist, sollte der Urin in einem dicht in stark konzentriertem Urin, hellgelb bis weisen einen neutralen bis alkalischen verschlossenen Gefäß im Kühlschrank klar bei verdünntem Urin). Weiterhin Urin auf. Ein alkalischer pH bei Hund und aufbewahrt und direkt vor der Unter- kann Bilirubin zu einer Gelbfärbung oder Katze findet sich direkt postprandial, als suchung wieder schonend auf das Vorhandensein von Blut, Hämo- Lagerungsartefakt oder bei einem bakte- Raumtemperatur gebracht werden. globin oder Myoglobin zu einer Rot- riellen Harnwegsinfekt. Von einer Untersuchung nach einer färbung führen. Der pH-Wert hat auch eine Bedeutung in Lagerungszeit von mehr als 24 Stunden Physiologischer Urin (Hund, Katze) ist der Interpretation des Sediments (z. B. ist im Allgemeinen abzuraten. klar bis ganz geringgradig eingetrübt. Bildung bestimmter Kristalle begünstigt). Eine vermehrte Trübung kann durch eine erhöhte Zellzahl (Erythrozyten, Leukozy- Es ist zu beachten, dass der pH-Wert im ten), Kristalle, Bakterien, Fett, Spermien Urin keine Rückschlüsse auf den pH- oder Kontaminationen bedingt sein. Wert im Blut zulässt. 2
BIOCONTROL / Urinanalyse GLUKOSE BLUT BZW. HÄMOGLOBIN/MYOGLOBIN verifizieren (falsch-positive Stick-Befun- Ursachen einer Glukosurie umfassen Mit diesem Testfeld wird einerseits Blut de sind bei stark konzentriertem Urin eine persistierende Hyperglykämie (z. B. sowie andererseits Hämoglobin oder oder stark alkalischem Urin [pH ≥ 7,5] Diabetes mellitus, Hyperadrenokorti- Myoglobin nachgewiesen. Je nach Her- möglich) und zu quantifizieren sowie um zismus), eine transiente Hyperglykämie steller ist eine Unterscheidung dies- den Verlauf einer Erkrankung zu über- (z. B. Aufregung bei der Katze, Pankreati- bezüglich möglich (diffuse Farbverän- wachen und das Ansprechen auf Thera- tis, postprandial) sowie eine abnormale derung oder gesprenkelte Farbver- pie zu überprüfen. Aufgrund der aus- Tubulusfunktion (Tubulusschaden z. B. änderung). Im Allgemeinen sollte dieser geprägten Variation des UPC bei unter- bei akutem Nierenversagen, Fanconi- Befund mit dem makroskopischen Bild schiedlichen Urinabsätzen kann eine Syndrom, primäre renale Glukosurie, des Urins (vor und nach Zentrifugation), Untersuchung aus Sammelurin oder eine chronisch kranke Katzen). Bei Welpen dem Sedimentbefund und der Farbe des serielle Messung sinnvoll sein. < 8 Wochen kann ebenfalls eine Blut-Serums (Hämolyse vorhanden?) in- Vor der Bestimmung des UPC ist eine vorübergehende Glukosurie auftreten. terpretiert werden. Die Unterscheidung Untersuchung des Urinsediments (ggf. Falsch positive Befunde sind möglich im von Hämoglobin und Myoglobin ist im steril entnommen) angeraten, da ein Rahmen einer bakteriellen Zystitis, bei Urin nur schwierig möglich (z. B. mittels aktives Sediment ebenfalls mit einem Kontaminationen (Spontanurin aus Ho- Ammonium Sulfat Präzipitation). erhöhten UPC einhergehen kann (post- nig- oder Marmeladenglas), bei Verwen- Eine Hämoglobinurie kann bei syste- renale Proteinurie), die nicht hinweisend dung von alten Sticks sowie durch Kon- mischer Hämolyse (z. B. bei immun- auf eine Nierenerkrankung sein muss. takt mit H2O2 (z. B. aufgefangen vom hämolytischer Anämie, Transfusionen, Untersuchungstisch). Falsch negative Hitzschlag, schwerer Hypophosphat- Befunde können medikamentös bedingt ämie) auftreten. Eine Myoglobinurie ist // ACHTUNG: sein (z. B. Vitamin C, Tetrazykline). selten und weist auf eine schwere Rhab- Bei aktivem Sediment ist domyolyse hin. Das klinische Bild sowie eine Untersuchung des die hämatologische und klinisch-chemi- KETONKÖRPER UPC nicht sinnvoll! Der Dipstick weist Acetoacetet und in sche Blutuntersuchung liefern Hinweise geringerem Ausmaß Aceton nach, wo- zur Unterscheidung zwischen Hämo- hingegen der bei Hund und Katze am globinurie und Myoglobinurie. häufigsten gebildete Ketonkörper, das Weitere Informationen finden Sie in beta-Hydroxybutyrat, sich nicht mit den NITRIT unserer Fachinformation „Proteinurie“. üblichen Dipsticks nachweisen lässt. Ein positiver Befund weist auf das Eine Ketonurie tritt bei negativer Vorhandensein von (gram-negativen) Energiebilanz (z. B. Diabetische Ketose Bakterien sowohl im Rahmen einer bzw. Ketoazidose, Mangelernährung Infektion als auch einer Kontamination hin. ZU 4. SPEZIFISCHES GEWICHT (Jungtiere)) auf. Davon abzugrenzen sind Das spezifische Gewicht des Urins ist falsch positive Befunde, die bei konzen- Ein negativer Befund schließt eine Harn- ein wichtiges Mittel zur Beurteilung der triertem bzw. intensiv gefärbtem Urin wegsinfektion jedoch nicht aus, da nicht Konzentrationsfähigkeit und somit der vorkommen können. alle Bakterien Nitrat zu Nitrit reduzieren tubulären Funktion der Nieren (weiteres können. siehe Fachinformation „Azotämie“). Das BILIRUBIN Parameter, die auf den (in der Regel hu- spezifische Gewicht gesunder Tiere Bei Rüden (und seltener Hündinnen) manmedizinischen) Sticks vorhanden kann bei normaler Hydratation im können geringen Mengen (1+ bei kon- sind, in der Tiermedizin jedoch nicht ver- Tagesverlauf eine starke Varianz auf- zentriertem Urin) Bilirubin physiologisch wendet werden sollten, sind: Leukozy- weisen. Ein dehydriertes oder hypovol- im Urin auftreten. Aufgrund der recht ten, Urobilinogen und das spezifische ämisches Tier hingegen sollte Flüssig- niedrigen Nierenschwelle des Hundes Gewicht. keit über die Nieren rückresorbieren und für Bilirubin und der Sekretion innerhalb somit einen konzentrierten Urin mit der Niere ist eine Bilirubinurie beim Hund hohem spezifischem Gewicht auf- häufiger als bei der Katze zu beobach- weisen. Da Säugetiere über Nacht eben- ten. Bei der Katze oder anderen Tier- falls den Urin konzentrieren, ist eine ZU 3. URIN-PROTEIN-CREATININ arten ist eine Bilirubinurie immer als Untersuchung von Morgenurin angera- pathologisch anzusehen. Auslösende QUOTIENT (UPC) ten. Ursachen umfassen eine Cholestase, Der Urin-Protein-Creatinin Quotient Das spezifische Gewicht wird mittels Lebererkrankung oder seltener eine (UPC) hat in der Tiermedizin den meist Refraktometer bestimmt. Das Gerät soll- (intravaskuläre) Hämolyse, Fieber oder nicht durchführbaren Goldstandard des te monatlich geeicht werden. Urin-Sticks Mangelernährung. 24-Stunden-Sammelurins zur Quanti- eignen sich nicht für die Bestimmung fizierung eines Proteinverlustes abge- Im Rahmen einer Cholestase ist es bei des spezifischen Gewichts. löst. Das ausgeschiedene Protein wird Hunden aufgrund der niedrigen Nieren- ins Verhältnis zum ausgeschiedenen Bei der Interpretation des spezifischen schwelle für Bilirubin manchmal sogar Creatinin gesetzt und ist somit nicht vom Gewichts müssen weiterhin die übrigen möglich, eine Bilirubinurie vor Anstieg Volumen oder der Konzentration des Befunde des Sticks berücksichtigt des Bilirubins im Blut nachzuweisen. Urins abhängig. werden, da z. B. Glukose und Proteine Falsch positive Befunde aufgrund von das spezifische Gewicht in geringem Dieser Test ist angeraten bei Nachweis stark konzentriertem Urin sind selten. Maße erhöhen können („falsch-hoch“). oder Verdacht einer Proteinurie (z. B. Bei Vorliegen einer Hämaturie sind je- positives Ergebnis im Stick), um diese zu doch falsch positive Ergebnisse möglich. 3
BIOCONTROL / Urinanalyse ZU 5. SEDIMENTUNTERSUCHUNG Die mikroskopische Untersuchung des Urinsediments wird mit 100-facher Vergrößerung (10x Objektiv, gelb; low-power field [LPF]) hinsichtlich des Vorhandenseins von Zylindern, Epithel- zellen und großen Kristallen sowie mit 400-facher Vergrößerung (40x Objektiv, blau; high-power field [HPF]) hinsichtlich des Vorkommens von Zellen, Kristallen und Infektionserregern durchgeführt. Dabei sollten jeweils mindestens 10 Gesichtsfelder durchmustert werden. ZYLINDER Bei Zylindern handelt es sich um Muko- protein, das innerhalb des Tubulus- systems präzipitiert und so seine zylin- ABB. 1 zeigt einen Zylinder (hyalin-granuliert, fraglich zelluläre Komponenten) in 500-facher drische Struktur erhält. Anhand ihrer Vergrößerung (50x Objektiv). Gut zu sehen sind die für Zylinder typischen parallelen Struktur werden unterschieden: Hyaline, Wände mit klaren Grenzen und stumpfen Enden. Rechts im Bild ist ein kleiner Teil eines granulierte, zelluläre, fettige und wachs- hyalinen Zylinders zu erkennen. artige Zylinder. Das Vorkommen von Zylindern kann auf eine Nierenerkrankung hinweisen. Sein Fehlen schließt eine solche jedoch nicht aus! Insbesondere bei gelagertem oder alkalischem Urin können Zylinder zer- fallen und als solche nicht mehr nach- weisbar sein. Einzelne hyaline oder granulierte Zylinder (≤ 1 / LPF) können auch bei Nieren- gesunden Patienten gefunden werden. Eine hohe Anzahl an Zylindern oder das Auftreten von zellulären oder wachs- artigen Zylindern sind immer hinweisend auf einen Tubulusschaden (z. B. akutes Nierenversagen, Glomerulonephritis, Tubulus-Nekrose, Amyloidose). Das Auf- treten von Zylindern im Urin kann auch als früher Marker einer Nephrotoxizität bei Patienten mit Gentamicin-Therapie verwendet werden. ABB. 2 gleicher Fall wie ABB. 1. Es sind zwei Zylinder (links: hyalin mit granulierten Anteilen; rechts: granuliert) sowie vereinzelte Epithelzellen in 100-facher Vergrößerung (gelbes (10x) Objektiv) sichtbar. 4
BIOCONTROL / Urinanalyse ZELLEN Zelluläre Bestandteile im Urin sind Leu- kozyten, Erythrozyten, Epithelzellen und Spermien. Sollte eine sichere Differen- zierung im Nativpräparat nicht möglich sein, kann eine Färbung getrockneter Sedimentausstriche weitere Aufschlüs- se liefern. Die Quantifizierung der Zellen (z. B. An- zahl der Leukozyten/HPF) ist sinnvoll. Bei der Interpretation müssen jedoch das initiale Urinvolumen (mindestens 3 ml, optimal 5-10 ml), die Konzentration des Urinsediments und die für die Unter- suchung verwendete Sedimentmenge mit in Betracht gezogen werden. Eine Standardisierung (z. B. Anfangs- volumen: 5 ml, Sedimentation auf 50 µl ABB. 3 zeigt einige Leukozyten, zahlreiche Bakterien und vereinzelte Erythrozyten (4500 µl des Überstands verwerfen), in 500-facher Vergrößerung (50x-Objektiv). davon 15 µl (je nach Deckglas-Größe) auf den Objektträger aufbringen) ist hier angeraten. Leukozyten (WBC): 3-5 WBC/HPF werden je nach Literatur als normal angesehen. Dies ist wieder- um abhängig von der Art der Uringewin- nung: 7 WBC/HPF aus Spontanurin können normal sein, während 5 WBC/ HPF aus steril gewonnenem Urin bereits auf eine Entzündung hinweisen. Eine erhöhte Anzahl an Leukozyten (sog. Pyurie; > 3, > 5 bzw. > 10 WBC/HPF, je nach Literatur und Art der Urinent- nahme) weist auf eine Entzündung hin. In Kombination mit Bakterien im Urin- sediment einer steril gewonnenen Probe ist eine bakterielle Harnwegsinfektion wahrscheinlich. Andere Ursachen z. B. ABB. 4 zeigt einen vergrößerten Ausschnitt aus ABB. 3 mit einigen Leukozyten, Neoplasien oder Urolithen können zu einem Erythrozyten und zahlreichen Bakterien. einer sterilen Pyurie führen. Eine bak- teriologische Untersuchung ist in jedem Fall angeraten. Leukozyten im Urinsediment sind rund, ca. 2x so groß wie ein Erythrozyt, farblos und weisen eine granulierte Struktur auf. Teils sind Nuklei sichtbar. ABB. 5 zeigt zahlreiche gelblich angefärbte Erythrozyt und wenige Leukozyten in 500-facher Vergrößerung (50x-Objektiv). 5
BIOCONTROL / Urinanalyse Erythrozyten (RBC): Ähnlich wie bei den Leukozyten werden bis zu 5 Erythrozyten/HPF als normal angesehen. Eine Hämaturie (> 5 RBC/HPF) kann makroskopisch (Makrohämaturie) oder mikroskopisch (Mikrohämaturie) nach- weisbar sein und im Rahmen von Blutungen/Gerinnungsstörungen oder begleitend zu Entzündungen, Traumata, Nephro-/ oder Urolithen oder Neoplasien auftreten. Im Rahmen einer Punktion oder Katheterisierung ist an die iatro- gene Hämaturie zu denken. Bei in Spontanurin festgestellter Hämaturie kann der Ursprung auch im Genital- bereich lokalisiert sein. Erythrozyten sind kleine rundliche Strukturen, die teils ihre bikonkave Form erkennen lassen. Sie sind farblos bis teils gelblich/grünlich angefärbt. Insbesondere bei hochkonzentriertem oder länger gelagertem Urin können die Erythrozyten eine Stechapfelform auf- weisen. Erythrozyten dürfen nicht mit Fettvakuo- ABB. 6 zeigt wenige Erythrozyten (vergrößerter Bildausschnitt). Auf einer anderen Ebene und len verwechselt werden. Diese liegen somit unscharf dargestellt sind Fettvakuolen sichtbar. beim Mikroskopieren häufig in einer anderen Ebene und zeigen meistens deutliche Größenunterschiede. ABB. 7 gleicher Fall wie in ABB. 6 mit anderer Mikroskopier-Ebene. Scharf zu sehen sind Fett- vakuolen unterschiedlicher Größe, unscharf im Hintergrund sind gelbliche Erythrozyten dargestellt. 6
BIOCONTROL / Urinanalyse Epithelzellen: In Urinsedimenten können Über- gangsepithel-, Plattenepithel- und selten Nierenepithelzellen gefunden werden. Eine Unterscheidung von kleinen Über- gangsepithelzellen, Nierenepithel und Leukozyten ist nicht in jedem Fall mög- lich, bei fraglichen Befunden sollten ge- färbte Sedimentausstriche zytologisch untersucht werden. • Übergangsepithelzellen: Übergangsepithelzellen sind rundlich mit granulierter Struktur und weisen häufig eine Anisozytose auf. Sie sind größer als Leukozyten und kleiner als Platten- epithelzellen. ABB. 8 zeigt Leukozyten und Plattenepithelzellen in einer 500-fachen Vergrößerung (50x-Objektiv). Im Urin gesunder Tiere können wenige Übergangsepithelzellen nachweisbar sein. Bei Katheterurin ist die Anzahl ggf. erhöht. Eine deutlich erhöhte Anzahl oder ausgeprägte Anisozytose sollte die zytologische Untersuchung eines ge- färbten Ausstrichs zwecks Abklärung eines Übergangszellkarzinoms nach sich ziehen. Bitte beachten Sie: Das Fehlen von Zellen im Urinsediment schließt eine Neoplasie nicht aus, nur der positive Befund ist beweisend oder hinweisend! • Plattenepithelzellen: Vorhandene Plattenepithelzellen können keratinisiert (Haut oder Vulva) oder nicht-keratinisiert (aus dem distalen Bereich der Urethra, Präputium oder Va- ABB. 9 zeigt zahlreiche Erythrozyten, wenige Leukozyten und einige Übergangsepithelzellen in 500-facher Vergrößerung. Eine sichere Zuordnung als Leukozyt oder Übergangsepithel gina) sein. Diese Zellen sind häufig in ist nicht bei jeder Zelle eindeutig möglich. Spontanurin oder Katheterurin nachweis- bar. In Zystozentese-Urin sollten sie nicht zu finden sein. Plattenepithelzellen sind groß, rundlich bis polygonal (eckig), mit oder ohne zentralen Nukleus und mit granulierter Struktur. • Nierenepithelzellen: Nierenepithelzellen sind nur selten im Urin nachweisbar und schwierig von Übergangsepithelzellen und Leukozyten zu unterscheiden. ABB. 10 zeigt das gleiche Sediment wie ABB. 9 nach May-Grünwald Giemsa Färbung. Es lassen sich lytische Erythrozyten, rundliche Epithelzellen und segmentkernige neutrophile Granulozyten erkennen. Die Übergangsepithelzellen weisen eine deutliche Anisozytose und Anisokaryose auf. Aufnahme mit 500x Vergrößerung. 7
BIOCONTROL / Urinanalyse KRISTALLE: Das Vorkommen von Kristallen zeigt eine Bilirubin: Übersättigung des Urins mit bestimmten Bilirubin-Kristalle sind gelb- Komponenten (z. B. Calcium, Ammo- lich, Nadel-artig und teils in nium) an. Es gibt Kristalle, die bei kleinen Haufen gelegen. gesunden Patienten auftreten können und keine pathologische Bedeutung Sie treten am häufigsten bei Hunden auf haben (z. B. Bilirubin beim Rüden), wäh- und können in geringer Anzahl bei ge- rend andere Kristalle eine wichtige sunden, unkastrierten Rüden vorkom- pathologische Bedeutung aufweisen men. Bei anderen Tierarten sind Bili- können (z. B. Ammonium-Urate). rubin-Kristalle pathologisch und weisen unter anderem auf eine Cholestase hin. Große Kristalle (z. B. Struvit) sind häufig bereits in 100-facher Vergrößerung ABB. 12 zeigt Calciumoxalat-Dihydrat (10x-Objektiv) zu sehen. Viele kleinere Amorphe Kristalle: Kristalle unterschiedlicher Größer Kristalle (z. B. Bilirubin, Calcium (vergrößerter Bildausschnitt) Amorphe Kristalle stellen sich wie oxalat-Dihydrat) sind erst in der 400- Aggregate eines fein-granulierten Mate- fachen Vergrößerung (40x-Objektiv) dar- rials ohne eine eindeutige Form dar. Sie stellbar. bestehen häufig aus Uraten (Na, K, Mg oder Ca; pH häufig < 7) oder Phosphaten Struvit: (pH häufig > 7), seltener aus zersetzten Xanthin-Kristallen. Urate sind häufig Struvite (Magnesium-Ammonium-Phos- gelblich bis bräunlich, Phosphate farblos. phat, Triple-Phosphat) sind die bei Hund Eine sichere Unterscheidung der betei- und Katze am häufigsten nachweisbaren ligten Komponenten ist mikroskopisch Kristalle. Sie sind farblos und dreidimen- jedoch nicht möglich. sional mit Sargdeckel-Form. Auch wenn sie bei jedem pH auftreten können, sind Aus dem Vorhandensein von amorphen sie vermehrt bei neutralem bis alkali- Kristallen können keine klinisch rele- schem pH sichtbar. vanten Befunde erhoben werden. Auf- grund der möglichen Verwechslungs- Diese Kristalle können bei klinisch gefahr mit Bakterien ist ggf. eine mikros- gesunden Patienten auftreten. Sie sind kopische Untersuchung eines getrockne- häufig bei Hunden mit Harnwegsinfekti- ten und gefärbten Sedimentausstrichs onen nachweisbar, da Urease-spaltende anzuraten. Bakterien den pH anheben und Ammoni- um freisetzen. Calciumoxalat-Dihydrat Diese Kristalle treten recht häufig auf und sind auch bei klinisch gesunden Tieren nachweisbar. Zum Teil können sie ABB. 13 gleicher Fall wie ABB. 12. ein Lagerungsartefakt darstellen. Außer- Calciumoxalat-Dihydrat Kristalle unterschiedlicher Größer dem können sie im Rahmen einer (vergrößerter Bildausschnitt) Calciumoxalat-Urolithiasis (z. B. in Folge einer Hyperkalzämie) auftreten. Zwerg- schnauzer sind für diese Form der Uro- lithiasis prädisponiert. Weiterhin findet man sie zusammen mit Calcium- oxalat-Monohydrat Kristallen im Rahmen einer Ethylenglykol-Vergiftung (manche Frostschutzmittel). Die Briefkuvert-förmigen Kristalle kön- nen bei jeglichem pH-Wert auftreten. Häufig sind sie klein, weisen jedoch z. T. ABB. 11 zeigt vier große Struvit-Kristalle deutliche Größenunterschiede auf. 8
BIOCONTROL / Urinanalyse Calciumoxalat-Monohydrat Diese Kristalle können in zwei Form- varianten auftreten: 1. Die „normale“ Form Calciumoxalat-Monohydrate sind farblos, spindelig, oval oder hantelförmig und variieren in ihrer Größe. Bei gesunden Hunden und Katzen treten diese Kristalle sehr selten auf. Bei ge- sunden Pferden sind sie hingegen häufig nachweisbar. Ansonsten können sie auf eine Hyper- calcurie hinweisen oder zusammen mit Calciumoxalat-Dihydraten im Rahmen ei- ner Oxalat-Urolithiasis auftreten. Selten ABB. 14 zeigt zahlreiche Calciumoxalat-Monohydrate (ovale Form, teils Stern-artig zusammen ist diese Form bei Ethylenglykol-Vergif- gelegen) sowie ein Calciumoxalat-Dihydrat-Kristall (Ecke unten links) in 500-facher tungen (Frostschutzmittel) nachweisbar. Vergrößerung (50x Objektiv) im Urin eines Pferdes. Zentral ist in einer anderen Mikroskopier-Ebene ein großer Calcium-Carbonat Kristall zu sehen. 2. Die Zaunpfosten-artige Form Diese ist insbesondere bei Ethylenglykol -Vergif tungen zu finden. Das Fehlen dieser Form schließt eine solche Vergiftung jedoch nicht aus. Weiterhin kann diese Form bei einer vermehrten Ausscheidung von Calcium im Urin z. B. in Zusammenhang mit einer Hyperkalzämie auftreten. ABB. 15 zeigt die Vergrößerung eines Ausschnittes von ABB. 14 mit Fokus auf die Calciumoxalat-Monohydrate. Ammonium- Urate Diese Kristalle sind gelblich bis oft bräunlich und rund- lich bis stech-apfel- förmig. Auch wenn bei jedem pH möglich, treten sie häufig bei saurem bis neutralem pH-Wert auf. Häufig sind gleichzeitig amorphe Urate vorhanden. Dalmatiner und englische Bulldoggen zeigen eine Rasseprädisposi- tion für diese Kristalle. Außerdem treten sie bei Patienten mit Leberfunktions- störung auf (häufig bei portosyste- mischem Shunt („Lebershunt“)). Eine Unterscheidung von Xanthin-Kristallen (zu finden bei Allopurinol-Therapie) ist mikroskopisch nicht möglich. ABB. 16 zeigt zahlreiche runde und wenige stechapfelförmige Ammonium-Urat- bzw. Xanthin-Kristalle in 500-facher Vergrößerung. Eine sichere Unterscheidung dieser Kristalle ist nicht möglich. 9
BIOCONTROL / Urinanalyse Cystin SONSTIGES: Cystin-Kristalle sind sel- Spermien Bakterien ten bei Hunden nach- Spermien sind bei Finden sich Bakterien im Urin, bezeich- weisbar und bedingt intakten Rüden in net man dies als Bakteriurie. Dies kann durch eine angeborene Spontan-, Katheter- durch eine Kontamination (z. B. Spontan- Stoffwechselstörung, bei der verschie- und weniger ausge- urin, Probenhandling) bedingt sein oder dene Aminosäuren nicht durch das rena- prägt auch in Zysto- auf einen bakteriellen Harnwegsinfekt le Tubulussystem reabsorbiert werden zenteseurin sowie (klinisch oder subklinisch) hinweisen. (Weiteres siehe Informationsheft „An- selten in Spontanurin Eine weitere Abklärung mittels Anzucht geborene Stoffwechselkrankheiten“). von Hündinnen kurz nach Bedeckung aus steril entnommenem Urin ist an- Diese Kristalle sind farblos und zeigen nachweisbar. zuraten. eine hexagonale Struktur. Calcium Carbonat Diese Kristalle sind in der Regel gelblich-bräunlich und recht groß. Häufig ist eine ra- diale Streifung nachvollzieh- bar. Sie treten in hoher An- zahl bei gesunden Pferden, Kaninchen, Meerschweinchen und Ziegen auf. Morphologisch ähnlich zu den Calcium Carbonaten sind die Ammonium-Urate. Eine Unterscheidung dieser Kristalle ist anhand der Tierart möglich (Calcium Carbonate kommen nicht bei Hunden und Katzen vor, Ammonium-Urate sind nicht bei Großtieren beschrieben). ABB. 18 zeigt einige Spermatozoen, einzelne gelbliche Erythrozyten sowie rechts im Randbereich eine Epithelzelle in 500-facher Vergrößerung. ABB. 17 Calcium Carbonat im Urin eines Pferdes (gleicher Fall wie ABB. 14 und ABB. 15) ZU 6. WEITERE UNTERSUCHUNGEN ZYTOLOGISCHE UNTERSUCHUNG BAKTERIOLOGISCHE UNTERSUCHUNG Eine zytologische Untersuchung Eine bakteriologische Untersuchung ist getrockneter und angefärbter Sediment- vor allem bei Verdacht auf einen bak- präparate ist u.a. sinnvoll, wenn im Urin- teriellen Harnwegsinfekt indiziert. Das sediment vermehrt epitheliale Zellen optimale Material für diese Unter- gefunden werden. Die sichere Unter- suchung ist steril entnommener Zysto- scheidung einer Neoplasie von einer zenteseurin. Sollte eine Kontraindikation epithelialen Dysplasie sekundär zu einer für die Zystozentese bestehen, können Entzündung ist jedoch häufig nicht mög- Katheterurin oder Spontanurin einge- lich. Sollten im Sediment von ungefärb- leitet werden. Dabei müssen in die Inter- tem Urin Bakterien-verdächtige Struk- pretation des Ergebnisses die Bak- turen auftreten, kann auch hier eine zyto- terienspezies und Keimzahl unbedingt logische Untersuchung zur weiteren einbezogen werden. Abklärung durchgeführt werden. Um falsch-positive und falsch-negative (siehe Informationsheft „Zytologische Befunde zu vermeiden, ist ein adäquates Präparate“) Probenhandling anzuraten (siehe Infor- mationsheft „Zuverlässige Befunde in der Mikrobiologie“). 10
BIOCONTROL / Urinanalyse QUELLENANGABEN/LITERATUR 1. Gunn‐Christie, Rebekah G., et al. „ASVCP 8. Lees, George E., et al. „Assessment and quality assurance guidelines: control of pre- management of proteinuria in dogs and cats: analytical, analytical, and postanalytical factors 2004 ACVIM Forum Consensus Statement for urinalysis, cytology, and clinical chemistry (small animal).“ Journal of veterinary internal in veterinary laboratories.“ Veterinary clinical medicine 19.3 (2005): 377-385. pathology 41.1 (2012): 18-26. 9. eclinPath.com: „Casts“, Cornell University, 2. Parrah, J. D., et al. „Importance of urinalysis in http://eclinpath.com/urinalysis/casts/, veterinary practice: A review.“ Vet World 6.9 abgerufen am 04.02.2020 (2013): 640-646. 10. eclinPath.com: “Cellular constituents”, Cornell 3. Callens, Amanda J., and Joseph W. Bartges. University, http://eclinpath.com/urinalysis/cellu- „Urinalysis.“ Veterinary Clinics: Small Animal lar-constituents/, abgerufen am 04.02.2020 Practice 45.4 (2015): 621-637. 11. eclinPath.com: „Crystals“, Cornell University, 4. eclinPath.com: “Urinalysis”, Cornell University, http://eclinpath.com/urinalysis/crystals/, http://eclinpath.com/urinalysis/, abgerufen am abgerufen am 17.02.2020 27.01.2020 12. Bartges, Joseph W. „Diagnosis of urinary tract 5. eclinPath.com: “Concentrating ability”, Cornell infections.“ Veterinary Clinics: Small Animal University, http://eclinpath.com/concentrating- Practice 34.4 (2004): 923-933. ability/, abgerufen am 27.01.2020 13. Sørensen, Tina Møller, et al. „Evaluation of 6. Bauer, N., S. Rettig, and A. Moritz. „Evaluation different sampling methods and criteria for the Clinitek status™ automated dipstick ana- diagnosing canine urinary tract infection by lysis device for semiquantitative testing of quantitative bacterial culture.“ The Veterinary canine urine.“ Research in veterinary science Journal 216 (2016): 168-173. 85.3 (2008): 467-472. 14. Chew, Dennis J., Stephen P. DiBartola, and Pat- 7. Schwendenwein, I. and A. Moritz. „Harnunter- ricia Schenck. Canine and Feline Nephrology suchung“ in: LaborSkills, Leitfaden Labor- and Urology-E-Book. Elsevier Health Sciences, diagnostik für Hund und Katze, Thieme Verlag, 2010. Seiten 39-50 15. Stockham, S. L., and M. A. Scott. „Urinary system.“ Fundamentals of veterinary clinical pathology 415 (2008): 94. HAFTUNGSAUSSCHLUSS Die Erkenntnisse der Tiermedizin unterliegen stetigem Wan- del durch Forschung, Neuentwicklungen und klinische Erfahrungswerte. Trotz sorgfältiger Prüfung und Recherche kann Biocontrol für Dosierungen und Applikationsformen von Medikamenten sowie für die Vollständigkeit der diskutierten Themengebie- te keine Gewähr übernehmen. Jede medizinische Fragestellung muss individuell für den je- weiligen Patienten betrachtet, jede weiterführende Diagnos- tik und jede Therapie auf das entsprechende Tier und des- sen Bedürfnisse sowie die Anforderungen des Tierhalters zugeschnitten werden. Die von uns angefertigten Labor-Informationen sind als un- terstützender Leitfaden zu betrachten, ersetzen aber nicht die kritische Auseinandersetzung mit der Fachliteratur und ggf. die Konsultation von Spezialisten. BR878 1. AUFLAGE 05/20 11
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